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Grüne Vitaminbomben

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Feldsalat gilt als klassisches Herbstgemüse. Ab Juli in Sätzen ausgesät, erfolgt die Ernte der leckeren Blätter bereits sechs bis acht Wochen später. Doch auch die Aussaat im Frühling lohnt sich, denn hier ist die Kulturzeit kürzer und die Ernte lässt sich durch Vorkultur verfrühen.

Der lateinische Name des Feldsalates, Valerianella locusta, bedeutet „starker, gesunder, kleiner Baldrian“. Feldsalat ist reich an Vitamin A und C und versorgt uns mit wichtigen Mineralstoffen. Das Baldriangewächs passt gut in die Fruchtfolge und ist daher die perfekte Nachkultur. Besonders wohl fühlt sich Feldsalat auf mittelschwerem, lockerem und kalkhaltigem Boden. Der Nährstoffbedarf ist nur gering. Eine frühjährliche Grundversorgung des Bodens mit Kompost ist völlig ausreichend.

Der Anbau in Reihen erleichtert Pflege und Ernte. Foto: Karin Stern

Am besten nutzt man geräumte Beete als Anbaufläche. Schon einige Reihen bescheren eine reiche Ernte. Folgesaaten im Abstand von vierzehn Tagen sorgen für ständigen Nachschub. Die späten Aussaaten im September überwintern auf dem Beet und werden je nach Witterung ab Februar (im Gewächshaus) oder ab März (im Freiland) geerntet. Feldsalat wächst noch bei 5° C und erträgt Temperaturen bis –15 °C. Dennoch besteht die Gefahr, dass in längeren Frostperioden Feldsalat schlichtweg vertrocknet. Bei zu dichtem Stand und längeren Regenphasen bilden sich zudem schnell Pilze. Erkennbar ist ein Befall an gelben Blättern oder roten Punkten auf der Unterseite der Blätter. Von einem Verzehr ist in diesem Fall abzuraten. Die Aussaat von mehltaurobusten Sorten lindert das Problem. Eine prima Alternative zur krankheitsanfälligen Überwinterung ist die zeitige Vorkultur im Februar mit anschließendem Auspflanzen ins Frühbeet im März. Hier legt der Feldsalat einen Wachstumsturbo ein, sodass bereits fünf bis sieben Wochen nach der Aussaat geerntet werden kann. Sonnige Märztage verfrühen die Ernte.

Nasse Kartoffelsäcke auf dem Beet schützen den Feldsalat in der Keimphase vor zu hohen Temperaturen. Foto: Karin Stern
Sobald sich die ersten Laubblätter zeigen, sind die Säcke zu entfernen. Foto: Karin Stern


Feldsalat ist in der Keimphase ein wenig heikel. Bei zu hohen Temperaturen kann es zur Keimhemmung kommen. Außerdem ist eine gleichmäßige Bodenfeuchtigkeit in der Keimphase wichtig. Zu Großmutters Zeiten legte man feuchte Kartoffelsäcke auf die frisch bestellten Beete und entfernte diese sofort, sobald sich die ersten Keimblätter zeigten. Ein weiteres Problem ist die Keimfähigkeit der Samen. Sie lässt nach, wenn sie zu alt sind. Der Samen geht also nicht mehr auf. Tipp: Unbedingt auch neu gekaufte Tüten erst einmal testen. Dazu sät man zehn bis zwanzig Samen in ein kleines, mit Aussaaterde gefülltes Töpfchen aus, stellt es bei 20 °C auf und zählt nach zehn Tagen die Keimlinge. Wenn nur die Hälfte der Samen oder gar weniger aufgegangen ist, verwendet man besser anderes Saatgut. Es ist nämlich sehr ärgerlich, wenn man mehrere Reihen aussät und sich einfach kein Feldsalat zeigen will, weil minderwertiges Saatgut abgepackt wurde. Das kann erfahrungsgemäß auch bei Markensaatgut vorkommen. Daher sollten immer die Tüten aufgehoben und in solchen Fällen reklamiert werden.

Trotz aller Widerstandsfähigkeit gegen Mehltau kann es zu einem Pilzbefall kommen, hier erkennbar an gelben Blättern. Foto: Karin Stern

Die Vielzahl der erhältlichen Sorten unterscheidet sich vor allem in der Anfälligkeit gegenüber Echtem und Falschem Mehltau, dem Aussaattermin und der Frosthärte. Daneben gibt es noch spezielle Sorten für das Gewächshaus. Es empfiehlt sich, mehrere Sorten gleichzeitig auszuprobieren und pro Reihe eine Sorte auszusäen. Auf Pflanzenetiketten wird die jeweilige Sorte notiert, so können diese ganz leicht miteinander verglichen werden. Einige Sorten lassen sich mehr Zeit mit dem Wachstum, andere sind Sprinter, einige schmecken sehr intensiv, einige sind krankheitsanfälliger, einige bringen nicht nur eine zweite, sondern sogar noch eine passable dritte Ernte hervor.

Frühjahrsanbau von ,Holländischem Breitblättrigem’ im Gewächshaus. Das Foto wurde Mitte März aufgenommen. Foto: Karin Stern

Die Aussaat erfolgt im Freiland ab Mitte Juli bis Ende September. Im Gewächshaus oder Frühbeet kann auch im Oktober oder November noch gesät werden. Wichtig ist beim Anbau unter Glas das regelmäßige Lüften, ansonsten ist der Pilzbefall nahezu unvermeidlich. Bei einer früheren Aussaat geht Feldsalat als Langtagspflanze schnell in die Blüte und verliert an Geschmack. Dasselbe Phänomen tritt auf, wenn im Frühjahr die Pflanzen zu lange auf dem Beet bleiben. Empfehlenswert ist die Reihenaussaat im Abstand von etwa 10 cm. Gerade Reihen erleichtern Pflegearbeiten und Ernte. Die Samen sollten nicht tiefer als 1 cm im Boden liegen. Ein guter Erdanschluss (nach dem Schließen der Reihen den Boden mit dem Rechenrücken andrücken) beschleunigt die Keimung der Samen, die nicht unbedingt zu den Schnellstartern gehören. Für die Ernte werden die Blätter knapp über dem Boden mit einem scharfen Messer abgeschnitten. Bleibt dabei das Herz unversehrt, wachsen neue Blätter nach und ermöglichen einen oder gar zwei weitere Schnitte. Die kleinrosettigen Sorten werden gern als komplette Pflanze geerntet. Schneidet man dafür die Pflanze knapp über dem Wurzelansatz ab, bleibt die Rosette erhalten.

Der ,Holländische Breitblättrige’ ist aufgrund der großen Blätter und des mehrmaligen Schnitts sehr ertragreich. Foto: Karin Stern
,Vit’ ist eine bewährte Sorte mit kleinen Rosetten. Foto: Karin Stern
Erntereifer ,Verte de Cambrais’ gegen Ende September. Er ist im Gegensatz zum ,Holländischen Breitblättrigen’ sehr winterhart. Foto: Karin Stern
,Baron’ bildet breitrunde Blätter und wird von Mitte Juli bis Ende September ausgesät. Foto: Karin Stern


Sortentipps:

‚Amely‘: schnell wachsend, Ersatzsorte für ‚Favor‘, ganzjährig für Freiland und Gewächshaus, hoch widerstandsfähig bei nasskalter Witterung

‚Gala‘: aufrechte Rosetten, Ganzjahresanbau in Freiland und Gewächshaus, tolerant gegen Falschen Mehltau

‚Vit‘: ovale Blätter, tolerant gegen Falschen Mehltau, Ganzjahresanbau unter Glas oder im Freiland

‚Verte de Cambrai‘: rosettenförmiger, dicker Wuchs, sehr winterhart, Aussaat August bis September

‚Holländischer Breitblättriger‘: starkwüchsig, langes, großes Blatt, Aussaat Ende Juli bis September, nicht sehr winterhart

