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Ohne gute Luft geht es nicht

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Das Thema Lüftung spielt in der Schweinehaltung eine entscheidende Rolle. Gerade die immer häufigeren Wetterextreme sowie die heißeren Sommer stellen eine große Herausforderung dar. Außerdem kommen durch die höheren Haltungsanforderungen weitere Einflussfaktoren im Lüftungsmanagement von frei belüfteten Ställen oder Ställen mit Auslauf hinzu. Im Lehr- und Versuchszentrum (LVZ) Futterkamp der Kammer fanden kürzlich zwei Seminare statt, die sich aus unterschiedlicher Sicht mit der Lüftung von Schweineställen und deren Kontrolle beschäftigten.

Das erste Seminar war eine Schulung zum Stallklimacheck der Initiative Tierwohl (ITW). An der ITW teilnehmende Betriebe müssen ihr Stallklima sowie das Tränkewasser einmal jährlich von externen, zugelassenen Stallklimaexperten prüfen lassen. Neun Teilnehmer besuchten das Seminar, um diese Zulassung zu erhalten. Der Referent Dr. Markus Böckelmann, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, führte durch den Tag.

Der Vormittag wurde für die theoretische Einführung genutzt. Neben den Grundlagen zur Lüftung, den verschiedenen Lüftungssystemen und ihren Besonderheiten ging es auch um die Kennzahlen rund um das Thema Lüftung. Anschließend wurde die Checkliste für den Stallklimacheck besprochen und auf mögliche Herausforderungen eingegangen. Der Stallklimacheck ist bis jetzt auf Warmställe mit Zwangslüftung ausgelegt. Der Anteil an frei belüfteten Außenklimaställen sowie Ställen mit Ausläufen nimmt aktuell jedoch stetig zu. Wie der Stallklimacheck hier zukünftig ablaufen soll, steht noch nicht fest, die ITW arbeitet aktuell daran.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen ging es in die Ställe des LVZ Futterkamp. Im Maststall teilte sich die Gruppe auf, um auch praktische Erfahrungen mit dem Stallklimacheck zu sammeln und diese umzusetzen. Eine Besonderheit stellten die vielen verschiedenen Abteile dar, wovon einige an die Abluftreinigung angeschlossen sind und unterschiedliche Lüftungscomputer haben.

Beide Gruppen führten den Stallklimacheck erfolgreich aus, auch wenn Einzelne für den Blick in den Zu- und Abluftkanal ihre Höhenangst überwinden mussten. Es wurden Temperaturen gemessen, Stellmotoren und Lüftungskurven überprüft und die Alarmanlagen zur Kontrolle ausgelöst.

Neben der technischen Überprüfung wurde darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, auf die Tiersignale zu achten und diese in die Einschätzung einfließen zu lassen.

Seminar des Netzwerks Fokus Tierwohl

„Wir müssen immer zuerst das Tier und seine Bedürfnisse betrachten und anschließend die weiteren Ebenen einbeziehen“, war eine der zentralen Aussagen von Dr. Markus Böckelmann. Mit 14 Teilnehmern aus ganz Deutschland und der Schweiz war das Seminar, das in Kooperation mit dem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Netzwerk Fokus Tierwohl veranstaltet wurde, ausgebucht.

Verantwortung ans Schwein zurückgeben

Das Seminar begann mit einem Theorieteil. Darin wurde auf die praktischen Aspekte der Stallkühlung sowie die verschiedenen Ebenen eines funktionierenden Lüftungssystems eingegangen. Hier sind nicht nur die Betrachtung der technischen Ausstattung und die Luftverteilung auf Abteilebene wichtig, sondern auch, dass man die Bedürfnisse des Einzeltiers sieht.

Ebenso wie bei uns Menschen hat jedes Schwein eine individuelle Wohlfühltemperatur. Durch eine durchdachte Strukturierung der Buchten mit mehreren Klimazonen wird es den Tieren ermöglicht, selbst zu entscheiden, in welchem Klima sie sich aufhalten möchten. Der Einsatz einer Wärmebildkamera im Stall erlaubt eine einfache Kontrolle der Oberflächentemperatur des Einzeltiers, wobei insbesondere eine verstärkte Durchblutung und damit verbunden eine Erwärmung der Ohren auf Hitzestress hindeutet.

Perspektivisch sieht Böckelmann eine Verschiebung der „Feuerwehrfunktion“ der Stallkühlung zur aktiven Tierwohlförderung. Neben vermehrt und verbessert eingesetzten Stallkühlungen sei auch die Wasserversorgung ein wichtiger Bestandteil der Stallklimaführung und damit ein Beitrag zum Tierwohl.

Schließlich fand der Vormittag mit einer Demonstration am Modell ein kurzweiliges Ende. Anhand eines eigens für das Seminar gebauten Miniaturabteils mit Lüftungssystem konnten am Modell verschiedenste Szenarien durchgespielt werden.

Mit der Wärmebildkamera kann der Hitzestatus der Tiere beurteilt werden.

Einfluss auf das Schwanzbeißen

Böckelmann begann den Nachmittag mit einer Betrachtung des multifaktoriellen Problems des Schwanzbeißens unter dem Gesichtspunkt Stallklima und berichtete aus einem Modellvorhaben. Das Stallklima wirke sich in allen Haltungsabschnitten unmittelbar auf Tierverhalten und Tierwohl aus. Durch eine Risikoanalyse konnten im Modellvorhaben Schwachstellen reduziert werden, und so fielen die Ergebnisse zum Kupierverzicht tendenziell positiv aus.

Schadgase haben neben ihrer Umweltwirkung auch eine große Auswirkung auf die Tiergesundheit. Aus diesem Grund spielt die Emissionsminderung im Stall und am Tier eine entscheidende Rolle. Die Entstehung von Ammoniak lässt sich durch viele Faktoren wie Fütterung, Gestaltung von Kotflächen und Temperatur im Abteil sowie Gülle minimieren.

Kohlendioxid entsteht in erster Linie bei der Atmung und muss zügig abtransportiert werden, damit der Gehalt in der Luft nicht zu groß wird und den Sauerstoffaustausch in der Lunge der Schweine behindert. Dies kann insbesondere an Orten, an die keine Zuluft gelangt, ein Problem darstellen. Daher lohnt es sich, bei Deckeln mit oder ohne Lamellen einen kleinen Schlitz im hinteren Teil einzufassen. Hierdurch wird eine minimale Luftführung ermöglicht, ohne dass Zugluft entsteht.

Luftparameter selbst messen

Ein wichtiger Bestandteil des Seminars war es, verschiedene Messtechniken und die dazugehörigen Geräte kennenzulernen. Hierfür hatte Böckelmann eine Vielzahl von Geräten wie zum Beispiel Schadstoffmessgeräte, Indikatorenpapier für Ammoniak, eine Nebelmaschine und verschiedene Anemometer mitgebracht.

Am Nachmittag ging es in die Ställe des LVZ. Dort wurden mit allen Teilnehmenden verschiedene Abteile und der Wartestall mit unterschiedlichen Lüftungssystemen besichtigt und die verschiedenen Luftparameter bestimmt und eingeordnet. Mithilfe der Nebelmaschine wurde die Luftführung sichtbar gemacht und verfolgt. Auch eine ­Wärmebildkamera kam zum Einsatz, um den Hitzestatus der Tiere zu beurteilen. Auch wurde die Stallhülle mit der Wärmebildkamera betrachtet, um zu sehen, ob es extreme Wärme- oder Kältestellen gibt.

Direkte versus kontinuierliche Messung

Die Vorteile einer kontinuierlichen Datenerfassung insbesondere von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Schadgasen wurden ausführlich besprochen. Eine durchgehende Erfassung und Auswertung von Datenloggern ermöglicht es, die im Alltag vorherrschende Stallluftqualität zu überwachen und mögliche Probleme frühzeitig aufzudecken. Trotz allem sei eine regelmäßige Tierbeobachtung unerlässlich, betonte Böckelmann.

Durch Weiterentwicklung der Lüftungstechnik und Buchtenstrukturierung wird das Thema auch in Zukunft immer aktuell bleiben. Alle Fortbildungen finden sich unter lksh.de, fokus-tierwohl.de und auf Instagram.

Weiterbildung stärkt die Höfe

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Das Qualifizierungsprogramm Büroagrarfachfrau (Baff) feiert einen runden Geburtstag. Seit 20 Jahren bieten der LandFrauenverband und die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein mit Kooperationspartnern wie dem Bauernverband und dem agrarsozialen Versicherungsträger SVFLG die Qualifizierung an. Und das mit Erfolg: Mehr als 1.000 Frauen haben jetzt an dem Programm teilgenommen und so die Chance zur eigenen Weiterentwicklung genutzt.

