Der Fachausschuss Ausbildung und Beratung tagte Mitte Oktober in Rendsburg. Neben Berichten aus der Landwirtschaftskammer und dem Bereich Aus- und Weiterbildung und Beratung ging es diesmal um die Vorstellung eines neuen Projektes, das Ruben Soth bei der Landwirtschaftskammer betreut.
Am 1. Oktober startete das neue Europäische Innovationsprojekt (EIP) „Flugsaat – Aussaat von Zwischenfrüchten und Untersaaten per Drohne“. Es steht im Zusammenhang mit den großen Zukunftsthemen Klimaanpassungen, nachhaltige Bodenbearbeitung und Effizienzsteigerungen in der Landwirtschaft und soll Antworten geben und technische Lösungen erproben.
„Gerade die vergangenen Jahre mit vielen Niederschlägen und auch Trockenphasen haben gezeigt, dass wir uns schon mitten im Klimawandel befinden“, sagt Ruben Soth. Wetterextreme nähmen zu. In der Praxis zeige sich, dass die Aussaat im vergangenen Herbst verzögert stattgefunden habe oder Landwirte sogar wegen des vielen Regens auf Sommerungen hätten ausweichen müssen. Der Klimareport des Deutschen Wetterdiensts kommt zu dem Ergebnis: Starkregen und mehr warme Tage nähmen zu. Die Bedingungen des vorigen Anbaujahrs könne man nicht mehr als Zufall beschreiben.
Statt Drille die Drohne?
In dem neuen Projekt soll nun erprobt werden, Zwischenfrüchte und Untersaaten künftig mit einer 2,80 x 3,08 m großen Drohne auszubringen. Die Drohne ermöglicht eine Verschiebung des Aussaatzeitpunkts. So kann die Zwischenfrucht bereits vor der Ernte in den stehenden Getreidebestand und die Untersaat erst kurz vor Reihenschluss des Maises ausgebracht werden. Das gibt der Zwischenfrucht einen Vegetationsvorsprung und ermöglicht eine Keimung auch an heißen Sommertagen. Durch die spätere Aussaat der Untersaat wird wiederum eine Konkurrenzsituation zur Hauptkultur vermieden.
Das Flugobjekt, das hier eingesetzt werden soll, ist einzigartig in Deutschland. Der 70-l-Saatguttank ist mit einem Wiegesensor ausgestattet. Wenn er leer ist, wird dies registriert, und die Drohne fliegt autonom zum Startplatz zurück, um Saatgut nachzufüllen. Sie fliegt mit Real Time Kinematik (RTK) auf Basis zuvor eingelesener Daten der Flächen auf Präzisionskarten. Nicht nur die rechtlichen Vorgaben sind beachtlich, auch ist für den Einsatz ein besonderer Drohnenführerschein erforderlich, da es die gängigen in der EU nicht erlauben, etwas von der Drohne abzuwerfen.
In dem Projekt arbeiten verschiedene Partner zusammen. Das Institut für landwirtschaftliche Verfahrenstechnik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) begleitet das Vorhaben wissenschaftlich. Aus der Praxis sind neun landwirtschaftliche Betriebe in verschiedenen Naturräumen Schleswig-Holsteins dabei. Außerdem wird das Projekt fachlich von der Saaten-Union, der Gewässerschutzberatung Nord sowie der Gewässerschutzberatung der Landwirtschaftskammer betreut. Gefördert wird das Projekt vom Land- und der EU. Die Laufzeit beträgt drei Jahre.
Die Mitglieder im Ausschuss zeigten sich begeistert. Ruben Soth schilderte, dass man sich erhoffe, Zwischenfrüchte und Untersaaten unabhängig von schlechten Bodenbedingungen ausbringen zu können – ohne Bodenverdichtung. Man könne auch nach Regen säen oder noch vor der Ernte.
Weitere Optionen für einen solchen Drohneneinsatz seien zudem die Düngung und die Spotspraytechnologie etwa in der Behandlung von Ampfer. Einsätze im Weinbau zum Pflanzenschutz in extremen Steillagen gebe es bereits. Vorstellbar seien auch gezielte Einsätze im Forst zur Verteilung von Pflanzpaketen in unwegsamem Gelände.
