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75 Jahre Grundgesetz

„Zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes lohnt es sich, weiter für unsere Demokratie zu kämpfen. Nix ist fix. Für Gleichheit und Freiheit müssen wir alle einstehen, jeden Tag“, sagt Johanna Selbert. Seit rund zwei Jahren lebt die gebürtige Hessin in Schleswig-Holstein. Mit Respekt schaut sie auf ihre Urgroßmutter, die Kasseler Juristin Dr. Elisabeth Selbert (1896-1986) zurück, die maßgeblich dafür sorgte, dass der Artikel 3, Absatz 2 ins Grundgesetz kam: Männer und Frauen sind gleichberechtigt.

Johanna Selbert kommt gerade von einem beruflichen Termin in der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Kiel. In der Flensburger IHK-Dependance arbeitet die junge Volljuristin als Referentin im Team Recht und Steuern, ihre erste Anstellung nach Studienabschluss. Nun ist sie mit dem Bauernblatt am Kieler Landtag verabredet. Ein passender Ort, um über einen Aspekt rund um die Entstehung des Grundgesetzes zu sprechen, der heute kaum noch im gesellschaftlichen Gedächtnis ist. Deshalb nimmt die 33-Jährige das aktuelle Erinnern an die Geburtsstunde der Bundesrepublik vor 75 Jahren gern zum Anlass, um bei diversen Veranstaltungen auf das Wirken ihrer Urgroßmutter aufmerksam zu machen.

Auch wenn sie selbst sie nicht mehr persönlich gekannt hat – sie wurde fünf Jahre nach ihrem Tod geboren –, setzte die Urahnin wegweisende Impulse nicht nur für die Bundesrepublik, sondern auch für die nachfolgenden Frauengenerationen der Selberts. „Meine Mutter Susanne war 26, als ihre Großmutter Elisabeth mit knapp 90 starb. Die beiden hatten einen engen Kontakt, sowohl in ihrer Kindheit als auch in der Zeit, als meine Mutter Jura studierte. Sie konnte mir noch viel aus eigenem Erleben berichten. Elisabeth Selbert ist immer in unserer Familie präsent. Wir reden über sie.“

Mutter des Grundgesetzes: die Juristin Elisabeth Selbert (1896-1986) aus Kassel
Foto: privat

Ein Blick zurück: Auf Weisung der drei Westmächte, gewählt von den Landtagen, kommen am 1. September 1948 in Bonn erstmals die 65 stimmberechtigten Abgeordneten des Parlamentarischen Rates zusammen, um ein Grundgesetz für die Westzonen auszuarbeiten. Aus Schleswig-Holstein sind Andreas Gayk und Rudolf Katz von der SPD sowie Hermann von Mangoldt und Carl Schröter von der CDU dabei. Unter den Abgeordneten gibt es nur vier Frauen. Neben Elisabeth Selbert (SPD) sind es Frieda Nadig (SPD), Helene Weber (CDU) und Helene Wessel (Zentrum).

Im Hauptausschuss des Rates wird über Grundsatzfragen beraten, zu denen nach fester Überzeugung Selberts die Verankerung der Gleichberechtigung von Mann und Frau gehört. Aber die von ihr über die SPD eingebrachte schlichte und eindeutige Formulierung „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, findet überraschend keine Mehrheit. Die Ausschussmitglieder verständigen sich zunächst auf den Satz „Männer und Frauen haben die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.“ Im Klartext bedeutet das, die Frauen sollen, wie schon in der Weimarer Republik, lediglich das aktive und passive Wahlrecht erhalten. Mit diesem Widerstand gegen die Festschreibung der Gleichberechtigung hat Elisabeth Selbert nicht gerechnet. Immerhin gibt es zum Ende des Zweiten Weltkrieges sieben Millionen mehr Frauen als Männer. Das Gewicht dieser Wählerinnen kann man(n) doch nicht außer Acht lassen! Die streitbare Sozialdemokratin versucht, einen Konsens mit den anderen drei Frauen im Rat herzustellen, was aber aus verschiedenen Gründen schwierig ist. Ihre Genossin Frieda Nadig befürchtet beispielsweise ein Rechtschaos, wenn im Grundgesetz die Gleichstellung der Frau verankert würde, ohne gleichzeitig entsprechende Passagen im geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) von 1900 zu ändern, das den Frauen kaum Rechte zugesteht.

Elisabeth Selbert fängt an, über Parteigrenzen hinweg nach Verbündeten für ihre Formulierung zu suchen, und initiiert Protest in der breiten Öffentlichkeit. Damit setzt sie sich über ungeschriebene Gesetze parlamentarischer Konsensbildung hinweg. In einer Rede Ende der 1970er Jahre vor dem Deutschen Frauenring in Kassel schaut sie auf die Ereignisse zurück: „Es war geradezu begeisternd und erschütternd, wie die Proteste aus dem ganzen Bundesgebiet, und zwar Einzelproteste und Verbandsproteste, in großen Bergen in die Beratungen des Parlamentarischen Rates hineingeschüttet wurden. Körbeweise! Und ich wusste, in diesem Augenblick hätte kein Abgeordneter mehr gewagt, gegen diese Fülle von Protesten anzugehen und bei seinem Nein zu bleiben.“ Tatsächlich: Wessel, Weber und Nadig schwenken auf Selberts Linie ein. Nach zähen Verhandlungen nehmen schließlich im Hauptausschuss alle Mitglieder in der vierten Lesung einstimmig die Formulierung an: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Ein Übergangsparagraf bestimmt, dass das BGB bis 1953 entsprechend angepasst werden muss. Am 23. Mai 1949 wird das Grundgesetz vom Präsidenten des Parlamentarischen Rates und späteren Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) verkündet. Als Zeichen seines provisorischen Charakters – es gilt ja nur für Westdeutschland – spricht man bewusst nicht von einer Verfassung, sondern vom Grundgesetz.

Besonders die Bundes-SPD dankt später Elisabeth Selbert ihren Einsatz nicht. Eine bundespolitische Karriere bleibt ihr versagt. Zu profiliert, ambitioniert, unbequem und querköpfig sei sie gewesen, hieß es damals. „Sie war darüber zeitlebens tief enttäuscht. Sicherlich wäre sie gern Richterin am Bundesverfassungsgericht, Bundestagsabgeordnete oder hessische Justizministerin geworden“, gibt Urenkelin Johanna zu bedenken. Nach insgesamt zwölf Jahren als hessische Landtagsabgeordnete tritt Elisabeth Selbert 1958 von allen Ämtern zurück. Bis zu ihrem 85. Lebensjahr wird die Mutter zweier Söhne in ihrer Anwaltskanzlei als Rechtsanwältin für Familienrecht und Notarin tätig sein. Sie stirbt am 9. Juni 1986 in Kassel.

Am 3. Oktober 1990 schließen sich die fünf neu gegründeten ostdeutschen Länder und Ostberlin der Bundesrepublik und dem Grundgesetz an. Im Jahr 1994 wird im Zuge der Wiedervereinigung der Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes konkretisiert. Seitdem heißt er: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Ob Johanna Selbert sich in der Tradition ihrer Urgroßmutter sehe? Sie denkt kurz nach. „Schon früh habe ich mich für die Gemeinschaft eingesetzt. Dabei waren mir Elisabeth Selbert und meine kommunalpolitisch sehr aktive Mutter ein Vorbild“, antwortet sie. Damals in der Schule sei sie Klassen- und Schulsprecherin gewesen, mit 14 Jahren im Sportverein Kinder- und Jugendtrainerin in der Abteilung Sportakrobatik.

Seit‘ an Seit‘: Zu Ehren Elisabeth Selberts steht seit 2021 am Scheidemannplatz in Kassel eine Bronzestatue der streitbaren Demokratin.
Foto: privat

Nach dem Abitur sei sie für ein Jahr nach Chile gegangen, um in einem Kinderheim zu arbeiten. Auch in Australien sei sie im Rahmen von Work and Travel unterwegs gewesen. „Beruflich ging ich danach nicht den direkten Weg ins Jurastudium, sondern machte erst meinen Bachelor in Soziologie. In der dortigen Fachschaft war ich im Fakultätsrat aktiv, während meines Jurastudiums in der Hochschulgruppe der kritischen Jurist*innen Heidelberg engagiert und während meines Referendariats stellvertretende Landessprecherin des Gerichtsbezirks. Erst 2017 trat ich in die SPD ein. Seit zwei Jahren bin ich nun an meinem jetzigen Wohnort Flensburg ehrenamtlich im Einsatz“, berichtet Selbert.

