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Heu – mehr als trockenes Gras?

Gesunde Pferdefütterung ist kein Selbstverständnis. Der Einsatz verschiedener Futtermittel wirft Fragen auf. Welches Grundfutter ist neben Gräsern und Kräutern auf der Sommerweide das Beste für Pferde? Ob Teilzeitweide, Winterfutter mit Paddockauslauf oder Boxenhaltung – Heu gewinnt eindeutig das Rennen.

Eigentlich sollte außer Frage stehen, welches Futter sich neben gesundem Weidegang am besten eignet. Heu von hoher Qualität darf als erste Wahl für die Grundfutterration angesehen werden. Doch es stellen sich anschließend zahlreiche Fragen: Wie sieht es bei unterschiedlicher Fütterung von Heu oder Heulage und Silage im Pferdemagen und im -darm mit den ph-Werten aus? Welche Werte dürfen als gesund angesehen werden und wie hoch sollte der messbare ph-Wert im Pferdeapfel liegen? Was sind die Folgen einer mittel- und langfristigen Übersäuerung?

Was dürfen Pferdehalter, Einsteller und Futtermeister mit gutem Gewissen tolerieren und dem Pferd anbieten? Kann eine Heulage, die aus witterungstechnischen und wirtschaftlichen Gründen gewonnen wurde, guten Gewissens Pferden als Grundfutter gereicht werden? Was ist mit den sogenannten Kotwasserpferden, die empfindlich reagieren? Dazu ist zu klären, wie es mit den Fruktangehalten, Schnittzeitpunkten oder bakterieller Belastung und einer Kontamination mit Staub und Schimmel aussieht.

Heulage als Alternative

In der Frage, ob sich besonders im Winterhalbjahr etwa Heulage oder gar Silage als gute Alternativen zum Heu anbieten, lautet die Antwort: eine gute Heulage ja, Silage keinesfalls. Heulage sollte unter besten Bedingungen hergestellt und gelagert sein, staubarm, ohne Fremdbestandteile wie Hundekot oder Kadaverteile, mit einem angenehmen, an Milch und feines Wiesenheu erinnernden Geruch. Wird sie nach Anbruch bald verbraucht (in zwei bis drei Tagen), spricht besonders bei ungünstigen Erntebedingungen für die Heugewinnung wenig gegen die Gewinnung von Heulage als zeitlich begrenzter Alternative. Heu oder Heulage ist besonders im Winterhalbjahr als Grundfutter unverzichtbar und sollte bei Heufütterung mindestens mit 1,5 kg pro 100 kg Lebendgewicht in der Gesamtration berücksichtigt werden. Für einen 1,65 m großen und 550 kg schweren Warmblüter sind das etwa 8,25 kg Heu als Erhaltungsfutter.

Bei freiem Zugang zu Heu steigt der ph-Wert des Pferdemagens von sehr sauren 2,0 auf etwa 5,5. Einen nicht unerheblichen Anteil daran haben die gründliche Einspeichelung und Zerkleinerung des Grundfutters. Hierbei wird säureregulierendes Bicarbonat gebildet. So wird einer Übersäuerung des Magens vorgebeugt. Dieser Ausgleich ist wichtig, denn eine anhaltende Ansäuerung des Dünn- und Dickdarms bleibt nicht ohne negative Folgen für den Pferdekörper. Erhöhte Milchsäureanteile der Futterration und des Verdauungstrakts können mittelfristig zu erheblichen Störungen des Stoffwechselhaushalts führen.

Kristine Utterberg aus dem Reit- und Zuchtstall von Harm Sievers aus Tasdorf, Kreis Plön, weiß, wie wichtig bestes Heu oder eine sorgsam verarbeitete Heulage für die Gesundheit der Pferde sind. Foto: Ralf Seiler

Der pH-Wert im Kot von Pferden liegt im Schnitt zwischen 6,8 und 8. Untersuchungen haben ergeben, dass es hierbei keinen signifikanten Unterschied zwischen Heulage- und Heufütterung gibt. Bei hohen Kraftfuttergaben oder Dysfermentation (krank machende Fehlverdauung) im Dickdarm sinkt allerdings der pH-Wert. „Auch im Dickdarm konnten keine Unterschiede des pH-Wertes bei Heu- oder Heulagefütterung nachgewiesen werden“, erklärt Tierarzt Björn Teegen aus der Pferdeklinik Bockhorn in Niedersachsen. Er fügt hinzu: „Das Kotwassersyndrom tritt aus unserer Erfahrung vermehrt bei Heulagefütterung auf, wobei wir es auch bei reiner Heufütterung beobachten.“ In Untersuchungen wurde bei Heulagefütterung eine geringere Zerkleinerung von Futterpartikeln beobachtet. Diese binden im Dickdarm weniger Wasser. Eiweißprodukte, die während des Silierungsprozesses entstehen, stehen weiter im Verdacht, die Wasserabsorption im Dickdarm nachteilig zu beeinflussen.

Sorgsame Ernte und Lagerung

Auch der nicht immer verantwortungsvolle Umgang mit dem Futter wirft eine Vielzahl von Fragen auf. Das mag manchem Pensionsstallbetreiber sauer aufstoßen, was die Sache allerdings nicht besser macht. So manche Kolik oder Kotwasserauffälligkeit könnte durch sorgsam geerntetes und bestens aufbereitetes und gelagertes Heu vermieden werden, auch wenn die Ursachen nicht allein in der Fütterung begründet sein müssen. Denn eine der häufigsten Ursachen von länger anhaltendem Kotwasser ist neben anderen Faktoren wie Stress und Bewegungsmangel eine schlechte Raufutterqualität. Pilze und Schimmel begünstigen die durch Kotwasser erkennbaren Darmstörungen. „Die Sachlage ist komplizierter als man denkt“, sagt Teegen. „Es scheint weniger eine Frage zu sein, ob Heu oder Heulage das bessere Futter ist, sondern vielmehr ist die Qualität von entscheidender Bedeutung.“

Gleich ob Heu, Heulage oder Futterstroh und Einstreu, es hilft, die eigene Nase hineinzustecken. Staubt das Heu schon beim Aufschütteln deutlich, riecht es muffig, sind gar Erdklumpen und andere Verunreinigungen bis hin zu Schimmel vorhanden? Hinterlässt der Geruch der Heulage ein säuerliches Kitzeln in der Nase?

Im Lager ein stabiles Produkt

Ist es einmal trocken eingelagert, ist Heu ein sehr stabiles Produkt. Es sollte allerdings nicht zu früh nach der Ernte verfüttert werden. Ein sechs- bis achtwöchiges „Ausschwitzen“ des Heus muss zwingend eingehalten werden. Während dieser Zeit kommt es zu einer starken Vermehrung von Bakterien und einer Erwärmung des Heus. Der dabei entstehende Wasserdampf kondensiert an der Oberfläche und der Wassergehalt des Heus wird reduziert. Wird Heu in dieser Phase verfüttert, kann der erhöhte Keimgehalt zu erheblichen und gefährlichen Verdauungsstörungen führen.

Unsachgemäße Lagerung, wie eine zu enge Lagerung mit wenig Durchlüftung oder Bodenfeuchte, ist häufig an einer Schimmelbildung erkennbar. Auch Kontaminierung im Lager, etwa durch Tierkot und Urin, tritt nicht selten auf. Solches Futter gehört nicht auf den Futtergang oder in die Raufe, sondern auf den Misthaufen.

Heulage wird nach einer Anwelk- und Trockenphase unter Luftabschluss konserviert. Durch mikrobiell gebildete Milchsäure fällt der pH-Wert unter 5. Eine starke Verdichtung und ein möglichst schneller Sauerstoffabschluss sind wichtig für eine gute Konservierung. Bei einer Verletzung der üblichen Wickelfolien kommt es rasch zu einem aeroben Verderb. Dabei können Schimmelpilze, Bakterien und Hefen zu ernsthaften Problemen im Verdauungstrakt bis hin zu schweren Koliken führen. Vor allem Mykotoxine (hier Schimmelpilzgifte) schädigen nicht nur die Darmwand, sondern können auch zu Leber- und Nierenschäden führen. Es ist besonders auf die Kontaminierung der Heulage mit dem Bakterium Clostridium botulinum durch Tierkadaver oder mit größeren Erdbeimengungen zu achten. Keime und Toxine können bereits in kleinen Mengen unter anderem zu lebensbedrohlichen Nervenschädigungen führen.

