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Himmlisch verführerisch

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Schokolade macht glücklich! Was gibt es Schöneres, als an einem nasskalten Herbsttag, eingekuschelt in eine Decke, ein Stückchen Schokolade langsam im Mund zergehen zu lassen? Dabei denken wir meist nicht daran, dass es viel Handarbeit braucht, bis aus bitteren Kakaobohnen zart schmelzende Köstlichkeiten werden können. Verfolgen wir deshalb ihren Weg vom tropischen Regenwald bis zum fertigen Produkt und besuchen dafür das Hamburger Schokoladenmuseum Chocoversum.

Unweit der Hamburger Speicherstadt befindet sich im Kontorhaus Meßberg 1 das Schokoladenmuseum Chocoversum.
Foto: Silke Bromm-Krieger

Unsere Genussreise beginnt im tropischen Regenwald, genauer gesagt in Westafrika. Rund 70 % der weltweiten Ernte kommen von dort, hauptsächlich von der Elfenbeinküste und Ghana. Hier gibt es das optimale, feuchtwarme Klima, das die Kakaobäume wachsen und gedeihen lässt. Angebaut wird der Kakao überwiegend von Kleinbauern auf Flächen zwischen 1 und 3 ha. Der Kakao ist oft die einzige Einnahmequelle dieser Familienbetriebe. Zweimal im Jahr können sie ernten, zum Ende der Regenzeit und zu Beginn der nächsten Regenzeit.

Der Kakaobaum (Theobroma cacao) trägt ganzjährig. Die Blüten wachsen direkt am Stamm oder an dickeren Ästen. Mücken sorgen dafür, dass sie bestäubt und befruchtet werden. Eine Besonderheit ist, dass Kakaofrüchte in unterschiedlichen Reifezuständen gleichzeitig am selben Baum hängen. Nach der Befruchtung entwickeln sich je nach Sorte rotbraune, violette oder gelbe Früchte, die eine Länge von etwa 30 cm erreichen. Jede Kakaofrucht enthält 40 bis 50 Kakaobohnen, die in weißes Fruchtfleisch eingebettet sind. Reife Früchte werden mit Macheten oder Messern an langen Stäben vorsichtig von den Bäumen gelöst und zentral an einer Stelle gesammelt. Die Bauern öffnen sie und lösen aus ihnen die Kakaobohnen mit einem Teil des Fruchtfleisches heraus.

Himmlisch glücklich: Die Tour durchs Chocoversum beginnt mit einer Kostprobe aus dem imposanten Schokobrunnen.
Foto: Silke Bromm-Krieger

All das erfahren Besucher an diesem Tag von Schoko-Guide Sophia während einer 90-minütigen, interaktiven Tour durchs Chocoversum. Auch kritische Aspekte des Kakaohandels von der Geschichte bis zur Gegenwart wird sie dabei nicht auslassen. Die Teilnehmenden werden an mehreren Stationen etwas über die Produktionsschritte und Maschinen zur Verarbeitung des süßen Goldes erfahren und bei Verkostungen eigene Geschmackserlebnisse machen. Aber von vorn. Zu Beginn verteilt Sophia eine Waffel, die jeder zur Einstimmung unter einen Schokobrunnen halten darf.

Doch von der frisch geernteten Kakaofrucht bis zur fertigen Schokolade ist es bekanntlich ein langer Weg. Und so steht nach der Ernte die Fermentation der Kakaobohnen auf dem Plan, für die es unterschiedliche Verfahren gibt. Entweder liegen die Bohnen dafür in Bananenblätter gehüllt oder auf Matten aus, oder sie werden in Holzkisten oder Fässer gefüllt. Während der Fermentation gären sie und entwickeln Temperaturen von bis zu 50 °C. Dabei zersetzt sich das Fruchtfleisch durch Wärme und chemische Prozesse. Die Kakaobohnen, die zurückbleiben, erhalten dadurch ihre braune Färbung und entwickeln eine Vorstufe des typischen Aromas, gleichzeitig werden Keime beseitigt. Anschließend müssen sie ein bis zwei Wochen trocknen, wobei sich ihr Gewicht um mehr als die Hälfte reduziert. Ebenso verbessern sich während dieser Zeit Haltbarkeit und Geschmack, enthaltene Säure wird abgebaut. Für den Trocknungsprozess setzen die Bauern auf Sonnen- oder Ofentrocknung. Erst wenn der Feuchtigkeitsgrad der Kakaobohnen maximal 7 % beträgt, können sie, nach Qualitäten sortiert, in Jutesäcke abgefüllt werden.

Die frisch geernteten Kakaobohnen werden zur Fermentation in Bananenblätter gewickelt. 
Foto: Chocoversum/Repro Silke Bromm-Krieger

„Die Weiterverarbeitung des Rohkakaos geschieht nicht in den Anbauländern, sondern in Europa und Nordamerika“, weiß Sophia. So macht sich von Westafrika irgendwann auch ein Schiff mit der kostbaren Fracht auf den Seeweg nach Deutschland. Hier kommt die Hansestadt Hamburg als „Schokoladenhauptstadt“ ins Spiel. Über ihren Hafen gelangen, laut Chocoversum, jährlich rund 150.000 t Rohkakao ins Land. „Sobald die Kakaobohnen bei den Schokoladenproduzenten angekommen sind, werden dort Stichproben genommen und diversen Tests unterzogen“, informiert Sophia. Weisen die Bohnen Schäden auf? Gibt es Schimmel oder Insektenbefall? Bestehen die Kakaobohnen diese erste Inspektion, werden sie maschinell gereinigt und heiß geröstet. „Beim Röstvorgang bilden sich bis zu 400 verschiedene Kakaoaromen aus“, erklärt sie. Danach werden in einer Brechmaschine die Schalen der Kakaobohnen in kleine Stücke gebrochen und anschließend durch einen Luftstrom fortgeblasen. Übrig bleibt der Kakaokernbruch, auch Nibs genannt.

Guide Sophia erklärt die Funktionsweise einer alten Walzmaschine. Foto: Silke Bromm-Krieger

Nun erfolgt das erste feine Mahlen, bei dem aus den Nibs Kakaobutter austritt. Sie lässt die Kakaomasse schmelzen. Doch in diesem Stadium ist sie noch nicht fein genug. Auf der Zunge würde sie sich sandig und krümelig anfühlen. Damit das nicht passiert, werden die Kakaostückchen in Walzwerken weiter schrittweise auf klitzekleine Kakaopartikel reduziert. Vorher kommen je nach Rezept Zutaten wie Zucker, Milchpulver oder Lecithin hinzu. Sophia bleibt vor zwei alten Maschinen stehen, die diese Arbeit erledigen, und erläutert sie. Im Anschluss wird das Walzgut in die Conchiermaschine (Conche) umgefüllt, auf bis zu 90 °C erwärmt und konstant geknetet und gerührt. Das kann Stunden bis Tage dauern. So wird der gute Geschmack weiter herausgearbeitet, die flüssige Masse wird glatt und fein schmelzend. Nun ist sie bereit, in die gewünschte Form gegossen und im abgekühlten Zustand für den Handel verpackt zu werden. Aber vorher dürfen die Besucher die Schokolade in den Sorten Vollmilch und Zartbitter auf einer Waffel probieren. Hmm, lecker!

Einige Anmerkungen seien noch zu den Qualitäten von Schokolade gemacht: Je nach Kakaoanteil schmeckt sie kräftig-herb bis sehr süß. Bitterschokolade enthält einen Kakaoanteil von 70 % und mehr, Zartbitterschokolade von 55 %, Vollmilch- oder Milchschokolade von 30 bis 45 %. Die weiße Schokolade enthält neben Milchpulver und Zucker nur 30 % Kakaobutter, jedoch keinen Kakao. Je weniger Zutaten Schokolade hat und je höher ihr Kakaoanteil, desto hochwertiger das Produkt.