Sie gehöre dem örtlichen Vorstand der SPD-Frauen an und sei Beisitzerin im SPD-Kreisvorstand. Ebenso sei sie Mitglied im Deutschen Juristinnenbund. „Ich hatte schon immer Freude daran, Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam mit anderen Menschen Neues zu gestalten“, fasst sie ihr weitreichendes Handeln zusammen. Ob es etwas gebe, das sie an ihrer Urgroßmutter besonders schätze und bewundere? Da muss sie nicht lange überlegen. „Ihren Mut, ihre Hartnäckigkeit, ihre Entschlossenheit, ihre Sachlichkeit als Juristin ohne jegliche Polemik und ihre Toleranz.“ Mit ihrem eigenen Beispiel möchte Johanna Selbert auch anderen jungen Frauen Spaß an der Politik und am Mitgestalten der Demokratie und Zivilgesellschaft machen. „Sich weiterhin auch für die Sache der Frauen einzusetzen, bleibt nötig. Viel ist erreicht, viel bleibt aber noch zu tun“, resümiert sie abschließend.

Silke Bromm-Krieger

Literatur

Hans Eichel, Barbara Stolterfoht (Hg.): „Elisabeth Selbert und die Gleichstellung der Frauen – Eine unvollendete Geschichte“, euregioverlag, 20 €,
ISBN: 9 78-3-93 36 17-62-0; ein Sammelband mit elf Beiträgen verschiedener Autorinnen und Autoren rund um Elisabeth Selbert und die Gleichstellung – von gestern bis heute. Enkelin Susanne Selbert gewährt einen familiären Blick auf die Person Selberts.

Fassade und Wirklichkeit

„Was haben wir für ein Bild vor Augen, wenn wir an die 1950er Jahre denken?“ – bunt, fröhlich, Wirtschaftswunder und Rock ‘n‘ Roll? Oder ein Versuch, die braune Vergangenheit sowie veraltete Werte- und Denkmuster hinter den neuen, bunten Kulissen verschwinden zu lassen? Fragen, mit denen sich die neue Sonderausstellung „Die anderen 50er Jahre“ des Museumsbergs Flensburg beschäftigt.

Zu sehen sind Objekte aus museumseigener Sammlung, ergänzt um Leihgaben aus Museen im ganzen Land und von Privatpersonen. „Es hat mich positiv überrascht, was uns die Menschen für Geschichten und Objekte gebracht haben“, sagte Dr. Michael Fuhr, Museumsdirektor der Städtischen Museen Flensburg, bei einem Presserundgang durch die Ausstellung zusammen mit Sammlungskuratorin Madeleine Städtler und Wissenschaftsvolontärin Tasja Steder.

Die Ausstellung sei sehr vielfältig und umfasse verschiedene Bereiche wie Wohnkultur, Arbeitsleben, Stadtgeschichte, Kunstgeschichte oder auch Designgeschichte. Möbel, Lampen, Einrichtungsgegenstände, Tapeten, Musik, Film und Fernsehen in pastelligen Farben, mit amerikanisch beeinflussten, oft abstrakten und organischen Formen prägten die Zeit und erleben auch heute immer wieder eine Retrowelle. „Die Film- und Unterhaltungsindustrie, Mode- und Möbeldesigner, aber auch Maler, Grafiker und Bildhauer setzten alles daran, die Welt schöner, heller, moderner erscheinen zu lassen. Doch war wirklich alles so schick? Oder hatte das alles auch Ecken und Kanten?“, fragte Fuhr.

Wie der Titel „Die anderen 50er“ vermuten lässt, hinterfragt die Ausstellung die Lebensumstände, die Kunst und die Moralvorstellungen einer Zeit, in der das Land damit beschäftigt war, hinter bunten Kulissen die braune Vergangenheit verschwinden zu lassen. Zum Beispiel beim Frauenbild: Als Wissenschaftlerinnen, Architektinnen, Ingenieurinnen oder Ärztinnen trugen Frauen maßgeblich zum Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes bei. „Trotzdem wurden sie vom Gesetzgeber wie unmündige Kinder behandelt“, so Michael Fuhr. So durften Frauen ohne Einwilligung ihres Ehemannes weder Geld verdienen noch Auto fahren oder Verträge abschließen.

Die Frau als Hausfrau und Mutter mit typischer Kittelschürze

Das Frauenbild der NS-Zeit setzte sich fort auch mithilfe der Werbe­industrie, die die Frauen entweder als Modepuppen darstellte oder aber als Mutter und Hausfrau, für die es nichts Schöneres gab, als für ihren Mann zu kochen und hübsch auszusehen. Auch in der Arbeitswelt galten klar definierte Rollenbilder: der Chef und seine Sekretärin, der Arzt und die Sprechstundenhilfe. Dabei sah die Realität anders aus. Aufgrund der Tatsache, dass viele Männer im Krieg ihr Leben ließen, mussten Frauen Verantwortung in Politik und Gesellschaft übernehmen. Viele liebenswerte, rührende Geschichten und Erinnerungen verbergen sich hinter den Gegenständen und Objekten von privaten Leihgebern. Wie die von Sigrid Gregersen und ihrer Küchenmaschine, die ihre Eltern in den 1950er Jahren kauften und die bis heute treu ihre Dienste verrichtet. Gagel teilt mit den Besuchern das Familiengeheimnis, das hinter einem Hochzeitsfoto steckt: Ihr Lieblings- und Patenonkel Herbert heiratete 1941 mitten im Krieg seine Frau Ida. Das Foto zeigt das strahlende Paar. Erst nach dem Tod des Onkels fand Gagel heraus, dass ihr Onkel schwul und Ida lesbisch war, beide als Vorsichtsmaßnahme heirateten, um nicht Opfer des NS-Terrorregimes zu werden. Die Stadt Flensburg selbst war in den 1950er Jahren von gesellschaftlichen und politischen Ereignissen geprägt, die sich auf das gesamte Bundesgebiet und darüber hinaus auswirkten: 1951 gründete Beate Uhse ihr Versandhaus für Ehehygiene, 1952 wurde das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) von Bielefeld nach Flensburg verlegt, 1955 unterschrieben Kanzler Konrad Adenauer und der dänische Außenminister H.C. Hansen die Bonn-Kopenhagener Erklärungen, in denen die Rechte der deutschen und dänischen Minderheiten nördlich und südlich der Grenze festgeschrieben wurden. „Das war das erste gelungene Beispiel dafür, wie man Minderheitenrechte einrichten und sichern kann. Da hat Flensburg eine Vorreiterrolle eingenommen“, so Fuhr. Die Ausstellung ist noch bis zum 3. November zu sehen. Weitere Infos unter museumsberg.de

Teure Designmöbel für den Chef, einfaches Mobilar für die Sekretärin – auch die Arbeitswelt der 1950er Jahre war von Stereotypen geprägt.
Fotos: Iris Jaeger
Die Wanduhr spiegelt das Design der 1950er wider.
Kücheneinrichtung in pastelligen Farben
Die treue Küchenmaschine von Sigrid Gregersen
Eine voll fahrfähige Zündapp Bella
Ein Original-Kostüm von Marlene Dietrich


Rettet „Hope“!

Im Übermut zu schnell über die Koppel getobt und dann ist es passiert – ein Pferd ist am Koppelrand eine dicht bewachsene Böschung hinuntergestürzt und kann sich nicht mehr allein befreien.

Ein Szenario, das durchaus so passieren könnte – und Einsatzkräfte vor Herausforderungen stellt. Tiere in Gräben, Bachläufen oder Schlammlöchern in unwegsamem Gelände, Rinder in Güllegruben, gestürzte Pferde oder Rinder in Transportanhängern nach Unfällen – die Zahl von Einsätzen, bei denen Großtiere aus Notlagen befreit werden müssen, nehmen zu. Um auf solch einen Einsatz gut vorbereitet zu sein, bot die Arche Warder – Zentrum für alte Haus- und Nutztierrassen e. V. in Warder am vergangenen Wochenende Feuerwehren, THW, Veterinärmedizinern und Reitern ein ganztägiges Training zur technischen Großtierrettung an.

Vorsichtig wird der Rettungsgurt mit dem Hirtenstab zur Fädelstange gehoben, die sich unter dem Pferdekörper befindet und den Gurt dann unter dem Pferd durchzieht.