Bei Kaffee und Kuchen und bester Laune feierten 41 Teilnehmerinnen am Dienstag vergangener Woche in Rendsburg den erfolgreichen Abschluss ihrer Qualifizierung zur Büroagrarfachfrau. Mehr als 100 Stunden fuchsten sich die Absolventinnen in den Baff-Grundkursen in Rendsburg und Bad Segeberg in Themen wie Büroorganisation, Steuern, Recht, Buchführung, Datenverarbeitung oder Förderungs- und Verwaltungsaufgaben in der Landwirtschaft ein.

Claudia Jürgensen, Präsidentin des LandFrauenverbandes Schleswig-Holstein, sprach von einer wertvollen Qualifikation. „Die vielen unterschiedlichen Betriebe sind sehr speziell in den Anforderungen. Mit dem erworbenen Wissen können die Absolventinnen in den Betrieben mehr mitwirken und mitentscheiden“, sagte die Verbandspräsidentin bei der Feierstunde in der Deula.

Die Präsidentinnen Ute Volquardsen (li.) und Claudia Jürgensen gratulierten den Teilnehmerinnen. Fotos (2): Sven Tietgen

Ausdrücklich bedankte sich Claudia Jürgensen bei der Lydia-und-Hermann-Früchtenicht-Stiftung für das Sponsoring der Baff-Seminare. Zusammen mit Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer, überreichte die Verbandspräsidentin die Zertifikate an die frischgebackenen Büroagrarfachfrauen. Von Herzen gratulierte das Präsidentinnenduo den Absolventinnen und würdigte das Engagement der Frauen, die sich oftmals trotz Beruf und Familie die Zeit für die Qualifikation genommen haben. „Es ist eine Herausforderung, zusätzlich zum Hofalltag diesen Weg einzuschlagen“, sagte Claudia Jürgensen, die wie Ute Volquardsen vor Jahren die Baff-Qualifikation absolviert hat.

Die Kammerpräsidentin – „aus der Landwirtschaft gebürtig“, wie sie sagt – macht seit ihrem Baff-Kurs die gesamte Buchhaltung für ihre Betriebe selbst. „Ich habe ein Gefühl für Zahlen bekommen. Und gern betone ich immer wieder, dass die Weiterbildung der Frauen unsere Höfe stärkt“, sagte Volquardsen. Mit Hofcafés, Bauernhofpädagogik, Ferienangeboten und vielen weiteren innovativen Ideen haben es viele landwirtschaftliche Betriebe in den vergangenen Jahren geschafft, neue Einkommenskombinationen zu entwickeln. Wichtig ist aus Sicht von Ute Volquardsen, dass die Baff-Akteurinnen ihren eigenen Weg gehen: „Glauben Sie an Ihre eigenen Möglichkeiten, und machen Sie nur das, was Ihnen gefällt!“

Anne Basler-Meier (li.) und Ariane Schacht können sich mit dem erworbenen Wissen viel besser in ihre Projekte einbringen.

Aus dem Kreis der Absolventinnen meldeten sich Ariane Schacht und Anne Basler-Meier zu Wort. „Wir sind in unbekannte Welten eingetaucht und können uns mit dem erworbenen Wissen jetzt viel besser in unseren Betrieben einbringen“, erklärte Ariane Schacht und dankte den Kursorganisatoren ebenso wie ihren Mitstreiterinnen. Für die studierte Landwirtin und Berufsschullehrerin kam der Baff-Kurs genau zur rechten Zeit: Ende vergangenen Jahres übernahm die Mutter dreier Töchter mit ihrem Ehemann Hans Hinrich Schacht den Familienhof bei Ratekau. „Wir bewirtschaften zwei Ackerbaubetriebe, damit verbunden sind vielfältige Anforderungen. Aber mit dem absolvierten Kurs stellen wir uns den Herausforderungen gern“, betonte Ariane Schacht.

Gar nicht mit der Landwirtschaft zu tun hatte bis vor wenigen Monaten Anne Basler-Meier. Das änderte sich, als sie mit ihrem Ehemann Julius Basler den Hof des Onkels bei Grömitz übernahm. Die Mutter zweier Söhne und ihr Ehemann lebten bislang in München, das Ehepaar arbeitete bei BMW – sie als Controllerin, er als Referent für alternative Strategien. Auf dem landwirtschaftlichen Betrieb geht es auch um Themen wie Windkraft und Vermietungen, und auch dafür profitiert die 36-Jährige von dem erworbenen Wissen aus der Baff-Qualifikation. Wie Ariane Schacht hat Anne Basler-Meier während des Kurses in Bad Segeberg ein Netzwerk mit den Mitstreiterinnen geschaffen.

„Alle haben ihre Probleme und Herausforderungen, verschiedene Vorgeschichten und unterschiedliche Gründe für die Teilnahme. Mit der Zeit sind wir eine tolle Gruppe geworden, und wir werden uns auch weiterhin treffen“, erklärte Anne Basler-Meier.

Die Büroagrarfachfrauen weiter auf ihrem Weg bestärken und weiter unterstützen wollen der LandFrauenverband und die Landwirtschaftskammer mit Fortbildungs- und Beratungsangeboten. Zudem laden die Präsidentinnen ausdrücklich zum Engagement in den verschiedenen Gremien ein. „Wir möchten am liebsten in den Ausschüssen auf eure Kompetenzen zurückgreifen und können euren Input zur Stärkung des LandFrauennetzwerks gut gebrauchen“, sagte Claudia Jürgensen.

KI und andere moderne Technik

Borkenkäfer, Dürren und Windwürfe haben den Wäldern arg zugesetzt. 500.000 ha Freiflächen sind deutschlandweit entstanden, längst nicht alle bereits wieder in Kultur genommen worden. Es stehen die Entwicklung und Pflege dieser neuen Wälder an, zugleich der klimaresiliente Umbau eines Teils der verbliebenen Wälder. Zudem werden auf absehbare Zeit wegen gesunkener Vorräte die Einnahmen aus dem Forst wohl deutlich geringer sein als bisher.

Waldbesitzer und Forstleute stehen vor der größten Herausforderung seit Jahrzehnten, zumindest aber seit Ende der Nachkriegszeit, als durch sogenannte Reparationshiebe der Siegermächte vielerorts Wälder massiv übernutzt und kahl geschlagen wurden, sich in der Folge ebenfalls Käferkalamitäten entwickelten und massiv wiederaufgeforstet werden musste – die Geburtsstunde der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (1947). Von dieser Zeit zeugte die pflanzende Frau auf der Rückseite des 50-Pfennig-Stücks.

Die aktuellen Herausforderungen erscheinen noch schlimmer als damals, denn auch wenn ein vergleichsweise feuchtes Jahr etwas Entlastung zu versprechen scheint, geht das Sterben in den Wäldern weiter. Neu angelegte Kulturen auf großen Freiflächen, auf denen sich zudem Gräser und Brombeerdickichte breitmachen, drohen zu misslingen.

Diese Entwicklungen fallen zusammen in einer Zeit, in der Forstpersonal knapp ist und die gesellschaftlichen Anforderungen (Naturschutz, CO2-Senke, Rohstofflieferant für heimische Holzindustrie, Wasserspeicher, Erholung) an den Wald immer größer werden.

Diese Umstände fallen aber auch zusammen mit einer Zeit, in der Künstliche Intelligenz (KI) den Alltag erobert, in der sich technische Neuheiten in einer nie bekannten Halbwertszeit ablösen, in der Kollege Computer die Arbeit des Menschen ergänzt, in der Wissenschaftler daran tüfteln, wie der Rohstoff Holz noch oder anders genutzt werden kann. Können die moderne Technik, die Digitalisierung, können Innovationen helfen, den Herausforderungen der Forstbranche zu begegnen? Kann Holz aus Kalamitäten zum Nutzen des Waldbesitzers anders und besser genutzt werden? Das wollte das Kompetenznetz für Nachhaltige Holznutzung (NHN) bei seiner Jahrestagung in Göttingen herausfinden.

KI erweitert Aufnahmemöglichkeiten

Prof. Dominik Seidel

Einen konkreten Beitrag könne die moderne Technik bereits bei der Waldinventur, bei der Forstplanung und der Wiederaufforstung eines klimastabilen Waldes leisten, wie Prof. Dominik Seidel von der Uni Göttingen feststellte. Während früher für die Bestandsaufnahme im Wald Einzelbäume in Probekreisen gemessen und die Ergebnisse auf den Bestand hochgerechnet wurden, kann heute der Computer diese Arbeit unterstützen.

Doch weit mehr als das, die neue Technik geht über die Leistungsfähigkeit der alten Bestandsaufnahme weit hinaus. So können moderne Aufnahmeverfahren die bislang klassisch aufgenommenen Werte von Höhe und Durchmesser der Bäume, die als Ergebnis zum Bestandesvolumen führen, ergänzen um eine ganze Reihe weiterer komplexer Parameter, um ein der Wirklichkeit sehr nahe kommendes, digitales Waldbild zu erhalten, aus dem neben dem Holzvolumen auch die Qualität, die Kohlenstoffspeicherung und die Biodiversität gemessen werden können.

