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Schleswig-Holstein bleibt Gunststandort

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„Auf den Punkt.“ lautete das Motto des 1. Sparkassen-Agrarforums Schleswig-Holstein, das heute (13. Juni) in Molfsee stattfand. Im Fokus standen Anpassungsstrategien für die Landwirtschaft hinsichtlich ökonomischer, klimatologischer und gesellschaftlicher Anforderungen.

„Schleswig-Holstein ist nach wie vor geprägt von der Landwirtschaft. Sie ist in der Region verankert, wie die Sparkassen auch“, erklärte Oliver Stolz, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes für Schleswig-Holstein. Die „überbordende Bürokratie“ belaste mittlerweile viele Wirtschaftsbereiche. Die öffentliche Hand sollte Regeln auch wieder abschaffen können, wenn sie nicht mehr notwendig seien.

Oliver Stolz

Mit Blick auf steigende Nachhaltigkeitsansprüche bei der Vergabe von Krediten werden die Sparkassen laut Stolz „ganz genau schauen, welche Auswirkungen das hat“. Es sei wichtig, über den Erhalt von Wettbewerbsfähigkeit zu sprechen. Er betonte: „Wir stehen an der Seite unserer Landwirte.

Klimawandel als Chance

Katja Günther

Laut Katja Günther, Staatssekretärin im Kieler Umweltministerium, bieten die Veränderungen durch den Klimawandel auch Chancen. Sie erinnerte an die Dialogprozesse auf Landes- und Bundesebene, aus denen tolle Konzepte und Grundlagen für nachhaltiges Handeln hervorgegangen seien. Unstrittig sei die zentrale Aufgabe der Landwirtschaft: die Lebensmittelproduktion. Günther sehe aber auch das Artensterben auf den Feldern. „Dagegen müssen wir etwas tun“, so die Staatssekretärin. Politische Entlastungsmaßnahmen für die Landwirtschaft dürften nicht zu einem Weniger an Klima- und Umweltmaßnahmen führen. Sie befürworte eine Praxiseinführung einer Gemeinwohlprämie, um Umweltleistungen von Landwirten angemessen zu honorieren.

Agrarökonom Prof. Sebastian Lakner von der Universität Rostock thematisierte die aktuelle Zurückhaltung der Landwirtschaft bei Investitionen. Das sei teilweise ein Resultat unsicherer politischer Rahmenbedingungen. Auf den Strukturwandel habe Politik jedoch keinen größeren Einfluss. Dessen solle man sich bewusst sein. Lakner bescheinigte der Landwirtschaft einen hohen technischen Fortschritt. Arbeitskräfte würden zunehmend durch Maschinen ersetzt. der Wettbewerbsdruck sei hier grundsätzlich höher als in anderen Wirtschaftsbereichen. Das resultiere in hohem Innovationsdruck. Für die langfristigen Betriebsentwicklung empfiehlt er Landwirten, Investitionen in Nischen sorgfältig abzuwägen, da diese oft nicht dauerhaft seien. Diversifizieren schaffe zwar mehr ökonomische Stabilität, aber die Einzelprozesse seien weniger effizient, weil man sich um viele unterschiedliche Dinge kümmern muss. „Es braucht eine individuelle Balance“, so Lakner.

Prof. Sebastian Lakner

Als „schwierig“ bezeichnete er, dass angestellte Landwirte beim Bruttoverdienst im Vergleich zu anderen Berufsgruppen am unteren Ende der Tabelle rangieren. Außerdem hülfen Strukturen, bei denen es auch möglich ist, Urlaub zu machen. In allen anderen Bereichen der Arbeitswelt sei das gesetzt. „Sonst werden wir Schwierigkeiten haben, junge gut ausgebildete Nachwuchskräfte zu bekommen“, unterstrich Lakner.

Habitate entscheidend

Mit Blick auf Umweltherausforderungen stellte er fest, dass durch die Intensivierung der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg die Artenvielfalt zurückgegangen ist. Andererseits schaffe Landwirtschaft auch Artenvielfalt. Die Habitatstruktur sei ein wichtiger Faktor. Der Hochschullehrer beschrieb: „Die Knicks in Schleswig-Holstein sind ein wichtiger Lebensraum. Wenn wir diese Knickstrukturen in anderen Bundesländern in ähnlicher Ausprägung hätten, wären wir insgesamt viel besser aufgestellt.“ Lakner bezeichnete die Stärkung der Artenvielfalt als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, wofür staatliche Mittel aufgewendet werden müssten. Mit den aktuellen Mitteln der EU-Agrarpolitik sei schon eine Menge möglich. Für eine Trendumkehr reiche das Geld aber nicht aus.

An den Landwirten scheiterten Bemühungen um mehr Artenvielfalt sicher nicht. Viele Betriebe seien offen für entsprechende Maßnahmen, zumindest, wenn es marktwirtschaftliche Lösungen wie die Schaffung neuer Betriebszweige gebe. Das hänge natürlich von Förderbedingungen ab. Der Knackpunkt sei letztlich die Vermarktung von Naturschutzleistungen. Lakner geht davon aus, dass die Zahlungsbereitschaft für nachhaltig erzeugte Produkte steigt, wenn man dafür gezielt Werbung mache.

Positive Wasserbilanz

Dr. Mathias Herbst, Agrarmeteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD), erläuterte die Prognosen zum weiteren Verlauf der Erderwärmung. Nach den aktuellen Modellen werde sich die Temperaturerhöhung bis 2100 zwischen 1,7 K und 4,8 K im Vergleich zur vorindustriellen Zeit abspielen. Das politisches Ziel, die Erwärmung auf 2 K zu begrenzen werde höchstwahrscheinlich nicht erreicht. In Deutschland seien im Mittel mehr Sommertage (>25 °C) und heiße Tage (>30°C) zu erwarten. „Aber wir werden auch weiterhin Frostereignisse haben“, so Herbst. Er erklärte, dass die Wahrscheinlichkeit für Extremereignisse steigt. Bei 1 K höherer Temperatur könne die Atmosphäre 7 % mehr Wasser halten, was sich in Starkregenereignissen wie kürzlich in Süddeutschland niederschlage.

