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In Schleswig-Holstein werden auf knapp 10.000 ha Zuckerrüben angebaut. Die im März/April 2024 gelegten Rüben präsentieren sich gut entwickelt und lassen gute Erträge erwarten, während die jungen Rübenbestände aus dem Mai schwächer sind, weil sie unter dem kühlen und feuchten Wetter gelitten haben. In der letzten Kampagne haben extrem hohe Rübenpreise den Rübenanbau sehr lukrativ gemacht. Dieser hohe Rübenpreis wurde durch sehr hohe Zuckerpreise bewirkt.
An der Terminbörse in London ist der Zuckerkurs nach dem ungewöhnlichen Höhenflug im Jahr 2023 nun deutlich gesunken, bewegt sich aber mit derzeit etwa 550 US-$/t immer noch auf einem überdurchschnittlichen Niveau. Eine Ursache für diese Preiskorrektur ist auch die um rund 3 Mio. t höhere weltweite Erzeugung 2024/25, die das US-Agrarministerium in seiner halbjährlichen Vorschau auf den globalen Zuckermarkt schätzt. Insgesamt prognostiziert es eine globale Erzeugung von 186 Mio. t Zentrifugalzucker, der ein Verbrauch von weltweit knapp 179 Mio. t gegenübersteht. Pro Kopf der Weltbevölkerung wurden nach 19 kg im Jahr 2000 im Jahr 2022 dann 22,1 kg verbraucht. Treiber für weiteres Nachfragewachstum sind Länder wie China, Indien und Pakistan. Bemerkenswert ist auch der stabile Konsum von 35,1 kg pro Kopf in den EU-Ländern trotz der politischen Bemühungen, ihn zu senken durch Maßnahmen wie Zuckersteuer, Zuckerhöchstmengen in Getränken und so weiter.
Weltgrößter Produzent und Exporteur ist Brasilien. Von einer leicht rückläufigen Zuckererzeugung 2024/25 in Höhe von 44 Mio. t werden rund 34,5 Mio. t exportiert. Der brasilianische Pro-Kopf-Verbrauch von über 45 kg liegt mit in der Weltspitze. Darüber hinaus wird aus dem Zuckerrohr zu erheblichen Teilen Bioethanol hergestellt. Der jeweilige Umfang der Zucker- und Biokraftstofferzeugung wird von der Preisrelation dieser beiden Produkte bestimmt.
Zweitgrößter Produzent ist Indien mit einer leicht größeren Erzeugung 2024/25 von 34,5 Mio. t. Dem steht ein seit Jahren ebenso stetig ansteigender Verbrauch in Höhe von 32 Mio. t oder 19,1 kg pro Kopf im Jahr 2022 gegenüber. Daher wird Indien in diesem Jahr wieder als Exporteur auf dem internationalen Markt auftreten, allerdings bleiben die Ausfuhrmengen mit zirka 3,7 Mio. t erheblich hinter früheren Lieferungen von 6 bis 8 Mio. t zurück.
EU-Zuckerproduktion
In der EU-27 werden knapp 15 Mio. t Zucker aus Rüben hergestellt. Der EU-Verbrauch wird 2024/25 unverändert zu den Vorjahren auf 16,8 Mio. t geschätzt. Die EU-Importe stammen zollbegünstigt aus den sogenannten wenig entwickelten Ländern (LDC) und zuletzt auch aus der Ukraine.
Chinas Zuckererzeugung wird 2024/25 auf 10,4 Mio. t veranschlagt. Bei einem stetig wachsenden Verbrauch von insgesamt 15,7 Mio. t ist eine Importmenge von rund 5 Mio. t erforderlich, die zum größten Teil aus Thailand und Brasilien stammen. Der Pro-Kopf-Konsum hat sich in den letzten 20 Jahren auf fast 11 kg verdoppelt und steigt weiter.
Notbremse für ukrainische Importe
Für bestimmte ukrainische Agrarprodukte wurde von der EU eine seit dem 6. Juni 2024 geltende „Notbremse“ eingeführt, das heißt es werden gegebenenfalls hohe Zölle fällig. Die Notbremse tritt dann in Kraft, wenn die EU-Importmengen aus der Ukraine den Durchschnitt der Jahre 2021 bis 2023 übersteigen. Sie gilt aber nur für Zucker, Eier, Geflügel, Hafer, Mais, Schrote und Honig. Die Zuckerimporte aus der Ukraine haben sich nach dem Überfall Russlands im Februar 2022 auf über 400.000 t vervielfacht. Der dreijährige Durchschnitt beträgt zirka 262.650 t Weißzucker jährlich. Von Januar bis April 2024 wurden laut Agridata der EU-Kommission aus der Ukraine rund 222.000 t Zucker oder zirka 50.000 t pro Monat geliefert, sodass bei gleich bleibendem Liefertempo inzwischen die Notbremse ausgelöst werden müsste, wie dies schon bei Hafer geschehen ist.
In der EU wird auch der tatsächlich erzielte Verkaufspreis der Zuckerindustrie erfasst. Dieser lag im April 2024 laut „DG Agri Dashboard: Sugar“ noch knapp über 800 €/t. So darf weiter die berechtigte Hoffnung auf hohe Zucker- und Zuckerrübenpreise zur Ernte 2024 gehegt werden.
Zum Gebotstermin am 1. April wurde die Biomasseausschreibung erneut deutlich überzeichnet. Keine Gebote wurden wie auch in den beiden vorhergehenden Runden für Biomethananlagen abgegeben. Dies teilte die Bundesnetzagentur (BNetzA) mit.
„Mit 788 eingegangenen Geboten und einer gebotenen Leistung von mehr als dem Dreifachen des Ausschreibungsvolumens verstetigt sich das Bild eines ausgeprägten Wettbewerbs bei den Ausschreibungen für Biomasseanlagen“, sagte BNetzA-Präsident Klaus Müller in Bonn. Aus der Bioenergiebranche kam dagegen Kritik an dem aus ihrer Sicht zu niedrigen Ausschreibungsvolumen.
Vor allem Bestandsanlagen bezuschlagt
Der Behörde zufolge wurden 240 MW ausgeschrieben, auf die 788 Gebote mit einer Gebotsmenge von 742 MW abgegeben wurden. Einen Zuschlag erhielten 263 Gebote mit einer Zuschlagsmenge von 243 MW. Der Großteil entfiel dabei auf Gebote für Bestandsanlagen: Ihnen erteilte die BNetzA 257 Zuschläge mit 235 MW. Auf Neuanlagen fielen dagegen nur sechs Zuschläge mit 9 MW. Erneut sanken die durchschnittlichen mengengewichteten Zuschlagswerte auf nun 17,80 ct/kWh. In der Ausschreibung vom Oktober hatte dieser Wert noch bei 18,28 ct/ kWh und in der Runde davor bei 18,92 ct/kWh gelegen.