Zu viel Zucker macht krank

Auf die Gesundheit der Pferde wirkt sich auch der Fruktangehalt in Gras und Heu aus. Fruktan ist ein langkettiges Zuckermolekül. Zu viel Zucker macht krank, das wissen auch Pferdehalter. Allerdings: Die Dosis macht das Gift. Ein besonderes Augenmerk sollte daher auf das Weidemanagement gelegt werden, vor allem bei Pferden, die gegenüber Fruktan empfindlich sind. Dazu zählen hufrehegefährdete Pferde sowie Pferde, die unter EMS (Equines Metabolisches Syndrom), Cushing, Sommerekzem oder einer instabilen Darmflora leiden. Sie sollten nur bei fruktanarmer Witterung auf die Weide gelassen werden. Zudem sollte der Koppelgang nur für eine begrenzte Zeit oder mit Fressbremse erfolgen. Abrupte Futterumstellungen sind zu vermeiden.

Beim Abbau in der Darmpassage kann Fruktan zu negativen Veränderungen der Darmflora führen. Hierbei sind auch krankhafte Symptome der Darmschleimhaut zu beobachten. Die Folge können Immunschwäche, Durchfall oder Kotwasser sein. Außerdem können Abbauprodukte des Fruktans zu einer vermehrten Belastung der Leber führen. Selbst vermehrter Juckreiz in der Weidesaison muss seine Ursache nicht immer im Reich der Insekten haben, da auch die Haut als Entgiftungsorgan für Abbauprodukte dient.

Einfluss auf den Fruktangehalt des Grases haben vor allem Temperatur, Licht, Jahreszeiten, Grassorten und Düngung. Faustregel: je niedriger die Temperaturen, desto höher der Fruktangehalt. Das macht sich besonders bei Nachtfrösten im Frühjahr und Herbst bemerkbar, wenn die Tage sonnig sind. Maximale Fruktangehalte entstehen zu Zeiten eingeschränkten Wachstums. Tageszeitlich steigen die Fruktangehalte im Laufe des Tages und erreichen meist mittags und am späten Nachmittag das Maximum.

Der Fruktangehalt im Heu variiert je nach Schnittzeitpunkt. Für stoffwechselkranke Pferde ist ein Heu zu empfehlen, das zwischen dem Ende des Rispenschiebens und dem Anfang der Gräserblüte geschnitten wurde. Sehr früh im Jahr geschnittenes Heu oder auch ein kurzer zweiter Schnitt weisen regelmäßig höhere Fruktangehalte auf. Der Mitte Juni einsetzende Frühsommer bietet sich mit einer früh am Tag erfolgenden Mahd für eine optimale Heugewinnung an.

Fruktangehalte gezielt steuern

Ein Stück weit kann der Fruktangehalt einer Wiese über die Wahl der Gräser gesteuert werden. Fruktan­arme Gräser sind zum Beispiel das Knaulgras, Rotschwingel und Wiesenlieschgras. Zu den fruktanreichen Gräsern zählen Wiesenschwingel und das Deutsche Weidelgras. Für eine lebendige und schmackhafte Gräser- und Kräutervielfalt bieten sich Ergänzungen mit Schafgarbe, Wiesenkümmel, Wiesenknopf, Wilder Petersilie, Fenchel, Dill, Wegwarte, Spitzwegerich und Wilder Möhre an.

Wiesenlieschgras – erkennbar an der Zwiebel – zählt zu den fruktanärmeren Grassorten. Foto: Ralf Seiler

„Der Teufel steckt im Detail und die Frage nach einem optimalen grasbasierten Grundfutter fängt nicht nur für Pferde viel eher an als bei der Mahd des wertvollen Ernteguts Gras“, sagt der Diplom-Ingenieur Andreas Krallinger, Saatgut- und Pflanzenbauexperte von der Deutschen Saatgutveredelung. „Bislang auf die Milchwirtschaft ausgelegte Wiesen mit ihrem hohen Anteil weicherer Süßgräser liefern zwar für die Rinderhaltung zu begrüßende hohe Eiweißanteile, für die Pferdewirtschaft allerdings häufig zu wenig strukturreiche Obergräser und Kräuter.“

Gründliches, etwa einstündiges Wässern und Auswaschen kann den Fruktangehalt im Heu deutlich senken. Jedoch werden hierbei auch Vitamine ausgewaschen. Außerdem ist eine zügige Verfütterung angeraten, da die mikrobielle Aktivität im nassen Heu schnell steigt. Als Positiveffekt sinkt durch das Wässern die Staubbelastung. Auch einige Heubedampfer liefern gute Ergebnisse.

Unbeachtet bleiben an dieser Stelle die Haltung der Pferde mit oder ohne Weidegang, das soziale Gefüge und Zusammenleben der Pferde oder das Maß der täglichen Arbeit. Allein Letzteres übt einen hohen Einfluss auf die Futteransprüche aus.

Für jeden Standort der passende Storchschnabel

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Von nahezu unschätzbarem Wert sind Storchschnäbel als Beet- und Kübelpflanzen sowie als Bodendecker in sonnigen und schattigen Bereichen. Die etwa 300 ­bekannten Arten wachsen wild in den verschiedensten Lebensräumen, die alpine Lagen ebenso umfassen wie Laubwälder, ­Waldrand und Wiesen.

Die dekorativen Blüten und Blätter der zahlreichen Sorten des Storchschnabels (Geranium) fügen sich ganz unkompliziert in jeden Garten ein. Hinzu kommt, dass sämtliche Arten ausgesprochen pflegeleicht sind und Krankheiten sowie Schädlingen die kalte Schulter zeigen. Selbst Schnecken machen einen Bogen um sie.

Im Allgemeinen bevorzugt Storchschnabel einen mäßig feuchten, nährstoffreichen und durchlässigen Boden. Staunässe verträgt er jedoch nicht. Einige Arten kommen aber auch prima mit trockenem Boden zurecht (siehe Aufstellung am Textende). Die Ansprüche an die Lichtverhältnisse hängen von der jeweiligen Art ab. Aufgrund der unterschiedlichen Herkünfte gedeihen einige problemlos in der prallen Sonne, andere hingegen bevorzugen den lichten Schatten (siehe Tabelle).

Die meisten Arten zeigen einen horstartigen Wuchs. Sie erreichen eine Höhe zwischen 20 und 100 cm. Die Blüte erscheint je nach Sorte von Mai bis August, vereinzelt auch bis in den Herbst hinein. Die Farbpalette umfasst neben Weiß auch Blau-, Rosa- und Rottöne. Storchschnabel findet je nach Art Verwendung als Zierstaude und Bodendecker, er eignet sich aber auch prima als Begleiter für Solitärstauden oder als Steingartenpflanze.

Weiß blühende Sorten des Storchschnabels wirken aufhellend. Der Blut-Storchschnabel ,Album‘ bevorzugt einen sonnigen Standort. Foto: Karin Stern
Der Pracht-Storchschnabel begeistert mit herrlich blauvioletten Blüten. Foto: Karin Stern
Geranium sanguineum eignet sich prima für den Steingarten oder die Trogbepflanzung. Foto: Karin Stern
Schattigere Bereiche lassen sich Dank einer breiten Sortenauswahl problemlos aufhellen. Foto: Karin Stern


Rabattentaugliche Storchschnabelarten zeichnen sich durch kompakten Wuchs und die dekorative Blüte aus. Als eine der herausragenden Arten gilt der Pracht-Storchschnabel (Geranium x ma­gnificum). Die üppigen Blütenbüschel wirken im Juni und Juli besonders schön neben Frauenmantel, Euphorbien und Goldfelberich. Ein weiterer Pluspunkt ist die attraktive gelborangefarbene Herbstfärbung. Die Sorte ‚Rosemoor‘ zeichnet sich durch Standfestigkeit aus und blüht nach einem Rückschnitt erneut im Oktober. Der Himalaya-Storchschnabel (Geranium himalayense) bildet mit der Zeit einen dichten Blattteppich und fühlt sich auf nicht zu trockenem, nährstoffhaltigem Boden wohl. Die attraktiven Blüten wirken besonders hübsch in Kombination mit Rosen. Der wüchsige Wiesenstorchschnabel (Geranium pratense) überzeugt mit großen Blüten, die in dichten Trauben am Stängel sitzen. Die Sorte ‚Brookside‘ legt mit breitem Horst, Standfestigkeit und üppiger, blauer Blütenfülle echte Solitäreigenschaften an den Tag.