Dr. Mathias Herbst

Die Jahresniederschlagssummen in Mittel- und Nordeuropa werden laut Herbst zunehmen. Mit Blick auf die Klimatische Wasserbilanz könne sich Schleswig-Holstein entspannen. „Sie war immer positiv und wird auch positiv bleiben“, schilderte der DWD-Experte. Probleme mit Dürren und Trockenheit werden seinen Angaben zufolge jedoch die Mittelmeeranrainerstaaten bekommen. Für die norddeutschen Küstenregionen dürfte aber die Entwicklung des Meeresspiegels zum Problem werden. Bis 2100 drohe dieser um bis zu 1 m im Vergleich zu 1900 zu steigen.

Herbst stellte klar, dass Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland kaum einen Einfluss auf das Weltklima haben, solange die USA, China und die Schwellenländer sich nicht bewegten. „Aber wir wollen ja mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, dass es klimaschonend geht“, so der Meteorologe. Der Landwirtschaftssektor produziere in Deutschland nur rund 10 % der Klimagasemissionen. Sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen sein dauerhafter Humusaufbau und die Wiedervernässung organischer Böden, sowie die Nutzung heimischer Eiweißpflanzen als Alternative zu importiertem Soja. Lachgasemissionen könnten durch geringere N-Salden und Methan durch die Reduktion der Wiederkäuerzahlen gedrückt werden. Wiederkäuer seien jedoch wichtig für die Grünlandbewirtschaftung die wiederum gut für das Klima ist.

Digitale Dokumente

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion kamen schließlich auch Praktiker zu Wort. Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, lobte das Format des Tages des offenen Hofes, der kürzlich stattgefunden hat. Er hob hervor: „Wir müssen mehr dahin kommen, dass wir unser Handeln erklären und zeigen, was wir schon gut machen.“ Hilfreich sei beispielsweise auch die Initiative Milch, die nachweislich zur Imageverbesserung der Milchwirtschaft beigetragen habe. Mit Blick auf zusätzliche Anforderungen in Sachen „Sustainable Finance“ brauche es ein System, das einheitlich aufgebaut ist, damit die Bürokratieschraube nicht noch fester gedreht werde. Lucht betonte: „ Wir müssen als Unternehmer Entscheidungen treffen können und dürfen auf EU-Regeln nicht immer noch nationale Verschärfungen aufsatteln.“

Malte Blöcker vom Landjugendverband Schleswig-Holstein sieht Chancen im Einsatz moderner Technologien. Er beschrieb. „Wir setzen im Betrieb auf Technik, zum Beispiel Melkroboter, Fütterungsroboter und Spaltenschieberoboter.“ Die viele Bürokratie ist für ihn belastend. Viele Listen müssten mehrfach geführt werden. Er fordert mehr Digitalisierung. Blöcker sei gerne bereit, seine Betriebsdaten in ein Cloudsystem einzuspeisen, aus dem sich die Behörden dann die jeweils benötigten Daten selbst ziehen dürften.

Claudia Jürgensen, Präsidentin des LandFrauenVerbandes Schleswig-Holstein, erklärte: „Wenn junge Landwirte, die ihre Arbeit mit Herzblut machen, hören, dass sie Umweltverschmutzer und Klimakiller sind, verlieren sie die Motivation.“ Sie forderte mehr Wertschätzung für die Arbeit und betonte die Bedeutung von Frauen auf den Betrieben. Die LandFrauen-Präsidentin lobte die Qualifizierungsmöglichkeit zur Büroagrarfachfrau, die mittlerweile von mehr als 1.000 Frauen wahrgenommen wurde. „Ich wüsste nicht, wie landwirtschaftliche Betriebe ohne Frauen funktionieren sollten“, stellte Jürgensen klar.

Landwirtin und Agrarbloggerin Maja Mogwitz fühlt sich als Frau in der Agrarbranche zu 100 % wahr- und ernstgenommen. Sie hat Freude, ihren Blick auf die Herausforderungen und die Eigenheiten der Branche zu teilen. Neben Tagen des offenen Hofes sei es heutzutage wichtig, Öffentlichkeitsarbeit auch über digitale Medien zu betreiben. Sie erklärte: „Viele hängen am Handy ab.“

Der Betrieb von Henning Thomsen wurde vergangenes Jahr als Ausbildungsbetrieb des Jahres ausgezeichnet. Für den Milchviehhalter bietet das Ausbilderdasein neben dem Spaß an der Wissensweitergabe auch die Möglichkeit, Arbeitskräfte zu gewinnen. Er schilderte: „Wenn man als konventioneller Betrieb eine Stellenanzeige schaltet, weiß man eigentlich schon, dass sich wahrscheinlich niemand darauf meldet.“ Momentan gebe es viele Unsicherheiten in der Landwirtschaft. Investitionen seien aufgrund von Auflagen und gestiegener Kosten oft nicht darstellbar. Er verdeutlichte: „Die Landwirtschaft hat nur Zukunft, wenn Betriebe Geld verdienen und dadurch handlungsfähig sind.“ 

Rund 250 Besucher verfolgten die Veranstaltung in der Winkelscheune des Freilichtmuseums in Molfsee.

„Milchkühe sind Leistungssportlerinnen“

Almuth Schult

Almuth Schult, langjährige Torhüterin der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, besitzt landwirtschaftliche Wurzeln. In Molfsee berichtete sie, welche Vorteile ihr das im Leistungssport gebracht hat: „Nicht jede Leistungssportlerin weiß gut über Lebensmittel Bescheid, was aber eine wichtige Voraussetzung für Leistungssport ist.“ In der Landwirtschaft werde man dazu erzogen, Entscheidungen zu treffen und auch mal ins kalte Wasser zu springen. Sie habe zudem gelernt, gut mit den Gegebenheiten umzugehen, nicht zu klagen, sondern pragmatische Lösungen zu finden.

Aus Schults Sicht ist es wichtig, den Moment zu genießen und Erfolge zu feiern, egal ob man ein Fußballspiel gewonnen oder in der Landwirtschaft eine Ernte eingefahren hat. Landwirtschaft hat laut Schult viel mit Leistungssport zu tun. Auf einem Milchviehbetrieb beispielsweise seien Kühe die Leistungssportlerinnen, die optimal versorgt werden, einen geregelten Tagesablauf bekommen und die bestmögliche Pflege erhalten, um eine gute Leistung zu erbringen. 