Wie die BNetzA weiter mitteilte, gingen mehr als ein Drittel der Zuschläge, nämlich 127 Gebote mit etwa 90 MW, nach Bayern. Standorte in Niedersachsen erhielten 37 Zuschläge mit einer Leistung von 50 MW, gefolgt von Baden-Württemberg mit 37 Zuschlägen und 33 MW. Auf Platz vier landete Nordrhein-Westfalen mit 29 Zuschlägen und 26 MW.
Verbände sehen Wärmewende in Gefahr
Wenig überrascht von den Ergebnissen der Ausschreibungsrunde zeigte sich die Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie (HBB), Sandra Rostek. „Der schleichende Ausstieg aus der Strom- und Wärmeerzeugung aus Biogas, der mit dem EEG 2023 eingeleitet wurde, trägt nun bedauerliche Früchte“, sagte Rostek. Der HBB-Leiterin zufolge erhielten wegen des niedrigen und abschmelzenden Ausschreibevolumens viele Bestandsanlagen keine Anschlussvergütungen und müssten stillgelegt werden. Zudem seien die finanziellen Anreize für eine flexiblere Fahrweise der Anlagen zu niedrig. „So gefährden wir sehenden Auges den Erfolg der Energiewende“, warnte Rostek. Vor allem mit Blick auf die Wärmenetze sei dies problematisch. Regional produzierte Wärme aus Bioenergieanlagen sei für eine fossilfreie kommunale Wärmeversorgung dringend notwendig.
Der Präsident des im HBB organisierten Fachverbandes Biogas (FvB), Horst Seide, ergänzte: „Wenn die Biogaswärme, die bei der Erzeugung von Strom in Blockheizkraftwerken ohnehin anfällt, nicht mehr zur Verfügung steht, wird es an vielen Stellen schwer werden mit der Umsetzung der Wärmewende.“ Es müssten daher das Ausschreibevolumen auf 1.800 MW pro Jahr und der Flexibilisierungszuschlag auf 120 €/kWh angehoben werden, forderte der FvB.
Wenn sich der Grafitstaub eines Bleistiftes Schicht für Schicht über die Körnung des Papier legt, entstehen Welten. Magische Welten, ganze Geschichten, fantastisch, mitunter skurril und surreal, voller Details und Kontraste, die vom Auge des Betrachters durchwandert und entdeckt werden wollen. Ein Künstler, der diese Kunst des Bild gewordenen Grafitstaubs bis zur Perfektion beherrscht, ist der Buchillustrator und Kinderbuchautor Einar Turkowski.
Einen Einblick in seine Arbeit gab der Künstler vor Kurzem im Probstei-Museum Schönberg, wo noch bis zum 7. Juli Illustrationen aus zwei seiner aktuellen Buchprojekte ausgestellt sind. Darunter sind die gerade erst fertiggestellten kompletten Illustrationen zu einem noch unveröffentlichten Buchprojekt. Zu sehen sind aber auch einige Illustrationen aus dem zuletzt veröffentlichten Buch „Die Geheimnisse von Pinewood Hill“.
Darin geht es um einen Jungen, der mit seiner Familie von England nach Los Angeles zieht. Der Junge tut sich anfangs schwer mit der neuen Situation. Mit seinem Fahrrad unternimmt er umfangreiche Erkundungstouren in den Pinewood Hills, durch die verschlungenen Pfade der Umgebung. „Seine Ausflüge führen den jungen Chaska nicht nur an die Mauern der Filmstudios, sondern auch an den Rand der Realität“, lautet es in der Buchbeschreibung. Einar Turkowski stellt der Geschichte die entsprechenden Bilder zur Seite, die mit mystisch-surrealen Elementen die Erzählung untermalen. „Ich versuche immer, einen Rhythmus zwischen hellen und dunklen Seiten innerhalb des Buches zu schaffen. Es ist der höchste Hell-Dunkel-Kontrast, den man erreichen kann. Mein Stil ist bekannt dafür, dass ich diese dunklen Hintergründe einsetze“, erklärte der gebürtige Kieler während der Ausstellungsführung.
Kontrastreich ist diese Illustration, bei der man gut erkennen kann, wie der Künstler von hell nach dunkel arbeitet, die Papierkörnung beibehaltend.
Überhaupt gehe es immer um Kontraste: hell-dunkel, langsam-schnell, dynamisch-ruhig, viel-wenig, Struktur-Reinheit. Sein Arbeitsgerät sei ein Druckminenbleistift und wichtig sei das richtige Papier. Das zu finden, sei aber eine Wissenschaft für sich. Sein Anspruch sei es, die Papierkörnung beizubehalten. „Die schwarzen Hintergründe entstehen Schicht für Schicht, von einem hellen Grau, auf das ich immer wieder behutsam die nächste Grafitschicht lege, bis es schwarz ist“, so der Künstler, der mehrfach für seine Bilderbücher ausgezeichnet wurde und Preise erhielt. Seinen Motiven liegen Fotos und reale Szenerien zugrunde, was seinen Arbeiten trotz der surrealen Elemente eine unglaubliche Präzision verleiht.
Seinen Buchillustrationen gehen immer Skizzen voraus, „je genauer die Vorarbeit ist, desto leichter hat man es später in der Ausarbeitung“, so Turkowski. Einen Monat arbeite er an einem Bild, ein bis anderthalb Jahre an einem Buch. Ein weiteres Highlight der Ausstellung stellen seine farbig angelegten Einzelillustrationen dar, die nicht in Büchern zu finden sind und die aufgrund ihrer kolorierten Ausführung Seltenheitscharakter haben. Weitere Informationen unter einarturkowski.de
In einer Führung durch die Ausstellung im Probstei Museum Schönberg erläutert der Künstler seine Art zu arbeiten und zu zeichnen. Fotos Diashow: Iris Jaeger/Illustrationen: Einar TurkowskiDen eigentlichen Bildern gehen immer Skizzen und Vorzeichnungen voraus. Alle Ideen und Einfälle, alle Beobachtungen und Variationen werden in einem Skizzenbuch festgehalten, ohne zu sehr ins Detail zu gehen.Eine der seltenen kolorierten EinzelillustrationenTitel der aktuellen AusstellungIm Wechsel zwischen hellen und dunklen Seiten in den Büchern, zählt dieses Bild zu den hellen Illustrationen ohne schwarzen Hintergrund.Reale Darstellungen wie die von der Unterführung treffen auf surreale ElementeErgänzt werden die Buchillustrationen durch kleine FantasiegestaltenAuch freie Arbeiten wie dieses Bild mit dem Titel „Kraut und Rüben“ gehören zum künstlerischen Repertoire von Einar Turkowski.