Balkan-Storchschnabel ist ein ausgezeichneter Bodendecker auch für etwas trockenere Standorte. Foto: Karin Stern

Bodendecker-Qualitäten zeigt hingegen Felsen- oder Balkan-Storchschnabel (Geranium macror­rhizum). Er breitet sich rasch auf größeren Flächen aus, ohne lästig zu werden. An sonnigen Standorten sollte der Boden etwas feuchter sein, das vermeidet unschöne Blattschäden. Balkan-Storchschnabel fühlt sich unter Gehölzen sehr wohl und gibt auch gemeinsam mit niedrigen Gräsern in herbstlich gestalteten Kübeln eine gute Figur ab. Älteres Laub wird im Herbst gelborangefarben. Junge Triebe bleiben häufig wintergrün. Der heimische Blut-Storchschnabel (Geranium sanguineum) bildet etwa 20 bis 30 cm hohe, ausgedehnte Teppiche und zeigt je nach Witterung bereits ab Mai seine einfachen Schalenblüten. Der breitbuschige Wuchs passt gut in Tröge, zumal diese Art Trockenheit gut wegsteckt.

Der beste Pflanz­termin liegt zwischen Frühherbst und zeitigem Frühling. Bei schwerem Boden empfiehlt sich eher der Frühjahrstermin, da im Herbst gepflanzte Exemplare fäulnisanfälliger sind. Auch für Arten mit grauem oder silbrigem Laub empfiehlt sich der Frühjahrstermin. Früh austreibende Arten hingegen pflanzt man besser beizeiten im Herbst. So wurzeln sie bis zum Blattaustrieb noch gut ein.

Empfehlenswerte Arten für schattigen Standort mit trockenem Boden:


Balkan-Storchschnabel (Geranium macrorrhizum)
Brauner Storchschnabel (Geranium phaeum)

Knotiger Storchschnabel (Geranium nodosum)


Empfehlenswerte Arten für sonnigen Standort mit trockenem Boden:
Cambridge-Storchschnabel (Geranium cantabrigiense)
Blutstorchschnabel (Geranium sanguineum)
Grauer Storchschnabel (Geranium cinereum)
Kaukasus-Storchschnabel (Geranium renardii)


Hier bereitet Storchschnabel die Bühne für die Hintergrundpflanzen. Foto: Karin Stern

Mehr Muscheln

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Im Jahr 2023 haben die Aquakulturbetriebe in Deutschland insgesamt rund 16.800 t Fisch erzeugt und damit die Vorjahresmenge um 980 t oder 5,5 % unterschritten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) außerdem mitteilte, hat sich die Muschelproduktion hingegen im Vergleich zu 2022 mehr als verdoppelt, und zwar von 9.400 t auf 18.000 t. Veränderungen in diesem Ausmaß seien bei Muscheln nicht ungewöhnlich, da die Muschelernte aufgrund natürlicher Bedingungen von Jahr zu Jahr erheblich schwanken könne, erläuterten die Wiesbadener Statistiker.

Forellenartige Fische, zu denen unter anderem Forellen, Saiblinge, und Maränen gehören, machten laut Destatis mit 10.300 t rund 61 % der gesamten Fischerzeugung der Aquakulturbetriebe im Jahr 2023 aus. Ein gutes Viertel der Fischerzeugung entfiel mit 4.400 t auf karpfenartige Fische wie Karpfen, Schleien, Rotaugen und Rotfedern, deren Produktion damit nahezu unverändert gegenüber 2022 blieb.

Die Erzeugung von Rogen und Kaviar stieg nach Angaben von Destatis im Vorjahresvergleich um 5 t oder 4,6 % auf 105 t. Die Gesamterzeugung von Aquakulturprodukten – diese umfasst zusätzlich auch Erzeugungsmengen von Krebstieren und Algen – lag 2023 der amtlichen Statistik zufolge bei rund 35.200 t. Damit wurde das Niveau von 2022 um 8.600 t oder 32,3 % übertroffen.

Laut den weiteren Daten des Statistikamtes belief sich die in den insgesamt 1.726 Betrieben mit Teichen zur Verfügung stehende Teichfläche 2023 auf gut 20.700 ha. Sie ging damit gegenüber der vorherigen Erhebung der Anlagengrößen im Jahr 2020 um rund 1.900 ha oder 8,3 % zurück. Die Zahl der Betriebe mit Teichwirtschaften sank in diesen drei Jahren um 251 oder 12,7 %. age

Raps liegt vorn

Verbrauch von Speiseölen in Deutschland

Rapsöl in einer Karaffe mit Rapssaat, Raps, Lebensmittel, Pflanze, Brassica campestris, Brassica napus, Brassica rapa, Ölpflanze, Foto: Imago

Die privaten Haushalte im Bundesgebiet haben ihren Verbrauch an Speiseöl im Jahr 2023 deutlich eingeschränkt. Wie der Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (Ovid) mitteilte, verringerte sich die betreffende Menge im Vergleich zum Vorjahr um 11 % auf 199 Mio. l Speiseöl. Das gehe aus Daten der Agrarmarkt Informations-GmbH und des GfK-Haushalts­panels hervor. Als Grund für den rückläufigen Konsum werden die allgemein hohe Inflation und der überdurchschnittliche Anstieg der Speiseölpreise angeführt.

Vom Gesamtverbrauch im vergangenen Jahr entfielen 78 Mio. l auf Rapsöl; das waren 9 Mio. l weniger als 2022. Dennoch blieb Rapsöl damit das beliebteste Speiseöl der Bundesbürger. Auf den Plätzen zwei und drei folgten Sonnenblumenöl mit einem Verbrauch von 60 Mio. l beziehungsweise Olivenöl mit 34 Mio. l. Dies entsprach im Vorjahresvergleich einem Minus von 6 Mio. l beim Sonnenblumenöl und einer Einschränkung um 8 Mio. l beim Olivenöl. Der Anteil von Kokosöl und anderen Speiseölen belief sich erneut jeweils auf weniger als 2 % des Gesamtverbrauchs.

Nach Angaben des Ovid waren die Einzelhandelspreise für Sonnenblumen- und Rapsöl zum Beginn des vergangenen Jahres wegen des Krieges in der Ukraine noch hoch, gaben aber im Jahresverlauf nach. Dagegen habe sich Olivenöl verteuert. Ursache sei der Einbruch der Produktion in Spanien, Italien und Portugal. Die Verbraucherpreise für kalt gepresstes Olivenöl aus konventioneller Erzeugung seien binnen Jahresfrist bis Ende 2023 um rund 50 % gestiegen. age

Honigimporte:

China dominiert EU-Markt

Deutschland importierte im vergangenen Jahr 41.000 t Honig; die Ausfuhren betrugen lediglich 5.500 t. Foto: Imago

Die Europäische Union importiert Honig vor allem aus China. Das zeigen aktuelle Zahlen, die das Statistische Amt der EU (Eurostat) veröffentlicht hat. Demnach wurden 2023 insgesamt 163.700 t Honig aus Drittstaaten in die Gemeinschaft eingeführt; davon stammten 60.200 t beziehungsweise 37 % aus China. An zweiter Stelle unter den Lieferanten stand die Ukraine, die mit 45.800 t einen Anteil von 28 % erreichte. Aus Argentinien wurden 20.400 t Honig und damit 12 % des Gesamtvolumens importiert; nochmals deutlich kleinere Mengen kamen mit 10.700 t aus Mexiko sowie 4.700 t aus Kuba.