Ernteschätzungen und ihr Preiseinfluss

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Die Getreideernte ist auf der gesamten Nordhalbkugel in vollem Gange. Dementsprechend jagt eine veröffentlichte Ernteschätzung die nächste. Dabei verwundert es oft sehr, dass einige Ernteschätzungen mit deutlichen Korrekturen in der Erntemenge kaum Einfluss auf die entsprechenden Notierungen haben, während andere ganze Märkte zu Fall bringen. Das aktuelle Tief der Weizenkurse ist durch so eine korrigierte Ernteschätzung des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) hervorgerufen worden. Das USDA hat ein enges weltweites Netzwerk an Analysten und Marktbeobachtern, daher wird der USDA-Report auch immer gespannt von allen Marktteilnehmern verfolgt. Entsprechend groß ist der Einfluss dieses Berichts auf die Marktpreise. In seinem Bericht vom 12. Juli hat das USDA die globale Weizenproduktion um ganze 6 Mio. t nach oben korrigiert. Das war nicht in diesem Ausmaß erwartet worden, dementsprechend war diese Mengensteigerung auch noch nicht eingepreist und die Warenterminmärkte haben entsprechend heftig reagiert. Von diesen geschätzt 6 Mio. t höheren Weizenerträgen entfallen allein 5 Mio. t auf die USA und Kanada. Aber auch für Russland wird die Erntemenge laufend nach oben korrigiert – sowohl vom USDA als auch vom russischen Agrarberatungsunternehmen Sov­Econ. So wird inzwischen von einer russischen Weizenernte von 84 Mio. t ausgegangen. Nach den ersten Meldungen im Mai über Trockenschäden und Schäden durch Spätfröste sind es einmal 80,2 Mio. t gewesen. Im Vergleich zu der Vorjahresernte von 93,5 Mio. t wird in Russland aber nach wie vor eine deutlich schlechtere Weizenernte erwartet.

Aktuell leichte Preiserholung

Zum Wochenbeginn erholten sich die Weizenkurse besonders an der Matif in Paris wieder deutlich. Diese Preisentwicklung war gekoppelt an die aktuelle Ernteschätzung des an das französische Agrarministerium angeschlossene Instituts FranceAgriMer. In ihrem wöchentlichen Erntebericht korrigierten die Marktanalysten die französische Weizenernte sowohl in der Qualität als auch in der Quantität nochmals deutlich nach unten. In Deutschland werden Ernteprognosen unter anderem vom Deutschen Raiffeisenverband (DRV) veröffentlicht. Dieser korrigierte die deutsche Getreideernte in der vorigen Woche um 0,5 Mio. t auf 41,5 Mio. t nach unten. Da die Getreideerntemenge in Deutschland aber deutlich geringer ist als in Frankreich, fällt entsprechend auch der Preiseinfluss einer deutschen Ernteschätzung deutlich geringer bis – wie in diesem Fall – gar nicht ins Gewicht.

Verbrauch höher als Erntemenge

Der Internationale Getriederat (IGC) hat in seiner jüngsten Juli-Schätzung die weltweite Getreideerzeugung um +0,3 % auf 2.321 Mio. t erhöht. Der weltweite Verbrauch wurde ebenfalls nach oben aktualisiert und liegt aktuell um 3 Mio. t über der Erntemenge. Dies würde also zu sinkenden Lagerbeständen führen. Auf die kurzfristige Preisentwicklung hat dieser Bericht zwar keinen Einfluss, langfristig gesehen ist dies aber ein Argument, dass für eine bullische Preisentwicklung spricht. Und darauf spekulieren aktuell anscheinend viele Erzeuger, denn die Verkaufsbereitschaft seitens der Landwirte ist auf dem aktuellen Preisniveau gering. Dies erklärt auch die aktuelle, auf den ersten Blick eher ungewöhnliche Preisdifferenz: niedrige Börsenkurse auf der einen Seite und noch nicht gefallene Mischfutterpreise auf der anderen Seite.

Japankäfer im Grenzgebiet zur Schweiz gesichtet

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Deutsche Behörden bitten die Bevölkerung im Grenzgebiet zur Schweiz und darüber hinaus, verdächtige Käferfunde dem Pflanzenschutzdienst zu melden. Die Schweizer Behörden haben jetzt das Julius-Kühn-Institut (JKI) in seiner Funktion als zuständige Bundesbehörde für Fragen der Pflanzengesundheit über das Auftreten des meldepflichtigen Japankäfers (Popillia japonica) in Basel und damit in unmittelbarer Nähe zur deutschen Grenze informiert.

Zum Glück ist Schleswig-Holstein weit weg, dennoch wird hier schon seit zwei Jahren ein Monitoring des meldepflichtigen Japankäfers (Popillia japonica) vom Pflanzenschutzdienst bei der Landwirtschaftskammer durchgeführt. Bisher wurden hierzulande keine Käfer gefunden.

Bislang waren auf Schweizer Gebiet im Dreiländereck lediglich einzelne Käfer aufgetaucht. Nun wurde das Schadinsekt laut dem kantonalen Pflanzenschutzdienst an zwei weiteren Stellen gefunden, wobei es sich bei einem um eine größere Kolonie handelt. Rund 1 km um die Fundorte wurde jetzt als sogenannte Befallszone gekennzeichnet. Im Umkreis von weiteren 5 km gibt es eine Pufferzone. Damit fallen auch Teile der deutschen Gemeinden Grenzach-Wyhlen und Weil am Rhein im Landkreis Lörrach in das Beobachtungsgebiet.

Duftstofffalle für Japankäfer (Popillia japonica) an einem Autobahnrasthof in Schleswig-Holstein.
Foto: Sören Ruge

Schadmuster

„Der ursprünglich aus Japan stammende Käfer kann eine Vielzahl von Pflanzen schädigen und findet auch in anderen europäischen Ländern gute Vermehrungsbedingungen, unter anderem weil natürliche Gegenspieler fehlen“, sagt Dr. Bernhard Schäfer, der am JKI in Braunschweig das für Pflanzengesundheitsfragen zuständige Fachinstitut leitet.

Die Europäische Union stuft den Japankäfer als sogenannten prioritären Quarantäneschädling ein, dessen Auftreten durch jeden meldepflichtig ist. Der Käfer frisst an den Blättern und Früchten von mehr als 300 Pflanzenarten in Gärten sowie in Landwirtschaft und Forst. Zu seinen Wirtspflanzen zählen zum Beispiel Wein, Obstbäume und Rosen. Von den Blättern bleiben oft nur die Blattadern übrig. Die Larven (Engerlinge) ernähren sich unter anderen von Gräserwurzeln und können auf Grünland und Rasenflächen erhebliche Schäden verursachen.

„Durch die neuen Käferfunde in der Grenzstadt hat sich die Bedrohungslage für Baden-Württemberg und für Deutschland verschärft“, erklärt Schäfer. Der Käfer könne nun leicht und unbeabsichtigt aus den Befallsgebieten überall nach Deutschland eingeschleppt werden, etwa als blinder Passagier an Fahrzeugen oder mit Pflanzen und Pflanzenteilen wie einem Blumenstrauß.

Um eine Ansiedlung in Deutschland zu verhindern, wird die Bevölkerung aufgefordert, verdächtige Käferfunde an den zuständigen Pflanzenschutzdienst im jeweiligen Bundesland zu melden, damit Maßnahmen eingeleitet werden können. Diese Mithilfe sei von großer Bedeutung, um Schäden in Deutschland vorzubeugen, betont der JKI-Experte.

