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Abkalbungen überwachen und beurteilen

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Bei der Kalbung wird der Grundstein für eine erfolgreiche Laktation und für gesunde Kälber gelegt. Unerkannte Schwergeburten und nicht zeitgerechte, also sowohl zu späte als auch zu frühe Hilfeleistungen können das Wohlergehen, die Fruchtbarkeit und die Milchleistung des Muttertieres sowie das Überleben, das Wachstum und die zukünftige Leistung des Kalbes beeinträchtigen. Im Herdenmanagement wird dies zur Herausforderung, wenn immer mehr Tiere zu versorgen sind und gleichzeitig immer weniger Zeit für die Beobachtung der einzelnen Tiere bleibt.

An sich ist die Kalbung ein natürlicher Vorgang, der in den meisten Fällen ohne Hilfe von außen abläuft. Wann aber ist es ratsam einzugreifen? Ein systematisches Vorgehen bei jeder Abkalbung sorgt dafür, dass alle (auch wechselnde oder neue Arbeitskräfte) immer genau wissen, was wann zu tun ist, und auch in hektischen Situationen kein wichtiger Punkt vergessen wird.

Werden die sogenannten Standardarbeitsanweisungen beziehungsweise Standard Operating Procedures (SOP) betriebsindividuell zusammen mit dem betreuenden Hoftierarzt oder der -ärztin erstellt, werden das Vorgehen und die Kommunikation im Falle eines Falles sehr wahrscheinlich eindeutiger und zielstrebiger verlaufen können. Die folgenden Punkte zur Geburtsüberwachung und Geburtshilfe sollten dabei nicht fehlen.

Welche Art der Geburtsüberwachung?

Um die Arbeitsbelastung und das Wohlergehen der Tiere zu optimieren, können Kameras und Sensoren als Hilfsmittel eingesetzt werden. Wenn die Anwesenheit der Arbeitskräfte konstant ist, beispielsweise auf Großbetrieben mit drei Melkzeiten pro Tag, können Abkalbeüberwachungssysteme, die sich sechs bis zwölf Stunden vor der nahenden Geburt melden, von Vorteil sein. Hierbei könnte die gezielte Überwachung der betreffenden Tiere in regelmäßigen Intervallen innerhalb der Betriebsroutine erfolgen, ohne zusätzliche Kosten für Arbeitsstunden zu erzeugen. In kleineren Betrieben dagegen, wo nicht ständig Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, könnten Systeme bevorzugt werden, die zu Beginn des Stadiums II Alarm schlagen. So wird der Zeitaufwand für die Beobachtung der Tiere im geburtsnahen Zeitraum reduziert und ein gezieltes Eingreifen zum Zeitpunkt der Abkalbung ermöglicht.

Es gibt verschiedene Systeme, einige spezielle nur für die Geburtsüberwachung (Vaginalspangen, Sensoren zur Erfassung der Schwanzaktivität), andere nutzen Daten von Sensoren, die auch für andere Bereiche wie beispielsweise Brunsterkennung oder Gesundheitsüberwachung Daten liefern (Pedometer, Pansenboli, Halsbänder, Ohrmarken). Ein wichtiger Aspekt ist die Zuverlässigkeit der einzelnen Abkalbealarme: Meldungen könnten auch durch andere Ursachen als das Abkalben ausgelöst werden, zum Beispiel durch Fieber oder Lahmheit. Eine hohe Empfindlichkeit kann zu einer übermäßigen Anzahl von falsch positiven Meldungen führen, was sich negativ auf die Akzeptanz dieser Systeme auswirkt.

Gruppenbuchten mit Rückzugsmöglichkeiten sind Bestandteil aktueller Untersuchungen im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp der Landwirtschaftskammer.

Wann in welche Abkalbebucht?

Es gibt nicht die eine Antwort auf die Frage nach der optimalen Abkalbebox, auf jeden Fall sollte sie ein Höchstmaß an Hygiene, Tierkomfort und häufige, unauffällige Kontrollen des Geburtsverlaufs ermöglichen. Kühe sind Herdentiere und ziehen es im Allgemeinen vor, in Gesellschaft von anderen Kühen zu sein. In besonderen Situationen sondern sie sich aber auch von der Herde ab, beispielsweise bei Krankheit oder Kalbung, wobei sie meist in Sichtkontakt zur Herde bleiben. Deshalb gibt es auf vielen Betrieben Einzel-Abkalbebuchten. Unter anderem durch steigende Herdengrößen stellt dies ein Platzproblem dar.

Um diesem Problem zu begegnen, können Gruppenbuchten eine Option sein. Um Stress zu minimieren, sollten die Gruppen stabil bleiben und nicht ständig neue Tiere hineinkommen. Sonst könnte ein normaler Kalbeverlauf durch die wiederholt erforderliche Klärung der Rangordnung gestört werden. Enthält die Gruppenbucht einen etwas abgesonderten beziehungsweise baulich getrennten Bereich, kann sich die Kuh/Färse entsprechend ihrem natürlichen Verhalten kurz vor der Abkalbung von der Gruppe in einen geschützten Raum zurückziehen. Derzeit laufen Untersuchungen, inwieweit dieser Ansatz Vorteile gegenüber einer Einzelbucht bietet.

Eine Variante ist es, die Tiere umzustallen, bevor deutliche Geburtsanzeichen auftreten (zum Beispiel wenn die Beckenbänder eingefallen sind, die Zitzen glänzen und die Milch tröpfelt). Die Geburt kann nach diesen undeutlichen Geburtsanzeichen in wenigen Stunden bis einigen Tagen beginnen. Eine andere Möglichkeit ist die „Just in time“-Variante. Hier ist die Geburt schon so weit fortgeschritten (Fruchthüllen oder Klauen sind bereits sichtbar), dass auch der Stress des Umstallens den Verlauf nicht mehr aufhalten kann. Auch möglich ist die Routine, die betreffenden Tiere etwa vier bis sieben Tage vor dem voraussichtlichen Geburtstermin in die Abkalbebucht zu bringen.

Dokumentation des Geburtsverlaufs

Werden Geburtsbeginn und -verlauf für alle sichtbar dokumentiert, stehen auch bei Schichtwechsel alle wichtigen Informationen für alle Beteiligten jederzeit zur Verfügung. Solch eine Geburtsverlaufsübersicht kann zum Beispiel ein großer laminierter Zettel sein, auf dem mit einem Folienstift Datum, Tiernummer und die beobachteten Geburtsstadien und deren Verlauf mit Uhrzeit eingetragen werden. Da bei Erstkalbenden die Geburt länger dauern kann als bei Kühen, die schon mehrfach abgekalbt haben, sollten diese besonders gekennzeichnet werden. Auch das Notieren von Untersuchungen und Eingriffen sowie der Versorgung des neugeborenen Kalbes mit Kolostrum ist sinnvoll.

Mittels einfacher Kamerasysteme können die abkalbenden Kühe auch aus der Ferne beobachtet werden, ohne dass der Beobachter die Kühe stört.

Regelmäßige Geburtsüberwachung

Sobald deutliche Geburtsanzeichen wie abgehaltener Schwanz, Bauchpresse, Abgang von Geburtsschleim, Sichtbarwerden von Fruchtteilen beziehungsweise Fruchtblasen vorhanden sind, sollte das Muttertier möglichst häufig (alle 15 bis 20 min) beobachtet werden. Die Beobachtung sollte möglichst unauffällig sein, damit das Muttertier nicht unnötig gestresst und der Geburtsverlauf nicht unterbrochen wird.

Die Geburt ist ein kontinuierlicher Vorgang. Bei der Vorderendlage (zirka 95 % der Fälle) sind zunächst die Klauen (Klauenfläche zeigt nach unten) und dann die Füße sichtbar, es folgen das Flotzmaul und der Kopf, dann die Schultern, bis zuletzt das Kalb vollständig geboren ist. Zeigt die Klauenfläche nach oben, handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine Hinterendlage, im Verlauf folgen Schwanz und Becken.