Daraus kann wiederum abgeleitet werden, wie klimastabil zum Beispiel ein Wald ist. Die künstliche Intelligenz benötigt zwar einige Zeit, bis sie etwa Baumarten zuverlässig erkennt. Sobald sie aber im Lernfortschritt vorangekommen ist, kann sie in kurzer Zeit große Mengen an Aufnahmedaten auswerten – wenngleich Seidel klarstellte: „Nicht für jede anstehende Aufgabe brauche ich Künstliche Intelligenz.“

Erfahrungen aus Niedersachsen

Wolf Kleinschmit

Intensiv genutzt wird die moderne Technik bereits in den Niedersächsischen Landesforsten, wie der Leiter des dortigen Forstplanungsamtes, Wolf Kleinschmit, berichtete. Statt durch die Wälder zu fahren und großflächig Kalamitätsflächen aufzunehmen, hilft die Künstliche Intelligenz bei der Auswertung von aktuellen Satellitenbildern, um die Schäden aufzunehmen. Für ganz Niedersachsen dauere die Auswertung gerade einmal zwei Tage. Gerade der Harz stehe vor großen Herausforderungen, die Forsteinrichtung könne da gar nicht nachkommen.

Die Digitalisierung unterstützt die Prozesse bis hin zur GIS-gestützten Schadflächenerfassung. Diese Auswertungen dienen als Basis für die Wiederbewaldung. Sie können dazu mit den vorliegenden Standortkategorien verschnitten werden, um die passenden Baumarten für den jeweiligen individuellen Standort herauszufinden.

Über allem steht die Effizienzsteigerung, um einerseits den schnellen Prozessen der Schad­entwicklung, andererseits auch der Personalknappheit Rechnung zu tragen. Wichtig sei dabei, dass die Mitarbeitenden bei dieser digitalen Transformation mitgenommen würden.

Am Beispiel der klassischen Forsteinrichtung machte Kleinschmit deutlich, dass künftig die digitalen Möglichkeiten noch stärker helfen könnten: Die Technik übernimmt die Kärrnerarbeit der großflächigen Bestandsaufnahme, der Mensch kann sich stärker um Auswertung, Kontrollen und Plausibilitätsabgleich kümmern, also um die kritische Würdigung der Ergebnisse. Um die Digitalisierung im Forst voranzubringen, müsse weiterhin an Standards und Schnittstellen gearbeitet, „digitale Inseln“ müssten aufgegeben werden.

Warenwirtschaft im Wald

Ludwig Graf Douglas

Unverzichtbar ist die moderne Technik auch für Ludwig Graf Douglas, Waldbesitzer am Bodensee sowie Gründer und Geschäftsführer der TimberTom, die Warenwirtschaftssysteme für die Forstwirtschaft entwickelt. Seine Botschaft: Das optimale Management eines Waldes erfordere entweder einen hohen Personaleinsatz oder eine digitale Unterstützung, neben Hiebsplanung auch für die Jungbestands- und Jungwuchspflege.

Idealerweise sei solch ein Warenwirtschaftssystem kombiniert mit einer GIS-Lösung, um teilflächenbasiert agieren zu können. Ein Knopfdruck genüge, etwa wenn unterjährig festgestellt werden solle, wie viel Einschlag wo stattgefunden hat und welche Sortimente aus welchem Vertrag bereits geschlagen wurden. Rund wird das ganze System, wenn weitere Akteure der Holzbereitstellungskette ein einheitliches System nutzen, also beispielsweise der in digitalen Karten vermerkte Holzpolter dem Holzkäufer inklusive Foto vom Polter und allen nötigen Daten digital bereitgestellt werden kann.

Verwertung von Totholz

Die vergangene Kalamität mit ihren großflächig abgestorbenen Fichtenbeständen hat gezeigt, dass befallenes Holz nicht mal eben schnell der Verwertung zugeführt werden kann, weil die Mengen das Personal und die vorhandenen Unternehmerkapazitäten schlichtweg überfordern. Stehendes abgestorbenes Holz habe aber durchaus noch einen Nutzwert, vor allem für die Holzwerkstoffindustrie, und sei abgesehen von manchmal rotfaulen Erdstammstücken meist auch sägefähig, wenngleich die qualitative Entwertung der Stämme durch die lange Standzeit immer berücksichtigt werden müsse, wie Prof. Holger Militz von der Uni Göttingen deutlich machte.

So gebe es nach einem Jahr bereits eine deutliche optische Qualitätsabnahme, jedoch sei eine stoffliche Verwertung auch bis zu vier Jahre nach dem Absterben noch möglich. Eine Stehendansprache des abgestorbenen Bestandes sei dabei aber häufig nicht zielführend, da die äußeren Merkmale wie das Rindenbild und die Rissigkeit nur bedingt Rückschlüsse auf die „Stehendlagerungsdauer“ zuließen.

KI in der Sägeindustrie

In großer Breite hat das Thema Künstliche Intelligenz bereits in die Holz verarbeitende Industrie Einzug gehalten, wie Lars Schmidt vom Deutschen Säge- und Holzindus­trieverband erläuterte. Sie habe den Namen „Zukunftstechnologie“ längst hinter sich gelassen, weil sie Gegenwart sei. „Die Künstliche Intelligenz ist besonders gut, wenn sie von Menschen angelernt wurde.“ Zum Einsatz kommt sie unter anderem bei der Sortierung von Rund- und Schnittholz und kompensiert so einen Teil des Fachkräftemangels.

Neben der Aufnahme von Schäden wie Wurmlöchern und Holzbrüchen sei die KI mittlerweile sogar in der Lage, nach Ästhetik zu arbeiten, was bisher dem menschlichen Auge vorbehalten war. Auch im Feuerschutz – einem sensiblen Bereich in Sägewerken – wird die Künstliche Intelligenz bereits eingesetzt.

Innovative Holznutzung

Holz lässt sich auch außerhalb der klassischen Anwendungen innovativ und vielfältig verwenden, zeigte Dr. Dirk Berthold vom Fraunhofer-Institut für Holzforschung auf. Als Beispiel nannte er Holzschaum, der als Leichtbauwerkstoff oder Torfersatz und Verpackungsmaterial verwendet und aus allen Holzbestandteilen gewonnen werden könne, ein Anwendungsbeispiel sei auch die Altbausanierung. Man sollte im Sinne der Kreislaufwirtschaft immer das Ende der Nutzung („end of life“) von Nachwachsenden Rohstoffen mitdenken, die anschließende Nutzung müsse dann keine thermische sein. Als Beispiel nannte er das Recycling von Rotorblättern von Windrädern. Deren Innenleben aus Balsaholz könne gut für Wärmedämmstoffe eingesetzt werden.

Auch Laubholz kann innovativ eingesetzt werden und zur Defossilisierung der Materialwirtschaft beitragen, zeigte Matthias Held von UPM Deutschland auf. UPM produziert in Leuna Biochemikalien auf Holzbasis. Für das Ansinnen der weltweiten Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 gebe es heute schon Lösungen auf Biomassebasis, Produkte seien beispielsweise Bio-Mono-Ethylen für Kühlmittel, PET-Flaschen und Verpackungen oder Lignin als Füllstoff, für Ummantelungen oder als Biostimulanz. Diese Produkte könnten die bislang konventionell aus fossilen Quellen hergestellten ergänzen, bislang jedoch nicht vollständig ersetzen.

Der Bund habe die aktuellen Themen erkannt und unterstütze die Branche, so Dr. Christoph Neitzel vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Als Beispiele nannte er die Holzbauinitiative, die nationale Biomassestrategie und das Förderprogramm „klimaangepasstes Waldmanagement“. In Bezug auf Innovationen erläuterte Neitzel, dass es Überlegungen gebe, die Bundeswaldinventur in ein digitales Waldmonitoring zu überführen.

Apfeltour ins Alte Land

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Eine Apfeltour stand schon lange ganz oben auf der Wunschliste der Laju. Nachdem sie in verschiedenen Landesausschusssitzungen angeregt wurde, war es nun endlich so weit. Die Teilnehmer trafen sich mit ihren Fahrrädern in Buxtehude, um von dort gut 12 km zum Obsthof Schröder in Jork zu radeln.

Das erste schwierige Stück legten die Lajus aber nicht mit dem Fahrrad, sondern mit dem Zug zurück. Das stellte zumindest einige Teilnehmer aus dem Kreis Schleswig-Flensburg vor große Herausforderungen, denn die Zugfahrt endete vorerst in Rendsburg und im Schienenersatzverkehr war die Mitnahme von Fahrrädern nicht gestattet. Dann fand sich doch noch eine Lösung, sodass alle ab Buxtehude auf eine sehr schöne Strecke durch das alte Land starten konnten. Es ging an vielen landwirtschaftlich genutzten Flächen entlang. Auf halber Strecke wurde eine kurze Pause eingelegt. Jeder hatte dafür eine Kleinigkeit mitgebracht und es war erstaunlich, in wie vielen Variationen man Pizza formen kann. So gab es Pizzastangen, Pizzamuffins, Pizzabrötchen und Pizzaschnecken – wirklich alles war vertreten. Aber auch Rhabarberkuchen und Gemüsesticks gehörten zum Angebot.

