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Darum brauchen wir Nutztiere

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Nutztiere verursachen neuesten Schätzungen der FAO zufolge 14 % aller vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen. In Deutschland ist der Beitrag der Nutztiere zwar nur halb so groß, aber das liegt auch daran, dass die anderen Sektoren (zum Beispiel Verkehr, Industrie) mehr emittieren als im globalen Durchschnitt. Es besteht also kein Zweifel, dass die Tierhaltung einen Beitrag zur Reduzierung der Emissionen leisten muss. Gleichzeitig wächst der weltweite Bedarf an Lebensmitteln derart stark, dass die Tierhaltung noch deutlich mehr produzieren muss, selbst wenn alternative Nahrungsquellen massiv ausgebaut werden.

Hinzu kommt die Verknappung der landwirtschaftlichen Nutzfläche aufgrund des globalen Bevölkerungswachstums bei gleichzeitigem Verlust durch Versiegelung, Erosion und Desertifikation. Letzteres wird vom Klimawandel sogar noch beschleunigt. Die Kombination aus Klimawandel und Verknappung von Nutzflächen bedroht die Ernährungssicherheit der Menschheit und könnte weltweite Migrationsbewegungen von ungeahntem Ausmaß auslösen. Auch Deutschland ist von der Verknappung an Nutzflächen indirekt betroffen, denn unser Konsum an Lebens- und Futtermitteln verbraucht weit mehr Nutzflächen, als wir in Deutschland überhaupt besitzen (zirka zwei Drittel).

Die Veredelungswirtschaft gerät unter Druck

Trotz der bedrohlichen Verknappung von Nutzflächen werden derzeit etwa 40 % der globalen Ackerflächen zum gezielten Anbau von Futtermitteln verwendet. Dies hat seine Wurzeln in den großen Erfolgen der Landwirtschaft seit Mitte des vorigen Jahrhunderts. Damals hatten Mechanisierung, Düngung, Pflanzenschutz, Pflanzenzüchtung und so weiter die Pflanzenproduktion derart gesteigert, dass zum Beispiel Getreide praktisch unbegrenzt zur Verfütterung an Nutztiere bereitstand. Daraus entwickelte sich die Veredelungswirtschaft, in der qualitativ hochwertige pflanzliche Ernteprodukte in noch hochwertigere Lebensmittel tierischer Herkunft transformiert werden.

Die Veredelungswirtschaft gerät jedoch zunehmend unter Druck. Die wachsende Weltbevölkerung beansprucht die auf der limitierten Ackerfläche erzeugten Ernteprodukte zunehmend für den eigenen Konsum. Darüber hinaus scheint der Fortschritt der Pflanzenproduktion zum Stillstand gekommen zu sein, nicht zuletzt auch wegen des Klimawandels. Insgesamt wird die wachsende Limitierung der Ressourcen (vor allem der Nutzfläche) die Nutztierhaltung von der Veredelungswirtschaft zunehmend in Richtung Kreislaufwirtschaft zwingen.

Die Verknappung der Ressourcen

Unsere Ernährung beruht so gut wie vollständig auf der Biomasse von Pflanzen aus Landwirtschaft und Gartenbau. Allerdings kann man diese Biomasse nur in Form intakter Pflanzen(teile) ernten und muss die eigentliche pflanzliche Nahrung daraus erst noch mühevoll extrahieren. Dieser Prozess beginnt bereits auf dem Acker (zum Beispiel durch Mähdrescher) und setzt sich mit der Verarbeitung der Ernte in der Lebensmittelindustrie fort (zum Beispiel in der Mühle). So landet etwa nur ein Drittel der Biomasse aus dem Anbau von Brotweizen tatsächlich im Brot, während der überwiegende Teil als nichtessbare Biomasse zurückbleibt (Stroh, Kleie). Jede Form von Nahrungsproduktion hinterlässt unvermeidlich große Mengen an Biomasse, die schlichtweg für Menschen nicht essbar ist.

Die nichtessbare Biomasse können wir an Nutztiere verfüttern, die daraus wiederum essbare Biomasse erzeugen (Fleisch, Milch, Eier). Nutztiere erweitern somit den Gesamtertrag an Nahrung aus der ursprünglich vorhandenen pflanzlichen Biomasse. Dies ist die fundamentale Rolle der Nutztiere in unserem Ernährungssystem. Wir könnten die nichtessbare Biomasse aber auch energetisch nutzen (durch Verbrennung, Biogaserzeugung). Dies ist jedoch ineffizient, denn der Brennwert der geernteten pflanzlichen Biomasse speichert allenfalls bis zu 3 % der auf die Fläche eingestrahlten Sonnenenergie.

Die Verknappung der landwirtschaftlichen Nutzfläche wird dazu führen, dass auch die pflanzliche Biomasse immer knapper werden wird. Ihre Bedeutung als Nahrungsquelle für den Menschen wird steigen, und wir werden uns bei ihrer Verwertung immer stärker an der Nutzungskaskade Teller > Trog > Tank orientieren müssen. Das primäre Ziel ist die direkte Gewinnung von pflanzlicher Nahrung für den Menschen (Teller). Die dabei unvermeidlich anfallende nichtessbare Biomasse wird an Nutztiere zur Gewinnung weiterer Lebensmittel verfüttert (Trog). Am Ende steht die Energiegewinnung (Tank) aus Biomasse, die zur Erzeugung von Nahrung nicht (mehr) geeignet ist.

Die Veredelungswirtschaft steht politisch unter Druck, aber der Fleischkonsum weltweit ist ungebrochen.

Nichtessbare Biomasse – reichlich vorhanden

Bereits bei der Ernte auf dem Acker fallen große Mengen an nichtessbarer Biomasse an. Diese Koppelprodukte (zum Beispiel Stroh) machen meist mehr Masse aus als die Ernteprodukte selbst. Bei der Weiterverarbeitung der Ernteprodukte zu den finalen Lebensmitteln fallen nochmals große Mengen an Nebenprodukten an (zum Beispiel Kleie, Extraktionsschrote). Sie machen etwa ein Drittel der verarbeiteten Erntegüter aus und sind eine wichtige Quelle an hochwertigen Futtermitteln für Nutztiere.

Hinzu kommt die Biomasse aus der Gründüngung, insbesondere im biologischen Landbau. Dauergrünland ist eine weitere wichtige Quelle an nichtessbarer Biomasse. In Deutschland bestehen etwa 30 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus Dauergrünland, weltweit sind es etwa 70 %. Der größte Anteil des Dauergrünlands ist aus topografischen und klimatischen Gründen nicht ackerfähig und konkurriert somit nicht mit der Erzeugung pflanzlicher Lebensmittel.

Insgesamt hinterlässt 1 kg pflanzlicher Lebensmittel mindestens 4 kg nichtessbarer Biomasse. Vegane Lebensmittel sind davon keineswegs ausgenommen. So landet nur etwa ein Sechstel der Biomasse aus dem Anbau von Hafer im Haferdrink. Bei Seitan, dem Eiweißextrakt aus Weizen, der zur Herstellung veganer Wurst- und Fleischimitate verwendet wird, sind es weniger als 10 %. Auch hier gilt: Alle pflanzlichen (veganen) Lebensmittel hinterlassen entlang ihrer Erzeugung vom Acker über die Weiterverarbeitung bis zum finalen Produkt ein Vielfaches ihrer Masse an nichtessbaren Nebenströmen.

Kreislaufwirtschaft mit Nutztieren

Die nichtessbare Biomasse enthält große Mengen an Pflanzennährstoffen, die der Nutzfläche wieder zurückgegeben werden müssen. Das kann über Verrotten auf dem Feld geschehen, über Biogasanlagen und Ausbringung der Gärreste oder Verfütterung an Nutztiere und Rückführung der Wirtschaftsdünger. Der Stoffkreislauf über Verrottung hat jedoch nur eine geringe Düngereffizienz und hinterlässt deshalb auch schwache Ernten, während mit Gärresten oder Wirtschaftsdüngern etwa doppelt so viel geerntet werden kann.

Aber nur über die Verfütterung an Nutztiere bekommt man aus nichtessbarer Biomasse zusätzliche Lebensmittel. Der Gesamtgewinn an Kilokalorien und Nahrungseiweiß aus derselben landwirtschaftlichen Nutzfläche steigt dadurch um mindestens die Hälfte, und zwar ohne Konkurrenz zur pflanzlichen Nahrung.

Methan der Wiederkäuer kann klimaneutral sein

Wiederkäuer können die nichtessbare Biomasse optimal verwerten, emittieren jedoch Methan (CH4). In der Tat ist CH4 ein stärkeres Treibhausgas als CO2, aber es wird in der Atmosphäre rasch abgebaut. Bei konstanter Anzahl an Tieren beziehungsweise konstanter Emissionsrate stehen Freisetzung und Abbau im Gleichgewicht, sodass sich die Temperatur der Atmosphäre nicht ändert.

Demgegenüber reichert sich das langlebige CO2 nach Freisetzung aus fossilen Quellen in der Atmosphäre an und erwärmt diese kumulativ. Das primäre Ziel des Klimaschutzes muss also darin liegen, die Anzahl an Wiederkäuern gemäß der Nutzungskaskade Teller > Trog > Tank konstant zu halten. Unter dieser Bedingung verhält sich das CH4 dieser Tiere praktisch klimaneutral.

Schaden Nutztiere Umwelt und Klima?

Die nichtessbare Biomasse unterliegt dem Stoffkreislauf und setzt den darin gebundenen Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor und so weiter wieder frei, egal ob sie verrottet oder über Biogas beziehungsweise Nutztiere verwertet wird. Der Verzicht auf die Verfütterung der nichtessbaren Biomasse an Nutztiere hat somit keine entlastende Wirkung auf Umwelt und Klima. Der entscheidende Unterschied ist jedoch der Verlust an Lebensmitteln, die von den Nutztieren erzeugt wurden.

Zum Ausgleich müsste deshalb ein intensiverer Pflanzenbau betrieben oder mehr Ackerfläche verbraucht werden. Die Emissionen zur Ernährung einer bestimmten Anzahl an Menschen würden somit wieder ansteigen. Aber auch in der gegenwärtigen Situation mit unserer intensiven Tierproduktion auf der Basis von Nahrungskonkurrenz und Landnutzungsänderung verursachen wir zur Ernährung derselben Anzahl an Menschen mehr Emissionen, als wenn wir die Tierproduktion auf das Kaskadenprinzip Teller > Trog > Tank beschränken würden.

