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Der schwierige Weg zu klimaneutraler Milch

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Klimafreundlich, klimaneutral oder sogar klimapositiv – Klimaschutz als Verkaufsargument ist wichtiger denn je. So haben sich viele Unternehmen der Milchwirtschaft ehrgeizige Klimaziele gesetzt. Einige möchten sogar bis 2050 klimaneutrale Milch verkaufen. Da der Großteil der Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) eines Milchproduktes auf dem landwirtschaftlichen Betrieb entsteht, betreffen die Ziele vor allem die Milchproduktion auf den Höfen. Doch gibt es eine klimaneutrale Milch überhaupt?

In der Milchviehhaltung gibt es viele verschiedene und unterschiedlich wirksame Stellschrauben, um THG-Emissionen zu reduzieren. Dennoch verbleiben Emissionen, die nicht komplett vermieden werden können, wie zum Beispiel Methan aus der Verdauung der Kühe. Um klimaneutrale Milchprodukte zu erhalten, müssten die nicht vermeidbaren Treibhausgase kompensiert werden. Bei der Kompensation werden bereits entstandene Treibhausgase ausgeglichen, indem der Luft an anderer Stelle CO2 entzogen und zum Beispiel als Humus oder in anderen außerlandwirtschaftlichen CO2-Speichern gespeichert wird.

Humus ist in terrestrischen Ökosystemen der größte Speicher für organischen Kohlenstoff. Damit Humus entstehen kann, muss der Boden mit Biomasse „gefüttert“ werden, zum Beispiel mit Ernterückständen. Humus befindet sich in einem ständigen Auf- und Abbau. Je nach Standort sind die Humusvorräte sehr unterschiedlich. Moorböden sind hier absolute Spitzenreiter. Sie speichern fünfmal mehr Kohlenstoff als Mineralböden. Unter den Mineralböden zeigt sich, dass Grünland 40 % mehr Kohlenstoff speichert als Ackerland.

Milchviehbetriebe besitzen in der Regel viel Grünland. Bedeutet das jetzt, dass jeder Milchviehbetrieb seine (verbleibenden) Emissionen mit dem Humus im Grünland kompensieren kann? Ganz so einfach ist es leider nicht, denn es müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein, damit es sich tatsächlich um eine Kompensationsleistung handelt (siehe Text unten).

Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb gibt es theoretisch verschiedene Möglichkeiten, um Kompensationsleistungen zu erbringen.

Tief wurzelnde Gräser, Kräuter und Leguminosen im Grünland oder Futterbau bilden eine große Wurzelmasse und fördern so die Humusbildung.

Dauergrünland: Dauergrünland ist ein Kohlenstoffspeicher und keine automatische Senke für zusätzlichen Kohlenstoff. Ohne zusätzliche Maßnahmen wird kein zusätzlicher Kohlenstoff im Boden gespeichert, sondern der Humusanteil bleibt bestenfalls stabil. Gutes Grünlandmanagement ist hierbei wichtig. Zusätzlichen Kohlenstoff im Grünland zu speichern, funktioniert eigentlich nur (Dauergrünlanderhalt vorausgesetzt) über eine höhere Düngung. Je mehr gedüngt wird, desto mehr Humus wird gebildet und desto mehr Kohlenstoff wird gespeichert.

Aber zu viel Dünger hat natürlich an anderer Stelle negative Auswirkungen auf die Umwelt, kostet viel Geld, und die Ausbringungsmenge ist gesetzlich begrenzt. Gleichzeitig entstehen durch den Einsatz von Mineraldünger Emissionen in der Düngemittelproduktion und als Lachgas nach der Ausbringung. Dadurch werden die positiven Effekte der Kohlenstoffspeicherung komplett zunichtegemacht.

Organischer Dünger ist in der Regel nur in begrenzten Mengen verfügbar. Mehr organischer Dünger auf einer Fläche führt automatisch zu weniger Dünger auf anderen Flächen (Verlagerungseffekt). Der zusätzliche Humusaufbau auf den mehr gedüngten Flächen führt dazu, dass auf den weniger gedüngten Flächen kein oder weniger Humusaufbau stattfindet. Somit kann es nicht als Kompensationsleistung angerechnet werden.

Pflanzen von Hecken

Hecken können deutlich mehr Kohlenstoff speichern als landwirtschaftlich genutzte Flächen. Im Vergleich zu Ackerland können Hecken 104 t/ha mehr Kohlenstoff in der Biomasse und im Humus speichern, das meiste davon in der Biomasse von Heckenwurzeln und Ästen. Im Vergleich zu Grünland wird gleich viel im Humus, aber 87 t/ha mehr Kohlenstoff in der Biomasse gespeichert. Das ist die Gesamtmenge, die über einen bestimmten Zeitraum (zum Beispiel 50 Jahre) gebunden wird. Diese Menge kann einmalig angerechnet werden. Die Kohlenstoffspeicherung von Hecken ist kaum reversibel, da Hecken gesetzlich geschützte Landschaftsbiotope sind. Außer der Klimaschutzwirkung zeigen Hecken viele weitere ­positive Syn­ergien, zum Beispiel die Förderung der Biodiversität oder den Erosionsschutz.

Pflanzen von Bäumen auf Weiden

Die Pflanzung von neuen Bäumen, zum Beispiel Streuobst auf einer Wiese, bindet CO2 in der Biomasse. Im Bodenkohlenstoff kommt es zu keinen Vorratsänderungen. Nach einer bestimmten Zeit werden Bäume gerodet oder gehen ein und werden durch neue ersetzt. Bei Streuobstbäumen ist von einem Zeitraum von 80 Jahren zwischen Pflanzung und Rodung auszugehen (Umtriebszeit). Als klimarelevante CO2-Bindung muss die mittlere Biomasse über die Umtriebszeit angesetzt werden. Basierend auf Daten für Apfel- und Birnenstreuobst speichert ein Baum in Wurzeln und oberirdischer Biomasse im Mittel 0,27 t Kohlenstoff oder rund 1 t CO2. Pro Baumpflanzung kann diese CO2-Senke einmal angerechnet werden.

Die Fütterung ist eine der wichtigsten Stellschrauben auf dem Milchviehbetrieb, um den Ausstoß von THG-Emissionen zu verringern. Angefangen bei der effizienten Futtererzeugung auf dem Feld über das Silomanagement hin zu einer optimal angepassten Ration spielt die Fütterung eine zentrale Rolle für die Entstehung von THG-Emissionen auf dem Betrieb.

Pflanzenkohle bindet Kohlenstoff

Pflanzenkohle ist eine technische Maßnahme zur langfristigen Bindung von Kohlenstoff. Sie entsteht durch die Verkohlung von Biomasse. 1 t Pflanzenkohle bindet zirka 1,5 t CO2 langfristig. Pflanzenkohle kann im landwirtschaftlichen Betrieb vielseitig eingesetzt werden, zum Beispiel als Gülle-, Boden- oder Futterzusatz.

Berechnungen auf einem Beispielbetrieb zeigen, wie die Kompensationsmaßnahmen umgesetzt werden können.Es wurde bereits deutlich, dass das Dauergrünland als anrechenbare Kompensationsmaßnahme nicht geeignet ist.

Beispielbetrieb:

100 Milchkühe

Jahresleistung: 8.500 kg energiekorrigierte Milch pro Kuh

CO2-Außstoß des Betriebes: 1,1 kg CO2äq/kg Milch.

Damit müssten für jede Milchkuh pro Jahr 9.350 kg CO2äq Emissionen kompensiert werden, das entspricht 935 t CO2äq für 100 Milchkühe.

Kompensation mit Heckenpflanzung: 1 m2 neuer Hecke lagert im Mittel insgesamt 38 kg CO2 in Humus und Biomasse zusätzlich im Laufe von zirka 50 Jahren ein.
Ergebnis: 246 m2 neuer Hecke pro Milchkuh pro Jahr. Für alle Kühe in 20 Jahren: 49 ha neuer Hecken.

Kompensation mit Baumpflanzung: Ein neuer Streuobstbaum in der Agrarlandschaft lagert im Mittel 990 kg CO2 in Biomasse ein.
Ergebnis: Rund neun neue Bäume pro Milchkuh und Jahr. Für alle Kühe in 20 Jahren: rund 18.900 Bäume neu pflanzen.

Kompensation mit Pflanzenkohle: 1 t Pflanzenkohle (aus Pyrolyse bei 500 bis 550 °C) bindet im Mittel 1.518 kg CO2 langfristig stabil.
Ergebnis: 6,2 t Pflanzenkohle pro Milchkuh und Jahr (Kosten aktuell: zirka 3.000 €). Für alle Kühe in 20 Jahren: 12.400 t (zirka 6 Mio. €) Pflanzenkohle (hier wurde mit gerundeten Werten gerechnet).

