Teil der Tagung des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) in Schwarzenborn in Hessen, über die bereits berichtet worden ist (Ausgabe 33), sind auch Exkursionen. Auf einem Parcours im Wald stellten neutrale Experten von Forstbetrieben aus ganz Deutschland an über 30 Punkten unter Praxisbedingungen ihre neuen Entwicklungen und Ansätze sowie bewährte Methoden von überregional bedeutsamen Arbeitsverfahren im Wald vor.
Auf einer typischen Kalamitätsfläche, wo keine oder kaum ausreichend gewünschte Naturverjüngung aufkommt, wurden die Möglichkeiten und Grenzen von Saatverfahren auf Basis von Kleinraupen gezeigt. Waldsaaten wurden in der Geschichte immer wieder praktiziert, vergessen, erneut entdeckt, jedoch kaum dokumentiert.
Es scheint bis auf wenige Ausnahmen die Saat mit Pferden die einzige Konstante zu sein. Dabei wird in einem Säspalt das Saatgut abgelegt und dieser anschließend wieder verschlossen. Das Verfahren erfordert ausreichend Säkapazitäten mit Pferden und sehr sauber vorgeräumte Flächen. Weil aber Kapazitäten immer wieder knapp sind, hat der Landesbetrieb Forst Brandenburg ein Verfahren auf Basis motorgetriebener Technik entwickelt. Ähnlich wie beim Pferd wird die Saat mit der Kleinraupe in nur einer Überfahrung ausgeführt. Der Einsatz funkgesteuerter Kleinraupen hat jedoch den Vorteil, dass neben der klassischen Variante der Ablage des Saatgutes in einem Säspalt auch in ein gefrästes Saatbett abgelegt werden kann.
Dabei kommt die Fräs-Sämaschine auch mit begrenzten Reisigauflagen zurecht. Weil die gefrästen Streifen gegenüber gepflügten Varianten einen Vorteil im Wasserhaltevermögen haben, eignet sich die Fräse auch für die Kombination mit Pflanzaggregaten für Containerpflanzen, wie auf der Exkursion demonstriert wurde.
Heckenschere statt Freischneider
Die Wiederbewaldung und in deren Folge die notwendigen Pflegearbeiten in Forstkulturen sind für die Waldbesitzer eine große Herausforderung, denn zur Sicherung der Investition ist die häufige Pflege in den ersten Jahren meist alternativlos. Während die bisher in der Kulturpflege eingesetzten Handgeräte oft ergonomisch ungünstig sind und unter schwierigen Arbeitsverhältnissen zu reduzierten Leistungen führen, gibt es mit dem häufig eingesetzten Freischneider ein anderes Problem: Durch die weite Entfernung vom Körper zum Boden können die zu pflegenden Pflanzen oft im Farn- oder Brombeerdickicht nicht gut erkannt werden, sodass sie häufig aus Versehen unters Messer kommen.
Die Alternative: Mit der Niedersächsischen Kulturpflegetechnik (NKT) wird eine handelsübliche akkubetriebene Heckenschere mit einem extra konstruierten Aufnahmebügel kombiniert. Durch die Befestigung an einem rückentragbaren Geräteträger wird so eine hohe ergonomische Entlastung erreicht.
Douglasien asten mit der Akkuschere
Eine wichtige Mischbaumart in vielen Wäldern ist die Douglasie, gerade mit Blick auf die zukünftigen Entwicklungen durch den Klimawandel auf wasser- und nährstoffärmeren Standorten. Vor allem nach Kalamitäten und besonders nach dem Sturm Kyrill wurden großflächige Douglasien-Mischbestände begründet. Diese wachsen nun zu großen Teilen in das Astungsalter ein.
