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Wolf: Europarat stimmt Herabstufung zu

Schutzstatus des Wolfes in der Berner Konvention
Von Redaktion
Einer Herabstufung des Schutzstatus von Wölfen stimmte der Europarat am Dienstag zu. Der rechtliche Prozess auf EU-Ebene steht noch aus. Foto: Imago

Der Europarat stimmte am Dienstag einer Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes in der Berner Konvention zu. Mit dem veränderten Status „geschützt“ gelten weiter strenge Regeln, der Abschuss bestimmter auffällig gewordener Wölfe wäre künftig aber einfacher. Hintergrund sind die steigenden Wolfsbestände und zunehmende Nutztierrisse.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) erklärte dazu: „Die Entscheidung des Europarates, den Schutzstatus des Wolfs anzupassen, begrüße ich ausdrücklich. Weidetierhaltung und Wolfsschutz können so besser in Einklang gebracht werden. Denn klar ist, mehr Wölfe können zu mehr Rissen von Schafen oder Ziegen auf der Weide führen. Das belastet unsere Weidetierhaltenden sehr.“ Mit dem angepassten Schutzstatus könne nun beides gelingen: die Zahl der Wölfe zu regulieren und sie zu schützen. Schließlich brauche es klare, fundierte Regeln für den Umgang mit auffälligen Wölfen, ohne den Artenschutz zu gefährden, so Özdemir. „Unsere Ziegen, Schafe und Rinder fühlen sich auf der Weide besonders wohl. Jedes Weidetier stärkt die Artenvielfalt und erhält wertvolle Kulturlandschaften. Mit klaren, rechtssicheren Regeln für den Umgang mit problematischen Wölfen kann die tragfähige Balance zwischen dem Schutz landwirtschaftlicher Existenzen und dem Naturschutz besser gelingen“, betonte der Minister.

Konflikte nehmen zu

Nach der Entscheidung des Europarates steht der rechtliche Prozess auf EU-Ebene noch aus. Weitere Arten sind von der Änderung des Schutzstatus nicht betroffen. Die Wolfsbestände in Europa sind in den vergangenen zehn Jahren stark gewachsen – von 11.200 Tieren im Jahr 2012 auf mehr als 20.300 im Jahr 2023. Parallel dazu häufen sich Konflikte mit der Landwirtschaft: Jährlich werden rund 65.500 Nutztiere, überwiegend Schafe und Ziegen, von Wölfen gerissen, zum Teil trotz der weiterhin wichtigen Schutzmaßnahmen wie Zäunen und Herdenschutzhunden. Angesichts dieser Entwicklung hat der Europarat einer Herabstufung des Wolfs von „streng geschützt“ auf „geschützt“ zugestimmt. Diese Änderung würde ein Bestandsmanagement auffälliger Wölfe erleichtern. Bevor dies in Deutschland umgesetzt werden kann, sind jedoch Änderungen im EURecht erforderlich. Ein entsprechender Vorschlag der EUKommission muss noch die Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments erhalten. Die Regierungsparteien hatten sich im Koalitionsvertrag verständigt, die Weidetierhaltung aus ökologischen, kulturellen und sozialen Gründen sowie zum Erhalt der Artenvielfalt und Kulturlandschaft zu erhalten. Im Vorwege bewertete die Umweltministerkonferenz in der vorigen Woche in Rheinland-Pfalz eine mögliche Übernahme des Wolfs aus dem Anhang II in Anhang III der Berner Konvention positiv.

Wolf breitet sich weiter aus

Dass sich der Wolf in Deutschland immer weiter ausbreitet, zeigen auch die Zahlen zum Monitoringjahr 2023/24, die jetzt vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) veröffentlicht wurden. Im Rahmen des Monitorings wurden in bestätigten Territorien insgesamt 1.601 Wolfsindividuen nachgewiesen; im Vorjahr waren es 1.339. Das entspricht einem Zuwachs von fast 20 %. Im Einzelnen wurden 535 ausgewachsene Tiere, 781 Welpen im ersten Lebensjahr sowie 162 Jährlinge im zweiten Lebensjahr erfasst. Bei 123 Individuen konnte keine eindeutige Zuordnung erfolgen. Laut Bericht gab es 2023/24 insgesamt 209 Wolfsrudel in Deutschland. Zudem wurden 46 Wolfspaare sowie 19 sesshafte Einzelwölfe bestätigt. Im Vorjahr waren 185 Rudel, 58 Paare und 22 sesshafte Einzelwölfe nachgewiesen worden. Nach Angaben des BfN zeigen die Daten der vergangenen beiden Monitoringjahre einen geringeren Anstieg der Anzahl an Wolfsterritorien als in den Jahren davor. Die meisten Wolfsrudel, nämlich 58, lebten im Monitoringjahr 2023/24 in Brandenburg, gefolgt von Niedersachsen mit 48 und Sachsen mit 37 Rudeln. Das Wolfsvorkommen in Deutschland konzentriert sich dem Bericht zufolge – wie in den Vorjahren – auf das Gebiet von Sachsen in nordwestlicher Richtung über Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern nach Niedersachsen. Auch in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen wurden Wolfsterritorien nachgewiesen. In Baden-Württemberg gab es 2023/24 den ersten Nachweis einer Rudelbildung.