Für den Beispielbetrieb bedeutet dies, dass in 20 Jahren entweder 49 ha Hecke oder 18.900 neue Bäume gepflanzt werden müssten. Die Kompensation mit Pflanzenkohle würde einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten. Klimaneutrale Milch scheint somit kaum umsetzbar zu sein. Es lässt sich festhalten: Das Kohlenstoffsenkungspotenzial der Landwirtschaft wird oft überschätzt. Für das Klima ist es besser, wenn die Emissionen gar nicht erst entstehen. Deshalb sollte die Reduktion von Emissionen immer Vorrang haben. Dafür gibt es auf den Betrieben viele verschiedene Stellschrauben, zum Beispiel das Güllemanagement. Die jeweils passenden Stellschrauben sind betriebsindividuell auszuwählen. Trotzdem können Kompensationsmaßnahmen einen Beitrag zu mehr Klimaschutz leisten. Außerdem sind Maßnahmen zum Humusaufbau oder das Einbringen von Agrarholz mehr als Klimaschutz. So ist Humus der zentrale Indikator für die Bodenfruchtbarkeit. Hecken und Bäume in der Agrarlandschaft fördern die Biodiversität und ein ausgeglicheneres Klima. Maßnahmen sollten daher nie nur unter dem Aspekt des Klimaschutzes betrachtet werden, sondern auch die weiteren positiven Effekte mit einbeziehen.


Welche Kriterien müssen erfüllt sein, um Humus im Boden als Kompensation anrechnen zu können?

1. Dauerhaftigkeit: Humus muss dauerhaft im Boden gespeichert werden, um seine volle Klimaschutzwirkung zu erzielen. Sobald Maßnahmen zum Humusaufbau beendet werden, geht auch der aufgebaute Humus wieder verloren. Die Maßnahmen müssten also theoretisch dauerhaft fortgesetzt werden.

2. Zusätzlichkeit: Die Maßnahmen müssen zusätzlich zur üblichen (Humus aufbauenden) Bewirtschaftung durchgeführt werden. Nur zusätzlich gebundener Kohlenstoff ist klimawirksam.

3. Keine Verlagerungseffekte: Maßnahmen auf einer Fläche dürfen nicht dazu führen, dass der Humusvorrat auf einer anderen Fläche abnimmt oder andere THG-Emissionen zusätzlich entstehen.


Gute Vorbereitung zahlt sich aus

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In Deutschland werden elektronische Rechnungen (E-Rechnungen) zwischen inländischen Unternehmern bald verpflichtend sein. Mit dem im März 2024 von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Wachstumschancengesetz sind die gesetzlichen Grundlagen geschaffen worden.

Im Folgenden werden die wichtigsten Fragen und Antworten dargestellt.

Wer ist von der E-Rechnung betroffen?

Jeder Unternehmer muss ab 2025 technisch zum Empfang der E-Rechnung bereit sein. Unternehmer ist, wer nachhaltig Leistungen gegen Entgelt mit Einnahmenerzielungsabsicht ausführt. Hierzu gehören nicht nur Land- und Forstwirte, Gewerbetreibende oder Selbstständige, sondern unter anderem auch Vermieter, Ärzte und Kleinunternehmer.

Warum wird die E-Rechnung eingeführt?

Die EU möchte für die Umsatzsteuer europaweit ein Meldesystem einführen, um den grenzüberschreitenden Handel zu vereinfachen und insbesondere den Umsatzsteuerbetrug zu unterbinden. Es soll im Jahr 2028 nach dem bisherigen Zeitplan europaweit in Kraft treten. Grundlage für das Meldesystem ist eine elektronische Rechnungsstellung auf Unternehmerebene. In einigen EU-Ländern ist die E-Rechnung bereits im Einsatz – so zum Beispiel in Italien.

Was ist eine E-Rechnung?

Die E-Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Um europaweit einen einheitlichen technischen Standard zu etablieren, wurde seitens der EU eine Norm (CEN 16931) für das Datenformat zur elektronischen Rechnungsstellung als Standard entwickelt. Diese Norm ist in Deutschland gesetzlich festgeschrieben worden. Welche Pflichtangaben eine Rechnung enthalten muss, bleibt unverändert. Natürlich kann auch weiterhin mittels Gutschrift abgerechnet werden, allerdings in diesem Fall zukünftig in Form der elektronischen Gutschrift.

Welches Format muss die E-Rechnung haben?

Bisher erfüllen bereits die sogenannte XRechnung oder eine ZUGFeRD-Rechnung die technischen Voraussetzungen. Die XRechnung enthält lediglich eine XML-Datei. Diese kann nicht ohne Weiteres am Bildschirm gelesen werden. Hierzu sind spezielle Viewer notwendig. Die ZUGFeRD-Rechnung hingegen kombiniert die XML-Datei mit einem PDF, das sich am Bildschirm lesen lässt. Hinweis: Ein PDF ist keine E-Rechnung – die XML-Datei ist maßgeblich.

Wer muss E-Rechnungen ­erstellen?

Schon bisher sind Unternehmer grundsätzlich berechtigt, eine Rechnung auszustellen, wenn sie eine Leistung ausführen. Erbringen sie diese Leistung an einen anderen Unternehmer (B2B-Leistung), sind sie zur Rechnungsstellung verpflichtet. Für das Ausstellen haben Unternehmer sechs Monate Zeit. Neu ist: Wenn leistender Unternehmer und Leistungsempfänger in Deutschland ansässig sind, gilt die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung.

Wie wird die E-Rechnung übermittelt und empfangen?

Die Übermittlung der E-Rechnung muss in elektronischer Form erfolgen. Hierfür kommt beispielsweise der Versand per E-Mail, die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle oder die Möglichkeit des Downloads über ein (Kunden-)Portal in Betracht. Für den Empfang reicht es aus, wenn der Rechnungsempfänger ein E-Mail-Postfach zur Verfügung stellt.

Ab wann gilt die Verpflichtung?

Die Verpflichtung zur E-Rechnung tritt am 1. Januar 2025 in Kraft. Aufgrund des zu erwartenden Umstellungsaufwandes für die Unternehmen gibt es Übergangsregelungen:

Bis Ende 2026 dürfen weiterhin Papierrechnungen übermittelt werden. Auch auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen, die nicht dem standardisierten Format entsprechen, bleiben zulässig (beispielsweise ein PDF). Unternehmen, die im Jahr 2026 einen Jahresnettoumsatz von maximal 800.000 € erzielen, können diese Übergangsregelung auch im Jahr 2027 nutzen.

Für alle anderen Unternehmen gilt: Ab 1. Januar 2027 ist die E-Rechnung verpflichtend. Das gilt auch für Abrechnungen im Wege der Gutschrift. Hinweis: Bis Ende 2028 dürfen Rechnungen oder Gutschriften, die nicht dem neuen standardisierten Format entsprechen, genutzt werden, wenn die Übermittlung mittels elektronischem Datenaustausch (EDI-Verfahren) erfolgt.

Gibt es Ausnahmen?

Nicht betroffen sind Kleinbetragsrechnungen bis zu 250 € sowie Fahrausweise. Eine weitere Ausnahme gilt für bestimmte umsatzsteuerfreie Leistungen. Hierzu gehört unter anderem die umsatzsteuerfreie Vermietung oder Verpachtung. Aber aufgepasst: Wenn die Vermietung oder Verpachtung freiwillig umsatzsteuerpflichtig behandelt wird, gilt auch insoweit die Pflicht zur E-Rechnung. Die häufig in der Praxis als Rechnung genutzten Miet- oder Pachtverträge entsprechen nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Es müssen nach Ablauf der Übergangsregelungen in diesen Fällen E-Rechnungen erstellt werden, wenn sich inhaltliche Änderungen an den Verträgen ergeben. So äußerte sich kürzlich das Bundesfinanzministerium.

Weitere Ausnahmen sieht das Gesetz nicht vor.

Somit fallen grundsätzlich auch pauschalierende Land- und Forstwirte unter die Verpflichtung der Verwendung einer E-Rechnung bei B2B-Leistung. Für Kleinunternehmer könnte die Verpflichtung zu Erstellung von E-Rechnungen doch noch wegfallen. Das wird Ende November der Gesetzgeber nach derzeitiger Kenntnis mit dem Jahressteuergesetz 2024 entsprechend verabschieden.

Übrigens: Rechnungen an Endverbraucher (B2C-Leistung) sind dauerhaft nicht betroffen.

Was muss der Empfänger einer E-Rechnung beachten?

Ab 1. Januar 2025 müssen alle Unternehmer zum Empfang der E-Rechnung bereit sein. Das gilt zum Beispiel auch für Kleinunternehmer, pauschalierende Land- und Forstwirte, Vermieter, Ärzte et cetera. Denn wenn ein Rechnungsaussteller die gesetzlichen Ausnahmen nicht erfüllt oder die Übergangsregelungen nicht in Anspruch nimmt, müssen die Empfänger bereits in der Lage sein, E-Rechnungen mindestens empfangen und archivieren, bestenfalls ergänzend elektronisch verarbeiten zu können.

Auswirkung der E-Rechnung auf den Vorsteuerabzug?