Spaß für kleine und große Besucher: Eine selbstverzierte Tafel Schokolade schmeckt gleich doppelt so gut.
Foto: Silke Bromm-Krieger

Abschließend sei das Highlight der Schokotour erwähnt: In der Schokowerkstatt des Museums können sich kleine und große Naschkatzen ihre eigene Tafel aus flüssiger Zartbitter-, Vollmilch- oder weißer Schokolade in eine Form gießen lassen und selbst mit ihren Lieblingszutaten verzieren. Diese Aktion ist im Eintrittspreis enthalten. „Dafür stehen bunte Smarties, Haselnuss-Krokant, Erdnuss-Crumble, Wasabi-Erbsen und verschiedene bunte Zuckerstreusel bereit“, berichtet Sophia. Die individuell verzierten Tafeln können am Ende der Führung mitgenommen werden. Ein tolles Erlebnis, das bei manchen Besuchern bestimmt Lust auf mehr macht. Weitere Infos unter chocoversum.de und schokoinfo.de

Hintergrund:

Im Jahr 2022 genoss jeder Deutsche durchschnittlich 8,92 kg Schokolade. Deutschland ist auch Exportweltmeister von Schokoladenprodukten. Knapp 10 % der weltweiten Kakaoernte werden hier verarbeitet.

In der 90-minütigen Führung geht es auch um kritische Aspekte des Kakaohandels, wie den Transatlantischen Dreieckshandel von der Historie bis zur Gegenwart.
Foto: Silke Bromm-Krieger

Doch ein Blick auf das Leben der rund 5,5 Millionen Kakaobauern in den Herkunftsländen zeigt, dass sie von ihrer Arbeit kaum existenzsichernd leben können, die Mehrheit lebt aktuell unterhalb der Armutsgrenze. Verbraucher sollten beim Schokoladenkauf deshalb bevorzugt auf Produkte mit Fair Trade-Siegeln zurückgreifen, zertifiziert beispielsweise nach Rainforest Alliance, UTZ, Fairtrade oder einem Bio-Standard. Allerdings kann die Zertifizierung allein kein existenzsicherndes Einkommen für die Kleinbauern gewährleisten.

Auch Kleinbäuerinnen sind im Kakaoanbau aktiv. Das Projekt „Pro Planteurs“ fördert sie in nachhaltiger Kakaoerzeugung und schafft so Perspektiven vor Ort.
Foto: Forum Nachhaltiger Kakao

Deshalb fördert das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung das Projekt „Pro Planteurs“, das Bauern und speziell Bäuerinnen in nachhaltiger Kakaoerzeugung schult und so vor Ort Perspektiven schafft. Im „Forum Nachhaltiger Kakao“ engagieren sich zudem die Süßwarenindustrie, der Lebensmittelhandel, die Zivilgesellschaft und die Bundesregierung für einen nachhaltigen Kakaoanbau. Sie verfolgen das Ziel, die Lebensumstände der Kakaobauern und ihrer Familien zu verbessern, sowie den Anbau und die Vermarktung nachhaltig erzeugten Kakaos zu erhöhen. Mehr unter kakaoforum.de und bmel.de (Quellen: Statista, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL)

„Kein Rinderfutter, aber auch kein Abfall“

Wie lässt sich mit der Biomasse wiedervernässter Moorflächen Wertschöpfung generieren? Über die aktuelle Ernte, ein Fahrsilo aus Paludi-Kulturen und dessen Verwertung in einer Biogasanlage informierten die Projektbeteiligten der Klimafarm am vergangenen Donnerstag in Erfde. Rund 30 Landwirte und Interessierte waren dazu zum Feldtag in die Eider-Treene-Sorge-Region gekommen.

Einen Rückblick auf die Paludi-Ernte ab dem 21. Juni gab Marie Bajohr, Projektmanagerin Landwirtschaft und Produktentwicklung auf der Klimafarm. Der heterogene Pflanzenmix ist auf den Klimafarm-Flächen mit verschiedenen Verfahren als Heu, in Form von Rund- und Quaderballen sowie in einem Fahrsilo geerntet worden. Einige Quaderballen werden zum Beispiel zu Pellets für die weitere Nutzung in einer Papierfabrik verarbeitet. Der Großteil der Heuernte erfolgte im Ellerortsmoor: Auf 14,7 ha wurden 163 Ballen mit 1,25 m Durchmesser geerntet. „Da hier vor allem Binsen vorherrschen, fiel der Ertrag vergleichsweise gering aus“, erläuterte Bajohr.

Biomasse sinnvoll einsetzen

Marie Bajohr blickte auf die zurückliegende Ernte Foto: jh

„Die Wiedervernässung wird auf unseren Moorböden vermutlich die am weitesten verbreitete Art der Moorkörperkonservierung bleiben“, erklärte Jasper Metzger-Petersen von der BaBa Gump GbR in Oster-Ohrstedt, die zwei Biogasanlagen und ein Lohnunternehmen betreibt. „Die Biomasse werden wir nur los, wenn wir sie sinnvoll einsetzen – meiner Meinung nach ist das die Biogasanlage“, unterstrich Metzger-Petersen. Für ihn ist die Paludi-Biomasse „kein Rinderfutter, aber auch kein Müll“, sondern vielmehr „weit davon weg, irgendein Abfall zu sein“. Das Material bringe eine besondere Güte, aber auch besondere Probleme mit sich: „Es gibt noch keine Häckseltechnik, die im Moor herumtoben kann. Entsprechend muss man mit Ladetechnik arbeiten und hat lange Strukturen.“

Um die energetische Verwertung der Biomasse werde man bei einer großflächigen Vernässung nicht herumkommen. Eine ausschließliche stoffliche Verwertung wäre zwar zu begrüßen, für eine Transformationszeit sei aber auch die energetische, direkte Nutzung ­notwendig. Die aus der Biomasse erzeugte Wärme könne auch zum Trocknen des stofflich genutzten Paludi-Materials verwendet werden. Für die probeweise energetische Verwertung in der Biogasanlage war das Einholen einer Genehmigung beim Fördergeldgeber, dem Bundesumweltministerium, notwendig.

„Wir müssen wegkommen von der Anbaubiomasse“, betonte Metzger-Petersen. Die vergangenen 20 Jahre seien Biogasanlagen über die Anbaubiomasse gedacht worden. Künftig werde es jedoch nur sinnvoll sein, Anlagen mit Nichtanbaubiomasse oder Energien zu versorgen, die von Menschen übrig gelassen werden.

Jasper Metzger-Petersen stellte die Ergebnisse der Paludi-Verwertung in der Biogasanlage vor. Foto: jh

Trotz schwieriger Erntebedingungen im November 2023 war Metzger-Petersen von den verwendeten Silagen, die genau analysiert wurden, positiv überrascht. Diese hätten einen TS-Gehalt zwischen 19 und 25 % aufgewiesen. Das Paludi-Material sei der Anlage mit 10 % beigemischt worden, die Ergebnisse dabei vielversprechend. „Wir reden über ein Potenzial von 80 bis 120 Normkubikmeter Gas pro Tonne“, so Metzger-Petersen über den ersten Versuch. „Wenn wir mit zwei bis drei Tonnen Paludimaterial eine Tonne Silomais ersetzen können, dann haben wir etwas erreicht.“ Flächen würden so für andere Anbausysteme frei und nach dem Gang durch die Biogasanlage stehe der Gärrest für eine weitere Aufbereitung, etwa zu Pflanzenkohle, zur Verfügung.

