Wenn die Sauen im Abferkelstall viel Futter aufnehmen, verhindert das ein starkes Absäugen und erhöht das Absetzgewicht der Ferkel. Aber fressen die Sauen verschiedener Rassen gleich viel? Prof. Steffen Hoy, Universität Gießen, beantwortet diese Frage.
In manchen Betrieben fressen die Sauen während der Säugezeit zu wenig Futter und verlieren dann an Gewicht. Säugende Sauen mit dem stärksten Gewichtsverlust können eine höhere Umrauscherrate sowie im Folgewurf weniger Ferkel und geringere Geburtsgewichte haben. Im Sommer verschärft sich die Situation, weil die Sauen bei hohen Temperaturen nicht genügend Futter aufnehmen. Die Zuchtunternehmen bieten Fütterungsempfehlungen für ihre Sauen an. Es gibt jedoch keine Vergleiche verschiedener Rassen im selben Betrieb. Mit unseren Untersuchungen wollten wir folgende Fragen beantworten: Wie stark ist die Futteraufnahme von säugenden Sauen im Sommer vermindert, welchen Einfluss hat die Wurfnummer und vor allem: Gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Rassen?
Untersuchungen auf dem Oberen Hardthof
Die Sauenzuchtanlage der Universität Gießen (Oberer Hardthof – OH) ist mit einer Spotmix-Fütterungsanlage ausgestattet. Damit kann die tägliche Futtermenge für jede Sau im Abferkelstall dosiert und aufgezeichnet werden. Wir ermittelten den Futterverbrauch vom ersten bis zum 26. Säugetag (Absetzen) bei über 1.900 Würfen (Säugezeiten). Viele Sauen wurden über mehrere Würfe hinweg im Zeitraum 2015 bis 2023 verfolgt. Die Sauen waren überwiegend reinrassige Landrasse- (L) oder Edelschwein-Tiere (E) oder Kreuzungen aus beiden. Sie repräsentieren moderne Hybridsauen (L x E, E x L). Reinrassige Piétrain- (Pi) und Duroc-Sauen (Du) waren in geringerer Anzahl ebenfalls vorhanden.
Neben der täglichen Futtermenge erfassten wir von den Sauen Säugetag und -woche, Wurfnummer, Jahreszeit der Abferkelung, Gewicht am dritten Tag nach der Abferkelung und beim Absetzen sowie mittlere Außentemperatur während der jeweiligen Säugezeit (Letzteres nur bei einem Teil der Säugezeiten).
Futteraufnahme wird genau protokolliert
Das Futter für die säugenden Sauen wurde nach den Empfehlungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft e. V. (DLG) gemischt. In der Spotmix-Anlage ist eine Futterkurve vorhanden. Diese kann jeden Tag durch Zu- oder Abschläge für jede Sau korrigiert werden. Über den Trogsensor wird der Füllstand kontrolliert. Sind Futterreste vorhanden, wird die nachfolgende Futterportion reduziert. Bei Leerstand wird die nächste Rationsmenge etwas erhöht. Mit der Spotmix-Anlage lässt sich demzufolge nahe am tatsächlichen Bedarf der Sauen füttern.
Nach Inbetriebnahme der Sauenanlage hatten wir diese automatische Dosierung mit der Fütterung nach täglichen Trogbonituren durch das Stallpersonal verglichen. In allen vier Säugewochen wurde mit Sensor eine größere Futtermenge als im „Handbetrieb“ ausdosiert. Seither wird standardmäßig der Sensor zur Dosierung eingesetzt. In unserer Auswertung erfassten wir täglich von 1.941 Würfen den tatsächlichen Verbrauch an Futter, bildeten Wochenmittel und berechneten die mittlere Futteraufnahme pro Säugetag und Säugezeit. Die Sauen wurden dreimal täglich gefüttert.