Der Vorsteuerabzug ist an die XML-Datei geknüpft. Nur eine ordnungsgemäße E-Rechnung berechtigt den Empfänger künftig zum Vorsteuerabzug. Der Papierausdruck einer E-Rechnung ist aus umsatzsteuerlicher Sicht nichts wert. Großes Augenmerk gilt daher der dauerhaften Archivierung sämtlicher empfangener E-Rechnungen.

Wie sollten sich Unternehmer vorbereiten?

Die Bereitschaft zur Veränderung der Arbeitsprozesse rund um den Rechnungseingang und Rechnungsausgang sollte Einzug in die Unternehmen halten. Prozessabläufe wie Rechnungsfreigabe, Zahlungen und Übermittlung an den Steuerberater sollten zwingend digitalisiert werden – gegebenenfalls mithilfe neuer Softwareprodukte unter Unterstützung eines IT-Dienstleisters.

Warum sind Stammdaten wichtig?

Neben der Schaffung der technischen Voraussetzungen ist die Qualität der Stammdaten (Kreditoren und Debitoren) für die erfolgreiche Implementierung und dauerhafte Nutzung der E-Rechnung von entscheidender Bedeutung. Stammdaten müssen stets aktuell sein. Nur mit dauerhaft gepflegten Stammdaten können E-Rechnungen versandt, empfangen, weiterverarbeitet und nach gesetzlichen Vorschriften archiviert werden.


So gelingt die Einführung der E-Rechnung im Unternehmen:

1. Informieren und planen

Analysieren Sie zunächst Ihre internen Abläufe inklusive der Freigabe von Rechnungen und Weitergabe ans Steuerbüro.

Informieren Sie sich über neue Softwareprodukte für den digitalen E-Rechnungsprozess.

Benennen Sie alle Beteiligten und organisieren Sie Schulungen.

2. Rechnungseingang

Legen Sie eine zentrale E-Mail-Adresse für den Rechnungsempfang an und trennen Sie dabei immer private und betriebliche E-Mail-Konten.

Teilen Sie Ihren Geschäftspartnern Ihre neue zentrale Rechnungsadresse mit und ab wann Sie auf die E-Rechnung umstellen.

Gewährleisten Sie die dauerhafte Archivierung der eingehenden Daten und Dokumente.

3. Rechnungsausgang

Erkundigen Sie sich nach der E-Mail-Adresse für den Rechnungsempfang Ihrer B2B-Kunden und aktualisieren Sie gegebenenfalls Ihre Stammdaten.

Prüfen Sie Ihre Software zur Rechnungsschreibung, eventuell sind Anpassungen notwendig.

Achtung: Mit Word, Excel oder manuell verfasste Rechnungen sind künftig nicht mehr zulässig. Auch ein PDF ist keine E-Rechnung

4. Dokumentieren und verarbeiten

Halten Sie den E-Rechnungsprozess für alle Beteiligten transparent, indem sie die Abläufe dokumentieren.

Unterstützen Sie alle Beteiligten auch nach der Umstellung, gegebenenfalls durch weitere Schulungen. So kann im Zweifel Wissen bereitgestellt werden.

Sprechen Sie mit Ihrem Steuerbüro, um eine reibungslose Weiterverarbeitung der E-Rechnungen zu ermöglichen.


Konkurrenz um Fläche fordert Kompromisse

Der Druck auf die landwirtschaftliche Fläche wächst: Neben dem Natur- und Klimaschutz meldet zusätzlich die Energiewende steigende Bedarfe an. Auf dem Landesnaturschutztag, der am Donnerstag in Neumünster stattfand, rangen die Teilnehmer um Lösungen – zum Beispiel Mehrfachnutzungen.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt zeichnete zunächst ein düsteres Bild. „Wir haben einen Klimawandelleugner als neuen US-Präsidenten“, so der Grünen-Politiker. Zudem bezeichnete er die Weltbiodiversitätskonferenz in Kolumbien als gescheitert. Auch die Weltklimakonferenz, die bis Ende kommender Woche in Aserbaidschan stattfindet, stünde unter „denkbar schlechten Vorzeichen“.

Gesunde Natur als Sicherheitsgarant

Dabei sei es keine Option, die „Pausetaste“ im Klima- und Umweltschutz zu drücken. Diese Krisen würden zunehmend auch sicherheitspolitisch relevant, weil Ökosystemdienstleistungen gefährdet seien. Das könne zu massiven Flüchtlingsbewegungen führen, argumentierte Goldschmidt. „Wir müssen die Klimakrise und die Biodiversitätskrise stoppen“, appellierte der Minister. Das Landschaftsbild und auch die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein würden sich dadurch ändern.

Explizit begrüßte Goldschmidt die anwesenden Landnutzer: „Dass viele Landwirte hier sind, ist ein Zeichen der Hoffnung in schwierigen Zeiten.“ Nur wenn sich die verschiedenen Interessengruppen vertrügen, seien gute Lösungen möglich. Schleswig-Holstein sei hier weiter als viele andere Bundesländer. Er betonte: „Landwirtschaft und Naturschutz raufen sich oft, schauen aber eigentlich auf unterschiedliche Flächen.“ Landwirtschaft ziele insbesondere auf Hochertragsstandorte, Naturschutz eher auf Grenzertragsstandorte.

Jetzt komme allerdings die Energiewende dazu, die ebenfalls Flächenansprüche anmelde. Dabei gelte es, den Schaden für die Natur möglichst gering zu halten. Aktuell gebe es einen explosionsartigen Zubau von Photovoltaik-Anlagen (PV) auf Freiflächen. Das sieht der Minister kritisch. Er forderte: „Wir müssen daran arbeiten, die PV auf versiegelte Flächen zu bringen.“ Sein Vorschlag: Auf jedes neue Dach muss verpflichtend PV drauf. Der Minister unterstrich, dass auch der Netzausbau viel Fläche in Anspruch nehmen werde, ebenso die Ansiedlung von Folgetechnologien, zum Beispiel Elektrolyseure.

Ziel der Landesregierung bleibe, Schleswig-Holstein bis 2040 zum klimaneutralen Industrieland umzubauen. Um dabei den Natur- und Umweltschutz nicht zu vernachlässigen könnten Mehrfachnutzungen eine Lösung sein. Goldschmidt nannte PV auf Gebäuden, Agri-PV und Moor-PV als Beispiele. „Wir arbeiten heute immer mehr in integrierten Systemen. Strategien müssen im Miteinander entwickelt werden und auch die landwirtschaftlichen Belange müssen immer mitgedacht werden“, verdeutlichte der Minister.

Energiewende braucht mehr als tausend Hektar

Dr. Marcus Hirschfeld

Dr. Markus Hirschfeld vom Kieler Umweltministerium bestätigte, dass die Energiewende massiv in Schutzgüter eingreife. So werde Schleswig-Holstein aufgrund des Windenergieflächenbedarfgesetzes des Bundes bis Ende 2032 mindestens 2,0 % der Fläche als Windenergiefläche ausweisen. Das Problem dabei: Der Bund rechne anders als es das Land bisher tat, sodass sich nach Landesrechnung 3 % der Landesfläche ergäben. Das mache also die Ausweisung zusätzlicher Flächen notwendig.

Bei PV gebe es kein gesetzlich verankertes qualitatives Ausbauziel. Enormen Bedarf melde jedoch der Netzausbau an. Rund 800 ha Flächenbedarf hätten allein neue Umspannwerke. Dazu kämen Bedarfe für rund 950 km neue Freileitungen und Erdkabel. Auch das Wasserstoff-Kernnetz werde neben umzunutzenden Gasleitungen um mindestens 82 km neuer Leitungen erweitert.

Dr. Elke Bruns vom Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende in Berlin erinnerte an die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie. Danach sollen 30 % aller Flächen Schutzgebiete werden, davon sollen 10 % unter strengem Schutz stehen. Nach Zahlen des Nabu hinke Schleswig-Holstein mit etwas mehr als 10 % Schutzgebietsausweisungen deutlich hinterher. Dabei sei Flächenzugriff und Sicherung aus ihrer Sicht das Mittel der Wahl für den Naturschutz. In diesem Zusammenhang bedauerte Bruns, dass Fördermittel für den Naturschutz teilweise nicht dafür eingesetzt werden dürfen, Landwirte Flächen wegzukaufen.

Bauern stemmen sich gegen Schwarzmalerei

Dr. Elke Bruns

Alexander Schwarzlose, Vorsitzender Nabu Schleswig-Holstein warnte: „Die Klima- und Biodiversitätskrise sind existenzbedrohend“. Beide Krisen begünstigten einander. Er forderte, dass der Ausbau Erneuerbarer Energien nicht auf Kosten das Naturschutzes geschehen dürfe, was jedoch gerade passiere. Schwarzlose kritisierte auch zu hohe Pauschalabstände von Windkraftanlagen zu Wohnsiedlungen. Das benachteilige sowohl Fledermäuse aus auch Wildvögel – zum Beispiel den Seeadler – die in ihren Brutplätzen eingeschränkt würden. Der Nabu-Vorsitzende sprach sich vehement gegen Mehrfachnutzungen aus. „Windenergieanlagen und PV-Anlagen dürfen nicht in Mooren gebaut werden“, so Schwarzlose.