Mit Herzblut für die Dorfgemeinschaft

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Die Demokratie lebt davon, dass sich Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich engagieren, Verantwortung übernehmen und sich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen. In Schleswig-Holstein gibt es rund eine Million Freiwillige, knapp die Hälfte davon sind Frauen. Eine von ihnen ist Maren Rehmke. Sie wohnt seit 36 Jahren in Osterstedt im Kreis Rendsburg-Eckernförde und engagiert sich für ihre Dorfgemeinschaft und die plattdeutsche Sprache.

Maren Rehmke nimmt sich gern Zeit für ein Gespräch mit dem Bauernblatt. Ein selbst gebackener Rhabarber-Baiser-Kuchen steht schon bereit, Ehemann Volker hat Kaffee gekocht. Bei den Rehmkes geht alles Hand in Hand. Bis 1996 bewirtschaftete das Paar gemeinsam einen Milchviehbetrieb, den Volker Rehmke in vierter Generation von seinem Vater übernommen hatte. Heute erinnert der noch bestehende Hofladen mit Kartoffeln aus eigenem Anbau und Produkten aus der Region an diese Zeit. Volker Rehmke arbeitet mittlerweile hauptberuflich beim Wasser- und Bodenverband. Die Eheleute sind beide ehrenamtlich aktiv, er bei der Freiwilligen Feuerwehr, sie im Kulturverein. Aber der Reihe nach. „Ich bin gebürtig aus dem Dorf Fitzbek im Kreis Steinburg. Durch meine Heirat kam ich nach Osterstedt“, schaut die gelernte Einzelhandelskauffrau zurück.

Ein einschneidendes Erlebnis motivierte sie im Alter von 19 Jahren zum ersten Ehrenamt. „Ich erlebte einen Unfall mit, bei dem ich nicht wusste, wie ich helfen konnte. Ich dachte mir, das muss anders werden, und machte daraufhin den Ausbilderschein für Erste Hilfe beim Deutschen Roten Kreuz.“ Fortan absolvierte sie dort Dienste, führte Schulungen für die Feuerwehr oder Erste-Hilfe-Kurse für den Führerschein durch, bis Tochter und Sohn das Licht der Welt erblickten und sie zwölf Jahre überwiegend zu Hause wirkte.

Was ihren beruflichen Werdegang betrifft, bewies die 56-Jährige stets Flexibilität. Erfolgreich fuchste sie sich immer wieder in neue Aufgaben und Herausforderungen hinein. Vor der Geburt ihrer Kinder arbeitete sie in einem Modehaus, später als Buchbindegehilfin, selbstständige Dozentin für verschiedene Bildungsträger und im Amt Mittelholstein als Koordinatorin zwischen Ehrenamt und Geflüchteten.

Die Sitzungen der Gemeindevertretung in der Olen School besucht die Osterstedterin regelmäßig.

Neben Familie und Beruf war es ihr ein Bedürfnis, sich ehrenamtlich zu engagieren. So gehörte sie zwölf Jahre dem Kirchengemeinderat Todenbüttel an, der auch für Osterstedt zuständig ist. „Als Deern vun’t Land kenne ich es nicht anders. Eine Dorfgemeinschaft kann nur funktionieren, wenn sich alle entsprechend ihren Möglichkeiten und Talenten einbringen“, ist sie überzeugt. Sie freue sich, dass Osterstedt mit seinen 669 Einwohnern kein „Schlafdorf“ sei. Dazu trügen besonders die Vereine bei, wie der Kulturverein, den sie 2004 mitgegründet hat. Seit 2017 fungiert sie hier als erste Vorsitzende. „Auf Initiative von Isa Schmidt (†), die vor mir Vorsitzende war, und weiteren Einwohnern wurden damals mit der Gründung des Kulturvereins bereits bestehende Strukturen und Aktivitäten zusammengefasst“, informiert sie und stellt das reich gefüllte Jahresprogramm vor.

Ob die Repräsentation der Gemeinde auf der Hohenwestedt-Woche, die Gemeindeweihnachtsfeier, Basare, Vorträge, Bingo-Abende, Theateraufführungen, Basteln für Kinder oder Lesungen – für Groß und Klein ist jede Menge los. Die Fäden der Aktivitäten laufen bei Maren Rehmke zusammen. Sie behält weise ordnend den Überblick, weiß viel, beantwortet Fragen, gibt Hinweise, bringt Ideen ein und packt tatkräftig an. Froh und dankbar ist sie, dass drei ehrenamtliche Damen monatlich einen Seniorennachmittag organisieren. „Ohne engagierte Mitstreiter läuft nichts!“, betont sie. Für die Aktionen steht das Gemeinde- und Veranstaltungszentrum Ole School bereit, außerdem gibt es die privat geführte Gaststätte „Im Sprechzimmer“ mit Saal.

Bei Führungen durchs Dorf erzählt Maren Rehmke Wissenswertes über den Osterstedter Künstler Bendix Passig.

Eine von der Gemeinde eingerichtete WhatsApp-Gruppe sorgt dafür, dass die Einwohner über Veranstaltungen informiert werden. Hier postet Maren Rehmke zuverlässig Beiträge und füllt die Gruppe mit Leben. „Für die ältere Generation verteilen wir Flugblätter mit allen Angeboten“, ergänzt sie. Es sei erfüllend und sinnstiftend, in einem tollen Team mit anderen Menschen getreu dem Motto „miteinander füreinander“ ehrenamtlich aktiv zu sein. „Wir haben eine Vielfältigkeit im Dorf, die es mancherorts gar nicht mehr gibt“, meint sie und lobt zugleich die gute Nachbarschaft.

Was die zweifache Großmutter bei ihrem Einsatz für das Gemeinwohl noch antreibe? „Mir ist es wichtig, dass das, was in der Vergangenheit geschaffen wurde, und das, was wir heute schaffen, für unsere Kinder und Kindeskinder erhalten bleibt, dass wir zukunftsweisend handeln und ein Vorbild sind.“ Für dieses Ziel sei sie bereit, auch einmal streitbar und unbequem zu sein, Haltung zu zeigen und für ihre Überzeugung einzustehen. „Manchmal kann ich damit für andere anstrengend sein. Ich schwimme nicht immer im Strom mit, sondern betrachte Dinge von allen Seiten, möchte Gründe für unterschiedliche Positionen genau nachvollziehen können“, erklärt sie.