Mit 20 Teilnehmenden war das Training ausgebucht, neben Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren ­Timmaspe, Großharrie, Wattenbek, Eisendorf, Kropp, Mölln, Hochdonn und Rendsburg nahm auch eine Delegation aus dem brandenburgischen Schwedt teil. Mit dabei waren zudem zwei Tierärzte der Pferdeklinik Tappendorf, Mitarbeiter der Arche Warder sowie ein Mitglied des THW. Ziele des Trainingstages waren das Erlernen und Üben einer sicheren und tierschonenden Rettung von Großtieren wie zum Beispiel Pferden, Rindern oder Eseln. Konkret: das Tier unter Einsatz artgerechter und tierschonender Mittel von einem gefährlichen Ort an einen sicheren Ort zu bringen. Doch dafür sind einige Vorkenntnisse wichtig, die Trainer und Großtierretter Michael Böhler in einem Theorieteil vermittelte. So zum Beispiel das Verhalten von Fluchttieren, das Verhalten von Menschen, Gefahreneinschätzung, Risikovermeidung, Sicherheitsaspekte, Personenmanage­ment, Einsatzstrategien, das Anwenden des Spezialwerkzeugs.

Das Gelände des Tierparks Arche Warder bot den Teilnehmenden ideale Trainingsmöglichkeiten, um verschiedene Einsatzszenarien zu üben, zum Beispiel das Retten eines Pferdes aus einer Hanglage. Pferdedummy „Hope“ erwies sich dabei als geduldiges Rettungsopfer. Im Normalfall reagiert das Tier panisch, kann um sich schlagen oder mit den Hufen treten, denn der Fluchtinstinkt ist allgegenwärtig, um jeden Preis will sich das Pferd befreien und weglaufen. Das Szenario: „Hope“ ist beim Toben übers Ziel hinausgeschossen und am Hang verunglückt. Das Pferd kann sich nicht selbstständig aus seiner Lage befreien. Die Feuerwehr wurde gerufen, ebenso ein Tierarzt. „Der ist absolut unverzichtbar bei so einem Einsatz“, erklärt Michael Böhler. Die Pferdebesitzerin wurde ebenfalls informiert und tut das, was im Einsatzfall ebenfalls passieren kann: Sie reagiert panisch, hysterisch, will unbedingt zu ihrem Pferd, handelt emotional und unvernünftig, indem sie sich dem Tier nähert und sich dabei in Gefahr bringt. Denn das Tier reagiert besonders unter Stress unvorhersehbar, auch für seine Besitzerin.

Beruhigend redet der Feuerwehrmann auf die Besitzerin ein und führt sie vom Pferd weg.

Für die Einsatzkräfte bedeutet das: Ruhe bewahren, die Besitzerin aus dem Gefahrenbereich herausholen und die Lage einschätzen: Ist eine technische Rettung notwendig oder gibt es Alternativen? Ist die Rettung sicher und bei tolerierbarem Risiko durchführbar? Rechtfertigt der Nutzen den Einsatz? Und ist eine Lebendrettung sinnvoll? „Auch diese Frage muss gestellt werden“, erklärt die Tierärztin Friederike Lüthje von der Pferdeklinik Tappendorf. Hat das Pferd Knochenbrüche oder innere Verletzungen, sollte es von seinen Qualen erlöst und eingeschläfert werden. Bei „Hope“ ist das nicht der Fall. Grundsätzlich muss das Tier aber vor der Rettung sediert (ruhiggestellt) werden. Und selbst dann bestehen noch instinktive Reaktionsmuster.

Zunächst aber wird eine Rettungseinheit zusammengestellt, bestehend aus dem Einsatzleiter (steuert den Einsatz, trifft Entscheidungen in Absprache mit dem Tierarzt/der Tierärztin), einem Gerätemanager (verantwortlich für das Spezialwerkzeug, das am Rand des Einsatzortes bereitliegt), einem Sicherheitsassistenten (erkennt sich abzeichnende Risiken für Einsatzkräfte und andere Anwesende und warnt frühzeitig), Trupp am Tier (arbeitet direkt am Tier und nutzt die entsprechenden Werkzeuge, um es für Bewegungs- oder Hebevorgänge vorzubereiten), weitere Mannschaft (kommt zum Einsatz, wenn das Tier für das Ziehen bereit ist).

Gemäß den fünf Geboten zur Großtierrettung wird der Kopf des Pferdes mit einem Seil gesichert und durch ein Bergetuch geschützt und gelagert. Es wurde ein sicherer Ort für die Freilassung bestimmt, ein Rückzugsweg für die Retter und ein Alternativweg für das Tier frei gehalten, ein Tierarzt hinzugezogen und konsequentes Personenmanagement betrieben. Der Tierarzt versucht, einen direkten Zugang zur Vene zu legen, um das Tier zu sedieren. „Das Mittel wirkt dann innerhalb von 45 Sekunden bis zu einer Minute“, so Lüthje. Ist das nicht möglich, wird das Mittel in den Muskel gespritzt, dann dauert es mindestens 30 min, bis es wirkt. „Diese Zeit sollte unbedingt abgewartet werden“, mahnt Lüthje. Mitunter sei eine Vollnarkose notwendig, das ­variiere von Tier zu Tier und müsse individuell entschieden werden. „Egal ob ihr euch mögt oder euch nicht ausstehen könnt, ihr müsst immer miteinander funktionieren und euch absprechen sowie den Anweisungen des Tierarztes folgen“, so Böhler. Bevor die Spezialgurte (keine Feuerwehrschläuche!) angelegt werden, muss geklärt sein, in welcher Position und in welche Richtung das Pferd aus der Hanglage herausgezogen werden soll. In diesem Fall liegt „Hope“ mit dem Kopf nach oben, was für den Vorwärtsassistenten spricht. Dabei werden die Gurte so angelegt, dass das Tier vorwärts den Hang heraufbewegt werden kann. Weitere Bewegungsmöglichkeiten sind der Rückwärtsassistent sowie zwei Möglichkeiten der Seitwärtsbewegung. Trainiert wird auch Drehen des Tieres über den Rücken. Die Aktionen erfolgen dabei immer von der Sattellage aus, außerhalb der Kick-Zone des Pferdes. „Grundsätzlich steht der Selbstschutz der Mannschaft im Vordergrund“, so Böhler.

Drehen des Pferdes über die Sattellage mit Bremse

Für die Gurte kommen jetzt die zuvor erlernten Fädel- und Zugtechniken mit Fädelstange und Hirtenstäben zum Einsatz. Die Fädelstange (oder der Federstahlbügel) wird vom Trupp am Tier behutsam unter dem Pferd hindurchgeschoben, um die von oben per Hirtenstab angereichte Gurtschlaufe einzuhaken und den Gurt unter dem Pferd durchzuziehen. Das klingt zunächst einfacher als es ist: Immer wieder rutscht der Gurt von dem Hirtenstab, Gebüsch behindert die Sicht. Und doch: Alles sollte ruhig und ohne Hektik geschehen, um das Tier nicht weiter nervös zu machen. „Denkt daran, macht langsam, wir haben keine Zeit“, erinnert Trainer Michael Böhler die Teilnehmer. Klingt widersprüchlich, gemeint ist aber, je ruhiger und bewusster die einzelnen Schritte durchgeführt werden, desto schneller kann das Tier befreit werden. Sind die Gurte angelegt, kommt der Rest der Mannschaft zum Zuge, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Schleifplatte leistet dabei einen wertvollen Beitrag, denn sobald das Tier darauf liegt, ist ein einfaches Ziehen der 600 bis 800 kg, die so ein Pferd wiegt, möglich. Zudem verhindert sie, dass das Tier direkt über den Boden gezogen wird und sich verletzt. „Die Platte ist Gold wert“, so Böhler, der auch bei der Rettung aus einem Pferdeanhänger wertvolle Hinweise geben konnte. „Hope“ wurde erfolgreich aus verschiedenen Situationen gerettet, dafür gab‘s zum Abschluss ein Gruppenfoto mit den Rettern.

