Start Blog Seite 301

Maistrocknung – worauf ist zu achten?

0

Der Körnermaisanbau in Deutschland bewegt sich seit Jahren auf dem annähernd gleichen Niveau. Nichtsdestotrotz gibt es Bewegung in den Anbauregionen, so bewegt sich der Anbau von Körnermais immer mehr in Richtung Norden. Dies führt dazu, dass auch die nachgelagerte Infrastruktur sich daran anpassen muss. Körnermais wird in der Regel nicht lagerfähig geerntet. Eine rasche und schlagkräftige Konservierung ist dringend notwendig, um die Erntequalitäten zu erhalten.

Das grundsätzliche Problem der Konservierung von Körnermais ist, dass die Erntetechnik wesentlich schlagkräftiger ist als jegliche Trocknungstechnik am Markt. Gelöst wird dieses Problem weitestgehend dadurch, dass das Erntezeitfenster möglichst lang ausgelegt wird. So ist es üblich, in Abhängigkeit von der Erntefeuchte der Trocknungsanlage eine Tagesdrusch­menge anzudienen, die diese innerhalb von drei bis fünf Tagen auf einen lagerstabilen Zustand heruntertrocknet. Dies stellt ein Kompromiss dar, der ohne Investition in Anlagen- oder Gerätetechnik nicht zu umgehen ist.

Je nach Anbauregion wird Körnermais in Deutschland mit ganz unterschiedlichen Gutfeuchten geerntet. So gibt es Regionen mit Erntegutfeuchten von 25 % bis hin zu 35 %. Das bedeutet, dass 118 bis 235 kg Wasser pro Tonne Frischmasse entzogen werden müssen, um mit 15 % Gutfeuchte eine Lagerstabilität herzustellen. Dies stellt die Trocknungstechnik vor große Herausforderungen. Die Hersteller bieten unterschiedlichste Technologien an, um diesen Anforderungen zu entsprechen. Grundsätzlich kann Mais lediglich mit thermischen Verfahren praxisrelevant getrocknet werden. Trocknung nach dem Prinzip der Gleichgewichtsfeuchte, der Lagerbelüftungstrocknung, ist aufgrund der hohen Erntegutfeuchten nahezu nicht relevant, da die Verfahrensgrenze bei etwa 19 % liegt. Die thermische Trocknung von Mais erfolgt überwiegend in drei Verfahren: zum einen dem Satztrocknungsverfahren in Form von Silosatztrocknern und Mobiltrocknern, zum anderen der kontinuierlichen Durchlauftrocknung.

Diese Schnelltrocknungszelle ist mit einem Rührsystem ausgestattet und optimal für die Körnermaistrocknung geeignet. Foto: Albert Spreu

Verschiedene Trockner getestet

Da Mais technologisch die anspruchsvollste Konsumfrucht für die Trocknung ist, sind im Rahmen des DLG-Tests mehrere Trockner in Bezug auf ihre Trocknungsleistung und Effizienz geprüft worden. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Dächerschachtdurchlauftrockner in erheblicher Baugröße, mit Wärmerückgewinnungsverfahren, Direktbefeuerung und relativ hohen Trocknungstemperaturen. Dies alles führt zu Feuchteentzugspotenzialen, welche eine schnelle Trocknung und vor allem auch effiziente Ausnutzung der Betriebsmittel ermöglichen. Die üblichen Trocknungstemperaturgen liegen im Durchlauftrocknungsverfahren bei 80 bis 100 °C. Aber auch höhere Trocknungstemperaturen sind in der Praxis vorzufinden. So wird auch im Temperaturbereich 120 bis 150 °C gearbeitet. Dies ist jedoch nicht ganz unkritisch und sollte auch abgewogen werden. Zum einen verlieren die allermeisten Trockner ihre Herstellergewährleistung bei Trocknungstemperaturen über 110 °C und zum anderen werden Qualitätsparameter in nicht unerheblichem Umfang verändert. In der Regel wird beim Handel von Körnermais darauf keine Rücksicht genommen.