Ansprechpartner für die Pflanzengesundheit in Schleswig-Holstein sind: Heike Nitt, Tel.: 0 41 20-70 68-207, E-Mail: hnitt@lksh.de und Stephan Monien, Tel.: 0 43 31-94 53-390, E-Mail: smonien@lksh.de

Erkennungsmerkmale

Das Schadinsekt ist etwa so groß wie eine Kaffeebohne. Es hat einen grün schimmernden Kopf und Halsschild und braune Flügeldecken. Damit ähnelt der Japankäfer sehr dem heimischen, aber harmlosen Gartenlaubkäfer. Im Gegensatz zu ihm trägt der Quarantäneschädling fünf weiße Haarbüschel an jeder Hinterleibseite und zwei weiße Haarbüschel am Ende des Hinterleibs.

Maßnahmen

In der Befalls- und der Pufferzone werden nun zusätzliche spezielle Duftstofffallen aufgestellt, um die ausgewachsenen Käfer einzufangen und eine mögliche Ausbreitung zu überwachen. Außerdem werden große Rasenflächen in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Land beobachtet, die von den Käferlarven besiedelt sein könnten.

Um die Verbreitung der Eier oder Larven zu verhindern, darf kein Grünmaterial, Kompost oder Erde aus der Pufferzone in andere Gebiete gebracht werden. Das sieht eine Allgemeinverfügung des Schweizerischen Pflanzenschutzdienstes vor, der nun eng mit den deutschen Behörden zusammenarbeitet, konkret mit dem Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) in Karlsruhe, wo der Pflanzenschutzdienst von Baden-Württemberg angesiedelt ist.

Monitoring

In Schleswig-Holstein wird seit zwei Jahren ein Monitoring zum Auftreten dieses wichtigen Quarantäneschädlings durchgeführt. In diesem Jahr sind zwischen Flensburg und Lauenburg sowie zwischen Lübeck und Brunsbüttel wieder 20 Fallen aufgestellt worden (siehe Bild unten). Fallenstandorte sind Autobahnparkplätze, Parks, Golfplätze und Risikostandorte wie zum Beispiel Umschlagplätze für Pflanzen aus Italien und der Schweiz. Einmal in der Woche werden diese Duftstofffallen von den Inspektoren der Pflanzengesundheit bis Ende Oktober kontrolliert. Bisher wurden in diesen Fallen keine Japankäfer gefunden.

Mit dem Fortschritt mithalten

Vor 15 Jahren wurden die Drillmaschine am Schlepper noch über eine Taste und der Spuranzeiger über ein Steuergerät gesenkt, den Rest regelte der Fahrer. Heutzutage ist die Technik so weit fortgeschritten, dass die Arbeit durch verschiedenste Assistenzsysteme präziser und effizienter geworden ist, die Anwendung zumindest bis zur richtigen Einstellung jedoch auch komplizierter. Die Wissensplattform Farmwissen, die über das Projekt „BeSt-SH“ entwickelt wurde, schafft Abhilfe.

Die Landwirtschaft ist wie kaum ein anderer Sektor Innovationstreiber und hoch technisiert. Während vor 25 Jahren ein Schlepper noch ohne viel Elektronik als reine Zugmaschine diente, sind es mittlerweile intelligente, vernetzte Maschinen. Von der Spurführung über Lenksysteme, vom Austausch von Applikationskarten und Aufträgen mit der Ackerschlagkartei bis zur Maschinenkommunikation über Isobus haben die auf Computertechnologie basierenden Anwendungen am Schlepper stetig zugenommen.

Gleichermaßen ist auch in der Tierhaltung die Entwicklung alles andere als stehen geblieben. Während in der Milchviehhaltung unter anderem autonome Fütterungen und verschiedenste Tiersensoren Einzug halten, wird in der Schweinehaltung ein großer Wert auf Bilderkennung mittels Künstlicher Intelligenz über Kameras gelegt.

Innovationen und Techniken gibt es viele – und es kommen nahezu täglich neue hinzu. Dementsprechend schwer ist es für Landwirte, Berufsschüler, Berufsschullehrkräfte, Studierende, Landmaschinenmechatroniker und auch Beratungskräfte, auf dem aktuellen Stand zu bleiben und den Durchblick zu behalten, welche Systeme einen tatsächlichen Mehrwert darstellen.

Wissensplattform Farmwissen

Hier kommt die Wissenstransferplattform Farmwissen ins Spiel. Sie ist ein Ergebnis des Projekts „BeSt-SH“ („Betriebsleitung und Stoffstrommanagement – vernetzte Agrarwirtschaft in SH“), das am Grünen Kamp in Rendsburg in Zusammenarbeit des Fachbereichs Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel, des Berufsbildungszentrums, der Landwirtschaftskammer, der Deula und des Instituts für landwirtschaftliche Verfahrenstechnik der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel entwickelt wurde. Es teilt sich in die Bausteine FarmWiki, FarmPraxis und OpenDataFarm.

FarmWiki ist ein Glossar der Landwirtschaft von heute. Über 100 elementare Begriffe des Precision-Farming werden nach einem ähnlichen Aufbau wie bei Wikipedia erklärt. Der Unterschied ist, dass alle Beiträge von qualifiziertem Fachpersonal aus dem Agrarbereich verfasst und mit wissenschaftlichen Quellen belegt sind und einen aufwendigen Korrekturprozess durchlaufen haben. Damit ist die fachliche Richtigkeit sichergestellt. Mehr als 25.000 Seitenaufrufe seit der Veröffentlichung im März 2022 zeigen die Relevanz von FarmWiki nicht nur in Deutschland, sondern europaweit.

Neben FarmWiki ist FarmPraxis der Teil von Farmwissen, der Hand in Hand mit Landwirten entsteht. Hier erwachen die Fachbegriffe von FarmWiki zum Leben. Anhand von Beispielen wird veranschaulicht, wie Techniken in der Praxis eingesetzt werden können. Dabei geht es von der Beschaffung über die Installation bis zur Anwendung. Die Anleitungen können Schritt für Schritt nachgearbeitet werden, um die Erfolgskonzepte anderer Praktiker auf dem eigenen Betrieb umzusetzen.

Die OpenDataFarm ist der dritte Baustein von Farmwissen. Hierbei handelt es sich um die virtuelle Abbildung des Hofguts Neumühle in Rheinland-Pfalz. Die OpenDataFarm ist vor allem für Berufsschulen konzipiert. Am PC oder Tablet kann man sich frei über den Hof bewegen, die Vielfalt der Landwirtschaft vom Pflanzenbau über die Tierhaltung bis zur Imkerei entdecken und mittels eingeblendeten Fachwissens die Zusammenhänge verstehen.

Das Team des Experimentierfelds BeSt-SH entwickelt gemeinsam mit dem EF Süd-West aus Rheinland-Pfalz die Plattform Farmwissen stetig weiter und sorgt für neue Inhalte. Foto: BeSt-SH

Lerninhalte für Unterricht und Ausbildung

Die Inhalte von Farmwissen werden bereits direkt im Unterricht von Berufsschulen integriert und bieten damit praxisnahe Lernmöglichkeiten. Ein Beispiel hierfür ist der Kurs, in dem angehenden Landwirten der Einsatz von Drohnen in der Landwirtschaft vermittelt wird. Zu den behandelten Anwendungen gehören Flächenkartierung, um Wildschäden zu schätzen, Auffinden von Drainagen sowie die Rettung von Rehkitzen.

Ein Beispiel: Linus Mustermann ist 17 Jahre alt und in diesem Jahr in die Ausbildung zum Landwirt gestartet. Während es für die Prüfung vielleicht noch ausreicht zu wissen, wie die Drillmaschine abgedreht wird, reicht das seinem Chef im Betriebsalltag nicht. Linus soll mit Lenksystem drillen, um perfekte Reihenanschlüsse zu garantieren.