Der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg wurde 1877 eröffnet. Er ist mit seinen 389 ha der größte Parkfriedhof der Welt. Seit Juli 2001 befindet sich auf dem weitläufigen Gelände ein europaweit einmaliges Projekt: der Garten der Frauen. Er ist ein Ort der Erinnerung mit historischen Grabsteinen von Gräbern bedeutender Frauen und eine letzte Ruhestätte für Frauen. Auch weibliche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sind hier bestattet.
Vorbei an blühenden Rhododendronbüschen führt der Weg zum Garten der Frauen. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, und es liegt eine zauberhafte, friedvolle Stimmung in der Luft. Inmitten der pulsierenden Metropole Hamburg ist der Parkfriedhof eine Oase der Ruhe, ein Ort für Trauer, ein Ort für Stille und ein Raum, um innezuhalten, sich zu erinnern oder Gräber liebevoll zu pflegen.
Frauen, die Mitglied im Verein sind, können sich später auf den zurzeit vier aktiven Gemeinschaftsgrabanlagen bestatten lassen.
Zu diesem Zweck haben sich an diesem Tag auch Mitglieder des gemeinnützigen Vereins Garten der Frauen zusammengefunden. Sie gehören zum rund 20-köpfigen Gartenteam, das von Monika Strecker koordiniert wird. Die Frauen versorgen die Beete mit frischem Wasser, zupfen Unkraut, säubern Sitzgelegenheiten und harken die Wege. Mit Herzblut halten sie die rund 1.700 m2 große Fläche in Ordnung. Dass es diesen wunderbaren Garten auf dem Ohlsdorfer Friedhof überhaupt gibt, ist Bibliothekarin und Historikerin Dr. Rita Bake zu verdanken. Sie initiierte ihn unter Mitwirkung von Dr. Silke Urbanski und Helga Diercks-Norden (†). Den drei Gründerinnen war es wichtig, dass die historischen Leistungen von Frauen nicht in Vergessenheit geraten, sondern die Erinnerung an sie im gesellschaftlichen Gedächtnis wachgehalten wird. Für dieses Vorhaben riefen sie im Herbst 2000 den gemeinnützigen Verein Garten der Frauen ins Leben. Von seinen Mitgliedern wird der Garten ehrenamtlich gepflegt, erhalten und finanziert.
„Er ist eine Gedenkstätte, in der historische Grabsteine bedeutender Frauen aufgestellt werden. Mit einer Erinnerungsspirale wird dort außerdem der Verstorbenen gedacht, die keine Grabsteine hatten oder deren Steine entsorgt wurden. Ebenso können sich Frauen, die Mitglied im Verein sind und zu Lebzeiten einen Grabplatz erworben haben, in den Gemeinschaftsgrabflächen bestatten lassen. Mit dem Erwerb ihrer Grabstätten treten sie als Mäzeninnen zum Erhalt der historischen Grabsteine auf“, informiert Rita Bake. Der Garten sei ein ständig wachsendes Projekt. Es würden immer wieder ‚neue‘ historische Grabsteine hierher verlegt und neue Erinnerungssteine aufgestellt. Laufe die Nutzungsdauer eines für den Verein relevanten Grabes ab, erhalte dieser eine Mitteilung der Friedhofsverwaltung. Bake schaue dann, ob es noch Menschen gebe, die die Grabstätte verlängern wollten. Sei dies nicht der Fall, versuche der Verein, den Grabstein zu übernehmen. „Nach Auflösung der Grabstätten werden Grabsteine normalerweise entsorgt, geschreddert und für den Straßenbau verwendet. Das wollen wir verhindern, indem wir auf eigene Kosten die Steine bedeutender Frauen retten“, so die 72-Jährige.
Grab und Grabstein von Domenica Niehoff (1945-2009), St. Paulis großem Herz
Ein umrankter Eingangsbogen führt ins idyllische Areal. Rechts fällt der Blick auf die Grabstelle von Domenica Niehoff (1945-2009). Sie arbeitete in Hamburg zunächst als Prostituierte, später als Streetworkerin und war unermüdliche Kämpferin für die Rechte der Huren. „Domenica wurde auch ‚St. Paulis großes Herz‘ genannt. Deshalb verläuft eine Ranke aus Herzen um ihren Grabstein. Auf ihm befindet sich ebenfalls ein Akanthus-Blatt. Diese Pflanze steht symbolisch unter anderem dafür, dass eine schwere Arbeit vollbracht ist“, erklärt Rita Bake. Auch ziert ein Medaillon mit ihrem Porträt den Grabstein.
Ein Stück weiter gibt es auf einer Rasenfläche eine Erinnerungsspirale. Sie ist aus unterschiedlich gestalteten Gedenksteinen zusammengesetzt. „Das Nicht-mehr-Vorhandensein eines Grabsteines darf kein Kriterium dafür sein, diese Frauen der Welt des Vergessens zu überlassen. Die Spirale symbolisiert das wiederkehrende Leben und umfasst mehr als 60 Frauennamen“, berichtet sie.
Unvergessen: Eine Erinnerungsspirale erinnert an die Leistungen und Namen von mehr als 60 Frauen
Es wird zum Beispiel an Rosa Bartl (1884-1968) erinnert, die eine anerkannte Illusionistin und Zauberhändlerin war. Ihr Gedenkstein ist in Form eines Zylinderhuts gestaltet, der mit einer Klappe verschlossen ist. Beim Öffnen erscheint ein weißes Häschen. Ein schwarzer Basalt mit einem Licht in der Aushöhlung des Steins erinnert an die im 16. und 17. Jahrhundert in Hamburg als Hexen beschuldigten und verbrannten Frauen. Frauen, die Widerstand gegen das NS-Regime leisteten, finden sich genauso namentlich erwähnt wie Streiterinnen für Frauenrechte und Frauenbildung, Wohltäterinnen oder Künstlerinnen. Wer sich über die Lebensläufe dieser und anderer Frauen im Garten kundig machen möchte, kann Kurzbiografien auf Aluminiumtafeln vor Ort nachlesen oder vom Verein Publikationen zum Thema erwerben. Zudem liegen in einem Glashäuschen diverse Infomaterialien aus. Gleich hinter der Erinnerungsspirale lädt eine Märchenbank an einer kleinen Mauer zum Verweilen ein. Dort findet man in einer Nische ein Buch mit Erzählungen, Märchen und Gedichten über Leben und Tod.
