Die seit 2022 als Hilfe für die Ukraine in Kraft gesetzten autonomen Handelsmaßnahmen laufen noch bis zum 5. Juni. Bis dahin muss die jetzt gefundene Trilog-Einigung vom EU-Parlament und dem Rat formell bestätigt werden. Mit einer endgültigen Zustimmung des Europaparlaments wird Ende April gerechnet. Auch der Rat müsste die Einigung zeitnah formalisieren. Hier zeichnet sich allerdings vereinzelt Widerstand ab. Genannt werden Frankreich und Polen. Sollte zeitnah eine Lösung gefunden werden, könnten die neuen Handelsrestriktionen fristgerecht am 6. Juni für ein weiteres Jahr in Kraft treten.
Der Trilog-Kompromiss, die Handelsrestriktionen gegenüber der Ukraine in Teilen auszuweiten, wackelt. Brüsseler Diplomaten bestätigten, dass unter anderem Frankreich und Polen sowie Ungarn die zwischen EU-Kommission, Rat und Europaparlament gefundene Übereinkunft so nicht mittragen wollen. Dem Vernehmen nach soll die Einfuhr von noch mehr Agrarprodukten begrenzt werden. Konkret hatten sich die Co-Gesetzgeber darauf verständigt, Eier, Geflügelfleisch, Mais, Hafer, Getreideschrot beziehungsweise -grütze sowie Honig und Zucker über Quoten zu begrenzen. Das heißt, sobald die importierten durchschnittlichen Mengen der Jahre 2022 und 2023 überschritten werden, sollen Zölle über eine Notbremse greifen. Während der Handelsausschuss des Parlaments die Einigung bereits gebilligt hat, wurde die Abstimmung im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (Coreper) nun auf diese Woche verschoben.
Als einen „schwachen Kompromiss“ haben die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (Copa) und ländlichen Genossenschaften (Cogeca) die politische Übereinkunft bezeichnet. Die beiden Dachverbände beklagen, dass als Referenzzeitraum nicht auch die Einfuhren aus dem Jahr 2021 miteinbezogen werden und somit teilweise auch das Vorkriegsniveau berücksichtigt werde. Auf Kritik stößt zudem, dass Gersten- und Weizenimporte aus der Ukraine zunächst nicht berücksichtigt werden sollen. Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, bezeichnete es derweil als „nicht nachvollziehbar, dass entscheidende Forderungen des EU-Parlaments unberücksichtigt bleiben“. Nach Ansicht des Generalsekretärs sollte auch Weizen in die „Notfallbremse“ mit einbezogen werden. Auch der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Norbert Lins (CDU), monierte, dass Weizeneinfuhren nicht begrenzt werden sollen.
Da die aktuell gültigen autonomen Handelsmaßnahmen nur noch bis zum 5. Juni gültig sind, stehen die Co-Gesetzgeber unter Zeitdruck. Das Europaparlament strebt an, Ende April in der letzten Sitzungswoche vor der Europawahl Anfang Juni final abzustimmen. Die Frage ist nun, ob durch den Widerstand des Rates das Einigungspaket wieder aufgeschnürt werden muss. Dies würde eine für die Ukraine rechtzeitige Annahme der für ein Jahr angelegten Regelung fast unmöglich machen.
Die Berichterstatterin des EU-Parlaments, Sandra Kalniete, unterstrich, dass das anhaltende Engagement der EU angesichts des brutalen russischen Angriffskrieges bis zum Sieg der Ukraine fortgeführt werde. Dies habe allerdings auch Auswirkungen auf die Landwirte in der EU. Deren Bedenken habe man nun aufgenommen. age