Um zu verstehen, was überhaupt ein Lenksystem ist und wie die Spurführung funktioniert, kann er sich in FarmWiki informieren. Im Glossar findet er einen Eintrag „Parallelführungs- und Lenksysteme“. Dort erfährt er unter anderem, dass er Satellitenempfang am Schlepper benötigt. So kommt er über die Verlinkung zum Glossareintrag „Globales Navigationssatellitensystem“. Durch die Korrektheit der Einträge ist der Auszubildende nicht nur für die Aussaat gewappnet, sondern auch für den Unterricht gut vorbereitet.

Sein Chef Florian Ackermann hat zur diesjährigen Wintergetreideaussaat eine neue Drillmaschine gekauft. Neben der Aussaat mit Lenksystem möchte er ab sofort auch jedes Säaggregat elektronisch schalten, um Überlappungen am Keil zu vermeiden und Saat zu sparen. Sein Landmaschinenhändler sagte ihm, das könne über Section Control umgesetzt werden.

In FarmWiki kann der Landwirt sich fachlich korrekt und herstellerunabhängig darüber informieren, was Section Control ist, wie es funktioniert und was er dafür benötigt. Als Voraussetzung stellt sich Isobus heraus, ebenfalls in FarmWiki genauestens erklärt. Durch eine Verlinkung vom Isobus-Glossareintrag zu passenden Beispielen auf FarmPraxis stößt der Anwender auf das Erfolgskonzept eines anderen Praktikers zur automatischen Dokumentation von Applikationsmengen über Isobus.

Der Betriebsleiter ärgert sich schon lange darüber, dass er zunächst am PC die Düngebedarfsermittlung rechnen und die Anwendungen planen muss. Dann muss er am Düngerstreuer alles einstellen, die tatsächliche Düngung im Alltagsstress noch auf Zetteln dokumentieren, um sie dann wieder händisch in die Ackerschlagkartei zu übertragen. Wenn er so oder so Isobus nutzt, um mit Section Control zu drillen, kann er darüber auch die Applikationsmengen automatisch dokumentieren und sich doppelte Arbeit sparen.

Komplexes einfach erklärt

Auf FarmPraxis sieht Florian Ackermann im Praxisbeispiel „Applikationsmengen automatisch mit Telemetrie und Isobus dokumentieren“, welche technischen Voraussetzungen er auf seinem Betrieb benötigt und wie kompliziert die Umsetzung ist. Im Praxisbeispiel ist dann Schritt für Schritt mit Bildern beschrieben, wie das System installiert und umgesetzt wird: wie das Telemetriemodul am Iso InCab angeschlossen wird, wie die Einstellungen in der Software vorgenommen werden müssen und wie die Applikationsmenge nach der Anwendung automatisch in die Ackerschlagkartei überspielt wird.

So entwickelt Florian Ackermann seinen Betrieb weiter und löst eine seiner praktischen Fragestellungen, ohne sich groß durch Betriebsanleitungen zu lesen oder unverständliche Terminals zu durchsuchen – schnell installiert, erfolgreich in der Anwendung.

Versuchsergebnisse in die Praxis bringen

Eine große Herausforderung bei vielen Projekten ist es, die gewonnenen Erkenntnisse am Ende auch in die Praxis zu transportieren. Farmwissen dient auch hier als Schnittstelle. Deutschlandweit erstellen landwirtschaftliche Projektmitarbeiter bereits Inhalte als Glossarbeiträge oder Praxisbeispiele. Dadurch bleiben Versuchsergebnisse auch nach dem Förderzeitraumende erhalten, und es kann auf sie zugegriffen werden. Durch die Förderung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ist Farmwissen herstellerunabhängig, kostenfrei zugänglich, und die Plattform wird nicht für kommerzielle Zwecke genutzt.

Mitmachen und profitieren

Aktuell ist die Weiterführung von Farmwissen.de über die Programme „Zukunftsbetriebe“ und „Zukunftsregionen“ gesichert, die vom BMEL gefördert werden. Ein Antrag für ein neues Projekt wurde bereits gestellt, um auch zukünftige Herausforderungen mit gezielten Weiterentwicklungen anzugehen. Alle Landwirtinnen und Landwirte sind eingeladen, die Plattform aktiv zu nutzen und Feedback zu geben. Erfahrungen und Anregungen sind entscheidend, um die Plattform kontinuierlich zu verbessern und noch praxisnäher zu gestalten. Das Projektteam freut sich, wenn mitgeteilt wird, wie die angebotenen Informationen und Tools den Betrieb unterstützen können und welche Inhalte noch fehlen.

Zugang zur Wissenstrans­ferplattform Farmwissen: https://farmwissen.de

Fazit

Durch den gigantischen Fortschritt in der Landtechnik fühlen sich viele Landwirte von dem Funktionsumfang und den Einstellungsmöglichkeiten der Systeme überfrachtet. Ob Schlepperterminals oder Herdenmanagementprogramme – die Anwendungen werden immer komplexer und die Bedienung anspruchsvoller. Auf der Wissenstransferplattform Farmwissen werden entscheidende Fachbegriffe in einem Glossar erklärt und anhand von Praxisbeispielen verschiedene Anwendungsfälle nach einer Schritt-für-Schritt-Anleitung beschrieben.

Digitalisierung in der Milchproduktion

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Landwirtschaftliche Betriebe stehen vor erheblichen Heraus­forderungen: steigender Preisdruck, lange Arbeitszeiten und immer komplexere Vorschriften. Der Strukturwandel nimmt auch deshalb an Fahrt auf. Zunehmend mehr Betriebe geben ihre Landwirtschaft auf. Die Digitalisierung wird in diesem Zusammenhang oft als Lösung vorgeschlagen, doch in der Tierhaltung ist die Umsetzung aufgrund der komplexen biologischen Zusammenhänge und fehlender Datenschnittstellen schwierig.

Ein entscheidender Vorteil der Digitalisierung sind die schnelle Verfügbarkeit von Informationen und die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen. Im Idealfall lässt sich jederzeit der aktuelle Systemzustand abbilden, indem theoretische Prozesse in Echtzeit mit Sensordaten gespeist werden. So können fundierte Managemententscheidungen getroffen werden – zumindest in der Theorie.

Know-how des Betriebsleiters

Der Landwirt ist ein Primärerzeuger, der hauptsächlich wenig veredelte Produkte hervorbringt. Egal welche Technik eingesetzt wird, die Milch muss immer noch von der Kuh produziert werden und die Saat im Boden wachsen. Effizienzsteigerungen können also nur durch ein optimales Verständnis der biologischen Zusammenhänge und Entwicklungen auf Acker und im Stall erreicht werden. Timing und Know-how des Betriebsleiters sind oft entscheidender als neue Technik.

Trotz vieler wissenschaftlich erforschter Zusammenhänge ist es in der Praxis oft schwierig, die ideale Entscheidung zu treffen. So wird beispielsweise eine Erkrankung erst erkannt, wenn diese vom subklinischen ins akute Stadium übergeht. Dies bedeutet erhöhte Kosten für den Tierarzt und Leistungseinbußen. Die große Herausforderung der digitalen Tierhaltung besteht also darin, diese biologischen „Systemzustände“ so abzubilden, dass der Betriebsleiter möglichst rechtzeitig reagieren und Verluste reduzieren kann. In der Praxis ist das bisher nur eingeschränkt möglich, der „digitale Profit“ der Tierhaltung aktuell noch eher gering.

Zukunft der Milchleistungsprüfung

Aufgabe der Milchleistungsprüfung (MLP) war schon immer die Speicherung und Auswertung von Produktionsdaten. In Schleswig-Holstein wurde bereits in den 1970er Jahren auf eine digitale Datenverarbeitung gesetzt.

Jeden Monat wird mithilfe der MLP-Ergebnisse ein digitales Abbild der Milchleistung jeder Mitgliedsherde erstellt. So können auf dieser Basis bereits wichtige Entscheidungen, wie zum Beispiel bezüglich der Fütterung und Selektion, getroffen werden. Zukünftig soll und muss die MLP dem Betriebsleiter jedoch noch mehr Einblick in seine Herde ermöglichen und neue Themen wie Tierwohl oder Methanemission aufgreifen.