Die in der Vergangenheit angewandten Arbeitsverfahren waren vor allem die Astung mit Handsägen und pneumatischen Scheren in Verbindung mit Steigtannen oder Leitern sowie die Astung mit Stangenzugsägen. Durch das zu erwartende große Arbeitsvolumen hat das Niedersächsische Forstliche Bildungszentrum (NFBz) das Arbeitsverfahren der Wertastung optimiert und setzt dazu die Akkuschere Electrocoup F3020 des französischen Herstellers Infaco ein. Sie verfügt über ein aktives Schnittschutzsystem zur Vermeidung von Verletzungen, das Gerät ist zudem KWF-Profi-zertifiziert. Zusammen mit der Distelleiter II für eine Astungshöhe von bis zu 10 m bildet diese Schere nun die Münchehofer Wertastungstechnik (MWT), mit der sich Wertastungsbestände ergonomisch gut und effizient bearbeiten lassen.
Entrindung von Hand oder per Maschine
Oftmals führt kein Weg an der klassischen Handentrindung vorbei, um ein Ausfliegen der Borkenkäfer zu verhindern. In den vergangenen Jahren wurde die Technik grundlegend überarbeitet und an die aktuellen Generationen von Motorsägen angepasst.
Anstelle des Keilriemens erfolgt der Antrieb der Geräte nun mit einer Standard-Motorsägenkette, welche lediglich keine Zähne besitzt. Dadurch ist ein schneller Wechsel zwischen Schälgerät und Schneidgarnitur möglich, ohne Modifikationen an der Motorsäge, beispielsweise im Bereich der Kettenölpumpe, durchführen zu müssen. Um die Leistungsfähigkeit der Geräte bei der Borkenkäferbekämpfung noch weiter zu steigern, wurden sogenannte Streifenmesser entwickelt. Sie führen zu einer streifenförmigen Entrindung im Vergleich zur vollständigen Entrindung mit den herkömmlichen Standardmessern. Dadurch steigt die Produktivität in der motormanuellen Entrindung.
Darüber hinaus bietet das Verfahren trotz Bekämpfung des Fichtenborkenkäfers bei Bäumen, die als Totholz belassen werden sollen, ökologische Vorteile, weil der Lebensraum Borke nicht komplett entzogen wird.
Schadholzarena: Augen auf beim Totholz
Seit Jahren steigt in vielen Waldgebieten der Schad- und Totholzanteil, Ursachen sind häufig Hitze und ausgeprägte Dürreperioden. Zudem findet eine bewusste Anreicherung von Totholz aus Naturschutzgründen statt. Dadurch verschärft sich allerdings die Gefahrenlage im Wald für Forstwirte, Forstunternehmer, Jäger und Forstpersonal, auf großer Fläche ist mit herabstürzenden Ästen und Kronenteilen oder umstürzenden Bäumen zu rechnen. Die Fortbewegung im Wald wird schwieriger, und auch die Häufigkeit von durch Totholz blockierten Waldwegen nimmt zu.
Das KWF widmete dem Thema daher einen großen Bereich, die sogenannte Schadholzarena. Sachsenforst präsentiert als Einstieg dazu ein Entscheidungsverfahren zum professionellen und sicheren Umgang mit Totholz bei allen Betriebsarbeiten. Auf Basis einer baumartenspezifischen Risikoeinschätzung und einer nach Schadstufen gegliederten Entscheidungsmatrix werden zum Waldbestand passende organisatorische und technische Maßnahmen abgeleitet. Anschließend wurden konkrete Maßnahmen, Arbeitsverfahren und Technologien vorgestellt.
Konkreter Schutz für die Waldarbeiter wie die Rückenprotektoren von Bast-Ing wurden vorgeführt, aber auch wie heftig die Wirkung eines nur kleinen frei fallenden Stücks Holz aus großer Höhe auf einen Sicherheitshelm ist. Eindrucksvoll auch das Bild, bei dem in einer alten stehenden Buche alles Totholz im Kronenbereich mit roter Farbe markiert wurde, um das Gefährdungspotenzial deutlich aufzuzeigen. Wer dort unter dem Baum arbeitet, begibt sich in eine immense Gefahr, besonders beim Umkeilen, weshalb das Motto lautet „Weg vom Baum“.