Links vom Eingang sieht man nach wenigen Metern eine Erinnerungssäule. „Da die Erinnerungsspirale im Sommer 2021 vom Ausmaß her ihr Ende erreicht hatte, stellten wir ergänzend eine Erinnerungssäule auf, an der Medaillons aus Stein hängen, auf denen wir laufend Geburts- und Sterbedaten weiterer Frauen verewigen können“, merkt sie an.
Betroffen macht beim Rundgang ein Gedenkwürfel aus Glassteinen, der an ein trauriges Kapitel deutscher Geschichte erinnert. Er wurde im Gedenken an die verstorbenen Säuglinge und Kleinkinder von Zwangsarbeiterinnen errichtet, die in der NS-Zeit zwischen 1943 und 1945 auf dem Ohlsdorfer Friedhof bestattet wurden. Auch dreier älterer Mädchen, die selbst Zwangsarbeit leisten mussten, wird hier gedacht.„Frauen aus Polen, Russland, der Ukraine und 13 anderen Nationen wurden in der NS-Zeit aus ihrer Heimat verschleppt und zur Zwangsarbeit eingesetzt“, weiß Rita Bake. Diejenigen, die in dieser Zeit in Hamburg Kinder zur Welt brachten, mussten häufig schon etwa eine Woche nach der Entbindung wieder Schwerstarbeit leisten. Ihre Kinder verstarben meist durch Vernachlässigung und Unterernährung.
Ein Glaswürfel erinnert an das Schicksal verstorbener Säuglinge und Kleinkinder von Zwangsarbeiterinnen und an drei Mädchen, die selbst Zwangsarbeit leisten mussten.
Während des Spaziergangs sind ebenfalls knapp 90 historische Grabsteine zu besichtigen. Ein Großteil steht im musealen Bereich am Eingang. Auf einer Stele aus schwarzem Granit, an der oben ein Relief mit einer musizierenden Engelschar angebracht ist, prangt in goldfarbenen Lettern der Name Wilhelmine Marstrand. Sie lebte von 1843 bis 1903 und war eine allseits geschätzte Pianistin und Pädagogin. Sanft umspielt von Blüten des Hartriegelstrauchs und des Rhododendrons hat in einer Ecke dahinter ein lebensgroßer weiblicher Akt aus Marmor, zu dessen Füßen ein Dackel sitzt, seinen Platz gefunden. Auf der Skulptur ist unten der Nachname „Groot“ herausgearbeitet. Sie soll an Marie Groot (1898-1946) erinnern, die mit den Inhabern der Kunsthandlung Groot und dem Postkarten-Großvertrieb und Verlag Groot verwandt war. Über ihr Leben und Wirken ist nur wenig bekannt. „Deshalb steht die Statue symbolisch für all die Frauen, denen wertschätzende Erinnerung kaum zuteilwird, an die sich teilweise selbst die eigenen Familien nicht mehr erinnern“, erläutert Rita Bake.
Die Skulptur der Familiengrabstätte von Marie Groot (1898-1946) steht symbolisch für all die Frauen, denen wertschätzende Erinnerung versagt wird.
Vor einem historischen Grabstein der Antonie Milberg (1854-1908), Gründerin und Schulleiterin einer höheren Mädchenschule, liegt auf einer der zurzeit vier aktiven Gemeinschaftsgrabanlagen eine Steinwelle aus sieben Sandsteinen. Sie ist einer Wasserwelle nachempfunden. In dieser werden Namen sowie Geburts- und Sterbedaten der bestatteten Frauen eingraviert.
Mit den historischen Grabsteinen, den auf Aluminiumtafeln verewigten Viten und den Gemeinschaftsgrabanlagen schlägt der Garten der Frauen eine Brücke zwischen Leben und Tod. „Er möchte auch ein Ort sein, an dem miteinander über bereits Verstorbene gesprochen, aber auch über sich selbst und über das eigene Leben und den Tod geredet werden kann“, betont Rita Bake. Der Garten mache spürbar, was der Schriftsteller Thornton Wilder einst so formulierte: „Zwischen dem Reich der Toten und der Lebenden gibt es eine Brücke – die Liebe.“
In einem Glaspavillon im viktorianischen Stil liegen Infomaterialien zum Mitnehmen aus. Fotos: Silke Bromm-KriegerDer Garten wird von ehrenamtlichen Vereinsfrauen gepflegt und instandgehalten.Historischer Grabstein von Annie Kalmar (1877-1901), SchauspielerinGrabstein in Form eines trauernden Schwans der Bildhauerin Irmgard Kanold (1915-1976), von ihr selbst geschaffenHistorisches Grabmal der Wilhelmine Marstrand (1843-1903), Pianistin und Pädagogin
Die Ampel-Fraktionen haben am Dienstag (25. Juni) das angekündigte Agrarpaket beschlossen. Es bietet ordentlich Sprengstoff, denn längst nicht alle Forderungen des Berufsstands sind erfüllt. Hauptinhalte des Agrarpaktes sind die steuerliche Gewinnglättung, die wieder eingeführt werden soll, eine zusätzliche Ökoregelung für Milchviehbetriebe mit Weidehaltung und eine Novelle des Agrarorganisationen- und-Lieferketten-Gesetzes. Maßnahmen für Bürokratieabbau in der Landwirtschaft sind in Ansätzen vorhanden.
Pünktlich zum Deutschen Bauerntag, der am Mittwoch in Cottbus startete, haben sich die Koalitionsfraktionen auf ein Agrarpaket für die Landwirtschaft einigen können. Erzielt wurde der Durchbruch auf einem Treffen der Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP, Rolf Mützenich, Britta Haßelmann und Christian Dürr, am Dienstag in Berlin.
Vorgesehen ist die Wiedereinführung der steuerlichen Gewinnglättung für Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft. Damit sollen Gewinnschwankungen aufgrund wechselnder Witterungsbedingungen, etwa durch Dürreperioden, abgemildert werden. Für Milchviehbetriebe mit Weidehaltung soll eine zusätzliche Ökoregelung eingeführt werden. Dafür soll aber die Basisprämie nicht gekürzt werden. Stattdessen sollen nicht verausgabte EU-Mittel eingesetzt werden, die aus der kleiner werdenden Gesamtfläche resultieren.