Info

Lutz Hauch ist der einzige von der ARA (Animal Rescue Academy in Österreich) zertifizierte Großtierrettungstrainer mit Feuerwehrhintergrund in Deutschland. Seit 2016 unterrichtet er Einsatzkräfte von Feuerwehren und anderen Rettungsorganisationen in ganz Deutschland. Seit 2021 wird er von seinem Co-Trainer Michael Böhler unterstützt, der Organisationen in den nördlichen Bundesländern trainiert. Hauchs Trainingskonzept für die technische Großtierrettung wurde 2020 nach DIN ISO 9001 zertifiziert. (Quelle: comcavalo.de)

Für die Großtierrettung kommt Spezialwerkzeug zum Einsatz wie die Fädelstange (r.) oder die Schlammnadel (oben), Spezialgurte und Seile.
Fotos: Iris Jaeger
Tierärztin Friederike Lüthje von der Pferdeklinik Tappendorf verkörperte auch in der Übung die zur Einheit gehörende Tierärztin und wurde für den Einsatz am Hang mit einem Seil gesichert.
Im unwegsamen Gelände den Gurt zur Fädelstange zu führen ist kein einfaches Unterfangen.
Auch für das Bergen des Pferdes aus einem Anhänger gelten Sicherheitsregeln, die eine tierschonende Rettung ermöglichen, bei höchstmöglichem Schutz für die Retter. Trainer und Großtierretter Michael Böhler (li.) gibt hilfreiche Hinweise.
Geschafft: Das Pferd liegt auf der Schleifplatte und kann aus dem Pferdetransporter herausgezogen und dann weiter versorgt werden.


Neue Auflagen oder Geschäftsmodell?

Damit Landwirte ihr Engagement für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Biodiversität zum Betriebszweig weiterentwickeln können, ­brauchen entsprechende Dienstleistungen ein Preisschild. Immer neue EU-Gesetzgebungsvorhaben liefen den vollmundigen Versprechungen der in den letzten Jahren politisch Verantwortlichen und auch dem ZKL-Votum diametral entgegen. Für die Landwirtschaftsbetriebe kommt dies einem massiven Vertrauensbruch gleich.

Auf diesen Zusammenhang von Preis und Leistung hat der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd (BWV) und DBV-Umweltbeauftragte, Eberhard Hartelt, hingewiesen. „An entsprechenden politischen Willensbekundungen mangelt es nicht“, berichtete Har­telt in einem Forum, wo im Rahmen des Deutschen Bauerntages in Cottbus in der vergangenen Woche unter der Überschrift „Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Biodiversität – neue Auflagen oder Geschäftsmodell?“ diskutiert wurde.

Politische Realität anders

Nach Beobachtung von Hartelt ist die politische Realität in den vergangenen Jahren oft eine ganz andere, nämlich „pauschale Vorgaben, Verbote und mehr Bürokratie, dazu eine Politik des Ordnungsrechts in Berlin und Brüssel“. Immer neue EU-Gesetzgebungsvorhaben – vom Gesetzesvorschlag zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) über das Naturwiederherstellungsgesetz (NRL) bis zur Bodenschutzrichtlinie – liefen den vollmundigen Versprechen der in den letzten Jahren politisch Verantwortlichen und auch dem Votum der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) diametral entgegen. Für die Landwirtschaftsbetriebe komme dies einem massiven Vertrauensbruch gleich, kritisierte Hartelt.

Der BWV-Präsident erinnerte in diesem Zusammenhang an die Negativerfahrungen vieler Landwirte mit der Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie. Schon hier sei von Umweltpolitikern und seitens der Naturschutzverbände immer wieder versichert worden, durch die Umsetzung der Richtlinie werde die Bewirtschaftung nicht einschränkt, und Landwirte könnten zusätzliche Einnahmen im Naturschutz erzielen. In der Realität werde jedoch die Bewirtschaftung über Verbote und Auflagen mit einer regelrechten Salamitaktik mehr und mehr behindert.

Kooperativer Ansatz fehlt

Das jüngst verabschiedete Naturwiederherstellungsgesetz ist für Hartelt vor diesem Hintergrund der nächste „Sündenfall“. Flächen für den Naturschutz würden per Gesetz über pauschale prozentuale Ziele abgesteckt, während keinerlei Vorrang für Kooperationen oder eine Finanzierung erbrachter Naturschutzleistungen vorgesehen sei. „Würde die Politik den kooperativen Ansatz der ZKL ernst nehmen, dürfte es kein NRL geben“, stellte der DBV-Umweltbeauftragte klar.

Vergleichsweise gut funktioniert der kooperative Ansatz Hartelt zufolge beim Aufbau von Kohlenstoffspeichern. Zwar fehle es auch hier bislang an einem Konzept zur dauerhaften Finanzierung. Die Kohlenstoffbindung im Boden sei aber durch den organisierten Verkauf von Klimazertifikaten schon heute ein Geschäftsmodell für Landwirte. Für den DBV-Umweltbeauftragten ist der Zertifikatehandel, bei dem Wirtschaftsunternehmen von Landwirten Klimazertifikate erwerben, eine Blaupause für den kooperativen Arten-, Natur- und Klimaschutz, losgelöst von den Regeln der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).

Damit der Zertifikatehandel flächendeckend ausgerollt werden könne, müssten jetzt einheitliche Spielregeln und Mindeststandards geschaffen werden, mahnte Har­telt. Andernfalls seien das Reputationsrisiko für Partner aus der Industrie unkalkulierbar und der private Kohlenstoffmarkt gefährdet. Der BWV-Präsident geht davon aus, dass der europäische Zertifizierungsrahmen für Kohlenstoffsenken die erforderlichen Leitplanken setzt, ohne die Flexibilität für die Umsetzung zu gefährden.

„Bodengefüge wird durch die Bauarbeiten zerstört“

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Dem Stromnetzausbau steht der Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH) grundsätzlich positiv gegenüber, profitieren doch auch zahlreiche Bauern davon, die mit Erneuerbaren Energien wirtschaften. Einwände hat der BVSH jedoch gegen Erdkabel, da sie große Nachteile für die Beschaffenheit des Ackerbodens und dessen Bewirtschaftung haben. Erdkabel aber sind für NordOstLink bereits gesetzlich festgeschrieben.

Die 525-kV-Trasse NordOstLink soll auf 165 km Länge von Heide bis nahe Schwerin reichen. Die Bearbeitungsbreite wird zwischen 60 und 110 m schwanken, das sind auf jeden Kilometer sechs bis elf Fußballfelder. Verlegt werden die Kabel in einer Tiefe von 1,5 m. Die meisten betroffenen Grundstücke sind landwirtschaftliche Flächen. Die Eigner müssen mit Bauphasen rechnen, die zum Teil länger als eine Vegetationsperiode dauern.

Der bearbeitete Boden werde durch schwere Maschinen verdichtet, was die Wurzelbildung von Pflanzen erschwere, so der BVSH. Es werde Humus abgetragen und gehe verloren, was die Erosion erhöhe. Die Verlegung zerstöre das Bodengefüge und führe zu einem jahrzehntelangen oder sogar endgültigen Verlust der Ertragsfähigkeit.

Betroffen ist unter anderem Klaas Röhr in Reinfeld, Kreis Stormarn, Mitglied im Landeshauptausschuss des BVSH. „Der Boden wird durch den Eingriff massiv geschädigt“, sagt Röhr in einem Kurzvideo des Bauernverbandes, „das führt zu einem riesengroßen Biodiversitätsverlust im Bodenleben.“ Auch der Wasserhaushalt werde negativ betroffen sein – und letztlich das Pflanzenwachstum und der wirtschaftliche Ertrag. „Wir produzieren auf einem Hektar 15 Tonnen Zucker. Wenn es zum Erdkabelbau kommt, werden wir nur noch fünf Tonnen produzieren.“ Röhr macht sich für den Bau von NordOstLink als Freilandleitung stark, die deutlich schonender für den Ackerboden sei. „Der einzige Vorteil des Erdkabels ist, dass es nicht zu sehen ist“, bringt es Röhr auf den Punkt.

Ungeachtet der gegenwärtigen Gesetzeslage fordert der BVSH von der Bundesregierung die Prüfung der alternativen Bauweise als Freileitung. Alternativ solle auch das sogenannte Spülbohrverfahren geprüft werden. Bei diesem werden die Leitungen auf geschlossene Weise verlegt, was den Eingriff in den Boden deutlich verringere.

Sei die Verlegung als Erdkabel unvermeidbar, gelte es, die Trassenführung mit den geringsten Einschränkungen für die Landwirtschaft durchzuführen. Dazu sollten die Kabel möglichst am Rande der Fläche oder auf weniger fruchtbaren Abschnitten verlaufen. Grundsätzlich wird vom BVSH die Begleitung durch einen unabhängigen, sachkundigen Bodenkundler gefordert, und zwar nicht nur während der Bauphase, sondern auch bei der Untersuchung möglicher Folgeschäden.