Bei hoher Temperatur fressen Sauen weniger
Zum Nachweis wurden die Sauen nach ihrer Säugeperiode wie folgt den Jahreszeiten zugeordnet: Winter (Dezember bis Februar), Frühling (März bis Mai), Sommer (Juni bis August) und Herbst (September bis November). Die mittlere Außentemperatur für die jeweilige Säugezeit (in Summe 1.015 Laktationen) betrug 2,9, 11,5, 18,7 und 8,9 °C (Tabelle 1).
Im Herbst und Winter betrug die mittlere tägliche Futteraufnahme 5,99 beziehungsweise 6,09 kg. Bei hoher Außentemperatur im Sommer ging die Futteraufnahme um fast 1 kg auf 5,25 kg signifikant zurück. Im Frühjahr verzehrten die Sauen an jedem Säugetag durchschnittlich 5,86 kg (Tabelle 1).
Der Unterschied in der Futteraufnahme ist durch die Wärmebildung zu erklären. Je mehr Futter gefressen wird, desto mehr wird auch Wärme produziert. Diese Wärme muss an die Umgebung abgegeben werden, damit es nicht zu einer Kreislaufbelastung der Sauen kommt. Je wärmer es ist, desto schwieriger wird es, diese Wärme an Luft, Fußboden und Wände abzuleiten. Daher vermindern die Sauen bei höherer Temperatur die Futteraufnahme.
In der Zusammenfassung aller Sauen (L, E, Pi, Du, L x E und E x L) nahmen Jungsauen (ausgewertet 560 Säugezeiten) zwischen dem ersten und dem 26. Säugetag durchschnittlich 5,40 kg Futter auf. Altsauen (n = 1.381 Säugezeiten) fraßen täglich im Mittel der Laktation 5,79 kg. Nur in der ersten Säugewoche gab es keinen Unterschied zwischen Jung- und Altsauen. Bereits ab der zweiten Säugewoche fraßen die Altsauen signifikant mehr Futter pro Tag als die Erstlaktierenden. In der dritten Woche betrug die Differenz etwa 0,5 kg zugunsten der Altsauen, und in der letzten Laktationswoche nahmen diese jeden Tag über 1 kg mehr als die Jungsauen auf (Tabelle 2).
Neben dem Einfluss von Jahreszeit/Temperatur muss demzufolge bei der Futteraufnahme der Sauen im Abferkelstall auch deren Alter berücksichtigt werden.
Im Mittel der Säugezeit (erster bis 26. Säugetag) traten unter Beachtung von Jahreszeit und Alter zwischen den Sauen der „weißen Rassen“ Landrasse (5,86 kg) und Edelschwein (5,77 kg) und ihren Hybriden L x E beziehungsweise E x L (5,87 kg) kaum Unterschiede im täglichen Futterverzehr auf.
Demgegenüber fraßen die Sauen der „bunten Rassen“ deutlich weniger: Piétrain-Sauen 5,16 kg (p < 0,05) und Duroc-Sauen 5,54 kg (Abbildung 1). Das Gewicht der Sauen am dritten Tag nach der Abferkelung als möglicher Einflussfaktor unterschied sich bei den „weißen Rassen“ und Duroc nicht (242 bis 248 kg im Mittel). Die Piétrain-Sauen waren zu diesem Zeitpunkt durchschnittlich 225 kg schwer und damit signifikant leichter.
Futterkurve bei „weißen“ und „bunten Rassen“
„Weiße“ Sauen fraßen am ersten Tag nach der Geburt der Ferkel im Mittel 1,70 kg. Bis zum zehnten Säugetag gab es keine Unterschiede in der täglichen Futteraufnahme zwischen den „weißen Rassen“ beziehungsweise Hybriden (L, E, L x E, E x L) und den beiden „bunten Rassen“ Piétrain und Duroc. Die Futteraufnahmekurve verlief darüber hinaus bis zum 15. Laktationstag ohne Differenz zwischen den Landrasse- und Edelschwein-Sauen sowie ihren Kreuzungen auf der einen und den Duroc-Sauen auf der anderen Seite (Abbildung 2). Nach diesem Zeitpunkt fraßen die L- und E-Sauen und ihre Kreuzungen deutlich mehr pro Tag als die Pi- und Du-Sauen.
