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Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat in der vorigen Woche ihre aktuelle Bewertung von Glyphosat vorgelegt. Damit beginnt in der Europäischen Union die finale Phase der Wiederzulassung des Herbizids. Bereits zweimal drohte in der EU das Aus für das Totalherbizid. Doch 2017 erteilte die Europäische Kommission eine fünfjährige Zulassung für den Wirkstoff Glyphosat, der nach einer weiteren einjährigen Verlängerung gegenwärtig bis zum 15. Dezember 2023 zugelassen ist.
Nach Einschätzung der EFSA bestehen aus wissenschaftlicher Sicht keine Bedenken gegen eine erneute Zulassung des Herbizidwirkstoffs Glyphosat (siehe Seite 13). Bei der Risikobewertung der Auswirkungen „auf die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie auf die Umwelt wurden keine kritischen Problembereiche festgestellt“, hieß es in der jetzt veröffentlichten Neubewertung. Wenn die EU den Empfehlungen ihrer Behörde für Lebensmittelsicherheit folgt, könnte es zu einer Verlängerung kommen.
Aus dem grün regierten Bundeslandwirtschaftsministerium wurde die Bewertung umgehend mit Skepsis beurteilt und eine Erneuerung der Genehmigung als nicht gerechtfertigt angesehen. Naturschutz- und Verbraucherorganisationen, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und foodwatch, sprechen von einem Freifahrtschein. In Publikumsmedien wurden neben dem Bericht der wissenschaftlichen Ergebnisse die alten Vorwürfe wiederholt, Glyphosat stehe in der Kritik potenziell krebserregend zu sein.
Der Leverkusener Bayer-Konzern hat die Bewertung der EFSA positiv aufgenommen. Für Bayer geht es auch um Reputation, und pekuniär gesehen ist der Konzern auch der größte Gewinner der Untersuchung. Weltweit ist Glyphosat seit Jahren der mengenmäßig bedeutendste Inhaltsstoff von Herbiziden.
Die endgültige Entscheidung über die erneute Genehmigung wird von der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten getroffen. Die Kommission wird den Mitgliedstaaten einen Verlängerungsbericht und einen Verordnungsentwurf darüber vorlegen, ob die Zulassung von Glyphosat verlängert werden kann oder nicht. Die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten stimmen dann im Ausschuss der Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel ab. Auf Basis des Votums wird die EU-Kommission, voraussichtlich im vierten Quartal 2023, entscheiden.
Auch in der Landwirtschaft gehen die Meinungen auseinander. Viele Betriebe hierzulande setzen mittlerweile zunehmend auf den Einsatz mechanischer Bodenbearbeitung. Im ökologischen Anbau ist der Einsatz ohnehin kein Thema. Beim Einsatz von Direktsaatmethoden für die konservierende Bodenbearbeitungen ist die Behandlung der Flächen mit Glyphosat nahezu zwingend erforderlich. Blickt man in die osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten, wo auf großen Flächen Mulchsaatverfahren präferiert werden, bringt die Einsatzmöglichkeit der Totalherbizids regelrechte Wettbewerbsvorteile.
Es ist absolut notwendig, an neuen Technologien für den Pflanzenschutz und den Pflanzenbau zu arbeiten und allen Ehrgeiz in Alternativen zu bestehenden Systemen und Lösungen zu stecken. Aber jetzt liegt mit der Bewertung der EFSA eine wissenschaftliche Grundlage vor, die die Bundespolitik nicht ignorieren kann. mbw