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Rinderwissen und Punsch – Fachforen in Futterkamp

Rinder aktuell: Rindertag
Von Dr. Imme Dittrich, Landwirtschaftskammer SH
Gut gefüllte Reihen und angeregte Diskussionen zu den Vorträgen machten die Fachforen sehr lebendig. Foto: Josephine Hahn

Erstmalig finde der Rindertag als gemeinsame Veranstaltung von sechs Organisationen statt, so Hans-Eggert Rohwer (Vorsitzender Fachausschuss für konventionelle und ökologische Tierhaltung und Futterbau) in seinem Grußwort. In Zusammenarbeit mit der Agrarberatung Mitte e. V. (ABM), dem Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft (MLLEV), der Milcherzeugervereinigung Schleswig-Holstein e. V. (MEV), dem Ökoring SH und dem Netzwerk Fokus Tierwohl sollten Perspektiven aufgezeigt und Denkanstöße gegeben werden.

In drei Fachforen konnten sich die Besucherinnen und Besucher am 27. November informieren und sich im Anschluss bei einer Tasse Punsch austauschen oder bei den zahlreichen Ausstellerinnen und Ausstellern weitere Informationen sammeln.

Forum 1: Thema Tierwohl

Wie vielfältig das Thema Tierwohl sein kann, zeigte das Forum Tierwohl eindrücklich. Moderiert durch Claas-Peter Petersen (MEV) wurden drei Aspekte näher beleuchtet.

Hans-Eggert Rohwer begrüßte die Besucherinnen und Besucher zum Rindertag und regte dazu an, auch die Pausen zwischen den Fachforen für den fachlichen Austausch zu nutzen. Foto: Isa-Maria Kuhn

Zunächst widmete sich Thies Rahn vom Ökoring SH dem Thema Agrarinvestionsförderprogramm (AFP) in Schleswig-Holstein. Rahn beleuchtete das Förderprogramm mit den Regularien, Bewertungskriterien sowie dem möglichen Umfang der Förderung inklusive der Auflagen. Veranschaulicht wurde das Ganze am Beispiel des Betriebes Liseke-Hadenfeld, der mit Unterstützung des Agrarinvestitionsprogramms einen Ammenstall mit Abkalbe- und Krankenbereich gebaut hat. Ziel ist es, mit dem Förderprogramm die tiergerechte Haltung zu fördern und das Tierwohl hier zu erweitern. Kernpunkt der nachfolgenden Diskussion war die Umsetzung der Ammenhaltung auf dem Beispielbetrieb. Zusätzlich haben sich die Besucherinnen und Besucher des Forums sehr aktiv über das Förderprogramm und die Möglichkeiten der Investitionen ausgetauscht. Besonders interessant war die Frage, ob die Förderung nur für Neubauten oder auch für den Umbau vorhandener Stallungen beantrag werden kann.

Im zweiten Vortrag hat Jörg Riecken, Landwirt aus Großbarkau, seinen Betrieb vorgestellt. Der Fokus lag hier auf der Kombination von automatischem Melken und Weidehaltung. Riecken hat mithilfe von AFP einen Tierwohlstall für aktuell 139 Kühe gebaut und hält diese von April bis Oktober auf der Weide. Gemolken werden die Kühe seit drei Jahren im automatischen Melksystem. Es ist gelungen, die Weidehaltung mit dieser Automatisierung zu verbinden und eine Milchleistung von 11.772 kg pro Kuh und Jahr zu erzielen. Möglich ist das durch ein spezielles Drei-Wege Tor, das morgens zum Weideaustrieb die Tiere zurückhält, die noch keine ausreichende Milchmenge von mindestens 8 l am Roboter gemolken haben. So vermeidet Riecken es, diese Tiere separat und mit viel Aufwand von der Weide zu holen, und kann gewährleisten, dass die Kühe erst vollständig ausgemolken auf die Weide entlassen werden. Im Fokus der Diskussion standen die detaillierte Beschreibung des Weidemanagements, die Kombination aus Roboter und Weidehaltung sowie die Art und Weise der Führung des Drei-Wege-Tors.

