Der Naturpark Westensee – Obere Eider zeichnet sich durch seine besondere Schönheit aus. Diese Gegend mit den weiten Feldern, alten Laubwäldern und prächtigen Herrenhäusern weist eine eigentümliche Geschichte auf, die diese Gegend prägte.
Noch im 12. Jahrhundert war Schleswig-Holstein dreigeteilt. Nördlich der Eider herrschten die Wikinger und in Ostholstein die Wenden. Sie beanspruchten das ganze Land und fielen über die Nordsachsen, die Holsassen, also die im Holze Sitzenden, heute Holsteiner her. Nördlich von Norddorf, heute Nortorf, herrschten Angst und Schrecken. Der Ritter Marquard war Overbode, also Stammesführer. Er kam aus Faldera, dem südlichen Grenzland bei Neumünster, und schloss sich dem neuen Lehnsherren Adolf von Schauenburg an. Mit einer kleinen Schar von Reitern besiegte Marquard 1139 die Wenden in Plön. Für seine Verdienste erhielt er das Grenzland im Norden zu Lehen: die Westenseer Gegend.
Die Westenseer Ritter bauten ihre Turmhügelburgen auf den Höhen mitten im See, die Hohburg und die Lohburg. Diese Burgen nach Vorbild der Franken, französisch „château à motte“, wurden schlicht als Motten bezeichnet und waren Erdburgen mit einem hölzernen Turm. Ringsum herrschten Furcht und weite Waldeinsamkeit. Das Grenzland gehörte nämlich zum Isarnhoe, einem ausgedehnten Urwald zwischen Nord- und Ostsee. Hier trauten sich nur wenige Siedler hinein, denn angrenzend machten kriegerische Wikinger und Wenden die Gegend unsicher.
Foto: Museum Turmhügelburg
Die Westenseer Ritter waren angewiesen auf Einnahmen, denn Pferde und Ausrüstung mussten sie für den Kriegsdienst stellen. Es gab nur wenige Siedler, von denen sie Abgaben einfordern konnten. So verlangten sie umso höhere Zölle von den Lübecker Kaufleuten, die mit ihren Schiffen auf der Eider in Hohenhude und Flemhude anlandeten. Bald waren sie als Raubritter verschrien. Dies führte zu beträchtlichem Ärger. Es konnte nicht gut ausgehen, denn die Lübecker waren reich und mächtig geworden und hatten den Schauenburger Grafen auf ihrer Seite. So kam es 1348 zum Prozess in Lübeck, dem sich der Ritter Marquard stellen musste. Er sollte seine Schuld eingestehen, erklärte jedoch Urfehde. Des Nachts wurde er von den Lübeckern erschlagen. Dieser Mord musste die Lübecker schwer belasten. Ein Schiedsgericht unter Vorsitz des Lübecker Bischofs verklagte sie auf Sühne und eine gewaltige Geldzahlung an die Nachkommen Marquards. Davon hatte die Familie aber nicht lange etwas. Die Ritter fielen alle der Pest zum Opfer. Ihr Erbe traten die Ahlefeldts aus der Rendsburger Gegend an, die in die Familie einheirateten.
Lithografie: F.A.Hornemann
Sie bauten zum Schutz vor feindlichen Übergriffen Wehrburgen aus Feldsteinen, Fachwerk und Lehmziegeln. Nachfolgend gründeten sie die Güter Westensee, Bossee, Klein Nordsee mit Hohenschulen, Marutendorf und Deutsch Nienhof. Die Ahlefeldts gaben 1499 ihre Lehen auf und verkauften sie an die Rantzaus, die im Dienste des dänischen Königs standen. 1524 gestand ihnen der König das volle Eigentum an den Lehen zu, die Grundherrschaft über die Siedler, die Gerichtsbarkeit und das Rodungsrecht. Sie wurden Amtmänner im Auftrage des Königs und blieben steuerfrei. In ihre Zeit fällt der Wandel von der Grundherrschaft zur Gutsherrschaft.
Foto: Imago
Mit dem Anwachsen der Bevölkerung und dem Anstieg der Preise lohnte die Landwirtschaft. Das Waldland wurde gerodet, Tonziegel zum Bau neuer Herrenhäuser gebrannt, Glasbrenner aus Hessen angeworben und mit Holzkohle Glas hergestellt. Mit den Holländern kam die Milchwirtschaft ins Land. Zwei Drittel des gerodeten Landes wurden Weiden. Die ersten Knicks grenzten die Weiden vom Ackerland ab. Große Scheunen wurden errichtet, um Futter für den Winter vorzuhalten. Die Wälder spielten aber nach wie vor eine große Rolle: für die Jagd zu Pferde, für die herbstliche Schweine- und Rindermast und für die Brennholzversorgung. Alle Bediensteten und Hufner hatten Anspruch auf Brenn- und Bauholz. Sie unterstanden als Leibeigene ihrem Gutsherrn, hatten alle Arbeiten auf dem Gut zu verrichten.
Daniel von Rantzau, königlicher Feldhauptmann, fiel im Krieg gegen Schweden. Bekannt ist sein Grab in der Westenseer Kirche mit der steinernen Figur, die schwedische Söldner im Dreißigjährigen Krieg zerschlugen. Nach einer gerichtlichen Teilung erbte Peter Rantzau 1575 den verbliebenen östlichen Teil und errichtete dort schließlich das Gut Schierensee. Die Eigentümer der Güter bewahrten die Schönheit der Gegend bis heute. Mit der Wiederherstellung der Gutshäuser erleben wir den Glanz der alten Zeit.