Die angekündigte Streichung der Agrardieselsteuerrückvergütung und der Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge führt zu Unmut und Empörung in der Agrarbranche wegen der Ungleichverteilung der Sparmaßnahmen. Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, hatte am vorigen Donnerstag die Parteivorsitzenden von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW zu einem Austausch über die Haushaltsvorschläge eingeladen.
Klaus-Peter Lucht machte die Stellung des Bauernverbandes als freiwillige Interessenvertretung der landwirtschaftlichen Unternehmerinnen und Unternehmer deutlich sowie dessen überparteiliche und demokratische Haltung. Man suche den Austausch mit den Vertretern der Politik, um die Situation des Berufsstandes mit denjenigen zu diskutieren, die das Thema in die Entscheidungsgremien trügen.
Die Streichung der Agrardieselerstattung und grünen Kennzeichen kommt zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Mittelkürzungen für die Landwirtschaft gerade auf 460 Mio. € summieren. Darunter fallen zum Beispiel 70 Mio. € an Beihilfen für die Berufsgenossenschaft oder 18 Mio. € für die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK), die Schleswig-Holstein fehlen werden.
Bei den geplanten Streichungen der Bundesregierung zur Haushaltssanierung handele es sich bei ehrlicher Betrachtung um Steuererhöhungen in Höhe von 926 Mio. €, die jährlich anfallen würden, und nicht um einmalige Einsparungen, erklärte Lucht vor Journalisten im Anschluss an das Parteiengespräch.
Einstimmig waren die Äußerungen der politischen Vertreter im anschließenden Pressegespräch. Der schleswig-holsteinische Bundesgtagsabgeordnete Bengt Bergt (SPD) zeigte Verständnis für die massive Kritik aus der Landwirtschaft, weil die deutschen Bauern im EU-Vergleich stärker belastet würden, was zu Wettbewerbsverzerren führe. Er sehe andere Sparmaßnahmen, wie die Streichung des steuerlichen Dienstwagenprivilegs oder eine Steuer für Superreiche.
Petra Nicolaisen, stellvertretende Landvorsitzende der CDU in Schleswig-Holstein, nannte die Maßnahmen einen Schlag ins Gesicht und bezeichnete die Demonstrationen als gerechtfertigt. Die einseitige Kürzung zulasten der Landwirtschaft als Streichung klimaschädlicher Subvention zu bezeichnen sei nicht zielführend, sondern eine Verunglimpfung der Landwirtinnen und Landwirte. Sie erwarte, dass Agrardiesel und Kfz-Besteuerung keine Rolle mehr spielten, wenn der Bundestag Anfang Februar abschließend über den Haushalt abstimme.
Die Schlechterstellung deutscher Landwirtinnen und Landwirte im EU-Wettbewerb hob Oliver Kumbartzky, Landesvorsitzender der FDP, hervor. Er habe kein Verständnis für dieses Sonderopfer und erwarte die Rücknahme durch die FDP-Bundestagsfraktion. Auch brachte er ein mögliches Veto im Bundesrat ins Gespräch. Die Landwirtinnen und Landwirte verdienten politische Verlässlichkeit, so Kumbartzky, der das Thema auch beim Dreikönigstreffen seiner Partei angesiedelt sah.
Der einseitige Vorschlag der Bundesregierung führe vielmehr zum Höfesterben als zur angestrebten Transformation der Landwirtschaft, kommentierte Christian Dirschauer, Landesvorsitzender SSW. Jetzt bedürfe es eines Resets und der Erarbeitung einer Lösung im Dialog, so die Erwartung des SSW.
Gleichermaßen äußerte sich auch Gazi Freitag, Landesvorsitzender der Grünen in Schleswig-Holstein. Die Maßnahmen seien zu sehr ad hoc beschlossen und schlecht kommuniziert worden. Seines Erachtens müsse nicht nur über Einsparungen, sondern über alternative Einnahmen nachgedacht werden. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) teile nicht die Haltung der Ampel-Regierung und sei auf dem Weg, Lösungen zu finden.