Zum Abschluss beleuchtete Dr. Bernd Losand (DLG e. V.) Eckpunkte der Fütterung, die sich in allen Lebensphasen der Rinder auf das Tierwohl auswirken können. Zu Beginn stand die Notwendigkeit der guten und tiergerechten Versorgung der Kälber im Mittelpunkt. Weiter wurde die artgerechte Versorgung von Jungtieren, Kühen und Bullen erläutert. Einen weiteren Schwerpunkt legte Losand auf die wiederkäuergerechte Ration sowie die Vorbeugung und Behandlung einer Ketose. Die artgemäße Fütterung von Kühen ist dabei genauso entscheidend für die Nachkommen wie die Fütterung der Nachkommen selbst. Werden elementare Stellschrauben nicht kontinuierlich beobachtet und bei Bedarf angepasst, kann es zu deutlichen Stresssymptomen und folglich Einschränkungen des Tierwohls kommen.

Forum 2: Klima-Impulse

Im Rahmen von Klimaeffizienz, -anpassung und -schutz gebe es viele Ansatzpunkte, die zur Verbesserung der Istsituation beitragen könnten, so die Moderatorin des Forums, Helena Billerbeck (Klimakompetenzzentrum, MLLEV). Das Forum Klima-Impulse sollte genau hier Anregungen in Richtung Klimaanpassung und -schutz geben.

Den Anfang machte die Präsentation der Ergebnisse des kürzlich beendeten Fütterungsversuches am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp zum Einsatz von Methaninhibitoren in der Milchviehfütterung. Im Hinblick auf die Frage, ob Änderungen des Methanausstoßes von Milchkühen sichtbar gemacht werden können, berichtete Dr. Imme Dittrich (LKSH) über den Versuchsaufbau und -ablauf. Kern des Versuches waren der Einsatz des Futterzusatzst­offes 3-Nitroxypropanol und die Messungen des Methanausstoßes mittels Laser-Methan-Detektoren (LMD). Der Versuch machte deutlich, dass sich mithilfe von LMD Änderungen im Methanausstoß sichtbar machen lassen und bis zu 23 % Methan eingespart werden können (Näheres dazu in Ausgabe 3/2025). Trotzdem bleiben beim Einsatz von Futterzusatzstoffen dieser Art zum Beispiel in Bezug auf die Tiergesundheit noch Fragen offen.

Gruppenfoto mit dem Futterkamper Jungvieh im Hintergrund, hinten v. li.: Dr. Thomas Bahr (Agrarberatung Mitte e. V.), Dr. Ralf Loges (CAU Kiel), Claas-Peter Petersen (MEV e. V.), Jörg Riecken (Landwirt), Dr. Marvin Gertz-Gerwinn (LKV SH e. V.), Nina D’Haese (Rinderpraxis Brokstedt), Ingo Schnoor (RSH eG). Vorn v. li.: Annika Stange (Agrarberatung Mitte e. V.), Dr. Bernd Losand (DLG e. V.), Thies Rahn (Ökoring SH), Dr. Imme Dittrich (LKSH), Hannah Straky (Netzwerk Fokus Tierwohl, LKSH), Helena Billerbeck (Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft, MLLEV) Foto: Isa-Maria Kuhn

Im zweiten Vortrag stellte Ingo Schnoor (RSH eG) mögliche Wege zur züchterischen Einflussnahme auf den Klimaschutz vor. Im Fokus des Vortrages stand der kürzlich präsentierte Zuchtwert zur Futtereffizienz. Ziel sollte sein, die verursachten Emissionen etwa von CO2 und Methan auf eine möglichst große Milchmenge zu verteilen, so Schnoor. Basierend auf einer verhältnismäßig kleinen Stichprobe von 15.000 Kühen ist es gelungen, einen Zuchtwert für die Futtereffizienz abzuleiten, der sich im Zusammenspiel mit anderen Merkmalen wie der Nutzungsdauer oder der Tiergesundheit positiv auf den CO2-Fußabdruck eines Liters Milch auswirken kann. Genau wie beim CO2-Fußabdruck, der alle Aspekte der Milchproduktion abdeckt, ist es wichtig, züchterisch die Gesamtheit der Merkmale im Blick zu behalten und durch langlebige Kühe mit guter Persistenz zum Klimaschutz beizutragen.