Insgesamt erreichten die EU-Einfuhren von Honig laut Eurostat 2023 einen Wert von 359,3 Mio. €. Die Ausfuhren summierten sich wertmäßig auf 146,0 Mio. €, wobei das Volumen lediglich 24.900 t erreichte. Gefragt war der Honig der EU-Imker vor allem im Vereinigten Königreich, wohin 4.300 t oder 17 % der Ausfuhren geliefert wurden. Weitere wichtige Abnehmer waren Saudi-Arabien mit 3.500 t und die Schweiz mit 3.400 t. Vergleichbar war mit 3.300 t auch der EU-Honigexport in die Vereinigten Staaten.
Geliefert wurde der Honig aus Drittstaaten insbesondere nach Deutschland. Gemäß den Zahlen von Eurostat importierte die Bundesrepublik 41.000 t und damit ein Viertel der Gesamtmenge. Nach Belgien wurden 31.400 t eingeführt; dahinter folgten Polen mit 23.300 t und Spanien mit 15.700 t.

In Drittstaaten verkauft wurde vor allem Honig aus Spanien. Laut den Luxemburger Statistikern beliefen sich die betreffenden Lieferungen 2023 auf 7.100 t; das waren 29 % der gesamten EU-Ausfuhren. An deutschem Honig wurden 5.500 t außerhalb der EU abgesetzt. age

„Bürobauern“ brauchen mehr Vertrauen und weniger Zwang

Schwierige Witterungsbedingungen und schwankende Preise hat es schon immer gegeben – damit kommen Landwirtinnen und Landwirte zurecht. Stress und Frust entstehen auf den Betrieben in erster Linie durch praxisferne Bewirtschaftungsauflagen, Dokumentations- und Meldepflichten sowie Kontrollen. Die Streichung der Agrardieselbeihilfe und die mittlerweile zurückgenommene Tilgung der Kfz-Steuerbefreiung sind daher nicht Ursache, sondern lediglich Auslöser der Bauernprotestwelle im vergangenen Winter gewesen.

In Brüssel ist die Botschaft angekommen, dass die Anforderungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik überspannt wurden. Mit der sogenannten GAP-Mini-Reform sind erhebliche Erleichterungen bei den einzuhaltenden Mindestanforderungen (Glöz-Standards) verbunden, die aber national noch umgesetzt werden müssen. An anderer Stelle droht – entgegen den Aussagen und Forderungen der Politik – ein weiterer Aufwuchs an Bürokratie. Beispiele sind das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz, das Tierschutzgesetz und das EU-Lieferkettengesetz.

Ein klares Signal der bürokratischen Überfrachtung der Höfe ist, dass der vor wenigen Wochen veröffentlichte Katalog des Bauernverbandes Schleswig-Holstein mit den wichtigsten Forderungen zum Bürokratieabbau allein 33 Punkte umfasst. Es erstaunt dann nicht, wenn junge Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter berichten, dass sie viele Tage darauf verwenden, Agraranträge abzuarbeiten oder ihre Dünge-Daten in das Meldeprogramm Endo-SH einzutragen, während ihnen die Arbeit auf dem Feld und im Stall im Nacken sitzt. Besonders Familienbetriebe ohne zusätzliche Arbeitskräfte leiden unter diesem Druck. Das wurde auch beim Kreisbauerntag Stormarn deutlich gemacht.

Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass sich trotz der hohen Arbeitsbelastung viele Betriebe im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit engagieren, zum Beispiel am Tag des offenen Hofes, der am 9. Juni bundesweit stattfindet. Der persönliche Austausch auf den Höfen dient dem Verständnis der Verbraucher für die Belange der Landwirtschaft, schafft Vertrauen und stärkt den Rückhalt in der Bevölkerung für die Forderungen des Berufsstandes, zum Beispiel in Sachen Bürokratieabbau.

Verfechter von Ordnungsrecht wie Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) verteidigen ihre „Hiebe mit der Gesetzeskeule“, indem sie argumentieren, dass gut gemachte Regeln Bürokratie abbauten. Doch leider gewinnt das Argument der besseren Kontrollierbarkeit zu oft den Abwägungsprozess gegen die Praktikabilität auf den Höfen. Hier ist ein Paradigmenwechsel gefragt, der Landwirten mehr Vertrauen entgegenbringt.

Im Journalismus heißt es: Die Arbeit muss der Redakteur haben, nicht der Leser. Entsprechend sollte auch in der Landwirtschaft der Grundsatz gelten: Die Verwaltung sollte die Hauptarbeit leisten, nicht der Bauer. Das würde Frust abbauen und Hofnachfolger motivieren, Betriebe weiterzuführen. Denn niemand wird Bauer, um im Büro zu sitzen.

Dr. Robert Quakernack

Das Feldversuchswesen der Landwirtschaftskammer

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Die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein sieht sich mit vielschichtigen Herausforderungen konfrontiert – seien es der Klimawandel oder politische Richtlinien und Entscheidungen. Das Versuchswesen der Landwirtschaftskammer (LKSH) liefert an ihren sieben Standorten im Land unabhängige und neutrale Versuchsergebnisse, die die Landwirte bei der Entscheidungsfindung (Beispiel Sortenwahl) und die Beratung im Land (Beispiel Pflanzenschutz) unterstützen.

Am Standort der Kammer im Sönke-Nissen-Koog wurde erstmals zur Aussaat 2023 ein langjähriger Systemversuch angelegt. Über eine fünfgliedrige Fruchtfolge mit Zwischenfruchtanbau vor der Sommerung (Wintertriticale – Wintergerste – Winterraps – Winterweizen – Sommerhafer) werden hier zwei verschiedene Düngungsintensitäten (100 % nach Düngebedarfsermittlung (DBE), 80 % nach DBE) und drei verschiedene Pflanzenschutzstrategien (kein Pflanzenschutzmitteleinsatz, um 50 % reduzierter Pflanzenschutzmitteleinsatz, Pflanzenschutzmitteleinsatz nach LKSH-Empfehlung) in jeder Kultur geprüft. Ziel ist, über eine langjährige Fruchtfolge Kenntnisse über die optimale Düngungsmenge in Kombination mit einer entsprechend angepassten Pflanzenschutzstrategie zu generieren. Als Vergleich dient eine etablierte Referenzfruchtfolge am Versuchsstandort.

Vor dem Hintergrund stetiger Änderungen im Bereich des Pflanzenschutzes und des Ziels einer Reduzierung des chemischen Pflanzenschutzes erarbeitet das Feldversuchswesen dazu mögliche Lösungen. Im Bereich der Ungras- und Unkrautbekämpfung rückt die Hack- und Striegeltechnik in das Interesse des Bereiches Pflanzenschutz. In verschiedenen Kulturen (Beispiel Mais und Zuckerrübe) sind Versuche auf der südlichen Geest im Raum Krumstedt angelegt, in denen chemische Behandlungsstufen, chemisch-mechanisch kombinierte Behandlungsstufen und mechanische Behandlungsstufen miteinander verglichen werden.

Spätsaat Winterweizen, Kastorf, November 2023. Foto: Sebastian Schwarz

Anbau der Zwischenfrüchte

Im Bereich des Zwischenfruchtanbaus wird zur Ernte ein dreijähriger Versuch an den Standorten Schuby und Futterkamp abgeschlossen. Zur Herbstaussaat werden zehn verschiedene Zwischenfruchtmischungen in einem Exaktversuch ausgesät. Im folgenden Frühjahr werden die Zwischenfrüchte mechanisch bearbeitet, sodass eine Aussaat von Sommergerste folgen kann. Es handelt sich um eine einheitliche Sommergerstensorte. Somit lässt sich ein Vorfruchtwert der einzelnen Zwischenfruchtmischungen prüfen. Ergebnisse zu dieser Fragestellung können nach der Ernte präsentiert werden.

Versuch zur Fruchtfolge

Am Standort Futterkamp wird bereits zur dritten Ernte ein Fruchtfolgeversuch in Kooperation mit der Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrar als langjähriges Projekt bearbeitet, der den Fokus auf die organische Düngung legt. Es werden verschiedene Güllen in unterschiedlichen Aufwandmengen über eine fünfgliedrige Fruchtfolge (Winterraps – Winterweizen – Silomais – Sommerhafer – Wintergerste) ausgebracht. Die organisch gedüngten Varianten werden dann mit rein mineralisch und nicht gedüngten Varianten verglichen. Ziel dieses Anbausystemversuchs ist es, am Ende der Versuchslaufzeit beurteilen zu können, ob durch regelmäßige Anwendung organischer Düngung zusätzliche Kohlenstoffmengen im Boden gespeichert werden und ob das Anbausystem vergleichsweise kompensationsfähiger beispielsweise gegenüber extremen Witterungseinflüssen ist. Ergebnisse zu diesem Versuch werden mit Ende der Projektlaufzeit veröffentlicht.