Eine positive Grundhaltung zeigte Ludwig Hirschberg, Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH). Er setzte auf gute Botschaften: „Wir Landwirte stehen den Naturschutzzielen nicht entgegen.“ Hirschberg betonte, dass Naturschutz vielerorts auch Abseits von Gesetzen und Verordnungen geschieht. Nach seinen Angaben finden auf vielen Flächen Schutzmaßnahmen statt, die nicht in Kulissen auftauchten. Die Landwirtschaft in der Gunstregion Schleswig-Holstein bewege sich auf sehr hohem Niveau. Aber die landwirtschaftlich genutzte Fläche schrumpfe.

In diesem Zusammenhang warnte er vor dem Export von Umweltproblemen, wenn Lebensmittel aus dem Ausland unter Inkaufnahme viel höherer Umweltschäden importiert würden. „Wir brauchen kluge Lösungen und differenzierte Maßnahmen“, so der BVSH-Vizepräsident. Sonst gebe es keine Gewinner, außer der Bürokratie.

Marcus Hrach vom Landesverband Erneuerbare Energien pflichtete Hirschberg bei: „Ein Gemeinsames Problemverständnis ist entscheidend.“ Er empfinde die Zusammenarbeit zwischen der Erneuerbaren-Branche, Behörden und Naturschützern in Schleswig-Holstein als konstruktiv.

Artenschutz muss aus seiner Sicht dort ansetzen, wo er am effektivsten ist. Als Beispiel nannte er den bisherigen Verdacht, dass Windkraftanlagen eine Hauptursache für den Tod von Rotmilanen sei. Eine Untersuchung habe nun ergeben, dass Windräder nur für 8 % der unnatürlichen Todesursachen der Rotmilane verantwortlich seien. Eine noch geringere Quote sei zwar wünschenswert, aber die Hauptursache seien Windkraftanlagen nachgewiesener Weise nicht.

Knapp 1.000 Personen besuchten den Landesnaturschutztag in den Holstenhallen Neumünster, zu dem traditionell das Bildungszentrum für Natur, Umwelt und ländliche Räume einlud. Fotos: rq

Jörg Bülow, Vertreter des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages, erklärte: „Kommunen und Gemeinden in sind aufgeschlossen und aktiv beim Ausbau der Erneuerbaren.“ Es gebe jedoch außerordentlich schwierige Abwägungen. Kommunalpolitik habe zudem weitere Ziele zu beachten, wie den Ausbau der Infrastruktur, Arbeitsplätze, den Wohnungsbau und den Schutz des Landschaftsbildes. Er kritisierte die Privilegierungstatbestände des Bundes, weil diese die „letzten Steuerungsmöglichkeiten“ der Kommunen begrenzten. Den Solarerlass des Landes mit dem Vorrang für Freiflächen-PV werde von den Kommunen und Gemeinden begrüßt. Grundsätzlich warb Bülow mit Blick auf den Ausbau der Erneuerbaren für eine stärkere Gewichtung qualitative Kriterien statt quantitativer.

Mit Biogas gegen Dunkelflauten

Klaus-Peter Lucht

BVSH-Präsident Klaus-Peter Lucht zog ein positives Veranstaltungsfazit. Das Thema der Flächenkonkurrenz sei gut gewählt worden. Der Bauernverband setzte darauf gemeinschaftlich mit Behörden und Naturschutzverbänden Flächen zu identifizieren, die für eine Mehrfachnutzung in Betracht kommen. „Moor nur für Moorschutz können wir uns nicht mehr leisten“, stellte Lucht klar. Aus seiner Sicht gehören PV-Anlagen vorrangig auf versiegelte Flächen, bevor Äcker und Wiesen dafür auf der Nutzung genommen werden.

Er stellte außerdem die Vorteile der Biogaserzeugung in den Vordergrund. Insbesondere während Dunkelflauten stützten Biogasanlagen die Grundlast und sorgten so für Energiesicherheit.

Alexander Schwarzlose
Ludwig Hirschberg
Marcus Hrach
Jörg Bülow
Mithilfe eines anschaulichen Modells erklärt BVSH-Umweltreferentin Dr. Susanne Werner den Besuchern die wachsende Flächenkonkurrenz.
Lars Kuhlmann, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Pinneberg (li.), und Dr. Lennart Schmitt, Leiter der BVSH-Umweltabteilung, gehörten zum Team am BVSH-Stand.


Politischer Doppelschlag

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Am Tag der Wahl von Donald Trump zerlegte sich die Bundesregierung. Nach dem, wie wir nun wissen, eindeutigen Wahlsieg Trumps drohen weltweite Handelskriege, die auch und besonders die Landwirtschaft betreffen werden. Trump hat immer wieder angekündigt, Zölle auf alle Importe einzuführen oder sie zu erhöhen, um die lokale Produktion zu schützen beziehungsweise ausländische Firmen dazu zu bewegen, ihre Produktion in die USA zu verlegen. Allerdings ist die US-Landwirtschaft auf offene Exportmärkte angewiesen. Es ist möglich, dass wichtige Exportmärkte dauerhaft verloren gehen, da Handelspartner wie China im Gegenzug auf amerikanische Lieferungen Strafzölle erheben oder sich alternative Lieferanten suchen. So ist der Export von US-Sojabohnen nach China bereits jetzt drastisch eingebrochen, dagegen sind die brasilianischen Lieferungen nach China stark angestiegen. Auch ist China immer noch der zweitgrößte Importeur von amerikanischem Schweinefleisch und es ist klar, was China macht, wenn auf chinesische Lieferungen in die USA Zölle erhoben werden. Größter Abnehmer von amerikanischem Schweinefleisch ist übrigens Mexiko. In dieses südliche Nachbarland will Trump unmittelbar nach seinem Amtsantritt „Millionen von illegalen Einwanderern“ abschieben. Auch dieses Land könnte mit Strafzöllen reagieren und auf Brasilien als Lieferanten umsteigen. Übrigens ist speziell der US-amerikanische Agrarsektor auf die Arbeitskraft von Einwanderern angewiesen. Während seiner ersten Präsidentschaft hob Trump übrigens mehr als 100 Umweltschutzvorschriften aus der Präsidentschaft von Obama auf und konzentrierte sich auf die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität, ökologische Nachhaltigkeit war nachrangig.

Die EU in einer neuen Welt

Die Europäische Union und Deutschland sind hoffentlich auf die neue Amtszeit Donald Trumps vorbereitet. Denn nun wird es für Deutschland und Europa ungemütlich: Handelskriege, Strafzölle, „America First“ drohen. Die deutsche Agrarwirtschaft liefert in die USA jährlich Produkte im Wert von etwa 2 Mrd. €, die schon in der ersten Amtszeit Trumps Gegenstand von Strafzöllen waren. Klar ist, dass Trump damals wie heute völlig andere Prioritäten als die EU in der Außenpolitik setzt, was auch den Agrarsektor unmittelbar angeht. Deutschland und Europa brauchen Klarheit und entschlossenes Handeln, und das besser heute als morgen. Denn mit dem Showdown im Ampel-Streit sind die Herausforderungen der Welt nicht vom Tisch. Das alte Geschäftsmodell von billiger Energie aus Russland, uneingeschränktem Handel auch mit den Autokraten dieser Welt und vollumfänglichen, kostenlosen Sicherheitsgarantien durch die USA ist endgültig Vergangenheit, auch wenn sich dies Parteien wie die AfD nicht eingestehen wollen.

Berlin nimmt politische Auszeit

Trump akzeptiert nur starke Gesprächspartner. Die Europäische Union erfüllt derzeit dieses Kriterium nicht. Und Deutschland leistet sich eine politische Auszeit genau dann, wenn ein einiges und starkes Europa benötigt wird. Auch für die deutsche Landwirtschaft geht wieder wertvolle Zeit verloren. Denn agrarpolitische Vorhaben wie beispielsweise die neue Biogasstrategie, mit der Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Grüne) im Sommer Anlagenbetreibern Hoffnung gemacht hatte, eine bessere Perspektive für ihre Anlagen zu erhalten, sollte im November zwischen Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium konkret besprochen werden. Dieses und andere agrarpolitische Vorhaben stehen nicht auf der Prioritätenliste des Bundeskanzlers.

Sicher ist, dass Deutschland und Europa Verantwortung für sich selbst übernehmen müssen. Und das bedeutet, die EU-Staaten, allen voran Deutschland und Frankreich, sollten in der Außen- und Verteidigungspolitik wieder zusammenrücken und gemeinsam in die Verteidigungsfähigkeit investieren. Oder sie versinken in der geopolitischen Bedeutungslosigkeit. Das alles wird sehr viel Geld kosten und Begehrlichkeiten wecken, insbesondere bei der großen Position des EU-Haushalts, dem Agrarbudget.