Rundgang über die Plantage

Auf dem Hof angekommen wurden alle herzlich von Johann Schröder begrüßt. Er stellte seinen Obsthof vor, auf dem er insgesamt 25 verschiedene Obstsorten anbaut, zum großen Teil Äpfel. Das Alte Land ist das größte geschlossene Obstanbaugebiet Europas und erstreckt sich über Teile Hamburgs und Niedersachsens. Mit 9 ha ist der Betrieb ein mittelständisches Unternehmen, die größeren in der Umgebung umfassen im Durchschnitt 25 ha. Pro Hektar werden je nach Sorte rund 2.000 bis 4.000 Bäume angebaut. Die Kosten pro Baum in der Anpflanzung inklusive Gestell belaufen sich auf 20 €. Alle 15 bis 20 Jahre müssen die Bäume ausgetauscht werden.

Vermarktet werden die Äpfel des Obsthofs Schröder über die Firma Elbeobst. Dorthin liefern viele Obsthöfe aus der Region ihre Ware. Sie können kann mit festen Preisen von 0,40 bis 0,60 €/kg kalkulieren. Zudem muss so nicht jeder Landwirt selbst mit dem Lebensmitteleinzelhandel verhandeln. Alte Sorten und einige Äpfel werden bei Johann Schröder über den eigenen Hofladen vermarktet, der auch während der Führung rege besucht war.

Nach der Hofbesichtigung und einem Blick auf die Plantagen folgte die Demonstration der Erntefahrzeuge, auf denen immer Zweierteams unterwegs sind. Der Anteil der Handarbeit ist groß. Es wird in drei Arbeitsgängen geerntet. Immer werden die Äpfel gepflückt, die zum jeweiligen Zeitpunkt reif sind. Diese werden dann nach Möglichkeit sortenrein in Kühlräumen untergebracht. Diesen Räumen wird der Sauerstoff bis auf einen Wert von 1 bis 1,5 % entzogen. (Zum Vergleich: In der Umgebungsluft beträgt der Sauerstoffgehalt rund 21 %.) Dieser Vorgang ist nötig, um die Äpfel lagerfähig zu machen, die Abreife wird nahezu stillgelegt.

Die Sorte macht den Geschmack.

Nach so vielen interessanten Informationen wurden die Lajus zur Apfelverkostung eingeladen. Unter anderem durften die Sorten ,Gala‘, ,Elstar‘, ,Jonagold‘, ,Ingrid Marie‘, ,Welland‘ und ,Jonagored‘ getestet werden. Zu jeder Sorte gab es spannende Hinweise und Tipps zur Lagerung. Faszinierend war, dass Johann alle Äpfel voneinander unterscheiden konnte, die bunt gemixt in einem Apfelkorb lagen. Was die Lajus auch lernten: Der Geschmack der Äpfel kann nicht beeinflusst werden, er hängt einzig und allein von der Sorte ab. Für die Herstellung von Saft sind auch nicht alle Äpfel geeignet, da hier das Verhältnis von Zucker und Säure in jedem Fall optimal aufeinander abgestimmt sein muss.

Zurück in Buxtehude wurde noch ein Zwischenstopp auf einem Schützenfest eingelegt, das dort gerade gefeiert wurde. Dann ging es nach Hamburg. Dort besuchte die Gruppe den Hamburger Hafengeburtstag und danach die Stammkneipe am Kiez Zum Silbersack.

Nach der Übernachtung im Hostel endete die Apfeltour am nächsten Morgen mit einem gemeinsamen Frühstück. Neue Ideen für Tagesexkursionen gibt es bereits. So könnten die Lajus noch einmal zur Erntezeit zum Obsthof Schröder kommen, um dann selbst Äpfel zu pflücken. 

Trotz Erntemaschinen viel Handarbeit

Biomilch – Licht am Ende des Tunnels?

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Der Biomilchpreis bewegte sich im ersten Quartal dieses Jahres seitwärts mit leicht steigender Tendenz. So lag der durchschnittliche Erzeugerpreis in Deutschland im März bei 55,9 ct/ kg und damit erneut 0,2 ct/ kg über dem Vormonat. Für die hiesige Region (Nord/Mitte) konnten die Biomilcherzeuger einen durchschnittlichen Auszahlungs­preis von 55,1 ct/ kg verbuchen, und das trotz der um 1,1 % höheren Milchanlieferung im Vergleich zum Vormonat. Die insgesamt bundesweit angelieferte Biomilchmenge hat damit einen neuen Höchststand im Vergleich zu den Jahren davor erreicht.

Nachfrage steigt wieder

Die momentane Preisstabilität begründet sich in erster Linie auf einer deutlichen Belebung der Nachfrage nach zwei durchaus schwierigen Jahren. Besonders im zweiten Halbjahr 2022 und der ersten Hälfte des Jahres 2023 kam es zu einem ausgeprägten Nachfrageeinbruch. Dieser war eine Folge der angespannten wirtschaftlichen Situation vieler Haushalte aufgrund der Energiekrise. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres lag die Nachfrage privater Haushalte nach Biomilchgetränken 26,6 % über den entsprechenden Vorjahresmonaten. Bei Bioquark waren es 24 % und bei Konsummilch 11,3 %. Die Käsenachfrage lag 9,1 % über Vorjahresniveau. Auffällig dabei ist aber, dass dieser Nachfrageanstieg zu einem großen Teil auf Preissenkungen der einzelnen Produkte zurückzuführen ist. Insbesondere der Zuwachs bei Trinkmilch beruht zu großen Teilen auf Preisaktionen der Discounter. In der langfristigen Betrachtung befinden sich die Preise für Biomilch im LEH aber dennoch über den Jahren 2021 und 2020.

Keine Vollkostendeckung

Für konventionell erzeugte Milch lag der März-Auszahlungspreis im Bundesschnitt sogar 0,5 ct/kg über dem Vormonatswert. Somit sank die Auszahlungspreisdifferenz zwischen Biomilch und der konventionellen Variante auf 11,5 ct/kg. Die Kostendifferenz liegt laut den Berechnungen der Bioverbände Bioland und Naturland aber deutlich über diesem Niveau. Die beiden Verbände berechnen seit geraumer Zeit einen sogenannten Orientierungspreis, zu dem die ökologisch wirtschaftenden Milchviehbetriebe nachhaltig wirtschaften könnten. Dieser wird mehrmals im Jahr veröffentlicht und liegt momentan bei 69,6 ct/kg.

Unsichere Rahmenbedingungen

Zusätzlich zu der Kostenproblematik führen auch überzogene politische Zielsetzungen zu einer gewissen Nervosität der Märkte für Bioerzeugnisse. So soll der Anteil der ökologisch bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzfläche bis 2030 auf 30 % gesteigert werden. Die aktuellsten Zahlen weisen für 2022 einen Anteil von 11,2 % aus. Unter Berücksichtigung der Empfindlichkeit, mit der die Verbrauchernachfrage auf unbedingt erforderliche Preissteigerungen gerade im Biomilchsektor reagiert, bleibt die Frage, wem mit einer solchen politischen Zielsetzung geholfen ist: den Biomilcherzeugern bestimmt nicht. Denn Übermengen gehen immer mit einem Preisverfall einher und führen, wie in Frankreich und Dänemark in den vergangenen Jahren bereits in größerem Umfang geschehen, sogar zu Rückumstellungen.

Trotz dieser Unwegsamkeiten sehen die Marktexperten der AMI durch die stabile Nachfragesteigerung das Tal durchschritten. Sie erwarten für die nächsten Monate weiterhin stabile bis leicht steigende Preistendenzen am Biomilchmarkt, da derzeit weder mit einem nahenden Nachfrageeinbruch noch mit einer unverhältnismäßigen Steigerung der Milchanlieferung zu rechnen ist.

Mehr Tierwohl im Stall – Druck und Chance

Mehr Tierwohl in deutschen Ställen zu schaffen ist gesellschaftlicher Konsens. Laut Zukunftskommission Landwirtschaft sollen hierzulande ab 2040 alle Nutztiere mindestens in Haltungsstufe 3 leben. Aber wer soll den Umbau und die höheren laufenden Kosten bezahlen? Die Bundespolitik verschärft eifrig das Ordnungsrecht. Mit der Umsetzung von Finanzierungmodellen hapert es aber – trotz hervorragender Vorarbeit der Borchert-Kommission. Die „Milliarde“ aus dem Umbauprogramm des Bundes wirkt leider nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die lange Phase der Unsicherheit mündete in einen massiven Investitionsstau. Viele Betriebe haben bereits aufgegeben. Der ordnungsrechtliche Druck bleibt aber groß: Wegen des Kastenstandurteils mussten Sauenhalter bis Februar ein Umbaukonzept für ihr Deckzentrum vorlegen. Nach Daten des Kieler Landwirtschaftsministeriums fehlt dieses Konzept bei einem Viertel der Betriebe in Schleswig-Holstein. Das bedeutet, dass diese voraussichtlich bis 2026 aussteigen müssen. Ist das deutsche Ferkel also bald ein Fall für die Rote Liste?