Deshalb sei es für sie selbstverständlich, Sitzungen der Gemeindevertretung aufmerksam zu verfolgen, nicht nur um sich zu informieren, sondern auch um sich zu Wort zu melden und Impulse für die Gemeinde zu geben. Am Herzen liegt ihr der dorfeigene Park mit einem Ehrenmal und Skulpturen des örtlichen Künstlers und Bildhauers Bendix Passig (1864-1957), für dessen Erhalt und Restauration sie sich unermüdlich starkmacht. Also geht es nach dem Kaffeetrinken auf einen Rundgang durchs Dorf und zum Park. Währenddessen taucht Maren Rehmke lebendig und fachkundig in die Historie des Dorfes ein. Sie kennt manche Anekdote von anno dazumal. Auf Wunsch bietet sie Führungen an.

Reges Dorfleben: Aktivitäten und Sitzungen der Gemeindevertretung finden in der Olen School statt, davor eine Skulptur von Bendix Passig.

Dann kommt sie auf ein Thema zu sprechen, das ihr gleichfalls wichtig ist: Plattdüütsch. „Als kleines Kind sprach ich nur Platt, erst in der Schule Hochdeutsch. Ich fühle mich meiner ersten Muttersprache sehr verbunden. Auch mit meinem Mann spreche ich Platt, unsere Kinder wuchsen damit auf und nun die zwei Enkel.“

Bereits 2013 initiierte sie in Zusammenarbeit mit der Brücke Rendsburg-Eckernförde e. V. das Pilotprojekt „Platt in der Pflege“. Plattdeutsch sei für viele alte Menschen die Sprache des Herzens, ein tröstender, vertrauter Klang, der oftmals sogar Erinnerungen zurückbringe. „Im Pflegealltag, ob in einer Einrichtung oder zu Hause, löst Plattdeutsch bei alten Menschen Vertrauen, Wertschätzung, Wohlbefinden und Nähe aus“, weiß sie aus eigener Erfahrung.

Besonders bei älteren Menschen mit Demenz könne eine plattdeutsche Ansprache ein Türöffner zu ihrer ganz eigenen Welt sein. „Etliche Senioren wollen gern in ihrer Muttersprache kommunizieren“, konstatiert sie. Deshalb bereite sie in eintägigen und mehrtägigen Kursen unter dem Titel ­„Plattdüütsch praktisch in de Pleeg“ Pflegende darauf vor, die plattdeutsche Sprache in den Pflegealltag zu integrieren. Dafür lerne sie mit ihnen Redewendungen, Witze, Lieder, kleine Texte und Spiele. Der Schwerpunkt liege auf der praktischen Anwendung. „Vom 16. bis 18. September findet der nächste dreitägige Sprachkurs im Nordkolleg Rendsburg statt“, kündigt sie an und lädt interessierte Bauernblatt-Leser herzlich dazu ein.

Mit grünem Daumen: In ihrem Gewächshaus kann Maren Rehmke Tomaten, Salat, Erdbeeren und mehr ernten.

Bleibt abschließend die Frage, ob Maren Rehmke Zeit für Hobbys habe. Sie lächelt und nickt. „Ja, ich kümmere mich liebend gern um meine Enkel, meinen Garten und singe mit Freude im Gemischten Chor Beringstedt.“

Funktionierender Herdenschutz für die Praxis

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Wie können wirksame Maßnahmen zum Herdenschutz in der Praxis gelingen und welche Erfahrungen gibt es bereits? Halter von kleinen Wiederkäuern, Rindern, Pferden und Gehegewild erhielten beim 1. Zauntag am Landwirtschaftlichen Bildungszentrum (LBZ) Echem im Landkreis Lüneburg vergangenen Freitag in Fachvorträgen, Technikvorführungen und einer Ausstellung im Freigelände Anregungen, wie den Herausforderungen bei der Haltung von Weidetieren jetzt und in Zukunft begegnet werden kann.

Zur Premiere des Zauntags waren Berater aus zehn Bundesländern, 18 Organisationen und Verbänden sowie knapp 30 Firmen aus dem Bereich Tierhaltung und Weidezäunung gekommen. Mehr als 300 Weidetierhalter und Interessierte fanden nach Angaben der Veranstalter den Weg in den Nordosten Niedersachsens. Ausgerichtet wurde der Zauntag von der Herdenschutzberatung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK NI) gemeinsam mit Fachkollegen aus Schleswig-Holstein auf dem Gelände des LBZ Echem.

Positiv fiel das Fazit von Elke Steinbach aus, Koordinatorin der Herdenschutzberatung bei der LWK NI und Mitorganisatorin des Zauntags: „Wir wollten mit dem Format nah am Tierhalter sein und eine greifbare, praxisnahe Unterstützung schaffen, damit die Gäste etwas für sich mitnehmen können und sehen, dass sich mit dem Thema auseinandergesetzt wird.“ Das Programm sei für den Privathalter von Weidetieren ebenso wie für den Landwirt aufbereitet worden, sagte Steinbach, und diene als Hilfestellung und Orientierung.

Eindrücke der Veranstaltung gibt es in der Diashow:

Technikdemonstration zu Trassenvorbereitung, Zaunbau, Pflege und Unterhaltung von wolfsabweisenden Zäunen auf dem Freigelände. Foto: jh
Effektiv, aber aufwendig und nicht ohne Nebenwirkungen: die Schafhaltung mit Herdenschutzhunden und wolfsabweisender Zäunung. Foto: jh
Erfahrungen beim Herdenschutz aus Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und der Schweiz teilten die Referenten mit den Zuhörern. Foto: jh
Neun verschiedene Zäunungsvarianten können Besucher dauerhaft auf der Musterzaunanlage in Echem besichtigen. Foto: jh


„Unser Ziel war es, länderübergreifend den Stand der Technik bei Weidezäunen zu zeigen und darzulegen, was in dem Bereich möglich und am Markt erhältlich ist“, fasste Mitinitiator Jochen Heinrich Martens, beim Landesamt für Umwelt Schleswig-Holstein im Wolfsmanagement tätig, die Idee des Informationstages zusammen. Zusätzlich zur Wissensvermittlung diene der Zauntag auch dazu, dass Weidetierhalter ihre Zäune nötigenfalls infrage stellten, erklärte Martens, der in diesem Zuge auf Fördermöglichkeiten für den Zaunbau durch das Land hinwies. Vielfach seien Zäune nicht funktionstüchtig oder würden nach veralteten Methoden und mit veralteten Materialien errichtet. „Der Wolf aber ist jetzt und in Zukunft Bestandteil unserer Tierhaltung“, unterstrich Martens, der Wissen zu Schafhaltung und Zäunungen auch in Kursen der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein vermittelt, die Bedeutung von Maßnahmen zum Herdenschutz.

