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Trendwende am Getreidemarkt?

Marktkommentar
Von Claus Hoeck LK-Markt
Foto: Imago

Getrieben von Wettermeldungen steigt der Weizenpreis seit einigen Wochen wieder an. In Paris kletterten die Kurse für Septemberweizen seit Ende Februar, Anfang März um fast 50 €/t. Besonders Wettermeldungen aus Russland, das als Exportweltmeister den Weltmarktpreis maßgeblich beeinflusst, bringen weitere Thermik in den Markt. Nach früheren Meldungen über Trockenheit in Südrussland sind es nun Nachrichten über die Gefahr massiver Ernteeinbußen durch Fröste Anfang Mai in den wichtigen Getreide-Anbaugebieten Woronesh, Lipezk und Tambow in der Zentralen Schwarzerde-Region. Hier werden zirka 10 % des russischen Weizens produziert. Der Kälteeinbruch könnte eine Neuaussaat notwendig machen, wird berichtet. Auch wird erst ab der zweiten Maihälfte mit Niederschlägen in Südrussland gerechnet. Bis dahin könnte die Entwicklung der Pflanzen allerdings bereits negativ beeinflusst sein.

Am 10. Mai schloss der meistgehandelte Kontrakt Septemberweizen an der Matif bei 249,50 €/t. Ursache waren auch die weiter gestiegenen russischen Exportpreise. Kontrakte für Weizen wurden fob Exporthafen mit 215 bis 219 US-$/t gehandelt, 3 bis 4 US-$ höher als in der Woche davor. Große Vorräte aus der vergangenen Ernte ermöglichen die noch anhaltend hohen physischen Verladungen von bis zu 1 Mio. t Weizen pro Woche.

Erste Schätzung neue Ernte

Am 10. Mai veröffentlichte das USDA (US Department of Agriculture) auch seine „World Agricultural Supply and Demand Estimates“, den WASDE-Bericht. Bei der globalen Weizenproduktion erwartet das USDA im kommenden Jahr 2024/2025 einen neuen Rekord von 798,2 Mio. t. Rückgänge der Ernten in Russland, der Ukraine, der EU und auch in Kanada sollen durch Zuwächse in China, Indien, Argentinien und Australien wieder wettgemacht werden. Russland werde auch im kommenden Jahr unangefochtener Exportweltmeister in Sachen Weizen bleiben, mit einem veranschlagten Exportvolumen von 52,0 Mio. t, 1,5 Mio. t weniger als die Schätzung für die laufende Saison. Erwartet werden weltweite Endbestände von 253,6 Mio. t, also eine Abnahme von 4,2 Mio. t und damit die niedrigsten Bestände seit 2015/16. Die Bestandsabnahme soll vor allem in Russland (–3,5 Mio. t) stattfinden. Investoren sahen Kaufargumente in dieser Prognose, Juli-Weizen stieg an der Chicago Board of Trade um 2,5 %.

Im Maissegment rechnet das USDA mit einem weltweiten Produktionsrückgang im kommenden Jahr auf 1,2 Mrd. t. In der Ukraine erwarten die US-Experten eine Ernte von 27,0 Mio. t, ein Minus von 4,0 Mio. t. Für Argentinien wird von einem Rückgang um 2,0 auf 51,0 Mio. t ausgegangen. Im Sojakomplex wird von einer Steigerung der US-Ernte auf rund und 121 Mio. t im kommenden Herbst ausgegangen, etwa plus 8 Mio. t gegenüber dem laufenden Jahr. Auch für Brasilien prophezeien die USDA-Experten eine kräftige Produktionssteigerung um 15,0 Mio. t auf 169,0 Mio. t.

Kleine Weizenernte in der EU

In der EU-27 wird von der EU-Kommission nach der schwierigen Herbstaussaat für 2024 immer noch eine geringe EU-Weizenernte von 120 Mio. t erwartet, nach 126 Mio. t im Vorjahr und einem Fünfjahresdurchschnitt von 127 Mio. t. Die Weizenvorräte sollen EU-weit um 9 Mio. t sinken, für Mais wird ein Plus von 5 Mio. t und für Gerste eines von plus 4 Mio. t erwartet.

Wettermärkte werden häufiger

Alle die oben genannten Prognosen von USDA, EU und dem Internationalen Getreiderat IGC beruhen auf der Annahme, dass in etwa durchschnittliche Ernten eingefahren werden, es werden mehrjährige Durchschnittswerte fortgeschrieben. So gewinnt man ein Bild von den weltweiten grundsätzlichen Produktionsmöglichkeiten, und sie scheinen mehr als ausreichend zu sein. Disruptive Ereignisse wie der Angriff Russlands auf die Ukraine oder Wetterereignisse wie Starkregen oder Frosteinbrüche lösen Preisbewegungen aus, die nicht vorhersehbar sind. Man spricht dann von einem Wettermarkt. Angesichts des Klimawandels und der Zunahme von extremen Wetterereignissen werden wir zukünftig immer mehr mit diesen Wettermärkten zu tun haben. 

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