Der Flächenverbrauch werde zusätzlich durch die Ausgleichsflächen für die Maßnahmen gesteigert, die oft doppelt so groß seien wie die durch die Leitungen beanspruchte Fläche. Man solle deshalb hier auf Ausgleichsflächen vollständig verzichten, so der BVSH. Weiter fordert er wiederkehrende statt einmaliger Entschädigungszahlungen an die Landwirte. Und schließlich seien die Landwirte in den Planungs- und Bauprozess von Anfang an einzubeziehen.

Klaus-Peter Lucht, Präsident des BVSH, ergänzt: „Ich weiß, dass Überlandleitungen nicht schön aussehen. Doch das alles unterirdisch auf unseren Hochertragsflächen auf einem Agrarstandort zu machen, geht nicht.“ Zur Veranschaulichung bringt Lucht ein Erlebnis aus dem Jahr 1979, als sich bei einem Nato-Manöver ein Panzer auf dem Acker festgefahren hatte. „Da wuchs später überhaupt nichts mehr.“

Der Bau von Erdkabelleitungen sei drei- bis fünfmal so teuer wie der von Oberlandleitungen, gibt Lucht zu bedenken. Laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ließen sich dabei bundesweit bis zu 34 Mrd.€ sparen. „Das wird von uns allen über die Strompreise bezahlt werden“, betont Lucht und appelliert an die Bevölkerung: „Wenn wir es ernst meinen mit der Energiewende, müssen wir auch Oberlandleitungen zustimmen.“

Allerdings scheint der Zug für NordOstLink abgefahren zu sein. „Für eine Umstellung auf Freileitung sehen wir bei diesem Projekt keine Option, da im gesetzlichen Rahmen bereits der Präferenzraum für Erdkabel ermittelt worden ist“, erklärt Mathias Fischer, Pressesprecher der ausführenden Firma TenneT. Zwar räumt er ein, dass ein Umstieg auf Freileitungen allein bei den drei neuen Gleichstromvorhaben OstWestLink, NordWestLink und SuedWestLink Einsparungen von rund 20 Mrd. € bedeuten würde. Doch würde „eine Umplanung von Erdkabel zur Freileitung beim NordOstLink das Projekt um mehrere Jahre verzögern“. Gleichstromprojekte, die bereits in der Bauphase sind, wie Sued­Link und SuedOstLink, würden auf jeden Fall als Erdkabel realisiert.

Kurzvideo zum Thema unter: https://youtu.be/UPpKaI1Zu3E

Die Trasse NordOstLink verläuft quer durch Schleswig-Holstein. Skizze: TenneT

Landeschampionate der Geländepferde

Der Pferdesportverband ­Schleswig-Holstein (PSH) veranstaltete im Ihlwald in Bad Segeberg die Landeschampionate der Vielseitigkeitspferde. Es gab eine A**-Prüfung für die fünfjährigen Youngsters und eine L*-Prüfung für die sechsjährigen Nachwuchsstars. Beide Prüfungen waren gleichzeitig Qualifikationen für die Bundeschampionate der ­ Pferde und Ponys.

„Die ausgeschriebenen Prüfungen sind immer frei für alle Pferde. In der Geländepferdeprüfung der Klasse A** dürfen Vier- bis Sechsjährige starten und in der L*-Prüfung Fünf- bis Siebenjährige“, erklärte Matthias Karstens, Geschäftsführer des PSH, die Ausschreibung. Für die Landeschampionate müssen die Pferde in Schleswig-Holstein oder Hamburg (nördlich der Elbe) geboren sein oder Holsteiner Papiere haben. Daher ist der Gewinner einer Prüfung oft nicht automatisch der neue Landeschampion.

Anders war es bei Rebecca-Juana Gerken aus Tasdorf, Kreis Plön, und Meggie. Das Paar gewann mit der Note 9,0 die A**-Prüfung. Damit ist Meggie nun Landeschampionesse, denn die fünfjährige Schimmelstute von Catch ist nicht nur Holsteinerin, sondern stammt auch aus der Zucht von Gerkens Halbbruder, Thomas Gerken aus Tremsbüttel, Kreis Stormarn.

Gerken hat die Stute von Anfang an ausgebildet. „Das Pferd hat noch sehr wenig Erfahrung, ist aber unglaublich leistungsbereit“, schwärmte die Reiterin. Vor sechs Wochen waren die beiden beim ersten Geländetraining. „Meggie hat ihren Job direkt verstanden“, berichtete Gerken. In ihrer ersten Prüfung habe sie dann noch einmal am Graben geguckt, „völlig unwissend natürlich“. Die zweite Prüfung in Tasdorf habe sie direkt gewonnen, wie nun auch ihre dritte Prüfung in Bad Segeberg.

Selbst ausgebildeter Champion

Im Anschluss ritt Gerken die Stute dann gleich noch in Klasse L*, „total grün“, und kam dort auf Platz 16. „Sie ist mutig, leistungsbereit, schlau und hat den Willen, alles richtig zu machen“, sagte Gerken und fügte hinzu: „Das sind sehr gute Eigenschaften für ein gutes Sportpferd.“ Gerken hatte mit Mien Linea, Cadillac, Lola und DSP Sonntagskind noch mehr Pferde am Start. Mit Letzterer war sie Siegerin der zweiten Abteilung der L*-Prüfung und mit einer 8,5 Zweitbeste der gesamten Prüfung. Da die Stute aber aus Brandenburg kommt, konnte sie in die Landesmeisterschaft nicht eingreifen.

Das zweitbeste Ergebnis (8,9) der A**-Prüfung holten Carina Lisa Wacks und Quick Chu von Quickthago. Der Holsteiner Wallach stammt aus der Zucht der Familie Doose aus Ascheberg, Kreis Plön. Drittbeste wurde mit einer 8,4 Beeke Jankowski aus Schmalensee, Kreis Segeberg. Sie hatte mit Vlic Vlac eine Hannoveraner Stute gesattelt.

Mit einer 8,2 platzierten sich Andreas Brandt und sein selbst gezogener Wallach Signum‘s Siggi auf dem dritten Platz der zweiten Abteilung. Der sechsjährige Hannoveraner ging auch in Klasse L* an den Start und holte dort den Sieg. Da Pferd und Reiter allerdings aus Mecklenburg-Vorpommern angereist waren, zählte ihr Sieg nicht für das Landeschampionat.

Motivierende Geländestrecken

Johanna Held war mit ihrem selbst ausgebildeten Nupafeed’s Cool Connection von der Insel Fehmarn angereist. Der Wallach ist nun Landeschampion der sechsjährigen Vielseitigkeitspferde. Foto: PSH

Neuer Landeschampion der sechsjährigen Vielseitigkeitspferde wurde Nupafeed’s Cool Connection. Der Holsteiner Wallach von Cornetino ist im Besitz seiner Reiterin Johanna Held und stammt aus der Zucht von Sönke Eggers aus Struvenhütten, Kreis Segeberg. Tabea Henze aus der Geschäftsstelle des PSH freute sich über Helds Erfolg: „Sie ist Bereiterin im Stall Rüder. So ein Erfolg auf einem selbst ausgebildeten Pferd ist schon toll“, sagte die Mitorganisatorin des Turniers.

Der Olympiareiter Dirk Schrade aus Heidmühlen, Kreis Segeberg, war ebenfalls in Bad Segeberg. Sein bestes Ergebnis war der vierte Platz der zweiten Abteilung in Klasse A* mit Constanzehof’s Stitch und einer 8,0.

Henze war sehr zufrieden mit den diesjährigen Landeschampionaten: „Wir waren schon im Vorfeld sehr positiv gestimmt, weil wir ein sehr hohes Nennungsergebnis hatten und so beide Prüfungen in zwei Abteilungen werten konnten“, sagte sie. Außerdem sei es ein herrlicher Tag gewesen, mit zwei tollen Parcours auf Championatsniveau. „Torben Mölleken hat es geschafft, motivierende Strecken zu bauen“, erklärte sie weiter. So konnten die Richter einen sehr guten Eindruck von den jungen Pferden bekommen.

Klassik trifft Kulinarik in Berlin

Großer Beliebtheit erfreute sich auch in diesem Jahr der Sommerempfang der Landesregierung zum Schleswig-Holstein-Musikfestival (SHMF) in der Landesvertretung in Berlin.

