Russland ist der weltweit führende Weizenexporteur, für 2024/2025 prognostiziert das USDA eine russische Exportmenge von etwa 48 Mio. t, fast 25 % des weltweit gehandelten Weizens. Diese Absatzmenge sichert Russland bisher durch eine aggressive Niedrigpreispolitik. In letzter Zeit mehren sich Anzeichen, dass Russland versucht, durch höhere Preise das Exporttempo von fast 1 Mio. t pro Woche zu reduzieren, um die stark ansteigende inländische Inflation nicht noch durch Verringerung des Inlandsangebots weiter anzuheizen. Zusätzlich wird nach 81,9 Mio. t in der aktuellen Saison für die nächste nur noch eine Ernte von 78,7 Mio. t erwartet. Das wäre das schlechteste Ergebnis seit 2021 mit damals 76,0 Mio. t. Grund hierfür ist der aktuell schlechte Zustand der ausgesäten Winterweizenfelder. In Russland hat es zu wenig geregnet und besonders in den südlichen Regionen sind die Böden zu trocken. Offizielle Daten bestätigten, dass die Aussaat bisher langsam voranschreitet, sodass der International Getreiderat (IGC) die Anbaufläche für 2025/2026 nur bei 27,2 Mio. ha sieht, 1,9 % unter Vorjahresniveau. All das führte dazu, dass die lokalen Preise deutlich gestiegen sind.
Hohe Ausgaben für den Angriffskrieg
Lange Zeit hat der Kreml behauptet, dass die westlichen Sanktionen wegen des von Russland angezettelten Angriffskrieges wenige Auswirkungen auf die russische Wirtschaft hätten. Doch nun zeigt sich ein anderes Bild. Der Rubel hat seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine fast 25 % an Wert verloren, Ende Dezember 2024 lag die Inflation bei 9,7 %, wobei die Lebensmittelpreise um 11,4 % gestiegen sind. Viele dieser Probleme sind Folge der Sanktionen, aber viele sind auch älter und hausgemacht. Russland hat es über Jahrzehnte nicht geschafft, eine konkurrenzfähige Industrie für hochwertige Konsumgüter aufzubauen. Diese wurden aus dem „dekadenten Westen“ importiert, was dauerhaft durch Export von Rohstoffen wie Öl, Gas (die unter für die Umwelt katastrophalen Bedingungen in Sibirien aus dem Boden geholt werden) und auch Weizen finanziert wurde. Wegen des westlichen Öl-Embargos sowie des aktuellen Stopps der Gaslieferungen via Ukraine nach Europa ist Russland nun zusätzlich in einer schlechten Verhandlungsposition. Es muss Öl und Gas für geringere Preise an China und Indien verkaufen. Gleichzeitig steigt der Bedarf der Rüstungsindustrie und des Militärs an Kapital, Menschen und Rohstoffen. Aktuell gehen 21 % des russischen Staatshaushalts in die Rüstung, eine Steigerung auf 29 % ist geplant.
Weizen wichtig für Devisen- und Staatseinnahmen
Russland ist derzeit in einer Zwickmühle: Einerseits liefern die Weizenexporte dringend benötigte Devisen und zahlen durch die Exportsteuer direkt in den russischen Staatshaushalt ein, andererseits ist absehbar, dass die Erntemenge zurückgeht und das gegenwärtige Exporttempo zu einer inländischen inflationstreibenden Verknappung führen wird. Russische Analysten von SovEcon gehen aktuell davon aus, dass die russischen Weizenexporte im Dezember 2024 zwischen 3,3 und 3,5 Mio. t betrugen, nach 4,1 Mio. t im November. Dieser Rückgang um 17 % gegenüber dem Vormonat ist auf eine geringere Rentabilität zurückzuführen. Grund ist die Erhöhung der russischen Exportsteuern von 26 US-$/t im November auf 47 US-$/t im Dezember. Derzeit ist laut SovEcon die Marge für Exporteure negativ.
Kursanstieg an der Matif
Vor Weihnachten sorgte daher eine offizielle Schätzung aus Russland für Aufsehen. Die russischen Weizenexporte 2025/26 werden auf nur noch 36,4 Mio. t geschätzt, zirka 10 Mio. t weniger als im aktuellen Jahr. Das absehbar deutlich knappere Angebot aus Russland könnte zu einigen Verschiebungen des Handels führen, wovon EU-Getreide, vor allem in Richtung Nordafrika oder Naher Osten, profitieren könnte. Diese Nachrichten wirkten schon Ende Dezember 2024 kurserhöhend, am 31. Dezember schloss der März 25-Termin an der Matif bei 237,25 €/t: plus 6 € in einer Woche.