Dekarbonisieren, ohne zu deindustrialisieren

Die Herbst-Energieministerkonferenz in Brunsbüttel unter dem Vorsitz Schleswig-Holsteins endete am vorigen Freitag mit einem klaren Bekenntnis zum Ziel der Klimaneutralität und der Fortführung der Energiewende. Angesichts der politischen Entwicklungen global und auf Bundesebene verabschiedete die Konferenz eine Brunsbütteler Erklärung. Darin appellieren die Energieminister und Senatoren an die Bundesregierung und den Bundestag, für die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland den Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft weiter entschieden zu verfolgen.

Die anstehenden Neuwahlen dürften nicht wichtige Entscheidungen in der Gesetzgebung aufhalten oder verzögern. Brüche sollen vermieden werden. Entscheidende Projekte der Energiewende sind dem Appell zufolge noch zügig voranzutreiben, um das Erreichen der Klimaziele nicht zu gefährden und Planungssicherheit für Wirtschaft und Industrie zu gewährleisten. Dazu zählt die Forderung nach Entlastungen bei den Netzentgelten, damit die Strompreise für Industrie und Verbraucher spürbar sinken und die Elektrifizierung voranschreiten kann. Zudem sollen das Kraftwerkssicherheitsgesetz noch verabschiedet werden und die geplanten Ausschreibungen starten. Auch die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes soll jetzt kommen, wozu auch ein wirksames Biomassepaket gehöre. Wichtige weitere Schritte sind die Umsetzung der Beschleunigungsgesetze für Erneuerbare Energien, Geothermie und Wasserstoff.

Tragfähiger Investitionsrahmen

Schleswig-Holsteins Energieminister Tobias Goldschmidt (Grüne), der die Konferenz im Rahmen des schleswig-holsteinischen Vorsitzes leitete und für die von den Grünen geführten Energieministerien sprach, erklärte: „Die Länder stehen geschlossen hinter der Energiewende. Die Brunsbütteler Beratungen waren von einer guten Kompromissbereitschaft getragen – über alle länder- und parteipolitischen Grenzen hinweg. Wir haben entscheidende Weichen gestellt, von einem tragfähigen Investitionsrahmen für den raschen Erneuerbare-Ausbau über den Stromnetzausbau bis hin zum Wasserstoffhochlauf. Wir unterstützen geschlossen den Vorschlag des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers, sehr kurzfristig Maßnahmen zur Senkung der Netzentgelte zu ergreifen.“ Den „Geist der Beratungen von Brunsbüttel“ wünscht sich Goldschmidt in den kommenden Monaten auch für Berlin. Dies würde Energiewende und Land voranbringen.

In der Brunsbütteler Erklärung appellieren die Energieminister und Senatoren, den Weg der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft konsequent weiterzuverfolgen. Foto: Mona Taube

Sachsen-Anhalts Energieminister Prof. Armin Willingmann erklärte für die SPD-geführten Energieministerien, von Brunsbüttel gehe das klare Signal an die Bundespolitik aus, „dass wir uns angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen keine politischen Spielchen leisten können“. Es müsse Neuwahlen geben und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe einen realistischen Zeitplan dafür skizziert. Die Energieministerinnen und -minister der Länder zeigten in der einstimmig beschlossenen Brunsbütteler Erklärung auf, welche wichtigen energiepolitischen Themen in den nächsten Monaten weiterbearbeitet werden müssten. „Wir brauchen spürbare Entlastungen bei den Energiepreisen, insbesondere den Stromnetzentgelten.“ Laut Willingmann gehe es vor allem darum, Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Deutschland langfristig zu sichern. „Angesichts der anhaltenden Konjunkturflaute dürfen nicht auch noch Wachstumschancen vertan werden“, so der Minister. Weite Teile der Wirtschaft hätten sich auf den Weg der klimaneutralen Transformation gemacht; dies dürfe nicht ins Stocken geraten. „Der Ausbau Erneuerbarer Energien, der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft müssen zügig vorangetrieben werden. Hier gibt es auch eine klare Erwartungshaltung in der deutschen Industrie an die Politik.“

Wasserstofffähige Gaskraftwerke

Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) unterstrich: „Wir fordern den Bund auf, alles zu unternehmen, die Ausschreibungen für wasserstofffähige Gaskraftwerke im Rahmen der Kraftwerksstrategie zu beschleunigen. Die ersten Ausschreibungen müssen schon Anfang 2025 starten. Wir brauchen einen verlässlichen Zubau von 17 bis 21 Gigawatt Kraftwerkskapazität bis 2031.“ Keinesfalls dürfe eine Lücke in der Stromversorgung entstehen. Zeitnah brauche es jetzt die Umsetzung der angekündigten Biomassestrategie mit einem großen Biomassepaket. „Dazu gehört eine deutliche Erhöhung des Ausschreibungsvolumens für die Biomasseförderung auf mindestens 1.200 Megawatt pro Jahr“, so Aiwainger. In Deutschland sei Bioenergie mit 50 Terawattstunden Strom und 170 Terawattstunden Wärme ein stabiler und verlässlicher Baustein der Energieversorgung.

Wichtige Festlegungen aus den Beschlüssen der Energieministerkonferenz:

Die 17 Beschlüsse der Energieministerkonferenz widmen sich den auch in der Brunsbütteler Erklärung aufgerufenen Themen. Dabei stehen im Vordergrund: der weitere starke Zubau der Erneuerbaren Energien, der mindestens auf dem aktuellen Niveau gehalten werden soll, Regelungen, damit der Energiemarkt besser zu der volatilen Einspeisung von Wind und Sonne passt, und das Ziel, dass Grüne Energie auch in der Industrie und dem Wärme- und Verkehrssektor ankommt.

Damit die Erneuerbaren Energien weiter ausgebaut und Verzerrungen bei den Strompreisen vermieden werden können, soll der neue Förderrahmen für den Ausbau zügig entwickelt werden. Dabei sprechen sich die Länder dafür aus, dass die staatlich finanzierte EEG-Förderung grundsätzlich bestehen bleibt und weiterentwickelt wird. Dies soll sicherstellen, dass finanzielle Planungssicherheit für den weiteren Ausbau von Wind- und Solarenergie gegeben ist. Der Beschlussantrag von Schleswig-Holstein dazu wurde angenommen.

Zukunftsperspektive für Bioenergie

Zudem fordern die Länder eine klare Zukunftsperspektive für die Bioenergie. Das angekündigte Gesetzespaket soll zügig in die Umsetzung gebracht werden. Konkret geht es darum, die Ausschreibungsmengen für Biogasanlagen zu erhöhen, Anreize für Flexibilisierung zu setzen und den Anlagenbetreibern Planungssicherheit zu geben.

Stabilisierung der Netzentgelte

Steigende Stromkosten sind eine zunehmende Belastung für Verbraucher und Wirtschaft. Die Energieministerkonferenz spricht sich für einen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt zur Stabilisierung der Netzentgelte aus.

Die Energieminister sprechen sich mit dem Ziel einer effizienteren und kostengünstigeren Energiewende zugleich für eine zunehmende Flexibilisierung aus: Sowohl die Industrie als auch größere Stromverbraucher wie E-Autos und Wärmepumpen sollen Anreize haben, den Strom in Zukunft flexibel immer dann abzunehmen, wenn viel Erneuerbare Energien vorhanden sind. Indem die Strompreise sich entsprechend dem Stromangebot dynamisch anpassen, soll dieses Verhalten gefördert und belohnt werden.

Die Energieminister stellen sich hinter das Kraftwerkssicherheitsgesetz des Bundes und den darin enthaltenen Kapazitätsmechanismus – damit zügig neue Kraftwerke gebaut werden, die dann laufen, wenn nicht genügend Erneuerbare im Netz sind.

Stickstoffbedarf steigt mit Erderwärmung

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Weizen ist weltweit das wichtigste Getreide – und verursacht hohe Umweltkosten. Grund hierfür ist die erforderliche Düngung mit Stickstoff. Forschende der Technischen Universität München (TUM) und des französischen Institut national de recherche pour l‘agriculture, l‘alimentation et l‘environnement (INRAE) haben nun berechnet, dass neue Weizensorten bei gleichbleibender Düngung bessere Ernten liefern.