Die staatliche Tierhaltungskennzeichnung sorgt für zusätzliches Kopfschütteln in der Branche. Mit der Initiative Tierwohl und der Haltungsformkennzeichnung des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) gibt es etablierte Systeme, die dem Tierwohl dienen und den Verbraucher nicht überfordern. Diese werden nun aus Berlin torpediert. Unter anderem Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, betonte auf dem Forum Schweinehaltung in Rendsburg: „Die Politik hätte sich heraushalten sollen. Wir haben gute wirtschaftsgetragene Systeme.“ Die Forderungen nach einer Rücknahme des entsprechenden Gesetzes – unter anderem durch Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) – gewinnen zu Recht an Lautstärke.

Dr. Robert Quakernack

Immerhin: Der LEH macht vor, wie es gehen kann. Dank verschiedener Tierwohlprogramme mit langfristigen Verträgen erhalten Landwirte zuverlässig einen Bonus für ihren Aufwand. Vertreter des LEH kündigten jüngst an, ihr Angebot der Haltungsstufen 3 und höher deutlich auszubauen. Dabei lehrt die Erfahrung, dass ein Großteil der Verbraucher im Zweifel zum günstigeren Produkt greift. Ob eine intensivere Bewerbung der Tierwohlprodukte das Kaufverhalten ändert, bleibt fraglich. Außerdem droht den Tierhaltern eine stärkere Abhängigkeit von diesen Programmen und damit die Aufgabe von unternehmerischer Freiheit. Trotzdem: Wenn Produkte der Haltungsstufe 3 ihr Nischendasein ablegen, entwachsen daraus neue Chancen. Die Betonung deutscher Herkunft ist dafür unerlässlich.

Für Tierhalter, die investieren wollen, bleibt Planungssicherheit entscheidend, also dass Investitionen in ihre Ställe trotz Verschärfungen des Ordnungsrechts Bestand haben. Bei der Finanzierung der Ställe kommt Hilfe von Kreditinstituten wie der Rentenbank, die Gelder für mehr Tierwohl oder andere Nachhaltigkeitskriterien mittlerweile günstiger verleihen.

So bedauernswert der jüngste Strukturbruch in der Schweinehaltung ist: Er hat dazu geführt, dass Ware verknappt wurde und die verbliebenen Tierhalter momentan Geld verdienen, was Investitionen erst möglich macht. Ob es sinnvoll ist, nur noch in Ställe der Haltungsstufe 3 oder höher zu investieren, muss jeder Betriebsleiter selbst entscheiden. Dass das Wohl von Nutztieren in erster Linie vom Management und nicht von der Haltungsform abhängt, fällt in der politischen Debatte leider zu oft unter den Tisch.

„Nur was wir kennen, können wir schützen“

Marion Thishen-Hendess gehört zu den deutschlandweit ersten 22 zertifizierten Natur- und Landschaftsführern mit dem Schwerpunkt Moore in Hamburg und Umgebung. Im Juli 2023 schloss sie dafür einen Lehrgang bei der Loki-Schmidt-Stiftung ab. Seitdem begleitet sie Kinder- und Erwachsenengruppen auf eine spannende Entdeckungstour durch das Ohmoor am Stadtrand von Hamburg.

„Es ist mein absolutes Lieblingsmoor. Ich wohne in der Nähe und bin mit dem Gebiet seit Jahren vertraut“, erzählt Naturführerin Marion Thishen-Hendess begeistert. Der Lebensraum Moor sei mit seiner kargen Flora und Fauna einfach anders als das, was man gemeinhin kenne. Seine Ausstrahlung sei magisch und bezaubernd. Auch wenn gerade norddeutsches Schmuddelwetter herrsche und viel Regen von oben komme, mache ihr das nichts aus. „Ich freue mich immer, wenn es regnet, denn das Ohmoor ernährt sich ausschließlich von Regenwasser. Gibt es keinen Niederschlag, fällt das Moor trocken“, erklärt sie und ist schon mittendrin im Thema, während wir zu einer Rundwanderung aufbrechen.

Mit allen Sinnen: Moorführerin Marion Thishen-Hendess lässt ihre Teilnehmer gern an etwas Torf schnuppern. Er ist nahezu geruchslos.

„Das etwa 51 Hekt­ar große Ohmoor hat sich nach der letzten Eiszeit gebildet. Es ist zirka 8.000 Jahre alt. Es ist der Rest eines ursprünglich 450 Hektar großen atlantischen Hochmoores. Noch bis in das 19. Jahrhundert hinein erhob es sich bis zu vier Meter über die Landschaft“, informiert sie. Entwässerung, Torfabbau, Umwandlung in landwirtschaftliche Nutzflächen und eine Bebauung, besonders aber die Errichtung des hier ansässigen Hamburg Airports, hätten den Charakter des Gebiets enorm verändert. Das merken wir hautnah, als plötzlich ein Flugzeug lautstark über uns hinwegfegt. Dies wird sich während des Moorspaziergangs mehrmals wiederholen. Nicht nur wir halten dann in der Unterhaltung inne, auch die Vögel verstummen. Erst nach einer Weile fahren sie mit ihrem Konzert fort. „Der Flughafen ist Fluch und Segen zugleich“, sagt Thishen-Hendess und schaut gen Himmel. Auf der einen Seite sorge er beispielsweise dafür, dass wegen der Flugsicherheit regelmäßig das nahe liegende Gebiet von schnell wachsenden Birken, die hier ursprünglich nicht hingehörten, befreit werde, auf der anderen Seite würden die Randbereiche des Moores durch die entstehenden Emissionen beeinflusst.

„In den 1990er Jahren begannen im Kernbereich Renaturierungsmaßnahmen zur Wiedervernässung und Wiederausbreitung hochmoortypischer Pflanzen. Mit der Ausweisung des Ohmoors als sogenanntes FFH-Gebiet, die Abkürzung steht für Fauna-Flora-Habitat-Gebiet, besteht eine Verpflichtung, den gegenwärtigen ökologischen Zustand des Moorgebiets zu erhalten“, stellt die 51-Jährige heraus und stoppt vor einer kleinen Kostbarkeit der Natur, dem Wollgras. „Toll, wie es wächst und gedeiht. Im vorigen Jahr war es wegen Trockenheit fast verschwunden.“ Die weißen, flauschigen Puschel wiegen sich sanft auf ihren dünnen Halmen im Wind. Idyllisch! Gegenüber fällt eine Fläche in den Blick, die mit Torfmoos, der wichtigsten Pflanze im Moor, dicht bedeckt ist. „Hier sieht man eine für Hochmoore charakteristische Bult-Schlenken-Struktur. Bulte sind kleine aufgebaute Erhebungen im Moor, auf denen das Wollgras oder verschiedene Heiden wachsen.

Moorbewohner: Nur hochspezialisierte Pflanzenarten wie das Wollgras können im sauren Milieu des Moores leben.

Die Schlenken, nasse Mulden zwischen den Bulten, werden von grünen Torfmoosen, dem Sonnentau und weiteren Pflanzen besiedelt, die mit dem sauren, nährstoffarmen Milieu zurechtkommen“, erläutert sie. Mit ihrem Spazierstock fischt sie ein Stückchen Torfmoos heraus. „Torfmoose sind praktisch unsterblich, sie können unbegrenzt wachsen. Da sie keine Wurzeln haben, ernähren sie sich von Regenwasser und den darin enthaltenen Nährstoffen, die sie speichern. Wachsen sie, stirbt der untere Teil der Pflanze wegen des Luftabschlusses im Moor ab. Organische Sub­stanzen werden hier nicht oder nur in Teilen zersetzt und werden zu Torf.“ Das geschehe sehr langsam. Das Moor wachse nur 1 mm pro Jahr.

Marion Thishen-Hendess erklärt, dass Moore zu den bedrohtesten, seltensten und wertvollsten Lebensräumen gehörten, die wir in Deutschland hätten. „Moorschutz heißt vor allem, den Wasserstand in den Mooren wieder in Ordnung zu bringen. Ein Moor muss nass sein“, bringt sie es auf den Punkt. Würden Moore entwässert, um sie als Grün- oder Siedlungsland zu nutzen, gelange Luft an den Moorkörper. In der Folge entwichen große Mengen des gespeicherten CO2 sowie zusätzlich Lachgas (N2O), dessen klimaschädliche Wirkung etwa 300-mal höher als die des CO2 sei. „Intakte Moore sind riesige Kohlenstoffspeicher und deshalb natürliche Verbündete für den Klimaschutz“, betont sie. Nach diesem theoretischen Diskurs geht’s weiter durch das Gelände – doch stets auf den Wegen! „Das Moor hat durchaus seine Tücken. Man sollte auf ausgeschilderten Wegen bleiben, um nicht einzusacken, und mitgebrachte Hunde unbedingt an der Leine führen“, rät sie.