Die Referenten informierten über Mythen und Fakten von DNA-Analysen bei der Aufklärung von Nutztierrissen, über Erfahrungen mit der Rissaufnahme, zu Versicherung und Haftung im Herdenschutz oder zur wolfsabweisenden Zäunung von Rindern, Gehegewild und Pferden. Erkenntnisse gab es zudem über den fachgerechten Zaunbau, zu Elektrifizierung und Erdung oder zur wolfsabweisenden Zäunung an Hanglagen oder Bächen und darüber hinaus zum Einsatz von Herdenschutzhunden in der Schafhaltung. 

Auf dem Außengelände teilten Hersteller Hinweise zum Bau von Festzäunen, zum Einsatz von Mulch- und Freischneidetechnik, gaben Einblicke in automatisierte Litzen- und Netzwickeltechnik für den Bau von Mobilzäunen und stellten einen wolfsabweisenden Zaun aus Solarpaneelen vor.

Wie das Zaunmanagement der Zukunft aussehen könnte, demonstrierten Studierende der Universität Kassel anhand eines „Zaunroboters“, der Zäune selbstständig freischneidet und gleichzeitig Fehler detektiert. „Wir konnten mit dem Zauntag Bewährtes und Innovatives zusammenbringen“, resümierte Elke Steinbach, die sich zudem über die Offenheit und Wissbegierde der Besucher und den an diesem Tag geförderten Austausch zwischen Firmen, Verbänden und Weidetierhaltern freute. Neben einem Zaunbauwettbewerb und einer Besichtigung der Gehegewildanlage des LBZ fanden zudem Führungen auf der dauerhaft errichteten Musterzaunanlage statt, die neun unterschiedliche Varianten zum Schutz von Schafen, Ziegen, Gehegewild, Rindern und Pferden zeigt.

Ziel der Veranstalter ist es nun, den Zauntag als wiederkehrendes Format zu etablieren. Das Thema Herdenschutz wird seine Brisanz im Land auf absehbare Zeit nicht verlieren.

Ruf nach besserem Hochwasserschutz

Noch während in Süddeutschland die aktuellen Überschwemmungen für große Schäden sorgten, gingen die Umweltminister der Länder auf ihrem Treffen in Bad Dürkheim der Frage nach, wie solche Ereignisse in Zukunft verhindert werden könnten. Die Umweltministerkonferenz (UMK) endete am vorigen Freitag mit ­einem deutlichen Appell zu mehr Hochwasserschutz.

Die Ressortchefs forderten, den vorsorgenden Hochwasserschutz zu verstärken, finanziell abzusichern und konsequent umzusetzen. Ein Kernpunkt sei dabei die Förderung eines klimaresilienten Landschaftswasserhaushalts mit mehr Wasserrückhalt in der Fläche, Entsiegelungen sowie ökologischen Aufwertungen von Flächen und einem klimaangepassten Bauen. Die Umweltminister riefen den Bund dazu auf, in seinem Engagement zur Unterstützung des überregionalen Hochwasserschutzes über den Sonderrahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) nicht nachzulassen. Dieser müsse mit finanziellen Ausgabemitteln und Verpflichtungsermächtigungen ausgestattet werden, um so zur Planungssicherheit der Länder beizutragen. Gleichzeitig sicherten die Ressortchefs zu, dass sie alle Anstrengungen unternehmen würden, um die erforderlichen Kofinanzierungsmittel auch weiterhin bereitzustellen.

Mittelausstattung gekürzt

Hervorgehoben wurde, dass trotz der deutlichen Veränderungen in der GAK die Umsetzung des Nationalen Hochwasserschutzprogramms eine herausgehobene Position behalten habe. Mit Sorge wurde von den Ministern festgestellt, dass die Mittelausstattung des Nationalen Hochwasserschutzprogramms vor dem Hintergrund der vorhandenen Ausgabereste um die Hälfte auf 50 Mio. € gekürzt worden sei. Angesichts dessen wurde der Bund erneut gebeten, die Finanzierung der Maßnahmen dieses Programms bedarfsgerecht und vor allem langfristig sicherzustellen. Einstimmig sprachen sich die Umweltminister für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden aus. Sie forderten den Bund auf, einen Regelungsvorschlag zur Einführung einer solchen Pflichtversicherung vorzulegen, damit das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden könne.

Ziele des Green Deal weiterhin gültig

Angesichts der abgesenkten Standards bei der EU-Agrarförderung betonte die UMK in einem von Schleswig-Holstein eingebrachten Antrag, dass diese Absenkungen nicht zulasten von Umwelt-und Klimaschutz gehen dürften. Die UMK war sich einig, dass die vereinbarten Ziele des Green Deals und insbesondere die ökologischen Ziele der laufenden Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) weiterhin erreicht werden müssen.

„Jegliche Absenkung der ökologischen Mindeststandards in der GAP stellt eine nicht hinnehmbare Verschlechterung dar und ignoriert, dass das fortschreitende Artensterben und der voranschreitende Klimawandel zunehmend unsere natürlichen Lebensgrundlagen gefährden und damit auch unsere Versorgung mit Lebensmitteln infrage stellen“, erklärte Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne).

Zudem stimmten die Umweltminister zwei weiteren Naturschutz-Anträgen zu. Zum Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz betont die UMK zum einen ihre Sorge um den Rückgang intakter Ökosysteme und fordert, dass sich der Erhaltungszustand entscheidend verbessern müsse. Außerdem gelte es, die Ökosysteme in ihrer Klimaschutzfunktion zu stärken. Die für den Schutz nötigen finanziellen Mittel müssten zügig zur Verfügung gestellt werden.

Artenschutz und Erneuerbaren Energien

Um Arten und ihre Lebensräume besser zu schützen – speziell jene, die durch den Ausbau Erneuerbarer Energien betroffen sind – solle das Bundesumweltministerium das Nationale Artenhilfsprogramm stärker unterstützen, fordert die UMK.