Versuchswesen im Grünland

Im Bereich des Versuchswesens im Grünland werden seit diesem Frühjahr zwei neue Versuche zum Tagesgeschäft der Sortenprüfung durchgeführt. Am Standort Schuby wird ein Nachsaatversuch mit verschiedenen Nutzungsintensitäten bearbeitet. Ein weiterer Versuchsfaktor neben der Nutzungsintensität sind die verschiedenen Nachsaatmischungen, die verwendet wurden. Unter genauer Beobachtung steht bei diesem Versuch eine mögliche Steigerung der Artenvielfalt im Grünland durch die Faktoren Nachsaatmischungen und Nutzungsintensität. Des Weiteren wurde ein Versuch zur organischen Düngung im Grünland angelegt. Zur Prüfung stehen hier unterschiedliche Güllezusatzstoffe, die zu einer besseren Ausnutzung der einzelnen Nährstoffe in der Gülle führen sollen. Die organische Düngung mit unterschiedlichen Kombinationen der Zusatzstoffe erfolgt zu Vegetationsbeginn und nach dem ersten und zweiten Hauptnutzungsschnitt.

Aussaat von Winterraps 2023 am Standort Futterkamp. Foto: Christoph Johannes Marten

Sortenprüfwesen in verschiedenen Bereichen

Ein wesentlicher Teil der Arbeit im eigenen Fachbereich Versuchswesen der Abteilung Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Umwelt der Kammer fällt auf das Sortenprüfwesen, zum Beispiel im Bereich Getreide und auch Ölsaaten, Körnerleguminosen und Mais. Als unabhängige und neutrale Prüfeinrichtung untersucht die Kammer in den Landessortenversuchen Sortimente der gängigen Kulturarten (zum Beispiel im Bereich Getreide und auch Ölsaaten und Körnerleguminosen inklusive Gräser) in Schleswig-Holstein, sowohl als Winte­rungen wie auch als Sommerungen und im konventionellen sowie ökologischen Bereich.

Der Züchtungsfortschritt und die Anpassung neuer Sorten an sich verändernde agronomische Rahmenbedingungen werden durch den Ergebnisvergleich neuer Sorten mit etablierten Sorten geprüft. Somit kann eine neutrale Sortenempfehlung den Landwirten zur Verfügung gestellt werden und für die Anbauentscheidung in der Praxis wichtige Erkenntnisse liefern. Neben den Landessortenversuchen werden auch Wertprüfungen, Bundessortenversuche und EU-Sortenversuche von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Versuchswesens bearbeitet. So steht neue Genetik bereits früh unter Beobachtung der Kulturreferenten. An den Standorten im Sönke-Nissen-Koog und in Loit wurde im vergangenen Herbst jeweils zusätzlich eine Sortenprüfung Winterhafer angelegt.

Versuche zu Produktionstechnik

Produktionstechnische Versuche werden an allen Versuchsstandorten durchgeführt. In der Produktionstechnik beschäftigt sich das Versuchswesen mit Fragen zu optimalen Saatzeitpunkten (Beispiel Saatzeitenversuche Winterweizen, Spätsaatversuch Winterraps in Tensbüttel und Loit), zur Düngung beispielsweise am Standort Kastorf (Beispiel Stickstoffeffizienz unterschiedlicher Weizensorten, Wirkung von Biostimulanzien auf N-Verfügbarkeit), aber auch Fragen zu Aussaatstärken (Beispiel Bestandesdichte Mais). Im Mais wird unter anderem versucht, auf die Fragestellung zu Gemengeanbau Antworten zu finden. Auf dem Versuchsfeld Schuby werden 15 verschiedene Gemengevarianten mit beispielsweise Sonnenblume, Stangenbohne, Ackerbohne und Sorghum in Kombination mit Mais geprüft.

Im Bereich Produktionstechnik wurde an beiden oben genannten Standorten Sönke-Nissen-Koog und Loit Versuche im Winterweizen ausgesät, in denen die Aussaat in weiter Reihe mit verschiedenen Aussaatstärken bearbeitet wird. Die Versuchsergebnisse sollen Rückschlüsse auf eine optimale Aussaatstärke beispielsweise anhand der Bestandesdichte unter den Wachstumsbedingungen in weiter Reihe ermöglichen. Zum Thema Düngung im Mais werden mittlerweile das vierte Jahr in Folge mit eigener Strip-Till-Technik Versuche zur organischen Unterfußdüngung an drei unabhängigen Standorten im Land angelegt. Zusätzlich zur Ermittlung der optimalen organischen Düngermenge werden auch Varianten etwa mit Piadin oder Kieserit fein angelegt, um eine möglicherweise bessere Nährstoffausnutzung bewerten zu können.

An allen Standorten werden unterschiedlichste Versuche im Pflanzenschutz durchgeführt. Strategieversuche im Bereich der Fungizide, Wirksamkeitsprüfungen im Bereich der Herbizide und Insektizide sind nur eine kleine Auswahl dieser vielschichtigen Versuchstätigkeiten.

Um möglichst für alle Naturräume in Schleswig-Holstein repräsentative Versuchsergebnisse bereitzustellen, erstrecken sich die Versuchsstandorte über Geest, Marsch und Östliches Hügelland.

Organische Unterfußdüngung mit Strip-Till-Technik in Wallsbüll 2024
. Foto: Merle-Marie Barth

Analyse und Versuchsauswertung

Sämtliche Ernteproben werden in der zentralen Probenaufbereitung (ZPA) auf dem Messegelände während der Ernte zusammengetragen und vollumfänglich auf die wichtigsten Qualitätsparameter mit moderner NIRS-Technik analysiert. Die Analyse wird direkt nach der Ernte durchgeführt, um schnelle Ergebnisse für beispielsweise die Sortenempfehlung zum Winterraps liefern zu können.

Die allgemeine Versuchsauswertung und Versuchsplanung werden zentral durch das PIAF-Team am Standort Rendsburg durchgeführt. In dem bundesländerübergreifenden Datenbanksystem PIAF werden sämtliche Versuchsdaten (Boniturdaten, Erntedaten, Standortdaten et cetera) gespeichert. Dank eines leistungsfähigen Serversystems ist es möglich, Versuchsdaten an allen Versuchsstandorten dezentral zu erfassen und auf weitere Daten zuzugreifen. Durch die Zentralisierung der Probenaufbereitung und des Datenmanagements mit PIAF stehen Versuchsergebnisse zeitnah nach der Ernte zur Verfügung.

Fazit

Die Versuchsfragen und somit die Versuchsdurchführung sind über die vergangenen Jahre komplexer und umfangreicher geworden. Besonders Fragestellungen zur Produktionstechnik (Beispiel Düngung, Saatzeit et cetera), Fruchtfolgegestaltung, Bearbeitung von Flächen mit Zwischenfruchtanbau und im Pflanzenschutz (Beispiel Hack- und Striegeltechnik, allgemeine Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz) setzen viel Engagement und Know-how voraus.

Pflanzenschutzversuche, Kastorf, Mai 2022. Foto: Christoph Johannes Marten

Die unterschätzte Wiederkäuer-Zoonose

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Q-Fieber, Queensland-Fieber oder Ziegengrippe ist eine meldepflichtige bakterielle Erkrankung durch den Erreger Coxiella burnetii. Die Erkrankung tritt vor allem bei Rindern, Ziegen, Schafen und Neuweltkameliden auf. Eine Impfung gegen den zoonotischen Erreger ist möglich und kann Aborte, Fruchtbarkeitsstörungen und dauerhaft immungeschwächte Tiere verhindern.