Im Moor lauerten zudem Kreuzottern, die einzigen heimischen Giftschlangen. „Sie bevorzugen Lebensräume mit hoher Luftfeuchtigkeit, ob Waldränder, Moorrandgebiete oder feuchte Niederungen. Ihre Nahrung besteht aus Kleinsäugern, Eidechsen und Fröschen“, bemerkt die Moorführerin. Von sich aus würden sie niemals große Tiere oder Menschen angreifen. Sie verteidigten sich nur, wenn sie beim Sonnenbad überrascht würden. „Im Ohmoor kam es schon zu Verteidigungsbissen gegen Hunde. Auch deshalb ist es angezeigt, Vierbeiner an der kurzen Leine durchs Schutzgebiet zu führen. Zwischendurch kann man ruhig mal in die Hände klatschen, damit die Kreuzottern die Chance haben, sich zurückzuziehen.“ Außer ihnen seien an sonnigen Tagen zarte Libellen zu entdecken. „Eine Besonderheit ist die Hochmoor-Mosaikjungfer. Die Weibchen legen ihre Eier ausschließlich in die Polster von Torfmoos-Schwingrasen“, so die Naturführerin.

Das Torfmoos hat keine Wurzeln und kann unbegrenzt wachsen.

Torfmoos-Schwingrasen? „Das ist eine über freiem Wasser schwimmende Pflanzendecke aus Moosen und anderen Ausläufer bildenden Pflanzen. Beim bloßen Hinsehen könnte man meinen, die Fläche sei Rasen und begehbar. Doch man sinkt gefährlich ein, wenn man sie betritt“, warnt sie und ergänzt, dass es im Himmelmoor bei Quickborn einmal zu einem Zwischenfall gekommen sei, bei dem ein älterer Herr versehentlich vom Weg abkam und bis zur Hüfte im Moor versank. Allein mit Menschenkraft sei es nicht möglich gewesen, ihn zu befreien. „Dafür musste mit der dortigen Torfbahn ein Bagger herangeschafft werden, der ihn an einem Seil herauszog.“

Wir bleiben also auf sicheren Wegen, sehen Heidelbeerbüsche, den Faulbaum, die heimische Traubenkirsche und eine seltene Nacktschnecke, genannt Schwarzer Schnegel. Bei einer grabgroßen, nassen Mulde, aus der früher Torf gestochen wurde, legen wir eine kurze Pause ein. „Bei einer meiner Führungen erzählte hier eine ältere Dame aus der Umgebung, dass sie nach dem Zweiten Weltkrieg als kleines Mädchen von nur acht Jahren mit ihrem Vater ins Moor gehen musste, um Torf zum Heizen zu stechen. Sie kletterte damals in solch ein feuchtes Loch hinein und half, die mit einem Spaten abgestochenen, schweren Platten nach oben zu wuchten, wo sie bis zum Herbst lagerten und trockneten. Es war eine enorm anstrengende Arbeit. Die herumschwirrenden Mückenschwärme plagten fürchterlich. Als die Teilnehmerin sich daran zurückerinnerte, fing sie an zu weinen. Das war sehr bewegend.“

Wenn man mit Marion Thishen-Hendess durchs Moor streift, ist zu spüren, mit wie viel Herzblut, Enthusiasmus und profundem Fachwissen sie bei der Sache ist. „Nur was wir kennen, können wir schützen. Dazu möchte ich mit meinen Führungen einen Beitrag leisten“, meint sie schlicht.

Premiere im Ohmoor: Marion Thishen-Hendess ist eine der bundesweit ersten zertifizierten Moorführern.

Am Sonntag, 2. Juni, von 10 bis 12 Uhr, lädt sie große und kleine Naturfreunde zu einer Entdeckertour auf den Spuren des Wollgrases im Ohmoor ein. Treffpunkt: Sachsenstieg 3, Hamburg. Anmeldungen bis zum 27. Mai unter: ­thishen-hendess@web.de, weitere Infos unter ichgehemeinenweg.de 

Info

Die Hamburger Loki-Schmidt-Stiftung kauft, gestaltet und pflegt seit mehr als 40 Jahren Grundstücke für den Naturschutz, damit selten gewordene Pflanzen- und Tierarten dort überleben können. Anfang 2024 startete sie mit Förderung der Vertical Stiftung eine Bildungsoffensive rund ums Moor. Schulklassen, Familien und Erwachsene haben das ganze Jahr über vielfältige Möglichkeiten, bei geführten, monatlichen Exkursionen Moorgebiete in Norddeutschland zu erkunden. Termine unter loki-schmidt-stiftung.de/moore-entdecken

Bashing des Fleischkonsums beenden

„Ich hoffe, dass auf dieser Veranstaltung Mut entsteht, den Umbau anzugehen“, erklärte Dietrich Pritschau, Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), am Dienstag zu Beginn des Forums Schweinehaltung in der Kammerhalle in Rendsburg. Insbesondere die jüngsten Ankündigungen aus dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH), die Sortimente auf höhere Haltungsstufen umzustellen, böten Perspektiven.

Dietrich Pritschau

Pritschau, selbst Schweinehalter, erinnerte an den Abschlussbericht der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL), nach dem bis 2040 alle Tiere in Deutschland mindestens in Haltungsstufe 3 gehalten werden sollten. Ob dieses Ziel realistisch ist, stellte er jedoch selbst infrage. Tatsache sei allerdings, dass der Tierschutz mittlerweile maßgeblichen Einfluss darauf habe, wie Tierhalter ihre Betriebe weiterentwickelten.

Der BVSH-Vizepräsident betonte, dass der höhere Aufwand des „deutschen Sonderweges“ für Unternehmer nur darstellbar sei, wenn er auch vergütet werde. Die Borchert-Kommission habe dazu Vorschläge gemacht. „Seitdem warten wir auf die Politik“, kritisierte der Schweinehalter. Nach einer langen Phase der politischen Untätigkeit gebe es seit Kurzem wieder Bewegung. Positiv stellte Pritschau die Initiative Tierwohl (ITW) heraus. Diese habe dazu geführt, dass heute 50 % der Tiere in Haltungsstufe 2 gehalten würden.

Nach seiner Überzeugung lasse sich mit der Umstellung auf höhere Haltungsstufen dem „Bashing auf den Fleischkonsum“ etwas entgegensetzen. Mit einem Verzehr von 50 kg pro Jahr liege der deutsche Verbraucher mittlerweile rund 18 kg unter dem europäischen Durchschnitt. „Entweder geht die Entwicklung so weiter und es hören immer mehr Betriebe auf. Oder wir fangen an, den Umbau anzugehen“, stellte Pritschau klar. Die Gesellschaft solle die Tierhaltung nicht weiter als „Pickel am Po“ betrachten.

Positiv sei, dass Schweinehalter aktuell Geld verdienten, denn die Umsetzung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung stelle die Betriebe vor große Herausforderungen. Der LEH forciere die Umstellung ihrer Produkte auf Haltungsstufe 3. Schleswig-Holstein sei dafür als eine Art Testregion auserkoren worden. Die „freiheitsliebenden“, unternehmerischen Schweinehalter sähen eine stärkere Integration ihrer Betriebe in die Programme des LEH zwar skeptisch. „Wir hoffen aber, dass die Haltungsstufen einigermaßen deckungsgleich sind“, so Pritschau. Er forderte vom LEH, Produkte höherer Haltungsstufen verstärkt zu bewerben und 5xD weiter voranzutreiben, wenn die LEH-Initiativen für die Schweinehalter glaubwürdig bleiben sollten.

Eine Milliarde reicht nicht

Werner Schwarz

Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) erklärte: „Ich kann mir ein Schleswig-Holstein ohne Schweinehaltung nicht vorstellen.“ Sein Ministerium unterstütze den Umbau zu mehr Tierwohl bereits. „Wir finanzieren eine Perspektivberatung 2040 durch die Schweinespezialberatung (SSB) und die Landwirtschaftskammer.“ Zudem gebe es eine Taskforce auf Landesebene, in der die relevanten Ministerien gemeinsam mit dem BVSH und der Beratung erörterten, welche Stolpersteine im Landesrecht aus dem Weg geräumt werden könnten, um die Genehmigung von Bauanträgen zu beschleunigen.

Schwarz berichtete von einer weiterhin großen Zurückhaltung der Betriebe, den Stallumbau anzugehen. Das belegten auch die „gerade einmal sechs Betriebe aus Schleswig-Holstein“, die bislang am entsprechenden Bundesförderprogramm teilnähmen. Diese „Tierwohlmilliarde“ allein werde laut Schwarz nicht ausreichen, damit der flächendeckende Umbau gelinge. Der Ball liege beim Bund.