Das richtige Maß in der Weizendüngung zu finden ist nicht immer leicht. Düngt man den Weizen mit wenig Stickstoff, braucht er diesen auf, bringt aber nicht die volle Ernteleistung. Düngt man ihn mit viel Stickstoff, ist die Ernte zwar gut, aber das Getreide verbraucht nicht den gesamten Dünger. Der überschüssige Stickstoff gelangt in die Umwelt und belastet Ökosysteme und das Klima. Zugleich ist Weizen unverzichtbar, um den wachsenden Welthunger zu stillen.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, haben Senthold Asseng, Professor für Digital Agriculture an der TUM, Pierre Martre (INRAE) und weitere Forscher deshalb neue, noch im Versuchsstadium befindliche Weizensorten untersucht. Das Team hat hierfür Daten von fünf Versuchsfeldern genutzt, die repräsentativ für globale Anbauregionen mit besonders hohen Erträgen sind. Diese wurden in ein Simulationsmodell eingespeist und gemäß verschiedenen Klimaszenarien berechnet. Hierfür haben die Forschenden aktuelle klimatische Bedingungen, eine Erderwärmung um 1 K und um 4,8 K gewählt. Die Ergebnisse zeigen, welchen Ernteertrag die getesteten Sorten bei unterschiedlich hohen Mengen zugeführten Stickstoffs leisten können.

Stickstoff besser nutzen

Die Forschenden konnten so herausfinden, dass die neuen Weizensorten unter aktuellen klimatischen Bedingungen 16 % mehr Ernteertrag erreichen als bisher eingesetzte, wenn sie in gleicher Menge gedüngt werden. Dass sie den ausgebrachten Stickstoff besser nutzen, also eine verbesserte Stickstoffeffizienz aufweisen, verringert ihren ökologischen Fußabdruck. Zugleich konnte das Team zeigen, dass der Stickstoffbedarf im Zuge der Erderwärmung generell steigen wird, wenn man das Erntepotenzial der Pflanzen voll ausschöpfen möchte. Doch auch dann nutzen die neuen Sorten den Stickstoff effizienter als die bisher eingesetzten.

Neue Weizensorten sind den aktuellen also in wichtigen Aspekten überlegen und können ein Baustein zur Ernährungssicherheit sein. Dennoch wird das Ringen um einen verantwortungsvollen Umgang mit Stickstoff ein Thema bleiben, und zwar nicht nur im Sinne des Klima- und Umweltschutzes. Die Forschenden weisen darauf hin, dass Stickstoff eine mitunter kostenintensive Ressource ist. Eine verstärkte Düngung mag somit für die Ernte das Beste sein, ist aber global nicht allen Produzentinnen und Produzenten möglich und schlägt sich auf die Geldbeutel der landwirtschaftlichen Betriebe sowie der Kundinnen und Kunden nieder.

Ernährungssicherheit systemisch denken

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen dennoch, die im Modell getesteten Weizensorten nun in Zuchtprogrammen weiterzunutzen: „Mit verbesserter Züchtung können wir es schaffen, für die nächsten 20 bis 30 Jahre die Lücke an Nahrungsmitteln zu schließen. Allein mit neuen Sorten wird uns der Spagat aus weltweiter Ernährungssicherheit, Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit aber nicht gelingen“, sagt Senthold Asseng. „Was wir brauchen, ist ein systemischer Ansatz, der neben agrarwissenschaftlichen Methoden wie moderner Züchtung auch Umweltaspekte, sozioökonomische Faktoren und die Rolle der Politik betrachtet.“

Die Originalpublikation ist einsehbar unter: https://t1p.de/tescn

Kaj Munk – Symbolfigur des dänischen Widerstands

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Zum 80. Todesjahr von Kaj Munk erinnert das Bauernblatt an ein fast vergessenes Ereignis deutsch-dänischer Geschichte. Der Pastor und Dichter aus Vedersø wurde am 4. Januar 1944 Opfer des ersten deutschen Vergeltungsmordes in Dänemark. Mit der Tötung des streitbaren Patrioten sollte der Widerstand im dänischen Volk gegen die Besatzung durch das Großdeutsche Reich eingeschüchtert werden.

In Dänemark gilt der christliche Märtyrer des politischen Widerstands als eine wichtige, aber auch umstrittene Persönlichkeit.
Foto: Silke Bromm-Krieger

Es ist der 4. Januar 1944. Gegen 20 Uhr fährt ein silbergrauer Opel Kapitän auf den Pfarrhof. In ihm sitzen fünf Männer eines SS-Kommandos. Drei gehen zur Tür des Pfarrhauses und verlangen, den Hausherrn zu sprechen. „Kriminalpolizei. Ist Kaj Munk zu Hause?“ Sie fragen auf Dänisch, doch die Männer sind Deutsche. Ehefrau Lise weiß, ihr Mann ist im Schlafzimmer, geht aber hinauf in sein Arbeitszimmer. Die Männer folgen. Will sie Kaj Zeit zur Flucht verschaffen? Doch dieser kommt ihnen schon entgegen und wird verhaftet. Als er Lise, die mit fünf kleinen Kindern zurückbleibt, zum Abschied umarmt, sagt er: „Stol på Gud!“ (Vertraue auf Gott). Es ist etwa 20.15 Uhr, als die SS-Schergen mit ihm davonfahren.

Zwölf Stunden später, am 5. Januar 1944 um 8.15 Uhr, findet der Maurer Anton Seithen die Leiche von Kaj Munk in Hørbylunde Bakker bei Silkeborg. Zwei Schüsse in die linke Schläfe und einer durch den Hals haben ihn niedergestreckt. Der Terrorschlag war zuvor von Adolf Hitler und Heinrich Himmler angeordnet worden. Erst nach dem Krieg werden die Täter, soweit möglich, vor Gericht gestellt.

Wer war dieser Kaj Munk, der zur Stimme des Widerstands wurde? In Deutschland ist er weithin unbekannt. Aber seit drei Jahrzehnten beschäftigt sich Paul Gerhard Schoenborn aus Wuppertal mit ihm. „Ich bemühe mich, meinen Teil dazu beizutragen, dass man Kaj Munk auch im deutschen Sprachraum stärker wahrnimmt“, meint der mittlerweile 90-jährige evangelische Pastor im Ruhestand. So hat er eine Vielzahl von Publikationen über Munk und seine Werke im NordPark Verlag veröffentlicht. Aber der Reihe nach.

Kaj Munk wird am 13. Januar 1898 in Maribo auf Lolland geboren. Seine Eltern sterben früh. Deshalb adoptieren ihn mit fünf Jahren die Cousine seiner Mutter, Marie Munk, und ihr Mann Peter, die Kleinbauern in Opager bei Maribo sind. „Kaj war sehr begabt, intelligent und wissbegierig. Früh war erkennbar, wie gut er mit seiner Muttersprache, mit den Worten, mit dem Klang und dem Rhythmus von Reimen umgehen konnte“, erzählt Schoenborn und ergänzt, dass der Junge schon als Schüler eigene Kurzgeschichten, Choräle und Dramen schrieb. „Er spürte in sich eine doppelte Berufung, die zum Dichter und die zum Verkündiger des Wortes Gottes.“

Seine Eltern wollen, dass er Pastor wird. Sie ermöglichen ihm unter großen Opfern das Studium der Theologie in Kopenhagen, auch wenn Kaj zeitweilig überlegt, es abzubrechen, um Schriftsteller und Dichter zu werden. Doch er besteht das Examen und übernimmt ab 1924 bis zu seinem gewaltsamen Tod das Pfarramt in der 300-Seelen-Gemeinde Vedersø an der Nordseeküste Jütlands. Er wirkt unter Bauern, Fischern und Tagelöhnern und ist nebenbei schriftstellerisch tätig. Zunächst lebt er allein im Pastorat, bis er 1929 Elise Marie Jørgensen heiratet, eine Großbauerntochter aus dem Dorf, die er Lise nennt. Die beiden bekommen die Kinder Yrsa (1931), Helge (1933), Arne (1934), Inger Solvejg (1936) und Mogens (1938).

Kaj Munk predigte in der Vedersøer St. Sebastianskirche, in seinen Predigten fanden sich Anfang der 1940er Jahre auch Aufrufe zum Widerstand.
Foto: Silke Bromm-Krieger

Während Munk seine Aufgaben als Pastor und Familienvater versieht, ist er weiterhin als Bühnenautor, Dichter, Kolumnist und Redner tätig. 1928 führt das Königliche Theater in Kopenhagen erstmals sein Bühnenstück über Herodes den Großen, „Ein Idealist“, auf. Dadurch wird er als Dramatiker bekannt. Vor allem zwei Schauspiele begründen seinen Ruhm. „Das Wort“ heißt das eine. Es spielt unter Bauern eines jütländischen Dorfes und handelt vom frühen Sterben und vom Glauben an das Wunder der Auferweckung. Ein Geschehen in seiner Gemeinde gab dafür den Anlass. Eine junge Bäuerin und ihr Kind starben im Kindbett, was Munk schwer erschütterte.

Das andere Theaterstück „Er sitzt am Schmelztiegel“ hat die Verfolgung der deutschen Juden in Hitlerdeutschland zum Thema. In Zeitungsartikeln kommentiert der Pastor außerdem die Entwicklung im nationalsozialistischen Nachbarland. Am 17. November 1938, eine Woche nach dem reichsweiten Pogrom in Deutschland, erscheint in der Tageszeitung „Jyllands Posten“ sein offener Brief an den italienischen Diktator Benito Mussolini (1883-1945). Darin forderte er ihn auf, Hitler von den Judenverfolgungen abzubringen. Munk artikuliert damit ebenfalls die Abscheu und das Entsetzen der Mehrzahl der Dänen gegenüber der Reichskristallnacht. Im Herbst 1943 widersetzen diese sich couragiert dem deutschen Versuch, das Land „judenrein“ zu machen und retten ihre jüdischen Mitbürger nahezu vollständig nach Schweden hinüber.

