Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), hat neuerlichen Demonstrationen eine Absage erteilt. „Jetzt ist nicht die Zeit, wieder auf die Straße zu gehen“, sagte Rukwied auf der Mitgliederversammlung des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg (LBV) am Dienstag vergangener Woche in Fellbach.
Stattdessen werde es im anstehenden Bundestagswahlkampf darum gehen, berufsständische Positionen in die Politik zu tragen. „Gehen Sie auf die Politikerinnen und Politiker zu und bringen Sie sich ein“, so der LBV-Präsident an die Adresse der Delegierten. Rukwied bezeichnete eine steuerliche Belastung des Agrardiesels auf Höhe des europäischen Durchschnitts als eine Kernforderung des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Hier sei die nächste Bundesregierung ebenso gefordert wie beim Bürokratieabbau. Die bislang erzielten Fortschritte seien inakzeptabel und völlig unzureichend. Zudem bedürften die zuletzt vorgelegten Gesetzesvorhaben wie etwa die zur Novellierung des Tierschutzgesetzes einer grundlegenden Überarbeitung, sollten sie in der nächsten Legislaturperiode erneut aufgegriffen werden.
Agrarbudget stabil halten
Im Mittelpunkt der Aktivitäten auf EU-Ebene sieht Rukwied den Kampf um das künftige Agrarbudget. Eine Kürzung werde man nicht hinnehmen, betonte der DBV-Präsident. Stattdessen sei ein Aufwuchs notwendig, um Zukunft der Landwirtschaft zu sichern. Rukwied verwies auf die Folgen des Klimawandels, die die Betriebe immer stärker zu spüren bekämen. Er betonte den Stellenwert der Ernährungssicherheit als Grundlage für gesellschaftliche und politische Stabilität. Schließlich sei eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft unerlässlich, um ihre Position gegenüber anderen Weltregionen zu verbessern. Rukwied bekannte sich zu einer Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Er bekräftigte den DBV-Vorschlag, die klassischen Direktzahlungen mittelfristig – „innerhalb von fünf bis sieben Jahren“ – auslaufen zu lassen. Voraussetzung sei allerdings ein Verzicht auf die Konditionalitäten. Zu den Kernaufgaben einer einfacheren GAP zählt der Bauernpräsident neben einer Unterstützung der Betriebe im Wettbewerb und der Finanzierung von Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen eine wirksame Förderung von Junglandwirten. Besorgt zeigte sich Rukwied über die Einkommensentwicklung in der deutschen Landwirtschaft. Bis auf wenige Ausnahmen seien die Unternehmensergebnisse im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2023/24 deutlich gesunken. Dies gelte insbesondere für den Ackerbau. Stabilisiert habe sich inzwischen die Einkommenssituation der Milchviehbetriebe. Auch die Veredelungsbetriebe könnten nach einer langen Durststrecke durchatmen.
Sonderkulturen bedroht
Eindringlich verwies der Landesbauernpräsident auf die schwierige Situation der Obst- und Gemüsebaubetriebe: „Der Sonderkulturanbau steht am Scheideweg.“ Ein gesetzlicher Mindestlohn von 15 € würde die Branche massiv unter Druck setzen, warnte Rukwied. Existenzbedrohend für viele Betriebe sei die Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade. Rukwied sieht massive Folgen für den Zuckerrüben- und Kartoffelanbau in Teilen Baden-Württembergs. Kulturen wie Rhabarber, Rote Bete oder Rotkohl seien bedroht. „Wir brauchen wirksame Mittel für die Pflanzenschutzanwendung in den Kulturen oder bei der Saatgutbeizung“, forderte der Bauernpräsident in Richtung Politik. age