Für den Landwirt und Biogasanlagenbetreiber wird der Bereich der Biomethanaufbereitung statt einer Kraft-Wärme-Kopplung immer interessanter: So könne künftig Biomasse in gasbetriebenen Schleppern genutzt und eine CO2-Neutralität im Antriebsbereich erlangt werden. Auch Fuhr- oder Bus­unternehmen, deren Fahrzeuge mit Gas aus wiedervernässten Mooren unterwegs sind, seien denkbar. Mehrwerte könnten über geänderte Nährstoffkreisläufe und eine verringerte CO2-Abgabe entstehen. Den Wert wiedervernässter Moore als Ökosystemdienstleistung unterstrich auch Dr. Elena Zydek, Projektleiterin der Klimafarm. Würden Fragen der Vernässungskosten, der Abpufferung von Ertragseinbußen in der Milcherzeugung oder von Anpassungen der Gemeinsamen Agrarpolitik geklärt, seien wiedervernässte Moore Gold wert, bekräftigte Zydek.

Siliertes Material gefragt

Dr. Elena Zydek unterstrich den Wert wiedervernässter Moore als Ökosystemdienstleistung Foto: jh

Eine stoffliche Verwertung erprobt die Klimafarm mit ihren Partnern etwa in Form von Paludi-Papier, Verpackungsmaterial, Dämmplatten, Erosionsschutzmatten, als Torfersatz, für Textilien oder Faserwerkstoffe. Die Tendenz gehe bei der industriellen Verwertung und den dortigen großen Bedarfen hin zu siliertem Material, etwa beim Umbau von Verpackungsmaterialien von Altpapier auf Moorpflanzen, erklärte Zydek. „Wir müssen es als Landwirte aber erst einmal schaffen, diese Mengen zu ernten und qualitativ so hochwertigen Rohstoff hinzubekommen.“ Das Projekt Klimafarm läuft noch bis zum Jahr 2031.

Niederländisches Modell: Erfolg dank Vertrauen

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Mögliche Vereinfachungen und eine Neuausrichtung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) sind die Ziele der Gesprächsreihe „Schwarz trifft …“, zu der Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) am Dienstag vergangener Woche (8. Oktober) Experten aus Wissenschaft, Beratung, Verbänden und Naturschutz nach Kiel einlud. Gastredner im dritten Teil der Reihe war Henk Smith, der das niederländische Kooperationsmodell vorstellte.

Schwarz untermauerte sein Bestreben, einen von Schleswig-Holstein getragenen Vorschlag zur GAP zu entwickeln und diesen in künftige Diskussionen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene einzubringen. Inhaltlich gehe es ihm vor allem darum, ein Anreizsystem für eine zukunftsfähige Landwirtschaft unter Berücksichtigung von gesellschaftlichen Ansprüchen und ökonomischen Erfordernissen zu gestalten.

Effizienz gefragt

Der Landwirtschaftsminister betonte: „Unsere Landwirtschaft ist Teil der Lösung. Ihre Leistungen sind angemessen zu würdigen und einzupreisen.“ Klimawandelanpassungen sowie Biodiversitäts- und Kulturlandschaftserhalt ließen sich nur mit der Landwirtschaft umsetzen. Nach seiner Überzeugung ist Ordnungsrecht nicht der richtige Weg für eine funktionierende Agrarpolitik. Es gehe darum, Leistungen über die gute fachliche Praxis oder gesetzliche Vorgaben hinaus bezahlen zu lassen. Er unterstrich die Notwendigkeit, Mittel möglichst effizient einzusetzen. „Wir haben voraussichtlich zukünftig weniger Geld zur Verfügung“, so der Minister.

Zielarten fördern

Smith berichtete zu den Chancen und Hindernissen des niederländischen Kooperationsmodells. Der Landwirt leitet zwei Betriebe in Groningen und Utrecht. Als Vizepräsident von BoerenNatuur, dem Dachverband der 40 agrarischen Kollektive, begleitet er die Umsetzung von Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen (AUKM). Im Jahr 2016 wurde die behördliche einzelbetriebliche Beantragung von AUKM in den Niederlanden beendet und auf die 40 Kollektive von BoerenNatuur übertragen. „Von einem Euro aus Brüssel hat die Bürokratie 42 Cent gefressen“, schilderte Smith. Dieser Anteil habe sich stark verringert, sodass heute mehr Geld auf den Betrieben ankomme.

Das aktuelle Budget von BoerenNatuur beträgt rund 110 Mio. € und deckt sich zu zirka zwei Dritteln aus EU-Mitteln und zu einem Drittel aus nationaler Co-Finanzierung. Momentan engagieren sich 12.000 Landwirte in den 40 Kooperativen. Das sind rund 25 % der Betriebe in den Niederlanden.

Laut Smith ist die Regierung in Den Haag begeistert von dem System und will das Budget in den kommenden 1,5 Jahren auf 600 Mio. € aufstocken. Um allerdings flächendeckend erfolgreich AUKM durchzuführen, sind nach Berechnungen von BoerenNatuur rund 1,1 Mrd. € notwendig.

Die Maßnahmen der Landwirte sind überwiegend im Bereich Artenschutz und Landschaftspflege zu verorten. Oft würden Zielarten wie die Wiesenweihe gefördert. „Wenn es den Zielarten gut geht, geht es vielen anderen Arten auch gut“, erklärte Smith. Die Landwirte erarbeiten Maßnahmen gemeinsam mit Naturschützern und Wissenschaftlern. Übergeordnete Ziele seien ein naturschutzfachlich wertvolles Mosaik und eine gute Lebensraumqualität. Zusätzlich entwickelten sich erste Maßnahmen für Klimaschutz, etwa die Steigerung der Bodenorganik.

Verdienmodell für Bauern

Das System funktioniert „von unten nach oben“. Landwirte überlegen, was dem Naturschutz hilft, und die Kollektive garantieren, dass die richtige Bewirtschaftung am richtigen Ort erfolgt. Um die Ziele im Bereich Natur und Landschaft zu erreichen, sei ein kohärentes Management auf Gebietsebene (Landschaftsebene) entscheidend. Das Kolletiv vereinbart einen Vertrag mit der übergeordneten Behörde, die dann Betrag x freigibt. Die Maßnahmendauer beträgt sechs Jahre, was zu einer besseren wirtschaftlichen Planbarkeit führt als bei einjährigen Maßnahmen. Smith erklärte: „Wir folgen der GAP.“ Wichtig sei, dass für Landwirte ein „Verdienmodell“ entstehe.

Für die Kontrolle der Kooperativen wurde eine Stiftung als unabhängige Zertifizierungsstelle gegründet. Bauern werden zwar stichprobenartig auch behördlich kontrolliert, zumeist aber von Mitarbeitenden der Kooperativen. „Damit fühlen sich alle wohl“, so Smith. Erfolgsfaktoren sind nach seiner Einschätzung vor allem eine gewisse Größe, Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Fachkenntnis.

„Wir haben über viele Jahre einen Katalog entwickelt und gerechnet, was Maßnahmen kosten müssen“, beschrieb er die umfassende Vorarbeit. Alles sei mit Daten hinterlegt. Agrarnaturvereine haben in den Niederlanden eine lange Tradition. Auch deswegen trage der Staat die AUKM-Abwicklung durch die Kooperativen mit.

Erfolge messen

Minister Schwarz resümierte: „Es ist ein toller Erfolg, dass der Staat freiwillig Mittel dazugibt, die nicht aus dem GAP-Budget kommen.“ Die Anwesenden stellten in der Diskussion heraus, dass auch Schleswig-Holstein viele von Landwirten initiierte Projekte besitze, aber keine vergleichbar flächendeckende Organisationsstruktur. Schwarz zeigte sich überzeugt, dass sowohl eine detaillierte Zielbeschreibung für Naturschutzmaßnahmen notwendig sei, aber ebenso die Zielerreichung, also eine messbare Überprüfung des Erfolges.

Info

In den ersten beiden Runden von „Schwarz trifft …“ diskutierten die Experten mit Dr. Christine Chemnitz vom Thinktank Agora Agrar und mit Michael Niejahr, stellvertretender Generaldirektor der Generaldirektion Landwirtschaft der EU-Kommission. Schwarz will in den kommenden Runden die politische Diskussion forcieren, unter anderem mit dem Umweltministerium als Partner.