Ein wichtiges Werkzeug ist dabei die Infrarotspektroskopie der Milch. Diese Technik wird seit Langem zur Bestimmung von Fett- und Eiweißgehalt genutzt und ist bereits ein fester Bestandteil der MLP. Seit einiger Zeit wird jedoch gezielt daran gearbeitet, weiterführende Indikatoren mithilfe der Infrarotspektren der Milchproben abzuleiten.

Automatische Analyse von Milchproben mithilfe der Infrarotspektroskopie

Digitaler Fingerabdruck

So kann auf Basis statistischer Verfahren eine Beziehung zu chemisch analysierten Referenzmilchproben hergestellt werden. Mithilfe dieser sogenannten Kalibrationsgleichungen lässt sich für jede Probe ein digitaler Fingerabdruck berechnen, der die automatisierte Analyse von Parametern wie Fettsäuren, Keton-Körpern und Lactoferrin ermöglicht. Zusammen mit anderen Informationen aus der MLP oder beispielsweise Klimadaten lassen sich komplexe Modelle konstruieren, die das System Milchproduktion immer feiner abbilden können.

Indikator für Ketoserisiko

Ein konkretes Beispiel ist der vom Landeskontrollverband (LKV) Baden-Württemberg entwickelte KetoMIR-Indikator, der Rückschlüsse auf das Ketoserisiko einer Kuh erlaubt. Neben den Daten der Infrarotspektroskopie fließen weitere Parameter (Fettgehalt, Laktationsnummer) in die Berechnung ein. Mit KetoMIR kann der Landwirt so zu jedem MLP-Termin seine Herde durchleuchten, Tiere mit einem erhöhten Ketoserisiko identifizieren und geeignete Maßnahmen ergreifen. KetoMIR steht den LKV-Mitgliedern in Schleswig-Holstein seit Anfang des Jahres zur Verfügung.

Ein weiteres Beispiel ist die Methanemissionsschätzung. Diese Technik, die aktuell auch in Schleswig-Holstein getestet wird, ermöglicht eine Schätzung der täglichen Methanproduktion der Herde auch auf Basis der Infrarotdaten. Ein verminderter Methanausstoß hat dabei nicht nur Klimarelevanz, sondern weist auch auf eine optimierte Fütterung und damit verbesserte Tiergesundheit und Wirtschaftlichkeit hin.

In Zukunft werden wahrscheinlich noch weitere Indikatoren Einzug in die MLP halten. Aktuell wird am Thema Hitzestress gearbeitet, und auch zur Erkennung einer Trächtigkeit auf Basis der MLP-Ergebnisse wird geforscht.

Das europäische „HoliCow“-Projekt

Um diesen aktuellen Trend weiter voranzutreiben, wurde das Projekt „HoliCow“ ins Leben gerufen. Das von der EU geförderte Projekt hat ein Gesamtbudget von über 4,7 Mio. € und wird von einem Konsortium aus zwölf Partnern aus sechs europäischen Ländern (Belgien, Deutschland, Frankreich, Irland, Luxemburg und den Niederlanden) getragen, darunter auch der LKV Schleswig-Holstein. Das im Sommer 2023 gestartete Projekt zielt darauf ab, Milch produzierenden Betrieben zu helfen, effizienter und nachhaltiger zu arbeiten, ohne große Investitionen tätigen zu müssen. Es soll dem Trend des Höfesterbens entgegenwirken. Zusätzlich wird eine Öffentlichkeitskampagne durchgeführt, um ein differenziertes Bild der Landwirtschaft zu vermitteln und Vorbehalte abzubauen.

Bisher wurden über 63 Millionen anonymisierte MLP-Ergebnisse zusammengetragen. Diese enorme Datenmenge (Big Data) wird genutzt, um auf Basis von Verfahren mittels Künstlicher Intelligenz (KI) ein digitales Werkzeug zu entwickeln, das Landwirten in Bereichen wie Gesundheit, Wohlergehen, Hitzestress, Produktion, Milchverarbeitung und Methanemissionen helfen soll, Probleme rechtzeitig und automatisch zu erkennen.

Das Projekt zielt weniger darauf ab, noch mehr neue Modelle zu entwickeln. Ziel ist es, praxistaugliche wissenschaftliche Modelle auf Basis moderner KI-Verfahren auszuwählen – Qualität statt Quantität. Mit einer App können Landwirte ihre Herden dann nach jeder MLP digital analysieren, auffällige Tiere genauer untersuchen und bedarfsorientierte Vorschläge für die Herde erhalten. Dies spart Zeit, reduziert Verluste und erhöht die Effizienz. Durch die Kombination aus technologischer Innovation und gezielter Öffentlichkeitsarbeit soll das Projekt somit dazu beitragen, die Landwirtschaft zukunftssicher zu gestalten und das Verständnis für die Branche in der Gesellschaft zu verbessern.

Fazit

Neue Messmethoden, unterstützt durch Big Data und moderne KI-Technologien, bieten Landwirten in Zukunft wertvolle Werkzeuge, um aktuelle Herausforderungen zu meistern. Durch präzise Analysen und praktische Handlungsvorschläge können Landwirte ihre Herden besser überwachen und fundierte Entscheidungen treffen. Projekte wie „HoliCow“ sollen zeigen, wie Digitalisierung die Effizienz und Nachhaltigkeit von Milchviehbetrieben steigern kann.

Wahlhelfer könnten Abhängigkeiten schaffen

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Die neue alte EU-Kommissionspräsidentin heißt Ursula von der Leyen. Am 18. Juli stimmten 401 Abgeordnete für sie, 284 dagegen, und 22 Stimmzettel waren leer oder ungültig. Das ist ein respektables Ergebnis im Vergleich zum knappen Entscheid 2019. Es zeigt aber, dass offenbar auch in den eigenen Reihen einige noch eine Rechnung mit ihr offen hatten. Die Fraktion der FDP hat von der Leyen ihre Stimmen versagt, und weitere Stimmen aus der Mitte fehlten. Das Flirten nach rechts mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni hat nichts gebracht. Am Ende war von der Leyen auf die Stimmen der Grünen angewiesen, die ihr bei der vorherigen Wahl ihre Zustimmung versagt hatten. Das traf 2019 übrigens für die SPD genauso zu. So wurden die größten Verlierer der EU-Wahl diesmal zu den Mitgewinnern im EU-Machtspiel. Sie sei den Grünen „sehr dankbar“ für die Unterstützung, sagte die CDU-Politikerin nach der Wahl.

Seit der vorigen Wahl hat sich einiges geändert. Vor fünf Jahren war der Umweltschutz von der Leyens großes Thema. Seitdem haben sich die Gewichte verschoben. Der Krieg in der Ukraine, Corona, Lieferkettenengpässe, Migration haben den Alltag eingeholt. In ihrer Parlamentsrede am vorigen Donnerstag sprach die wiedergewählte EU-Kommissionspräsidentin über die Wettbewerbsfähigkeit Europas und die ausufernde Bürokratie, aber diesmal weniger über die ökologische Wende.

Die Regeldichte, die von der Leyen in ihrer Ansprache beklagte, hat sie teilweise selbst geschaffen. Man denke nur an den Green Deal, ihr großes Projekt der vergangenen fünf Jahre. Bis ins Jahr 2050 soll die EU netto klimaneutral sein. Darauf zielen die umfangreichen Gesetzesvorhaben ab – und genau die sind beim Green Deal den EU-Instanzen entglitten. Zu eng, zu viele Vorschriften und Berichtspflichten, und das in mehrfacher Ausführung. Das hat vielen den Spaß an der EU verdorben. Daran haben neben von der Leyen und der Kommission auch die einzelnen Mitgliedsländer und Parlamente mitgewirkt. Die Versuchung ist offenbar einfach zu groß, die Gesetze, Richtlinien und Verordnungen nach eigenen politischen Vorstellungen aufzublasen.