Sobald eine Unterbrechung des normalen Verlaufes festgestellt wird, sollte man durch eine vaginale Untersuchung die Ursachen abklären. Diese kann die Aufweitung des Geburtskanals unterbrechen, sodass aus einer normalen Geburt eine Schwergeburt wird. Deshalb sollte man nie ohne Grund untersuchen. Das heißt, in den meisten Fällen geschieht es zu früh.

Um zum richtigen Zeitpunkt zu intervenieren, muss man die Dauer einer normalen Geburt kennen. Im Stadium I erweitert sich der Geburtskanal, häufig wechseln die Tiere zwischen Stehen und Liegen, halten den Schwanz ab und setzten häufiger Harn und Kot ab. Wenn der Gebärmutterhals vollständig geöffnet ist und Fruchtblase beziehungsweise Fruchtteile außerhalb der Scham sichtbar werden, ist Stadium I abgeschlossen. Im folgenden Stadium II setzt die Bauchpresse ein, das Kalb durchtritt den Geburtskanal. In dieser Phase legen sich vor allem Mehrkalbskühe bis zum Ende der Geburt hin. Nach dem Durchtritt des Kopfes durch die Scham sollte das Kalb innerhalb von 10 bis 15 min geboren sein.

Sobald der Geburtsvorgang nicht voranschreitet oder diese Zeiten überschritten werden, ist eine vaginale Untersuchung und gegebenenfalls Geburtshilfe notwendig. Eine sofortige geburtshilfliche Untersuchung sollte bei eindeutigen Anzeichen für eine Schwergeburt durchgeführt werden, beispielsweise wenn nur ein Fuß sichtbar ist. Auch Kalziummangel oder eine Gebärmutterverdrehung können dazu führen, dass der Übergang ins Stadium II verzögert oder sogar verhindert wird. Die Tabelle zeigt Anzeichen und die entsprechenden Referenzzeiten als Richtwerte zum Entscheiden, wann ein Eingreifen sinnvoll ist.

Stadium III wird der Zeitraum nach der Geburt des Kalbes bis zum Abgang der Nachgeburt genannt. Direkt nach der Kalbung sollte man sich zuerst um das Kalb kümmern, eventuell müssen die Atemwege von Fruchtwasserresten befreit und der Kreislauf durch Abreiben stimuliert werden. Erst anschließend erfolgt eine Untersuchung des Muttertieres, ob sich ein weiteres Kalb im Geburtsweg befindet oder ob Blutungen oder andere Verletzungen vorliegen. Die Nachgeburt sollte innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt vollständig abgegangen sein.

Fazit

Sowohl zu frühes als auch zu spätes Eingreifen in eine Kalbung kann zu Problemen bei Muttertier und Kalb führen. Um den möglichst richtigen Zeitpunkt zu finden, ist zum einen die Kenntnis eines natürlichen Verlaufs und zum anderen das sorgfältige Überwachen einer Kalbung unabdingbar, um bei möglichen Komplikationen zeitgerecht eingreifen zu können.

Die Arbeitsqualität gemeinsam erreichen

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In Familienbetrieben nimmt die Arbeitsteilung mit partnerschaft­lichen Spezialisten zu, etwa mit Lohnunternehmen oder Maschinenringen. Arbeitsteilung und Zusammenarbeit begünstigen neue Verfahren für die Praxis, senken oftmals die Technikkosten und können zur besseren Stundenverwertung führen. Es gilt, die Arbeits- und Maschinenkosten im Betrieb zu kennen und durch kluge Entscheidungen zu gestalten. Dies wird im folgenden Artikel am Beispiel der Zusammenarbeit beschrieben.

Auch wenn landwirtschaftliche Betriebsführung durch unsicheres Wetter anspruchsvoll ist und fortwährende Planänderungen erforderlich macht, sollte der Start von Dienstleistungen in Absprache mit dem Dienstleister erfolgen. Das Termingespräch – persönlich, telefonisch oder per Whats­App – ist für gute Arbeitsqualität und mehr Bodenschutz wesentlich.

Wann können Traktoren mit Mähern, Ladewagen, Güllefässer ohne tiefe Spuren und mit erträglichem Bodenschaden fahren und arbeiten? Technik ist teuer, insbesondere mit Mähdreschern und Häckslern. Sie wird leistungsfähiger, aber oftmals schwerer und zunehmend vom Lohnunternehmer oder im Maschinenring angeboten.

Schadverdichtungen im Mais durch zu frühe Bearbeitung. Folge: Der Boden kann weniger Wasser nachliefern, das Wurzelwachstum wird gehemmt.
Ertragsminderungen und Erosion sind vorprogrammiert.

Als fachkundiger Praktiker geht man über den Acker und die Wiese und prüft die Tragfähigkeit des Bodens. Man nutzt den Spaten, drückt ihn mit Kraft in den Boden und hat den ersten Hinweis auf die Tragfähigkeit. Den Spaten auszuhebeln und die Spatenladung Erde anzuschauen, um mit den Augen und Händen im Boden zu lesen, ist der weitere Schritt zur Startentscheidung und zu lohnender Arbeit. Praktiker fragen sich: Welche Formen haben die Bodenteilchen, wie durchwurzelt sind sie, wie ausgedehnt ist das Wurzelwerk, ist es geradlinig nach unten gerichtet oder abgeknickt durch Schadverdichtungen? Wie viele Regenwürmer als Bioindikatoren gibt es, und sind senkrechte Bioporen als Regenwurmgänge zu finden?

Fruchtbarer Boden hat 50 % luft- und wassergefüllte Poren und 50 % Festsubstanz. Einfach gesagt, ist der gepflegte Boden mit 50 % Porenanteil ertragreich, also ohne Schadverdichtungen, und oftmals fruchtbar. Die festen Bodenteilchen verhaken sich bei Trockenheit untereinander und tragen Traktoren und Maschinen.

Im feuchten Boden prägen sich durch hohe Maschinenlast auf kleiner Aufstandsfläche Spuren. Sie vermindern die Ertragskraft und schädigen das Bodenleben. Wassergesättigter Boden kann als Brei beinahe jede Tragfähigkeit verlieren, bis hin zur Unpassierbarkeit. Mit diesem Zeitpunkt der Befahrung und Bearbeitung nimmt man flache bis tiefe Spuren in Kauf.

Die Schlepperspur zeigt über 20 % Schlupf, also Vorfahrtverlust. Die Reifen drehen sich um ein Fünftel schneller; die Schlepperreifen radieren und scheren die Grasnarbe ab. Fotos: Dr. Ludwig Volk

Spuren sind dieselzehrend, und tiefe Spuren kennzeichnen schlechte Bewirtschafter. Gute Landwirte und Lohnunternehmer nutzen das richtige Zeitfenster und bessere Reifen mit variablem Reifendruck. Maximal 1 bar in der Bestellung und maximal 2 bar in der Ernte sollten die oberen Grenzen sein. Da Bodenschutz und Klimaschutz zusammengehören und zwei Seiten einer Medaille sind, kann es sich lohnen, bei Reifenentscheidungen noch stärker den Bodenschutz zu berücksichtigen.

Leichte und starke Traktoren nutzen

Prinzipiell sollte der Traktor stark und leicht sein: Stark für guten Zug und leicht, um den fruchtbaren Boden zu schonen und weniger Diesel auf Acker, Wiese und Straße zu verbrauchen.

Es gilt, auf dem Acker und der Wiese mit möglichst niedrigem Reifendruck zu fahren. Mit 0,8 bar im radialen Reifen wölbt sich die flexible Seitenflanke nach außen, und das biegesteife Laufband macht sich lang, stützt die Last auf größerer Fläche ab und verzahnt mehr Stollen mit dem Boden. Beim Reifenkauf bringt die hohe Flanke mit variablem Reifendruck bessere Bodenschonung. Also sind 70er, 75er oder 85er Reifenflanken mit niedrigem Reifendruck die vorzügliche Wahl für flachere Spuren, weniger Dieselverbrauch und weniger CO2-Freisetzung.

