Christian Meyer, Berater für Schweinehaltung in Futterkamp, begrüßte das Publikum zu seinem letzten Vortrag vor Rentenbeginn im Rahmen der Bau- und Energielehrschau Schwein. Mit über 38 Jahren Tätigkeit in Futterkamp hat er den Wandel der Schweineproduktion seit den 1980er Jahren beruflich miterlebt. Welche Anforderungen seiner Einschätzung nach im Fokus einer zukunftsfähigen Schweineproduktion in Deutschland stehen, beschreibt der folgende Artikel.
In Zukunft müssen Sauen nach dem Absetzen in einer Gruppe gehalten werden und dürfen nur noch kurzzeitig während der Besamung fixiert werden. Außerdem wird ein Rückzugsort außerhalb der Fress- und Besamungsstände gefordert. Dies könnte laut Meyer beispielsweise durch attraktiv gestaltete Liegekessel realisiert werden. Wichtig dabei sei, dass die Lüftungsführung genau geprüft und gegebenenfalls angepasst werde, um zu vermeiden, dass sich Sauen zum Ruhen in die Kastenstände zurückziehen.
Eine weitere Herausforderung im Deckzentrum ist das Management. Abhängig vom Produktionsrhythmus im Wartestall muss betriebsindividuell entschieden werden, ob belegte und nichtbelegte Sauen zusammenlaufen sollen.
Auch das Verletzungsrisiko der Tiere steigt, bedingt durch das vermehrte Aufspringen während der Rausche und/oder Rangordnungskämpfe durch Neugruppierungen. Ein vermehrtes Platzangebot, beispielsweise in Form einer rutschfesten Fläche zwischen Fress-/Besamungsständen und Liegekessel, bietet den Sauen mehr Ausweichfläche und reduziert somit das Risiko für Verletzungen und Umrauschen.
Christian Meyer stellte eine Stalllösung aus Dänemark vor, bei der das Deckzentrum als Rotationssystem in den Wartestall integriert worden ist.
Zukunftsfähige Abferkelbuchten gestalten
Die Bewegungsbucht, in der die Sau maximal fünf Tage fixiert sein darf, stellt eine Alternative zur freien Abferkelung dar. Durch die Fixierung, vor allem in den ersten Tagen nach der Geburt, werden die Erdrückungsverluste bei den Ferkeln im Vergleich zu einer freien Abferkelbucht deutlich reduziert.
In den Ausführungshinweisen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung wird empfohlen, die Bucht für mehr Planungssicherheit größer zu gestalten, als es das gesetzliche Mindestmaß vorgibt. Meyer plant beispielsweise mit einer Bruttofläche von 9 m2. Der Schweineberater der Kammer wies außerdem auf die politischen Änderungen einer verlängerten Säugezeit im Rahmen der Haltungsstufen hin. Die daraus resultierenden höheren Absetzgewichte fordern großflächigere Ferkelnester.
Unversehrte Schweine mit Ringelschwanz
Ein unversehrter Ringelschwanz wird laut dem Berater weitere Anforderungen an die Haltungsbedingungen der Tiere stellen. In Futterkamp wurden sehr gute Erfahrungen mit einer durchdachten Buchtenstruktur gemacht, um Schwanzbeißen vorzubeugen. Bedeutend hierbei sind vor allem klar unterteilte Funktionsbereiche (zum Beispiel Liege-, Fress- und Kotbereich). Die Umsetzung solcher Strukturen kann dabei ganz betriebsindividuell gestaltet sein.
Arbeitsabläufe und Automatisierung
Sowohl bei den Langschwanztieren als auch bei den Bewegungsbuchten im Abferkelstall ist unter anderem die Stalleinrichtung der Schlüssel zum Erfolg. Tierhalter und Mitarbeiter müssen sich bewusst sein, dass auch das Management langfristig an diese Haltungssysteme angepasst sein sollte.
Als Beispiel nennt der Schweineprofi das Handling der Abferkelbucht. Direkt nach dem Abferkeln könne der Ferkelschutzkorb für einen kurzen Moment im Beisein des Tierhalters geöffnet werden, um den vorhandenen Platz der Bucht vorteilhaft zu nutzen. Die Sau bewegt sich, der Kreislauf kommt wieder in Schwung. Anschließend nutzt man die Fixierung zum Minimieren der Ferkelverluste in den ersten drei Lebenstagen. „Man muss mit der Bucht arbeiten“, schließt Christian Meyer seine Ausführungen.