SVLFG bietet Unterstützung

Versicherte der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) sind von den Frost- und Wasserschäden der vergangenen Monate oder vom aktuellen Hochwasser betroffen. Die wirtschaftlichen Folgen sind in vielen Fällen noch nicht zu greifen.

Die SVLFG bietet Betroffenen folgende Unterstützung an:

Beratung zum Gesundheitsschutz bei Aufräumarbeiten:

Die Präventionsmitarbeiter der SVLFG stehen für Beratung zur Verfügung. Die Ansprechpartner der Prävention für alle Bundesländer sind im Internet aufgeführt unter svlfg.de/an​sprechpartner-praevention

Beitragsstundung

(Kontakt: versicherung@svlfg.de oder Tel.: 05 61–78 50)

Mit einem formlosen Antrag können SVLFG-Versicherte eine zinslose Stundung aller fälligen Beiträge bis zur jeweiligen Oktober-Fälligkeit beantragen.

Krisenhotline der SVLFG

(Tel.: 05 61–78 51 01 01)

Hier erhalten SVLFG-Versicherte täglich rund um die Uhr anonym kostenlose Unterstützung von Psychologen (zum Orts­tarif). SVLFG

Alle Mann an Bord

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In der Sonderbeilage des Bauerblattes, Ausgabe 23 wurde der Deutsche Landjugendtag groß angekündigt. Dieses Wochenende ist es so weit. Vom 14. bis 16. Juni erwartet der Landjugendverband Schleswig-Holstein Gäste aus ganz Deutschland. Für die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer steht ein aufregendes Wochenende vor der Tür und auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle unterstützen tatkräftig bei den anfallenden Arbeiten. Daher bleibt die Geschäftsstelle am Donnerstag und Freitag, 13. und 14. Juni, geschlossen.

Für Kurzentschlossene gibt es übrigens gute Nachrichten: Der Landjugendverband lädt zu den abendlichen Feten auf dem Turnierplatz in Jübek auch spontane Gäste ein. ljv

Die Landwirtschaft von morgen

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Das digitale Büro, Milchpreisabsicherung, Insektenmast oder die Kartierung von Unkräutern durch Drohnen waren Themen der Grüne Innovationstage des Vereins Ziel.SH auf Gut Steinwehr in Bovenau. Die Landjugend war aktiv beteiligt und führte über die Innovationsmesse, sodass spannende Firmen, Innovationen und Start-ups genauer unter die Lupe genommen werden konnten.

Der etwa einstündige Rundgang der Landjugend führte zu ganz verschiedenen Messeständen. Neben dem Gesundheitsüberwachungssystem Smaxtec, das einen Bolus mit Künstlicher Intelligenz vereint und damit viele Erkenntnisse und Entscheidungshilfen für Landwirte liefern kann, ging es um das digitale Büro, das zunehmend wichtiger wird und eine wahre Arbeitsentlastung für den Betriebsleiter darstellen kann. Ein weiterer Punkt auf der Tour war Kuhdo: Das Start-up beschäftigt sich mit der Milchpreisabsicherung, um somit das Risiko eines starken Abfalls des Milchpreises zu stabilisieren.

Insektenmast und die damit einhergehende Proteinherstellung könnten in den nächsten Jahren eine zunehmend größere Rolle spielen. Die Larven brauchen nur sieben Tage, um zu wachsen. Die nächstgelegene Anlage steht in Nordrhein-Westfalen. Unkräuter können per Drohne kartiert werden, um anhand der Daten ganz gezielte Pflanzenschutz zu betreiben. Ähnlich sieht es bei Düngung und Nachsaaten aus. Viele spannende Themen, die in den folgenden Tagen noch in den Köpfen brodelten und weitergedacht werden müssen.

Mit den Entwicklern konnten die Besucher in einen spannenden Austausch einsteigen und dabei voneinander lernen. Die Sicht der jungen Landwirte war den Standbetreibern sehr wichtig und sie freuten sich über ehrliches Feedback.

Das Fazit dieses Tages für den Landjugendverband, der als Fördermitglied des Vereins Grüne Innovationstage im engen Austausch mit Geschäftsführung und Vorstand steht, lautet: Es lohnt sich immer wieder, einen Blick über den Tellerrand zu wagen und seinen eigenen Horizont zu erweitern. Die Landjugend freut sich bereits auf die nächsten Innovationstage in Schleswig-Holstein und würde sich wünschen, dass dann noch mehr Fachschüler, Studenten und junge Landwirte – kurz gesagt viele Landjugendliche – die Chance nutzen, um sich über Innovationen zu informieren.

Die Agrarausschussmitglieder Laura Stolley, Malte Blöcker und John Gosch (v. li.) gehörten zu den Landjugendlichen, die über die Messe führten.

Wo soll die Rede hingehen?

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Eine LandFrauenveranstaltung unterhaltsam anmoderieren, das Publikum über den Gast des Abends informieren oder für eine LandFrauenaktion werben – eine kurze Rede zu halten, gehört zum Alltag der ehrenamtlichen Tätigkeit. Aber wie bekommt frau die volle Aufmerksamkeit des Publikums? Genau darum ging es beim Praxisseminar mit der Trainerin für Kommunikation, Christine Gribat.

Wer kenne nicht aus der Schulzeit das entsetzliche Gefühl, mit hochrotem Kopf und zitternden Knien vor der Klasse zu stehen und ein Gedicht aufzusagen? Die Seminarleiterin rief zum Auftakt schlechte Erinnerungen wach. Aber sie versprach, dass die Seminarteilnehmerinnen am Nachmittag mit der Empfindung nach Hause gehen würden: eine kurze Rede vor Publikum halten – „das kann ich“.

Um das zu üben, hielt sich Gribat nicht lange mit der Theorie auf, sondern ermöglichte es den Teilnehmerinnen, ein Gefühl dafür zu bekommen, Blickkontakt zum Publikum aufzunehmen und zu spüren, dass es freundlich und zugewandt wartet. Die volle Aufmerksamkeit der Zuhörerinnen zu haben, ermutigte die Frauen für die weiteren Lernschritte.

