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Trotz Wurzelproblemen zufriedenstellende Erträge

Ergebnisse der Landessortenversuche Sommerweizen 2024 im Ökolandbau
Von Anna Schwinger , Landwirtschaftskammer SH
Ökosommerweizen in Barlt am 1. August 2024 Foto: Achim Seidel

Das Erntejahr 2024 war durch spezielle Witterungsumstände geprägt. Schon der Herbst 2023 und der sich anschließende ­Winter waren deutlich nasser als gewohnt. Landessortenversuche im Ökosommerweizen wurden an den Standorten Lindhof und Barlt angelegt.

Daten zu den Prüfstandorten können der Tabelle 1 entnommen werden. Auf dem Dithmarscher Standort fielen in Summe des Jahres 230 mm mehr Regen als im langjährigen Mittel. In der Eckernförder Bucht waren es 129 mm mehr als im Schnitt der Jahre. Aufgrund des verhältnismäßig trockenen Märzes konnte ein für die Standorte günstiger Saattermin realisiert werden. Die Niederschlagssummen in den Monaten April bis Juni zeigen, dass Wasser zur Ernte 2024 kein begrenzender Faktor gewesen ist (siehe Tabelle 1). Aber es kann auch zu viel Wasser sein. Besonders in gepflügten Beständen hatten die Pflanzen durch fehlende Bodenstruktur, zusammen mit zu viel Wasser, Probleme mit der Bewurzelung. Schlechte Wurzeln können nicht nur bei sich anschließender Trockenheit zum Problem werden, sondern spielen auch bei der Nährstoffaufnahme eine Rolle. Besonders im ökologischen Landbau ist die Pflanze auf funktionierende Nährstoffflüsse aus dem Boden angewiesen.

Erträge in den Versuchen

Mit Durchschnittserträgen von 56 (Barlt) und 43 dt/ha (Lindhof) lagen die Versuche auf einem stabilen Niveau. Eine Vergleichbarkeit mit Praxisschlägen ist besonders unter schwierigen Bedingungen, beispielsweise bei nasser Bestellung und/oder Bodenverdichtung, schwer, da die Kultur in der Versuchsparzelle in den gelockerten Boden gesät wird, ohne eine weitere Überfahrt durch den Drillschlepper.

Ein Vergleich der Sorten zeigt im Kornertrag starke Schwankungen. So liegen auf dem Lindhof die Sorten bei Relativerträgen zwischen 79 und 114. Die hohe Grenzdifferenz von 15 % macht deutlich, dass auch die Schwankung zwischen den einzelnen Parzellen einer Sorte hoch war. Oft zeigen Extremjahre deutlich die Schwächen und Stärken einzelner Sorten. Zur Ernte 2023 konnte man Backgetreidesorten gut nach Fallzahl sortieren. Das Jahr 2024 zeigte starke Unterschiede bezüglich der Anfälligkeit gegenüber Blattkrankheiten. Besonders da das Jahr untypisch war, leichtere Standorte haben teilweise mehr geerntet als schwere, sollte die Entscheidung, welche Sorte man anbaut, nicht auf Einzelergebnissen beruhen. Hier spielt die mehrjährige und mehrortige Verrechnung der Ertragsergebnisse mittels der Hohenheim-Gülzower Serienauswertung (HGS, letzte Spalte Tabelle 2) ihre Stärken aus, da so robuste Vorhersagen zur Sortenleistung unter verschiedensten Umwelten getroffen werden können.

Qualitäten in den Versuchen

Bei der Sortenwahl sind maßgeblich der Standort und die Verwertungsrichtung zu berücksichtigen. Wenn man Weizen mit Backqualität vermarkten möchte, sollte nicht nur der Kornertrag als Kriterium betrachtet werden. Die gemessenen Proteinwerte in Tabelle 3 zeigen, dass eine Weizensorte, nur weil sie als „B“ eingestuft ist, nicht zwangsläufig niedrige Proteingehalte hat. ‚KWS Jordum‘ fällt beispielsweise im Proteingehalt positiv auf, ist aber auch laut Bundessortenamt mit der Proteinnote 7 eingestuft. Die B-Weizensorte ‚Lobster‘ hat hier die Note 4. Bei der Qualitätseinstufung spielt nicht nur der Proteingehalt, sondern auch weitere Qualitätsparameter eine Rolle.