Gefahr für Honigbienen und Biodiversität?

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Neben der bekannten heimischen Europäischen Hornisse hat sich in den vergangenen Jahren die Asiatische Hornisse in Europa und auch in Deutschland ausgebreitet. In Schleswig-Holstein wurde die invasive Art noch nicht gemeldet, aber in Hamburg gab es erste Nachweise, die Imker und Naturschützer alarmiert haben.

Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) ist eine gebietsfremde invasive Insektenart, die sich in Teilen Europas in starker Ausbreitung befindet, nachdem sie im Jahr 2004 erstmals in Frankreich nachgewiesen wurde.

Monitoring-Programm der Nord-Bundesländer

Seither hat sich dieser in China beheimatete Hautflügler in Frankreich mit einer Geschwindigkeit von 80 km pro Jahr ausgebreitet. 2014 erfolgte der erste Nachweis in Deutschland; 2019 wurden erstmals Tiere in Hamburg gesichtet und sogar Nester entdeckt. Diese wurden vernichtet, wie es für invasive gebietsfremde Arten nach Vorgaben der Europäischen Kommission vorgesehen ist.

„In Schleswig-Holstein gab es bisher keine bestätigten Nachweise der Asiatischen Hornisse“, sagt Lena Watermann vom Landesamt für Naturschutz Schleswig-Holstein (LfU), die sich in der Abteilung Naturschutz neben dem Thema Biodiversität auch mit gebietsfremden Arten beschäftigt. Sie vermutet, dass die Maßnahmen nach den ersten Nachweisen in Hamburg erfolgreich waren, da es 2024 bis zum heutigen Tag keine weiteren Meldungen von Einzeltieren oder Nestern mehr gegeben habe. „Es ist davon auszugehen, dass die Nestbeseitigungen im Jahr 2023 rechtzeitig erfolgt sind“, zeigt sich Watermann überzeugt.

Die aktuelle Situation und mögliche weitere Ausbreitungen der Asiatischen Hornisse sollen aber im Auge behalten werden. Im Rahmen eines Monitoring-Programmes haben sich die vier norddeutschen Bundesländer zu dem Projekt „Ahlert-Nord – Asiatische Hornisse lokalisieren, erkennen, registrieren und terminieren“ (www.ahlert-nord.de) unter der Leitung der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft zusammengeschlossen. Hier erhält man nicht nur Informationen, sondern kann auch ebenso wie beim LfU in Schleswig-Holstein Beobachtungen melden.

Unterscheidung der Hornissenarten

Eine Unterscheidung zur heimischen, geschützten Hornissenart (Vespa crabro) ist leicht möglich: Die asiatische Art ist mit einer Größe von 1,7 bis 2,4 cm (Arbeiterin) bis 3 cm (Königin) etwas kleiner als die heimische Art. Auffällig sind die schwarze Grundfärbung und die Hinterleibszeichnung. Die Beine der Asiatischen Hornisse sind schwarz mit hellgelben Endgliedern, während sie bei der Europäischen Hornisse rotbraun sind.

Zur Ernährung dienen Asiatischen Hornissen während der Jungenaufzucht, für die vor allem Proteine notwendig sind, diverse andere Insektenarten. Dabei nehmen sie das, was im jeweiligen Gebiet häufig vorkommt. Oft sind dies Honigbienen, denen sie bereits beim Ein- und Ausflug am Stock auflauern, weshalb auch die Imker wegen der neuen, invasiven Hornissenart alarmiert seien, wie der Vorsitzende des Landesverbandes Schleswig-Holsteinischer und Hamburger Imker, Christian Krug, betont: „Wir informieren uns auf Kongressen und Veranstaltungen und beteiligen uns am Interessenverbund zum Monitoring der Asiatischen Hornisse in Norddeutschland.“ So müsse man wohl im Extremfall die Bienenkisten mit Lochgittern oder Maschen vor den Einfluglöchern schützen, vermutet Krug. Da sich die Asiatische Hornisse in Baden-Württemberg bereits weit verbreitet hat, ist die Landesanstalt für Bienenkunde der Universität Hohenheim in Stuttgart eine wichtige Anlaufstelle und Informationsquelle für Imker in Bezug auf Maßnahmen gegen die Asiatische Hornisse.

Insgesamt gehen die Experten derzeit davon aus, dass von der Ausbreitung der Asiatischen Hornisse keine gravierenden Gefahren für Mensch und Natur ausgehen, aber die Entwicklung soll unter Beobachtung bleiben. Bei Verdacht auf diese invasive Insektenart wird empfohlen, Ruhe zu bewahren und keine eigenen Bekämpfungsmaßnahmen zu starten, sondern den Verdacht mit Foto den Naturschutzbehörden oder dem Ahlert-Nord-Netzwerk zu melden.

Grafik: Asiatische und Europäische Hornisse im Vergleich (Quelle: SVLFG)

Perspektiven auf dem Biomarkt

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Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein lädt im November zu einer Veranstaltungsreihe „Perspektive Biomarkt“ ein. In mehreren Exkursionen werden führende Player und Organisationen in der Biovermarktung besucht.

Zielgruppe der Reihe sind Landwirte, die entweder bereits ökologisch wirtschaften und neue Vermarktungsperspektiven suchen, oder konventionelle Betriebe, die eine Umstellung ihres Hofes planen. Weiterhin sind Lehr- und Beratungskräfte sowie Personen aus der Agrarverwaltung angesprochen, die sich einen aktuellen Überblick über den Markt für Bioprodukte verschaffen wollen.

Die Erzeugerbetriebe von Biogetreide haben 2024 eine unterdurchschnittliche Ernte bei oftmals guten Qualitäten eingefahren. Der Markt für Konsumgetreide wird gut bedient werden können. Allerdings sind viele Vermarkter noch mit alterntiger Ware (Dinkel teilweise noch von 2022) gut eingedeckt, sodass sich die verhaltenen Erntemengen aus dem Jahr 2024 noch nicht im Erzeugerpreis widerspiegeln. Die derzeit aufgerufene Preissituation ist nicht auskömmlich für die Bioackerbauern, es wird jedoch mit einem deutlichen Anziehen der Preise gerechnet, sobald die liegende beziehungsweise kontraktierte Ware bei den Verarbeitern verbraucht ist. Insbesondere Erzeuger von Bioverbandsware werden hiervon profitieren können.

Auch der mit alterntiger Ware derzeit noch überversorgte Markt für Biofuttergetreide wird sich perspektivisch erholen können, da ein großer Teil der Ernte 2024 ins Konsumgetreide fließen wird und damit den Markt für Futtergetreide entlasten kann.

Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe „Perspektive Biomarkt“ wird am 4. November ein Besuch bei der Handelsgesellschaft Gut Rosenkrantz stattfinden. Die Handelsgesellschaft bietet ein Biovollsortiment an Backrohstoffen und Getreide, aber auch an Saatgut und Futtermitteln an.

Ein weiteres Exkursionsziel wird am 11. November die neu gebaute Biofrosterei am Standort Friedrichsgabekoog in Dithmarschen sein. Hier hat die Unternehmensgruppe Westhof Bio eine der größten Biofrostereien in Europa errichtet.

Am 26. November bildet ein Besuch bei der Landwirtschaftsmesse Agromek in Herning (DK) den Abschluss der Veranstaltungsreihe. Auf einem Messerundgang können sich die Teilnehmer insbesondere über Technik-Trends für den ökologischen Landbau im Nachbarland informieren.