Neben der Vollmechanisierung und dem bekannten Verfahren der seilwindenunterstützten Fällung wird dieses Präventionsziel durch den Einsatz sogenannter funkgesteuerter Fällkeile (FFK) möglich. Gezeigt wurden diese und dabei auch die Vor- und Nachteile des Arbeitsmittels, dessen Einsatzgrenzen, der fachgerechte Arbeitsablauf, typische Fehler und ihre Vermeidung und warum der FFK eine Ergänzung und kein Ersatz für die seilwindenunterstütze Fällung ist. Die seilunterstütze Holzernte bietet ein höheres Maß an Sicherheit, als dies andere Arbeitsverfahren bieten können, deshalb hat sich diese Technik nicht nur in geschädigten Beständen etabliert.
Das Forstliche Bildungszentrum Königsbronn hat eine Weiterentwicklung der Königsbronner Anschlagtechnik (KAT) forciert, die die Ergonomie, die Arbeitssicherheit und die Einsatzmöglichkeiten des KAT erweitert. Dies ermöglicht das Ersetzen des bekannten Metallschäkels durch einen Tauwerkschäkel aus Kunstfaser. Das Forstliche Bildungszentrum Königsbronn und die Sicherheitscoaches von ForstBW demonstrierten an einem praktischen Beispiel die Anwendung und die Vorteile des Tauwerkschäkels.
Versickern statt ableiten
Ausgelöst durch klimatische Veränderungen haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass der Wechsel von Dürre und Starkregen zu erheblichen Schäden an Bestandes- und Basiserschließung führen kann. Eine mögliche Anpassung ist die Rückhaltung und gezielte Lenkung von Niederschlagswasser. Lineare Strukturen wie Waldwege und Arbeitsgassen sind daher als Ort der gezielten Lenkung und Rückhaltung optimal. Gezeigt wurden Maßnahmen des Wegebaus sowie der Holzernte zur Vorbeugung von entwässernden Effekten von Erschließungslinien und Förderung von Wasserrückhalt auf der Bestandesfläche sowie in unmittelbarer Nähe zum Waldweg. Dazu werden unter anderem spezielle Versickerungsmulden gebaut, in denen sich das Wasser bei Starkniederschlägen sammeln kann und nur allmählich abläuft oder versickert, statt sich den Weg über den Graben in den nächsten Vorfluter zu suchen.
Mobile jagdliche Infrastruktur
Ein Exkursionspunkt zog viel Aufmerksamkeit auf sich – und erntete Begeisterung oder Kopfschütteln: Klettersitze sind eine mögliche Ergänzung der jagdlichen Infrastruktur. Diese mobilen Sitze sind schnell umgestellt, erfordern vom Jäger aber im Vergleich zum Drückjagdbock ein bisschen mehr Mut und Sportlichkeit. Der Klettersitz besteht aus zwei Teilen, die jeweils mit einem Stahlkabel um den Baum montiert werden. Durch alternierendes Hoch- und Nachziehen der Teile kann so am Baum aufgestiegen werden. Die mobile Variante ermöglicht einen Einblick vom erhöhten Standort auch in unübersichtlichen Freiflächen sowie einen guten Kugelfang. Der Einsatz erfordert jedoch eine Schulung.
Wahl geeigneter Baumarten
Die Trockenheit der Jahre 2018 bis 2020 und ihre verheerenden Auswirkungen auf den Wald haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, bei der anstehenden Wiederbewaldung eine vorausschauende, dem Klimawandel angepasste Baumartenwahl zu treffen. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt bietet einen Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung zum Thema Waldbau im Klimawandel. Umfassend dargestellt werden aktuelle Klimaszenarien, Abschätzungen der Wasserverfügbarkeit und der Trockenstressgefährdung der Baumarten sowie ein Bodenprofil für die Bewertung des Standortes, schließlich auch eine digitale Entscheidungshilfe für die Baumartenwahl. Der Exkursionsführer, der auch ein Ausstellerverzeichnis der Expo enthält, kann als Download beim KWF abgerufen werden über Katja.Buechler@kwf-online.de