Generell zeigt die Tabelle 3, dass die Rohproteingehalte zur Ernte 2024 mit knapp über 11 % im Mittel der Sorten auf beiden Standorten auf einem niedrigen Niveau lagen. Diese bereits für den Winterweizen festgestellte Tendenz findet sich auch in den konventionellen Sommerweizenprüfungen über mehrere Standorte. Die Jahreswitterung wird damit die Hauptursache sein. Spezielle Phänomene im Frühjahr 2024 waren einerseits die starken Niederschläge, die bereits über Winter, aber auch im Verlauf des Frühjahres dazu führten, dass in mineralischer Form vorliegender Stickstoff im Boden nach unten verlagert wurde. Dort war er besonders für die schwächer bewurzelte Sommerung nicht mehr erreichbar. Außerdem kann die Strahlungsarmut zur Kornfüllungsphase eine Erklärung für die niedrigen Proteingehalte sein.

Im Folgenden werden die Leistungen der Sorten sowie deren charakteristische Eigenschaften in alphabetischer Reihenfolge beschrieben.

‚Alicia‘ von Natursaaten ist als einzige E-Sorte auf dem Marschstandort in Barlt dreijährig geprüft. Die Relativerträge lagen bei 93 bis 96. Auf dem Standort Lindhof ist die Schwankung zwischen den Jahren sehr hoch. Die HGS ergab einen Relativertrag von 97. Positiv hervorzuheben sind die überragenden Werte der Qualitätsparameter Protein, Feuchtkleber und Sedimentationswert. In den Bonituren fielen eine weniger ausgeprägte Massenentwicklung und eine geringe Pflanzenlänge auf.

‚Esperanza‘ von Dottenfelderhof hat die Wertprüfung im ökologischen Anbau durchlaufen und ist als E-Weizen eingestuft. Die Sorte wurde auf dem Standort Barlt einjährig, in Lindhof zweijährig geprüft. Die Einzelwerte im Kornertrag zeigen eine starke Schwankung. Die HGS ergab einen Relativertrag von 95. Für die Qualitätsparameter lieferte ‚Esperanza‘ durchgängig überdurchschnittliche Werte. Die Sorte fiel durch ihren langen Wuchs auf.

Der E-Weizen ‚KWS Carusum‘ zeigte in den drei Prüfjahren auf dem Standort Lindhof im Kornertrag zweimal starke Ausschläge nach oben. Das eine Prüfjahr in Barlt lieferte mit 106 ebenfalls einen hohen Relativertrag. Ein Relativertrag von 100 konnte langjährig über sieben Standorte erzielt werden. Die Qualitätsparameter zeigten beim Protein unterdurchschnittliche und für Feuchtkleber und Sedimentationswert mittlere Werte. Die Sorte fiel durch eine etwas geringere Bodenbedeckung und eine geringe Anfälligkeit für die Blattkrankheiten Septoria und Gelbrost auf.

‚KWS Expectum‘ hat die Prüfung sowohl im konventionellen als auch im ökologischen Prüfsystem durchlaufen und ist als E-Weizen eingestuft. Die Erträge lagen auf dem Standort Lindhof mehrjährig auf einem guten Niveau mit geringen Ausschlägen nach unten. Das einjährige Ergebnis von Barlt lieferte einen Relativertrag von 100, die HGS von 97. In den Qualitätsparametern wurden durchweg überdurchschnittliche Werte erzielt. Auffällig waren spätes Ährenschieben und geringer Gelbrostbefall.