Kaj Munks öffentlicher Protest gegen die Besetzung Dänemarks am 9. April 1940 ist scharf. „Die Kollaboration vieler seiner Landsleute lehnte er ab. Er war davon überzeugt, dass die Dänen etwas tun müssten, um die Fremdherrschaft abzuschütteln, und das ging seiner Meinung nach nur durch Gewalt“, führt Schoenborn aus. Darum schreibt Munk das Schauspiel „Niels Ebbesen“. Dieser dänische Freiheitskämpfer verhinderte einst durch einen Aufstand, dass der deutsch-holsteinische Graf Gerhard III. ganz Jütland unterwarf.

Kaj Munk war ein glühender Christ, Patriot und radikal nationalkonservativer Däne.
Foto: Kaj Munks Præstegård

Munk ist danach unermüdlich unterwegs, um aus seinem Manuskript zu lesen. Die Untergrundbewegung verbreitet den Text des Schauspiels in Tausenden von Exemplaren. Auch in Munks Predigten aus diesen Jahren finden sich Aufrufe zum Widerstand. „Dass er sich durch sein offenes Wort in Lebensgefahr brachte, war ihm wohl bewusst. Er liebte das Leben und suchte den Märtyrertod nicht, aber er wollte und konnte die Wahrheit nicht verschweigen“, taucht Schoenborn in das Denken Munks ein. Als der Pastor einige Tage vor Weihnachten 1943 von einem deutschen Leutnant heimlich die Nachricht erhält, dass die SS ihn liquidieren wolle, ist dies für ihn kein Grund zu fliehen. „Er hätte nach Schweden gehen können oder nach England, um von hier über die Rundfunkanstalt BBC den Widerstand fortzuführen, aber er meinte: ‚Ich bin kein Hund, der wegläuft, wenn man ihm den starken Knüppel zeigt‘. Seine Frau Lise trug diese Haltung mit“, weiß Schoenborn.

Nach dem Tod des Ehemanns und Vaters ziehen sie und die Kinder nach Hellerup, später nach Kopenhagen. 1976 kehrt die Witwe ins Pfarrhaus zurück und lebt dort, bis sie 1998 im Alter von 89 Jahren stirbt. Kaj Munks Præstegård ist mittlerweile ein Museum. Auf einer Dichterroute im parkähnlichen Garten kann man auf den Spuren der Munk-Gedichte wandern. Weitere Infos unter kaj​munkspræstegård.dk und danske​digterruter.dk

Literatur:

Paul Gerhard Schoenborn: „Kaj Munk – Der politische Pfarrer und Dichter, den die SS erschoss“, NordPark Verlag, 11 €,
ISBN: 9 78-3-94 39 40-85-5

Der Autor stellt den politischen Pfarrer und Dichter mit Beiträgen zur Person, zur politischen Einstellung und zum literarischen Schaffen vor.

Info

Mit dem Überfall der Wehrmacht auf Norwegen und Dänemark begann am 9. April 1940 die fast fünfjährige deutsche Besatzung der bis dahin neutralen Länder. Hauptsächliches strategisches Ziel der Invasion war die Sicherstellung der größtenteils über Norwegen erfolgenden Lieferungen von schwedischem Eisenerz und Stahlveredlungsmetallen für die deutsche Rüstungsindustrie.

Zur logistischen und militärischen Unterstützung der vornehmlich gegen Norwegen gerichteten Operation, aber auch zur Absicherung der deutschen Nordflanke gegen mögliche britische Angriffe befahl Hitler, Dänemark ebenfalls zu besetzen. Die Invasion kam für das Land unerwartet. Noch ein Jahr zuvor hatte es einen Nichtangriffspakt mit Deutschland geschlossen. Zwei Stunden nach Beginn des Überfalls kapitulierte die dänische Regierung. Sie rief die Bevölkerung zur friedlichen Hinnahme der deutschen Besatzung auf, die bis Kriegsende andauerte. 6.000 Menschen fanden in Dänemark aufgrund der Kriegsereignisse den Tod.

(Quelle: Wissenschaftliche Dienste, Deutscher Bundestag)

Das Pfarrhaus ist heute ein Museum. Im separaten Eingangsgebäude gibt es eine Sonderausstellung, einen Shop und das Lise-Café.
Foto: Silke Bromm-Krieger
Lise Munk saß gerade mit Tochter Yrsa im Gartenzimmer, als die SS-Schergen durch die stets offenstehende Haustür hereintraten.
Foto: Silke Bromm-Krieger
Das Esszimmer der Familie Munk, das auch als Konfirmandenzimmer für den Unterricht diente
Foto: Silke Bromm-Krieger
Die Vedersøer St. Sebastiankirche . Hier wurde Kaj Munk an der Chorseite mit Frau Lise und Sohn Helge begraben.
Foto: Silke Bromm-Krieger
Der Fundort von Munks Leiche wurde sofort mit einem Holzkreuz markiert. Heute steht dort ein Granitkreuz, das Original kam ins Museum.
Foto: Silke Bromm-Krieger
Unter überwältigender Anteilnahme der Bevölkerung fand am 8. Januar 1944 die Beisetzung Munks in der St. Sebastiankirche in Verdersø statt.
Foto: Kaj Munks Præstegård
Große Tischrunde: Lise und Kaj Munk hatten fünf Kinder.
Foto: Kaj Munks Præstegård


Das Weiterbildungsstipendium

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Das Weiterbildungsstipendium unterstützt junge, engagierte ­Talente, die nach der Berufsausbildung weitere Qualifikationen erreichen wollen.

Berufsabsolventen mit einer besseren Berufsabschlussprüfung als „gut“ werden von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein jedes Jahr im November aufgefordert, sich bis zum 15. Dezember für ein Stipendium des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu bewerben. Außerdem ist eine Bewerbung möglich mit einer Platzierung unter den ersten drei in einem überregionalen beruflichen Leistungswettbewerb oder mit einem begründeten Vorschlag des Arbeitgebers. Die Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB) hilft mit insgesamt 8.700 € in maximal drei Jahren bei der Finanzierung von fachlichen und fachübergreifenden Weiterbildungsmaßnahmen. Dabei können die Stipendiaten die Lehrgänge selbst auswählen. Die wenigen Stipendiumsplätze zur Förderung junger Berufsabsolventen werden paritätisch entsprechend den Auszubildendenzahlen in den einzelnen Grünen Berufen vergeben – eine Bewerbung einzureichen ist es jedoch immer wert. Weitere Informationen finden sich unter:

Weiterbildungsstipendium: Förderung für Berufseinsteiger (sbb-stipendien.de)

Bei weiteren Fragen ist die Autorin Ansprechpartnerin der LKSH unter abock@lksh.de oder Tel.: 0 43 31-94 53-243.

Branntwein von der Inselrübe

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Den Betrieb auf mehrere Beine stellen – damit beschäftigen sich viele Landwirte. Reinhard Bey­er, sein Schwager Hauke Dittmer und dessen Sohn Ludwig in Johannisberg auf Fehmarn haben die Idee umgesetzt, aus eigenen Zuckerrüben Branntwein herzustellen.

„Er hat Rumfässer aus Südamerika verschifft“, vermutet Reinhard Beyer von seinem Vorfahren. Der Kapitän Mathias Beyer hatte ein Mädchen aus Puttgarden geheiratet, das ein Stückchen Land in die Ehe einbrachte, und damit 1849 die Hofstelle gegründet. Die Reetdachscheune, die vor ein paar Jahren erneuert wurde, hatte der Ahn aus einem abgewrackten Schiff zusammengezimmert.

Heute bewirtschaftet der Betrieb 120 ha eigene, dazu etwa 80 ha fremde Fläche und betreibt eine kleine Mutterkuhhaltung und einen Wohnmobilplatz – und neuerdings die Fehmarn Destillerie, zu der sich Reinhard Beyer, Ludwig und Hauke Dittmer zusammengetan haben. „Wir sind eine Großfamilie, wir wohnen alle hier und wollen uns für die Zukunft stabil aufstellen“, sagt Reinhard, der 2008 den Hof von seinem Vater übernommen hat.

So kamen die drei auf die Idee, Branntwein zu destillieren. Für Ludwig Dittmer, der als Chemiker gearbeitet hat, ist Destillieren ein Grundhandwerk. Sein Vater Hauke hat schon vorher Honigwein, Hagebutten- und Schlehenlikör für den Eigenbedarf hergestellt. 2022 gründeten sie die Fehmarn Destillerie GmbH.

