Das Enthornen von Kälbern gehört für die meisten Rinder haltenden Betriebe zu den Routinemaßnahmen. Die Gründe für diesen Eingriff sind vielfältig, Hauptgründe sind jedoch das gesteigerte Verletzungsrisiko, das von horntragenden Rindern ausgeht, sowie auch zunehmende Verletzungen innerhalb des Tierbestandes. Da dieser Eingriff für das Tier mit Schmerzen verbunden ist, wächst der gesellschaftliche Druck zu Alternativen und auch Neuerungen im Tierschutzgesetz fordern hier Änderungen.
Rinder sind von Natur aus behornt. Daher erfüllen Hörner auch verschiedene Zwecke bei der Auslebung natürlicher Verhaltensweisen.
Der offensichtlichste Zweck ist der Einsatz zur Verteidigung und bei Rangkämpfen. Horntragende Rinder haken bei Rangkämpfen ihre Hörner ineinander und schieben gegeneinander, bis geklärt ist, welches Tier das stärkere ist. Rinder ohne Hörner rutschen dabei eher ab, und die Kämpfe dauern daher mitunter länger. Des Weiteren haben die Hörner eine Funktion bei der Thermoregulation. Da der Hornzapfen sehr gut durchblutet ist, können die Rinder gezielt darüber Wärme abgeben.
Warum überhaupt enthornen?
In der landwirtschaftlichen Praxis überwiegen jedoch zumeist die Gefahren, die von den Hörnern ausgehen. Unsere Nutzrinder leben unter anderen Bedingungen als ihre wilden Vorfahren und stellen auch gewisse Ansprüche an ihre Haltungsumgebung. Da der Platz in einem Stall oder auf einer Weide begrenzt ist, kommt es häufiger zu Auseinandersetzungen zwischen den Tieren, und der Raum zum Ausweichen ist eingeschränkt. Daher sind die Verletzungen, die sich die Rinder gegenseitig zufügen können auch gravierender als in hornlosen Herden. Auch die tierbetreuenden Personen sind größeren Gefahren im Umgang mit horntragenden Tieren ausgesetzt, sei es durch gezielte Tierangriffe oder durch unbeabsichtigte Verletzungen bei der Arbeit am Tier. 
Aus diesen Gründen entscheidet sich ein Großteil der Landwirtinnen und Landwirte dazu, genetisch horntragende Kälber zu enthornen. Dieser vergleichsweise schnell durchgeführte Eingriff schützt Mensch und Tier zuverlässig vor Verletzungen durch Hornstöße. Auch die Berufsgenossenschaft spricht sich klar dafür aus, Rinder nach Möglichkeit zu enthornen, um Schäden am Menschen zu minimieren.
Wie richtig enthornen?
Das Enthornen von Kälbern unterliegt klaren gesetzlichen Vorgaben, die das Tierleid bei diesem Eingriff möglichst gering halten sollen. Grundsätzlich verbietet § 6 des Tierschutzgesetzes im ersten Absatz das Amputieren von Körperteilen und Organen bei Wirbeltieren. Laut drittem Absatz des § 6 des Tierschutzgesetzes ist ein solcher Eingriff jedoch zulässig, wenn er aus Gründen des Schutzes notwendig ist. Die Enthornung ist daher bei Kälbern möglich, diese dürfen ein Alter von sechs Wochen jedoch nicht überschreiten.
Außerdem ist der Einsatz einer Sedierung vorgeschrieben, um die Kälber ruhigzustellen und die Wahrnehmung zu trüben. Auch ein geeignetes Schmerzmittel muss den Kälbern verabreicht werden, um die Schmerzen nach dem Eingriff zu lindern. Der Einsatz dieser Medikamente ist verpflichtend, und die Dokumentation wird bei Kontrollen überprüft.
