Ursprünglich bedeutet „Garten“ ein Stück eingefriedetes Land. Das Wort geht vermutlich auf das indogermanische „gher“ zurück, was so viel wie „fassen, umfassen“ bedeutet. Verwandt ist der Begriff „Garten“ auch mit „Gerten“, Ruten von Weiden und anderen Gehölzen, die zum Einhegen der Fläche benutzt wurden.
Genau lässt es sich nicht sagen, wann in Mitteleuropa die ersten Gärten entstanden. Sehr wahrscheinlich begannen aber schon die Menschen der Frühgeschichte damit, Flächen in Hausnähe, auf denen Nahrungspflanzen angebaut wurden, zu umzäunen, um sie vor Tierfraß – nicht nur durch wilde, sondern auch durch frei umherlaufende Nutztiere – zu schützen und zugleich als eigenes Land zu markieren.
Zu Beginn der Sesshaftigkeit waren nicht nur Wald und Wiesen, sondern oft auch die Felder „Allmende“, also im gemeinsamen Besitz der Dorfgemeinschaft, und wurden auch gemeinsam bewirtschaftet. Wohnhäuser waren dagegen in privatem Eigentum und ebenso die dazugehörigen Stücke „Zaunland“ – das abgesteckte Land in Hausnähe, in dem Nutzpflanzen zur Versorgung der Hausgemeinschaft angebaut wurden.
Gemüse, Würz- und Heilkräuter
Was genau in diesen frühen Gärten gedieh, lässt sich nur vermuten, denn aus archäologischen Funden erschließt sich meist nur, welche Pflanzen als Nahrung dienten, nicht, ob sie auf den Feldern oder im Garten wuchsen. Neben Getreide wurden aber auch Hülsenfrüchte – Linsen, Erbsen und in Nordseenähe vor allem die salzunempfindlichen Ackerbohnen (Vicia faba) – in großen Mengen verzehrt und deshalb wahrscheinlich häufig feldmäßig angebaut. Der Garten blieb dann anspruchsvolleren Gemüsepflanzen wie Rüben, Kohl und Salat und Küchenkräutern wie Petersilie und Kümmel vorbehalten. Auch einige Heilpflanzen, die im Bedarfsfall rasch zur Verfügung stehen sollten, wurden vermutlich schon früh in Gärten kultiviert.
Eine bedeutende Erweiterung der Gartenkultur brachten die Römer, als sie vor rund 2.000 Jahren über die Alpen vordrangen. Neben einer Vielzahl im Norden bis dahin unbekannter Pflanzen, darunter für uns heute so gewöhnliche wie Sellerie, Dill, Senf und Pflaume, führten sie in Mitteleuropa auch neue Gartentechniken wie das Veredeln von Obstgehölzen ein. Ebenso geht die Verwendung von geschnittenem Buchs als Hecken- und Einfassungspflanze auf die Römer zurück.
Eine der wenigen schriftlichen Quellen des frühen Mittelalters zu den damals in Mitteleuropa verbreiteten Gartenpflanzen ist die Landgüterverordnung Karls des Großen „Capitulare de villis et curtis imperialibus“ aus dem Jahr 812. Darin finden sich 73 Gemüse-, Würz-, Heil- und Färberpflanzen, die auch in der freien Natur zu finden waren, aber offenbar so geschätzt wurden, dass sie einen Platz im Garten wert waren.
Insbesondere Benediktinermönche, in deren Ordensregel die Gartenkultur von zentraler Bedeutung war, hatten großen Anteil an der Verbreitung vieler neuer Gemüse- und Kräuterpflanzen. Eine besondere Rolle spielten die Klöster bei der Kultivierung und Etablierung von Heilpflanzen, denn sie versorgten nicht nur sich selbst medizinisch, sondern auch die im Umland lebende Bevölkerung. Die Äbtissin Hildegard von Bingen beschrieb im 12. Jahrhundert eine Vielzahl damals gebräuchlicher Gartenpflanzen, darunter mehr als 200 Kräuter zu Heilzwecken. Es ist anzunehmen, dass Ableger dieser neuen Pflanzen ihren Weg in die Bauerngärten fanden.
Auch bei der Anlage des Gartens nahm sich vor allem die reichere Landbevölkerung häufig die Gärten der Klöster und des Adels zum Vorbild. So wurde aus den Klostergärten die symbolkräftige vierfeldrige Aufteilung des Gartens mit kreuzförmig angelegten Wegen und einem Rondell oder Brunnen in der Mitte übernommen, ebenso wie die Einfassung der Beete mit immergrünem Buchsbaum als „Baum des Lebens“ und Abwehrpflanze gegen Unheil von „draußen“.