„Q-Fieber ist eine der am häufigsten unterdiagnostizierten Erkrankungen in Milchviehbetrieben“, ist Dr. Christina Hirsch, Ceva Tiergesundheit GmbH, überzeugt. Auf einer Veranstaltung hat die Rinderpraktikerin jüngste Erkenntnisse zur Verbreitung der Zoonose vorgestellt. Q-Fieber komme, so Hirsch, nahezu weltweit vor.

Untersuchungen auf Antikörper in Tankmilchproben von rund 4.000 deutschen Betrieben zwischen 2015 und Juni 2023 hätten bei 72 % einen positiven Antikörpernachweis gezeigt, so Hirsch. Jüngste Untersuchungen von 3 % aller österreichischen Betriebe haben bei 70 % Antikörper und somit Hinweise auf Q-Fieberinfektionen ergeben. Erreger-DNA, sogenannte Antigene, in der Tankmilch haben Tierärzte in einer noch unveröffentlichten Studie in 65 Betrieben zwischen September 2020 und März 2022 bei 40 % der Betriebe gefunden. Betriebsleiter sind bei der Diagnostik zurückhaltend, weil ein positiver Antigennachweis meldepflichtig ist. Die Veterinärbehörden können im Einzelfall Maßnahmen anordnen.

Das Bakterium Coxiella burnetii (C. burnetii) ist sehr umweltstabil und überlebt auch in Trockenheit rund zwei Jahre. Es ist bis 60 °C thermostabil. Die Übertragung erfolgt vor allem über kontaminierte Stäube. Neben Milch, Blut, Kot und Harn enthalten die Plazenta, Fruchtwasser und Vaginalschleim die höchsten Erregerkonzentrationen mit bis zu 109 Bakterien pro Gramm Plazenta. Eingetrocknete Einstreu mit infiziertem Fruchtwasser ist hochinfektiös. Auch die Triebwege von infizierten Weidetieren sind potenzielle Infektionsquellen für Tiere und Menschen.

Für das Jahr 2020 sind beim Robert-Koch-Institut lediglich 55 Q-Fieber-Fälle bei Menschen dokumentiert. Das Friedrich-Loeffler-Institut dokumentierte für das gleiche Jahr 159 Fälle bei Rindern, eine Infektion bei Schafen und zwei bei Ziegen. Die Ergebnisse der jüngsten Studien lassen eine viel höhere Dunkelziffer annehmen.

Übertragung durch Staub

Für Berufsgruppen mit engem Tierkontakt ist der Kontakt mit kontaminierten Stäuben, der infektiösen Plazenta, Fruchtwasser, Vaginalschleim und den Neugeborenen infizierter Tiere relevant. Die Tierärztin zitierte eine Studie aus dem Jahr 2017 zur Quantifizierung des Berufsrisikos bei intensivem Tierkontakt. Untersucht wurden 250 Blutproben von Schäfern, Rinderhaltern, Rindertierärzten, Tierschutzkontrolleuren und Gynäkologen zwischen 2009 und 2016. 70 % der Schäfer, Rinderhalter und Rindertierärzte wiesen Antikörper auf, Tierschutzkontrolleure immerhin noch 41 %.

Die direkte Übertragung erfolgt meist bei der Geburtshilfe. Das Risiko, sich über Rohmilch oder Rohmilchkäse zu infizieren, ist laut Robert-Koch-Institut gering. Zu einer Vektor-Übertragung kann es durch Zeckenkot und -blut beim Scheren von Schafen und durch Haustiere wie Hunde, Katzen, Schweine, Vögel und andere Spezies auf Wildtiere, Wiederkäuer und umgekehrt kommen. Infektiöser Staub an verschmutzter Kleidung ist der Weg, auf dem der Q-Fiebererreger durch Besucher, Berater, Tierarzt oder Klauenpfleger in den Betrieb gelangen können.

Beim Menschen verläuft eine Q-Fieber-Infektion zu rund 50 % symp­tomlos. Im akuten Fall kommt es zu grippeähnlichen Symptomen, seltener zu einer Hirnhaut- oder Herzbeutelentzündung. Ansteckungen während der Schwangerschaft können zum Abort führen. Nach Angaben des Friedrich-Loeff­ler-Instituts kann es bei 40 % der Betroffenen nach einer akuten Q-Fieberinfektion zum sogenannten Q-Fieber-Müdigkeitssyndrom kommen. Hirsch verglich die chronifizierte Form, die auch ein geschwächtes Immunsystem zur Folge habe, mit den jüngsten Erfahrungen von Long Covid. Für Hausärzte und Spezialisten in der Humanmedizin ist Q-Fieber oft nicht präsent.

Achtung bei Lungenentzündung

Hat C. burnetii eine Herde infiziert, kommt es bei Ziegen und Schafen in 90 % der Fälle zu Aborten. Zahlreiche Tot- und Frühgeburten und lebensschwache Lämmer können zum Totalausfall führen. „Durch den Bestand ziehen regelrechte Abortstürme“, berichtet Dr. Christina Hirsch aus ihrer Praxiserfahrung. Im Rinderbetrieb stehen Reproduktionsstörungen wie Nachgeburtsverhalten, Metritis und Fruchtbarkeitsstörungen im Vordergrund. Aborte und lebensschwache Kälber treten auch hier gehäuft auf. Im Zusammenhang mit Q-Fieber seien vermehrte Zwillingsgeburten beobachtet worden, so Hirsch. „Wenn ein Betrieb häufiger Kälber mit Saugschwäche hat, sollte man dringend an Q-Fieber denken“, mahnt sie.

Häufig erkrankten die Tiere nicht schwer, schieden aber dennoch Erreger aus. Q-Fieber schwächt das gesamte Immunsystem der Tiere, und so beobachten Tierhalter häufig einen unspezifischen Verlauf oder Reaktionsketten mit ganz verschiedenen Symptomen. „Oft sind Symptome wie ein Rückgang der Milchleistung, erhöhte Zellzahlen oder das vermehrte Auftreten von Mortellaro nur schwer von Ursachen im Management abzugrenzen“, so Hirsch. „Wenn jedoch vermehrt Kühe an Lungenentzündung erkranken, muss man Q-Fieber in Betracht ziehen“, mahnte sie.

Zirkuliert C. burnetii in einer Milchviehherde, sind rund 10 % der Kühe Dauerausscheiderinnen. „Diese Tiere, häufig die besten Kühe in der Herde, haben eine chronische Infektion ohne sichtbare gesundheitliche Probleme“, erklärt die Tierärztin. Als Erregerpools steckten sie naive Tiere jedoch regelmäßig an. Ohne nachhaltiges Sanierungskonzept liefen in solchen Betrieben alle drei bis vier Jahre Wellen mit einer großen Zahl von Aborten durch den Bestand.

Folgen von Q-Fieber in der Rinderherde:

Schwächung des Immunsystems

schlechte Fruchtbarkeitsleistung

erhöhter Arbeits- und Behandlungsaufwand

erhöhter Antibiotikaeinsatz

finanzielle Verluste

Bei Verdacht gibt eine Tankmilchprobe mittels Elisa-Test auf Antikörper Aufschluss. Nach einem positiven Befund sichert ein PCR-Test das Ergebnis ab. Fällt dieser erste PCR-Test negativ aus, rät die Expertin wegen der unregelmäßigen Erregerausscheidung zu zwei weiteren Tests im Abstand von drei bis vier Wochen.

Immungeschwächte Herden

Bei einer akuten Q-Fieber-Infektion rät die Tierärztin zu einer antibiotischen Behandlung stark betroffener Tiere durch den Bestandstierarzt und einem anschließenden Sanierungskonzept mit einer Q-Fieber-Impfung. Dauerausscheiderinnen sollten den Betrieb bald verlassen. Bei ihnen führe die Impfung lediglich zu einer Verringerung der Erregerausscheidung.

Ein Impfstoff gegen Q-Fieber ist für Rinder, Ziegen und Schafe zugelassen. Nach einer zweimaligen Impfung im Abstand von drei Wochen zur Grundimmunisierung ist eine Auffrischung nach neun Monaten notwendig. Die Impfung sollten alle Tiere ab einem Alter von drei Monaten erhalten. Die Tierärztin rät, diese möglichst in der kühleren Jahreszeit zu verabreichen und ausreichend Abstand zu anderen Impfungen einzuhalten. Die Tiere reagierten durchaus ein bis zwei Tage lang mit Temperaturerhöhung und einem leichten Rückgang der Milchleistung. Auch seien Reaktionen an der Einstichstelle zu beobachten. Das zeige, dass das Immunsystem sich mit der Impfung intensiv auseinandersetze, so die Veterinärin.