Je nach Bodenfeuchte und Bodentragfähigkeit sowie der geplanten Arbeit sollte Ballast als Frontgewicht aufgenommen werden, damit der ziehende Traktor waagerecht arbeitet. Über den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Technikeinsatz mit niedrigem Reifendruck und passender Ballastierung sollte der Landwirt aufgrund seines Wissens und Könnens entscheiden.

Die Spur rechts im Vordergrund mit 8 cm Tiefe erfordert für die Winterweizenbestellung eine tiefere Lockerung mit hohem Dieselverbrauch.

Der Ertrag wird immer über den tief reichenden Wurzelraum gebildet, denn hoher Ertrag gründet auf gutem Wurzelwachstum.

Feuchten Boden zu befahren, ist im Extremfall notwendig, zum Beispiel um die Ernte zu retten, in einem nassen Sommer und im Herbst bei der Maisernte. Auch Gülledüngung im zeitigen Frühjahr kann den Boden schädigen. Dann gilt es, den Bodenschaden gering zu halten durch größtmögliche radiale Reifen mit niedrigem Reifendruck und mit weniger Last.

Wichtig für geringeren Bodenschaden ist ein intakter, fruchtbarer Boden mit hoher Regenerationsfähigkeit durch das vielgestaltige Bodenleben mit vielen Regenwürmern. Über viele Jahre gefüttert mit Stroh, Mist, Gülle, Kompost, Pflanzen- und Wurzelresten, beschirmt gegen Erosion durch eine Pflanzendecke, wird Boden bei Schadverdichtungen regenerationsfähiger. Das vielfältige Bodenleben ermöglicht gleichmäßigen Ertrag. Auch Zwischenfrüchte, Kalken und die Grasnarbe mit Pflanzenwurzeln verbessern die Tragfähigkeit.

Bodenschutz ist Zukunftsgestaltung

Unser Boden hat sich oftmals in Jahrtausenden gebildet, ist also ein segensreiches Menschheitserbe. Der Boden ändert sich kontinuierlich je nach Ausgangsgestein, Zusammensetzung, Verwitterung, Grundwasserstand, Regenmenge, Regenverteilung, Frost, Erosion durch Wasser und Wind, Humusgehalt und Pflanzenbestand – sowie entscheidend durch den Bewirtschafter.

Durch Erosion geht Boden verloren, man sagt: Der Reichtum des Landes geht den Bach hinunter. Erosion ist ein Bewirtschaftungsfehler und Bodenerosion verbaut die Zukunft. Dem Landwirt ist der Bodenschatz anvertraut, und er hat den Boden zu pflegen und ertragreicher an Nachfolger und Enkel weiterzugeben.

Grafik 1: Bodenverdichtung

Fruchtbarer Boden hat ca. 50 % Poren und ist der „Stall“ der Bodenlebewesen. Quelle: VDI 6101

Grafik 2: Reifendrücke bei Maschinen

1 bar Luftdruck im Reifen bei der Bestellung und 2 bar in der Ernte sollten die obere Grenze sein. Quelle: VDI 6101

Besonders nachhaltig bewirtschafteter Forst in Wrist

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Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), Landesverband Schleswig-Holstein, hat auch 2024 wieder einen Wald des Jahres ausgezeichnet. Er liegt in der Gemeinde Wrist im Kreis Steinburg.

Mit der Auszeichnung zum Wald des Jahres sollen das Ökosystem Wald mit all seinen Funktionen und gesellschaftlichen Dimensionen und insbesondere das Wirken und die Leistungen der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sowie Forstleute verstärkt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit transportiert werden.

Gesund und nachhaltig

Der Wald ist kein Randthema. Das zeigen die immer brisanter werdenden Themen Klimawandel und Erneuerbare Energien. Der Mensch braucht einen gesunden und nachhaltig bewirtschafteten Wald. Innovative Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sowie Forstleute be- und erwirtschaften das Holz zur Energieversorgung und zum Bau von Wirtschaftsgütern, sorgen für Artenvielfalt und den Erhalt von Lebensräumen. Sie schaffen die Grundlage für Arbeitsplätze und bringen Mountainbiker, Waldkindergärten, Begräbniswälder und auch Windräder unter einen Hut.

Dr. Gerrit Bub, Christian Rosenow, Heiner Rickers, Sandra Redmann, Rixa Kleinschmit und Preisträger Heiko Ibs (v. li.) pflanzen einen Walnussbaum.

Wald des Jahres steht in Wrist

Der Wald des Jahres 2024 wächst in Wrist (Kreis Steinburg). Waldbesitzer Heiko Ibs erwarb die Fläche vor 14 Jahren und kämpft seither gegen klimatische Veränderungen. Der Wald bestand vor seinem Erwerb aus Fichten, Kiefern und Eichen. Lange Trockenphasen und der Borkenkäfer führten zu einem großen Ausfall im Fichtenbestand.

Mit der Beratungshilfe durch den Bezirksförster der Landwirtschaftskammer, Christian Rosenow, passte Ibs seine Kulturen an – stets das Ziel im Blick, seinen Wald „enkelfähig“ zu gestalten. Mit einer bunten Baummischung aus jungen Stieleichen, Lärchen, Douglasien, Buchen und Linden soll dies geschehen. Zusätzlich wurde im Mai bei Jagdhornklängen von der Bläsergruppe Störtalrotte ein kleiner Walnussbaum in die Erde gesetzt.

Die ­SDW-Landesvorsitzende, Sandra Redmann, überreichte dem Preisträger eine Eichenplakette mit Gravur. Bei der Gelegenheit bedankte sie sich für die Mitarbeit des langjährigen SDW-Mitglieds Hans Jochen Hasselmann, der vor 20 Jahren eine Eiche aufschneiden ließ und daraus seither die Plaketten anfertigt.

Fazit

Nur durch den Einsatz der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in Schleswig-Holstein kann es gelingen, den Anteil der Waldfläche von 11 auf 12 % zu erhöhen. So kann ein klimaresilienter, vielfältiger und naturnaher Wald in die Zukunft geführt werden.

Autos und Schweine

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Vielerorts gibt es Vorbehalte gegenüber Autos mit Elektroantrieb. Der Begriff der „Reichweitenangst“ hat es bis in den Duden geschafft. Gerade hierzulande gibt es viele Freunde der fossilen Verbrenner, die kein gutes Haar an der verkündeten Elektromobilität lassen. Auch auf EU-Ebene scheint es in dieser Hinsicht Bedenken zu geben. So wurde jüngst beschlossen, Importe von E-Autos aus China mit Strafzöllen zu belegen. Damit folgt man der USA, wo ebenfalls die Einfuhren von E-Autos durch hohe Abgaben gebremst werden sollen. Hierzulande sind Automobilhersteller, die eigentlich geschützt werden sollen, überhaupt nicht froh über diese Entwicklung. Sie lassen zum einen selbst E-Autos in China produzieren, die jetzt teurer importiert werden müssen. Zum anderen ist China der wichtigste Absatzmarkt für die hiesigen Autobauer. Durch Gegensanktionen könnte der Absatz dort einbrechen. Jetzt kann man lange darüber diskutieren, ob diese Strafzölle der EU gerechtfertigt sind oder ob es nur die Angst vor einer Technologie ist, die man hierzulande verschlafen hat. Viele bemühen dabei als Beispiel das Ende der Dampflokmotiv­ära. Doch wird dieser Wechsel im Automobilbereich wohl nicht so rasch erfolgen. E-Autos und fossil angetriebene Fahrzeuge werden wohl noch eine Weile nebeneinander existieren.