Der B-Weizen ‚KWS Jordum‘ zeigte auf beiden Standorten bei mehrjähriger Prüfung fast ausschließlich hohe Relativerträge. Auch die mehrjährige Auswertung über sieben Standorte lieferte einen Relativertrag von 104. Der Proteingehalt war überdurchschnittlich, Feuchtkleber und Sedimentationswert hingegen unterdurchschnittlich. Die Sorte war in ihren Eigenschaften durchgängig unauffällig. Stehen die Qualitätseigenschaften nicht im Vordergrund, ist sie aufgrund ihrer sehr stabilen Ertragsleistung zu empfehlen.

Der einjährig geprüfte B-Weizen ‚Lobster‘ von der Saaten-Union lieferte auf dem Marschstandort Barlt einen Relativertrag von 107. Auf dem Standort Lindhof lag der Relativertrag bei 97. Die Qualitätsparameter hatten durchgehend Werte unterhalb des Versuchsmittels. Die Sorte fiel durch hohe Werte in den Parametern Massenentwicklung und Bodenbedeckung sowie durch spätes Ährenschieben auf.

‚Mohican‘ von der IG Pflanzenzucht, ebenfalls einjährig geprüft, lieferte auf dem Marschstandort in Barlt einen Relativertrag von 107. Auch an der Ostsee auf dem Standort Lindhof hatte der A-Weizen einen Relativertrag von 106. Die Qualitätsparameter zeigten durchgehend Werte unterhalb des Versuchsmittels. Die Sorte fiel negativ mit der Massenentwicklung und Bodenbedeckung auf und hatte eine geringe Pflanzenlänge.

‚Patricia‘ von Hauptsaaten ist als B-Weizen eingestuft. Die Sorte wurde auf dem Standort Barlt einjährig, in Lindhof zweijährig geprüft. Die Ergebnisse lagen im Relativertrag durchgängig über 100. Die Qualitätsparameter hatten durchgehend Werte leicht unterhalb des Versuchsmittels. Die Sorte fiel durch hohe Werte in der Massenentwicklung und Bodenbedeckung sowie mit einer ausgeprägten Pflanzenlänge auf.

‚Saludo‘ von Dottenfelderhof hat die Wertprüfung im ökologischen Anbau durchlaufen und ist als E-Weizen eingestuft. Die Sorte hatte 2024 auf beiden Standorten geringe Werte im Relativertrag. Auch die mehrjährige Prüfung am Standort Lindhof zeigt eher unterdurchschnittliche Erträge, ebenso die HGS mit einen Relativertrag von 93. Positiv hervorzuheben sind die überragenden Werte in den Qualitätsparametern. Außerdem fiel die Sorte durch eine besonders hohe Massebildung und eine gute Bodenbedeckung auf. Dadurch wäre ein Einsatz auf Standorten mit hohem Beikrautdruck ratsam. Ein spätes Ährenschieben und ein hoher Wert in der Pflanzenlänge waren ebenfalls auffällig.

Der einjährig geprüfte Mahlweizen ‚Telimena‘ von der Probstdorfer Saatzucht lieferte auf dem Marschstandort in Barlt einen Relativertrag von 98. An der Ostsee auf dem Standort Lindhof lag der Relativertrag bei 101. Der Proteingehalt war durchschnittlich, die Qualitätsparameter Feuchtkleber und Sedimentationswert lagen unterhalb des Versuchsmittels. Die Sorte fiel durch eine geringe Pflanzenlänge auf.

Fazit

Die Ergebnisse der Landessortenversuche Ökosommerweizen stimmen nach den schwachen Erträgen beim Winterweizen positiv. Ein Augenmerk ist aber auch immer auf die Qualitäten zu legen. Die geprüften Sorten variieren hinsichtlich ihrer Eigenschaften deutlich, wodurch gezielt nach betrieblichen Voraussetzungen und dem angestrebten Verwendungszweck eine Vorauswahl getroffen werden sollte.

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