Erste Effekte der Impfung seien drei bis sechs Monate nach dem Sanierungsstart sichtbar. Ab dem zweiten und dritten Jahr könnten Impfbetriebe einen deutlichen Rückgang der Fruchtbarkeitsprobleme beobachten und Dauerausscheiderinnen zunehmend durch die normale Remontierung merzen. Dann werden auch die finanziellen Vorteile einer Impfung deutlich sichtbar.

Weitere Informationen finden sich im Netz unter:

https://t1p.de/p0dn8

https://t1p.de/mabed

https://t1p.de/islql

Kartoffeln: Knapp und teuer

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Vor dem Start der Frühkartoffelsaison steigt die Spannung im Großhandelsgeschäft. Das Angebot aus dem Vorjahr fällt aktuell nur noch gering aus. Gute Qualitäten sind kaum im Angebot. Auch Frühkartoffeln aus dem Mittelmeerraum finden nur zögernd den Weg in den hiesigen Handel.

Bereits im vergangenen Herbst sorgte Regenwetter für Ernteprobleme. Viele Partien wurden zu nass gerodet. Einige Felder konnten gar nicht mehr befahren werden. Durch den milden Winter waren die Lagerbedingungen nicht optimal. Dies hatte hohe Absortierungen zur Folge, was das Angebot weiter verringerte. Die Großhandelspreise für Speisekartoffeln der letzten Ernte erreichten in diesem Frühjahr Werte, die zu dieser Jahreszeit bisher noch nicht erzielt wurden. Viele regionale Notierungen wurden in diesem Frühjahr relativ früh eingestellt, da kaum noch alterntige Ware angeboten und gehandelt wurde.

Mittelmeerware europaweit gefragt

Mit dem rückläufigen inländischen Angebot stellt der LEH auf Importware um. Bisher wurden vor allem Frühkartoffeln aus Israel, Zypern und Ägypten angeboten. Jetzt sollten eigentlich größere Mengen aus Spanien und Italien folgen. Doch auch in Spanien fällt die Frühkartoffelernte klein aus, da weniger Fläche bepflanzt wurde und die Erträge gering sind. Das kleine Angebot ist europaweit gefragt. Statt der erwarteten Preisabschläge können sich aktuell nochmals höhere Forderungen für Frühkartoffeln durchsetzen. Spanische Ware wurde bislang mit 95,00 €/dt schon recht teuer gehandelt. Mittlerweile sind die Forderungen auf über 100 €/ dt gestiegen.

In vielen Regionen in Deutschland werden erste Frühkartoffeln aus dem Unterfolienanbau angeboten. Auch hier bleiben die Preise auf recht hohem Niveau. Die relativ kleinen Mengen, die hier geerntet werden, werden meist im Direktabsatz verkauft und ergänzen kaum das Angebot im Großhandel. Die frühe Ware aus dem Feldanbau wird ebenfalls zunächst vor Ort vermarktet. Auch bei der Auspflanzung in diesem Frühjahr sorgten zu nasse Böden für Verzögerungen. Damit verschieben sich die Erntetermine nach hinten. Während es im Norden zwischenzeitlich auch trockene Witterungsphasen gab, sorgten in Süd- und Westdeutschland erneut Gewitter für hohe Niederschlagsmengen, die die Feldarbeiten oft durchgehend behindert haben.

Regen verzögert die Abreife

Mittlerweile wird die Angebotslage im Kartoffelhandel als prekär bezeichnet. Die hohen Preise sorgen dafür, dass man auch im Ausland nach Quellen sucht. Bis auf dubiose Gerüchte blieb dies jedoch meist erfolglos. In überregionalen Regionen will man jetzt die Abreife der frühen Bestände künstlich beschleunigen. Wegen der Nässe bringt dies jedoch nur selten den erwünschten Erfolg. Auch hier wäre trockenes Wetter von Vorteil.

Die Preise für alterntige Ware steigen durch diese Entwicklung weiter an und übertreffen die Hausse des vergangenen Jahres. Doch nur wenige Anbieter haben noch Ware in entsprechender Qualität im Angebot und können profitieren. Auch für die Haupternte deuten sich bereits jetzt stabile Marktverhältnisse an, da die Anschlussorten erst spät in die Erde gekommen sind, was zu späten Ernteterminen führt. Somit deutet vieles darauf hin, dass Kartoffeln vorerst knapp und teuer bleiben.

Felder so groß wie die Nordsee

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Nach der Landwirtschaftslehre zog es Lasse Clausen aus Dollerup in die weite Welt. Er startet in Australien, fuhr nach Osteuropa und ahnte nicht, wie weit in den Osten ihn seine Reiselust noch bringen würde. Bei den Lohnverhandlungen war schnell klar, reich würde er nicht werden. Doch Lasse irrte sich, denn er wurde reich bezahlt – mit Erfahrungen. Hier sein Bericht.

Acht Monate Sonne, Kängurus, Großtraktoren und eine wahnsinnig schöne Natur waren perfekt für meine erste große Reise. Ich lernte Systeme kennen, die ausgereift sind, und Menschen, die verstehen können, wie es ist, das erste Mal weit weg von zu Hause zu sein. Nach dieser Reise ging es zurück nach Deutschland, aber nicht in die Heimat, sondern in den Osten Deutschlands. Hier lernte ich moderne Betriebe mit Riesenflächen, so weit das Auge reichte, und neusten Maschinen kennen. Schnell war klar, hier möchte ich Landwirtschaft studieren. Das Studium hat mir Zeit gegeben, um möglichst viel auszuprobieren.

Mehrere Saisons war ich in Mecklenburg Erntehelfer, bis sich die Möglichkeit ergab, in Rumänien weiterzumachen. Als ich dort mit einem großen Raupen­knickschlepper durch die Dörfer fuhr, musste ich höllisch aufpassen, dass die oberirdischen Stromleitungen nicht vom Arbeitsgerät erfasst wurden und das ganze Dorf ohne Strom war. Unterwegs begegneten mir Pferdefuhrwerke, jeweils beladen mit einem Big Bag voll handgeerntetem Mais, das Jahreseinkommen für einen ganze Familie. Trotz europäischer Hilfe und teilweise moderner Landwirtschaft ist das ländliche Leben noch immer sehr einfach und oft ärmlich.

Zurück im Studium wuchs mein Interesse, weitere Länder und Strukturen kennenzulernen. Eine kleine Dienstleistungsfirma, die mit Mähdreschern eines großen Landtechnikhersteller als Optimierungsexperte national und international agiert, bot mir die perfekte Chance. Nun standen Ungarn und die Ukraine auf den Plan. Ungarn erlebte ich als ein sehr sauberes Land mit guter Struktur und gastfreundlichen Menschen. Auch die Landwirtschaft ist mit unserer heimatlichen zu vergleichen. Nach einem erfolgreichen Projekt ging es vor dem Krieg weiter Richtung Kupjansk in der Ukraine. Riesige Flächen mit Schwarzerdeböden und wenigen Hindernissen eignen sich perfekt für Verfahrenstechnik und Agrarwirtschaft. Auch die Städte waren voll mit jungen Menschen und guten Restaurants. Raus aus der Stadt und angekommen im kleinen Dorf sah die Welt komplett anders aus. Kühe angebunden direkt am Straßenrand und der Senior mit zwei Kübeln Wasser aus dem Brunnen auf der Schulter, um die Tiere zu tränken. Jedes Haus mit einem großen Nutzgarten und fast jeder Dorfbewohner hat entweder einen kleinen Laster oder einen Mähdrescher, der in Europa vor 20 Jahren aussortiert wurde. Alle wollten sie beim Großbetrieb im Dorf arbeiten und zur Gemeinschaft gehören. Unsere modernen Mähdrescher sorgten für Aufsehen. Die Angestellten und Lasterfahrer verstanden schnell, dass sie mit unserer Technik und unserem Wissen am Ende mehr überhätten, denn ukrainische Mähdrescherfahrer werden nach Hektar und die Lkw-Fahrer nach Tonnen bezahlt.