Bauernopfer

Dieser sich anbahnende Handelskonflikt könnte jedoch auch die hiesige Landwirtschaft treffen. Der chinesische Markt ist besonders für den Absatz von Milchprodukten und Schweinefleisch aus der EU wichtig. Laut chinesischen Pressemeldungen sind diese Waren von möglichen Gegensanktionen betroffen, da die Produktion landwirtschaftlicher Güter in EU ebenso subventioniert wird, wie der Bau von E-Autos in China. Auch die Lieferungen von Getreide aus der EU könnten auf den Verhandlungstisch kommen. China ist mit einem Volumen von fast 15 Mrd. € der drittgrößte Handelspartner für Agrarexporte der EU. Kein Wunder, dass die Besorgnis unter Europas Bauern wächst. Insbesondere Schweinefleischexporteure in der EU sind besorgt. So ist China der weltweit größte Konsument. Dazu kommt, dass sich dort auch Nebenprodukte absetzen lassen, die hierzulande nur schwer verkäuflich sind. Doch könnte die jüngste Entwicklung der Regierung im Reich der Mitte entgegenkommen, die die Selbstversorgung mit Grundnahrungsmitteln erreichen möchte. Man will auch hier unabhängig von Importen werden. Damit könnten sich die Strafzölle der EU als Bumerang erweisen. Die Leitragenden könnten nicht nur die hiesigen Interessenten für E-Autos sein, sondern vor allem die Landwirte in der EU.

Hoffen auf erfolgreiche EM

Auf dem hiesigen Schweinemarkt sieht man diese Entwicklung vorerst noch relativ gelassen. Ein vergleichsweise kleines und tendenziell weiter rückläufiges Angebot steht einer regen Nachfrage gegenüber. Die laufende Fußball-EM und die gute Wetterprognose sollten den Grillfleischabsatz endlich beleben. Am Spotmarkt gab es Ende voriger Woche bereits hohe Preisaufschläge für frei gehandelte Schweine. Die Schlachthofseite verweist dagegen auf neue Probleme mit der Afrikanischen Schweinepest, den niedrigen Kursen in den EU-Nachbarländern und auf den möglichen Handelskonflikt mit China. Die Abnehmer sehen somit eine maximal unveränderte Preisentwicklung.

Leitplanken für den Windkraftausbau vorgelegt

Die Landesregierung hat den Entwurf eines neuen Landesentwicklungsplans (LEP) Windenergie beschlossen. Dieser ist ab sofort im Internet einsehbar. Die Öffentlichkeit kann ab dem 25. Juni zu dem Entwurf Stellung nehmen. Das Beteiligungsverfahren läuft bis zum 9. September.

Für Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU) stellt der vorgelegte Planentwurf „einen Meilenstein für die Energiewende und den Klimaschutz in Schleswig-Holstein“ dar: „Der LEP Windenergie legt die Regeln fest, anhand derer wir den zügigen Ausbau der Windenergienutzung vorantreiben und unterstützen wollen.“ Energiewende- und Klimaschutzminister Tobias Goldschmidt (Grüne) erläuterte, eine gute Planung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien sei Grundvoraussetzung für Schleswig-Holsteins Weg zur Klimaneutralität bis 2040. Der vorgelegte Planentwurf biete schon jetzt ein „Mehr an Planungssicherheit für den weiteren Windkraftausbau in Schleswig-Holstein“ und sorge so für Beschleunigung. „Die Zielvorgabe von 15 Gigawatt installierter Windkraftleistung auf drei Prozent der Landesfläche rückt in greifbare Nähe“, so der Minister. Dies sei „eine gute Nachricht für unseren Wirtschaftsstandort“.

Der Plan ist wichtige Voraussetzung und Grundlage für die neu aufzustellenden Regionalpläne Wind für die drei Planungsräume. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren Gesetze auf den Weg gebracht, die bei dem vorliegenden Planentwurf berücksichtigt werden mussten. So ist bundesrechtlich durch das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) verpflichtend, rund 3 % der Landesfläche als Windeignungsgebiete auszuweisen – etwa 1 % mehr als mit den derzeitigen Plänen. Dies deckt sich allerdings ohnehin mit den Plänen der Landesregierung. Auch die vom Bund eingeführte Gemeindeöffnungsklausel hatte Einfluss auf den Planentwurf. Diese Klausel gibt den Kommunen im Land die Möglichkeit, auch außerhalb der vom Land vorgegebenen Vorranggebiete Windkraftanlagen zu planen.

„Wir begrüßen selbstverständlich alle Bemühungen, den Windkraftausbau weiter voranzutreiben. Wir sind nur der Ansicht, dass es bei der Suche nach Standorten für neue Anlagen einen Rahmen geben sollte – also Leitplanken, in denen sich alle Beteiligten bewegen. Deshalb haben wir im nun vorliegenden ersten Entwurf des Landesentwicklungsplans Windenergie Ziele und Grundsätze der Raumordnung festgelegt, die diese Leitplanken bilden. Sie sind aus unserer Sicht wichtig, um die hohe Akzeptanz der großen Mehrheit der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner für den Ausbau der Windenergie zu erhalten. Sie gelten für unsere eigenen Regionalpläne, mit denen die neuen Vorranggebiete ausgewiesen werden sollen, und für die Planungen der Gemeinden“, so die Innenministerin.

36 Ziele und 34 Grundsätze der Raumordnung bestimmen, wo und in welcher Form künftig Land und Gemeinden Windenergiegebiete ausweisen dürfen. Schutzabstände zur Wohnbebauung bleiben unverändert, wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Im Außenbereich müssen Vorranggebiete 400 m Abstand zur Wohnbebauung halten, zu Dörfern 800 m und zu Städten 1.000 m. Einige Kriterien des Landschafts- und Artenschutzes und des Denkmalschutzes werden neu abgewogen, weitere Belange auf die Genehmigungsebene verlagert.

„Unser Ziel ist auch weiterhin, dass wir Windkraftanlagen an Standorten konzentrieren. Insgesamt stehen durch die festgelegten Leitplanken theoretisch etwa 7,2 Prozent der Landesfläche für Windkraft zur Verfügung. Das ist die sogenannte Potenzialfläche, innerhalb derer die Kommunen über Bauleitpläne für Windparks nachdenken können. Wir als Land werden diese Fläche definitiv nicht ausreizen. Im Koalitionsvertrag haben wir das Ziel von 15 Gigawatt Windenergie an Land ausgegeben. Dafür benötigen wir insgesamt rund drei Prozent der Landesfläche. Diese gut drei Prozent wollen wir im Rahmen der zu erstellenden Regionalpläne Wind als sogenannte Vorranggebiete ausweisen. Diese geplanten drei Prozent sind in der Potenzialfläche enthalten – sie kommen also nicht dazu“, so Sütterlin-Waack.

Sabine Sütterlin-Waack und Tobias Goldschmidt stellten die Pläne auf der Landespressekonferenz vor. Foto: MEKUN

Erstmalig enthält der LEP Windenergie auch eine Plankarte, nämlich jener Ziele der Raumordnung, deren Gebietskulisse noch nicht in anderen Planwerken dargestellt ist.

Dies sind unter anderem die Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges und Wiesenvogelbrutgebiete mit besonders hohen Siedlungsdichten. „In diesen Bereichen waren landesseitig sowieso keine Vorranggebiete vorgesehen. Nun geben wir hier mit Zielen der Raumordnung auch der gemeindlichen Planung Leitplanken. Insbesondere die Vogelzugachse von Eiderstedt zur Eckernförder Bucht und zur Schlei wird weiterhin von Windenergieanlagen frei gehalten“, so die Ministerin.

Tobias Goldschmidt betonte: „Der Schutz der Natur und des Klimas sind zwei Seiten derselben Medaille. Der Naturschutz ist und bleibt ein wesentlicher Teil dieser Planung, und zu einem Energiewendeland gehört auch, dass Flächen frei von Windkraftanlagen gehalten werden. Das gilt beispielsweise für die Kernbereiche der Hauptachsen des überregionalen Vogelzugs und der Wiesenvogelbrutgebiete, der Natura-2000-Gebiete und des Seeadlerdichtezentrums, die konsequent von Windkraftanlagen frei gehalten werden. Das ist wichtig für den Artenschutz und eine gute Voraussetzung für den Windfrieden im Land.“

Teil des LEP-Entwurfes Windenergie ist auch ein Umweltbericht, der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Plans auf die Schutzgüter Mensch, Natur, Kultur und Sachgüter beschreibt. Der LEP Windenergie legt keine Vorranggebiete fest. Dies ist Aufgabe der Regionalpläne Windenergie, deren erste Entwürfe Ende 2024 veröffentlicht werden sollen.