Fazit

Die begrenzt verfügbare Nutzfläche sollte bei möglichst geringer Umwelt- und Klimawirkung möglichst viele Menschen ernähren. Dies gelingt nur in einer Kreislaufwirtschaft, bei der Pflanzenbau und Nutztiere gemäß dem Prinzip Teller > Trog > Tank im Gleichgewicht stehen. Damit geht allerdings auch eine Limitierung von Menge und Qualität des verfügbaren Futters einher und folglich auch eine Drosselung der Gesamtmenge an tierischen Produkten, insbesondere bei Geflügel und Schwein. Bei Wiederkäuern sind dagegen nur relativ geringe Einbußen zu erwarten, denn Grünland steht weiterhin ohne Konkurrenz zum Ackerbau zur Verfügung. Damit gewinnt die Futtereffizienz der nichtessbaren Biomasse stark an Bedeutung. Es kommt in Zukunft darauf an, diese Biomasse durch Pflanzenzüchtung und geeignete Anbau-, Ernte- und Konservierungsverfahren bei möglichst hohem Futterwert zu erschließen und in Tierhaltungssystemen möglichst effizient zu verwerten. Insgesamt geht es um die Balance der Nutztierhaltung innerhalb des Ernährungssystems, in dem die Biomasse als eine regenerierbare Ressource gehandhabt wird, die nicht verschwendet werden darf, weder die essbare noch die nichtessbare. Genau darum brauchen wir die Nutztiere.

Hitze greift den Darm an

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Das Leaky-Gut-Syndrom – eine gesteigerte Durchlässigkeit der Darmwand – kann auftreten, wenn Kühe zur starker Hitze ausgesetzt sind. Wie können die ­Tiere geschützt werden?

Die Gesundheit des Verdauungstraktes spielt eine Schlüsselrolle für das Wohlbefinden von Milchkühen. Wissenschaftler am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf, Mecklenburg-Vorpommern, suchen im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes „Leaky Cow“ nach den Ursachen für eine durchlässige Darmbarriere bei Kühen. Vor vier Jahren wurde erstmals belegt, dass hohe Umgebungstemperaturen einen direkten Einfluss auf die natürliche Darmbarriere von Milchkühen haben können (kurze-links.de/ozi4).

Heikel wird es ab 15 Grad

Eine durch Hitze beschädigte Schutzbarriere gibt den Weg frei für Pathogene und Bakterien, die in tiefere Schichten des Darms eindringen können. Ähnliche Prozesse einer gestörten Darmbarriere gibt es auch beim Menschen (Zöliakie, Morbus Crohn). Allerdings resultiert die gesteigerte Darmdurchlässigkeit bei den Kühen nicht aus einer Autoimmunreaktion, sondern wird durch Hitzestress ausgelöst. Milchkühe sind Umwelteinflüssen aufgrund der (halb-)offenen Haltungssysteme direkt ausgesetzt.

Somit steht man vor großen Herausforderungen, angesichts des Klimawandels die Tiergesundheit und das Wohlbefinden aufrechtzuerhalten. In Abhängigkeit von der Leistung zeigen Milchkühe bereits ab 15 °C erste Anzeichen von Hitzestress. Deutlich lässt sich die Belastung unter Berücksichtigung der Luftfeuchtigkeit mit dem Temperatur-Luftfeuchtigkeits-Index abbilden.

Zur Ableitung der überschüssigen Wärme erweitern sich die Blutgefäße der Haut. Zusätzlich kann durch Hecheln und Schwitzen Wärme abgeführt werden. Wirken diese Anpassungsmechanismen nicht mehr, steigt die Körpertemperatur, und die Tiere geraten in Hitzestress. Sie reagieren mit einem Rückgang der Futteraufnahme und Milchleitung. Darüber hinaus zeigen sie ein verändertes Verhalten mit verkürzten Liegezeiten und geringerer Wiederkauaktivität.

Die Immunantwort

Noch nicht ausreichend ergründet sind die Auswirkungen auf die Darmgesundheit. Um die Wärme von der Körperoberfläche abzuleiten, verringern sich die Durchblutung und somit die Sauerstoffversorgung des Darms. Die Darmwand wird so für die im Darm angesiedelten Mikroorganismen durchlässiger, sodass Entzündungsreaktionen im Darm und in den angrenzenden Lymphknoten auftreten können. Zudem treten bakterielle Toxine aus dem Darm in die Blutzirkulation über und lösen Entzündungsreaktionen im Körper aus. Dann beansprucht das Immunsystem einen Großteil der Energie, um gegen die Ursachen des Leaky-Gut-Syndroms anzukämpfen.

Am FBN untersucht ein Team um Dr. Franziska Koch die Auswirkungen des Leaky-Gut-Syndroms näher, um fütterungs- und haltungsbezogene Lösungen zur Linderung der Entzündungen bei Hitze zu entwickeln. Um den Einfluss von kurzzeitigem und lang anhaltendem Hitzestress auf die Immunabwehr, die Durchlässigkeit des Darms und die Besiedlung der Darmschleimhaut zu untersuchen, wurden Milchkühe verschiedenen Umgebungstemperaturen ausgesetzt. Während sich bei der Kontrollgruppe in einer Umgebung von 15 °C Wohlbefinden zeigte, wurde eine andere Gruppe im Klimaraum Temperaturen von 28 °C ausgesetzt.

Es konnte gezeigt werden, dass hitzegestresste Tiere keine Fettreserven nutzen, um den Energiemangel auszugleichen. Stattdessen bauen Kühe unter Hitzestress körpereigene Proteine zur Energiegewinnung ab. Das sorgt dafür, dass weniger Wärme erzeugt wird. Mithilfe einer Thermokamera konnte in Zusammenarbeit mit der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern zudem nachgewiesen werden, dass das Euter besonders viel Wärme abgibt. Gleichzeitig nimmt das Risiko für Euterentzündungen zu.

Management bei Hitzestress

Mit dem Abschluss des Forschungsprojektes „Leaky Cow“ wird deutlich, wie wichtig das Stallklima für die Tiergesundheit ist. Für ein erfolgreiches Hitzestressmanagement sollte beispielsweise die Wasserversorgung in den Ställen und Weideflächen überprüft werden. Hitzegestresste Milchkühe benötigen täglich 120 bis 180 l statt 60 bis 90 l Wasser. Es sollte möglichst kalt und stets verfügbar sein.

Einfache Schatten spendende Dächer und Bäume auf der Weide bieten Schutz vor Überhitzung während der heißen Mittagszeit. Im Stall kann der zusätzliche Einbau von Ventilatoren oder Wassersprinkleranlagen – in Florida, Israel oder Italien üblich – helfen, die Tiere abzukühlen und das Tierwohl zu steigern. Auch in der Rationsgestaltung der Milchkühe gibt es Potenzial, die fermentative Wärmeproduktion in der Verdauung über beispielsweise einen geringeren Faseranteil zu senken.

Fazit

Der Hitzestress beeinträchtigt das Tierwohl erheblich. Es ist deshalb wichtig, die grundlegenden Mechanismen unter Hitzestress zu verstehen, um praxistaugliche Lösungsansätze für die Nutztierhaltung zu entwickeln. So stellt eine Abkühlung mit der knappen Ressource Wasser nicht überall eine Alternative dar, während der Einbau von Ventilatoren in den Stallanlagen eine sinnvolle Investition ist.

Über den eigenen Tellerrand schauen

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Teil der Tagung des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) in Schwarzenborn in Hessen, über die bereits berichtet worden ist (Ausgabe 33), sind auch Exkursionen. Auf einem Parcours im Wald stellten neutrale Experten von Forstbetrieben aus ganz Deutschland an über 30 Punkten unter Praxisbedingungen ihre neuen Entwicklungen und Ansätze sowie bewährte Methoden von überregional bedeutsamen Arbeitsverfahren im Wald vor.

Auf einer typischen Kalamitätsfläche, wo keine oder kaum ausreichend gewünschte Naturverjüngung aufkommt, wurden die Möglichkeiten und Grenzen von Saatverfahren auf Basis von Kleinraupen gezeigt. Waldsaaten wurden in der Geschichte immer wieder praktiziert, vergessen, erneut entdeckt, jedoch kaum dokumentiert.

Es scheint bis auf wenige Ausnahmen die Saat mit Pferden die einzige Konstante zu sein. Dabei wird in einem Säspalt das Saatgut abgelegt und dieser anschließend wieder verschlossen. Das Verfahren erfordert ausreichend Säkapazitäten mit Pferden und sehr sauber vorgeräumte Flächen. Weil aber Kapazitäten immer wieder knapp sind, hat der Landesbetrieb Forst Brandenburg ein Verfahren auf Basis motorgetriebener Technik entwickelt. Ähnlich wie beim Pferd wird die Saat mit der Kleinraupe in nur einer Überfahrung ausgeführt. Der Einsatz funkgesteuerter Kleinraupen hat jedoch den Vorteil, dass neben der klassischen Variante der Ablage des Saatgutes in einem Säspalt auch in ein gefrästes Saatbett abgelegt werden kann.

Dabei kommt die Fräs-Sämaschine auch mit begrenzten Reisigauflagen zurecht. Weil die gefrästen Streifen gegenüber gepflügten Varianten einen Vorteil im Wasserhaltevermögen haben, eignet sich die Fräse auch für die Kombination mit Pflanzaggregaten für Containerpflanzen, wie auf der Exkursion demonstriert wurde.

Heckenschere statt Freischneider

Die Wiederbewaldung und in deren Folge die notwendigen Pflegearbeiten in Forstkulturen sind für die Waldbesitzer eine große Herausforderung, denn zur Sicherung der Investition ist die häufige Pflege in den ersten Jahren meist alternativlos. Während die bisher in der Kulturpflege eingesetzten Handgeräte oft ergonomisch ungünstig sind und unter schwierigen Arbeitsverhältnissen zu reduzierten Leistungen führen, gibt es mit dem häufig eingesetzten Freischneider ein anderes Problem: Durch die weite Entfernung vom Körper zum Boden können die zu pflegenden Pflanzen oft im Farn- oder Brombeerdickicht nicht gut erkannt werden, sodass sie häufig aus Versehen unters Messer kommen.