Mit dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz habe der Bund versucht, mehr Klarheit für die Verbraucher zu schaffen. Das sei gescheitert. Die Länder wurden aus seiner Sicht zu wenig beteiligt. Schwarz fordert vom Bundeslandwirtschaftsministerium das aktuelle Gesetz aufzugeben oder es zumindest umfassend in Absprache mit den Ländern und den Wirtschaftsbeteiligten anzupassen.

LEH umwirbt Landwirte

Dr. Sandra Erdmann

Dr. Sandra Erdmann, Leitung Landwirtschaft, Tierschutz und Nachhaltigkeit der Fleischwerk Edeka Nord GmbH, berichtete, dass es seit 2021 das Gutfleisch-Strohschwein-Programm (Haltungsform 3) gebe. Die einzuhaltenden Kriterien dafür umfassten unter anderem Stroh, strukturierte Buchten, ein nachhaltiges Fütterungskonzept und Anforderungen an die Rasse. Landwirte erhielten dafür eine Abnahmegarantie, Bonuszahlungen und langfristige Verträge.

Für das neue staatliche Tierhaltungskennzeichen hatte sie nur Kritik übrig: „Bei einem Audit von Ankündigung und Umsetzung würde die Bundesregierung gnadenlos durchfallen“, unterstrich Erdmann. Es gebe noch viele Fragezeichen sowohl für Landwirte, Schlachter als auch den LEH. „Wir wissen heute nicht genau, wie ein Frischluftstall aussehen soll“, kritisierte sie. Zudem biete die staatliche Kennzeichnung aktuell keine Kriterien für andere Tierarten, was gerade bei Mischprodukten wie Hackfleisch zur Verwirrung von Verbrauchern führe. Die meisten Lebensmitteleinzelhändler ließen daher zusätzlich zum staatlichen Label die eigene Haltungsformkennzeichnung auf den Verpackungen.

Markus vom Stein

Markus vom Stein, Senior Buying Director bei Rewe, warb für die eigenen Tierwohlprogramme. Er betonte: „Wir wollen nicht Ankündigungsweltmeister sein, sondern Landwirte motivieren, bei unseren ambitionierten Programmen mitzumachen.“ Die Fleischstrategie bei Rewe bestehe aus einem Mix aus Tierwohl- und Regionalitätskriterien. Der Einzelhändler wolle die Weiterentwicklung der ITW in höhere Haltungsstufen forcieren und 5xD stärken, vor allem bei Frischfleisch. Am Ende sei aber wichtig, dass der Kunde die Ware auch abnehme. Vom Stein zeigte sich optimistisch, dass das mithilfe einer intensiveren Vermarktung gelinge.

Gute Strohqualität ist Pflicht

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion berichteten zwei Tierhalter, die bereits mehr Tierwohl auf ihren Betrieben umgesetzt haben, von ihren Erfahrungen. Torsten Bährs aus Neufelderkoog, Kreis Dithmarschen, hält 350 Sauen im Gutfleisch-Strohschwein-Programm. Dafür bekommt er zusätzlich 20 € pro Ferkel. Zu den Genehmigungsverfahren für die Um- und Neubauten berichtete er: „Das Bauamt war wohlwollend, aber unter der Voraussetzung, dass wir unseren Bestand nicht vergrößern.“ Der neue Wartestall mit 100 Sauen funktioniere gut. Die Tiere im Deckzentrum während der Rausche nicht zu fixieren sei aber „schwierig“. In der neuen Abferkelung mit 7,5 m2 großen Boxen sei eine Herausforderung, dass die Ferkel in den ersten Tagen schlecht ins Ferkelnest fänden. Höhere Erdrückungsverluste seien aber hauptsächlich bei Altsauen festzustellen. Großgezogen werden die Ferkel im Familienbetrieb in 100er-Großgruppen in alten Schafställen. Bährs stellte die Bedeutung der Strohqualität heraus. „Wenn du schlechtes Stroh zusammenpresst, macht das keinen Spaß“, so der Tierhalter.

Zur Mast kommen die Tiere auf den Betrieb von Thorben Lucht nach Barlt, Kreis Dithmarschen. Durch das Strohschwein-Programm erhält er zusätzlich 40 ct / kg SG. Seinen Maststall mit 1.400 Plätzen in vier Großgruppen hat er nach dänischem Vorbild konzipiert. „Wir haben zum Glück eine Unterflurspül­anlage eingebaut“, berichtete auch er von hohem Mehraufwand beim Strohmanagement. Auch der Verzicht aufs Schwänzekupieren verursache durchschnittlich in jedem fünften Durchgang größere Probleme. Aktuell plant Lucht zwei Ausläufe, die eingestreut werden sollen, sodass das Stroh möglichst aus dem Stall herausgehalten werde.

Dr. Britta Siefken vom Fachdienst Bauaufsicht des Kreises Rendsburg-Eckernförde empfahl umbauwilligen Landwirten einen Blick auf die Internetseite des Kreises. Dort gebe es Checklisten, die bei der Vorbereitung eines Bauantrages hülfen. „Ich werbe auch für unsere kostenfreie Vorberatung mit dem zuständigen Sachbearbeiter“, ergänzte Siefken. So ließen sich möglich Fallstricke frühzeitig identifizieren.

Jens Rixen vom Planungsbüro Rixen & Heyn erläuterte seine Herangehensweise an Bauvorhaben: „Wir gucken uns zunächst die alten Genehmigungen an und überprüfen, ob die vorhandenen mit den genehmigten Tierzahlen übereinstimmen.“ Anschließend werde ermittelt, ob man sich im Baurecht oder im Recht nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) bewege. Baugenehmigungsverfahren für Ställe nach BImSchG dauerten häufig länger als ein Jahr. Verfahren nach Baurecht liefen normalerweise schneller.

Lena Preißler-Jebe, Baurechtsexpertin des BVSH, riet Tierhaltern bei Problemen während des Genehmigungsverfahrens, die Beratung des Verbandes in Anspruch zu nehmen. Sie erklärte: „Im rechtlichen Bereich arbeiten wir mit Begriffen, die dehnbar sind.“ Oftmals würden Spielräume nicht genutzt. Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen legten Ermessensspielräume oft viel positiver für die Landwirte aus, als es in Schleswig-Holstein der Fall sei. 


Dr. Claudia Meyer-Kriszun

Dr. Claudia Meyer-Kriszun (Landwirtschaftsministerium Schleswig-Holstein) berichtete, dass Sauenhalter in der Pflicht gewesen sind, bis zum 9. Februar 2024 Umbaukonzepte für ihre Deckzentren vorzulegen. Von den 203 Betrieben in Schleswig-Holstein haben nach ihren Angaben 135 ein Umbaukonzept eingereicht, elf haben den Umbau bereits umgesetzt, sieben werden definitiv aussteigen und 50 haben bislang nichts gemeldet.

Dr. Veronika Drexl

Dr. Veronika Drexl (Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein) erläuterte den Stand der Dinge hinsichtlich der verpflichtenden fünfstufigen Kennzeichnung nach dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz. Die bisherige Haltungsform 4 teilt sich demnach auf in eine neue Stufe 4 (Auslauf/Weide) und in eine Stufe 5, für die die Kriterien der EU-Ökoverordnung gelten. Laut Drexl fragen sich viele Schweinehalter, welche Voraussetzungen sie für einen Wechsel auf Stufe  3 (Frischluftstall) erfüllen müssen. Ob der jeweils angedachte Frischluftbereich passend sei, sei vielen Betrieben nicht klar. Um Umbauten grundsätzlich rentabel zu machen, gibt es seit diesem Frühjahr eine Bundesförderung. Drexl stellte alle Kriterien sowohl für die investive Förderung als auch die Förderung der Mehrkosten vor. Mehr Informationen zum Bundesförderprogramm

Carla Isenberg

Carla Isenberg (Rentenbank) stellte das Programm „Zukunftsfelder im Fokus“ der Rentenbank vor. Darin werden Vorhaben finanziert, die Haltungsstufe 3 oder höher ermöglichen. Nach ihren Angaben sind die Baukosten in den vergangenen drei Jahren um 50 % gestiegen. Hauptursachen seien die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine. Sie erwartet für die Zukunft eine Seitwärtsbewegung bei diesen Kosten. Laut Rentenbank ist die Finanzierungssumme von Ställen für alle Tierarten zurückgegangen. Das bereite Sorgen.

Dr. Dorothee Holste

Dr. Dorothee Holste (Sachverständige für Emissionen und Immissionen) erläuterte die Unterschiede von Bauvorhaben, die dem Baurecht, und solchen, die dem Immissionsschutzrecht (BImSchG) unterliegen. Sie berichtete, dass in die TA Luft ein Tierwohlaspekt aufgenommen worden sei, Geruchsimmissionswerte aber unverändert gälten. Die Vollzugshinweise zu Haltungsverfahren in der Schweinemast, die nachweislich dem Tierwohl dienen finden Sie HIER.