Der Entwurf des LEP Windenergie (formal: Teilfortschreibung „Windenergie an Land“ des Landesentwicklungsplans Schleswig-Holstein – Fortschreibung 2021) ist im Anhörungsportal BOB SH unter der Adresse schleswig-holstein.de/windenergiebeteiligung einsehbar.

Die Möglichkeit zur Stellungnahme soll nach der Bekanntmachung im Amtsblatt ab dem 25. Juni freigeschaltet werden und am 9. September enden.

Für weitere Erläuterungen wird auf ein Hintergrundpapier verwiesen, das unter schleswig-holstein.de/windenergie zur Verfügung steht.

Tipp-Ex fürs Genom

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Die rasante Entwicklung in der Tierzucht durch molekularbiologische Methoden beschrieb Prof. Claudia Klein vom Institut für Nutztiergenetik des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) am Dienstag (18. Juni) beim Kreisbauerntag Segeberg. In der Reithalle von Familie Elwers in Negernbötel verdeutlichte die Wissenschaftlerin ebenfalls, wo die Grenzen der sogenannten Genschere CrispR/Cas liegen – technisch wie rechtlich.

Prof. Claudia Klein

Als „Revolution in der Tierzucht“ bezeichnete Klein die Entschlüsselung des Rinder-Genoms im Jahr 2004. Vorher sei nur sehr zeitintensive klassische Züchtung möglich gewesen. Dabei wurden Zuchtbullen nach den Merkmalen der erwachsenen Töchter bewertet, zum Beispiel im Parameter Milchleistung. Heute nutzten Züchter sogenannte SNP (Single Nucelotide Polymorphism), um Merkmale im Genom zu identifizieren. „Was früher sechs Jahre gedauert hat, dauert heute nur noch zwei Tage“, so Klein.

Unter modernen Züchtungstechniken verstehe man heute in erster Linie die Genschere CrispR/Cas, mit der das Genom gezielt verändert werden könne. „Stellen Sie sich vor, die DNA wäre ein Buch und Sie wollten ein Wort ändern. Heute können wir mit Tipp-Ex das Wort löschen und überschreiben.“ Ein theoretisches Anwendungsbeispiel sei die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Wenn es gelinge, das Gen für ASP-Empfänglichkeit zu identifizieren und auszuschneiden, würden Schweine resistent gegen die Seuche. „Das ist der Traum, den ich als Wissenschaftlerin träume“, schilderte Klein.

Thorge Rahlf

Ein anderes Anwendungbeispiel bei Schweinen sei, in der Eizelle direkt nach der Befruchtung das SRY-Gen auszuschalten, das zur Ausbildung von Ebern führt. Wenn es nur noch weibliche Tiere gäbe, könne auf sämtliche Formen von Kastration verzichtet werden. Vorstellbar sei auch, Zuchteber zu erzeugen, die nur noch weibliche Spermien ausbildeten. Neue Sequenzen in eine DNA „einzubasteln“, sei allerdings zum einen technisch sehr schwierig. Zum anderen ist der Einsatz von Genome-Editing in der EU prinzipiell nicht erlaubt. Problematisch sei, dass solche Methoden aber beispielsweise in Südamerika schon kommerziell angewendet würden und wir von dort Fleisch importierten. Ein Nachweis von Genome-Editing im Produkt sei aber so gut wie unmöglich. Laut Klein hat die Genschere ein „unendliches Potenzial“. Sie sieht aber für deren Anwendung in der Pflanzenzucht deutlich mehr Möglichkeiten als in der Tierzucht.

Ludwig Hirschberg

Thorge Rahlf, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Segeberg (KBV), betonte die Bedeutung der Tierhaltung im Kreis. Tierzucht ist für ihn ein wesentlicher Baustein, um die Tierhaltung zukunftsfähig zu halten. Politik und Gesellschaft forderten aktuell von den Bauern mehr Tierwohl und mehr Klimaschutz bei gleichbleibenden Preisen. „Das funktioniert nicht“, stellte Rahlf klar.

Ludwig Hirschberg, Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, appellierte an die Anwesenden, selbst politisch aktiv zu werden, um die Interessen der Landwirtschaft zu vertreten und mehr Vernunft in die Politik zu bringen. 

Zitate

Cedric Rieken, ZukunftsBauer: Habt ein offenes Ohr für die Leute, die auf euch zukommen. Ich habe einfach mal die Hoftore aufgemacht und viele positive Erfahrungen gewonnen. Ein Großteil der Leute wird beeindruckt sein, wie es in der Landwirtschaft wirklich aussieht. 

Kathrin Rehders, Sprecherin Unternehmerinnennetzwerk: Wir wollen im Verband jünger und weiblicher werden. Unser Netzwerk lebt vom gegenseitigen Austausch und fachlichen Fortbildungen. Wer Lust hat, sich dem Netzwerk anzuschließen, kann gern auf uns zukommen. 

Thilo Pries, KBV-Vorstandsmitglied: Moderne Züchtungstechniken bieten viele Chancen, Arznei-, Dünge- und Pflanzenschutzmittel einzusparen. Das sollte man in den Diskussionen berücksichtigen. 

Petra Fahje, Vorsitzende KreisLandFrauenverband Segeberg: Durch nachhaltige Anbaumethoden und moderne Techno-logien schaffen Landwirte qualitativ hochwertige Lebensmittel. Der Kauf regionaler Produkte bietet viele Vorteile für die Umwelt, zum Beispiel durch kurze Transportwege, und stärkt die Landwirtschaft vor Ort.

Jan Peter Schröder, Landrat des Kreises Segeberg: Wir dürfen uns nicht zu Tode verwalten. Aber ein Stück weit Bürokratie ist notwendig. Ein Abbau funktioniert nur im Konkreten und wenn Vertrauen herrscht. Lassen Sie uns darüber reden, was geht.

Cedric Rieken
Kathrin Rehders
Thilo Pries
Petra Fahje
Jan Peter Schröder


Die Spur des Bildhauers

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Heinz Breloh, geboren 1940, war ein Künstler, der stets ungewöhnliche Wege beschritt. Viele seiner voluminösen Werke formte er nicht nur mit den Händen, sondern mit seinem ganzen Körper. Wenn er seinen eigenen Körper in den Gips drückte, sich selbst in das Material projizierte, wurde er nicht nur zum Werkzeug, sondern zugleich zum Motiv. „Die Arbeit ist getan, wenn zwischen Körper und Plastik keine Distanz mehr besteht“, sagte er. Für diese Art, Kunst zu erleben, hatte Heinz Breloh allerdings nur rund drei Jahrzehnte Zeit. Der gebürtige Nordrhein-Westfale starb 2001 nach schwerer Krankheit im Alter von nur 61 Jahren in Köln.

Eine große retrospektive Werkschau in der Villa Wachholtz, in diversen Erlebnisräumen sowie im Skulpturenpark der Gerisch-Stiftung zeigt nun vom 16. Juni bis 15. Dezember 2024 mehr als 120 seiner Arbeiten mit den thematischen Schwerpunkten „Der Künstlerkörper im Werkprozess“, „Künstlerrezeption“ und „Naturbezug“. Darunter sind kleine und große Gipsskulpturen, sinnliche Keramiken, großformatige Zeichnungen, Modelle für den öffentlichen Raum, Projektskizzen, seltene Film- und Fotoarbeiten aus dem Frühwerk sowie aufwendige Installationen aus dem Spätwerk. „Wir sind glücklich, die Werke von Heinz Breloh nach 16 Jahren wieder präsentieren zu dürfen, und freuen uns, dass dieser Nachlass im Gegensatz zu vielen anderen so gut verwaltet wird“, sagt Stiftungsleiterin Brigitte Gerisch.

