StartNachrichtenKammer kompaktPrognose der Buchführungsergebnisse für 2021/2022

Prognose der Buchführungsergebnisse für 2021/2022

Kritische Situation der Schweinehalter – Futterbau auf Erholungskurs
Von Karsten Hoeck, Landwirtschaftskammer SH
Foto: Imago/xblickwinkel/C.xKaiserx

Wie zu Beginn jedes Jahres hat der Arbeitskreis Wirtschaftsentwicklung im Verband der Landwirtschaftskammern seine Prog­nose über die Entwicklung der Gewinne der landwirtschaftlichen Betriebe im laufenden Wirtschaftsjahr vorgestellt. Die Einschätzung basiert auf den Buchführungsergebnissen aus dem Testbetriebsnetz des Vorjahres 2020/21. Dazu kommen die Ergebnisse des ersten Halbjahres 2021/22 und Trendanalysen.

Die Getreideernte im Sommer 2021 erreichte in Schleswig-Holstein ein leicht unterdurchschnittliches Niveau. Durch die guten Aussaatbedingungen im Herbst 2020 wurde mehr Wintergetreide als im Vorjahr ausgesät. Der Winter 2020/2021 zeigte sich erneut recht mild. Nur im Februar kam es zu einer kurzen Periode mit Schnee und Frost. Dagegen war das Frühjahr recht kühl und nass. Die Aussaat der Sommerfrüchte verzögerte sich dadurch. Der Juni war dagegen wieder ungewöhnlich heiß. Dennoch zeigten sich die Getreide- und Rapsbestände vor der Ernte recht vielversprechend. Diese Erwartungen wurden jedoch nicht immer erfüllt.
Die Erträge von Gerste, Raps und Weizen erreichten ein eher unterdurchschnittliches Niveau. Zudem haben die hohen Temperaturen im Juni die Qualitäten, vor allem bei der Wintergerste, beeinträchtigt. Die späteren Früchte, wie Zuckerrüben und Silomais, haben sich dagegen noch recht gut entwickelt. Hier wurden meist überdurchschnittliche Erträge geerntet. Dies galt auch für die Grassilageernte.
Getreidepreise deutlich gestiegen
Der internationale Handel und Güterverkehr werden beeinflusst von der weltweiten Corona-Epidemie. Die rasche Erholung der Wirtschaft im 2021 überforderte viele Lieferketten und sorgte für Preissteigerungen in vielen Bereichen. Aus Furcht vor der Inflation sind an den Finanzmärkten Sachwerte gefragt. Dazu gehören auch Rohstoffe. Dies sorgte auch an Terminmärkten für landwirtschaftliche Produkte für eine hohe Nachfrage. Obwohl die weltweite Getreideernte nicht klein ausgefallen ist, zeigte sich daher in dieser Saison ein außergewöhnlicher Preis­anstieg. Dazu kommt der steigende weltweite Verbrauch, vor allem von Futtergetreide. Die internationalen Getreideendbestände erreichen nur knapp die Vorjahreszahlen. Durch die Trockenheit in Nordamerika und in Russland fehlt in dieser Saison vor allem Qualitätsgetreide. EU-Getreide ist aktuell weltweit gefragt. Eine reduzierte Ernte in Kanada und die hohen Preise für Treibstoffe wie Biodiesel sorgten für einen bislang einmaligen Preisanstieg für Raps. Je nach Verkaufszeitpunkt konnten jedoch die hiesigen Landwirte nur zum Teil von dieser Entwicklung profitieren. Die Einnahmen aus dem Marktfruchtbau sollten jedoch im Mittel der Betriebe deutlich über den Vorjahreswerten liegen.