Bäuerliche Gärten gab es im Mittelalter nicht nur auf dem Land, sondern auch Stadtbewohnerinnen hielten noch lange Zeit nicht nur Schweine und Rinder in der Stadt, sondern zogen auch ihr eigenes Gemüse, soweit möglich innerhalb der Stadtmauern, um die Ernährung der Einwohner auch im Fall von Belagerungen zu sichern. Mit wachsender Bevölkerung und – wie man heute sagen würde – „Nachverdichtung“ der Bebauung mussten die Gärten dann allerdings größtenteils vor die Stadttore verlegt werden.
Zwar hatten bereits die Römer Rosen und Lilien, Goldlack und Levkojen mitgebracht, in den bäuerlichen Gärten spielten reine Zierpflanzen aber erst in neuerer Zeit eine größere Rolle. Bis dahin wurden die Blumen, die zwischen dem Gemüse wuchsen, in erster Linie ihrer Heilkraft wegen gezogen, so Ringelblume, Alant, Eibisch, Schwertlilien und verschiedene Nelkenarten. Christrosen dienten zur Bekämpfung verschiedener Viehkrankheiten. Auch Rosensträucher wurden nicht nur zur Zierde gepflanzt, sondern zu vielerlei Zwecken als Arznei verwendet. Typische Bauerngartenrosen waren neben der auch „Weiße Bauernrose“ genannten Rosa alba die in den Laubwäldern wild wachsende Essigrose (Rosa gallica) und die Bibernellrose (Rosa pimpinellifolia).
Neuankömmlinge aus aller Welt
Mit der „Entdeckung“ und Kolonialisierung Amerikas kamen im 16. und 17. Jahrhundert viele neue Pflanzen nach Europa. Die bekannteste ist die Kartoffel, die allerdings als Feldfrucht wenig im Bauerngarten angepflanzt wurde. Aber Stangen- und später auch Buschbohnen, Kürbisse, Sonnenblumen und Tagetes hielten nach und nach Einzug in die Gärten. Aus dem Handel mit der Türkei kamen Flieder, Kaiserkronen, Tulpen und Hyazinthen hinzu. Mit dem zunehmenden Interesse an Zierpflanzen wurde auch einheimischen Wildblumen wie Fingerhut, Akeleien und Schneeglöckchen mehr Platz in den Gärten eingeräumt.
Der Obstbau war lange Zeit weitgehend auf die wohlhabenden Bevölkerungsschichten, Klöster und Adel, beschränkt, die dafür eigene Gärtner beschäftigten. Die einfache Landbevölkerung hielt sich überwiegend an Beerenfrüchte, die in der Umgebung und im nahen Wald meist reichlich gesammelt werden konnten, was häufig Arbeit der Kinder war. Erst ab dem 17. Jahrhundert wurde die Kultur von Obstbäumen zunehmend Allgemeingut, wofür eigens „Baumhöfe“ angelegt wurden, oft angrenzend an den Gemüsegarten, immer aber in Hausnähe. Diese Obstgärten dienten auch als hofnahe Weide für Geflügel und Jungvieh. Zeitgleich kamen im 18. Jahrhundert mit Johannisbeeren und Stachelbeeren die ersten Beerensträucher in die Bauerngärten, später folgten großfruchtige Erdbeeren und Himbeeren.
Weil die Bäuerinnen auch früher schon reichlich mit Arbeit ausgelastet waren, konnten nur solche Pflanzen ihren Platz im Garten längerfristig behaupten, die keine zu großen Ansprüche an die Pflege stellten. Im Gemüsegarten wurden im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts Melde, Erdbeerspinat und Gartenampfer durch den Spinat verdrängt, Pastinaken durch Möhren, Zuckerwurz und Haferwurzeln durch die pflegeleichteren Schwarzwurzeln. Radieschen, Chicorée, Rosenkohl, Phlox und Tränendes Herz und auch manche Ziersträucher zogen neu in die Gärten ein.
„Den“ Bauerngarten gab es nie, denn Inventar und Gestaltung unterschieden sich nicht nur nach Region, sondern auch nach sozialer Lage beträchtlich. Während reiche Höfe sich aufwendige, repräsentative Gestaltungselemente und Blumenrabatten leisten konnten und zugleich viele Arbeitskräfte mit verpflegen mussten, waren die deutlich kleineren Gärten der ärmeren ländlichen Bevölkerung wesentlich schlichter und durch das zum Leben Notwendige geprägt. Gerade hier gediehen aber oft Gemüse und Blumen in jenem produktiven Miteinander, das heute als so typisch für das Erscheinungsbild des Bauerngartens gilt.