Von Krisen, Schicksalsschlägen und Notlagen werden die meisten Menschen irgendwann getroffen – manche mehr, manche weniger, verschont bleibt wohl kaum jemand. Landwirte wissen ein Lied davon zu singen: Missernten, Preisstürze, überbordende bürokratische Auflagen, gesellschaftliche Anfechtungen. Wenn mehreres zusammenkommt und vielleicht noch persönliche Probleme dazu, etwa in der Ehe oder Familie, kann die Kraft erschöpft sein, und man weiß nicht mehr weiter.
Manchen Menschen gelingt es ganz gut, durch solche Täler hindurchzugehen, sich wieder aufzurappeln, neue Kraft zu schöpfen und nach vorn zu schauen. Sie sind wie Stehaufmännchen. Diese Widerstandskraft nennt man Resilienz, und sie ist offenbar nur bedingt von der Schwere der Notlage abhängig, sondern eher von der eigenen Konstitution. Warum schaffen dies manche sogar unter starken Belastungen, während andere unter vermeintlich leichteren zusammenbrechen? Ist es ihnen in die Wiege gelegt, quasi in den Genen verankert oder in der Kindheit, die man nicht mehr nachholen kann? Mag sein, doch Fachleute sagen, unabhängig von günstiger oder ungünstiger Veranlagung könne man Resilienz auch lernen, besser gesagt: aufbauen.
Das Bauernblatt hat dem Thema „Resilienz in der Landwirtschaft“ einen Schwerpunkt gewidmet. Eine Fachfrau erklärt, was Resilienz ausmacht (siehe Seite 19). Dabei kristallisieren sich einige Eckpunkte heraus. Allem vorweg: Resiliente Menschen sind keine Einzelkämpfer. Sie haben nicht die Überzeugung, sie müssten schwierige Situationen oder Notlagen allein meistern. Sie holen sich Hilfe und Rat, bevor ihnen die Sache über den Kopf wächst. Das kann fachliche, medizinische oder psychologische Betreuung sein (Kontaktadressen und ein Interview in Ausgabe 19, Seite 20). Doch ebenso wichtig ist der seelische Beistand von guten Freunden oder Verwandten, und zwar von solchen, die einem nicht im Elend beipflichten, sondern konstruktiv nach vorn blicken.
So kommt ein zweiter Umstand ins Blickfeld: Resiliente Menschen haben Freunde und Bezugspersonen. Das gerät zum Teufelskreis, wenn ausgerechnet die Einsamkeit das Hauptproblem ist. Doch Freundschaften und Beziehungen fallen nicht vom Himmel, vor allem nicht, wenn man schon im Loch sitzt. Sie wollen aufgebaut und gepflegt werden, brauchen Zeit, Rücksichtnahme, Toleranz, Ehrlichkeit, eine Balance von Geben und Nehmen.
Meine Mutter hat mit über 90 Jahren noch gute Freundinnen und Freunde, aber nicht, weil sie jetzt welche braucht, sondern weil sie sich über Jahre um sie gekümmert hat. Doch man kann immer damit anfangen. „Gefährlich wird‘s, wenn‘s still wird“, so die Erfahrung eines interviewten Landwirts zu diesem Thema. – Resilienz statt Silence!
Zu einem dritten Aspekt beginnt in dieser Ausgabe eine Serie (siehe Ausabe 19, Seite 21): Das Bauernblatt hat Landwirte befragt, die einem außerlandwirtschaftlichen Hobby nachgehen. Eine Beschäftigung abseits des Hauptberufes kann Entspannung und Ausgleich bieten, macht den Kopf frei für andere Gedanken und neue Perspektiven. Und sie bringt einen mit Menschen zusammen, die nicht in derselben Suppe schwimmen, die andere Sichtweisen auf die Dinge haben und mit denen man auch mal über etwas anderes reden kann. Auch das kann Element einer gesunden Widerstandskraft sein.
Den ersten Teil der Serie „Bauern mit außerlandwirtschaftlichen Hobbys“ lesen Sie hier.