Soth erklärte, dass es in dem Projekt zunächst um die Entwicklung von Flugsaatmischungen gehe und um die Erstellung eines Leitfadens für den Einsatz dieser Flugsaattechnologie. Zeitgleich solle die Technik ökonomisch bewertet und mit den bisherigen Aussaattechniken verglichen werden. Die Drohne habe einen Anschaffungswert von rund 18.000 €. Zudem werden zwei Benzingeneratoren für die Stromgewinnung zum Aufladen der Drohnenakkus benötigt.
Innovation durch Wissenstransfer
Enno Karstens, Abteilungsleiter Bildung, Betriebswirtschaft und Beratung sowie Geschäftsführer des Ausschusses, machte deutlich, dass es in der Beratung der Kammer darum gehe, Wissenstransfer sicherzustellen. Mit Blick in die Zukunft und auf die Herausforderungen, vor denen der Agrarsektor und die Gesellschaft insgesamt stünden, befragte er die Ausschussmitglieder nach ihrer Einschätzung zu den großen, für die Praxis relevanten Themen, auf die eben auch eine etablierte Beratungs- und Weiterbildungseinrichtung wie die Landwirtschaftskammer schauen müsse.
Genannt wurden hier die Niederungsstrategie des Landes, das Thema vielfältiges Grünland in Kombination mit dem Thema Biodiversität sowie das Thema Klimabilanz. Eigenständiges Unternehmertum einzutauschen gegen eine Finanzierung ganzer Betriebszweige durch den Staat sei ein Schritt. Hier könne man leicht strategische Fehler machen, betonte Karstens. Die Landwirtschaftskammer bringt sich hier in Stellungnahmen auch gegenüber politischen Entscheidungsträgern ein.
Im Versuch habe Futterkamp zum Beispiel Klimabilanzen gerechnet, und es gebe einen groß angelegten Fütterungsversuch zum Thema Methanausstoß bei Kühen. Hier setze die Kammer bewusst Akzente. In Ellerhoop werde im Bereich Energieeffizienz im Unterglasanbau beraten. Die Landwirtschaftskammer wolle in diesen Bereichen weiter stärken und Kompetenzen durch mögliche Kooperationen hinzufügen. Dabei werde ein abteilungsübergreifendes Arbeiten in der Landwirtschaftskammer forciert.
Grüne-Berufe-Ausbildung digital
Dana Ohm, Fachbereichsleiterin Bildung, stellte die Entwicklungsfortschritte der Plattform „Azubi digital“ vor, welche frühestens 2026 am Start sein solle, da das Verfahren sehr aufwendig sei. Das neue Berufsbildungsvalidierungs- und Digitalisierungsgesetz (BVaDiG), das am 1. Januar 2025 in Kraft trete, verlange hier allerdings eine Zwischenlösung in der Debatte. Weiter ging Dana Ohm auf Änderungen der Dokumentationspflicht der Arbeitszeit für Auszubildende ein. Diese arbeitgeberseitige Verpflichtung sei noch nicht bei allen angekommen.
Die Zahlen der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge spiegele in vielen Berufen deutliche Rückgänge. Hier gelte es, in der Werbung für die Grünen Berufe nicht nachzulassen, betonte die Fachbereichsleiterin.
Kammerpräsidentin Ute Volquardsen hatte zu Beginn aus der Arbeit der Landwirtschaftskammer berichtet, dabei stellte sie unter anderem das Fördervorhaben im Gartenbauzentrum in Ellerhoop vor. Um die Baumschulwirtschaft in Schleswig-Holstein zu stärken und zukunftsfest aufzustellen, fördert die Landesregierung den Aufbau eines Modellbetriebs sowie die Einrichtung einer Koordinierungsstelle im Rahmen des Projekts „Nachhaltige Baumschulwirtschaft in Schleswig-Holstein“ mit 850.000 €. Koordiniert und durchgeführt wird das Projekt durch die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein am Standort in Ellerhoop.
Kammergeschäftsführer Dr. Klaus Drescher stellte die Finanzlage der Kammer dem Ausschuss vor (siehe Artikel „Beratung zur Hofübergabe aus der Frauenperspektive“).
Fazit
Das Kerngeschäft der Landwirtschaftskammer, die Beratung, Aus- und Weiterbildung, wird in Zeiten des Fachkräftemangels und angesichts der großen Veränderungen in der Branche und Gesellschaft nicht an Bedeutung verlieren. Es gilt hier, umso mehr die Entwicklungen vorzudenken und fachlich zu begleiten. Dabei ist die Landwirtschaftskammer durch innovative Projekte bestrebt, Innovationen zu erproben, zu bewerten und die Erfahrungen in die Praxis zu tragen.