Am Ende der dritten Säugewoche war der Vorteil der „weißen Sauen“ auf etwa 1 kg je Tag gegenüber den Duroc- und 1,7 kg im Vergleich zu den Pi-Sauen angewachsen. Am 26. Laktationstag fraßen die „weißen Sauen“ täglich durchschnittlich 1,5 kg mehr (8,67 kg) als die „bunten Sauen“. Mit durchschnittlich über 8 kg Futter je Tag in der letzten Säugewoche ist es somit möglich, durch das dreimal tägliche Füttern eine größere Futtermenge in die Sauen „hineinzubekommen“ als in vielen Betrieben bei zweimaliger Fütterung pro Tag. Grundsätzlich können die festgestellten Futterkurven als Orientierung für die praktische Fütterung in den meisten Sauenzucht- beziehungsweise Ferkelerzeugerbetrieben dienen.
Edelschwein und Kreuzungen fressen mehr
Kumulativ nahmen die Landrasse- und Edelschwein-Sauen und ihre Kreuzungen 157,5 kg Laktationsfutter in der durchschnittlich 26-tägigen Säugezeit auf. Damit war die Futteraufnahme insgesamt um 17,5 kg höher als bei den Piétrain-Sauen und um fast 10 kg höher als bei den reinrassigen Duroc-Sauen.
Die DLG e. V. hat bereits vor einigen Jahren Versorgungsempfehlungen zur Fütterung säugender Sauen erarbeitet. Bei einer Wurfgröße von elf bis zwölf abgesetzten Ferkeln und einem Wurfzuwachs von 2,5 kg pro Tag soll danach die tägliche Energieversorgung im Mittel der Säugezeit 81 MJ ME bei Jungsauen und 85 MJ ME bei Altsauen betragen (Tabelle 3). Bei einem Säugefutter mit 12,5 MJ ME/kg (wie auf dem OH eingesetzt) müssten Altsauen pro Tag demnach 6,8 kg Futter aufnehmen (gerechnet vom Abferkeltag bis zum 26. Säugetag). Auf dem Oberen Hardthof ist die mittlere Futteraufnahme mit 5,7 kg pro Säugetag etwas geringer als empfohlen.
Geringere Futteraufnahme ist tolerierbar
Der Gewichtsverlust der Sauen während der Säugezeit liegt im normalen Bereich (7,3 kg netto = Differenz zwischen dem Gewicht drei Tage nach der Abferkelung und dem Gewicht beim Absetzen der Ferkel; das entspricht etwa 38 kg brutto = Gewicht bei der Einstallung in den Abferkelstall minus Gewicht beim Absetzen). Es wurden 11,7 Ferkel im Durchschnitt der letzten zehn Jahre abgesetzt und die Trächtigkeitsrate liegt mit über 90 % auf einem sehr hohen Niveau. Nachteile der etwas geringeren Futteraufnahme als empfohlen können demzufolge nicht erkannt werden – zumal mit dem Fütterungssystem nahe am tatsächlichen Bedarf der Sauen gefüttert wird.
Fazit
• Die tägliche Futteraufnahme der Sauen steigt während der Säugezeit langsam an – in der ersten Säugewoche ohne Unterschied zwischen Jung- und Altsauen, zwischen den Jahreszeiten und den Rassen/Kreuzungen – und erreicht am Ende der vierten Säugewoche im Mittel etwa 8,6 kg.
• Im Mittel der vierwöchigen Säugezeit nehmen die Sauen der „weißen“ Rassen (L, E) und ihrer Kreuzungen deutlich mehr Futter pro Tag (+0,3 bis +0,6 kg) auf als die Sauen der „bunten“ Rassen.
• Bis zum zehnten Säugetag gibt es keine Unterschiede in der täglichen Futteraufnahme zwischen „weißen“ und „bunten“ Sauen. Die rassespezifischen Futteraufnahmekurven nach Abbildung 2 können als Empfehlung für die Fütterung der säugenden Sauen in den Praxisbetrieben verwendet werden.