Über 800 Besucher zählte das sommerliche Event. Viele der Gäste waren aus Schleswig-Holstein in die Hauptstadt gereist, um sich im Rahmen des Empfangs lebhaft auszutauschen und mit dem Auftaktkonzert der Gruppe Vinter Folk einen Vorgeschmack auf das beliebte Musikfestival zu bekommen. Im Anschluss an das Konzert eröffnete die Bevollmächtigte des Landes Schleswig-Holstein beim Bund, Sandra Gerken, das Gartenfest. Neben den klassischen Klängen wurde auch die heimische Kulinarik ausgiebig genossen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) freute sich über die zahlreichen Produzenten aus Schleswig-Holstein, die vielfältige Spezialitäten mit nach Berlin gebracht hatten. So wurden an den Marktständen im Garten der Landesvertretung würzige Bratwürste aus dem Restaurant Odins Haithabu, herzhaftes Sauerkraut aus dem Kohlosseum, Backensholzer Käse-Raclette, Fischdelikatessen von Miriam Keste, Fleischspezialitäten vom Hof Steffen aus Muxall sowie saftiges Brot und Butterkuchen der Kieler Bäckerei Lyck angeboten. Im Rahmen des Schleswig-Holstein-Musikfestivals werden von Anfang Juli bis Anfang September rund 200 Konzerte und fünf Musikfeste auf dem Lande an über 100 verschiedenen Spielstätten zu erleben sein.

Oliver Firla, Chef vom Odins, Staatssekretärin Anne Benett-Sturies, MLLEV, und Thomas Otte, Odins Haithabu (v. r.), fachsimpelten über das perfekte Grillwürstchen. Foto: Sandra van Hoorn
Staatssekretärin Sandra Gerken sprach mit Miriam Keste (v. li.) über ihr erfolgreiches Vermarktungskonzept. Foto: Sandra van Hoorn
Die Gruppe Vinter Folk begeisterte die Besucher beim Auftaktkonzert in der Landesvertretung in Berlin. Foto: Sandra van Hoorn
Anke Mehrens stellte Kammerpräsidentin Ute Volquardsen und Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) das Raclette vom Deichkäse vor (v. r.). Foto: Sandra van Hoorn
Wilken Boie erklärte Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) das besondere Gärungsverfahren des Kohlosseums (v. li.). Foto: Sandra van Hoorn
Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU, r.) tauschte sich mit Rüdiger Behn, Behn Spirituosen, über den Stellenwert von Familienunternehmen in der heimischen Wirtschaft aus. Foto: Sandra van Hoorn


Moderne Stachelbeer-Sorten machen Lust auf mehr

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Stachelbeeren galten lange Zeit als die Stiefkinder unter den verschiedenen Arten an Beerenobst. Ältere, mehltauanfällige Sorten verschwanden nach und nach aus den Sortimenten. Doch neue, robuste Sorten lohnen den Anbau.

Beim Kauf einer Stachelbeere dreht es sich neben der Sortenwahl auch um die Wuchsform. Der Handel bietet sowohl Sträucher als auch Hochstämmchen an. Jede Form bringt Vor- und Nachteile mit sich.
Die Kronen hochstämmiger Sträucher erleichtern mit ihrer angenehmen Arbeitshöhe Pflege und Ernte. Dies ist besonders bei Sorten mit vielen Stacheln von Vorteil. Zudem benötigen Stämmchen weniger Platz. Doch diese Vorteile schlagen sich im Kaufpreis nieder. Der höhere Preis erklärt sich durch die Veredlung der jeweiligen Sorte auf die 80 bis 90 cm hohe Stammunterlage. Stämmchen brauchen zeitlebens einen Stützpfahl. Er sollte bis in die Kronenmitte reichen und an Größe und Gewicht der Krone angepasst sein. Manche Gärtner verwenden dafür gern stabile Tomaten-Spiralstäbe aus Aluminium. Stämmchen weisen zudem eine geringere Anzahl tragender Äste auf. Daher sind sie nicht so ertragreich wie Sträucher. Mehr als fünf bis sechs Haupttriebe sollte die Krone eines Stämmchens nicht aufweisen. Durch Blattmasse und Fruchtbehang entsteht ein nicht unbeträchtliches Gewicht, das eine gewisse Bruchgefahr mit sich bringt.
Ein Strauch hingegen ist meist vom Wuchs her etwas unübersichtlicher. Das erschwert zunächst die Ernte und Pflege, erhöht aber auch den Ertrag. Sträucher treiben junge Zweige direkt aus dem Wurzelstock oder der Strauchbasis. Sie verjüngen sich auf diese Weise selbst und erfreuen mit einer langen Lebensdauer.

Ob rote, gelbe oder grüne Stachelbeeren: alles eine Frage des Geschmacks. Fotos: Karin Stern

Stachelbeeren lieben einen halbschattigen oder leicht schattigen Standort. In praller Sonne kommt es häufig zu Sonnenbrand an den Früchten. Der Boden sollte locker, humusreich und nicht zu trocken sein. Nährstoffreiche, mittelschwere Böden mit ausreichender Bodenfeuchtigkeit sind ideal. Sandige Böden werden mit Humus verbessert. Auf zu trockenen Standorten gedeihen Stachelbeeren nicht. Sie reagieren auf Trockenheit empfindlicher als Johannisbeeren. Für eine ertragreiche Ernte ist daher die gute und gleichmäßige Wasserversorgung wichtig. Eine Mulchschicht auf dem Boden unterdrückt das Unkraut. Damit entfällt das Jäten. Dies ist ohnehin wegen der flachen Wurzeln nur oberflächlich und mit entsprechender Vorsicht möglich. Außerdem hält die Mulchschicht die Feuchtigkeit im Boden, da sie die Verdunstung minimiert. Mit der Düngung sollte man etwas zurückhaltend sein. Ein Zuviel an Stickstoff lässt die Pflanzen krankheitsanfällig werden. Etwas Kompost im zeitigen Frühjahr ist ausreichend. Alternativ verwendet man einen Beerendünger nach Packungsanweisung. Die Blüten der Stachelbeere sind selbstfruchtbar. Mehrere Sorten verbessern jedoch den Fruchtansatz.

Die Blüten der Stachelbeere sehen eher unauffällig aus. Foto: Karin Stern
An der Blüte lässt sich die spätere Farbe der Stachelbeere nicht erkennen. Foto: Karin Stern

Stachelbeeren tragen ihre Früchte vor allem an den einjährigen Seitentrieben älterer Triebe. Diese werden durch einen regelmäßigen Schnitt gefördert. Ältere, abgetragene Seitentriebe werden auf kurze Zapfen zurückgeschnitten, entweder direkt bei der Ernte oder im zeitigen Frühjahr. Man lässt dabei die einjährigen Seitentriebe unbedingt stehen. Sie bringen die Ernte im nächsten Jahr hervor. Außerdem werden zu dicht stehende und nach innen wachsende Seitentriebe entfernt. Bei Sträuchern kappt man zudem jedes Jahr zwei alte Bodentriebe und zieht dafür zwei einjährige, junge Bodentriebe nach. Zu lang geratene Bodentriebe werden um etwa ein Drittel eingekürzt und auf einen nach außen wachsenden Seitentrieb umgelenkt.

Moderne Sorten sind widerstandsfähig, teils sogar resistent gegenüber dem Echten Mehltau. Diese Krankheit wurde früher häufig als Amerikanischer Stachelbeermehltau bezeichnet. Die Anfälligkeit ist auf trockenen Standorten deutlich höher als am optimalen Platz. Resistente Sorten am idealen Standort bilden noch den besten Schutz gegen diese Krankheit.