Mehr Tempo für Wärmewende und Wasserstoff

Die Energieministerinnen und -minister, Energiesenatorinnen und der Energiesenator der 16 Bundesländer haben bei der Energieministerkonferenz in Kiel vorige Woche Beschlüsse zu den Herausforderungen im Bereich der Wärmewende, des Wasserstoffhochlaufs, der Finanzierung der Energiewende sowie der Digitalisierung und Flexibilisierung des Strommarkts gefasst.

Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne) zog ein positives Fazit der Konferenztage. Nach den zurückliegenden Krisenjahren habe der Bund den Rahmen für die Wärmewende gesetzt, den die Länder nun gemeinsam mit den Kommunen, Unternehmen und Privathaushalten umsetzten: „Einstimmig haben wir uns für eine Beschleunigung der Wärmewende ausgesprochen. Wir sind uns als Länder einig, dass die ersten Förderprogramme des Bundes besser ausgestattet werden müssen. Darüber hinaus braucht es weitere Instrumente, etwa um Risiken abzusichern und privates Kapital zu heben“, konkretisierte Goldschmidt.

Robuste CO2-Bepreisung

Der Minister betonte die Notwendigkeit, die Transformation zur Klimaneutralität marktwirtschaftlich anzureizen: „Die wirtschaftlichste Lösung muss zugleich auch die klimafreundlichste sein.“ Dafür sei eine Reform von Steuern, Abgaben und Umlagen erforderlich. Erneuerbare Energien müssten gegenüber fossilen wettbewerblich bessergestellt werden: „Das am besten geeignete Mittel dazu ist eine robuste CO2-Bepreisung. Wir haben uns für eine umfangreiche Reform der entsprechenden Preisbestandteile ausgesprochen.“ Die eingenommenen Mittel würden auch für die soziale Kompensation gebraucht werden.

Sachsen-Anhalts Energieminister Prof. Armin Willingmann (SPD) erklärte: „Von Kiel geht das klare Signal der Länder an den Bund aus, die Wärmewende nachhaltiger zu finanzieren.“ Die Kommunen benötigten für die Erstellung von Wärmeplänen mehr Unterstützung, die bislang vom Bund eingeplanten 500 Mio. € würden nicht ausreichen. Notwendige Investitionen in die Energie-Infrastrukturen könnten Bund, Länder und Kommunen nicht allein stemmen, so Willingmann. „Hier muss privates Kapital mit zum Einsatz kommen.“ Hierzu sollen ein aus öffentlichen und privaten Mitteln gespeister Energiewendefonds und weitere Instrumente zur finanziellen Absicherung von Investitionen durch den Bund geprüft werden.

Versorgungssicherheit

Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Wirtschafts- und Energieminister Bayerns, erklärte: „Deutschland braucht im Rahmen der Kraftwerksstrategie genügend wasserstofffähige Gaskraftwerke für die Versorgungssicherheit, gerade auch im Süden. Zudem muss der Ausbau der Wärmenetze mit ausreichenden Bundesmitteln gefördert werden. Die Gasnetze müssen perspektivisch auch mit Wasserstoff betrieben werden können.“

Baden-Württembergs Energieministerin Thekla Walker (Grüne) hielt fest: „Eine konkrete Ausgestaltung der Kraftwerksstrategie ist Voraussetzung für einen schnellen Ausstieg aus der Kohle. Neue wasserstofffähige Gaskraftwerke, die bei Bedarf als Back-up für Erneuerbare einspringen, brauchen wir vor allem in den industriellen Zentren des Landes.“ Ein Anreiz für ihren Bau könne ein Neubauvorschuss sein.

Die zentralen Beschlüsse:

Wärmewende: Die Länder stellen sich geschlossen hinter das Wärmeplanungsgesetz des Bundes. Um die beschlossene Wärmewende umzusetzen, müsse ihre Finanzierung geklärt sein. Dafür fordern die Länder vom Bund einen verlässlichen Förderrahmen. Die vom Bund bereitgestellten 500 Mio. € für die Wärmeplanung seien ein wichtiger erster Schritt. Die Länder betonen aber, dass es für die Fortschreibung der Wärmepläne und für die Umsetzung von Maßnahmen unbedingt weiterer Mittel bedürfe. Dabei fordern sie zusätzlichen Spielraum beim Aufbau eigener Förderprogramme – etwa indem sie Förderprogramme wie die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze zusätzlich mit eigenen Mitteln aufstocken dürfen, was bisher aus rechtlichen Gründen nicht zulässig ist.

Zudem sollten Kommunen und Bürger mehr Planungssicherheit bekommen. Dazu könnten die Angebote des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende einen wertvollen Beitrag leisten. Nicht zuletzt sollten die gestiegenen Fernwärmepreise transparenter werden und in einem fairen Rahmen bleiben.

Netzinfrastruktur ausbauen

Wasserstoffhochlauf: Neben der aktuell aufgrund der Finanzierungsvorgaben des Bundes noch unsicheren Umsetzung des Wasserstoffkernnetzes bedarf es aus Sicht der Konferenzteilnehmer ferner einer zügigen Entwicklung weiterer Netzinfrastruktur und ihrer Anbindung an das Kernnetz. Nicht alle Regionen und Standorte mit Wasserstoffpotenzialen konnten bei der Kernnetzplanung berücksichtigt werden. Auch die Rahmenbedingungen für den Aufbau eines Wasserstoff-Verteilnetzes müssten festgelegt werden. Weiter brauche es den Aufbau von Elektrolyse-Kapazitäten, Import-Infrastrukturen und einer Wasserstoffspeicherstrategie.

Finanzierung der Energiewende: Damit die Energiewende bezahlbar bleibe, einigte sich die Konferenz auf Maßnahmen, damit die Erneuerbaren Energien nicht mehr systematisch gegenüber den fossilen benachteiligt würden. Außerdem beschließen die Länder, Netzentgelte und andere staatlich gesetzte Stromnebenkosten wie die KWK-Umlage und die Stromsteuer zu prüfen und so zu steuern, dass Grüner Strom günstiger werde – besonders im Vergleich zu fossil produziertem Strom. Ein robuster CO2-Preis solle die Transformation zur Klimaneutralität vorantreiben.

Digitalisierung und Flexibilisierung: Mit dem Strom aus Wind und Sonne gehen Schwankungen im Netz einher. Um diese auszugleichen, setzen die Länder auf Digitalisierung und Flexibilisierung. Dafür sollten digitale Stromzähler (Smart Meter) schneller flächendeckend eingebaut werden und zeitnah auch für Endverbraucher dynamische Stromtarife auf den Markt kommen. Damit zum Beispiel E-Autos dann laden, wenn der Strom günstig ist – und Erneuerbar.

Zwischenbilanz der Spargelbetriebe

Die meist direkt vermarktenden Betriebe zeigen sich mit dem bisherigen Verlauf zum großen Teil zufrieden und ziehen ein eher positives Zwischenfazit.

Nun beginnt allerdings der knifflige Teil der Saison, da alle Feiertage vorbei sind und die Nachfrage dann oft zurückgeht.

Die ausgiebigen Niederschläge vor der Saison sorgten dafür, dass sich die Frühjahrsarbeiten auf den Spargelbetrieben verzögerten. Überrascht waren viele Spargelbauern, wie schnell dann einige Flächen doch abtrockneten, sodass das Aufdämmen im März noch relativ früh beginnen konnte. Die erstellten Spargeldämme waren von guter Struktur, feinkrümelig, um ein schnelles Erwärmen zu gewährleisten, denn der Spargel wächst erst bei Temperaturen von 10 bis 12 °C an der Triebkrone.

Nur vereinzelte kleinere Mengen konnten in Schleswig-Holstein vor Ostern geerntet werden. Das lag zum einen am frühen Osterfest und zum anderen an der nassen Witterung vor der Saison. Dennoch war es ein relativ früher Saisonbeginn für das nördlichste Bundesland.
Nach kühleren Tagen im April mit schwankenden Absatzmengen sorgte das teilweise sonnige Wetter für die nötigen Kaufanreize und die Betriebe zeigten sich mit dem Absatz bislang zufrieden.

Bei uns werden zirka 90 % des erzeugten Spargels direkt vermarktet. Die Nachfrage passte gut zu den produzierten Mengen. Die Spargelanbauer hoffen auf weiterhin gute Absatzmengen, denn die Saison geht traditionell noch bis zum 24. Juni. Sehr gute Qualitäten bei bisher stabilen Preisen auf Vorjahresniveau lassen sie optimistisch auf die kommenden Wochen schauen. Die Verbraucher können sich weiterhin auf frischen Spargel aus der Region in den verschiedenen Preiskategorien freuen.