Andreas Zahn aus Groß Grönau im Kreis Herzogtum Lauenburg baut Mini-Strandkörbe als Nistkästen für Vögel. So bietet der Naturliebhaber Meise, Sperling und Co. samt ihrem Nachwuchs ein sicheres Zuhause auf Zeit.
Welches Hobby er hat, weiß man sofort, wenn man das Grundstück von Andreas Zahn und seiner Ehefrau Christiane betritt. Hier hängen zuhauf liebevoll gestaltete Nistkästen im Mini-Strandkorb-Format. Sie warten auf den Einzug gefiederter Gäste. Ab März, wenn die Brutzeit beginnt, werden die zwitschernden Piepmätze wieder den Garten bevölkern und ein fröhliches Vogelkonzert anstimmen.
Foto: Silke Bromm-Krieger
Bis dahin stehen für den Banker im Ruhestand arbeitsreiche Stunden auf dem Plan, denn auch Menschen, ob Einheimische, Urlauber oder Touristen, finden an seinen Nistkästen Gefallen. Sie warten auf Nachschub aus der Hobbywerkstatt. „Immer wenn das Wetter im Herbst schlechter wird und es draußen nichts mehr zu tun gibt, fühle ich mich im Keller am wohlsten“, verrät der 66-Jährige schmunzelnd. Dort hat er bestens ausgestattete Räumlichkeiten, um seiner handwerklichen Leidenschaft nach Herzenslust zu frönen.
Durch Zufall kam er 2015 auf die Idee mit den Mini-Strandkörben. Angeregt durch den Mann einer Kollegin, der Bastler von Nistkästen war, wollte er auch etwas Eigenes kreieren. „Auf den Strandkorb kam ich, weil er für mich mit durchweg positiven Gefühlen besetzt ist, an Sonnenbäder, Meeresrauschen und schöne Strandnachmittage erinnert, außerdem gut in unsere Region passt“, blickt er zurück. Gleichzeitig einen Beitrag zum Naturschutz zu leisten, mit seinen Nistkästen die knapper werdende Zahl der natürlichen Brutplätze zu erhöhen, war ein willkommener Nebeneffekt.
Prototyp mit Hürden
Zunächst startete er damit, einen Prototyp zu entwickeln. Dabei sah er sich vor einige Hürden gestellt. Er wusste beispielsweise nicht, wo er das benötigte Material für seine Kreationen herbekommen sollte. „Anfangs gestaltete ich das Flechtwerk aus selbst klebenden Teppichleisten, den Holzrahmen ließ ich unbehandelt, Markise und Sitzstange fehlten. Alles sah noch grob aus“, erzählt er.
Foto: Silke Bromm-Krieger
Um zu demonstrieren, was er damit meint, läuft er flink in den Keller, um seinen Prototyp und weitere Fortentwicklungen zu holen. „Sehen Sie, zuerst habe ich das Flechtwerk von oben nach unten angebracht, aber ein Strandkorbvermieter erklärte mir, dass die Flechtung beim Strandkorb quer verlaufen müsse.“ Gesagt, getan. Ein weiteres Detail, über das er sich zuerst keine Gedanken gemacht hatte, ergänzte er ebenfalls. „Ich vergaß, die innere Vorderseite des Nistkastens mit einer Raspel etwas aufzurauen, damit die Vogelküken, wenn sie flügge werden, aus dem Nest nach oben zum Einflugloch klettern können.“
Zahn, der früher an seinem Arbeitsplatz im Qualitätsmanagement für kontinuierliche Verbesserungsprozesse zuständig war, fuchste sich in die Entwicklung seines Nistkastens immer mehr hinein, perfektionierte, optimierte, tauschte sich mit anderen darüber aus, wie er es früher schon in seinem Beruf erfolgreich getan hatte. Durch viele kleine, schrittweise Optimierungen verbesserte er nach und nach sein Produkt sowie die damit verbundenen Arbeitsabläufe. Und siehe da, erste Anfragen nach den schmucken, wohldurchdachten Nistkästen stellten sich bald durch Mundpropaganda aus dem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis ein. Dort war man begeistert von den hübschen Mini-Strandkörben, verschenkte sie zum Geburtstag, zu Weihnachten, Jubiläen oder anderen Anlässen. Zu den Nistkästen gesellten sich 2018 Futterhäuser als Doppelsitzer. Durch die Idee eines Bekannten kamen Fan-Nistkästen in Vereinsfarben hinzu, etwa für HSV-Fans in Blau-Weiß. Seine Mini-Strandkorb-Nistkästen und -Futterhäuser meldete der gebürtige Lübecker schließlich beim Deutschen Patent- und Markenamt an. Sie sind jetzt patentrechtlich geschützt.