Anreise und Treffpunkt zu den Exkursionen

4. November – Handelsgesellschaft Gut Rosenkrantz: Beginn ist um 14 Uhr auf dem Gelände der Handelsgesellschaft Gut Rosenkrantz, Oderstraße 45 in 24539 Neumünster

11. November – Unternehmensgruppe Westhof Bio: Beginn ist um 14.30 Uhr auf dem Gelände der Frosterei Bio-Frost, Zum Westhof 6 in 25764 Friedrichsgabekoog

26. November – Landwirtschaftsmesse Agromek in Herning (DK): Treffpunkt für die gemeinsame Anfahrt zur Agromek ist um 7 Uhr auf dem Parkplatz Scandinavian-Park, Scandinavian-Park 13 in 24983 Handewitt. Fahrgemeinschaften zur Weiterfahrt nach Herning im Pkw werden vor Ort organisiert. Alternativ: Treffen am Eingang der Agromek um 9.30 Uhr, Messecenter MCH AS, Vardevej 1 in 7400 Herning (DK)

Hinweis: Besucher aus Deutschland können sich vor dem Besuch auf www.agro​mek.com registrieren lassen und bekommen kostenlosen Zugang zur Messe. Ein Ausdruck des kostenlosen Tickets muss zur Messe mitgebracht werden.

Um Anmeldung zu den einzelnen Exkursionen mit Angabe von Name, Anschrift und Telefonnummer per E-Mail wird gebeten: bortmanns@lksh.de

Anmeldefrist ist jeweils eine Woche vor der jeweiligen Veranstaltung. Ein Tagungsbeitrag für die Exkursionen wird nicht erhoben. Möglicherweise entstehende Kosten für die Verpflegung vor Ort tragen die Teilnehmenden selbst.

Meisterschaften der Holsteiner Jungzüchter

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An der Westküste gibt es sie schon länger, an der Ostküste seit vier Jahren: Zu den Meisterschaften der Holsteiner Jungzüchter trafen sich die Teilnehmer für Wettkämpfe in Beurteilung, Vormustern und Theorie.

Die Ostküstenmeisterschaft richteten in diesem Jahr die Jungzüchter des Clubs Rendsburg-Eckernförde aus. Birgit und Lena Freiberg organisierten das Treffen für die Teilnehmer aus dem eigenen Club sowie aus den Clubs Ostholstein und Segeberg. Bordesholm/Plön ging leider nicht an den Start, dafür waren Gaststarter aus dem Pinneberger Club dabei. „Der Augustenhof bot sich als Austragungsort an, weil sie dort auf viele Kinder ausgelegt sind“, erklärt Lena Freiberg. Sie ist Schriftwartin der Jungzüchter aus Rendsburg-Eckernförde und die Tochter der ersten Vorsitzenden Birgit Freiberg.

Mutter und Tochter freuten sich, dass sie ihre Veranstaltung auf dem Hof der Familie Prang durchführen durften, denn so hätte es nicht nur bei schlechtem Wetter eine Halle gegeben, sondern sie konnten auch die Schulponys für das Vormustern nutzen. „Das war besonders günstig, denn bei den Ost- und Westküstenmeisterschaften sind viele jüngere Teilnehmer dabei“, weiß Lena Freiberg. Die 19-Jährige, die selbst seit 13 Jahren bei den Jungzüchtern ist und vor zwei Jahren am Bundeswettkampf teilnahm, erklärt: „Das liegt daran, dass hier niemand zugelassen ist, der schon an Bundeswettkämpfen oder gar der Weltmeisterschaft teilgenommen hat.“

Als Richter waren der Holsteiner Züchter Christian Schröder aus Groß Wittensee und Lukas Heumann, ein ehemaliger Jungzüchter, der mehrfach erfolgreich an Bundeswettkämpfen und Weltmeisterschaften teilgenommen hat, eingeladen.

Sehr viele junge Teilnehmer

Die meisten der 31 Teilnehmer starteten in der Altersklasse (AK) I, die bis 14 Jahre geht. Hier gewann Tessa Nehlsen vom gastgebenden Club die Meisterschaft. Sie hatte in den drei Teilprüfungen die meisten Punkte gesammelt. In der AK II bis 18 Jahre gewann Lissa Kritzen aus Ostholstein. Kim Weber aus Rendsburg-Eckernförde gewann in der AK III bis 25 Jahre.

Auch die Jungzüchter der Westküste trafen sich, um ihre Meister zu ermitteln. Gastgeber waren hier die Pinneberger, als Gäste waren Steinburg und Dithmarschen geladen. Sie alle trafen sich auf der Anlage der Familie Bielenberg in Horst. Für das Mustern durfte jeder Teilnehmer sein eigenes Pferd oder Pony mitbringen, denn es wurden keine Pferde zur Verfügung gestellt.

An der Westküstenmeisterschaft nahmen knapp 50 Jungzüchter teil. Foto: Nikola Wraage

„Die Westküstenmeisterschaft ist eine langjährige Tradition der drei Clubs. Im Dreijahresrhythmus wird die Veranstaltung organisiert und durchgeführt“, berichtet Nikola Wraage, erste Vorsitzende der Jungzüchter aus Pinneberg. Sie hatte gemeinsam mit Jana Gerz und Mirja Matern schon Anfang des Jahres mit der Planung begonnen. So war alles bestens vorbereitet, als die 37 Teilnehmer aus den Mitgliedsclubs und zehn Gaststarter aus Ostholstein anreisten. „Los ging es mit einem für jede Altersklasse zusammengestellten Theorietest mit 25 Fragen zu den Themen Pferdezucht, Pferdehaltung und Pferdegesundheit“, erzählt Wraage.

Besuch aus Niedersachsen

Anschließend folgten die Exterieurbeurteilung und das Mustern auf der Dreiecksbahn der selbst mitgebrachten Ponys oder Pferde. Die Disziplinen wurden von Mandes Verhaagh bewertet. Verhaagh ist selbst langjähriger Jungzüchter im Club Pinneberg und leitet mittlerweile einen eigenen Zuchtbetrieb in Niedersachsen. „Das ist schon eine besondere Jungzüchterlaufbahn. Wir waren stolz, ihn an diesem Tag als unseren Richter im Heimatclub begrüßen zu dürfen“, erzählt Wraage.

Eine weitere Besonderheit in diesem Jahr war der Oldie Cup. Alle Teilnehmer über 25 Jahren durften in den Disziplinen Theorie und Beurteilung teilnehmen. „Eine Idee, die sehr gut angenommen wurde, da auch alle helfenden Eltern die Gelegenheit hatten teilzunehmen“, resümiert die erste Vorsitzende. Diese Prüfung gewann Marie Zimmermann aus dem gastgebenden Verein. Neue Westküstenmeister sind Elisabeth Ross (AK I) aus Steinburg, Laura Sophie Thiesen (AK II) aus Dithmarschen sowie Kaya Horn (AK III) aus Steinburg.

Nun haben alle erst einmal Winterpause und damit Zeit, um für den Landeswettkampf im April zu trainieren. „Dort treten wir in einem freundschaftlichen Miteinander gegeneinander an“, erklärt Freiberg und fügt hinzu: „Bis dahin stehen ganz viel Training und Theorielernen auf dem Programm.“

Gräser mit rötlichem Laub

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Gräser überraschen mit allen erdenklichen Farbschattierungen. Denn neben sämtlichen Grüntönen und stahlblauen sowie blaugrünen Kombinationen gibt es auch Gräser mit kupferfarbenen, rotbraunen und rötlichen Halmen. Dies lädt zu interessanten Gestaltungsmöglichkeiten und Farbspielereien ein.

Die warmen Töne bringen eine besondere Farbigkeit in den Garten, gleich ob sie intensiv leuchten oder zart schimmern. Doch ebenso sorgen die schmückenden Blütenstände für Aufmerksamkeit. Sie bieten auch in den nicht so blütenreichen Herbstmonaten optische Reize. Neben dem farbintensiven Auftritt im Herbst zählt insbesondere die attraktive Wintersilhouette zu den großen Stärken der Gräser. Sie empfehlen sich damit als spektakuläres i-Tüpfelchen für den Garten.