Schließlich ging es zur Vorbereitung einer kleinen Rede um den roten Faden: Was will ich sagen und wie nutze ich rhetorische Stilmittel wie Bilder, Vergleiche, Zitate oder Symbole? So vorbereitet traten die Frauen vor ihr Publikum im Seminarraum. Dieses war von den dreiminütigen Beiträgen berührt, entzückt und begeistert. Die wichtigste Erkenntnis war aber, dass die Rednerin das Publikum formen kann, indem sie es einbezieht. Das hatte etwas Befreiendes und bestätigte, dass die Kommunikationstrainerin am Anfang des Seminars nicht zu viel versprochen hatte.

Landwirtschaft mit allen Sinnen erleben

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Die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein präsentierte sich am vergangenen Wochenende, wie sie wirklich ist: vielfältig, modern und dem Verbraucher zugewandt. Trotz Schietwetter nutzten viele Besucher die Gelegenheit, sich am Tag des offenen Hofes über die Lebensmittelproduktion zu informieren und die eine oder andere regionale Köstlichkeit zu verspeisen. Vielfach erfuhren die ausrichtenden Betriebe Unterstützung, zum Beispiel von Nachbarn, Unternehmen des vor- und nachgelagerten Bereichs, (Jugend-)Feuerwehren, Sportvereinen oder dem Jagdverband, sodass einem reibungslosen Ablauf und einem bunten Rahmenprogramm nichts im Wege stand. Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, freute sich über eine hohe Teilnahmebereitschaft: „22 landwirtschaftliche Betriebe aus Schleswig-Holstein zeigten, dass wir nicht nur protestieren, sondern aktiv den Dialog mit unseren Bürgerinnen und Bürgern suchen, um unsere Arbeit darzustellen.“ 

Hier eine Bildergalerie:

Schwerpunkt Milchviehhaltung auf Hof Barslund bei Thomas Andresen. Foto: Sönke Hauschild
Hof Schöller, Gutshof in Quarnbek, Ackerbaubetrieb, Maschinenschau und Anbaugeräte, Feldfahrt. Foto: Iris Jaeger
„Pimp my Pony“, große Quadrille, Voltigieren: Auf der Reitanlage Pfeiffer in Escheburg herrschte großer Andrang. Foto: Julian Haase
Hanno und Hannah Grode aus Hamburg wollten Kühe auf Hof Hochgenuss in Elskop von ganz dicht sehen. Foto: Sabine Kolz
Luisa Kregel informierte über die Michkuhhaltung auf Hof Saß-Hauschild. Foto: Sabine Kolz
Feldrundfahrten durch das Weidegebiet der Gallowayherdeng auf dem Lindenhof in Preetz. Foto: Dr. Robert Quakernack
Viele Besucher nutzen des TdoH zum Selbstpflückem mit Blick auf die Weinreben auf dem Ingenhof in Malkwitz. Foto: Dr. Robert Quakernack
Erdbeeren pflücken auf Hof Schmörholm in Leck. Foto: Tonio Keller
Viel los im Kuhstall auf dem Emkenhof in Winnert. Foto: Tonio Keller
Philipp Hirztlin hält auf seinem Biohof in Husum-Schobüll alte Schafrassen (hier Bock Emil) und baut Wein an. Foto: Tonio Keller
Beke (li.) und Enke Stensen verkauften Eis aus eigener Produktion auf Hof Trollebüll bei Stedesand. Foto: Tonio Keller
Johannes Langhans erläuterte bodenschonende moderne Technik in Hollenbek. Foto: Mechthilde Becker-Weigel



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Die „Seeluftschweine“ auf dem Hof Löding in Buchholz ließen sich vom Trubel nicht aus der Ruhe bringen. Foto: Mechthilde Becker-Weigel
Mit dem Planwagen ging es vom Johanneshof zur Biogasanlage von Niklas Ratzow in Klein Zecher. Foto: Mechthilde Becker-Weigel
Trotz Regen und Sturm waren die Führungen über den Erlebnishof Hollensen in Sieverstedt gefragt. Foto: Ann-Katrin Gerwers
Schafe und Rinder waren bei Unser kleiner Hofladen in Oeversee zu sehen. Foto: Ann-Katrin Gerwers
Auf dem Hof Helse von Eric Müller gab es ein buntes Programm. Foto: Beate Meißner
Ein Kind befüllt den Anhänger eines ferngesteuerten Treckers auf Hof Kühl in Garding. Foto: Merle Pahl


Antibiotika – Fluch oder Segen?

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Zum ersten Mal fand die traditionelle Lehrerveranstaltung des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) nicht während der Norla, sondern als Auftakt zumTag des offenen Hofes statt. Dass der Veranstaltungsort ein Bauernhof war, kam bei den Lehrern gut an: Hof Gloyer in Stuvenborn, Kreis Segeberg, hält Hühner im Freiland (Bericht Seite 14). Allein, es waren nur elf Lehrkräfte gekommen. Die wollen allerdings das Format unter Kollegen weiterverbreiten.

„Antibiotika – Fluch oder Segen?“ lautete das Tagesthema. Dr. Evelin Stampa, Vorsitzende der Tierärztekammer Schleswig-Holstein und Vizepräsidentin der Bundestierärztekammer, holte dazu geschichtlich weit aus. In den „Dark Ages“ vor Entdeckung des Penicillins 1928 durch den britischen Bakteriologen Alexander Fleming brachten Infektionen häufig den Tod – ob für Mensch oder Tier. Nun konnte man den Umstand nutzen, dass bestimmte Pilze ein Gift gegen Bakterien produzieren. Bei Menschen angewendet wurden Antibiotika ab 1941, ab 1953 auch bei Nutztieren.

Dr. Evelin Stampa, Tierärztekammer

Durch den großen Erfolg setzte ein wahrer Rausch ein. „Man glaubte, alle Krankheiten im Griff zu haben“, so Stampa. In der Tierhaltung wurden prophylaktisch massiv Antibiotika eingesetzt, etwa zur Aufstallung von Ferkeln, die von mehreren Haltern stammten „und ihre Krankheiten mitbrachten wie im Kindergarten“.