Zudem wollen die Ampel-Fraktionen die Novelle des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes in den Bundestag einbringen, um die Stellung der Landwirte in der Wertschöpfungskette zu stärken.
Eine Anwendung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) zur Regulierung der Milchlieferbeziehungen ist offenbar nicht geplant.
Die Umsetzung ist jetzt Aufgabe von Bund und Ländern. Ein Teil der Erleichterungen soll bereits in der kommenden Woche im Bundestag verabschiedet werden, in der letzten Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause.
Das jetzt diskutierte Agrarpaket geht zurück auf die landesweiten Bauernproteste im Dezember und Januar, als die Bauern gegen die Streichung von Steuervergünstigungen beim Agrardiesel und der Kraftfahrzeugsteuer in einer Koalition mit dem Transportgewerbe demonstrierten. Daraufhin wurde von der Politik angekündigt, Maßnahmen zur Entlastung der Landwirte zu beschließen.
Sekptisch äußerte sich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, zum Agrarpaket. Es gehe in die richtige Richtung, bleibe aber weit hinter den Anforderungen der Landwirtinnen und Landwirte zurück. „Echte Entlastungen sehen anders aus“, sagte Rukwied in einer ersten Reaktion. „Unsere Landwirtinnen und Landwirte brauchen dringend Wettbewerbsgleichheit in der EU.“
Die nächsten Schritte müssten die Rücknahme weiterer Belastungen wie der Novelle des Tierschutzgesetzes und des Pflanzenschutzprogramms der Bundesregierung sein. Dann müssten eine Lösung für Erneuerbaren Agrardiesel und die Möglichkeit einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage folgen. Von einer echten Kompensation der Belastungen und Steuererhöhungen der zurückliegenden Monate sei man noch immer Lichtjahre entfernt, so der DBV-Präsident.
Anders sieht es Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Er sprach von einem „starken Paket“, das die Landwirtinnen und Landwirte nicht nur entlaste, sondern sie darüber hinaus im Markt stärke und besser gegen unlautere Handelspraktiken rüste. Mit der Einführung der steuerlichen Gewinnglättung sorge man für mehr finanzielle Planungssicherheit der Betriebe. Özdemir sprach von einem massiven Bürokratieabbau. Offene Fragen gibt es offenbar noch bei der angekündigten Ökoregelung für Milchviehbetriebe mit Weidehaltung. Özdemir zeigte sich zuversichtlich, dass die Fraktionen eine gute Lösung finden würden, diese Betriebe und damit die Artenvielfalt zu stärken. age
Projektgruppen und Helfer haben viel Kraft, Nerven und Leidenschaft in die den Deutschen Landjugendtag gesteckt, allen voran Hannes Bumann, bei dem schon in der Vorbereitung alle Fäden zusammenliefen. Was beim DLT lief, bei dem sich mit 1.000 Lajus praktisch ein ganzes Dorf im Zelt traf, berichten die Organisatoren.
Die Eröffnung
Am Sonnabend war es so weit. Das Festzelt war mit Ehrengästen und Landjugendlichen gefüllt und gemeinsam mit den Bundesvorsitzenden Theresa und Lars standen wir Landesvorsitzenden auf der Bühne. Wir hatten unsere Rede natürlich geübt, nun galt es, sie mit dem nötigen Pep vorzutragen. So begrüßte Tajo alle selbstbewusst im „echten Norden“ und erklärte, warum die Schleswig-Holsteiner berechtigterweise die glücklichsten Menschen seien. Außerdem stellten wir unsere Wette zum 75-jährigen Bestehen des BDL vor. Das Lampenfieber legte sich auf jeden Fall und wir waren froh, dass der offizielle Teil gut über die Bühne ging. Lena Hagge
Das Theaterstück
In eineinhalb Jahren Vorbereitung wurde das Stück nicht nur eingeübt, sondern auch von Anfang an durch die Theatergruppe selbst entwickelt, die erste Idee völlig verworfen, die Besetzung einiger Rollen einen Monat vor der Aufführung geändert. Der gesamte Ton konnte erst 5 min vor der Aufführung das erste Mal ausprobiert und auf eine Leinwand als Hintergrund musste spontan verzichtet werden. Und doch war die Premiere ein Erfolgserlebnis, auf das jeder Einzelne aus der Theatergruppe unheimlich stolz sein kann. Dadurch, dass Pläne immer wieder neu gedacht und improvisiert werden mussten, ist die Gruppe zu einem echten Team zusammengewachsen und hat es trotz aller Widrigkeiten geschafft, einen Auftritt voller Energie auf die Bühne zu bringen.
Marlies Muxfeldt
Die Exkursionen
Am Sonnabendnachmittag standen verschiedene Exkursionen auf dem Plan. Von Betriebsbesichtigungen über verschiedene Aktivitäten auf dem Wasser bis hin zu Yoga auf dem Festivalplatz war alles dabei. Wir waren gut gewappnet, um alle Teilnehmer zu ihren Exkursionen zu begleiten und ihnen unser schönes Schleswig-Holstein näherzubringen – dachten wir zumindest. Als der Dauerregen einsetzte, waren wir spontan gezwungen, das halbe Programm auf den Kopf zu stellen, denn Kanu- und Kuttertour wurden abgesagt. So standen spontan über 120 Personen im Festivalzelt, um beim Yoga mitzumachen. Auch die Boßeltour oder der Plattdeutschkurs wuchsen spontan um einige Teilnehmer. Im Großen und Ganzen eine erfolgreiche Improvisation.