Was nachhaltige Pläne für den Agrarsektor angeht, blieb von der Leyen in ihrer Ansprache vor den Abgeordneten im EU-Parlament vage. Einzelheiten sollen während der ersten 100 Tage des Mandats der neuen EU-Kommission bekannt gegeben werden. Der Strategische Dialog über die Zukunft der Landwirtschaft soll gemeinsame Visionen für die Zukunft des Agrar- und Lebensmittelsektors der EU entwickeln. Dieses Forum hat von der Leyen im Januar eröffnet unter Führung von Prof. Peter Strohschneider, der zuvor der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) der Bundesregierung vorstand (Bericht Juni 2021). Hier diskutieren Interessenträger aus Landwirtschaftsverbänden und der gesamten Lebensmittelkette miteinander. Darauf setzen Landwirtschaft und Handel.

Man darf nicht vergessen, dass für die Grünen die Amtszeit des vorherigen Parlaments mit einer bitteren Note endete. Sie warfen der von von der Leyen geführten Kommission vor, sich von ihrer Strategie der nachhaltigeren Gestaltung des Agrar- und Lebensmittelsektors, der sogenannten Farm-to-Fork-Strategie, zurückzuziehen, und verurteilten auch die Lockerung der neuen Umweltvorschriften der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Das sind offene Rechnungen der Wahlhelfer, die hoffentlich nicht zu Abhängigkeiten führen.

Mechthilde Becker-Weigel

Prognose der Getreide- und Rapsernte in Schleswig-Holstein

Nach Angaben des Statistikamtes Nord wird eine Erntemenge von rund 2,2 Mio. t Getreide in Schleswig-Holstein erwartet. Trotz überdurchschnittlicher Ertragserwartung sind das lediglich 1 % mehr als im Vorjahr und 5 % weniger als das sechsjährige Mittel. Dies ist in der gesunkenen Getreideanbaufläche begründet. Für Raps wird eine deutlich niedrigere Erntemenge erwartet.

Die diesjährige Getreideanbaufläche (ohne Körnermais) reduzierte sich im Vergleich zum Vorjahr um gut 7 % auf 272.200 ha. Zurückzuführen ist der Rückgang der Getreideanbaufläche auf die nasse Witterung während der Saatzeit im vergangenen Herbst und den anhaltenden Niederschlag im Winter. Die Wintersaaten konnten zum Teil nicht ausgebracht werden oder wurden im Frühjahr wieder umgebrochen. Die Sommerungen konnten den Ausfall des Wintergetreides trotz der deutlich gestiegenen Anbaufläche im Vergleich zum Vorjahr nur zum Teil ausgleichen.

Es gab deutliche Flächeneinschränkungen der ­Winterungen außer bei Wintergerste: Winter­weizen wurde auf rund 113.100 ha angebaut, das sind knapp 25 % weniger als im Vorjahr (2023: 149.900 ha). Die Erntemenge dürfte sich trotz eines erwarteten ­Ertrags von knapp 89 dt / ha um knapp 20 % auf 1 Mio. t reduzieren.

Winterraps wurde auf 70.800 ha (minus 15 %) angebaut und liefert voraussichtlich eine Erntemenge von 260.500 t. Das sind etwa 21 % weniger als 2023. Der durchschnittliche Ertrag wird momentan auf 37 dt/ha prognostiziert und würde damit unter dem Vorjahreswert liegen (–6 %).

Roggen und Wintermenggetreide wurden auf einer Fläche von 28.800 ha angebaut (2023: –18 %). Die Erntemenge wird wegen des geschätzt hohen Ertrags voraussichtlich bei 215.800 t und damit 3 % über Vorjahr liegen. Der Hektarertrag wird auf knapp 75 dt/ha geschätzt und läge damit gut 25 % über dem Niveau des Vorjahres (2023: 60 dt/ha). Die Erntemenge von Triticale wird bei einem geschätzten Ertrag von rund 75 dt/ha (2023: 67 dt/ha) voraussichtlich 42.500 t betragen.

Die Anbaufläche der Wintergerste ist gegenüber dem Vorjahr um knapp 3 % auf 73.400 ha gestiegen. Mit einem prognostizierten Ertrag von 88 dt/ha führt dies zu einer geschätzten Erntemenge von 646.700 t. Der Hektarertrag liegt gut 9 % über dem des Vorjahres und rund 4 % über dem mehrjährigen Mittel.

Der Anbau von Sommergetreide ist deutlich auf insgesamt 51.300 ha gestiegen (plus 76 %). Aufgrund der erwarteten Hektarerträge von 63 dt/ha (2023: 40 dt/ha) kann beim Sommergetreide mit einer Erntemenge von 325.500 t gerechnet werden (2023: 118.000 t). Sommerweizen wurde auf 13.300 ha und Sommergerste auf 17.100 ha ausgeweitet. Der Anbauumfang des Hafers nahm um gut 26 % zu auf knapp 20.000 ha. Der erwartete Hektarertrag von gut 66 dt/ha ist 55 % höher als 2023 (43 dt/ha) und rund 13 % höher als im sechsjährigen Mittel (59 dt/ha). Die Erntemenge wird auf 132.500 t geschätzt und liegt damit 65.000 t über dem Vorjahreswert. Hülsenfrüchte zum Drusch wurden auf insgesamt 17.600 ha ausgesät, der größte Flächenanteil entfiel auf die Ackerbohnen (15.100 ha).

Die endgültigen Erntemengen für Getreide und Raps sind vom weiteren Witterungsverlauf (zum Beispiel Trockenheit, Sturm und Starkregenfälle) in der Erntephase abhängig und können daher von dieser ersten Schätzung abweichen. Diese Prognose beruht auf den Angaben der amtlichen Ernteberichterstattung zum Stand Ende Juni 2024 und den vorläufigen Ergebnissen der diesjährigen Bodennutzungshaupterhebung.





Zu nass für bessere Erträge

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Die Wintergerste sorgte in weiten Teilen des Landes für einen mäßigen Start in die diesjährige Ernte. Das hat der Deutsche Bauernverband (DBV) am vorigen Freitag in seinem erstem Erntebericht festgestellt.

Nach der anhaltenden Nässe in ganz Deutschland im Frühjahr und im Frühsommer waren die Befürchtungen groß, dass die Qualitäten leiden würden. Dies scheint sich zu bestätigen. Insbesondere Schmachtkorn sowie niedrige Hekt­olitergewichte wirkten sich qualitäts- und ertragsmindernd aus, heißt es in der bundesweiten Betrachtung. Auch der Pilzbefall sei in diesem Jahr außergewöhnlich hoch und schmälere die Qualitäten.

In den meisten Bundesländern läuft die Wintergerstenernte noch, da sie aufgrund der wiederkehrenden Niederschläge immer wieder unterbrochen werden muss. Das vorläufige Ertragsniveau liegt nach den Umfragen des Verbandes mit 7 t/ha deutlich unter dem des vorigen Jahres (7,4 t/ha). Die Gesamterntemenge dürfte sich damit in diesem Jahr auf nur zirka 9,2 Mio. t belaufen (2023: 9,5 Mio. t).

Ausgehend von dem bisher dürftigen Ergebnis der Gerste und den ersten Druschergebnissen in den anderen Fruchtarten ist zu erwarten, dass die für dieses Jahr prognostizierten 42 Mio. t Getreide deutlich unterschritten werden. Bei den anderen Druschfruchtarten sind bisher nur wenige Flächen geerntet worden.