Doch Antbiotika wirken nur gegen Bakterien. „Es können auch Parasiten oder Viren oder manche Pilze selbst die Ursache der Krankheit sein, oder es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung.“ Dazu kommt, dass Antibiotika auch die „guten“ Bakterien töten, die der Organismus braucht. Schließlich kam man darauf, dass Bakterien Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln können. „Wenn ich 99 Stämme töte und einer ist resistent, hat dieser viel Raum zur Ausbreitung.“

Ab 1975 wurde der Einsatz reglementiert, Fütterungsarzneimittel abgeschafft. Es wurden Alternativen entwickelt wie Impfungen, Probiotika im Futter oder kluge Hygienemaßnahmen. Bei Hühnern werden über salmonellenfreie Großelternstämme salmonellenfreie Ställe erzeugt – „Sie können wieder rohe Eier essen!“. Bei Schweinen sei das noch nicht gelungen.

Wurden 2011 noch 1.700 t Antibiotika pro Jahr in Deutschland eingesetzt („In den 1960er Jahren muss es ,Open End‘ gewesen sein.“), sind es heute noch rund 600 t. Überhaupt bekommen Tiere im Schnitt pro Körpergewicht weniger als die Hälfte an Antibiotika als Menschen. Und die Zahl der eingesetzten Sorten ist stark gesunken, vor allem im Nutztierbereich. „Mehr Probleme bereiten private Haustierhalter, die aus Unwissenheit oder falscher Tierliebe schlecht damit umgehen.“

Stampa räumte mit einigen Vorurteilen auf – zum Beispiel: „Schweineleber ess‘ ich nicht, da sind Antibiotika drin.“ Seit den 1980er Jahren gibt es den Rückstandskontrollplan bei Schlachtwaren. „Das wird supergenau kontrolliert, da ist nichts drin!“ Oder: „Resistenzen beim Menschen kommen aus der Tierhaltung.“ „Das sind verschiedene Stämme, die haben nichts miteinander zu tun.“

Stampas Fazit: „Antibiotika sind ein wichtiges Werkzeug, aber es wird durch Gebrauch stumpf. Wir sind dabei, Alternativen zu entwickeln. Mehr Probleme werden wir künftig mit Viren haben.“

Staatssekretärin Anne Benett-Sturies
Dr. Vera Plähn, Europa-Universität

Anne Benett-Sturies, Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, und Dr. Vera Plähn von der Europa-Universität Flensburg machten die Bildungsoffensive für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz (BiLEV) bekannt, die sich an Lehrkräfte der Sekundarstufen I und II richtet. Sie beinhaltet Angebote für curricular angebundene und fächerübergreifende Unterrichtseinheiten an Lernorten wie Höfen oder Gärten (das Bauernblatt berichtete mehrfach). Über 80 Lernorte sind im vorläufigen Katalog bereits enthalten, darunter passend zum Tagesthema „Geflügel und Gefahr“ zur Vogelgrippe oder „Schau mal, wer da pickt“ für Viert- bis Fünftklässler.

„Ich war mit meinen Klassen noch nicht auf einem Bauernhof“, sagte eine Lehrerin, „aber jetzt wär‘ das mal was.“ 

Video über die Veranstaltung unter: https://t1p.de/aeqa9

Die Gastgeber der Lehrerveranstaltung, Rolf und Viktoria Gloyer, beteiligen sich auch am Tag des offenen Hofes.

Direkter Kontakt ist besonders glaubwürdig

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„Wir können viel reden in den Medien, aber das direkte Gespräch mit den Menschen bringt uns weiter voran“, meinte Bauernverbandspräsident Klaus-Peter Lucht. Was eignet sich dafür besser als der Tag des offenen Hofes? Am vergangenen Freitag wurde er auf dem Legehennenhof Gloyer in Stuvenborg, Kreis Segeberg, eröffnet.

Eines der drei Hühnermobile auf Hof Gloyer.

Der Hof, der sich auf Direktvermarktung spezialisiert hat, sei ein besonders passender Ort, so Präsident Lucht, da hier jeden Tag Kundenkontakt stattfinde. „Wir müssen transparent sein, wie wir arbeiten“, sagte Präsident Lucht, „nur so können wir Nachrichten entgegentreten, die einfach falsch sind.“ Viktoria Gloyer, die den Betrieb in GbR mit ihrem Vater Rolf führt, bestätigte: „Wenn ich von Angesicht zu Angesicht mit den Leuten rede, dann glauben sie mir auch.“

„Ich bin stolz auf die Landwirte, dass sie diese Herausforderung annehmen und sich Fragen der Bürger stellen, die nicht immer leicht zu beantworten sind“, lobte Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU). 22 Höfe von Sylt bis zum Ratzeburger See beteiligen sich dieses Jahr an der bundesweiten Aktion. Schwarz verwies auf das Motto „LandWIRtschaft“: „Wir wollen das Gemeinsame von Landwirtschaft und Gesellschaft fördern und nicht nur Brüche darstellen.“

Hof Gloyer wird mit Viktoria in der sechsten Generation geführt. „Wir hatten früher viele verschiedene Nutztiere – Milchvieh, Schweine und andere“, erzählt Vater Rolf. „Als meine Tochter 2018 einstieg, regte sie an, dass wir rein auf Hühner in Freilandhaltung wechseln.“ In drei Hühnermobile passen je 340 Legehennen. „Sie haben Platz zum Ausleben ihrer natürlichen Verhaltensmuster“, so Viktoria Gloyer.

Immer bei den Hühnern: die Ziegen Hugo (r.) und Blacky.

Aus der Brüterei werden die einen Tag alten Küken entnommen, bei einem Junghennenaufzüchter in Kellinghusen bis zum Alter von 18 Wochen aufgezogen und dann zurückgebracht. Nach und nach läuft bei ihnen das Eierlegen an, bis es in Spitze eine Produktion von 300 Stück am Tag pro Stall erreicht. Wenn das Legeverhalten zu Ende geht, kommt der mobile Schlachter, und das Huhn wird am Hof als Suppenhuhn verkauft oder verarbeitet zu Suppe, Pastasoße oder Frikassee. „Es ist ein regionaler Kreislauf vor Ort“, sagt Viktoria. „Manchmal muss ich den Leuten klarmachen: Zum Ei gehört ein Huhn, und das ist am Ende ein Suppenhuhn.“

Für viel Spaß bei den Gästen sorgten die Ziegen Hugo und Blacky, die zwischen den Hühnern leben. Der Grund dafür: Sie vertreiben die Habichte. 

Bildergalerie von den beteiligten Höfen am Tag des offenen Hofes unter www.bauernblatt.com/landwirtschaft-mit-allen-sinnen-erleben/