Heckenschere statt Freischneider

Die Alternative: Mit der Niedersächsischen Kulturpflegetechnik (NKT) wird eine handelsübliche akkubetriebene Heckenschere mit einem extra konstruierten Aufnahmebügel kombiniert. Durch die Befestigung an einem rückentragbaren Geräteträger wird so eine hohe ergonomische Entlastung erreicht.

Asten mit der Akkuschere und der Distelleiter II

Douglasien asten mit der Akkuschere

Eine wichtige Mischbaumart in vielen Wäldern ist die Douglasie, gerade mit Blick auf die zukünftigen Entwicklungen durch den Klimawandel auf wasser- und nähr­stoffärmeren Standorten. Vor allem nach Kalamitäten und besonders nach dem Sturm Kyrill wurden großflächige Douglasien-Mischbestände begründet. Diese wachsen nun zu großen Teilen in das Astungsalter ein.

Die in der Vergangenheit angewandten Arbeitsverfahren waren vor allem die Astung mit Handsägen und pneumatischen Scheren in Verbindung mit Steigtannen oder Leitern sowie die Astung mit Stangenzugsägen. Durch das zu erwartende große Arbeitsvolumen hat das Niedersächsische Forstliche Bildungszentrum (NFBz) das Arbeitsverfahren der Wertastung optimiert und setzt dazu die Akkuschere Electrocoup F3020 des französischen Herstellers Infaco ein. Sie verfügt über ein aktives Schnittschutzsystem zur Vermeidung von Verletzungen, das Gerät ist zudem KWF-Profi-zertifiziert. Zusammen mit der Distelleiter II für eine Astungshöhe von bis zu 10 m bildet diese Schere nun die Münchehofer Wertastungstechnik (MWT), mit der sich Wertastungsbestände ergonomisch gut und effizient bearbeiten lassen.

Entrindung von Hand oder per Maschine

Gezeigt wurde im Exkursionsbild, wie das „Rindenschlitzen“ mit herkömmlichen benzin- und akkubetriebenen Motorsägen ausgeführt werden kann.

Oftmals führt kein Weg an der klassischen Handentrindung vorbei, um ein Ausfliegen der Borkenkäfer zu verhindern. In den vergangenen Jahren wurde die Technik grundlegend überarbeitet und an die aktuellen Generationen von Motorsägen angepasst.

Anstelle des Keilriemens erfolgt der Antrieb der Geräte nun mit einer ­Standard-Motorsägenkette, welche lediglich keine Zähne besitzt. Dadurch ist ein schneller Wechsel zwischen Schälgerät und Schneidgarnitur möglich, ohne Modifikationen an der Motorsäge, beispielsweise im Bereich der Kettenölpumpe, durchführen zu müssen. Um die Leistungsfähigkeit der Geräte bei der Borkenkäferbekämpfung noch weiter zu steigern, wurden sogenannte Streifenmesser entwickelt. Sie führen zu einer streifenförmigen Entrindung im Vergleich zur vollständigen Entrindung mit den herkömmlichen Standardmessern. Dadurch steigt die Produktivität in der motormanuellen Entrindung.

Darüber hinaus bietet das Verfahren trotz Bekämpfung des Fichtenborkenkäfers bei Bäumen, die als Totholz belassen werden sollen, ökologische Vorteile, weil der Lebensraum Borke nicht komplett entzogen wird.

Schadholzarena: Augen auf beim Totholz

Seit Jahren steigt in vielen Waldgebieten der Schad- und Totholzanteil, Ursachen sind häufig Hitze und ausgeprägte Dürreperioden. Zudem findet eine bewusste Anreicherung von Totholz aus Naturschutzgründen statt. Dadurch verschärft sich allerdings die Gefahrenlage im Wald für Forstwirte, Forstunternehmer, Jäger und Forstpersonal, auf großer Fläche ist mit herabstürzenden Ästen und Kronenteilen oder umstürzenden Bäumen zu rechnen. Die Fortbewegung im Wald wird schwieriger, und auch die Häufigkeit von durch Totholz blockierten Waldwegen nimmt zu.

Das KWF widmete dem Thema daher einen großen Bereich, die sogenannte Schadholzarena. Sachsenforst präsentiert als Einstieg dazu ein Entscheidungsverfahren zum professionellen und sicheren Umgang mit Totholz bei allen Betriebsarbeiten. Auf Basis einer baumartenspezifischen Risikoeinschätzung und einer nach Schadstufen gegliederten Entscheidungsmatrix werden zum Waldbestand passende organisatorische und technische Maßnahmen abgeleitet. Anschließend wurden konkrete Maßnahmen, Arbeitsverfahren und Technologien vorgestellt.

Konkreter Schutz für die Waldarbeiter wie die Rückenprotektoren von Bast-Ing wurden vorgeführt, aber auch wie heftig die Wirkung eines nur kleinen frei fallenden Stücks Holz aus großer Höhe auf einen Sicherheitshelm ist. Eindrucksvoll auch das Bild, bei dem in einer alten stehenden Buche alles Totholz im Kronenbereich mit roter Farbe markiert wurde, um das Gefährdungspotenzial deutlich aufzuzeigen. Wer dort unter dem Baum arbeitet, begibt sich in eine immense Gefahr, besonders beim Umkeilen, weshalb das Motto lautet „Weg vom Baum“.

Neben der Vollmechanisierung und dem bekannten Verfahren der seilwindenunterstützten Fällung wird dieses Präventionsziel durch den Einsatz sogenannter funkgesteuerter Fällkeile (FFK) möglich. Gezeigt wurden diese und dabei auch die Vor- und Nachteile des Arbeitsmittels, dessen Einsatzgrenzen, der fachgerechte Arbeitsablauf, typische Fehler und ihre Vermeidung und warum der FFK eine Ergänzung und kein Ersatz für die seilwindenunterstütze Fällung ist. Die seilunterstütze Holzernte bietet ein höheres Maß an Sicherheit, als dies andere Arbeitsverfahren bieten können, deshalb hat sich diese Technik nicht nur in geschädigten Beständen etabliert.

Das Forstliche Bildungszentrum Königsbronn hat eine Weiterentwicklung der Königsbronner Anschlagtechnik (KAT) forciert, die die Ergonomie, die Arbeitssicherheit und die Einsatzmöglichkeiten des KAT erweitert. Dies ermöglicht das Ersetzen des bekannten Metallschäkels durch einen Tauwerkschäkel aus Kunstfaser. Das Forstliche Bildungszentrum Königsbronn und die Sicherheitscoaches von ForstBW demonstrierten an einem praktischen Beispiel die Anwendung und die Vorteile des Tauwerkschäkels.

Versickern statt ableiten

Ausgelöst durch klimatische Veränderungen haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass der Wechsel von Dürre und Starkregen zu erheblichen Schäden an Bestandes- und Basiserschließung führen kann. Eine mögliche Anpassung ist die Rückhaltung und gezielte Lenkung von Niederschlagswasser. Lineare Strukturen wie Waldwege und Arbeitsgassen sind daher als Ort der gezielten Lenkung und Rückhaltung optimal. Gezeigt wurden Maßnahmen des Wegebaus sowie der Holzernte zur Vorbeugung von entwässernden Effekten von Erschließungslinien und Förderung von Wasserrückhalt auf der Bestandesfläche sowie in unmittelbarer Nähe zum Waldweg. Dazu werden unter anderem spezielle Versickerungsmulden gebaut, in denen sich das Wasser bei Starkniederschlägen sammeln kann und nur allmählich abläuft oder versickert, statt sich den Weg über den Graben in den nächsten Vorfluter zu suchen.

Mobile jagdliche Infrastruktur

Klettersitze sind mobile jagdliche Infrastruktur, erfordern aber Sportlichkeit.

Ein Exkursionspunkt zog viel Aufmerksamkeit auf sich – und erntete Begeisterung oder Kopfschütteln: Klettersitze sind eine mögliche Ergänzung der jagdlichen Infrastruktur. Diese mobilen Sitze sind schnell umgestellt, erfordern vom Jäger aber im Vergleich zum Drückjagdbock ein bisschen mehr Mut und Sportlichkeit. Der Klettersitz besteht aus zwei Teilen, die jeweils mit einem Stahlkabel um den Baum montiert werden. Durch alternierendes Hoch- und Nachziehen der Teile kann so am Baum aufgestiegen werden. Die mobile Variante ermöglicht einen Einblick vom erhöhten Standort auch in unübersichtlichen Freiflächen sowie einen guten Kugelfang. Der Einsatz erfordert jedoch eine Schulung.

Wahl geeigneter Baumarten

Die Trockenheit der Jahre 2018 bis 2020 und ihre verheerenden Auswirkungen auf den Wald haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, bei der anstehenden Wiederbewaldung eine vorausschauende, dem Klimawandel angepasste Baumartenwahl zu treffen. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt bietet einen Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung zum Thema Waldbau im Klimawandel. Umfassend dargestellt werden aktuelle Klimaszenarien, Abschätzungen der Wasserverfügbarkeit und der Trockenstressgefährdung der Baumarten sowie ein Bodenprofil für die Bewertung des Standortes, schließlich auch eine digitale Entscheidungshilfe für die Baumartenwahl. Der Exkursionsführer, der auch ein Ausstellerverzeichnis der Expo enthält, kann als Download beim KWF abgerufen werden über ­Katja.Buechler@kwf-online.de

Dieselpreise fallen – Dünger bleibt teuer

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Nach der Ernte und der Rapseinsaat werden auf vielen Betrieben die Dieselvorräte aufgefüllt, um für die Herbstaussaat vorbereitet zu sein. Dabei zeigen sich die Käufer recht erfreut über die aktuellen Dieselpreise. Anfang September liegen die Kurse auf dem tiefsten Stand seit mehr als einem Jahr. Bereits im August gaben die Spritpreise an den Tankstellen spürbar nach. Hauptgründe sind die reduzierten Rohölpreise, ein erhöhter Eurokurs und gefallene Preise für Gasöl, das Vorprodukt für die Dieselproduktion.