Federborstengras ,Rubrum‘ fällt ins Auge. Foto: Karin Stern

Wer derzeit durch den Gartenmarkt schlendert, findet ein reiches Sortiment an rotlaubigen Gräsern. Allerdings überstehen nicht alle angebotenen Arten unseren Winter. So sind die sehr attraktiven Federborstengräser ‚Rubrum‘ und ‚Fireworks‘ (Pennisetum setaceum) zwar an sich mehrjährig, müssen jedoch frostfrei im Kübel überwintern. Man kultiviert diese spektakulären Gräser daher besser gleich im Kübel oder pflanzt sie kurzerhand samt Topf im Beet aus. Dieser lässt sich zum Überwintern vor dem ersten Frost schnell in einen hellen Kellerraum bringen. Doch der Gang in den Gartenmarkt dient vor allem zum Appetitholen, denn Gräser pflanzt man am besten erst im Frühjahr. Viele Arten stammen aus wärmeren Gegenden. Im Frühjahr gepflanzt, etablieren sie sich über den Sommer und gehen als robuste, gut entwickelte Pflanzen in den Winter. Prinzipiell sollte man die ausgepflanzten, mehrjährigen Gräser vor allzu viel winterlicher Erdfeuchtigkeit schützen. Wer nicht gerade über einen leichten Sandboden verfügt, kann eine Drainageschicht aus Sand oder Kies auf den Boden des Pflanzlochs geben. Das sorgt für einen besseren Wasserabzug.

In der schräg stehenden Sonne wirkt das rote Laub schon fast magisch. Foto: Karin Stern

Die Wandelfähigkeit der Rottöne wirkt auf den Betrachter recht faszinierend. Vom flammenden Rot über ein düsteres Schwarzrot bis hin zum schmeichelnden Kupferton – ein und dieselbe Pflanze kann je nach Jahreszeit und Lichtverhältnissen einen völlig unterschiedlichen Charakter an den Tag legen.

Das rote Laub der Gräser stellt eine Laune der Natur dar, denn die dafür verantwortlichen Anthocyane werden normalerweise durch das grün färbende Chlorophyll überlagert. Bei den hier vorgestellten Gräsern verhält es sich umgekehrt. Der jeweilige Rotton hängt wiederum von der Menge und dem Mischungsverhältnis der einzelnen Anthocyane und anderer im Blatt vorhandener Farbstoffe sowie dem pH-Wert des Zellsaftes ab. Aus diesem Grund ist die Rotfärbung der Blätter an die Jahreszeiten gekoppelt. Im Herbst fällt die Ausprägung am deutlichsten aus. Tipp: Je heller der Standort, desto besser die Ausprägung der Farbe. An schattigen Standorten neigen rotlaubige Gräser zum Vergrünen.

Die roten Halme von Blutgras ,Red Baron‘ ziehen den Blick auf sich. Foto: Karin Stern

Eine Ausnahme bildet das Japanische Blutgras ‚Red Baron‘ (Imperata cylindrica), das schon recht zeitig im Frühjahr deutlich Farbe bekennt. Dieses ungewöhnliche Ziergras wirkt als Solitär ebenso attraktiv wie in Rabatten mit Stauden oder niedrigen Gehölzen. Gern wird es im Herbst auch dekorativ in Kübel gepflanzt.

Perfektes Farbspiel mit Gräsern. Foto: Karin Stern

Die Fuchsrote Segge (Carex buchananii) zählt mit ihren wintergrünen Blättern zu den ganzjährigen Blattschönheiten. Sie wirkt besonders hübsch zu niedrigen Bodendeckern wie dem Stachelnüsschen oder Günsel, lässt sich aber auch im Kübel kultivieren. Noch etwas eleganter wirken die grazilen Halme der Peitschentragenden Segge ‚Toffee Twist‘ (Carex flagellifera). Sie passt gut zu Funkien, Taglilien, Astilben und Rosen. Das Rote Liebesgras ‚Purpurflirren‘ (Eragros­tis spectabilis) bietet neben den orangeroten Blättern auch eine duftende, rosafarbene Blüte. Die Blütenstängel machen sich toll in der Vase. Gibt der Standort genügend Raum für ein etwas höheres Gras her, empfiehlt sich das Chinaschilf ‚Indian Summer‘ (Miscanthus sinensis). Die effektvolle Schönheit punktet im Spätherbst mit leuchtend orange gefärbten Halmen, auf denen cremeweiße Wedel stehen. Der Regenbogen-Schwingel (Festuca amethystina) zeigt den Sommer über eher eine blaugrüne Blattfärbung, die nach der Blüte allmählich in kupferne bis purpurfarbene Töne übergeht. Dieses Farbspiel erklärt den Namen des attraktiven Grases, das wie alle Schwingel einen sonnig-trockenen Standort mit durchlässigem Boden liebt.

Spektakuläres Farbspiel mit dem Japanischen Blutgras ,Rubra‘. Foto: Karin Stern
Gelungenes Spiel von Formen und Farben. Foto: Karin Stern
Rotlaubige Gräser fügen sich auch in formalere Gestaltungen ein. Foto: Karin Stern

Wohlstandsgewinn durch Wiedervernässung?

Die Wiedervernässung von Moorböden führt trotz der damit verbundenen individuellen Einnahme­einbußen zu einem gesamtgesellschaftlichen Wohlstandsgewinn. Zu diesem Ergebnis kommen zumindest zwei Ende September auf der 64. Jahrestagung der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues (Gewisola) vorgestellte Forschungsarbeiten.

Beide Studien versuchen, die Kosten für die Wiedervernässung der organischen Böden in Zahlen zu fassen. Je nachdem, welche Annahmen getroffen werden, unterscheiden sich die Ergebnisse dabei deutlich. Niklas Domke von der Humboldt-Universität zu Berlin berechnet in seiner Arbeit durchschnittliche kurzfristige Opportunitätskosten, also entgangene Gewinne. Veranschlagt werden 580 €/ha in Brandenburg und bis zu 2.030 € / ha in Niedersachsen. Daraus leitet Domke ab, dass diese Maßnahmen Einbußen verursachen, die einem CO2-Preis von 20 €/t beziehungsweise 68 €/t entsprechen. Legt man Wohlstandsverluste in Höhe von 237 €/t CO2 zugrunde, erscheint aus gesamtwirtschaftlicher Sicht eine Wiedervernässung also angebracht.

Die zweite Arbeit ist in Zusammenarbeit zwischen dem Verein Institut Duene und der Universität Greifswald, beides Partner des Greifswald Moor Centrum, entstanden. Berechnet wird der Finanzierungsbedarf für eine vollständige Wiedervernässung sämtlicher Moorböden in Deutschland. Dabei sollen sowohl Investitionskosten als auch unterstützende Begleitmaßnahmen und die Kosten für Anreizprogramme berücksichtigt worden sein. Die Wissenschaftler kommen auf einen Bedarf von 21 Mrd. € für den Zeitraum der Jahre von 2022 bis 2049. Der volkswirtschaftliche Nutzen durch die Wiedervernässung aufgrund vermiedener Klimafolgeschäden soll mit 67,5 Mrd. € jedoch deutlich höher liegen.

Naturschutzhöfe können funktionieren

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Landwirtschaft und Naturschutz arbeiten eng zusammen. Wie sich dabei die unterschiedlichen Belange im Rahmen gesamtbetrieblicher Ansätze in Einklang bringen lassen, wurde über drei Jahre im Rahmen des Projektes „Naturschutzhöfe Ostfriesland” erarbeitet. Dieses Beispiel ist auch für Schleswig-Holstein interessant.

Während der Kiebitz früher in ganz Deutschland häufig zu finden war, ist er mittlerweile eine Seltenheit. Zwischen 1980 und 2016 sind in Deutschland die Kiebitzbestände um 93 % zurückgegangen, heute gilt er als stark gefährdet.