Auch für den Raps liegen derzeit noch keine aussagekräftigen Zahlen vor. Die kommende Aussaat dürfte jedoch von der erfreulichen Entwicklung auf den Märkten positiv beeinflusst werden. Seit Jahresstart hat sich die Preisschere zwischen den Vorkontraktpreisen für Raps und Brotweizen merklich vergrößert. Gleichzeitig zeigt sich beim Thema Rapserdfloh ein kleiner Silberstreif am Horizont. Für Regionen mit Starkbefall wurden im Jahr 2023 erstmals Notfallzulassungen zweier neuer Insektizide erteilt, erste Erfahrungen in Deutschland belegen eine gute Wirksamkeit.

Der DBV-Erntebericht basiert auf Meldungen aus den 18 Landesbauernverbänden über die tatsächlich geernteten Flächen und erzielten Erträge sowie auf aktuellen Ertragsschätzungen. Der zweite DBV-Erntebericht folgt am 29. Juli. 

Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) ist mittlerweile auch pessimistischer und hatte bereits am Mittwoch zuvor in seiner fünften Erntemeldung die laufende Getreide- und Rapsernte in Deutschland nach unten korrigiert, ebenfalls aufgrund der enttäuschenden bisherigen Druschergebnisse. Der DRV veranschlagte die deutsche Getreideernte 2024 demnach auf 41,48 Mio. t; das wären 1,14 Mio. t weniger als 2023. Im Juni war der DRV noch von 42,02 Mio. t ausgegangen.

Die Wintergerstenerzeugung schätzt der DRV jetzt auf 9,01 Mio. t und damit um 567.000 t oder 6 % niedriger als im Vorjahr. Im Juni war er noch von 9,31 Mio. t Wintergerste ausgegangen.

Für Raps senkte der DRV seine Ernteerwartung gegenüber der Juni-Prognose um 82.000 t auf 3,81 Mio. t. Im Vergleich zu 2023 sind das 422.500 t Rapssaat oder 10 % weniger. Die aktuelle DRV-Schätzung für den Winterweizen lautet 19,48 Mio. t, womit das Vorjahresniveau um 1,67 Mio. t oder 8 % verfehlt würde. Die Juni-Vorhersage hatte mit 19,62 Mio. t etwas höher als die jetzige gelegen.

Deutlich höherer EU-Nettoexport von Getreide 2023/24

Die Europäische Union hat im Wirtschaftsjahr 2023/24 etwas weniger Getreide exportiert als im Vorjahr, netto betrachtet aber deutlich mehr. Laut Angaben der Brüsseler Kommission beliefen sich die Getreideausfuhren der 27 Mitgliedsländer in Drittstaaten gemäß den vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024 gezogenen Lizenzen auf 45,68 Mio. t; das waren etwa 1,1 Mio t oder 2,3 % weniger als 2022/23. Kräftig gingen die Getreideimporte zurück, und zwar um 6,55 Mio. t oder 16,2 % auf 33,86 Mio. t. Demnach steigerte die EU ihren Nettoexport von Getreide um 5,46 Mio. t auf 11,82 Mio. t. In der Saison 2021/22 war dieser mit 24,27 Mio. t außergewöhnlich hoch ausgefallen. Berücksichtigt sind bei den Zahlen auch die Mehl- und Malzausfuhren beziehungsweise -importe in Getreidewert.

Maßgeblich für die zuletzt wieder deutlich größere Nettoexportmenge war die Entwicklung der Maiseinfuhren, die um 7,08 Mio. t beziehungsweise 26,8 % auf 19,37 Mio. t zurückgefahren wurden. Der Weichweizenbezug aus Drittländern, der 2022/23 um 6,70 Mio. t oder 260 % zugenommen hatte, blieb auf dem hohen Niveau. Mit 9,36 Mio. t wurde die Vorjahresmenge hier um 0,9 % übertroffen. Der Hartweizenimport legte erneut relativ kräftig zu, und zwar um 30,1 % auf 2,50 Mio. t.

Auch der Export von Hartweizen erhöhte sich relativ gesehen deutlich, nämlich um 12,5 % auf fast 836.000 t. Dagegen verringerten sich die Ausfuhren des Weichweizens als wichtigstes Produkt im EU-Getreideaußenhandel um 1,9 % auf 31 Mio. t. Einschließlich der Mehlausfuhren nahm der Weizenexport insgesamt gegenüber 2022/23 um 1,7 % auf 32,46 Mio. t ab.

In beiden Richtungen geschrumpft ist 2023/24 der Gerstenaußenhandel der EU. Während der Export mit 5,88 Mio. t um 11,7 % kleiner ausfiel als im Vorjahr, wurden die Importe um 5,8 % auf 1,91 Mio. t reduziert. An Mais führten die 27 Mitgliedsländer insgesamt 3,95 Mio. t aus; das waren 7,4 % weniger als in der Kampagne zuvor. Auch die Malzexporte reichten nicht an die Vorjahresmenge heran; mit 3,21 Mio. t wurde diese hier um 4,1 % verfehlt. age

Nutzen und Verwerten von Paludi-Biomasse

Können die Ernte und der Absatz von Paludi-Biomasse aus wiedervernässten Niederungen den Landwirten entlang der Westküste eine Alternative zur Milchviehhaltung bieten? Diese Fragestellung rückte das Kompetenzzentrum Klimaeffiziente Landwirtschaft des Kieler Landwirtschaftsministeriums in den Mittelpunkt einer Vortragsveranstaltung in Erfde, Kreis Schleswig-Flensburg. Das Thema im Rahmen der Reihe „Zukunft der Landwirtschaft in den Niederungen – Erhalt und Schaffung neuer landwirtschaftlicher Werte“ lockte gut ein Dutzend Interessierte in der vorigen Woche ins Stapelholm Huus im Erfder Ortsteil Bargen.

Zum Einstieg skizzierte Charlotte Leineweber vom Kompetenzzentrum die klimapolitischen Hintergründe für die Suche nach alternativen Nutzungsmöglichkeiten in den Niederungen. Steigende Temperaturen mit dem Trend zu trockenen Böden in den Sommermonaten sowie ein kontinuierlicher Anstieg des Meeresspiegels träfen auf überdurchschnittlich hohe Treibhausgasemissionen – auch wegen der hohen Rinderdichte in der Region. Eine Erhöhung der Wasserstände könnte die THG-Emissionen mindern und „im besten Falle“ für eine erneute Speicherung des Kohlenstoffs sorgen, sagte Leineweber. Bis zu 3 Mio. t werden als Einsparpotenzial in der sogenannten Betroffenheitskulisse entlang der Westküste gesehen.

Dr. Ralf Pecenka Foto: Sven Tietgen

Als eine Alternative zur Rinderhaltung ist die Nutzung von Paludi-Biomasse im Gespräch. Einen Ausflug in die vielfältigen Möglichkeiten der Verwertung von Paludi-Pflanzen unternahm anschließend Dr. Ralf Pecenka. Der promovierte Maschinenbauingenieur vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam entwickelt seit mehreren Jahren Verfahren zu einer industriellen Verarbeitung des Erntematerials. Die Aufgabe, die mit Partnerunternehmen und Landwirten angegangen wird, ist herausfordernd: Die Biomasse ist immer eine Mischung aus einer Reihe von Pflanzen wie Schilf, Binsen, Rohrglanzgras oder Seggen, die je nach Flächenbedingungen immer verschieden ausfällt. Die Akteure müssen Feuchtigkeitsgrade der wild wachsenden Pflanzen ebenso berücksichtigen wie Aspekte der Lagerfähigkeit, Konfektionierung, Rohstoffqualität, Mengen oder Transportfähigkeiten.

Mit selbst und weiterentwickelten Maschinen, unter anderem sogenannten Extrudern, hat das Team um Pecenka erste Erfahrungen im Zerkleinern, Verdichten, Mischen oder Pressen gemacht. Als Verwertungsoptionen kristallisieren sich bisher Torfersatzstoffe, Faserwerkstoffplatten oder auch Einstreupellets heraus. „Ein großer Markt könnte sich im Bereich der Wärmeerzeugung und Biogasgewinnung entwickeln“, erklärte Ralf Pecenka. So hätten Untersuchungen ergeben, dass Mischungen aus 30 % stark aufbereiteter Seggen, 10 % Maismasse und 60 % Rindergülle in den Fermentern funktionierten.