Dr. Ludger Breloh, Malte Guttek und Stiftungsleiterin Brigitte Gerisch (v. li.) organisieren die große Retrospektive in den Räumen der Gerisch-Stiftung.
Foto: Lydia Bernhardt

Das Werk von Heinz Breloh kreiste um den Menschen, aber auch viel um sich selbst. Die ersten Arbeiten spiegeln Brelohs Faszination für Fotografien und bewegte Bilder wider, die er in skulptural anmutende Installationen transformierte. Durch ein existenzielles Erlebnis von Wahrnehmung und Ausdruck fand er in den 1980er Jahren zum Konzept des „Bildhauers als Sechsender“. Der Kurator Malte Guttek erklärt es so: „Das Konzept des Bildhauers als Sechsender bedeutet, dass sich die Zahl sechs bei Breloh auf den Kopf, die Hände, den Penis und die Füße bezieht.“ Denn es sind immer sechs Elemente, die aus etwas herauskommen oder auf etwas einwirken: vergleichbar mit dem Bild des Menschen, des Bildhauers oder des schöpferischen Künstlers, der etwas macht oder eben erfährt. Manchmal sind Brelohs Arbeiten klar und eindeutig betitelt, dann wieder bleiben sie fragmentarisch und lassen viele Interpretationen zu. Das macht sein Gesamtwerk so spannend.

Dabei ist Heinz Breloh einer der wenigen Bildhauer, die bereits in den 1990er Jahren mit Keramik gearbeitet haben, als dieses Material von den meisten noch belächelt wurde. Den Umgang mit Keramik hatte Heinz Breloh allerdings nicht gelernt, die Keramiken dieser Zeit sind allein aus der Freude am Machen entstanden. Und doch lassen sie sich in ihrer Qualität durchaus mit zeitgenössischen Arbeiten vergleichen.

Blick in einen der Ausstellungsräume in der Villa Wachholtz. Hier werden unter anderem sechs Sechsender präsentiert.
Foto: Lydia Bernhardt

Es entstanden große Formen, die nicht im Sinne der Materialgerechtigkeit geglättet wurden. Tiefe Fingerabdrücke, die von der Lust am Gestalten zeugen, haben sich unauslöschlich in das Material eingegraben. Darüber hinaus war Heinz Breloh ein Künstler, der sich intensiv mit der Kunstgeschichte auseinandersetzte und in historischen Dimensionen dachte. „Damit hat er sich eine einzigartige Position in der internationalen Bildhauerei gesichert“, so Guttek.

„Es war schon früh klar, dass man Heinz auf einem landwirtschaftlichen Betrieb am wenigsten gebrauchen konnte“, erzählt Dr. Ludger Breloh, der jüngste der vier Brüder, der heute den riesigen Werknachlass verwaltet. Heinz Breloh wuchs nämlich als zweiter von fünf Brüdern in einer bäuerlich-katholisch geprägten Familie in Hilden bei Düsseldorf auf. Während seine Brüder nach dem Abitur Landwirtschaft und Ingenieurwesen studieren, interessierte sich Heinz schon als Schüler besonders für Kunst und Musik. In vielen bäuerlichen Familien wäre das ein Problem gewesen, denn es geht hier stets um die Nachfolge, nicht so bei Familie Breloh. „Unsere Eltern und wir Brüder haben Heinz von Anfang an unterstützt, auch als er Kunst studieren wollte“, erzählt Ludger Breloh.

Die Bronzeskulptur „Lebensgröße“, 1994, ist im Skulpturenpark der Gerisch-Stiftung zu sehen.
Foto: Lydia Bernhardt

Auch später, als Heinz frustriert zurückkehrte, weil er an den Hochschulen nicht den nötigen künstlerischen Nährboden fand, war die Familie für ihn da. Vater Breloh richtete ihm kurzerhand ein Atelier auf einem ungenutzten Heuboden ein. Doch es gab eine Bedingung. Heinz musste auf seinen kleinen Bruder Ludger aufpassen. „Ich bekam einen kleinen Tisch, an dem ich kneten und malen durfte und war dann nach der Schule immer bei Heinz im Atelier“, erinnert sich Ludger Breloh, dem diese gemeinsamen Jahre sehr viel bedeuten. Denn in dieser Zeit entstand eine besonders enge Bindung zwischen den Brüdern. Heinz passte nicht nur auf seinen kleinen Bruder auf, sondern nahm ihn auch auf zahlreiche Ausflüge in Museen und Kunstausstellungen mit. Schließlich wurden drei der fünf Brüder Landwirte, darunter auch Dr. Ludger Breloh, der in Kiel Agrarwissenschaften studierte. „Insofern war Heinz völlig aus der Art geschlagen, wurde aber von uns allen geliebt und unterstützt“, sagt er. Deshalb sei es für ihn eine besondere Freude, den Nachlass verwalten zu dürfen.

Derzeit entsteht ein umfangreiches Werkverzeichnis, an dem auch Kurator Malte Guttek mitarbeitet. Die ausführliche Biografie des Künstlers sowie zahlreiche Abbildungen seiner Werke findet man unter heinz-breloh.de 

„Ihr seid nicht allein“

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Das eigene Kind zu verlieren, ist das Schlimmste, was Eltern passieren kann. Von jetzt auf gleich ist nichts mehr wie es war. Ohnmacht, Trauer und Schmerz bestimmen den Alltag, der zur Herausforderung wird. Seit 20 Jahren bietet der Verein Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister Schleswig-Holstein (VESH) mit Beratung, Begleitung, Gruppenangeboten und verschiedenen Projekten Eltern verstorbener Kinder einen Ort der Begegnung und Unterstützung an, begleitet durch die Trauer, gibt Orientierung und schützt vor Isolation, wenn das Umfeld überfordert ist. Jüngst schuf der Verein mit einer weiteren Fläche für Himmelsbäume bei Jevenstedt einen Ort der Einkehr, Stille und Erinnerung.

„Der Weg des Trauerns ist sehr individuell. Es geht auf und ab. Die Trauer kann nur Schritt für Schritt bewältigt werden.“ – So lautet einer der Schilder-Texte der verschiedenen Stationen auf dem Himmelsbäume-Gelände zwischen Jevenstedt und Nienkattbek. Es ist eine kleine Waldlichtung nahe dem historischen Ochsenweg. Friedlich ist es hier und ruhig. Ein Banner zwischen Bäumen macht verwaisten Eltern Hoffnung: „Du bist nicht allein.“

Ein Banner, der verwaisten Eltern Mut macht.

Eine Aussage, die der VESH seit 20 Jahren mit Leben füllt. Denn neben der Trauer über den Verlust des Kindes sind es oft die Hilflosigkeit und Überforderung, die Eltern und Geschwistern zu schaffen machen. Und auch das Umfeld ist überfordert mit der Situation. Freunde, Bekannte, Nachbarn wissen oftmals nicht, wie sie den Eltern begegnen sollen. Aus Angst, etwas Falsches zu sagen oder zu tun, gehen sie den Trauernden aus dem Weg, wechseln die Straßenseite. Das hat Dagmar Steffensen, zweite Vorsitzende im VESH, selbst erlebt. „Mein Milan starb 2015 im Alter von zehn Jahren. Man kann es gar nicht richtig fassen, diese Hilflosigkeit. Anfangs denkt man immer noch, dass er gleich durch die Tür gerannt kommen muss. Oder man findet Wochen später noch dreckige Socken und denkt, vielleicht ist er noch irgendwo? Zu realisieren, dass dem nicht so ist, ist total schwer. Ich brauchte dringend Hilfe, war aber überrascht, dass selbst professionelle Therapeuten mit dem Thema überfordert waren. Ich arbeite als Pädagogin und Beraterin im sozialen Bereich, bin also vom Fach. Doch kam es mir so vor, dass ich allen erklären musste, was ich brauche. Ich dachte damals nur, Leute, ihr sollt mir helfen, nicht umgekehrt.“