Trotz Krisen: Günstige Rohstoffkurse

Die Regel, dass in Krisenzeiten die Kurse an den Rohstoffmärkten steigen, scheint mittlerweile überholt zu sein. Trotz der weltweiten Konflikte stehen die Rohölpreise unter Druck. Dabei greifen die Huthi-Rebellen weiter Schiffe im Roten Meer an. Aktuell brennt dort ein Tanker. Er könnte die größte Ölpest aller Zeiten auslösen. Auch der Krieg in der Ukraine oder der Konflikt im Nahen Osten scheinen an Einfluss auf die Preisbildung im Rohölbereich zu verlieren. In New York lag der Nymex-Ölkurs Ende voriger Woche bei 67 ­US-$/ bbl. Dies ist der niedrigste Kurs seit Juni des Vorjahres. Einige Analysten halten einen weiteren Preisrückgang auf bis zu 50 US-$/bbl für möglich, vor allem aufgrund eines weltweit hohen Rohölangebots und einer schwächelnden Weltwirtschaft. In Europa sorgt ein vergleichsweise hoher Eurokurs zudem noch für günstige Importpreise bei der Einfuhr von Rohöl und Rohölprodukten. Bis 2022 war Russland ein wichtiger Lieferant von Rohöl und Diesel. Durch die Sanktionen aufgrund des Kriegsausbruchs in der Ukraine konnten jedoch andere Länder als Lieferanten von Mineralölprodukten gewonnen werden. Das meiste Rohöl bezieht Deutschland mittlerweile aus den USA. Beim Diesel werden mittlerweile große Mengen aus den EU-Nachbarländern Belgien und Niederlande bezogen. Diese EU-Länder unterliegen ebenfalls den Sanktionsvorgaben gegenüber Russland. Somit stammt das Rohöl für die Dieselproduktion nicht aus Russland. Dieselimporte aus Indien sind dagegen deutlich zurückgegangen. Hier vermutete man, dass es sich um Lieferungen russischen Ursprungs handelte.

Hohe Forderungen für Dünger

Obwohl die Energiekurse in vielen Bereichen etwas reduziert wurden, bleiben die Forderungen für Düngemittel weiter recht stabil. In diesem Sommer sind die Kurse für Erdgas spürbar angestiegen, haben jedoch mittlerweile wieder nachgegeben. Die Forderungen des Handels für KAS liegen aktuell wieder deutlich über der Marke von 30 €/ dt. Für geschützten Harnstoff werden zum Teil wieder mehr als 45 €/dt verlangt. Das für die Düngemittelproduktion sehr wichtige Erdgas bezieht Deutschland mittlerweile zum größten Teil über Länder wie Norwegen. Auch über die Niederlande und Belgien wird LNG-Gas bezogen, das dort in Häfen angelandet wird. Im Gegensatz zum Energiebereich sind die Einfuhren an Düngemitteln aus Russland seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine gestiegen. Berichten zufolge lag der Anteil an russischem Stickstoff-Dünger in der EU vor dem Ukraine-Krieg bei 6 %. Mittlerweile sollen es mehr als 30 % sein. Damit wird ein nicht geringer Teil des Erdgases, das nicht mehr nach Mitteleuropa geliefert werden darf, in Form von Dünger an diese Länder verkauft. Aufgrund der festen Düngemittelpreise bleibt die Nachfrage aus der Landwirtschaft weiterhin ruhig. Die geringen Erlöse im Ackerbau bremsen die Kauflaune der Landwirte. Im Frühjahr gab es noch zeitlich begrenzte Sonderangebote für KAS und Harnstoff zu deutlich reduzierten Preisen. Diese Ware war wahrscheinlich russischen Ursprungs. Trotz der Herkunft haben einige Landwirte diesem Angebot nicht widerstehen können, frei nach dem Motto „Wenn russische Getreideexporte hierzulande die Getreidepreise unter Druck bringen, kann ich auch günstigen Dünger aus der gleichen Region beziehen“.

Zurück zu den Wurzeln

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Prof. Peter Strohschneider hat vorige Woche den Abschlussbericht des Strategiedialogs zur Zukunft der EU-Landwirtschaft an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) abgeliefert. Das Vorhaben ähnelte der deutschen Zukunftskommission Landwirtschaft im Jahr 2021, ebenso unter Vorsitz von Strohschneider. Wesentlich sind Forderungen nach einer EU-Tierhaltungskennzeichnung, Steuervergünstigungen für Lebensmittel, einer Veränderung der Verzehrgewohnheiten in Richtung pflanzenbasierter Ernährung, mehr Geld für Ökoregelungen, einer Konzentration auf Klein- und Mischbetriebe, Junglandwirte und Betriebe mit natürlichen Beschränkungen.

Minister Cem Özdemir (Grüne) sieht seine Haltungskennzeichnung bestätigt, von der Leyen ihre Klimaziele. Bauernpräsident Joachim Rukwied kritisiert, Ernährungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit kämen zu kurz. Dafür sei man nicht auf die Straße gegangen. Damit trifft der Präsident einen Punkt weit über die Landwirtschaft hinaus.

Vor lauter gesellschaftlichen und politischen Erwartungen kommt die Wirtschaft nicht mehr dazu, ihre eigentlichen Aufgaben zu erfüllen. Deutschland lebte bisher sehr gut davon, wirtschaftlich erfolgreich Produkte und Dienstleistungen zu erzeugen und weltweit zu verkaufen. Dies wurde im Lauf der Zeit immer schwieriger. Die Gründe sind bekannt: hohe Energiekosten, eine ausufernde Bürokratie, eine nicht mehr finanzierbare soziale Sicherung, eine erstickende Gesetzesflut. Der Staat widmet sich intensiv der Volkserziehung mit einer Welle an Nichtregierungsorganisationen, die dem Staat immer neue Weltrettungsaufträge erteilen. Der Bürger ist zum Staatsdiener geworden. Er hat Glück, wenn der Staat ihn dafür anstellt – er hat Pech, wenn er selbstständig ist und dennoch als Diener gesehen wird.

Über all diesem kommt der Staat nicht mehr dazu, seine Aufgabe als Diener des Volkes zu erfüllen. Nicht nur Bildungswesen und Gesundheitsversorgung kranken. Infrastruktur, generell die Daseinsvorsorge treibt einem in manchen ländlichen Regionen die Tränen in die Augen und die Menschen aus den Dörfern. Das Vertrauen in den Staat ist gesunken und es gibt handfeste Gründe dafür.

Die Lösung der Politik: Die Schuldenbremse muss weg, um die Herausforderungen der Zukunft zu finanzieren. Doch ist der Anteil des Staats am Einkommen der Bürger groß genug:  Er beansprucht mittlerweile fast jeden zweiten Euro der Wirtschaftsleistung für sich. Eine Anleihe am Zukunftseinkommen der Bürger ist keine Lösung.

Viel wäre geholfen, wenn sich jeder wieder auf seine ureigenen Aufgaben konzentrierte: Die Wirtschaft produziert gegen Entgelt Waren und Dienstleistungen, die wirklich nachgefragt werden. Für die Landwirtschaft bleiben es Lebensmittel, mehr denn je. Dazu gehören Klima-, Öko- und Tierwohl-Dienstleistungen, wie sie Strohschneider vorschlägt – natürlich gegen Entgelt. Der Bürger arbeitet und zahlt zufrieden seine Steuern, weil der Staat ihm dient. Der Staat ist verantwortlich für Sicherheit, Bildung, Infrastruktur, Recht und Ordnung, soziale Sicherheit. Damit sollte er vollbeschäftigt sein und könnte so verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Zurück zu den Wurzeln: Das bringt Wachstum in allen Bereichen.

Milchfluss nach Mecklenburg

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Die erste Milchanlieferung am Meierei-Standort im mecklenburgischen Upahl geschah im September 1994. Im Jahr 2011 stieg dann dort die Arla-Genossenschaft ein und baute die Produktion kontinuierlich aus. Heute verarbeitet das Werk rund 500 Mio. kg Milch pro Jahr –zwei Drittel davon kommen aus Schleswig-Holstein. In einer Feierstunde am Donnerstag vergangener Woche (5. September) lobte Arla-Geschäftsführer (CEO) Peder Tuborgh die Standortentwicklung und schilderte die Vorhaben des Meierei-Konzerns für die Zukunft.

„Das Werk steckt voller Geschichten und ist eng mit der deutschen Wiedervereinigung verbunden“, betonte Tuborgh. Heute sei Upahl ein hochmoderner Produktionsstandort für Frischmilch- und fermentierte Milchprodukte. Zu den bekannten Markennamen zählten Hansano, Arla Skyr und Arla Bio. Der CEO berichtete: „Wir wollen investieren, um eine noch bessere Klimabilanz zu erreichen, unter anderem mit 100 Prozent Ökostrom im nächsten Jahr.“ Insgesamt seien in den kommenden drei Jahren Investitionen in Höhe von 30 Mio. € für neue Produktionsanlagen und Nachhaltigkeitsprojekte am Standort vorgesehen. Arla verfolge europaweit das Ziel, bis 2030 die CO2-Emissionen aus dem Produktionsbereich um 63 % zu reduzieren (Referenzjahr: 2015).

Peder Tuborgh

Neben der Reduzierung der Treibhausgasemissionen werde die Steigerung des Tierwohls ebenfalls an Bedeutung gewinnen, schätzt Tuborgh. Mit Blick auf die wachsende Weltbevölkerung warnte er aber davor, die Produktionsmengen zu reduzieren. Er unterstrich: „Wir brauchen tierisches Protein.“ Zielführend sei es vielmehr, die Effizienz der Produktion zu steigern.

Politik ist für Menschen, nicht für Ideologie

Als Ehrengast nahm Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus (SPD) an dem Festakt teil. In seiner Ansprache betonte er die Bedeutung des Arla-Werks für die Region und begrüßte die geplanten Investitionen. „Zahlreiche Ereignisse der vergangenen Jahre wie etwa die Corona-Pandemie haben gezeigt, wie wichtig eine funktionierende heimische Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion für uns alle sind.“ Es sei sein dringender Wunsch, dass eine starke Landwirtschaft erhalten bleibe.

Dr. Till Backhaus

Aus den Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen liest er den Wunsch nach Führung und die Sehnsucht nach Sicherheit und Frieden. Backhaus erklärte: „Wir sind in einer Vertrauens- und Identitätskrise.“ Allerdings gehe es den Menschen in Deutschland nach wie vor relativ gut. Es gebe weiterhin wirtschaftlichen Erfolg, der die Grundlage für Wohlstand bilde. Auf den eigenen Berufsstand blickte Backhaus selbstkritisch: „Wir Politiker müssen für die Menschen da sein und nicht für Ideologie.“ Aus seiner Sicht sei die Lebensmittelerzeugung systemrelevant und gehöre ins Grundgesetz. Das müsse in Berlin noch besser verstanden werden.