Christoph Storm Foto: Sven Tietgen

Zudem wurden erfolgreich einige Papiere hergestellt, die aus einer Mischung von Reycyclingpapier mit 30 % Paludi-Faserstoff bestehen. Der Papiermarkt in Deutschland ist groß: 2019 wurden 23 Mio. t umgesetzt, 59 % davon für Verpackungsmaterial. „Eine Million Tonnen davon sind Primärzellstoff aus Nadelhölzern in Deutschland. Da geht was für Paludi“, so der Verfahrenstechniker. Er berichtete zudem von einem niederländischen Unternehmen, das Paludi-Material erfolgreich für die Einblasdämmung verwendet. Ein künftiger Markt könnte sich für biomassebasierte Flugkraftstoffe entwickeln: „Bereits jetzt werden dem Flugbenzin zwei bis drei Prozent Biosprit beigefügt.“

Die regionale Verwertung von Paludi-Biomasse in Schleswig-Holstein hat sich das Unternehmen Schierbecker in Felde, Kreis Rendsburg-Eckernförde, auf die Fahnen geschrieben. Das Team um Christoph Storm betreibt einen Landhandel für Regenerative Landwirtschaft und agiert als Händler für Nachwachsende Rohstoffe. „Wir suchen nach regionalen Lösungen, um fossile Rohstoffe zu reduzieren. Das ist eine große Herausforderung, weil fossile Stoffe sehr günstig zu haben sind“, erläuterte Storm. Zudem sind an aufzubauenden Lieferketten viele Akteure beteiligt, da stellt sich die Frage, wer das Risiko trägt.

Aus Moorpflanzen könnte zukünftig auch Verpackungsmaterial entstehen. Foto: Sven Tietgen

So versucht der Felder Landhandel, das Pferd von hinten aufzuzäumen: Schierbecker arbeitet mit der Klimafarm der Stiftung Naturschutz zusammen, die in der Eider-Treene-Sorge-Niederung 400 ha Moorgrünland vernässt und bewirtschaftet. Mit der Firma re-natur, die Dachbegrünungslösungen anbietet, wurden aus Moopflanzen-Mahdgut Platten als Unterlage für die Dachbegrünung entwickelt. Große Abnehmer für Paludi-Material sieht Storm derzeit aber nicht. Angesichts eher überschaubarer Mengen findet er das auch logisch. Die Akteure verrichten Pionierarbeit, das bei vielen auf Interesse stößt. Storm: „Vielleicht findet sich eine Anwendung, wo es toll passt, und dann ist die Frage: Wer kommt zuerst aus der Deckung und investiert in die Produktentwicklung?“

Jakobskreuzkraut an Gleisen und Dämmen kann gemeldet werden

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Das Jakobskreuzkraut (JKK) ist in diesem Jahr in größerem Ausmaß in Schleswig-Holstein zu finden, unter anderem an Bahngleisen und -dämmen. Die Deutsche Bahn AG hat jetzt Bekämpfungsmaßnahmen angekündigt. Vorkommen können den Kreisgeschäftsstellen gemeldet werden.

Das von Juni bis September hellgelb blühende Jakobskreuzkraut wächst im Straßenbegleitgrün und auf extensiv geführten Weiden, aber auch auf Stilllegungsflächen und entlang von Bahngleisen. Was Spaziergänger als schön blühende Pflanze wahrnehmen, kann für Pferde, Rinder und Schafe lebensbedrohlich werden. Aufgrund seiner Giftigkeit in allen Pflanzenteilen birgt JKK die Gefahr, bei der Verfütterung von Heu- und Silageschnitten akute Vergiftungen, aber auch schleichende Leberschäden zu verursachen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Giften auf Grünland vorkommender Arten werden die Pyrrolizidinalkaloide des JKK im Konservierungsprozess nicht abgebaut. Sie bleiben auch in der Silage und im Heu noch wirksam.

Die Pflanze besiedelt Stellen, an denen wenig Konkurrenz durch andere Pflanzen herrscht. Eine Bekämpfung durch unterschiedliche Mähtechniken, Ausstechen, Hitzebehandlung oder den Blutbären als Antagonisten führt nicht immer zum gewünschten Erfolg. Durch ordentliche und rechtzeitige Weideführung (Düngung, Mulchen von überständigem Bewuchs, Nachsaat, Pflanzenschutzmitteleinsatz et cetera) wird mittelfristig für einen dichten Grasbestand gesorgt, sodass sich JKK erst gar nicht etablieren kann. Jedoch ist die Durchführung etwa von Pflanzenschutzmaßnahmen (PSM) nicht auf allen Flächen zulässig. Im Allgemeinen davon ausgenommen sind unter anderem Flächen des Naturschutzes, der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, des Vertragsnaturschutzes und innerhalb von FFH- oder Natura-2000-Gebieten.

Sollte eine JKK-Bekämpfung auf diesen Flächen beabsichtigt sein, ist eine Nachfrage vorab bei den entsprechenden Institutionen (Stiftung Naturschutz, Landgesellschaft, Landesamt) sinnvoll, eventuell besteht Genehmigungspflicht. Die Ausnahmemöglichkeiten reichen von einer Vorverlegung des Mulch- oder Mahdtermins bis zum Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf der betroffenen Fläche. Es handelt sich jedoch je nach Betroffenheit immer um Einzelfallentscheidungen der Institutionen. Die Stiftung Naturschutz hält ihre Pächter bei sensiblen Nachbarflächen zur Durchführung einer (Mulch-)Mahd (30 bis 50 m breiter Pufferstreifen) entlang der Grundstücksgrenze an. Von dieser Verpflichtung kann nur in besonderen, gut begründeten Einzelfällen abgewichen werden.

Der Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH) ist seit einigen Jahren auch mit der Deutschen Bahn AG in Kontakt. In Schleswig-Holstein gibt es einige JKK-Hotspot-Regionen entlang der Bahnschienen. Aufgrund von Windverwirbelungen durch vorbeifahrende Züge verbreiten sich die Samen entlang der Bahnschienen, werden aber auch weit auf die landwirtschaftlichen Flächen getragen. Der BVSH hat die Deutsche Bahn AG in diesem Jahr zu Bekämpfungsmaßnahmen auf Sylt aufgerufen. Die Deutsche Bahn AG ist bereit, dies im kommenden Jahr auf betroffenen Flächen entlang der Bahngleise auch in anderen Gebieten zu wiederholen. Die Maßnahmen kommen zum Beispiel dort zum Tragen, wo vermehrtes Vorkommen von JKK anliegende Futtermittelgewinnungsflächen durch erhöhten Samendruck gefährdet.

Größere Vorkommen von JKK auf dem Gelände der Deutschen Bahn AG können ab sofort bis Ende des Jahres den Kreisbauernverbänden gemeldet werden. Hierfür sind eine detaillierte Beschreibung der Strecken (Abschnitt, Richtung, Bahnkilometer von-bis) sowie ein oder mehrere deutliche Fotos dieser Stellen per E-Mail an die Kreisgeschäftsstellen zu senden. Die Meldungen werden zur rechtzeitigen Planung im Januar an die DB Fahrwegdienste GmbH weitergeleitet. In Absprache und in Abhängigkeit von der Betroffenheit findet dann 2025 eine JKK-Bekämpfung entlang der entsprechenden Bahnstrecke statt. Der BVSH weist ausdrücklich darauf hin, dass das Betreten von Bahn- beziehungsweise Gleisanlagen auch zur JKK-Bekämpfung verboten ist und eine Geldbuße oder strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen kann.