Vor drei Jahren stieß sie auf eine VESH-Elterngruppe in Kiel und ging hin. „Es war befreiend, mit Menschen zu sprechen, die einen verstanden und wussten, wie groß das Loch ist, das sich auftut, wenn ein Kind stirbt. Sie konnten die Bedeutung dieser dreckigen Socken verstehen“, berichtet Dagmar Steffensen von ihren Erfahrungen. Sie wisse, dass viele es einfach nur gut meinten, wenn sie sagten, sie wüssten, wie es ihr gehe. „Aber es ist ein Unterschied, ob jemand über etwas spricht oder es tatsächlich selbst erlebt hat.“ Es sei auch hilfreich gewesen, in der Gruppe zu besprechen, dass nichts gegen den Schmerz helfe, „sondern dass es nur darum geht weiterzuatmen. Jeden Tag, immer weiter. Und irgendwann wird es besser, auch wenn man das anfänglich nicht glauben mag.“

Dagmar Steffensen

Es sei ihr wichtig, diese Erfahrungen weiterzugeben und das Thema bekannt zu machen. Zu zeigen, dass es Hilfe gebe, dass es Menschen gebe, die mit dieser Trauer umgehen und Betroffene auf dem Weg zurück ins Leben begleiten könnten. Deshalb arbeite sie jetzt mit im Vorstand des Vereins.
Die Trauer um den Verlust eines Kindes sowie den Tod in die Mitte der Gesellschaft zu rücken, sei eine der Aufgaben des Vereins, erklärte der Vorsitzende Gerd Rullmann beim Spatenstich für das Projekt „Himmelsbäume Jevenstedt“ Ende Mai. Dieses Projekt setzt die Tradition der Himmelsbäume auf der Insel Föhr fort, die 2015 von der damaligen Gemeindepastorin Brigitte Wulff initiiert wurde, nachem Orkan „Christian“ 2013 dort in einer Waldfläche bei Wyk durch umgewehte Bäume eine Fläche für Neuanpflanzungen geschaffen hatte.

„Einen Baum zu pflanzen im Gedenken an ein verstorbenes Kind, als eine Verbindung zwischen Erde und Himmel, ist für betroffene Eltern tröstlich und sinnstiftend. Es ist ein Symbol für die Verbindung des Jenseits mit dem Diesseits und eine Verbindung, die aussagt, dass die Liebe zwischen Eltern und Kindern immer bleibt“, so Gerd Rullmann.
Die Himmelsbaum-Flächen seien ein Ort für alle Menschen, „die wir hier bewusst ansprechen möchten und sie einladen, diese Flächen hier zu besuchen. Wir möchten erreichen, dass nicht betroffene Eltern Betroffenen die Hand reichen. Eltern lassen Eltern nicht allein“, so Rullmann. Eine Japanische Zierkirsche – das ist der Himmelsbaum, den Kathrin und Hans-Josef Würtz für ihren Sohn Eric auf Föhr gepflanzt haben. Eric starb im November 2020 zwei Tage vor seinem 17. Geburtstag bei einem Unfall am Bahnhof Itzehoe. Auch sie suchten aktiv Hilfe und bekamen den Hinweis auf den VESH, mit dessen Unterstützung sie zurück ins Leben fanden.

Ein Netzwerkbaum auf der Fläche der Himmelsbäume Jevenstedt steht für das Miteinander von Menschen und Institutionen, die verwaiste Eltern und trauernde Geschwister begleiten und unterstützen.

Die Arbeit des VESH begann schon weit vor der Vereinsgründung mit einem Impuls im Jahr 1991 und mit der Impulsgeberin Elke Heinen. Sie leitete den Kirchenkreis Schleswig-Flensburg und war mit dem Aufbau einer Mutter-Kind-Gruppe betraut. Als eine der Mütter nicht mehr zu den Gruppenabenden erschien, weil ihr Kind verstorben war, machten sich Fassungslosigkeit und Sprachlosigkeit breit. Elke Heinen rief daraufhin in Schleswig die erste Gruppe für Eltern verstorbener Kinder ins Leben. 1994 gründete sich eine Gruppe für Eltern verstorbener Jugendlicher und jung verstorbener Erwachsener.

Diese Eltern gründete 2004 den Verein Verwaiste Eltern Schleswig. Schon damals gab es Aufgaben und unerwartete Fragen, die zu einer Ausweitung von Angeboten führten und die die Arbeit des Vereins stetig veränderten. Als eine schwangere Italienerin während ihres Urlaubsaufenthaltes in Schleswig ihren Sohn in der 18. Schwangerschaftswoche durch eine plötzliche Frühgeburt tot zur Welt brachte, wurde alles Mögliche versucht, diesem kleinen Wesen eine Bestattung zu gewähren. Als alles geregelt war, war die junge Frau nach Italien verschwunden, und der Junge ging in die übliche Entsorgung im Krankenhaus. Elke Heinen beschloss zusammen mit dem Verein, dass der Junge das letzte Kind gewesen sein sollte, dass diesen Weg gehen musste.

Sie und weitere Eltern gründeten 2005 eine Babygrabstätte mit dem Namen „Garten der Kinder“. Landesweit gibt es mehr als 80 Sternenkinderfelder auf Friedhöfen und in Ruheforsten. Seit 2013 haben Eltern die Möglichkeit, ihrem Sternenkind einen Namen zu geben, der standesamtlich erfasst werden kann, und sie haben ein Recht darauf, ihr Sternenkind zu beerdigen.

Da es keine Särge für diese kleinen Wesen gab, erwuchs daraus die nächste Aufgabe: die Herstellung eines Minisarges. Mittlerweile wird das Modell bundesweit verschickt. Aus dem ortsgebundenen Verein wurde ein landesweit tätiger Verein, es änderten sich die Satzung und das Aufgabenfeld, der Verein wurde umbenannt in VESH. Es folgte die Aufnahme in den Bundesverband, 2011 gründete sich dann ein für die Arbeit des Vereins wichtiges Netzwerk, in dem viele weitere Institutionen mit eingebunden sind. Seit 2014 ist der VESH-Landesverband im Bundesverband.

Der Vereinsvorstand mit Dagmar Steffensen, Gerd Rullmann, Ulrike Schilling und Ole Kosian (v. li.)
Foto: VESH

Neben dem Ehrenamt wurden hauptamtliche Stellen geschaffen, um verwaiste Eltern professionell in ihrer Trauer zu begleiten. Neben einer Schirmherrschaft durch die nun neue Bischöfin Nora Steen im Sprengel Schleswig und Holstein gibt es seit 2019 mit Hans-Tim Hinrichsen, Gitarrist und Sänger der Band Santiano, einen Botschafter für den Verein.

Katharina Grothkopp ist seit 2022 als Bildungsreferentin und Geschäftsstellenleiterin beim VESH. Sie ist Ansprechpartnerin für Erstberatungen von betroffenen Eltern und Geschwistern in der Hauptgeschäftsstelle in Schleswig. Und sie besucht Kitas, Schulen und andere Einrichtungen, um auch Außenstehende für das Thema zu sensibilisieren, „damit verwaiste Eltern nicht allein und haltlos dastehen und mehr Sichtbarkeit bekommen“, so Grothkopp. Wo stehen die Trauernden und was wird gebraucht? Das sind die zentralen Fragen, wenn es darum geht, die bestmögliche Hilfe für die Betroffenen vor Ort zu organisieren und sie an Ansprechpartner im Netzwerk zu vermitteln. Viele der Angebote sind spendenfinanziert.