Auf zu hohe Temperaturen verzichten

Gerade beim Verbrauch betriebseigener Rohstoffe ist bei der Maistrocknung zugunsten der Qualität auf höhere Trocknungstemperaturen zu verzichten. Dem aktuellen Stand der Forschung zufolge verändert sich beim Trocknen von Körnermais mit Temperaturen über 100 °C die Nährstoffverdaulichkeit von Proteinen ganz erheblich. Die übliche Bestimmung des Proteingehaltes nach Kjelldahl oder NIRS kann diese Veränderung nicht abbilden und dient deshalb nicht als Indikator für Hitzeschädigungen während des Trocknungsprozesses. Gerade für die Tierfütterung ist dies aber von Belang. Bei den Monogastriern, wie Schweinen und Geflügel, ist Körnermais ein Hauptbestandteil der Futterration. Das nutzbare Protein des Körnermaises liegt bei zirka 15 % und ist damit als Hauptbestandteil vieler Futterrationen eine elementare Proteinquelle, welche in ihrer Verdaulichkeit durch Trocknungstemperaturen von mehr als 100 °C in ihrer Verfügbarkeit limitiert wird (siehe dazu die Abbildung). Dies führt in der Folge zu verringerten Tierleistungen oder aber, bei entsprechender Substitution, zu unnötigen Nährstoffüberhängen bei den Tierausscheidungen. Hier entsteht ein echtes Dilemma zwischen hohen Trocknungsleistungen und damit verbundenen geringeren Energieeinsätzen pro Kilogramm Wasserentzug und dem Qualitätsparameter der Verdaulichkeit von Proteinen. Und da die Verdaulichkeit von Protein über die Löslichkeit in Kalilauge ermittelt wird und dies in der Qualitätsbetrachtung kein Standardverfahren ist, besteht in der Praxis darüber weitgehende Unkenntnis. Weil es gesellschaftlicher Konsens ist, die Nährstoffüberhänge möglichst stark zu reduzieren, folgt daraus, dass der Einsatz von Rohstoffen möglichst präzisiert werden muss.

Präzisierung trotz technischer Hürden

Neben den Erschwernissen der Qualitätsveränderung bei der Maistrocknung sind es vor allem die technologischen Hürden, die landwirtschaftliche Betriebsleiter herausfordern. Wenn eine Tages­drusch­menge Körnermais geerntet ist, muss diese in der Regel unverzüglich konserviert werden. Es ist jedoch festzustellen, dass in der Regel bereits bestehende Trocknungsanlagen, die für Weizen, Gerste und weiteres Getreide ausgelegt sind, keine entsprechende Konfiguration für Körnermais aufweisen. Die Trocknungsleistung wird entsprechend gedrosselt. Des Weiteren verfügen Durchlauftrocknungsanlagen, die für Körnermais ausgelegt sind, über einen Edelstahl- oder Aluminiumkorpus. Getreidetrocknungsanlagen sind in der Regel aus Schwarzstahl gefertigt. Außerdem unterscheiden sich die meisten Trocknungsanlagen insofern, dass die für Körnermais zumeist mit Propan oder Erdgas direkt befeuert werden. Die Brennertechnik muss aufgrund der höheren Trocknungstemperaturen einen deutlich größeren Arbeitsbereich aufweisen.

Höhere Temperaturen abmildern

Um den Effekt höherer Temperaturen auf das Korn abzumildern, werden viele Maistrocknungsanlagen als Dryerationkonzept umgesetzt. Dazu wird der Trocknungsprozess geteilt, sodass zwischen der Vor- und der Nachtrocknung eine Temperphase zwischengeschaltet wird, in der aufgrund einer gewissen Ruhe ein Feuchteausgleich im Korn selbst und zwischen den Körnern erreicht werden kann. Dadurch werden wesentliche Spannungen, die im Korn während des Trocknungsprozesses entstehen, abgebaut und somit Kornbruch verhindert. Darüber hinaus wandern die durch die Wärme angeregten Wassermolekül-Cluster von innen osmotisch gebunden als Benetzungsfeuchte an die Diffusionsfläche (Kornoberfläche), von der sie mit deutlich weniger thermischem Aufwand entzogen werden können. Diese führt obendrein zur Reduzierung des energetischen Aufwandes während der Trocknung. Bei Errichtungen von neuen Durchlauftrocknungsanlagen für Körnermais ist also eine Temperzone, oftmals auch als Dryerationzone bezeichnet, zu empfehlen.