Gute Betreuung als Pluspunkt

Aus Schleswig-Holstein waren die Praktiker Klaus Peter Dau (Arla-Beirat der Region Nord) und Klaus-Peter Lucht (Vorsitzender der Milcherzeugergemeinschaft Schleswig-Holstein) vor Ort. Dau berichtete: „Viele Mitglieder von Arla kommen aus Schleswig-Holstein beziehungsweise aus den Meiereien, die mit Arla fusionierten, zum Beispiel die Rendsburger Milchzentrale oder Kieler Milchzentrale.“ Er sei damals bei Arla geblieben, weil ihn das Konzept von Arla überzeugt habe. Man habe in den ersten Jahren „aber auch bluten müssen“. Denen, die geblieben seien, gebe der jetzige Auszahlungspreis allerdings recht. „Wir liegen in den vergangenen Jahren einige Cent über dem Durchschnittsauszahlungspreis der schleswig-holsteinischen Meiereien und auch dieses Jahr werden wir zu den Spitzenreitern gehören“, schilderte Dau. Er begrüße die Zuschläge für Nachhaltigkeitsleistungen und die jährliche Nachzahlung, „was auch ganz wichtig ist“.

Klaus-Peter Lucht (li.) und Klaus Peter Dau vertraten beim Festakt in Upahl die schleswig-holsteinische Milchwirtschaft. Foto: rq (3)

Für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsprogramme würden Milcherzeuger bei Arla sehr gut betreut. „Wir haben den sogenannten Member Service. Da können wir jeden Tag anrufen und fragen, wenn irgendwas nicht klappt“, beschrieb Dau. Der bürokratische Mehraufwand beispielsweise für den KlimaCheck halte sich in Grenzen. „Dafür brauche ich abends in der Küche höchstens eine halbe Stunde“, so Dau.

Die Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit könne aus seiner Sicht für junge Milchbauern ein Faktor sein, sich für diese Meierei zu entscheiden. Andere Meiereien hätten sich aber auch auf den Weg gemacht, mehr Nachhaltigkeit zu erreichen.

Milchproduktion bleibt wichtig

Lucht bezeichnete den Standort Upahl als großen Gewinn, weil viele Bauern ihre Milch hierherlieferten. Mit Nachhaltigkeitsprogrammen schaffe die Milchwirtschaft ein wichtiges Gegengewicht zu den ständigen Angriffen der Nichtregierungsorganisationen, die nicht müde würden, intensive Milchproduktion und Grünlandnutzung zu kritisieren. „Wir müssen die Vorteile, die wir in der Wirtschaft haben, herausstellen.“ Lobend nannte Lucht in diesem Zusammenhang die Initiative Milch.

Laut Arla ist Hansano die Nummer eins unter den Markenprodukten in der Kategorie Sahne und Quark in Norddeutschland.

Arla sei aktuell Vorreiter, was Nachhaltigkeit und CO2-Reduktion angehe. „Die anderen Meiereien ziehen hier nach“, so Lucht. In der Konkurrenz der Meiereien untereinander gehe es letztlich immer um die beste Vermarktung und den besten Auszahlungspreis.

Sorgen bereitet dem MEV-Vorsitzenden der fortschreitende Strukturwandel. Er unterstrich: „Wir verlieren jedes Jahr vier Prozent der Milchviehbetriebe in Schleswig-Holstein.“ Das liege weniger am Markt, sondern eher an den bürokratischen Hürden. Hier brauche es unbedingt eine Verschlankung. Er zeigte sich aber überzeugt, dass Grünland weiterhin größtenteils durch Rinderhalter bewirtschaftet werde. Der Naturschutz allein könne das nicht leisten. „Wir brauchen für die ländliche Region die Milchproduktion“, stellte Lucht klar.

Entwicklung des Werks in Upahl:

1993/94: Bau und Inbetriebnahme des Werks (durch die damalige Hansa Milch-Genossenschaft)

September 1994: erste Milchannahme und Start der Produktion

2003: Gründung der Hansa Milch AG

2005: Fusion mit der Meiereigenossenschaft Karstädt (Brandenburg)

2011: Fusion mit der skandinavischen Genossenschaft Arla Foods

ab 2013: Transformation zum Werk für Frischmilchprodukte und Arla-Kompetenzzentrum für fermentierte Milchprodukte wie Quark, Joghurt und Skyr

2015: Start der Skyr-Produktion und Markteinführung in Deutschland

2019: Inbetriebnahme einer Pilotanlage zur Entwicklung von fermentierten Milchprodukten

2021: Verlagerung der Produktion vom Werk Karstädt in das Arla-Werk in Upahl

2023: Inbetriebnahme neuer Produktionslinien für Trinkjoghurts in Pouch-Beutel-Verpackungen

Steckbrief

Fakten zum Arla-Milchwerk in Upahl (2023):

verarbeitete Milchmenge:
zirka 500 Mio. kg

produzierte Einheiten: 440 Millionen

Exportanteil: 25 % (Märkte: EU und UK)

Mitarbeitende: 430

produzierte Marken: Hansano, Arla Bio, Arla Skyr, Arla Lactofree, Arla Buko (und Handelsmarken)

Spezialisierung auf Frischmilchprodukte

Kompetenzzentrum für Bio-Produkte und fermentierte Milchprodukte wie Quark, Joghurt und Skyr

330 Arla-Landwirte beliefern das Werk. Die meisten Höfe liegen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, weitere Betriebe in Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Rund 25 % der in Upahl angelieferten Milch werden ökologisch erzeugt. 

Eine gute Vorbereitung zahlt sich aus

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Die Vegetationsperiode schreitet voran, und plötzlich ist es schon wieder Zeit für die Silomaisernte. Eine gute Vorbereitung minimiert den Stress und hilft bei der Vermeidung von Fehlern, die sich nachträglich nicht korrigieren lassen.

Zum optimalen Erntezeitpunkt liegt der Trockenmassegehalt (TM-Gehalt) der Ganzpflanze in einem Bereich von 30 bis 38 %. Zum Ende des Stadiums der Teigreife ist der Korninhalt wachsartig-krümelig bei TM-Gehalten von etwa 50 %, der TM-Gehalt der Gesamtpflanze liegt bei etwa 32 %. Zur Druschreife ist die Stärkeeinlagerung in die Körner abgeschlossen, am Korngrund ist ein schwarzer Punkt, der sogenannte black layer zu erkennen.

Eine zu frühe Ernte bei TM-Gehalten unter 30 % (bei großen Stapelhöhen unter 32 %) erhöht das Risiko von Sickersaftbildung und Nährstoffverlusten, zudem ist die Stärkeeinlagerung noch nicht abgeschlossen. Eine verspätete Ernte hat zur Folge, dass sich das Häckselgut schlecht verdichten lässt und bei der Entnahme zu Nacherwärmung und Schimmelbildung neigt. Deshalb ist es ratsam, das Abreifeverhalten der eigenen Bestände im Blick zu behalten.

Dafür werden zum Beispiel pro Schlag drei Pflanzen zufällig entnommen, die Kolben in der Mitte gebrochen und auf die Merkmalsausprägungen überprüft (Tabelle). Alternativ werden die Pflanzen mithilfe eines Gartenhäckslers zerkleinert und anschließend zur TM-Bestimmung in der Heißluftfritteuse, in der Mikrowelle oder im Ofen getrocknet. Zusätzliche Unterstützung bieten sowohl die Reifeprüfung der Landwirtschaftskammer als auch Prognosemodelle wie „Maisprog“.

In anderen Regionen Deutschlands wird zur Beschwerung vollständig auf Reifen und Reifenscheiben verzichtet. Stattdessen werden alle 5 m Querbarrieren aus sich überlappenden Kiessäcken gelegt. Das spart Zeit beim Verschließen und vor allem beim Öffnen des Silos. Zudem werden Nagetiere ihrer Deckung vor Greifvögeln beraubt.

Abdeck- und Beschwerungsmaterial

Zur Vorbereitung des Silos gehört einerseits dessen Reinigung, um eine Kontamination des Ernteguts durch Silagereste zu vermeiden. Andererseits lohnt sich ein Blick auf das Abdeck- und Beschwerungsmaterial. Ist genügend Wand-, Unterzieh- und Silofolie vorhanden? Oder stellt eine mehrschichtige Sauerstoffbarrierefolie eine Alternative zur klassischen Siloabdeckung dar, um Arbeitszeit einzusparen? Lohnt sich das Vorhalten von Folien auf dem eigenen Betrieb, um unabhängiger von den lokalen Angeboten des Landhandels zu sein?

Wie intakt sind die Vogelschutznetze? Da insbesondere Krähen Löcher problemlos finden und mit ihren Krallen und Schnäbeln die Folien beschädigen, ist auf den Schutz vor Vögeln besonderes Augenmerk zu legen.

Auch die Kiessäcke verdienen einen kritischen Blick. Wenn der Inhalt bereits herausrieselt oder bei falscher Befüllung mit Sand bereits das Unkraut darauf wächst, macht deren Verwendung wenig Freude. Im Agrarhandel sind auch bereits gefüllte Kiessäcke erhältlich, ebenso wie Gurt- oder Schlauchsysteme, die diese beim Verlegen an Siloflanken am Abrutschen hindern. Kiessäcke sind auch als Beschwerung der Schutznetze vollkommen ausreichend, wenn sie als durchgängige Querbarrieren in Abständen von 5 m verlegt werden. Dann kann auf Reifen oder Reifenscheiben, deren Verlegung und Entfernung vor dem Aufdecken unnötig viel Kraft und Zeit kosten, komplett verzichtet werden.

Schadhafte Kiessäcke, deren Inhalt bereits herausrieselt, kosten Zeit und Nerven bei der Verlegung. Wenn sie mit Sand statt mit Kies befüllt sind, erobern schnell Pflanzen diesen Lebensraum und zerstören das Gewebe.

Siliermittel gegen aeroben Verderb

Silomais gehört zu den leicht vergärbaren Futterpflanzen, da ausreichend leicht umsetzbare Kohlenhydrate enthalten sind. Allerdings steigt dadurch auch das Risiko für aeroben Verderb nach der Siloöffnung. Hauptverursacher sind die Hefen, die Zucker und Milchsäure umsetzen, was mit Wärmebildung einhergeht. Durch den Milchsäureabbau steigt der pH-Wert der Silage an, und andere Schadkeime werden wieder aktiv. Da im Nachhinein keine wirksamen Maßnahmen getroffen werden können, gilt es, mit möglichst geringen Keimgehalten im Erntegut zu starten und die Hefen von Anfang an zu unterdrücken.