Norddeutschland hat eine besondere Verantwortung für den Wiesenvogelschutz, da ein Großteil der in Deutschland noch vorkommenden Brutpaare hier zu finden ist. Dieser Tatsache wird bisher mit der Ausweisung von Schutzgebieten und dem Angebot von Förderprogrammen Rechnung getragen. Häufig ist die Grünlandbewirtschaftung jedoch in Verbindung mit einer optimierten Milchviehwirtschaft und der Erzeugung hochwertigen Grundfutters intensiv ausgerichtet, sodass die Anforderungen des Natur- und Umweltschutzes nicht ausreichend berücksichtigt werden können.

Zudem stehen viele Milchviehbetriebe vor Entscheidungen über den nächsten Wachstumsschritt (häufig mit der Abkehr von der Weidehaltung), vor weiteren Zukunftsoptionen oder vor der Betriebsaufgabe mit einer Flächenverpachtung an zumeist intensiver wirtschaftende Nachbarbetriebe. Es droht deshalb die Gefahr, dass Milchviehbetriebe mit Weidehaltung als notwendige Partner des Natur- und Wiesenvogelschutzes verloren gehen.

Für viele landwirtschaftliche Milchviehbetriebe ist es oft nur schwer möglich, diese vielfältigen Anforderungen des Naturschutzes umzusetzen, besonders dann, wenn sich der Großteil der Hofflächen in Schutzgebieten befindet. Dadurch stehen in den Wiesenvogelkulissen viele Milchviehbetriebe vor der entscheidenden Frage, wie sich der Betrieb künftig auch wirtschaftlich weiterentwickeln kann.

Einklang von Landwirtschaft und Naturschutz

Wie also lassen sich Maßnahmen zum Schutz der Wiesenvögel und die Bedürfnisse landwirtschaftlicher Betriebe in Einklang bringen? Antworten auf diese Frage wurden im Projekt „Naturschutzhöfe Ostfriesland“ gemeinsam durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die Ökologische Naturschutzbund (Nabu)-Station Ostfriesland und sechs landwirtschaftliche Betriebe erarbeitet. Dabei ging es vor allem um die Frage, wie Milchviehbetriebe die Nutzung ihrer Gesamtbetriebsflächen zum Wohl der Wiesenvögel verändern können, ohne zugleich notwendige wirtschaftliche Ziele aus den Augen zu verlieren.

Konkret bedeutet das eine extensivere Flächennutzung, ein verändertes Wassermanagement auf den Flächen und ein verändertes Weidemanagement. Die Kartierung der Wiesenvögel, Kenntnisse über das Geländerelief und bestehende Möglichkeiten der Wasserstandsanhebung bildeten dabei genauso die Grundlage für die Ausrichtung der künftigen Betriebskonzepte, wie die Ermittlung des Futterwerts und der Erträge von Grünlandflächen sowie die betriebswirtschaftliche Gesamtsituation der Betriebe.

Auf Basis der Ergebnisse aus der naturschutzfachlichen Zielformulierung und der darin enthaltenen Anforderungen an die Flächennutzung wurden verschiedene Nutzungsmöglichkeiten erarbeitet. „Die Schwierigkeit der Vereinbarkeit liegt darin, dass durch einen verspäteten ersten Schnitt oder andere Naturschutzanforderungen, die auf vielen Flächen in den Schutzgebieten liegen, nicht die Erträge und Qualitäten geerntet werden können, die für die Produktion von hochwertigem Grundfutter benötigt werden”, sagt Felicitas Kaemena von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die das Projekt fachlich betreut hat. 

Die Innovation des Projekts lag dabei in der gesamtbetrieblichen Betrachtung und der Suche nach betriebsindividuellen Entwicklungskonzepten sowie Fördermöglichkeiten, um die Betriebsumstellung auf eine natur- und umweltschutzzielfördernde Betriebsstruktur auch für Landwirte ökonomisch rentabel und langfristig tragbar zu gestalten.

Weidehaltung gilt als Schlüssel zum Erfolg bei der Wiederansiedlung von Brutvögeln. Foto: Landpixel

Herausforderungen bei der Umsetzung

Der naturschutzfachliche Ansatz stellt die landwirtschaftlichen Betriebe in der Umsetzung vor große Herausforderungen. Eine naturschutzfachlicherseits gewünschte extensive Beweidung (zwei Tiere je Hektar), optimalerweise in Kombination mit Vernässungsmaßnahmen der Flächen, führt zu einer Veränderung des Pflanzenbestandes, indem sich minderwertige Gräser und Kräuter innerhalb der Flächen ausbreiten und etablieren.

Hier ist ein intensives Weide- und Flächenmanagement gefordert (Tierkontrollen, Frischwasserzufuhr, Zaunpflege, Reinigungsschnitte, Parasitenmanagement, Zuwässerungsmaßnahmen …). Diese Verschiebung von Arbeitsschwerpunkten, die sich mit der Neuausrichtung der Betriebe ergeben, ist unter anderem im Rahmen des Projektes betriebswirtschaftlich berechnet worden und wurde in der gesamtbetrieblichen Umsetzung berücksichtigt.

Da die Ausgangslage der sechs beteiligten Betriebe sehr unterschiedlich war, mussten auch die Lösungsansätze sehr individuell ausgerichtet sein. Aber bei all der Unterschiedlichkeit und Differenzierung zeigen die Projektergebnisse eines ganz deutlich: Die Bewirtschaftung eines Großteils der Betriebsflächen auf die Ansprüche einer Artengruppe auszurichten (hier Wiesenvogelschutz), erfordert sowohl finanziell als auch arbeitswirtschaftlich einen erheblichen betrieblichen Aufwand, der derzeit nicht durch den Markt abgedeckt ist. Auch können bestehende Förderprogramme die notwendige finanzielle als auch Planungssicherheit nicht geben. Förderprogramme sind nicht einkommenswirksam und die Abhängigkeit von Landwirten, über diese Möglichkeit eine Finanzierung zu generieren, ist risikoreich und nicht gewollt.

Perspektive und Lösungsansätze

Eine gesamtbetriebliche Neuausrichtung ist aus Sicht der Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit zu vielen Unsicherheiten verbunden (Marktschwankungen, Klimawandel), die derzeit ein zu hohes unternehmerisches Risiko darstellen. Hier ist es vorerst notwendig, dass sich neue ökonomische Perspektiven für „Naturschutzhöfe“ entwickeln. Als Beispiel ist das Weidemastprogramm „Earl of Lowlands“ mit dem Deutschen Schwarzbunten Niederungsrind zu nennen, das die Ansprüche von Landwirtschaft und Naturschutz gleichermaßen berücksichtigt und für einige Betriebe eine Lösung sein kann.

Viel mehr steckt aber die Lösung in einer kleinschrittigen Vorgehensweise, die betriebsindividuell herausgearbeitet werden muss, und darin, weitere Projektinnovationen zu fördern. Auf Investitionen oder Einzelmaßnahmen ausgerichtete Förderungen und die finanzielle Unterstützung etwa von gemeinschaftlichen Weidemanagern sowie der Gebietsbetreuung wären geeignete Ansätze für die Umsetzung auf den Betrieben.

Dass nicht immer der gesamte Betrieb, sondern auch die Umstellung nur eines Betriebszweiges mit Blick auf den Naturschutz sinnvoll sein kann, ist weiterhin als ein Ergebnis festzuhalten. Dies ist gerade dann interessant, wenn sich einige landwirtschaftliche Flächen durch bestimmte Störfaktoren, zum Beispiel durch die unmittelbare Nähe zu stark befahrenen Straßen, für Wiesenvögel nicht eignen, selbst wenn sie „hergerichtet” würden. Hier gilt es dann abzuwägen, welche Flächen weiter intensiv für eine hochwertige Grundfutterproduktion genutzt werden können und welche Flächen beispielsweise für die Mutterkuhhaltung mit anschließender Fleischvermarktung extensiviert werden können.

Für das Thema Wertschöpfung aus der veränderten, deutlich extensiveren Flächennutzung sind weitere Absatzmöglichkeiten zwingend erforderlich. Hierfür müssen die Ideen, etwa zur stofflichen Verwertung von Gras, und Innovationen gebündelt und in ihrer Weiterentwicklung unterstützt werden.