Stachelbeeren für Konfitüre, Gelee oder Saft

Grüne oder gelbe Stachelbeeren:

‚Risulfa‘: reift Ende Juni, Grünpflücke für Kompott, ideal zum Einmachen, aufrechter Wuchs, Fruchttriebe überhängend
‚Rixanta‘: reift ab Juli, Grünpflücke für Kompott, starkwüchsig, aufrecht-buschige Gestalt, hoher Ertrag
‚Invicta‘: reift im Juli, bringt sehr hohen Ertrag, hellgrüne Früchte, die sich bei Vollreife gelb verfärben. Bei Grünpflücke sehr gute Sorte zum Einmachen, bei Vollreife wohlschmeckend und süß, regelmäßiger, sehr hoher Ertrag
‚Hinnonmäki gelb‘: reift ab Mitte Juli, gelbliche, leicht behaarte Früchte, platzfest und süß, mittelstarker, strauchartiger Wuchs

Rote Stachelbeeren:

‚Remarka‘: reift ab Juni, unreife Beeren für Kompott (Grünpflücke), unbehaarte, dunkelrote Früchte mit mildem, süß-saurem Geschmack, mittelstarker, halb aufrechter Wuchs, wenige Stacheln
‚Rote Triumph‘: reift ab Juli über einen längeren Zeitraum, mehrmals durchpflücken, starker, breitbuschiger Wuchs
‚Captivator‘: reift Mitte Juli, für Konfitüre, Kompott und Saft, reicht verzweigter, buschiger, aufrechter Wuchs, wenige Stacheln, auch für Kübel geeignet
‚Relina‘: reift Mitte Juli, sehr ertragreich, aufrechter, strauchartiger Wuchs, etwa 1,5 m hoch und breit

Stromkosten im Visier

Turbulente und sprunghafte Entwicklungen der Strompreise haben den Fokus auf Energieeffizienz, alternative Energiequellen und Eigenstromerzeugung verstärkt. Zudem wird durch die zunehmende Automatisierung und Technisierung der Energieverbrauch von landwirtschaftlichen Betrieben tendenziell ansteigen. Ein durchdachtes Lastmanagement ist nicht nur ein Weg, die Stromkosten zu drücken, sondern kann auch dazu beitragen, den Eigenverbrauch und die Versorgungssicherheit zu erhöhen.

Oft ist es auf einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht offensichtlich, wofür wie viel Strom eingesetzt wird. Somit ist es nur eingeschränkt möglich, die Stromkosten einem Produkt wie Milch oder Fleisch zuzuordnen. Der Strombezug ist häufig nur für den Gesamtbetrieb und über einen längeren Zeitraum bekannt. Eine Jahresrechnung des Energieversorgers ermöglicht lediglich Vergleiche mit vorherigen Zeiträumen.

Mit einfachen mechanischen Elektrizitätszählern (umgangssprachlich Stromzählern) können bereits durch manuelle Dokumentation der Zählerstände die Tages-, Wochen- oder Monatswerte berechnet werden. Intelligente Elektrizitätszähler, sogenannte SmartMeter, erfassen dagegen automatisch Viertelstundenwerte. Abhängig vom Stromliefervertrag werden diese Werte zum Energieversorger übertragen und können vom Kunden als Datensatz angefordert werden. Eine Umstellung auf SmartMeter läuft bei Kunden mit einem jährlichen elektrischen Energieverbrauch von mehr als 10.000 kWh bereits seit 2017, sodass diese intelligenten Stromzähler bereits auf vielen Betrieben verbaut sind.

Lastgang als wichtiges Werkzeug

In der Elektrizitätswirtschaft ist es üblich, den zeitlichen Verlauf von Energiebezug oder -erzeugung als Lastgang darzustellen. Der Lastgang besteht aus Viertelstundenwerten der elektrischen Leistung. Die Abbildung 1 zeigt den Tageslastgang eines Milchviehbetriebes. Auf den ersten Blick sind dabei die zwei Melkzeiten mit hohem Leistungsbezug zu erkennen. Außerdem werden über den gesamten Tag mindestens 5 kW Leistung bezogen. Dieser Leistungswert, der innerhalb einer Zeitspanne nicht unterschritten wird, nennt sich Grundlast.

Oft werden durchschnittliche Tageslastgänge über mehrere Tage berechnet, um typische Verläufe zu erhalten. Für die Abbildung 2 wurde ein mittlerer Tageslastgang des Milchviehbetriebes für die Monate Januar und Juli gebildet. Die Grundlast ist im Januar höher als im Juli. Das liegt unter anderem an Heizbetrieben, Zirkulationspumpen und Rohrbegleitheizungen sowie dem höheren Bedarf für Beleuchtung. Der generelle Verlauf des Lastgangs bleibt dagegen ähnlich.

Für andere Betriebsformen gelten andere Zusammenhänge. In der Schweinehaltung ist bei zwangsbelüfteten Ställen die Lüftung der größte Energieverbraucher. Dabei hängt die Klimatisierung der Ställe wiederum stark von der Außentemperatur ab, sodass die Grundlast im Sommer höher ist als im Winter und die Leistungsspitze an sonnigen Tagen nachmittags auftreten wird.

Der Lastgang zeigt die Schwankungen im Leistungsbezug und kann für die Planung von eigenen Energieerzeugungsanlagen und für die Auswahl des günstigsten Liefervertrages elektrischer Energie genutzt werden.

Wie der Lastgang den Strompreis beeinflusst

Haushalte und Betriebe mit weniger als 100.000 kWh Strombedarf im Jahr werden nach dem Standard-Lastprofil abgerechnet. Dabei basieren die monatlichen Abschläge zunächst nicht auf dem tatsächlichen Verbrauch, sondern sind Schätzwerte, die einmal im Jahr nach Ablesen des Zählerstands ausgeglichen werden. Der Strompreis setzt sich dabei aus dem Arbeitspreis (Entgelt pro verbrauchter Kilowattstunde Energie) und einem pauschalen Grundpreis zusammen.

Betriebe mit einem jährlichen Strombedarf von über 100.000 kWh sind dagegen zur Registrierenden Leistungsmessung (RLM) verpflichtet. Dort hat der Lastgang maßgeblichen Einfluss auf den Strompreis. Hierbei wird statt des Grundpreises, der neben dem Arbeitspreis pro verbrauchter Kilowattstunde Energie anfällt, ein Leistungspreis in Rechnung gestellt. Dieser Leistungspreis berechnet sich aus der Leistungsspitze, sprich aus dem jährlichen Höchstwert im Lastgang. Folglich können die Stromkosten zweier Betriebe mit ähnlichem Energieverbrauch stark voneinander abweichen, wenn einer der Betriebe größere Spitzen im Lastgang aufweist. Ein Lastmanagement kann diese Leistungsspitzen gezielt verringern.

Was ist ein Lastmanagement?

Ein Lastmanagement umfasst organisatorische und technische Maßnahmen, um den Lastgang zu beeinflussen. Meist wird gesteuert, wann bestimmte Verbraucher ein- und ausgeschaltet werden, um Lastspitzen im Tagesverlauf zu verhindern oder die Nutzung von selbst erzeugter elektrischer Energie zu optimieren.

Der erste Schritt zur Umsetzung eines Lastmanagements ist die Analyse des Stromverbrauchs anhand der Lastgänge. Dann können die Leistungen der größten Verbraucher gemessen oder anhand der Typenschilder annähend ermittelt werden. Die Betriebszeiten können ebenfalls durch Messungen, aus Logdaten der Geräte bestimmt oder aus den täglichen Erfahrungen abgeschätzt werden.

Zusammen mit dem Lastgang lassen sich Zeitabschnitte identifizieren, wann der Parallelbetrieb von leistungsstarken Verbrauchern zu Lastspitzen führt. Anschließend muss festgelegt werden, welcher Betrieb von energieintensiven Verbrauchern zeitlich verschiebbar ist, ohne dass der Betriebsablauf, der Tierschutz oder die Sicherheit gefährdet werden.

Die Abbildung 3 zeigt die beanspruchte Stromstärke in Ampere eines Milchviehbetriebs am Vormittag. Auf diesem Betrieb wurde der Strombezug der einzelnen Verbraucher für eine sehr detaillierte Analyse gemessen und Verbrauchsgruppen zugeordnet. Hierbei sind die Verbraucher der Gruppen Beleuchtung, Milchgewinnung und Milchkühlung während des Melkens unabdingbar und können nicht abgeschaltet werden.

Darüber hinaus ist jedoch erkennbar, dass die Entmistung (Verbraucher für Güllerühr- und Pumptechnik) von etwa 5.15 bis 6.15 Uhr während des Melkprozesses läuft. Das führt zu einer Leistungsspitze im Lastgang, der einerseits zu einem höheren Leistungspreis (sprich höheren Stromkosten) als auch in diesem Fall zu einer Überlastung des Hauptanschlusses und damit zum Auslösen der Hauptsicherungen führt. Die Verbraucher der Entmistung sind aber nicht in dem Maße zeitabhängig wie das Melken, sodass durch ein Lastmanagement ein zeitgleicher Betrieb verhindert werden kann.

Praktische Umsetzung des Lastmanagements

Im einfachsten Fall werden die Verbraucher auf dem Betrieb manuell ein- und ausgeschaltet. Dann kann durch die Organisation der Arbeitsabläufe vermieden werden, dass mehrere leistungsstarke Verbraucher parallel betrieben werden. Je mehr Mitarbeiter auf einem Betrieb arbeiten, desto aufwendiger ist jedoch ein solch manuelles Lastmanagement.

