Auf Einladung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist die noch von seiner Vorgängerin Dr. Angela Merkel (CDU) eingesetzte Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) zum Austausch im Kanzleramt zusammengekommen. Die Vertreter von Agrar- und Ernährungsbranche, Natur-, Tier- und Verbraucherschützern, Handel und Wissenschaft trafen sich mit dem Kanzler. Präsentiert wurde ein Finanzierungsmodell zum Umbau der Tierhaltung.
In der Debatte über bessere Bedingungen für die Bauern will auch die Regierungskommission zur Zukunft der Landwirtschaft Vorschläge einbringen. Zum aktuellen Stand tauschten sich die Mitglieder mit Kanzler Olaf Scholz aus, wie das Gremium nach dem Treffen mitteilte. Vorbereitet würden aktuelle Empfehlungen zur Zukunft der Branche in schwierigen Zeiten, die von allen Mitgliedern getragen würden.
Neben dem Umbau der Tierhaltung solle es etwa um Bürokratieabbau, steuerliche Fragen und die künftige EU-Agrarfinanzierung gehen. „Die Zukunft der Landwirtschaft zu gestalten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, erklärten die Agrarwissenschaftlerin Regina Birner und der Agrarökonom Achim Spiller als Sprecherteam der ZKL. Die Kommission stehe für den fairen Ausgleich von Interessen und scheue sich nicht, auch für heiße Eisen wie den Umbau der Tierhaltung und dessen Finanzierung im Konsens Lösungen zu erarbeiten.
Es gibt noch Knackpunkte
Allerding scheint das von der ZKL angestrebte Gesamtpaket mit konkreten Politikempfehlungen zur Zukunft der Landwirtschaft kein Selbstläufer zu werden. Sowohl der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Dr. Holger Hennies, als auch der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, sprachen am Donnerstag gegenüber Agrarmedien unabhängig voneinander von schwierigen Verhandlungen, die noch zu führen seien.
Für Hennies ist beispielsweise ein Einstieg in ein einfacheres Düngerecht unerlässlich, ebenso spürbare Entlastungen im steuerlichen Bereich und bei bürokratischen Auflagen. Bandt betonte die Notwendigkeit von konkreten Schritten, um den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Auch für die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) müsse es klare Signale geben. Zudem sei für den BUND zwingend notwendig, dass der gefundene Kompromiss für eine Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung über eine Anhebung der Mehrwertsteuer nicht infrage gestellt werde. Bandt und Hennies zeigten sich gleichwohl optimistisch, dass die ZKL einen Konsens finden werde. Ergebnisse seien für Anfang Mai zu erwarten.
Landwirtschaft entlasten
Der DBV-Vizepräsident zog ein positives Fazit der Gespräche mit Bundeskanzler Olaf Scholz und anschließend mit den stellvertretenden Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen, Matthias Miersch (SPD), Julia Verlinden (Grüne) und Carina Konrad (FDP). Der Austausch sei insgesamt besser gelaufen als erwartet, räumte Holger Hennies ein.
Die Zukunftskommission Landwirtschaft habe deutlich machen können, „wo Handlungsbedarf und Nachbesserungspotenzial besteht, um die Rahmenbedingungen für die deutsche Landwirtschaft so zu gestalten, dass unsere Betriebe wettbewerbs- und zukunftsfähig sind“.
Entscheidend sei, „dass ein Gesamtpaket geschnürt wird, das der Komplexität unserer Branche gerecht wird“, so Hennies. Er geht nicht davon aus, dass die Koalition die ZKL-Empfehlungen zu 100 % werde umsetzen können. Entscheidend sei jedoch, „dass die Richtung stimmt“. Dies gelte nicht zuletzt für den dringend notwendigen Bürokratieabbau.
Tierhalter brauchen Klarheit
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) forderte die Politik zum Handeln auf. „Gerade für den Umbau der Tierhaltung brauchen die Bäuerinnen und Bauern endlich Klarheit in Form von langfristigen Verträgen und einer gesicherten Finanzierung“, erklärte AbL-Bundesgeschäftsführerin Xenia Brand. age, mbw
Vorschlag zur Tierwohlfinanzierung schlägt Wellen
Der Vorschlag einer Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) und der Borchert-Kommission, den Umbau der Tierhaltung langfristig über eine höhere Mehrwertsteuer auf tierische Produkte zu finanzieren, wurden bereits am Mittwoch im Vorfeld des Gesprächs mit dem Kanzler bekannt. Dies geschah offenbar entgegen der Vereinbarung, dass die Sprecher der ZKL sich öffentlich nicht äußern. Die frühzeitige Veröffentlichung des Vorschlags löste in Politik und Berufsstand unterschiedliche Reaktionen aus. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, zeigte kein Verständnis für anschließende Meldungen über steigendende Fleischpreise im Zuge des Umbaus der Tierhaltung. „Eine Mehrwertsteuererhöhung auf den Regelsatz oder einen Tierwohlcent lehnen wir ab“, betonte Rukwied am Mittwoch in Berlin. Das Geld für den Tierwohlumbau müsse aus dem Bundeshaushalt kommen. Zudem müsse zuerst sichergestellt werden, dass die notwendigen Beträge bei den Landwirten ankämen. Darüber hinaus seien Verträge mit einer Laufzeit von 20 Jahren eine zwingende Voraussetzung. age