Den Abschluss im Forum Klima-Impulse machte die Präsentation von Klimaanpassungsstrategien im Grünland- und Futterbau. Dr. Ralf Loges (CAU Kiel) verdeutlichte die Wichtigkeit, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, um mittelfristig für Trockenperioden gewappnet zu sein. Er verwies insbesondere auf die Möglichkeiten der Aus- oder Nachsaat von trockenheits- und hitzetoleranten Gräsern wie dem Rohrschwingel. Auch das Potenzial von robusten Leguminosen wie Luzerne und Rotklee sollte nicht unterschätzt und für die Aufwertung der Proteingehalte des Grundfutters in Betracht gezogen werden. Im Vergleich zu beispielsweise Getreide-GPS können neben dem Rohprotein auch höhere Energiegehalte erzielt werden.

In der Diskussion wurde insgesamt deutlich, dass es im Hinblick auf Klimabilanzierungen und die präsentierten Möglichkeiten zur Einflussnahme auf den Ausstoß von Emissionen noch einige offene Fragen gibt, die es zu beantworten gilt.

Forum 3: Rinderhaltung hat Zukunft

Im dritten Forum, moderiert von Annika Stange (ABM), wurden verschiedene Aspekte zur zukünftigen Rinderhaltung beleuchtet.

Die Automatisierung insbesondere arbeitsaufwendiger Prozesse wie des Melkens treibt viele Betriebe um. Daher widmete sich Dr. Thomas Bahr (ABM) der Frage, wie sich das automatische Melken etabliert hat und wie sich dies ökonomisch darstellt. Die Hauptgründe für die Umstellung auf das automatische Melken sind für viele die Leistungssteigerung durch das häufigere Melken, der geringere Arbeitskraftbedarf und die damit gesteigerte Lebensqualität. Etwa 13 % der Milchviehbetriebe melken mittlerweile mit einem Melkroboter und nehmen die Mehrkosten von 2,0 bis 3,5 ct/l Milch in Kauf. Zur Wirtschaftlichkeit eines Melkroboters präsentierte Bahr verschiedene Rechenbeispiele, die Melkstand und Roboter verglichen. Letztlich hängt der Erfolg des automatischen Melkens von vielen verschiedenen Faktoren ab und es sollte betriebsindividuell ermessen werden, ob diese Investition im Speziellen lohnenswert ist.

Den zweiten Vortrag des Forums hielt Dr. Marvin Gertz-Gerwinn (Landeskontrollverband Schleswig-Holstein e. V.). Er beleuchtete, wie sich die Digitalisierung nutzen lässt, um die Milchleistungsprüfung (MLP) weiterzuentwickeln und einen noch größeren Mehrwert aus diesen Daten zu generieren. Durch MLP und Herdenmanagement werden bereits unzählige Daten gesammelt, die den digitalen Fingerabdruck einer Kuh ergeben. Im Rahmen des Projekts „HoliCow“ wird mit diesen digitalen Fingerabdrücken eine Künstliche Intelligenz trainiert, die Vergleiche mit aktuellen Ergebnissen der Milchinhaltsstoffe jeder Kuh anstellt und daraus biologische Prozesse ableiten soll. Auf diese Weise wird es zukünftig möglich, aus der MLP Rückschlüsse auf Tiergesundheit oder Methanausstoß zu ziehen.

Als Abschluss des Forums referierte Nina D’Haese (Rinderpraxis Brokstedt) über die aktuell geltende Kälberhaltungsverordnung und deren Etablierung in der Praxis. Die Kälberhaltungsverordnung wurde in den letzten Jahren zweimal überarbeitet. Besonders praxisrelevant war die Erhöhung des Mindestalters für den Tiertransport von 14 auf 28 Tage, die seit dem 1. Januar 2023 gilt. Laut D’Haese führte dies unweigerlich zu höheren Aufzuchtkosten, die sich oft nicht mit den Kälberpreisen decken. Damit bei dem Verkauf überzähliger Kälber nicht draufgezahlt wird, zeigte sie auf, wie ein angepasstes Gesundheitsmanagement, hohe Tageszunahmen und ein durchdachtes Remontierungskonzept dennoch für eine Deckung der Kosten sorgen können.

Fazit

Gut besucht war der Rindertag in Futterkamp, der erstmalig in Form von unterschiedlichen Fachforen abgehalten wurde. Das breite Themenspektrum zeigte, wie einzelne kleine oder große Stellschrauben zu aktuellen Herausforderungen auf den Betrieben aufgedeckt oder bearbeitet werden können. Den Vortragenden ist es gelungen, Impulse zu geben und Fragliches einzuordnen.

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