Eine Möglichkeit, sowohl die Gärung in Richtung der gewünschten Qualität zu steuern als auch die Hefen zu hemmen, bietet der Einsatz biologischer Siliermittel der Wirkungsrichtung 2 auf Basis heterofermentativer Milchsäurebakterien (MSB). Bei der Gärung bilden diese neben der Milchsäure auch Essigsäure, die hemmend auf Hefen wirkt. Je höher die Essigsäurekonzentration ist beziehungsweise je schneller deren Bildung erfolgt, umso größer ist der Effekt. Essigsäuregehalte zwischen 2 und 3 % in der Trockenmasse sind wünschenswert. Um den MSB die nötige Zeit zu geben, ausreichend Essigsäure zu bilden, ist eine gasdichte Lagerung über acht Wochen erforderlich. Für Silagen, die schon früher geöffnet werden sollen, gibt es spezielle Siliermittel.

Da das Siliermittel zur Situation auf dem Betrieb, insbesondere zur Silogeometrie, zur Lagerdauer und zum Vorschub passen muss, bietet das Entscheidungsschema der DLG eine gute Unterstützung bei der Auswahl (https://siliermittel.dlg.org/).

Mit einer größeren Wirkungssicherheit überzeugen chemische Siliermittel. Dabei handelt es sich entweder um organische Säuren, die in gepufferter Form vorliegen können, oder um Salzlösungen. Allerdings erfordern diese Präparate eine höhere Dosierung. Unterdosierungen sind aufgrund einer möglichen selektiven Hemmung unbedingt zu vermeiden. Deshalb ist bereits vor der Siliermittelbestellung Rücksprache mit dem Lohnunternehmen zu den Applikationsmöglichkeiten zu halten.

Absprachen mit dem Lohnunternehmen

Je mehr Klarheit bezüglich der Kundenwünsche besteht, desto reibungsloser kann die Ernte laufen. Dazu gehören einerseits Fragen zur Schnitthöhe (normal oder Hochschnitt) und Häcksellänge. Für die Rinderfütterung stellen 4 bis 8 mm den Kompromiss zwischen den Anforderungen zur Verdichtbarkeit, Futteraufnahme und Strukturwirkung dar. Für die Nutzung in Biogasanlagen kann auch kürzer gehäckselt werden (4 bis 6 mm).

Andererseits ist es von großer Bedeutung, dass die Leistung und Geschwindigkeit der Häckselkette auf die Walzarbeit abgestimmt ist. Der Einsatz immer größerer und leistungsstärkerer Feldhäcksler führt zu einer Zunahme der Bergeleistung. Um trotzdem eine gute Walzarbeit zu ermöglichen, kann es erforderlich sein, die Zahl der Walzschlepper zu erhöhen oder mehrere Silos parallel zu befüllen. Geringe Schichtdicken (< 20 cm), langsames, mindestens dreimaliges Überfahren mit hohem Gewicht und Reifendruck sind für eine gute Verdichtung essenziell. Je kleiner die Poren zwischen den Partikeln sind, desto geringer ist die Eindringtiefe der Luft am Siloanschnitt.

Feldhäcksler, die mit Ertragserfassung und NIRS-Technik ausgestattet sind, erfassen nicht nur viele Daten während der Ernte schlagspezifisch, sie ermöglichen auch, auf Änderungen im Bestand zu reagieren. Ändert sich zum Beispiel der TM-Gehalt, kann die Häcksellänge bei feuchterem Material vergrößert und bei trockenem Erntegut verringert werden.

Normale Schnitthöhe oder Hochschnitt?

Das Verhältnis von Kolben zur Restpflanze wird über die Schnitthöhe beeinflusst, bei Erhöhung steigt der Kolbenanteil. Dabei nehmen der TM-Gehalt der Ganzpflanze je 10 cm um 1 % und der Energiegehalt um 0,15 MJ NEL /kg TM zu. Zudem sind sowohl der Erd­anhang als auch die Keimbelastung der unteren Stängelbereiche in der Regel höher, sodass sich ein Heraufsetzen der Stoppellänge auch positiv auf die Siliereigenschaften auswirkt. Allerdings sinkt der Ertrag parallel um 5 %, insofern ist Hochschnitt nur bei hohen Flächenerträgen eine Alternative.

Überprüfen der Häckselqualität

Für die Stärkeverdaulichkeit hat der Kornaufschluss eine große Bedeutung. Ganze oder nicht ausreichend zerkleinerte Maiskörner werden unverdaut ausgeschieden. Die Körner sollten mindestens geviertelt, am besten komplett zerschlagen sein. Da nachträglich keine Abhilfe mehr geschaffen werden kann, ist ein Überprüfen der Häckselqualität unabdingbar. Verantwortlich sind sowohl das Lohnunternehmen als auch der Landwirt. Dazu wird 1 l frisches Häckselgut in einem Eimer mit Wasser gut durchmischt. Schwere Partikel wie Körner sinken ab, leichtere Grobbestandteile schwimmen auf und können mit einem Sieb abgefischt werden. Nach dem Abkippen des Wassers bleiben die Kornteile und einige grobfasrige Bestandteile am Boden. Bei Wiederholung dieser Prozedur schwimmt nur noch wenig Material auf. Anschließend wird der Bodensatz durch das leere Sieb gegossen und auf einem Tablett oder Ähnlichem ausgekippt, um die Zerkleinerung der Kornteile zu überprüfen. Eine regelmäßige Wiederholung ist sinnvoll, insbesondere bei Schlag- oder Sortenwechsel. Bei Bedarf sind die Crackereinstellungen zu korrigieren.

Die Silogeometrie und die Vorgehensweise bei der Befüllung beeinflussen die Größe der Fläche, die dem Sauerstoff ausgesetzt ist, die Befülldauer kommt als Zeitfaktor dazu. In diesen Bereichen können sich Hefen und Schimmelpilze bereits vor der Silierung stark vermehren und insbesondere nach Siloöffnung aeroben Verderb verursachen. Links: Das Silo besitzt Wände und wird mittels Durchfahrt befüllt. Nur die oberen Silageschichten sind in Kontakt mit Sauerstoff, während es in den unteren Schichten schon anaerob werden kann. Rechts: Das Silo besitzt zwar Wände, wird aber mittels Anschieben über mehrere Tage stark überfüllt. Bereits fertige Silobereiche oberhalb der Mauerkante und die Flanken sind ständig im Kontakt mit Sauerstoff.

Vorgehensweise bei der Silobefüllung

Je nach Gestaltung der Siloanlage erfolgt das Abladen bei der Durchfahrt, was eine homogene Verteilung sowie dünne Schichten begünstigt, oder die Wagen laden vor dem Silo ab, und das Erntegut wird angeschoben. Bei Durchfahrt sind befestigte Zufahrten vorteilhaft, bei schwierigen Bodenverhältnissen kann über Anschieben Schmutzeintrag ins Silo vermieden werden. Falls die Befüllung über mehrere Tage erfolgt, ist eine Zwischenabdeckung einzuplanen beziehungsweise sind fertige Silobereiche früher abzudecken, um einer Vermehrung von Hefen und Schimmelpilzen im Vorfeld der Silierung entgegenzuwirken. Dadurch kann das Risiko für aeroben Verderb minimiert werden.

Fazit

Die Zeit bis zum Erreichen des optimalen Erntetermins kann für wichtige Vorarbeiten genutzt werden, damit während der Silomaisernte alles reibungslos funktioniert. Dazu gehören neben den Absprachen mit dem Lohnunternehmen auch die Vorbereitung des Silos und der Abdeckmaterialien sowie die Wahl eines geeigneten Siliermittels. Während des Häckselns ist eine regelmäßige Überprüfung der Häckselqualität und des Kornaufschlusses erforderlich, um bei Bedarf Korrekturen vorzunehmen. Je besser die Verdichtung ist und je schneller der Luftabschluss erfolgt und andauert, desto größer sind die Chancen auf aerob stabile Silagen.

Insektenproteinmehl als Alternative zur Sojabohne

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Bei Themen wie ­Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ­finden nicht zuletzt die ökologischen Folgen von Eiweißträgerimporten nach Europa Erwähnung. Die Sojaproduktion erfolgt überwiegend in tropischen Regionen der Erde und weniger in nördlichen Gebieten, in denen die größten Tierbestände ­gehalten werden. Sind Insekten eine ­Futteralternative?

Die Sojabohne und ihre Nebenprodukte Sojaproteinkonzentrat (SPC) und Sojaextraktionsschrot (SES) gelten als Hauptproteinquelle in der Tierfütterung. Die inländische Erzeugung kann den Bedarf an Eiweißfuttermitteln in Deutschland nicht decken. In diesem Zusammenhang wird auch von der „Eiweiß­lücke“ gesprochen, die im Wesentlichen durch den Import von Sojaprodukten geschlossen wird.

Die führenden Exportländer von Sojabohnen stellen Brasilien und die USA dar, die 86 % des Sojaimports Deutschlands liefern. Neben der Umwandlung von Regenwäldern oder anderen natürlichen Vegetationen in Agrarland in Südamerika entsteht ein erhöhter Energieverbrauch für Transport- und Verarbeitungsschritte von Sojaprodukten.

Bei der Suche nach einer geeigneten Alternative für Sojaprodukte als Eiweißfuttermittel hat die Forschung nicht nur Raps oder Körnerleguminosen, sondern auch Insekten auf dem Zettel. Denn Futtermittel tierischer Herkunft, und damit auch das Insektenprotein der Schwarzen Soldatenfliege ­(Hermetia illucens), weisen regelmäßig ein nahezu bedarfsgerechtes Aminosäuremuster für Nutztiere bei gleichzeitig hohem Proteingehalt auf.

Um den Einfluss von Insektenprotein der Schwarzen Soldatenfliege auf die Leistung und die Gesundheit in der Ferkelaufzucht sowie die Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit zu untersuchen, hat ein Team des Fachgebiets Tierernährung der Hochschule Osnabrück einen Fütterungsversuch durchgeführt.

