Die Weltmarktpreise für Zucker haben sich seit Anfang Oktober sehr fest entwickelt und dabei ein neues Zwölfjahreshoch markiert. An der Leitbörsen für Weißzucker in London und New York haben die Kurse für Zucker zuletzt weiter deutlich angezogen. Für die Fortsetzung des Aufwärtstrends sorgte auch Trockenheit in wichtigen thailändischen Zuckerrohranbaugebieten.
Der Kontrakt auf Weißzucker an der Agrarterminbörse in London zur Lieferung im März 2024 hat am 2. November umgerechnet einen Kurs von 700 €/t (742,40 US- $/t) erreicht. Eine Woche zuvor hatte der Kurs mit 704 €/t (747 US-$/t) sogar den höchsten Stand für Märzfutures seit August 2011 erreicht. Auch der Rohzucker-Future an der New Yorker Börse verteuerte sich deutlich. Der Kontrakt mit Fälligkeit im März 2024 wurde für 573 €/t (27,54 cts/ lb) gehandelt. Zum Ende des vergangenen Monats hatte sich der Kurs sogar in der Spitze bei 528 €/t (28 cts/lb) bewegt; das war der höchste Wert seit Oktober 2011.
Als Auslöser für den Kursanstieg der Zuckerfutures führen Analysten die Erwartung von Marktakteuren an, dass Thailand seine Zuckerexporte bald einschränken könnte. In der vorigen Woche hatte der stellvertretende Handelsminister des Landes betont, dass Zucker zu den inflationsrelevanten Waren gehöre und eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherung Thailands spiele. Deshalb müsse ein Regulierungsgremium Vorgaben für die Ausfuhren des Süßstoffs machen. Zucker hatte sich in Thailand in den vergangenen Monaten deutlich verteuert.
Kleinere Zuckerrohrernte wegen Regenmangel
Unterdessen taxiert die Thai Sugar Millers Corporation die Zuckererzeugung im eigenen Land für 2023/24 aktuell auf voraussichtlich nur 7 Mio. t. Das wäre ein 17-Jahrestief, und das Vorjahresvolumen würde um 36 % verfehlt. Der Verband befürchtet dürrebedingte Ertragseinbußen bei der anstehenden Zuckerrohrernte, wofür auch das Wetterphänomen El Niño verantwortlich sei. Der agrardiplomatische Dienst (FAS) des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) hatte die thailändische Zuckererzeugung zuletzt noch bei immerhin 9,4 Mio. t gesehen. Nach USDA-Zahlen war das südostasiatische Land in der vergangenen Vermarktungssaison der zweitgrößte Zuckerexporteur der Welt.
Derweil korrigierte die Internationale Zuckerorganisation (ISO) ihre Prognose für das weltweite Produktionsdefizit 2023/24 kräftig nach oben, und zwar um 2,24 Mio. t auf jetzt 4,36 Mio. t Zucker tel quel. Für die vergangene Vermarktungssaison hatte sich noch ein Überschuss von schätzungsweise rund 490.000 t Zucker tel quel ergeben. Die ISO wies außerdem darauf hin, dass die Welt mehr als bisher auf Zucker aus Brasilien angewiesen sei, um die knappe Versorgung abzufedern. Brasilien führt die Weltrangliste der Zuckererzeuger und -lieferanten an. Allerdings warteten vor den überlasteten brasilianischen Häfen Anfang November rund 70 Schiffe auf ihre Beladung, sodass sich der Export von mehr als 3 Mio. t Zucker verzögerte. Das USDA hatte die brasilianischen Zuckerausfuhren für 2023/24 zuletzt auf voraussichtlich insgesamt 32,5 Mio. t veranschlagt; damit würde die Vorjahresmenge um 4,3 Mio. t übertroffen. Die brasilianische Zuckererzeugung sehen die US-Beamten für die laufende Saison, die im März 2024 endet, bei 41 Mio. t, nach lediglich 38,05 Mio. t im Vorjahreszeitraum.
EU-Selbstversorgungsgrad steigt
Die EU-Kommission taxiert die Zuckerproduktion in der EU-27 für 2023/24 auf 15,6 Mio. t Weißzuckeräquivalent; das wären 7 % mehr als die für die vergangene Saison geschätzte Menge. Gleichzeitig dürften die betreffenden EU-Zuckerexporte ohne Zucker in Verarbeitungsprodukten um fast 30 % auf 700.000 t ausgeweitet werden. Auf der anderen Seite wird von einer Einschränkung der EU-Zuckerimporte um etwa ein Viertel auf 1,9 Mio. t unverarbeitete Ware ausgegangen. Den Zuckerverbrauch in der laufenden Vermarktungssaison sieht die Kommission auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums von 16,7 Mio. t. Damit würde sich der Selbstversorgungsgrad der Gemeinschaft als Folge der voraussichtlich größeren Erzeugung um 5 %-Punkte auf 93 % erhöhen. Unter dem Strich prognostizieren die Experten die Zuckerbestände in der EU für Ende September 2024 auf 1,4 Mio. t, was in etwa der zum Vorjahreszeitpunkt verzeichneten Menge entsprechen würde.
Die internationale Handelsklausel „tel quel“ bezeichnet die Warenlieferung im Mindeststandard. age
Zuckerproduktion
Die Weltzuckerproduktion lag im Wirtschaftsjahr 2022/23 bei 177,2 Mio. t.
Die zehn größten Zuckerproduzenten (in Mio. t) sind:
Brasilien 38,0
Indien 32,0
EU 14,8
Thailand 11,0
China 9,0
USA 8,4
Pakistan 6,8
Russland 7,1
Mexiko 5,7
Australien 4,2
Quelle: USDA