Mirco Engelbrecht
Der Infopoint
Stolz wurde im Vorfeld verkündet, dass Landjugendliche sich rund um die Uhr an den ständig besetzten Infopoint wenden könnten. Der Müdigkeit und Erschöpfung zum Trotz konnten die haupt- und ehrenamtlichen Helfer dieses Versprechen einlösen. Angefangen vom Check-in über die Beantwortung verschiedenster Fragen bis hin zur finalen Abnahme der Zelte bei der Abreise war das Team vom Infopoint stets gefragt. Der Handyakku war leer, ein Pflaster oder ein vergessener Hygieneartikel wurden dringend benötigt? Ein herrenloser Gegenstand wurde gefunden, der Einlass zu den Feten musste organisiert werden oder es gab zu nachtschlafender Zeit ein dringendes Problem? Kein Problem für die Helfer im Infozelt, die maßgeblich zu einem reibungslosen Ablauf der Veranstaltung beitrugen. Und es gab jederzeit kostenlos Wasserflaschen. Thore Groth/ljv
Die Verpflegung
Das Verpflegungsteam mit John Gosch, Johanna Ladiges, Bente Ingwersen und Laura Stolley beschäftigte sich bereits ein Jahr vor dem eigentlichen DLT mit der Verpflegung. Durch die aktive Sponsorensuche konnte das Frühstück für alle Teilnehmenden zu 100 % aus Spenden realisiert werden. Die größten Fragen waren jedoch: Wie bekommen wir all die Platten belegt und wie werden die 960 Lunchpakete gepackt? Die Antwort kam von den LandFrauen. Was wäre die Landjugend ohne diese großartige Zusammenarbeit! (siehe Seite 71) Laura Stolley
Als wegen des Dauerregens einige Outdoor-Exkursionen ins Wasser fielen, bekamen Festivalyoga (Foto) und Plattdeutsch-Kurs neue Fans. Fotos: Kathrin Iselt-Segert/ljv960 Lunchpakete wurden für die Lajus gepackt, die nach dem DLT mit dem Sonderzug gen Süden reisten.Das Wetter stellte die Organisatoren vor so manches Problem, aber eine Lösung wurde immer gefunden.
Vor 50 Jahren hob eine Handvoll Frauen den LandFrauenverein Kiel aus der Taufe. Wozu das in einer Stadt, mag so manche gedacht haben, doch die Sinnhaftigkeit war damals und ist heute sehr deutlich. Mehr denn je sei es geboten, die positive Verbindung von Stadt- und Landleben zu gestalten. „Wir wollen Brücken bauen, das gegenseitige Verständnis fördern“, sagte Andrea Taube. Seit drei Jahren ist sie die Vorsitzende des Vereins mit seinen aktuell rund 90 Mitgliedern.
Die Ökotrophologin (im Ruhestand) hatte sich damals auf Anfrage der Gründungsvorsitzenden Renate Finck gemeinsam mit Ute Torsen und Alice Engel bereitgefunden, den Verein fortzuführen. Sie wollen die Arbeit der Frauen fortsetzen, die einst die Initiative ergriffen und den Mut hatten, den OV Kiel als Stadtverein zu gründen. Die Gäste erlebten einen kurzweiligen Rück- und Ausblick im Rahmen der Jubiläumsfeier im Hotel Kieler Kaufmann, ebenso wie Musik und eine Tombola.
„Ich feiere den LandFrauenverein Kiel“, sagte die LandFrauenpräsidentin Claudia Jürgensen. Sie betonte die Besonderheit des Stadtvereins, der als Institution Brücken schlage zwischen Stadt und Land. Sie hob auch die „gute Gemeinschaft als starke Kraft“ der LandFrauen hervor, die stets ein Bezugspunkt für sie selbst gewesen sei. „Die LandFrauen sind der soziale Kitt vor Ort“, zitierte sie den Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU). Sie dankte vor allem dem Vorstandsteam für seinen „beherzten Einsatz und das Engagement, das dazu beiträgt, dass der LandFrauenverein Kiel bis heute besteht“, so Jürgensen. „Wir haben 158 LandFrauenvereine mit 27.000 Mitgliedern im Land, das ist eine große Kraft, die viel bewirken kann“, betonte die Präsidentin. Mit dem Blick auf das Jahresprogramm der Kieler LandFrauen sagte sie: „Hier werden Themen bearbeitet, die den Ursprung der LandFrauenvereine widerspiegeln: Weiterbildung, Treffen, Kultur, Gemeinschaft. Das wünsche ich mir für jeden Ortsverein.“
Spontan Mitglied
Dass der OV Kiel auf höchster Ebene in der Landeshauptstadt wahrgenommen werde, zeige unter anderem die Anwesenheit der Vertreter der Stadtverwaltung, sagte die Vorsitzende Andrea Taube. So betonte Alke Voß, Dezernentin für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität, das große Engagement des Vereins für den Austausch zwischen Frauen auf dem Lande und in der Stadt. Sie hob deren Aufgabe als Netzwerkerinnen hervor. „Es ist so wichtig, dass wir miteinander reden“, sagte Voß. Sie selbst fühle sich als Landfrau, sei sie doch mit dem Verein und seiner Wirkung auf ihre Mutter aufgewachsen. Spontan erklärte sie sich bereit, nicht nur reichlich Werbung für die LandFrauen zu machen, sondern auch gleich selbst Mitglied zu werden. Die Verbindung stellte sie aber nicht nur persönlich her, sondern bot auch die Unterstützung ihres Dezernats für die Arbeit des LandFrauenvereins an. Doris Voß vom KreisLandFrauenverband Rendsburg-Eckernförde, „selbst noch nicht lange LandFrau“, gratulierte dem Verein und betonte, die Älteren seien für sie ein Vorbild, denn die hätten sich die Stellung erkämpft, die die LandFrauen heute hätten. Der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Klaus-Peter Lucht, ließ sein Grußwort übermitteln und hob den LandFrauenverein als „starke Stimme für die Frauen“ hervor. Gerade im städtischen Umfeld sei es wichtig, Verständnis für die Sorgen und Nöte der Landwirtschaft zu wecken.
Riskante Entscheidung
Besondere Erinnerungen weckte diese Jubiläumsfeier vor allem bei den Gründungsmitgliedern und langjährigen Vorsitzenden des OV Kiel, die im feierlichen Rahmen für ihre Vereinstreue und den Einsatz geehrt wurden. Allen voran Renate Finck, die zur Gründung den Vorsitz übernommen und ihn 20 Jahre lang innehatte, und Karin Nagel, die 16 Jahre lang (bis 2021) den Vorsitz führte. „Die ,Kieler Nachrichten‘ haben damals über die Vereinsgründung als eine ,riskante Entscheidung‘ gesprochen, in Kiel einen LandFrauenverein zu gründen. Die entpuppte sich allerdings als goldrichtig. Der Verein Kiel wurde eine Erfolgsgeschichte“, erinnerte sich Nagel. Zu seinen besten Zeiten zählte er 185 Mitglieder.