Welche Lösungen sind am Markt?

Zur Kompensierung des Kompromisses bei der betriebseigenen Maistrocknung haben sich marktfähige Lösungen ergeben, welche durchaus praxisrelevant sind. Zum einen besteht seitens des landauf, landab befindlichen Biogasanlagen oftmals ein ungenutztes Wärmepotenzial. Dies kann und sollte bei der Trocknung von Körnermais immer in Betracht gezogen werden. Allerdings sind diese Anlagen in ihrer Verarbeitungskapazität begrenzt und zum anderen ist die Satztrocknung in Containern sehr heterogen, was ein mehrmaliges Umschichten oder Rühren notwendig macht. Zudem besteht nur eine mittelfristige Planungssicherheit bei der Trocknung mit Biogaswärme, da dieser Betriebszweig auf vielen Betrieben politisch bedingt mittelfristig ausläuft. Die Nutzung der Wärme aus dem Stromerzeugungsprozess von Biogasanlagen kann allerdings auch in stationären Varianten in sogenannten Schnelltrocknungszellen genutzt werden. Für die Maistrocknung werden dazu Niederflurzellen mit stationärem Rührsystem genutzt. Diese werden in der Regel mit Mobiltechnik befüllt und entleert. Die Trocknungsleistung ist abhängig vom Volumen, der Gutfeuchte sowie der Trocknungstemperatur. Erfahrungsgemäß sollte die Schütthöhe bei Gutfeuchten über 30 % nicht mehr als 2 m betragen.

Betriebseigene Lösungen gibt es auch

Stehen diese Möglichkeiten nicht zur Verfügung und kann auf eine betriebseigene Trocknung für Getreide zurückgegriffen werden, so sollte darüber nachgedacht werden, ob eine Feuchtmaiskonservierung als Zwischenlagerung eine Option darstellt. Hierzu bietet sich die Verschlauchung im überbetrieblichen Einsatz an. Dazu wird der frisch gedroschene Mais mit Feuchtegehalten über 25 % in einen Siloschlauch gepresst. Aufgrund des Luftabschlusses und der anhaftenden epiphytischen Milchsäurebakterien entsteht eine Milchsäuregärung, die den Feuchtmais konserviert. Durch diese Feuchtkonservierung verliert der Körnermais die Vermarktungsfähigkeit nicht. So kann der Drusch zur gewünschten Zeit erfolgen und der Körnermais nach erfolgter Milchsäuregärung kontinuierlich getrocknet werden, ohne dass Qualitätsverluste zu erwarten sind. Dieses Vorgehen sollte jedoch mit der aufnehmenden Hand abgesprochen werden, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Beobachtungen der letzten Trocknungssaison zeigen, dass verschlauchte und säurekonservierte Ware die Pansenstabilität der Stärke negativ beeinflussen kann. Dies gilt es bei der Rationsgestaltung für Rinder zu berücksichtigen.

Körnermaiskonservierung ist anspruchsvoll

Die Trocknung von Körnermais ist wesentlich anspruchsvoller als die von anderen Konsumfrüchten. Die hohen Erntefeuchten machen ein sofortiges Konservieren unabdingbar. Entsprechend große Trocknungstechnik vorzuhalten ist einzelbetrieblich nur sinnvoll, wenn die entsprechenden Anbauflächen vorhanden sind. Zuallermeist werden jedoch Kompromisse bei der Maistrocknung eingegangen, die stets eine Abwägung zwischen Druschmenge, Erntegutfeuchte und Verarbeitungskapazität bedeuten.

Körnermaisverschlauchung als Lösung?