Mehr tote Wölfe

Zugenommen hat im Berichtsjahr auch die Zahl aufgefundener toter Wölfe; deren Gesamtzahl belief sich auf 193, nach 159 im Vorjahr. Ein Großteil der Tiere, insgesamt 150, ist dabei durch Verkehrsunfälle gestorben. Bei elf Wölfen war die Todesursache natürlichen Ursprungs, und bei acht Tieren war die Todesursache nicht zu ermitteln. Insgesamt fünf Wölfe wurden im Rahmen von Managementmaßnahmen entnommen, und bei zwei Wölfen waren andere, vom Menschen verursachte Umstände für den Tod verantwortlich, beispielsweise das Verfangen in einem Weidenetz. Insgesamt 13 Wölfe wurden illegal getötet. Bei neun tot aufgefundenen Wölfen wurde illegaler Beschuss festgestellt, der aber nicht ursächlich tödlich war. Erstellt wurde der Monitoringbericht vom BfN zusammen mit der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf in Abstimmung mit den Bundesländern. Die Grundlage dafür bildeten Meldungen der Bundesländer, die dafür mehr als 40.000 Hin- und Nachweise auswerteten. Das Monitoringjahr 2023/24 erstreckte sich vom 1. Mai 2023 bis zum 30. April 2024. pm/age

Rufe nach strengerer Regulierung

Wachsende Wolfspopulation und veraltete Zahlen

Mit der gestiegenen Zahl der Wölfe in Deutschland werden auch die Rufe nach einer strengeren Regulierung der Population lauter. Alarm schlägt der Förderverein der Deutschen Schafhaltung. Dessen Vorsitzender Wendelin Schmücker wies darauf hin, dass die vorgelegten Wolfszahlen auf veralteten Daten basierten. So seien die Welpen aus diesem Jahr, deren Zahl auf über 1.000 geschätzt werde, nicht berücksichtigt worden. „Solche Schönrechnereien helfen niemandem und verzerren die Wirklichkeit“, monierte Schmücker. Mit mehr als 3.000 Wölfen  – inklusive der 2024er Welpen  – drohe die Situation völlig außer Kontrolle zu geraten. Auch die Schäden zeigten eine alarmierende Entwicklung, so der Vorsitzende. 5.727 Nutztiere seien im Monitoringjahr 2023 vermisst, verletzt oder getötet worden; im Vergleich zum Vorjahr sei das ein Anstieg von fast 30 %.

Die Zahl der Übergriffe habe sich von 1.136 auf 1.268 erhöht. Für den jagdpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Jürgen Thies, sind die jetzt vorgelegten Bestandszahlen zum Wolf ein klarer Beleg dafür, dass die bisherigen Ansätze nicht ausreichten. Der Schutz von Weidetierhaltern und die Sicherung ihrer Existenzgrundlagen seien zentrale Aufgaben der Politik, erklärte Thies. Gleichzeitig müsse die Regulierung der Wolfspopulation so gestaltet werden, dass sie in Einklang mit den Prinzipien des Artenschutzes stehe. Kritik kommt auch vom Deutschen Jagdverband (DJV). Auch er monierte, dass auf Basis veralteter Zahlen eine verfehlte Wolfspolitik betrieben werde. Es fehle der komplette Wolfsnachwuchs aus dem Jahr 2024 und damit die aktuelle Anzahl der Rudel. „Die Menschen bekommen systematisch veraltete Zahlen aufgetischt. Das trägt wesentlich dazu bei, dass sie ihr Vertrauen in staatliches Handeln verlieren und vor allem im ländlichen Raum die Akzeptanz schwindet“, erklärte DJV-Präsident Helmut Dammann-Tamke.

Alles dem Schutzstatus einer Art unterzuordnen, die als Großraubtier an der Spitze der Nahrungspyramide stehe und bewiesen habe, dass sie in der hiesigen Kulturlandschaft gut zurechtkomme, gefährde zudem die Artenvielfalt, insbesondere bei den weidegebundenen Pflanzengesellschaften, so Dammann-Tamke. Offensichtlich hätten diese aber in den Umweltministerien keine Lobby. age

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