Foto: Silke Bromm-Krieger
Boom durch „Nordtour“
Als der NDR im April 2022 auf ihn aufmerksam wurde, und ihn für die Sendereihe „Nordtour“ besuchte, erhielt der Hobbyhandwerker nach der Ausstrahlung des vierminütigen Films so viele Zuschaueranfragen, dass er mit der Produktion nur schwer hinterherkam. Inzwischen war er Ende 2020 in den Ruhestand gegangen. Statt zur Bank ging es nun täglich für bis zu 14 Stunden an die Werkbank, um die zahlreichen Aufträge zu erledigen. Tatkräftig wurde er dabei von seiner Christiane und Helfern unterstützt. „Wir verschickten die Nistkästen deutschlandweit, in die Schweiz und nach Österreich. Deutsche Auswanderer, die zu Besuch in der Heimat waren, nahmen sie sogar als Gastgeschenke bis nach Schweden und Amerika mit“, freut sich das Ehepaar.
Foto: Silke Bromm-Krieger
Momentan ist es für Zahn in seiner Werkstatt wieder ruhiger geworden, die Normalität ist zurückgekehrt. In den dunklen Wintermonaten geht er meist tagsüber für zwei bis sieben Stunden in den Keller. Während er werkelt, hört er gern Hörbücher mit historischen Romanen und Krimis. „Mein Hobby ist mir Spaß, Entspannung und Freude zugleich. Mit Begeisterung und Motivation bin ich nach wie vor dabei“, betont der zweifache Vater und Großvater, strahlt über das ganze Gesicht und lädt ein, einen Blick in seine Wirkungsstätte zu werfen.
Beim Gang ins Kellergeschoss steigt einem schon der würzige Duft von Holz in die Nase. Gleich unten im Flur stapeln sich auf einem Regal fein säuberlich sortiert die acht vorkonfektionierten Holzteile, aus denen ein Mini-Strandkorb entsteht. Das Flechtmaterial von 78 Geflechtstreifen und Staken pro Korb liegt jeweils schon fertig abgemessen und mit einem Gummi zusammengebunden in der Schublade. „Die Teile schneiden meine Frau und ich nebenbei zu, wenn wir uns abends einen Film im Fernsehen anschauen“, bemerkt er. Das Material dafür lagert er praktischerweise griffbereit nur wenige Schritte vom Wohnzimmer entfernt im Wintergarten. Das Flechtmaterial, das er verwendet, ist mittlerweile dasselbe sehr haltbare und langlebige Material, das auch für die großen Strandkörbe genutzt wird, ebenso wie das Markisenmaterial.
Aufwendige Handarbeit
Aber nun will er endlich das Zusammenbauen der Teile zeigen. Rund vier bis fünf Stunden dauert es, bis er einen Nistkasten in feinster Handarbeit fertiggestellt hat. „Die Minis sind zirka 32 Zentimeter hoch und 20 Zentimeter breit. Eine lösungsmittelfreie Lasur schützt das Holz vor vorzeitiger Verwitterung. Meine Nistkästen entsprechen auch den Vorgaben der Naturschutzverbände“, informiert er, während er die vorkonfektionierten Teile routiniert mit kleinen Schrauben zusammenfügt. Er greift auf ein Bord neben sich und zeigt vorgeschnittene dicke Kunststofffolien, die später direkt auf den Holzkasten unter das Geflecht kommen, um ihn von oben wasserdicht zu machen und vor Feuchtigkeit zu schützen.
Foto: Silke Bromm-Krieger
Übrigens: Je nachdem, welchen Durchmesser er für das Einflugloch des Nistkastens wählt, wird dieser von unterschiedlichen Vogelarten genutzt. „Standardmäßig baue ich ihn mit einem Einflugloch von 28 Millimetern für Blau-, Hauben-, Sumpf- und Tannenmeise. Auf Wunsch vergrößere ich auf 32 Millimeter für Kohlmeise und Kleiber oder 35 Millimeter für den Feld- und Haussperling“, erklärt Zahn. Es folgen Tipps, wie man das gute Stück richtig anbringt: „In einer Höhe von zwei bis drei Metern, dann kommen Hauskatzen und Marder nicht so schnell heran. Laut Empfehlungen des Naturschutzbundes sollte das Einflugloch weder zur Wetterseite im Westen zeigen noch der Kasten längere Zeit der prallen Sonne im Süden ausgesetzt sein. Eine Ausrichtung nach Osten oder Südosten ist deshalb ideal.“ Als Standorte kämen Flächen an Hauswänden, Balkonen, Schuppen und Gartenhäuschen infrage. Zur Befestigung an Bäumen oder Ästen liefere er ein Drahtseil mit. „Meine Futterhäuser sollten so angebracht oder aufgestellt werden, dass man sie mühelos nachfüllen und reinigen kann. Hier bietet sich die Montage auf einen Holzpfahl an. Für diesen habe ich extra ein Befestigungselement entwickelt“, ergänzt der Tüftler. Wenn man Andreas Zahn so zufrieden an seiner Werkbank stehen sieht, sprudelnd vor Energie, ein Lächeln auf den Lippen, spürt man, dass er mit seinen Mini-Strandkörben nicht nur ein Hobby, sondern eine Passion gefunden hat.
Weitere Infos unter strandkorb-brueterei.de