Aufbau des Versuchs

384 Ferkel der Abstammung TN70 x Pi-Select wurden in Zwölferbuchten mit 0,41 m² pro Tier in einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis aufgestallt. Der Versuch fand in Kooperation mit der Agravis statt. Dementsprechend erhielten die 192 Ferkel der Kontrollgruppe als erstes Ferkelaufzuchtfutter (FAZ 1) OlymPig AlphaStart, als FAZ 2 OlymPig EuroStart und als FAZ 3 OlymPig VincoStart. Bei der Versuchsgruppe wurden das gesamte Sojaproteinkonzentrat im FAZ 1 und 4,6 % SES im FAZ 2 durch das Insektenprotein ausgetauscht. Die Futtermischungen wurden hinsichtlich des Aminosäuremusters und der chemischen Zusammensetzung ausgeglichen (siehe Tabelle 1). In der dritten Aufzuchtphase erhielten Versuchs- und Kontrollgruppe das gleiche Futter.

Bei der Einstallung wogen die Tiere im Mittel 7,26 kg mit einer Spanne von 6,2 bis 8,8 kg. Sie wurden mit unterschiedlich farbigen Ohrmarken gekennzeichnet und zu jedem Phasenwechsel einzeln verwogen. Dabei wurden Läsionen an Schwanz, Ohr und Flanke bonitiert. Futterverbräuche, Auffälligkeiten im Kot und Medikamenteneinsätze wurden täglich dokumentiert. Kurz vor dem abrupten Futterwechsel wurden die Restmengen in den Automaten verwogen, um die einzelnen Fütterungsphasen exakt bewerten zu können.

Auswirkungen auf die Ferkelaufzucht

Nach 49 Tagen in der Aufzucht wogen die Ferkel der Kontrollgruppe 470 g mehr als die der Versuchsgruppe (siehe Tabelle 2). Sie nahmen aber auch 470 g mehr Futter auf, sodass die Futterverwertung beider Varianten 1:1,57 betrug. In der zweiten Versuchsphase vom 20. bis zum 35. Versuchstag waren die Tageszunahmen der Kontrollgruppe um 37 g signifikant höher als die der Versuchsgruppe. Dadurch unterschied sich auch das Lebendgewicht am 35. Versuchstag signifikant.

In der letzten Versuchsphase wurde dieser Unterschied jedoch durch eine signifikant bessere Futterverwertung der Versuchsgruppe wieder ausgeglichen. In der zweiten Versuchsphase konnte ebenso ein tendenzieller Unterschied bei der Futteraufnahme festgestellt werden. Die Kontrollgruppe nahm in der zweiten Versuchsphase 33 g mehr Futter auf als die Versuchsgruppe.

Insgesamt hatten beide Versuchsvarianten sehr ähnliche Tageszunahmen über den gesamten Versuchszeitraum mit 462 g in der Kontrollgruppe und 453 g in der Versuchsgruppe. Die Unterschiede hinsichtlich des Lebendgewichts, der Tageszunahme und der Futteraufnahme sind über den gesamten Versuchszeitraum von Versuchstag 0 bis 49 ebenfalls nicht signifikant.

Die gesammelten Ergebnisse der Leistungsparameter werden noch einmal in der Abbildung zusammengefasst. Für die Futterverwertung wird der Lebendmassezuwachs pro Kilogramm aufgenommener Futtermenge verwendet, damit eine größere Säulenhöhe einheitlich auf eine höhere Leistung hinweist. Die Werte von Versuchs- und Kontrollgruppe, die sich signifikant unterscheiden, sind mit einem grünen Pfeil gekennzeichnet. Die Werte, die sich tendenziell unterscheiden, sind mit einem orangefarbenen Pfeil gekennzeichnet.

Auch hinsichtlich der Gesundheit konnten in dem Versuch keine Unterschiede zwischen den Gruppen ausgemacht werden. Beide waren hinsichtlich der Behandlungshäufigkeit, der Kotkonsistenz und der Bonitur von Verletzungen an den Körperpartien Schwanz, Ohr und Flanke unauffällig. Auch die Verluste waren auf dem gleichen Niveau.

Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit

Aufgrund der hohen Kosten des Insektenproteinmehls von 500 €/dt war das Futter mit Insektenprotein in der ersten Versuchsphase 10,39 €/dt teurer als das Futter mit Sojaproteinkonzentrat (siehe Tabelle 3). Dadurch entstanden in den ersten 19 Tagen 0,64 € Mehrkosten pro Ferkel. In der zweiten Versuchsphase lag die Differenz zwischen den beiden Futtermitteln bei 7,23 €/dt, sodass wiederum Mehrkosten für die Fütterung mit Insektenprotein von 0,60 € pro Ferkel entstanden. In der letzten Versuchsphase wurde das gleiche Futtermittel für beide Varianten verwendet, sodass der Futtermittelpreis gleich war.

Durch die bessere Futterverwertung der Gruppe, die zuvor mit dem Insektenprotein gefüttert worden war, entstand eine Einsparung von 0,08 € pro Ferkel der Versuchsgruppe in der letzten Versuchsphase. Insgesamt betrugen die Futterkosten in der Kontrollgruppe 17,30 € pro Ferkel und in der Versuchsgruppe 18,45 € pro Ferkel.

Neben den Futterkosten beeinflusst aber auch der Erlös pro Ferkel die Wirtschaftlichkeit. Der Erlös bei der Kontrollgruppe betrug 44,90 € und der Erlös der Versuchsgruppe 44,42 € pro Ferkel. Somit ergibt sich ein Erlös abzüglich Futterkosten (IOFC) von 27,60 € in der Kontrollgruppe und von 25,97 € in der Versuchsgruppe. Durch die Fütterung des Insektenproteins wurde der IOFC somit um 1,63 € gemindert.

Für einen wirtschaftlichen Einsatz des Insektenproteinmehls hätten die Kosten dieser Futterkomponente um etwa 80 % geringer sein müssen (100,86 €/dt). Dementsprechend sind neben der Erforschung der ernährungsphysiologischen Wirkung des Insektenproteinmehls auch Möglichkeiten der Reduktion von Produktions- und Verarbeitungskosten zu ermitteln.

Fazit

In der Nutztierhaltung rücken bei der Auswahl von Futterkomponenten neben der Qualität der Futtermittel auch Themen wie Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung in den Fokus. Die Schwarze Soldatenfliege gilt aufgrund der hohen biologischen Wertigkeit des Proteins (über 85 % Verdaulichkeit) und des hohen Proteingehaltes als sehr erfolgversprechende Proteinquelle, die in Deutschland produziert werden kann. Die Mast von Insekten bietet landwirtschaftlichen Betrieben die Möglichkeit, in ein alternatives Betriebskonzept zu investieren, um das eigene Futterprotein herstellen zu können.

Sowohl im Produktions- und Verarbeitungsprozess für eine effiziente Herstellung von Insektenproteinmehl der Schwarzen Soldatenfliege als auch in der Tierernährung hinsichtlich der Auswirkungen von Insektenprotein auf Gesundheit und Wachstum des Schweins besteht noch immer Forschungsbedarf. Insgesamt ließen sich in dem Versuch lediglich für einzelne Versuchsphasen signifikante Unterschiede in den Leistungsparametern von Versuchs- und Kontrollgruppe feststellen, jedoch nicht über den gesamten Versuchszeitraum.

Dementsprechend zeigen die Ergebnisse, dass eine Substitution von SES oder SPC durch das Insektenprotein der Schwarzen Soldatenfliege möglich ist und dass sich das Insektenprotein als alternative Rohproteinquelle in der Ferkelaufzucht eignet. Für einen wirtschaftlichen Einsatz in der Nutztierhaltung müssten die Kosten dieser Futterkomponente reduziert werden. Dementsprechend wird das Insektenprotein aufgrund seiner hypoallergenen Eigenschaften bisher hauptsächlich im Petfoodbereich eingesetzt, wobei der Ausbau verfügbarer Mengen am Markt zu einer Anpassung der preislichen Diskrepanz führen könnte.

Reifeprüfung Silomais – erste Mitteilung

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Die ersten Ergebnisse der alljährlich durchgeführten Silomaisreifeprüfungen zeigen zum Teil sehr weit entwickelten Silomais mit sehr hohen Gesamttrockenmassegehalten. Doch gibt es regional sehr unterschiedlich abreifende Bestände, da viele Ackerflächen bis weit in den Mai hinein nicht befahrbar waren.

Fotos: Johanna Thode

Über den Monatswechsel April/Mai gesäte Silomaisbestände sind auf leichten Ackerflächen ohne Staunässe in der Abreife sehr weit vorangeschritten. Zügiger Auflauf, gute Jugendentwicklung und rasche Reifefortschritte wurden beobachtet. Das spiegelt sich in der für die Maisabreife maßgeblichen Temperatursumme (Basis 6 °C) wider, die in diesem Jahr über dem Vorjahresniveau liegt. Maispflanzen auf Flächen, die erst spät befahren, bearbeitet und gesät werden konnten, wuchsen in eine kühle und nasse Phase hinein mit deutlichen Nachteilen in der Jugendentwicklung und mit Reifeverzögerungen zum jetzigen Zeitpunkt.

Nun gilt es, die Maisbestände zu kontrollieren und den Witterungsverlauf zu beobachten. Auf leichten Flächen sollten, falls noch nicht geschehen, jetzt schon vergilbte und/oder verbräunte Silomaisbestände zügig gehäckselt werden. Grundsätzlich liegt, auch in Abhängigkeit vom Saattermin, ein großer Reifeunterschied vor, wie die Tabelle zeigt. Die in der ersten Septemberwoche vorherrschenden hochsommerlichen Temperaturen mit auftretenden starken Ostwinden können in wenigen Tagen zu deutlichem Voranschreiten der Abreife bei den Maispflanzen führen. Bei ausreichender Wasserversorgung lassen früh gesäte und jetzt noch grüne Maisbestände ein weites Erntefenster erwarten. Spät gesäte Ackerflächen präsentieren gesunde Maispflanzen mit sattgrünen Blättern und Stängeln, der Abreifestand liegt im Moment noch weit zurück. Hält das Sommerwetter bis zur nächsten wöchentlichen Probenahme an, sind sehr zügige Reifefortschritte in der Gesamtpflanze zu erwarten. Auch bei kühleren Witterungsbedingungen erfolgt die Kornabreife, die Restpflanzenabreife hingegen nimmt dann nur langsam zu.