Mehr Tierwohl im Stall stellt aktuell hohe Anforderungen an den Tierhalter und die Mitarbeiter hinsichtlich der Früherkennung von minimalen Signalen im Verhalten der Tiere sowie einer lösungsorientierten, zum Teil umgehenden Handlungsbereitschaft. KI-basierte Früherkennungssysteme, die valide das Verhalten von Tieren beurteilen und den Landwirt im Alltag unterstützen, stecken noch in der Entwicklungsphase.
Die Automatisierung simpler, aber körperlich anstrengender Alltagsarbeiten ist in den vergangenen fünf Jahren jedoch wesentlich vorangeschritten. So wurde durch die Firma GFS-Top-Animal-Service GmbH der Waschroboter von Wash Power A/S präsentiert. Mehrere Varianten sollen einen Einsatz in verschiedensten Stallbereichen ermöglichen (zum Beispiel extra schlank, batteriebetrieben, drehbar).
Die verschiedensten Reinigungsprogramme können unabhängig von der Tages- und Nachtzeit durchgeführt werden. Dies erhöht laut GFS die Arbeitseffizienz und schafft mehr Zeit für ein vollständiges Abtrocknen. Nach eigener Aussage des Vertrieblers ist das meistgenannte Feedback der Kundenbetriebe die gestiegene Arbeitszufriedenheit. Die Arbeit des Roboters wurde im Anschluss an die Vorträge auf dem Platz vor der Bau- und Energieausstellung demonstriert.
Emissionen und Außenklimastall
Neben den Neuerungen in der Sauenhaltung nennt Meyer auch die Reduzierung der Emissionen als größere Herausforderungen für eine zukunftsfähige Schweineproduktion. Die rege Forschung rund um Emissionen in der Nutztierhaltung hat inzwischen viele praktikable Lösungsansätze hervorgebracht, die unter anderen auch im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp erprobt wurden, zum Beispiel das Verbundvorhaben „Emissionsminderung Nutztierhaltung“ (EmiMin).
Ergänzend stellte Udo Großblotekamp von der Firma Erich Stallkamp Esta GmbH unter dem Titel „Güllesysteme für die Zukunft fit machen“ Gülletechniken vor, die sich sowohl für einen Neubau als auch für einen Umbau von Altstallgebäuden eignen. Schwerpunkte bei der Planung moderner Gülletechniken sind unter anderen Kot-Harn-Trennung, Güllekanalspülung und der Umgang mit Stroh in der Gülle.
Wer künftig in einen Außenklimastall investieren möchte, konnte sich durch Alfons Hüning von der Firma Huesker Synthetic GmbH zu den Produkten der Lubratec-Belüftungssysteme beraten lassen. Ursprünglich aus der Rinderhaltung kommend, wurden im Vortrag Beispiele für den Einsatz modifizierter Windbrechnetze und Netztorsysteme in Neu- und Umbauten von Schweineställen vorgestellt. Beispielsweise sind die Schutznetze am Gebäude fest verspannt, um das Risiko für einen ASP-Eintrag zu minimieren. Um (Klein-)Klimazonen im Stall zu schaffen, wirbt das Unternehmen mit dem Einsatz des Planmaterial-Systems, zum Beispiel als Abtrennung zwischen Kalt- und Warmbereichen oder als Kistendeckel für den Liegebereich der Tiere.
Neue Wege gehen und Austausch pflegen
Christian Meyer ermutigte in seinem letzten Baulehrschau-Vortrag die gut 100 Zuhörer, neue Wege zu gehen. Er betonte auch die Wichtigkeit des Austauschs der Firmen untereinander und mit den praktischen Landwirten, um gemeinsam Ideen für die Zukunft umzusetzen. Die Baulehrschau liefere dazu den passenden Rahmen.
Dr. Sophie Diers, Fachbereichsleiterin und Moderatorin der Veranstaltung, dankte Christian Meyer für seinen unermüdlichen Einsatz für die Schweinehaltung in Schleswig-Holstein, auch über die Landesgrenzen hinaus. Am Nachmittag fand eine Überraschungsfeier für den in Rente gehenden Schweineprofi mit allen Baulehrschau-Ausstellern des Schweinebereichs statt. Hans-Jochim Rohweder, verantwortlich für die Baulehrschau, sprach seinem Kollegen auch im Namen aller anwesenden Firmen großen Dank aus für den Aufbau des Schweinebereichs in der Baulehrschau in Futterkamp und das Knüpfen zahlreicher Kontakte zu Firmen und Landwirten weit über Schleswig-Holstein hinaus.