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Seitenwechsel und Brückenbau

Kommentar zur Ernennung von Werner Schwarz zum Landwirtschaftsminister
Von Mechthilde Becker-Weigel
Landtagspräsidentin Kristina Herbst vereidigt Landwirtschaftsminister Werner Schwarz. Foto: Sönke Ehlers

Es könnte die Geschichte werden von einem klugen oder gar schlauen Ministerpräsidenten und einem mutigen Landwirtschaftsminister. Die Landwirte in Schleswig-Holstein freuen sich, die Umweltverbände und Mitstreiter aus der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) gratulieren voller Hochachtung (siehe Seite 11) und die Grünen sind enttäuscht. Werner Schwarz, seit zwölf Jahren und bis Dienstag dieser Woche Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, ist der neue Minister für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz im schwarz-grünen Kabinett von Daniel Günther (CDU).

Günther musste sich gleich zum Start der neuen politischen Partnerschaft etwas einfallen lassen, um zwei wichtige Partner zufriedenzustellen. Die Landwirte, die vertrauensvoll für ihn gestimmt haben und denen er im Wort steht, und die grünen Koalitionspartner. Dafür musste nun das zuletzt grün geführte Ressort mit dem sperrigen Titel Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, kurz Melund, herhalten. Es wurde nicht nur fachlich geteilt in die beiden Ressorts Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur und in das Ministerium für Landwirtschaft, sondern auch parteipolitisch geteilt in Schwarz und Grün, ganz so wie in Berlin.

Es heißt, dass die CDU das eigenständige Landwirtschaftsministerium gegen das Plädoyer der Grünen durchgesetzt habe. Tobias Goldschmidt (Grüne), der neue Umweltminister und ehemalige Staatssekretär im Melund, machte klar, dass die Grünen beide Bereiche gern in einem Ministerium gehalten hätten. „Ich bin jemand, der Landwirtschaft und Naturschutz zusammendenkt“, sagte er bereits in einem Interview. Das muss aber nicht zwangsläufig ein Hinderungsgrund für eine Männerfreundschaft werden. Mit Werner Schwarz hat Günther einen Minister der besonnenen Art berufen. Einen Spezialisten für schwierige Aufgaben, der Diskussionen nicht aus dem Weg geht, sondern sie beginnt und einfordert wie im Dialogprozess zur Zukunft der Landwirtschaft, der sich nicht scheut, Wahrheiten auszusprechen, sowie Veränderungswillen besitzt und verlangt. Dass er dazu in der Lage ist, ideologische Gräben zu überwinden, ergebnisorientiert zu moderieren und zu vermitteln, hat er beeindruckend als Mitglied der ZKL bewiesen, wo er eine Vermittlerrolle zwischen den verschiedenen Interessen- und Gesellschaftsgruppen eingenommen hat.

Daniel Günther versteht sein Handwerk. Er hat das Landwirtschaftsressort fachlich hervorragend besetzt, genau so, wie Landwirte und Bauernverband es seit Jahren gefordert haben. Werner Schwarz beweist Mut durch seinen Seitenwechsel. An ihn wird in seiner neuen Rolle die Aufgabe fallen, auch schwierige Wahrheiten gegenüber dem Berufsstand zu vertreten und durchzusetzen. Das gehört zum Geschäftsmodell eines Ministeramtes. Schwarz‘ Großvater gleichen Namens war in den 1960er Jahren unter Konrad Adenauer (CDU) Bundeslandwirtschaftsminister. In seiner Amtszeit ging es um die Frage, ob die Bundesrepublik bereit sei, die deutschen Getreidepreise – die höchsten auf dem damaligen Gemeinsamen Markt – zu senken, wie es der Mansholt-Plan vorsah. Die Getreidepreise in der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sollten auf einen gemeinsamen Mittelpegel reguliert werden. Und auch Dr. Robert Habeck (Grüne) hat wahrscheinlich nicht gedacht, dass er irgendwann Flüssiggas einkaufen muss. Es gibt viel zu tun für den Brückenbauer. Viel Erfolg und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

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