In den jährlich durchgeführten Abreifeuntersuchungen auf neun Kammerversuchsstandorten in Schleswig-Holstein werden Maispflanzen der Reifegruppen früh und mittelfrüh für die Reifeprüfung geschnitten, gehäckselt, bei 105 °C für 40 Stunden im Trockenschrank getrocknet und ausgewogen. Die Erfassung des Gesamttrockenmassegehaltes der Maispflanzen von je zwei Sorten aus zwei Reifegruppen gibt Hinweise auf optimalen Erntetermin, Siliereigenschaften und Auftreten von Sickersaft. Die aufgezeigten Ergebnisse der Reifeprüfung Silomais können lediglich der Orientierung dienen. Eine Prognose der Reifeentwicklung für die kommende Woche liefert das Modell „Mais­prog“. Die Aussage dieses Modells verfolgt eine regionale Vorhersage der Maisabreife. Dabei bezieht sich das Prognosemodell auf das Erreichen angestrebter Gesamttrockenmassegehalte. Der in den Grafiken als gelber Punkt eingezeichnete Prognosewert zeigt bis zur nächsten Reifeprüfung einen wöchentlichen Trockensubstanz-Zuwachs von 2,3 % im Norden und 2,2 % im Süden (www.maisprog.de). Die diesjährigen Ausgangswerte der Reifeprüfung vom 4. September liegen noch über denen vom Vorjahr (Grafiken 1 und 2). Als Zielgröße für die Silomaisernte gilt ein Trockenmassegehalt von 32 bis 35 % im Siliergut. Ausgehend von den aktuell gemessenen Werten zur Abreife für die Maisbestände im Süden und früh gesäte Maisbestände im Norden ist es ratsam, die Häckseltermine zu planen. Die zweite Meldung erscheint in der kommenden Woche an dieser Stelle.

Wenn Pferde scheinbar den Kopf verlieren

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Viele Pferdebesitzer stehen vor einem Rätsel, wenn ihre Tiere plötzlich und ohne erkennbaren Grund heftig mit dem Kopf schlagen, als wollten sie ein Insekt vertreiben. Was steckt hinter diesem Verhalten, das als Headshaking-Syndrom bekannt ist?

Das Headshaking-Syndrom bei Pferden äußert sich durch unkontrolliertes Kopfschütteln in verschiedene Richtungen, ohne dass ein äußerer Reiz erkennbar ist. Es gibt Zeiten, in denen das Pferd gesund und symptomfrei erscheint, und dann wieder Phasen, in denen es den Kopf heftig schüttelt. Das equine Headshaking-Syndrom kann nicht nur das Wohlbefinden des betroffenen Pferdes beeinträchtigen, sondern auch dessen Nutzbarkeit sowie die Sicherheit von Pferd und Reiter gefährden.

Typische Anzeichen für das Head­shaking-Syndrom sind unkontrollierte Kopf- und Nackenbewegungen in vertikaler, horizontaler oder rotierender Richtung. Häufig treten diese Bewegungen zusammen mit ruckartigen Kopfbewegungen, Schnauben oder dem Reiben der Nüstern am Boden oder dem eigenen Vorderbein auf, vor allem unter dem Reiter. Die Symptome zeigen sich oft saisonal, besonders im Frühling und Sommer. Studien deuten darauf hin, dass vor allem Wallache im Alter von acht bis zwölf Jahren betroffen sind.

Während Pferde normalerweise ihren Kopf schütteln, um Insekten abzuwehren oder als Drohgebärde, deutet die wiederholte und heftige Ausführung ohne erkennbaren äußeren Reiz auf ein mögliches pathologisches Problem hin. Die genauen Ursachen des Headshakings sind allerdings noch nicht vollständig erforscht. Zu den Auslösern zählen Erkrankungen der Augen oder Atemwege, muskuläre Probleme im Rücken- oder Halsbereich, Übererregbarkeit oder neurologische Störungen. Dies wird auch als symptomatisches Headshaking bezeichnet.

Stress aufgrund von Haltungsdefiziten oder Überforderung im Training kann die Symptomatik zusätzlich begünstigen. Oft wird eine Beteiligung des Trigeminusnervs, bedingt durch entzündliche Prozesse oder tumoröse Veränderungen, als mögliche Ursache angenommen. Dann wird von trigeminus-mediiertem Headshaking gesprochen. Einige Fälle bleiben allerdings trotz umfangreicher Diagnostik ungeklärt.

Die Diagnose: Detektivarbeit gefragt

Das Headshaking zeigt sich häufig unter dem Reiter.

Die Diagnose des equinen Head­shaking-Syndroms ist komplex und erfordert eine gründliche Ausschlussdiagnostik durch einen erfahrenen Tierarzt. Dabei wird nicht nur die Krankengeschichte des Pferdes erfragt, sondern auch das Auftreten der Symptome, deren saisonale Abhängigkeit, die Haltung, das Management sowie vergangene und aktuelle Krankheiten festgehalten. Eine Überprüfung des Equipments ist ebenfalls ein wichtiger Schritt.

Eine Beurteilung des Pferdes in Bewegung sowie unter dem Reiter ist ratsam. Die Verwendung diagnostischer Hilfsmittel wie Augen- und Nasenmasken können Hinweise geben. Ein detailliertes Tagebuch über Symptome, Triggerfaktoren und Verhaltensmuster kann bei der Diagnosestellung entscheidend sein. Wichtige Informationen umfassen zum Beispiel, ob das Kopfschütteln vermehrt unter dem Reiter oder im Freilauf auftritt, ob es wetterabhängig ist und ob es in stressigen Situationen vermehrt vorkommt.

Eine gründliche klinische Untersuchung ist häufig nötig, während neurologische Tests und bildgebende Verfahren helfen können, die Ursache näher einzugrenzen. Der sogenannte Ruhe- und Belastungsscore kann genutzt werden, um den Schweregrad der Erkrankung objektiv zu bestimmen. Mittlerweile gibt es auch diagnostische Möglichkeiten, um eine Überempfindlichkeit des Trigeminusnervs nachzuweisen.

Lebensqualität des Pferdes verbessern

Die Behandlung des equinen Head­shaking-Syndroms ist oftmals herausfordernd, da die Ursache häufig unklar ist. Der Therapieansatz richtet sich nach der Ursache und Schwere der Symptome, mit dem Ziel, das Wohlbefinden des einzelnen Pferdes zu verbessern. Im Fall von symptomatischem Head­shaking muss die zugrunde liegende Krankheit behandelt werden. Je nach Ursache gibt es verschiedene Behandlungsansätze.

Die medikamentöse Therapie greift auf Medikamente aus der Humanmedizin zurück, die darauf abzielen, die Überempfindlichkeit der Nerven zu reduzieren. Deren Effektivität und Nebenwirkungen müssen jedoch sorgfältig abgewogen werden. Weiterhin können einige Medikamente dopingrelevant sein. Chirurgische Eingriffe können in Betracht gezogen werden, sind jedoch häufig aufgrund großer Komplikationsraten und Nebenwirkungen nur dann zu erwägen, wenn eine Euthanasie die Alternative wäre.

Bei der perkutanen elektrischen Nervenstimulation (PENS) handelt es sich um eine Technik, die im Management von neuropathischen Schmerzen im Humanbereich bereits sehr gute Erfolge zeigte. Es ist ein minimalinvasives Verfahren, das bei Headshakern ebenfalls erfolgreich eingesetzt wurde. Ziel ist es, die Sensitivität der Zielnerven herabzusetzen. Hierfür wird der Nerv mittels Elektroden durch elektrische Reize stimuliert. Dieses Verfahren zeigt vielversprechende Ergebnisse bei der Reduktion der typischen Headshaking-Symptome, erfordert jedoch weitere Forschung für eine umfassende Wirksamkeitsbewertung.

Managementmaßnahmen wie bestimmte Trainingssituationen oder der Einsatz von Nasennetzen, Fransenbändern und Lichtschutzmasken, um die Pferde vor Sonneneinstrahlung zu schützen, können potenzielle Auslöser minimieren. Es ist allerdings zu beachten, dass diese Hilfsmittel nur die Symptome lindern, nicht aber die Ursache bekämpfen. Die Haltungsbedingungen und das Reittraining sollten sorgfältig überprüft und angepasst werden. Ein ganzheitlicher Managementansatz, der medizinische und alternative Behandlungsmöglichkeiten kombiniert, bietet die besten Chancen, die Lebensqualität der betroffenen Pferde zu verbessern.

Was bedeutet das für mein Pferd?

Bei manchen Pferden, die unter dem Headshaking-Syndrom leiden, kann ein Nasennetz die Symptome lindern.

Die Prognose für Pferde mit dem equinen Headshaking-Syndrom kann stark variieren. Während einige Pferde gut auf Behandlungen ansprechen und anschließend symptomfrei bleiben, haben andere chronische Probleme, die schwer zu managen sind. Ein individuell angepasstes Management, unterstützt durch regelmäßige tierärztliche Betreuung und genaue Beobachtungen durch den Pferdebesitzer, verspricht die besten Ergebnisse zur Verbesserung der Lebensqualität betroffener Pferde, auch wenn das Syndrom sowohl Tierärzte als auch Pferdebesitzer vor eine komplexe Herausforderung stellt.

Dennoch gibt es Hoffnung: Durch fortlaufende Forschung und einen multidisziplinären Ansatz könnten sich Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten verbessern. Ein individuell angepasstes Management verspricht die größten Erfolge bei der Steigerung der Lebensqualität der betroffenen Pferde.

Headshaking im Überblick

Das Headshaking äußert sich in heftigen, unkontrollierten Nick- und Schüttelbewegungen, die eine Gefahr für Reiter und Pferd darstellen können.

Die Symptome sind saisonal, besonders im Frühling und Sommer, und betreffen häufig Wallache im Alter von acht bis zwölf Jahren.

Mögliche Ursachen für das Head­shaking sind Primärerkrankungen oder Auffälligkeiten eines Hirnnervs.

Die Diagnostik erfordert eine gründliche Ausschlussdiagnostik durch einen erfahrenen Tierarzt.

Ein detailliert geführtes Tagebuch kann dabei helfen, die Ursachen zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zur Linderung der Symptome zu finden.

Therapieansätze variieren stark und können medikamentös, chirurgisch oder durch Techniken wie elektrische Nervenstimulation erfolgen.

Das Management umfasst den Schutz vor potenziellen Triggerfaktoren wie UV-Licht und Insekten sowie den Einsatz von Hilfsmitteln wie Nasennetzen.

Die Prognose ist individuell unterschiedlich. Einige Pferde zeigen eine gute Reaktion auf Behandlungen, während andere chronische Probleme haben können.