Nachdem ich dachte, dass ich nicht noch weiter nach Osten kommen würde, ging es im vergangenen Jahr in die Steppen Kasachstans. Kasachstan ist das neuntgrößte Flächenland der Welt mit nur rund 20 Millionen Einwohnern. Man könnte sich die Ackerfläche wie die Nordsee vorstellen. Dazu kommen riesige Gebirgszüge: ein einmaliger Anblick. Und egal, bei welchen Landwirten wir waren, ob angemeldet oder spontan, wir wurden immer warmherzig empfangen und durften nicht ohne ein Festmahl wieder gehen. Die Gemeinschaft und Gastfreundschaft in Kasachstan waren für mich besonders.

Aber egal, in welchem Land ich war, die Lust auf Landwirtschaft und der Drang, sich stetig zu verbessern, verbinden alle Landwirte. Jeder Betrieb hat seine eigenen Herausforderungen und Wege, eine funktionierende Landwirtschaft zu betreiben. Für mich war es die beste Entscheidung, diese Erfahrungen zu sammeln. 

Mittagspause nach kasachischer Art: Lasse (mit der organfarbenen Kappe) hat oft große Gastfreundschaft erlebt.
Deutsche und osteuropäische Technik beim Warten auf die Abfahrgespanne
Kasachischer Buchweizeneintopf mit Fleisch
Lasse Clausen

Tipps für Protokoll und Pressearbeit

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Zur Unterstützung der ehrenamtlichen Tätigkeiten der Ortsvereine bot der LandFrauenverband Schleswig-Holstein ein Seminar für Schriftführerinnen an. Das Interesse war riesig. 51 LandFrauen meldeten sich an. Das Amt der Schriftführerin ist längst sehr vielfältig geworden und reicht oft vom Protokoll bis zu Administration der Webseite.

Unter den Teilnehmerinnen waren im Hinblick auf das vielfältige Amt sowohl Erfahrene als auch solche, die neu im Amt sind. Die Referentinnen Dr. Gaby Brüssow-Harfmann, Iris Christensen und Dr. Judith Bühlmeier sowie Landesvorstandsmitglied Petra Heide gaben Informationen zur Relevanz und Form der Protokollführung sowie der Meldung von Mitgliederzahlen und Tätigkeiten an den Landes- beziehungsweise Bundesvorstand. Ein Tagesordnungspunktbeschäftigte sich zudem mit der Erstellung von Pressemitteilungen und dem Umgang mit der Presse. Bauernblatt-Redakteurin Kathrin Iselt-Segert hatte zu Beginn der Tagesveranstaltung einen kurzen Überblick über wichtige Kriterien der Pressearbeit gegeben und ein Handout mit Tipps für die Schriftführerinnen mitgebracht.lfv

Einmal „Landwirt für einen Tag“ sein

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Landwirt oder Landwirtin für einen Tag sein – dieses Angebot richtete das Forum Moderne Landwirtschaft (FML) an Nichtlandwirte. Aktionstag war der vergangene Sonnabend, zum Teil auch verlegt auf ein späteres Datum. In Schleswig-Holstein stellten sich elf Betriebe zur Verfügung. Hier der Bericht vom Hof Hahnenkamp in Wobbenbüll, Kreis Nordfriesland, der an der Aktion teilnahm.

Es war ungewöhnlich voll im Melkstand auf Hof Hahnenkamp in Wobbenbüll. Zwei „Landwirte für einen Tag” mitsamt Videobegleitung durften zum Frühmelken der rund 200 Milchkühe und zum anschließenden Stalldienst antreten. Aus Köln und Norderstedt waren die beiden Mitarbeiter der Rewe Group pünktlich um 3.45 Uhr zum morgendlichen Melken angereist.

Den Milchviehbetrieb mit Nachzucht und 200 ha Acker- und Futterbau hat das Ehepaar Jörg Schulz und Urte Schulz-Möllgaard – ehemals eine Bankangestellte und ein Geschäftsführer des Maschinenrings Südholstein – im Jahr 2019 außerfamiliär übernommen. Seitdem engagiert sich vor allem Urte neben dem Betriebs- und Familienalltag aktiv im Forum Moderne Landwirtschaft und teilt Einblicke in das Hofleben über die Sozialen Medien.

Ins Leben gerufen hat das Forum Moderne Landwirtschaft die Aktion, die in diesem Jahr bereits zum fünften Mal stattfand. Hof Hahnenkamp ist zum ersten Mal einer der bundesweit 60 Betriebe, auf denen Interessierte ohne landwirtschaftliche Vorkenntnisse zum „Landwirt für einen Tag“ werden, von den Landwirten lernen und mit ihnen ins Gespräch kommen können.

Urte Schulz-Möllgaard erklärte, wie und warum Akupunktur bei Kühen funktioniert, und zeigte, wo die Nadeln gesetzt werden. Foto: Luise Lentfer

Der Lebensmitteleinzelhandelskonzern Rewe hat insgesamt sechs Plätze der Aktion genutzt, zwei davon auf Hof Hahnenkamp. ­Philipp Stiehler ist Geschäftsführer der Rewe Group Buying und Stefan Fiévet Teamleiter Recruiting der Region Nord. Das Unternehmen ist neben anderen bekannten Firmen selbst Mitglied des Forums.

Nach dem Melkstand ging es für die beiden Teilnehmer an die Fütterung der Tiere, die Vorbereitung von Kälberiglus und die Begleitung bei den anstehenden Feldarbeiten: Gülleausbringen, Bodenbearbeitung und Maisdrillen.

Was hat sie dazu bewegt, an der Aktion teilzunehmen? Stiehler geht es darum, den Landwirten näherzukommen und selbst zu erfahren, wo sich Probleme befinden, die sich nur gemeinsam lösen lassen. Bezüglich der Tatsache, dass auch der Lebensmitteleinzelhandel in den zurückliegenden Protesten in deutliche Kritik geriet, betonte er: „Ich glaube, dass wir wissen, was wir an den Landwirten haben, und dass die Landwirte wissen, was sie an uns haben.” Während der Arbeit und Pausen habe man mit den jungen Landwirten gute Gespräche darüber führen können, wie die zukünftige Zusammenarbeit gestaltet werden müsse, und zwar „langfristig und qualitätsgetrieben“, so Stiehler.

Beide Teilnehmer erwähnten ihren gewonnenen Respekt vor der Arbeit mit Tieren. „Ich habe ein Kalb in seine neue Box gebracht, aber ich hatte eher das Gefühl, das Kalb hat mich zur Box gebracht”, berichtete Fiévet. Beeindruckend sei außerdem die Gesundheitsüberwachung der Kühe: Der Betrieb arbeitet unter anderem mit smarten Pansenboli und Akupunktur zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes. Die Erfahrungen der „Landwirte für einen Tag” wurden von einem Kamerateam des Unternehmens zu Kommunikationszwecken festgehalten.

Praktikantin Hilke Schulte unterstützte Stefan Fiévet beim Umboxen eines Kalbs. Hier lernte er die Kraft des Tiers kennen. Foto: Luise Lentfer

Was die Landwirte zu der Teilnahme am Aktionstag bewogen habe, sei vor allem der allgemeine Verlust des Dialogs gewesen. Jetzt sei die Zeit, um aufeinander zuzugehen, anstatt Hoftüren zu verschließen. „Wir haben auch heute in unseren Gesprächen gemerkt, dass vieles ruckelt und hakt und dass alle offener werden müssen”, so Urte Schulz-Möllgaard. In der Milchwirtschaft gebe es besonderen Nachholbedarf in puncto Offenheit zwischen Landwirt, Meierei und Lebensmitteleinzelhandel bezüglich der Preise. Ehemann Jörg Schulz betonte, Hoftüren sollten nicht aus Angst heraus verschlossen bleiben, sondern geöffnet werden – auch mit kleinen Schönheitsfehlern.

Das Ehepaar ist der Meinung, dass Aktionstage wie diese Wirkung zeigten und häufiger stattfinden sollten. „Der Aktionstag war schon deshalb erfolgreich, weil jeder etwas mit nach Hause nimmt.”