Es gibt zwei mögliche Vorgehensweisen, die zum Enthornen zulässig sind. Beide beinhalten die Anwendung des klassischen Brennstabes. Die gängige Vorgehensweise ist, zunächst in kreisenden Bewegungen um das Horn herumzubrennen und anschließend die Hornknospe mit einer Hebelbewegung komplett zu entfernen.
Eine weitere Möglichkeit ist, nur um die Hornknospe herumzukreisen, bis das Gewebe ringförmig bis zum Schädelknochen durchtrennt wurde. Die Hornanlagen werden also verödet. Die Hornknospe verbleibt in der Haut und verkümmert, da sie nicht mehr durch die Blutgefäße versorgt wird. Aufgrund der kleineren Wunde geht die Heilung schneller voran. Bei unsachgemäßer Durchführung kann jedoch eine Verbindung bestehen bleiben, und es wächst ein kleiner Hornstumpf.
Beide Durchführungen dürfen eine Zeit von 10 s pro Horn keinesfalls überschreiten. Eine anhaltende Hitzeeinwirkung schädigt nachweislich das Gehirn, indem Hirngewebe direkt unter den Hörnern zurückgebildet wird.
Was bringt die Zukunft?
Die momentane Gesetzeslage fordert mit der Sedierung und der Schmerzmittelgabe nur eine Schmerzminderung bei der Enthornung. Eine wirkliche Schmerzausschaltung ist nur mit dem Einsatz einer Betäubung durch eine Lokalanästhesie umsetzbar, und genau das wird vermehrt gefordert.
Die Neuplanung des Bundestierschutzgesetzes sieht neben dem Ende der ganzjährigen Anbindehaltung vor, dass Kälber zur Enthornung lokal betäubt sein sollen. Dieser Eingriff ist jedoch ausschließlich Tierärztinnen und Tierärzten vorbehalten, sodass die selbstständige Durchführung der Enthornung nicht mehr möglich wäre. Stimmen aus der Praxis fordern daher, dass Rinderhalter an einer Schulung zum Umgang mit der Betäubung teilnehmen können, um diese dann selbst durchzuführen. Ähnlich wird es in der Schweiz gehandhabt, wo eine Betäubung bereits Pflicht ist. Damit würden zum einen die Tierarztkosten gespart und zum anderen die Tierärzte entlastet, die in vielen Regionen ohnehin knapp sind.
Die Bundestierärztekammer (BTK) spricht sich jedoch gegen diese Möglichkeit aus. Durch sorgfältige Terminplanung könne der Aufwand für Tierärzte und Landwirte klein gehalten werden. Als Grund wird aufgeführt, dass Betäubungsmittel ein hohes Suchtpotenzial aufweisen und das Nervensystem beeinflussen. Daher ist eine Abgabe dieser Medikamente nicht sicher. Aufgrund dieser Konflikte ist die Umsetzung dieses Gesetzes noch in der Diskussion.
Wegen dieser ungewissen Zukunftssituation ist es sinnvoll, sich zunehmend mit dem Einsatz hornloser Genetik auseinanderzusetzen. Es ist nicht auszuschließen, dass das Etablieren der Betäubungspflicht nur ein Schritt auf dem Weg zum gänzlichen Enthornungsverzicht ist. Wer weiß schon, was in zehn Jahren passiert?
Fazit
Auch wenn Hörner verschiedene Funktionen für das Tier erfüllen, überwiegen für die meisten Landwirte die Sicherheitsrisiken, sodass Kälber enthornt werden. Für eine sachgemäße Enthornung ist es verpflichtend, dass die Kälber jünger als sechs Wochen sind und der Eingriff unter Anwendung von Sedierung und Schmerzmitteln erfolgt. Das Veröden der Hornanlage hinterlässt zudem eine kleinere Wunde als das Entfernen der Hornknospen. Das neue Tierschutzgesetz sieht zukünftig eine Lokalanästhesie zur kompletten Schmerzausschaltung vor. Die Umsetzung ist jedoch noch nicht vollständig geklärt.