„Wir waren immer ein sehr aktiver Verein und sahen es als unsere Aufgabe, Stadt und Land zu verbinden. Das hat schon Elisa Böhm 1889 als Begründerin der Landfrauenbewegung sehr vorausschauend erkannt“, erklärte Renate Finck. Über die LandFrauenarbeit sei sie auch in andere Ehrenämter gekommen, habe viele Aufgaben im Landesmedienrat, im Landesfrauenrat und anderen Organisationen übernommen. „Das hat mich sehr geprägt“, so Finck. Auch Doris Clauß möchte ihre Zeit als Vorsitzende des OV Kiel (1994 bis 2005) nicht missen. „Ich freue mich vor allem, dass sich mit Andrea Taube, Ute Torsen und Alice Engel ein neuer Vorstand gefunden hat und es im Verein weitergeht“, sagte sie. Die drei Frauen ließen die Entwicklung der vergangenen 50 Jahre in einem Interview, moderiert von Andrea Taube, einmal Revue passieren.
Ein Fazit: Ja, es hat sich vieles verändert, von den Sozialen Medien über die Digitalisierung bis hin zu den Preisen für Kaffeegedecke und Saalmieten, doch eines ist unverändert geblieben: Der LandFrauenverein Kiel ist und bleibt eine aktive Gemeinschaft, die ihren Mitgliedern viel zu bieten hat. „Dass unser Verein interessant ist, zeigt unter anderem auch, dass gerade in den vergangenen Monaten auch neue Mitglieder hinzugekommen sind“, sagte Taube.
Dazu zählen unter anderem Britta Vierck (79) und Inge Hamann (78). „Ich wusste, dass es einen Verein gibt, aber im vergangenen Jahr habe ich einen Artikel über die Kieler LandFrauen gelesen und gesagt: Da mach ich mit“, so Hamann. Sie nannte Beispiele wie die Vorträge über Gesundheit, Ernährung, Architektur und nicht zuletzt das gesellige Beisammensein, die den Reiz dieses Vereins ausmachten. Und die 50 Euro Jahresbeitrag seien dafür nicht zu viel, betonten die beiden Seniorinnen. Auch bei dieser Jubiläumsfeier kamen alle Gäste auf ihre Kosten.
Durch den guten Kontakt zur Landjugend im Kreis Schleswig-Flensburg waren die LandFrauen des Kreisverbandes Schleswig schon lange auf das große bundesweite Treffen der Landjugend in Jübek eingestellt. Als dann auf der Norla im vergangenen September der Laju-Vorsitzende Tajo Lass wegen Unterstützung anfragte, gab es das offizielle Ja der LandFrauen.
Alle zehn Ortsvereine standen bereit und hatten im Verpflegungsteam der Landjugend gute Ansprechpartner. Der Wunsch der Laju war, die Laju zu den Essenszeiten und beim Packen der Lunchpakete für die Passagiere des Sonderzugs zu unterstützen. Es ergaben sich vier Einsätze: Freitagabend, Sonnabendfrüh, Sonnabendnachmittag und am Sonntagfrüh. Die Ortsvereine Kappeln und Süderbrarup haben am Freitag schon Frühstücksplatten vorbereitet und beim Abendessen unterstützt. Am nächsten Morgen begannen LandFrauen der OV Börm, Kropp und Hollingstedt um 6 Uhr mit dem Vorbereiten und Ausgeben des Frühstücks und ab 7.30 Uhr strömte die Landjugend ins Verpflegungszelt. Am Nachmittag stellten die LandFrauen aus Ekebergkrug, Südangeln und Tetenhusen zirka 960 Lunchpakete zusammen und die OV Stapelholm und Mittlere Treene sorgten am Sonntagmorgen ab 5 Uhr für den reibungslosen Ablauf des Frühstücks.
Insgesamt haben 50 LandFrauen beim Deutschen Landjugendtag geholfen und alle waren begeistert. Besonders gefiel ihnen der freundliche und wertschätzende Umgang miteinander. Und die Frauen waren beeindruckt von der Organisation der Landjugend für dieses Event mit 1.000 Teilnehmenden aus ganz Deutschland.
Manch eine LandFrau fühlte sich beim Einsatz auf dem Landjugendtag an ihre eigene Landjugendzeit erinnert, allen gemeinsam war die Bereitschaft, die Landjugend unbedingt zu unterstützen.Gutes Miteinander mit dem Verpflegungsteam der Landjugend, hier (r.) Laura StolleyPräsidentin Claudia Jürgensen stand am Abend hinter der Bar.
In die Rolle eines Landwirtes zu schlüpfen, fällt Landwirtschaftsschülern leicht. Ungewohnter ist das bei der Rolle eines Wissenschaftlers oder eines nichtlandwirtschaftlichen Dorfnachbarn. Darauf ließen sich die Schüler des Berufsbildungszentrums (BBZ) Schleswig am Projekttag „Klimafeste Landwirtschaft“ ein, den das BBZ zusammen mit der Klimaschutzregion Flensburg und dem Naturpark Schlei auf der Klimafarm der Stiftung Naturschutz in Erfde in der Eider-Treene-Sorge-Niederung durchführte.
„Wenn wir es nicht schaffen, den Klimawandel zu bremsen, werden Dürren und Starkregen noch schlimmer“, warnt ein Wissenschaftler. – „Wovon soll ich die Raten für die Bank bezahlen, wenn ich nicht mehr melke?“, fragt sich eine Bäuerin. –„Ich habe Angst davor, dass unsere Dörfer überflutet werden und wir umgesiedelt werden“, fürchtet eine Dorfbewohnerin. Das sind allerdings nicht O-Töne von wirklichen Menschen, sondern fiktive Aussagen, die den Schülern von der Klimafarm als Stoff für eine Diskussion in verteilten Rollen mitgegeben wurden.
Tim Kruse zeigt die Auswertung des Rollenspiels in seiner Kleingruppe.
„Am Anfang waren alle sauer, aber wir haben viel diskutiert und dann einen gemeinsamen Weg gefunden“, schildert ein Sprecher hinterher den Prozess. „Man muss mit dem Dorf zusammenarbeiten und nicht gegen das Dorf.“ In einer anderen Gruppe gelang das nicht so gut: „Wir waren alle stur und sind auch so auseinandergegangen.“ – „Das kommt vor, das ist nicht unrealistisch“, kommentiert Klimafarm-Leiterin Dr. Elena Zydek. Doch die Sorge vor Dorfüberflutung durch Moorvernässung will sie ausräumen: „Ihr werdet sehen, dass das nicht so ist.“
Die Projekttage „Klimafeste Landwirtschaft“ führt das BBZ Schleswig seit drei Jahren mit seinen Landwirtschaftsschülern im ersten Ausbildungsjahr und in der verkürzten Ausbildung durch – in Kooperation mit der Klimaschutzregion Flensburg und dem Naturpark Schlei. Das Projekt umfasse vier Tage, erklärt Klassenlehrerin Andrea Propp. Neben einer theoretischen Einheit und dem Besuch der Klimafarm (zum zweiten Mal seit deren Gründung) wird ein Betrieb in Brodersby besucht, der seine Kooperation mit dem Naturschutz vorstellt, sowie ein Betrieb in Dannewerk, wo es um Gewässerschutz und Nährstoffmanagement geht.