Alles wird teurer – auch die Milch

Rückläufige Rinderbestände haben hierzulande und EU-weit die Milchanlieferung reduziert. Dies gilt für viele Exportnationen auf dem Weltmarkt. Hiesige Milchprodukte sind auch international gefragt. Die gestiegenen Produktpreise haben die Kurse am Spotmarkt für Milch deutlich erhöht. Vor allem die hiesigen kleinen und mittelständischen Molkereien haben die Auszahlungspreise spürbar heraufgesetzt. Schleswig-Holstein führt den bundesweiten Milchpreisvergleich an. Sollte diese Entwicklung anhalten, könnten die Erlöse aus dem Milchverkauf etwa 20 % über dem Vorjahresergebnis liegen. Erfreulicherweise sind zudem die Schlachtrinderkurse im laufenden Wirtschaftsjahr deutlich gestiegen. Auch hier zeigen sich die Auswirkungen der reduzierten Rinderzahlen. Die Abnehmer liefern sich einen scharfen Wettbewerb um das geringe Rindviehangebot. Die Notierungen für Schlachtkühe und Jungbullen haben zuletzt Rekordwerte erreicht. Die Erlöse für Nutzkälber hinken dieser Entwicklung jedoch noch hinterher.
Im Gegensatz dazu ist die Schweinefleischnachfrage zurückgegangen. Dies gilt vor allem für den Export. EU-weit liegen große Bestände in den Kühlhäusern. Die Schweinebestände sind zwar bereits gesunken, doch noch immer übersteigt das Angebot die Nachfrage. Der Personalmangel in der Schweineschlachtung und -zerlegung hat sich zum Jahresbeginn coronabedingt wieder verschärft. Ein Ende der Exportbeschränkungen ist vorerst nicht zu erwarten. Obwohl die Erlöse für Schlachtschweine und Ferkel bereits im Vorjahr auf einem ruinös niedrigen Niveau lagen, werden für das laufende Wirtschaftsjahr nochmals geringere Einnahmen erwartet.

Quelle: Landwirtschaftskammer SH

Deutlich gestiegene Kosten

Auch die Energienachfrage ist stärker angestiegen als erwartet. Die Forderungen für Rohöl, Erdgas und Strom sind nach oben geschnellt. Dies hat entsprechende Auswirkungen auf der Aufwandsseite für die hiesige Landwirtschaft. Als Folge der hohen Preise für Erdgas haben sich die Düngemittelkosten im Vergleich zum Vorjahr sogar vervielfacht. Durch die hohen Preise für Futtergetreide und Ölschrote sind auch die Kurse für Mischfutter auf Rekordniveau gestiegen. Materialknappheit und Lieferschwierigkeiten sorgen zudem für höhere Kosten für Unterhaltung Reparaturen von Maschinen und Gebäuden. Auch muss mit gestiegenen Preisen für Lohnunternehmerleistungen gerechnet werden.
Heterogene Betriebsergebnisse

Quelle: Landwirtschaftskammer SH

Die Auswirkungen dieser Erlös- und Kostenentwicklungen auf die einzelnen landwirtschaftlichen Betriebstypen in Schleswig-Holstein werden recht unterschiedlich eingeschätzt. Nach der vorliegenden Prognose könnten die Milchviehbetriebe das wirtschaftliche Ergebnis spürbar verbessern (+ 70 %). Die höheren Erlöse für Milch und Schlachtrinder sollten hier ausreichen, um die gestiegenen Kosten zu decken. Erstmals seit vielen Jahren könnten in diesem Wirtschaftsjahr die Produktionsfaktoren in der Rinderhaltung ausreichend vergütet werden.
Trotz der Rekordnotierungen für zum Beispiel Weizen und Raps in den vergangenen Monaten wird für den Ackerbaubetrieb eine Nullrunde erwartet. Nach den vorliegenden Berechnungen wird das Vorjahresergebnis nur leicht überschritten (+ 2 %). Vor allem die hohen Preise für Düngemittel zeigen hier Wirkung. Je nach dem Verkaufszeitpunkt für die Marktfrüchte und dem Einkaufszeitpunkt für Düngemittel kann das Ergebnis im Einzelbetrieb auch unterschiedlich ausfallen.
Weiter dramatisch bleibt die wirtschaftliche Situation in der Schweinehaltung. Erneut wird für das laufende Wirtschaftsjahr mit einem deutlichen Einkommensrückgang gerechnet (– 120 %). Damit liegt das Betriebsergebnis im Mittel im Verlustbereich. Wie die Ergebnisse der Viehzählung zeigen, haben viele Betriebe bereits resigniert und die Schweinehaltung eingestellt, dies auch vor dem Hintergrund immer neuer Vorgaben und Vorschriften.

Quelle: Landwirtschaftskammer SH

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die diesjährige Prognose der Wirtschaftsentwicklung durch die hohen Preisschwankungen in allen Bereichen sehr schwierig ist. Die Volatilität der Märkte hat pandemiebedingt erheblich zugenommen. Insgesamt wären deutlich bessere Ergebnisse wünschenswert als bei dieser Vorschätzung angenommen, verbunden mit tragfähigen Lösungsansätzen, Planungssicherheit und Perspektiven für die bäuerlichen Familienbetriebe.

Karsten Hoeck, Landwirtschaftskammer SH

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