Auch deshalb sei es wichtig, die Arbeit bekannt zu machen, und die Ansprüche ihrer Arbeit bewusst nach außen anzumelden, so Gerd Rullmann: „Das ist mein Appell: Diese Arbeit muss unterstützt werden, denn sie trägt zur Gesundheitsvorsorge bei und führt Eltern in die Gesellschaft zurück.“

Kontakt: Katharina Grothkopp

Tel.: 0 46 21-9 52 60 70

Friedrichstraße 7

24837 Schleswig

grothkopp@vesh.de

ausführliche Infos unter vesh.de

Sitzgelegenheiten auf der Fläche der Himmelsbäume laden zum Verweilen und Innehalten ein.
Fotos: Iris Jaeger
Jedes Mitglied einer Familie trauert auf seine eigene Art. Nach einem Verlust muss sich das Familiensystem neu ausbalancieren.
Eine der Stationen auf der neuen Fläche ist die Klagemauer. Sie ist ein Ort, an dem all das ausgedrückt werden kann, was verwaisten Eltern und Familien Sorgen macht. Die Klagemauer erträgt alles, auch Wut und Aggression.
In einem Himmelsbrief darf sich alles von der Seele geschrieben werden.
Liebevolles Detail am Netzwerkbaum: Die Raupe, die am Stamm hochklettert.
Die sozialpolitische Sprecherin im Landtag, Birte Pauls, mit VESH-Botschafter sowie Gitarrist und Sänger der Band Santiano, Hans-Timm Hinrichsen
Himmelsleiter, angefertigt vom Künstler Berthold Grzywatz
Foto: Iris Jaeger


Vom Springen zur Dressur

Beim Dressurderby in Hamburg-Klein Flottbek das Blaue Band zu gewinnen, zählt zu den größten Erfolgen einer Reiterkarriere. Mit ihrem Sieg in der U25-Dressurtour gelang es Leonie Ottmar, diese begehrte Auszeichnung nach Flensburg zu holen.

Die besondere Herausforderung im Dressurderby ist der Pferdewechsel im Finale, zu dem die drei besten Reiter der Qualifikationen zugelassen werden. Hier muss jeder Teilnehmer auch das Pferd seiner zwei Konkurrenten vorstellen. Durch Addition der einzelnen Ergebnisse wird der Sieger ermittelt. Seit 2010 findet das Dressurderby mit Pferdewechsel auch für die Altersklasse U25 statt. Hier zu siegen, vor allem in der Dressur, das hatte sich Leonie Ottmar nie träumen lassen.

Die 23-Jährige reitet von Kindesbeinen an, ihr Herz schlug jedoch für den Springsport, in dem sie erfolgreich unterwegs war. Ottmars Passion für das Dressurreiten entwickelte sich erst vor etwa fünf Jahren, als sie in den Verkaufs- und Ausbildungsstall von Vera Fürst in Flensburg kam. Die Trainerin entdeckte ihr Dressurtalent und bot ihr an, ihre Pferde mitzureiten. „Vera hat mich sozusagen umgepolt“, lacht Ottmar.

Das Gefühl, mit einem gut ausgebildeten Pferd im starken Trab auf die Mittellinie zu reiten, sei so, wie über einen S-Oxer zu fliegen. Das habe sie vorher nie geglaubt. Aufgrund ihrer S-Erfolge in dieser Disziplin wurde ihr im vergangenen Jahr das Goldene Reitabzeichen verliehen. Sich schnell auf verschiedene Pferde einstellen zu können, ist ihre Stärke. Das kam ihr beim Pferdewechsel im Derby zugute.

Bereits 2023 mischte Ottmar mit Fernet im U25-Dressurderby ganz vorn mit, aber in der Qualifikationsprüfung reichte es „nur“ für den fünften Platz. In diesem Jahr hatte sie den achtjährigen Don Horatio mitgebracht. Sie ging es ganz locker an, ohne große Erwartungen. Erst seit einem halben Jahr hat sie den von ihrer Trainerin gezogenen DeLorean-Akinos-Sohn in Beritt. Im Februar gingen die beiden ihr erstes gemeinsames Turnier. „Er hat sich so cool angestellt“, freute sich die Reiterin und dachte sich: „Den kann ich doch nach Hamburg mitnehmen.“

Tatsächlich schnurrte Don Horatio durch die S-Dressur „wie ein alter Hase“. Mit 69,167 % qualifizierte sich das Paar gleichauf mit Leoni Sahm und hinter Kim Burschik für das Finale mit Pferdewechsel. „So etwas habe ich zwar noch nie gemacht, aber ich bin es gewohnt, mich auf unterschiedliche Pferde einzustellen“, so die Flensburgerin. Viel Zeit hatte sie dafür im Derby zwar nicht, doch sie kam mit allen Pferden gut zurecht.

„Beide waren toll zu reiten“, beschreibt Ottmar ihre Erfahrung. Falcon von Leonie Sahm sei ein sehr gut ausgebildetes und lektionssicheres Pferd. Sie habe nur die richtigen Knöpfe drücken müssen: „Da war ich nur Beifahrer.“ Auf ihm holte sie sich mit 70,579 % das beste Prüfungsergebnis. Van Victorio von Kim Burschik sei zwar etwas „guckig“ gewesen, aber sehr leichtfüßig und angenehm zu sitzen. Mit ihm erreichte sie exakt dasselbe Ergebnis wie mit ihrem eigenen Pferd, nämlich 69,974 %. Schließlich standen 210,527 Punkte auf ihrem Konto: genug für den Sieg.

Nur eine Woche später setzte sie ihre Siegesserie fort. Vom Pfingstturnier in Wedel durfte sie zwar kein blaues Band, aber eine blaue Siegerdecke mit nach Flensburg nehmen. Mit dem siebenjährigen Egon, einem Sohn des Escolar und im Besitz von Sandra Wolfsteller, gewann sie die Dressurpferdeprüfung der Klasse S auf Kandare. Auch dieses Pferd, das sie beim Derby in der Youngster Tour geritten hatte und mit dem sie Dritte im Finale wurde, hat sie erst seit wenigen Monaten unter dem Sattel.

Den Gedanken, die Reiterei zum Beruf zu machen, schiebt die Bio- und Lebensmitteltechnologin kategorisch zur Seite. Sie hat gerade ihr Studium beendet und vor einem Monat ihren ersten Job begonnen, der ihr sehr gut gefällt. Hier möchte sie erst einmal Fuß fassen.

Politik, Party und Platt-Kurs in Jübek

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Einen Deutschen Landjugendtag mitzuerleben, ist für viele Lajus einmalig. Der DLT 2024 hat gleich aus mehreren Gründen das Zeug dazu, in besonderer Erinnerung zu bleiben. Hier drei davon: Seit 2020 sollte der DLT in Schleswig-Holstein stattfinden. Aufgrund der Corona-Pandemie fiel er für fast eine ganze Landjugendgeneration aus. Umso größer war die Freude, dass sich nun endlich wieder Landjugendliche aus ganz Deutschland trafen.

In die Geschichte eingehen wird der 39. Deutsche Landjugendtag auch durch das klare Bekenntnis: „Rechtsextremismus hat bei uns keinen Platz.“ Der tosende Applaus bei der Landjugendveranstaltung machte deutlich, dass Lajus im Festzelt nicht nur feiern können.

Und dann bleibt da noch der Regen – der forderte den Organisatoren alles ab. Einige Exkursionen fielen ins Wasser. So war auf einmal der Plattdeutsch-Kurs im Festzelt brechend voll. Seit dem DLT in Jübek wird es in Bayern auffallen, dass so einige Lajus ein wenig Platt schnacken können. 

Durchblick: Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU, M.) mit Laju-Vorständen des BDL und aus SH
Reiselustig: Mit einem Sonderzug kamen gut 500 Jugendliche aus dem Süden Deutschlands.
Politik-Talk: Dank an die Landjugend für ihr Engagement mit Expertise im ländlichen Raum
Wasser: Das gab es bei den Exkursionen von oben und von unten.
Kapitän: Hannes Bumann hatte fünf Jahre den Hut für den DLT auf.
Modern: Im Theaterstück der Laju ging‘s um Klimakleber, Generationswechsel, Vorurteile, ÖPNV und die Liebe. Foto kis
Digital: Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) überbrachte seine Grüße per Video.
„Karma klebt dir eine“: Mitreißend und rasant war das Theater­stück von Autor und Regisseur Florian Kruse.