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Terminmärkte: Fluch oder Segen?

Marktkommentar
Von Karsten Hoeck, LK-Markt
Foto: Imago

Der Börsenverein Warenterminmarkt e. V. der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel startet am 11. November eine neue Runde des Börsenspiels. Studenten und andere Interessenten am Thema Terminmarkt erhalten ein fiktives Startkapital. Damit können Depots eröffnet und Kontrakte gehandelt werden. Wer von den Spielern bis Ende Februar 2025 die höchsten (fiktiven) Gewinne erzielt hat, dem winken attraktive Preise. Damit dient das Börsenspiel dazu, die Warenterminmärkte spielerisch kennenzulernen.

Nach dem Motto „Mit Essen spielt man nicht“ sind Terminmarktgeschäfte mit Agrarrohstoffen umstritten. Vielfach wird befürchtet, dass Spekulationen die Nahrungsmittelpreise nach oben treiben. Daher waren Agrar-Terminmärkte in Deutschland lange Zeit verboten. Erst seit 1997 gibt es hierzulande solche Handelsplätze. Direkte Handelsbeteiligte wie Erzeuger und Verarbeiter von landwirtschaftlichen Produkten nutzen den Terminmarkt, um sich gegen Preisrisiken abzusichern. Es gibt aber auch Spekulanten, die eine möglichst hohe Rendite für das eingesetzte Kapital erzielen wollen. Sie sorgen jedoch auch für die notwendige Liquidität für die Termingeschäfte. Der Kursverlauf der einzelnen gehandelten Produkte ist jetzt sehr stark von Ertrags- und Nachfrageprognosen abhängig. Dazu feuern Wettermeldungen oder Export- und Importzahlen den Handel weiter an. Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, welche Preisschwankungen internationale Krisen wie die Corona-Epidemie oder der Ukraine-Krieg auslösen können. Durch die Terminmärkte nehmen somit Preisschwankungen spürbar zu. Ob sie der Grund für steigende Nahrungsmittelpreise sind, ist jedoch unsicher.

Chicago verliert an Bedeutung

Lange Zeit haben die Terminmärkte in den USA die Richtung der internationalen Agrarpreise vorgeben. Für den hiesigen Markt sind mittlerweile die Notierungen der Terminbörsen Matif in Paris oder EEX in Leipzig die Orientierung. Bemerkenswert ist der aktuelle Preisanstieg für Raps. Die Matif-Rapskurse haben Anfang-November mit über 520 €/t ein Zweijahreshoch erreicht. Als Ursache wird die kleine Ernte in der EU angeführt. Auch Importe könnten knapp werden, da mit weniger Lieferungen aus der Ukraine gerechnet wird. In Süd- und Osteuropa wird mit einer Sonnenblumenernte gerechnet, die nach Aussage von Beratungsunternehmen als katastrophal bezeichnet wird. Auch aus Frankreich kommen ähnliche Meldungen. Da die globale Versorgungsbilanz mit Raps ohnehin schon angespannt ist, blieben die schwachen US-Sojakurse zuletzt ohne Wirkung auf die hiesigen Rapspreise.

Mögliche Entwicklungen

Auch die Weizenerträge sind in der EU in diesem Jahr vergleichsweise schlecht ausgefallen. Dennoch lässt der von den Erzeugern erhoffte Preisanstieg auf sich warten. An der Matif wurde zum Wochenbeginn 215 €/t für Dezember notiert. Der Mai-Termin liegt dagegen schon bei 233 €/t. Damit zeigt sich hier die Erwartung der Börse, dass die günstigen russischen Exporte bereits im Frühjahr auslaufen. Dazu kommen Meldungen über schwierige Aussaatbedingungen in vielen Regionen. Derzeit bleiben die Exportmengen aus Russland jedoch hoch und bremsen eine mögliche Preiserholung.

Die reduzierten Rindviehbestände haben die Milchproduktion verringert. Die Kurse für Milchprodukte am EEX-Terminmarkt in Leipzig sind deutlich gestiegen. Auch die Auswirkung der Blauzungenkrankheit könnte den saisonüblichen Anstieg der Milchproduktion ab dem Jahreswechsel verzögern. Damit könnte der feste Preistrend noch etwas anhalten, auch wenn die hohen Preisforderungen die Nachfrage nach Milchprodukten bremsen.

Wilde Spekulationen sorgten bereits im 17. Jahrhundert für absurde Preissprünge für Tulpenzwiebeln in Holland. Durch die Einführung von Terminmärkten mit klaren Regeln und Gesetzen versucht man, diese Auswüchse zu unterbinden. Damit haben diese Marktplätze eine entscheidende Position in der Preisbildung für landwirtschaftliche Produkte gefunden.

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