Versuche mit der Rübe

Natürlich sollte das Destillat aus eigenen Produkten gewonnen werden. Infrage kommen da im großen Stil auf Fehmarn nur Ackerfrüchte – Weizen, Kartoffeln oder Rüben. Sie entschieden sich vorerst für Zuckerrüben. Zuckerrüben werden in Deutschland selten zu Spirituosen verarbeitet, und wenn, dann meist zu Industriealkohol. Schlechte Vorzeichen? „Die Leute haben uns abgeraten, mein Opa kannte Rübenschnaps aus dem Krieg, der soll furchtbar geschmeckt haben“, erzählt Hauke. Im Sommer 2023 konnten sie dann die ersten Flaschen verkaufen.

rööv klar und rööv fassgelagert. Fotos: Tonio Keller

Sie nannten ihre Marke Feldler mit der Produktbezeichnung „rööv“ (Rübe). Den Branntwein gibt es direkt aus der Destille und auf 38 Vol.-% Trinkstärke verdünnt als rööv klar oder zweieinhalb Jahre im Fass gereift. „Wir verwenden keine Zusatzstoffe und geben auch keinen Zucker zu“, betont Reinhard – bis zu 18 g/l wären sogar ohne Deklaration erlaubt. „Es ist ein ehrliches Produkt, nachhaltig und mit kurzen Wegen.“ Der Geschmack überzeugte auch die Prüfer der International Spirits Awards, die 2024 dem rööv klar die Goldmedaille verliehen. „Die Fachleute hatten nicht erwartet, dass der Geschmack bei dem reinen Destillat so gut ist. Wir haben mit unseren Versuchen gleich ins Schwarze getroffen“, freut sich Reinhard.

Bau der Schaudestille

Wer glaubt, dass jetzt alles geregelt ist, täuscht sich, denn jetzt wird erst die eigene Destille aufgebaut. Bisher nämlich haben die drei Männer zwar die Maische vorbereitet, die als Vorprodukt für den Geschmack und die Qualität entscheidend ist, und die Lagerung in Fässern organisiert. Das Destillieren selbst erfolgt aber noch in einer auswärtigen Anlage.

Ein Gerätehaus wird derzeit zum Destillierraum mit Verkostung ausgebaut, gefördert mit GAK-Mitteln.

Doch derzeit wird auf dem Hof ein bisheriger Geräteunterstand zum Destillierraum umgebaut. Dort können Besucher dann die Branntweine an einer Bar direkt neben einer Schaudestille mit 400-l-Brennblase verkosten. Die ist bei einem Hersteller am Bodensee bestellt und soll im Februar geliefert werden. Lustigerweise heißt die Firma Arnold Holstein.

„Am Bodensee gibt es zig Brennereien, hier nur sehr wenige“, erklärt Ludwig. „Aufgrund des Branntweinmonopols waren in Schleswig-Holstein bis 2017 nur Brände von Überschüssen bei Obstbauern erlaubt.“ Damit alles korrekt mit der Branntweinsteuer läuft, wird die Anlage verplombt, der Zoll kann jederzeit die abgegebene Alkoholmenge ablesen. 13,03 €/l reinem Alkohol beträgt die Steuer.

Philosophie der Fässer

Die Fasslagerung ist eine Philosophie für sich, da haben die drei mit Holzschnipseln experimentiert. Sie verwenden neue Eichenfässer, die nicht mit anderen Spirituosen wie Sherry vorbelegt sind, wie es oft üblich ist. Die Fässer werden von innen „getoasted“, also angebrannt. Das Holz vermittelt dann eine eigene Geschmacksnote und die typische braune Rum-Färbung.

In Zukunft können sich die drei auch die Destillierung anderer Feldfrüchte wie Weizen oder Kartoffeln vorstellen. „Wir wollten keine kleine Schnapsbrennerei im Keller, sondern eine Perspektive für die nächste Generation“, fasst es Reinhard Beyer zusammen. Sie werden also noch weiter experimentieren. Tonio Keller

Die „drei von der Destille“ (v. li.): Reinhard Beyer, Ludwig und Hauke Dittmer.

Vorreiter bei nachhaltiger Landwirtschaft

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Anfang November stand wieder die alljährliche, beliebte Agrarexkursion auf der Tagesordnung vieler Landjugendlicher. In diesem Jahr startete sie bereits am späten Mittwochnachmittag, und mit guter Stimmung ging es in Kiel an Bord der Stena Line in Richtung Schweden.

Die rund 14-stündige Fährfahrt wurde mit einem Abendessen an Bord begonnen, bei dem die ersten netten Gespräche untereinander stattfanden und neue Kontakte geknüpft werden konnten.

Für den Donnerstagmorgen verabredeten sich einige Teilnehmer guter Dinge, um den Sonnenaufgang zu betrachten, doch leider war es viel zu neblig, als dass man etwas hätte sehen können. So ging es unverrichteter Dinge zurück ins Bett, ehe gegen 9 Uhr das Einlaufen in den Hafen begutachtet werden konnte. Wieder an Land, übernahm Busfahrer Aurel die weitere Beförderung der Gruppe.

Der erste Stopp sollte bei einem Landmaschinenhersteller in Väderstad sein. In Schweden ist es typisch, dass die Firmen nach den Ortsnamen benannt werden. Ein weiteres Beispiel hierfür ist Husqvarna, ein Hersteller von Forst- und Gartengeräten. Väderstad liegt etwa vier Stunden nördlich von Göteborg. Dort wurden wir von Lars Mundt in Empfang genommen, einem Mitarbeiter von Väderstad, der selbst Mitglied in der Landjugend Flintbek ist.

Vor der Besichtigung und Einführung in das Unternehmen ging es zu einer Bäckerei, in der die Gruppe eine typische schwedische Brotzeit serviert bekam. Diese bestand aus Schwarzbrot mit einer Creme aus Roter Bete sowie schmackhaften Fleischbällchen.

Im Unternehmen Väderstad begann alles 1962 mit einer Stahl­egge, die in einer kleinen Werkstatt ursprünglich für den Eigenbedarf hergestellt wurde. Viele Nachbarn wollten diese Art Maschine auch ihr Eigen nennen, und aus dieser Idee heraus entstand das heutige Unternehmen, das sich im Lauf der Zeit fortwährend vergrößerte und als Spezialist für Maschinen zur Bodenbearbeitung bekannt ist. Deren großer Vorteil ist die Möglichkeit einer flachen Bearbeitung bei hoher Geschwindigkeit, die trotzdem sparsam im Dieselverbrauch ist.

Die Gruppe konnte bei einer Werksführung die Schweißroboteranlagen und die CrossCutter Disc anschauen, eine speziell geformte Scheibe für eine besonders flache Bearbeitung schwerer Böden. Die Landmaschinen waren jedoch nicht schon immer mit der markanten roten Farbe gezeichnet, in den Anfangsjahren waren sie grün. Im Nachbarort wurden zu dieser Zeit MB-Traktoren gefertigt, die ebenfalls grün gestrichen wurden, sodass diese Farbe besonders günstig für die Hersteller war. Nach dem Firmenverkauf an Volvo wurden die Maschinen jedoch rot, denn dann war diese Farbe günstiger.

Es wurden einige spannende Fakten und Unterschiede der Landwirtschaft in Schweden und Deutschland aufgezeigt. Zum Beispiel sind alle Eier in Schweden salmonellenfrei und damit sehr gefragt. Maschinen dürfen mit 4 m Arbeitsbreite auf den Straßen gefahren werden, und Schweden ist Vorreiter beim Verzicht auf Antibiotika. Insbesondere auf deren flächendeckenden Einsatz wird hier verzichtet.

Am darauffolgenden Morgen ging es zunächst zur Burg Vadstena, die auf eigene Faust erkundet werden konnte. Danach fuhren wir rund 3,5 Stunden weiter auf den Betrieb des schwedischen Bauernverbandspräsidenten Palle Borgström. Dort fand ein intensiver Austausch zu aktuellen Themen der Landwirtschaft statt. Auch hier wurden uns Unterschiede zur Landwirtschaft in Deutschland erklärt. Zum Beispiel gibt es in Schweden kein duales Ausbildungssystem, wie man es bei uns kennt, sondern es wird ein Themenbereich studiert, danach steigt man ins Unternehmen ein. Des Weiteren besitzt eigentlich jeder Landwirt in Schweden auch einige Hektar Wald.

Man merkte, dass das Land in einigen Punkten, etwa beim erwähnten Einsatz von Antibiotika, dem CO2-Fußabdruck oder den Haltungsstufen, durchaus Vorreiter ist. Hier kann die deutsche Landwirtschaft in vielen Dingen von den Schweden lernen. Ein besonders wichtiger Punkt ist zudem, dass die schwedischen Verbraucher viel Wert auf regionale Produkte legen und gern mehr Geld dafür ausgeben.

Am Sonnabend blieb noch etwas Zeit übrig, um sich in Göteborg und Umgebung umzuschauen, bevor es am späten Nachmittag wieder auf die Fähre ging.

Gruppenbild am Fähranleger in Schweden vor der Heimfahrt.