Zentrales Ziel bleiben aber mit ersten Pilotprojekten auch der Praxistest und die Konzipierung verbesserter Fördermöglichkeiten für den gesamtbetrieblichen Ansatz der Umsetzung von Naturschutzzielen. Wesentlich ist, dass die familiengeführten Betriebe erhalten bleiben und weiter auf dem Weg in die schrittweise Umsetzung nicht alleingelassen werden. Die Umsetzung gelingt nur, wenn alle Akteure Hand in Hand zusammenarbeiten.


Das Projekt

Entstanden ist die Projektidee in der Arbeitsgruppe „Kooperation Landwirtschaft und Naturschutz in Ostfriesland“, die bei der Ostfriesischen Landschaft in Aurich angesiedelt ist. Gefördert wurde das Projekt drei Jahre bis Juni 2024 von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und vom niedersächsischen Umweltministerium (MU).


Mit mehr Besamungsversuchen zu Langlebigkeit?

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Die Nutzungsdauer von Milchkühen wird aus verschiedenen Gründen oft als zu kurz empfunden. In Schleswig-Holstein lag das Durchschnittsalter der Milchkühe im Jahr 2023 bei 5,5 Jahren. Besonders vonseiten der Verbraucher wird jedoch oft kritisiert, dass Rinder ja durchaus ein Alter von etwa 20 Jahren erreichen können, und auch wirtschaftlich betrachtet stehen alte Kühe zumeist besser da. Da 22 % der Milchkühe aufgrund von Fruchtbarkeitsdefiziten abgehen, lässt sich dort unter Umständen ein Weg zur Verlängerung der Nutzungsdauer finden.

Eine verlängerte Nutzungsdauer von Milchkühen kann sich sehr positiv darstellen. In Bezug auf die Nachhaltigkeit ist eine verlängerte Nutzung der Kühe von Vorteil, denn durch jede Remontierungsfärse erhöhen sich der Ressourcenbedarf und die Treibhausgasemission. Eine verlängerte Nutzungsdauer hat somit einen unmittelbaren Einfluss auf die Klimabilanz des Betriebes. Ein weiterer Punkt ist die höhere Milchleistung von Mehrkalbskühen im Vergleich zu Färsen. Ein größerer Anteil alter Kühe steigert somit die Menge der vermarkteten Milch und senkt gleichzeitig die Emissionen pro Kilogramm Milch.

Kälber- und Jungviehkosten sind erheblich. Sie müssen von der Kuh erst einmal „abbezahlt“ werden, bis sie sich rentiert und ein Betriebsgewinn entsteht. Auf vielen Betrieben ist dies erst nach der zweiten Laktation der Fall. Wenn die Kühe im Durchschnitt nun nur 5,5 Jahre alt werden und die ersten zwei Laktationen nur die Aufzuchtkosten decken, bleibt eine effektive Nutzung der Kuh von 1,5 Jahren. Je länger die Kuh also im Bestand bleibt und Milch gibt, desto rentabler und wertvoller ist sie für den Betrieb.

Die Abgangsgründe

Betrachtet man die Abgangsgründe, wird deutlich, dass die Abgangsursache bei 22 % der Kühe in einer mangelhaften Fruchtbarkeit liegt. Viele Betriebe nutzen festgelegte Faustzahlen für unterschiedliche Managemententscheidungen wie etwa eine maximale Anzahl an Besamungen pro Kuh und Laktation. Eine Kuh wird beispielsweise viermal besamt. Ist sie nach der vierten Belegung noch immer nicht tragend, wird sie aufgrund von Fruchtbarkeitsmängeln zur Schlachtung vorgemerkt.

Die eigenen Managementregeln sind wandelbar. Den Kühen statt vier Besamungsversuchen fünf oder sechs zu geben, wirkt sich positiv auf die Nutzungsdauer aus.

Soll die Nutzungsdauer der Kühe verlängert werden, müssen solche Managementregeln hinterfragt werden. Stellen die festgelegten Besamungszahlen wirklich den wirtschaftlich sinnvollsten Schwellenwert dar? Diese Frage stellte sich auch das Forschungsteam um Ruozhu Han von der Universität Wageningen in den Niederlanden im Jahr 2024.

Das Team stellte fest, dass eine Anpassung der Grenze von vier auf fünf Besamungen die durchschnittliche Nutzungsdauer in den Betrieben um 108 Tage verlängert, eine Anpassung auf sechs Besamungen sogar um 155 Tage. Nun klingt das erst einmal nicht sehr viel, aber es gilt zu beachten, dass Kühe ja auch aus anderen Gründen als der Fruchtbarkeit abgehen und diese Verlängerung nun ausschließlich mit ein bis zwei weiteren Besamungen einhergeht.

Diese verlängerte Nutzungsdauer verringert die Remontierungsrate und führt somit zu einem Rückgang der Treibhausgasemissionen um 0,9 % beziehungsweise 1,2 %. Außerdem stellte das Forschungsteam gestiegene Nettoerträge fest, um 13 € beziehungsweise 18 € pro Kuh und Jahr. Dies ist vor allem auf die geringeren Kosten für die Färsenaufzucht zurückzuführen, aber auch auf eine höhere Milchproduktion. Diese stieg trotz der längeren Laktationsdauer aufgrund der Mehrkalbigkeit an.

Alte Kühe um jeden Preis?

Alte Kühe zu halten kann also einige Vorteile bringen, und in den Betrieben können verschiedene Stellschrauben, zum Beispiel im Bereich der Fruchtbarkeit, bewegt werden, um die Nutzungsdauer zu verlängern. Jedoch sollte trotzdem rational bei der Auswahl der Abgangskühe vorgegangen werden. Zwar sind alte Kühe „abbezahlt“ und erbringen höhere Milchleistungen, sie sind aber auch krankheitsanfälliger, besonders um den Kalbetermin herum.

Die Zahl der Besamungsversuche zu erhöhen kann vor allem in hochleistenden Herden mit persistenten Kühen sehr gut funktionieren, in anderen Herden führt dies allerdings zu verlängerten Trockenstehzeiten, da die Kühe schon vor Ende der Laktation an Leistung verlieren. Auch müssen höhere Besamungs- und Spermakosten einkalkuliert werden. Zudem sind die Zellzahlen bei alten Kühen im Durchschnitt etwas höher. Der Pflegeaufwand ist in älteren Herden damit zumeist etwas höher. Es muss daher genau abgewogen werden, welche Entscheidungen betriebswirtschaftlich sinnvoll sind und welche Schwellenwerte man für den Abgangsentschluss festlegt.

Die Situation in SH

Die Nutzungsdauer der Milchkühe in Schleswig-Holstein ist in den vergangenen Jahren stetig angestiegen, und die Kühe im Land sind durchschnittlich 66,3 Monate, also 5,5 Jahre alt. Der Vorwurf, die Kühe seien früher deutlich älter geworden, lässt sich demnach nicht bestätigen, denn 1985 befanden wir uns auf einem ähnlichen Niveau. Die zunehmend moderneren Kuhställe schaffen tiergerechtere Haltungsformen, die auf lange Sicht die Nutzungsdauer verbessern. Und auch der Zuchtfortschritt setzt hier an.

Fazit

Eine verlängerte Nutzungsdauer kann wirtschaftliche Vorteile haben. Da eine mangelhafte Fruchtbarkeit ein häufiger Abgangsgrund ist, kann eine gesteigerte Zahl der Besamungsversuche die Nutzungsdauer der Kühe verlängern und diese Vorzüge mitbringen. Eine unbedachte Steigerung der Nutzungsdauer kann jedoch auch negative Folgen haben, da ältere Kühe oft auch einen höheren Pflegeaufwand benötigen. Es muss betriebsindividuell geprüft werden, welche Möglichkeiten sinnvoll sind.