Maria Hock (Klimaschutzregion Flensburg), Kathrin Erbe (Naturpark Schlei) und Dr. Elena Zydek (Leiterin Klimafarm, v. li.) verfolgen gespannt die Präsentationen, die die Schüler des BBZ Schleswig zum Thema klimafeste Landwirtschaft ausgearbeitet haben.
In Erfde folgt nach der Gruppenarbeit zunächst ein Betriebsrundgang. Stachelwalzenmäher für Kleinschläge bis 1 ha werden gezeigt, die Mähraupe für größere Schläge beschrieben und Schlepper mit besonders großen Reifen erörtert. „Wir betreiben nasse Landwirtschaft, das ist eine Balance zwischen Landschaftspflege und Bewirtschaftung, da wollen wir noch effektiver werden“, räumt Zydek ein.
Ein Schwerpunkt der Klimafarm ist, die Vermarktung von Paludi-Produkten zu eruieren. „Paludi“ – nach Lateinisch „palus“, Sumpf –nennt man von nassem Land gewonnenes Material. In Erfde wird es nicht angebaut, sondern von natürlichem Aufwuchs geerntet. Als Neuigkeit wird den Schülern ein Demofeld für Dachbegrünung mit Paludi-Platten zur Feuchtigkeitsspeicherung und -abgabe gezeigt.
Weil die Schüler „heiß auf Maschinen sind“, bekommen sie anschließend die Aufgabe, in Betriebsanleitungen und an den Schultablets die Daten von für die Nassbewirtschaftung geeigneten Geräten zu recherchieren.
„Spannend“ finden die Schüler den Projekttag. „Wir haben zu Hause auch nasse Flächen, wo die Bewirtschaftung immer schwieriger wird“, kann ein Angelner Junglandwirt Ideen für sich nutzen. Andere sehen den Projekttag eher als Bereicherung durch den Blick nach außen. „Es ist gut, dass es so praktisch und vielfältig aufgebaut ist“, sagt eine Schülerin, „wir haben uns mit echten Meinungen beschäftigt.“ Eine weitere Schülerin findet aus Verbrauchersicht die Produkte interessant, die hier entwickelt werden.
Zum Schluss ging es an einen der eigentlichen Orte des Geschehens: ins Ellerortsmoor, die damals erste vernässte Fläche der Klimafarm.
Die Schüler des BBZ Schleswig mit ihren Präsentationen
Die Landvolkfahne – sie ist anscheinend nicht unterzukriegen. Sie taucht immer wieder bei Kundgebungen von Landwirten auf. Manche ihrer Anhänger scheinen geradezu hartnäckig auf diesem historischen Symbol zu bestehen. Dabei muss es inzwischen allseits bekannt sein, dass die Verbindung mit dieser Bewegung der späten 1920er und frühen 1930er Jahre höchst heikel ist. Das hat – nicht zum ersten Mal – eine Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung vorige Woche in Meldorf deutlich gemacht (siehe Artikel https://www.bauernblatt.com/wenn-das-system-zum-feind-wird/)
Klar wurde dort belegt, dass die historische Landvolkbewegung von Anfang an antidemokratisch und antisemitisch geprägt war und dass sie den Staat als „das System“ ablehnte. Die Historikerin und Dokumentarfilmerin Quinka Stoehr bescheinigte der Bewegung eine „unzweifelhafte ideologische Nähe zur NSDAP“, sie habe „maßgeblich dazu beigetragen, dass die NSDAP erstarkte, und ihren Aufstieg deutlich mitgetragen“.
Dass Nazis und Landvolk auch heftige Differenzen austrugen, dass nicht alle aus dem Landvolk später in die NSDAP eintraten und manche Führungspersonen wie Claus Heim sie sogar heftig ablehnten, dass die Bewegung große chaotische Anteile „aus dem Bauch heraus“ hatte und aus dem Erleben konkreter wirtschaftlicher Benachteiligung entstand – all das ist kein Widerspruch dazu. „Um rechtsextrem zu sein, musste man nicht in der NSDAP sein“, war die Einschätzung der Fachleute auf dem Podium. Die heutigen Schwenker der schwarzen Fahne wollen sich nicht in die rechte Ecke stellen lassen? Mit Verlaub, das historische Landvolk war die rechte Ecke!
Warum also in der heutigen Zeit auf diesem Symbol bestehen, obwohl man bekundet, Demokrat zu sein? Einige Parallelen geben zu denken. Auch heute sind die Landwirte von wirtschaftlichen Krisen gebeutelt. Frustration und Wut sind groß, wenn Bauern sich von Entscheidungsträgern nicht gehört fühlen. Da ist der Schritt nicht weit, wie es der Historiker Prof. Marc Buggelin ausdrückte, die Politik als „das System“ zu brandmarken, das man als Feind bekämpfen müsse, und nicht als gewählte Vertreter der Bevölkerung, die um Lösungen streiten.
Der Ausdruck „System“ suggeriert, es handle sich um ein ausgeklügeltes Spiel, um ein Kartell von Mächtigen. Dabei gibt es pauschal „die Politik“ nicht. Sie ist ein Spiegel der Gesellschaft – korrupte Vertreter inbegriffen – wie jede Gesellschaftsgruppe, übrigens auch die der Bauern.
Letztlich ist die Landvolkfahne der Ausdruck für den Willen zur Macht: „Wir nehmen es selbst in die Hand!“ In der Geschichte führte dies zu Bombenanschlägen und bahnte letztlich den Nazis den Weg, die viel gewiefter waren. Und wer, bitte schön, soll es am Ende richten? Wer nach dem „starken Mann“ ruft, will eigentlich einen, der das durchsetzt, was man selbst will, und erlebt ein böses Erwachen. Diktatoren fallen nicht vom Himmel, sie gehen aus einem meist blutigen Kampf unter Konkurrenten hervor.
Es bleibt uns nichts übrig als der schwierige, zivile Wettstreit von Interessen und Konzepten. Das nennt man Demokratie. Die Landvolkfahne hat damit nichts zu tun.