Als erste Automatisierung bietet sich die Zeitsteuerung an. Eine Zeitschaltuhr verhindert beispielsweise, dass die Güllepumpen und Rührwerke zu den Melkzeiten eingeschaltet werden. Sollte der Stromliefervertrag unterschiedliche Arbeitspreise (Preise pro Kilowattstunde) je nach Tageszeit beinhalten, können durch das Lastmanagement auch Verbraucher, die nicht zeitkritisch sind, in die günstige Tarifzeit verschoben werden.

Bei einer gegenseitigen Verriegelung verhindert dagegen der Betrieb eines Verbrauchers das Einschalten eines anderen. Dies wird oft mit Relais und Schützsteuerungen realisiert. Da hierfür eine Verdrahtung zwischen den Steuerungen der beiden Verbraucher bestehen muss, bietet sich die gegenseitige Verriegelung nur bei nahe beieinanderstehenden Verbrauchern an.

Ein erweitertes automatisches Lastmanagement basiert auf der Messung des aktuellen Leistungsbezugs. So können einzelne Verbraucher je nach deren Priorität gezielt gesperrt werden, wenn der Gesamtleistungsbezug festgelegte Grenzen überschreitet. Auf der anderen Seite können Verbraucher gezielt eingeschaltet werden, wenn Eigenerzeugungsanlagen mehr Leistung liefern als der Gesamtbetrieb benötigt. Beispielsweise könnten Fütterungen in der Schweinehaltung, die nicht tagesrationiert, sondern ad libitum konzipiert sind, angeschaltet werden, wenn die PV-Anlage viel Leistung bereitstellt. Für die Umsetzung müssen zuverlässige Datenverbindungen zwischen der Messung, der Lastmanagement-Steuerung und den zu steuernden Verbrauchern geschaffen werden.

Fazit

Durch das gezielte Ein- und Abschalten von Verbrauchern mit einem Lastmanagement können Stromkosten gesenkt, der Hauptanschluss vor Überlastung geschützt und der Eigenverbrauchsanteil von Regenerativen Energien erhöht werden.

Eintragung und begehrte Kombiprüfung

Auf dem Hof Hellmold in Fehrenbötel, Kreis Segeberg, veranstaltete der Hannoveraner Verein Schleswig-Holstein die Fohlenschau sowie die Zuchtstutenprüfung mit Stutbuchaufnahme und Stutenschau.

Bei wechselhaftem Wetter waren zunächst die Stuten dran. Die Zuchtstutenprüfung wurde als Kombiprüfung aus Leistungsprüfung, Stutbuchaufnahme, Exterieurbewertung und Prämienvergabe durchgeführt. „Diese Prüfungsform erfreut sich bei den Züchtern trotz gegenwärtiger Rückgänge in der Pferdezucht steigender Beliebtheit“, resümierte Rudolf Drünert. Der ehemalige Vorsitzende des Hannoveraner Vereins kennt sich aus, war er doch 23 Jahre lang Mitglied des Vorstands und acht Jahre lang erster Vorsitzender. Erst in diesem Jahr hat er sich entschieden, nicht wieder zu kandidieren.

An der Zuchtstutenprüfung und Stutenschau nahmen 26 Stuten teil. Acht weitere wurden in die Zuchtbücher des Hannoveraner Verbandes neu aufgenommen. „Ich freue mich, dass auch Züchter aus Niedersachsen und Dänemark angereist sind“, befand Drünert. Als Richter fungierten der Celler Landstallmeister Dr. Axel Brockmann und der Zuchtleiter des Hannoveraner Verbandes, Ulrich Hahne, unterstützt durch den Testreiter Fabian Janda.

Die Mehrzahl der Prüfungskandidatinnen gehörte der Zuchtrichtung Dressur an. Darunter war auch eine dreijährige Tochter des V-Plus aus einer Light and Easy-Mutter aus der Zucht (Z.) und dem Besitz (B.) von Michael Schenk aus Niedersachsen. Sie punktete schon mit der besten Note für die Grundgangarten (8,17), erlangte später einen 1a-Preis sowie die Hannoveraner-Prämie und wurde schließlich Schausiegerin. Weitere sieben Stuten bekamen 1a-Preise und Prämien.

Erfolgreiche Stutenschau

Bei der Stutenschau bekam eine zweijährige Tochter des Raven aus einer Heinrich Heine-Mutter den 1a-Preis (Z. und B.: Zuchtgemeinschaft Schweig aus Kirchnüchel, Kreis Plön). Neun Teilnehmerinnen konkurrierten bei den Drei- und Vierjährigen, davon wurden fünf mit 1a-Preis und Hannoveraner-Prämie bedacht. Klassensiegerin der Dreijährigen war eine Stute von Fürst Zonik PS-Sandro Hit von der Züchtergemeinschaft Ludowig. Eine Tochter des Sir Donnerhall aus einer Dancier-Mutter wurde Klassensiegerin der Vierjährigen. Gezogen wurde sie von der Züchtergemeinschaft Savels und Menke, ausgestellt von Amelie Ratjen aus Hamburg. Bei den Springstuten siegte mit der Gesamtnote 9,0 eine Tochter von Conthargos-Cornet Obolensky (Z. und B.: Rudolf Drünert) vor einer Scolari-Lortino-Stute (Z. und B.: Marc Nörenberg aus Aasbüttel, Kreis Steinburg).

Der Gesamtsieg bei den Dressurfohlen ging an ein Hengstfohlen von Global Hope aus einer Floriscount-Akring XX-Mutter, gezüchtet von Mirko Hellmold aus Rickling, Kreis Segeberg. Fotos (2): Dieter Uschtrin

Auch die Fohlenschau war wieder ein Erfolg. „Die Atmosphäre war gewohnt familiär, mit Gelegenheit zum Fachsimpeln und zum Klönschnack unter alten Bekannten und Gleichgesinnten“, freute sich Drünert. Es waren 37 Fohlen genannt worden, 28 wurden präsentiert. Als Richter fungierten der Vorsitzende des Hannoveraner Bezirksverbandes Ostfriesland, Jörn Wedermann, und der Vermarktungsexperte des Hannoveraner Verbandes, Fabian Janda.

Die Fohlen wurden wie üblich in vier Klassen gerichtet: dressurbetonte Hengst- und Stutfohlen sowie springbetonte Hengst- und Stutfohlen. Darüber hinaus wurden Kandidaten für die Fohlenauktion des Hannoveraner Verbandes ausgewählt, die im August in Verden stattfinden wird.

Dressur- und Springfohlen

Den ersten Platz der dressurbetonten Hengstfohlen belegte ein Sohn von Global Hope-Floris­count (Z.: Mirko Hellmold aus Rickling, Kreis Segeberg). Dieses Fohlen wurde am Ende zum Gesamtsieger Dressur erklärt und mit der Goldenen Fohlenprämie des Hannoveraner Verbandes ausgezeichnet. Es folgte ein Sohn des St. Emilion-Don Frederico (Z.: Katja Ivancic aus Hamburg).

Den Klassensieg der dressurbetonten Stutfohlen erreichte eine St. Emilion-Bretton Woods-Tochter (Z.: Katrin Hagenow aus Lübeck). Reservesiegerin wurde eine Negro-Danciano-Tochter, gezüchtet vom Ausbildungs- und Dressurstall Düpenautal in Hamburg. Auf Platz drei folgte eine Schneefuß-Paramount-Tochter (Z.: Susanne Mohr aus Struvenhütten, Kreis Segeberg).

„Bei den Springfohlen war die Beteiligung etwas geringer“, berichtete Drünert. Den Klassensieg der Hengstfohlen errang ein Sohn des Diathletico aus einer Cascadello I-Mutter (Z.: Wilke Bouter aus Föhrden-Barl, Kreis Segeberg). Dieses Fohlen erreichte auch den Gesamtsieg bei den Springfohlen. Das zweitplatzierte Springhengstfohlen von Dourkhan Hero Z-Chacfly PS war erneut ein Fohlen aus der Zucht von Drünert selbst. Doch damit nicht genug: Bei den springbetonten Stutfohlen siegte eine Duplexx-Cornet Obolensky-Tochter, ebenfalls aus seiner Zucht. Hinter ihr platzierte sich eine Drummer-Valentino-Tochter des Stalls Bokhorst in Schillsdorf, Kreis Plön, vor einem Cahil-Catoki-Fohlen, gezüchtet aus einer besonders sporterfolgreichen Großmutter von Dirk Schröder aus Lentförden, Kreis Segeberg.
pm