Eine Lösung könnte die Verschlauchung von Körnermais im überbetrieblichen Einsatz sein. Um Qualitäten zu sichern, sind eine direkte Ernte nach der Abreife und Trocknung bei maximal 100 °C optimal. Zukünftige Anbauentscheidungen für Mais sollten immer die nachfolgende Nutzung im Auge haben, denn Hybridmaissorten, die vornehmlich für den Silomaisanbau konzipiert sind, lassen sich im norddeutschen Raum nur mit Einschränkungen dreschen. Dies liegt zum einen an der physiologisch bedingten späten Abreife, zum anderen an der der Anbauregion geschuldeten feuchten Ernte. Zahnmais­ähnliche Sorten zeigen hier eine bessere Abreife und ein einfacheres Lösen von der Spindel. Dies sind ganz wesentliche Eigenschaften, welche den Drusch deutlich erleichtern.

Drusch entscheidet über Qualität

Der Drusch entscheidet ganz wesentlich über die spätere Qualität der verkaufsfähigen Ware. Je nachdem wie das Korn von der Spindel kommt, verfügt die Rohware über unterschiedliche Anteile von angeschlagenen und gebrochenen Körnern. Wer Fremdware zum Dienstleistungstrocknen annimmt, ist also gut beraten, eine Probe der Rohware mit Lebensmittelfarbe zu markieren, um analysieren zu können, wie viel Bruchkornanteil in der Rohware vorhanden ist. So kann im Nachgang entsprechend der Abzugstabelle gemäß den Richtlinien der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) eine verkaufsfähige Ware mit maximal 3 % Bruchkornanteil angeboten werden.

Wer Fremdware zum Dienstleistungstrocknen annimmt, sollte eine Probe der Rohware mit Lebensmittelfarbe markieren, um ­analysieren zu können, wie viel Bruchkornanteil vorhanden ist. Foto: Albert Spreu

Fazit

Die Verfahren und Vorgehensweisen zur Maistrocknung sind einzelbetrieblich sehr unterschiedlich. Es ist darum sinnvoll, die eigenen Potenziale auszuloten und danach die entsprechenden Optionen optimal auszunutzen.

Refraktometer sind nützliche Helfer im Kälberstall

0

Eine schnelle Erstversorgung von neugeborenen Kälbern mit ausreichend viel und qualitativ hochwertigem Kolostrum ist essenziell für die langfristige Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Tieres. Ob die Kolostrumversorgung ausreichend ist, hängt nicht nur vom Zeitpunkt und der vertränkten Menge an Kolostrum ab, sondern ebenso von der Qualität des Kolostrums. Diese kann mithilfe einer Kolostrumspindel oder besser noch mit einem Refraktometer bestimmt werden. Die Messmöglichkeiten eines Refraktometers sind vielfältig und umfassen neben dem Kolostrum beispielsweise auch das Blutserum von Kälbern oder den Trockensubstanzgehalt der Kälbermilch. Warum die Messwerte wertvolle Informationen für das Management in der Kälberhaltung liefern, soll im folgenden Artikel erläutert werden.

Ein Refraktometer misst die Konzentration von gelösten Stoffen in Flüssigkeiten. Dabei beruht das Messprinzip auf der Brechung des Lichtes beim Übergang zwischen zwei Medien. Häufig werden Refraktometer unter anderem zur Bestimmung von Salz-, Frostschutz- oder Alkoholgehalt in Flüssigkeiten genutzt. Außerdem ist es möglich, den ImmunglobulinG (IgG)-Gehalt in Kolostralmilch mithilfe eines Refraktometers zu messen. Grundsätzlich sind zwei Geräte voneinander zu unterscheiden. Zum einen das analoge optische Refraktometer, bei welchem der Brechungsindex (Brix) durch Hindurchschauen abgelesen werden muss, und zum anderen das automatische Refraktometer, welches den Brix-Wert bereits digital anzeigt.

Der Blick durch das Okular eines optischen Refraktometers. Anhand der Trennlinie kann der Brix-Wert abgelesen werden. Foto: Dr. Luise Prokop

Der Brix-Wert von Kolostrum

Die Arbeitsschritte sind beim optischen und digitalen Refraktometer sehr ähnlich. Möchte man den Brix-Wert von Kolostrum bestimmen, empfiehlt es sich zunächst, das Kolostrum mit einem sauberen Rührbesen umzurühren, damit eine homogene Masse entsteht. Nun werden einige Tropfen Kolostrum mit einer Pipette entnommen und zwei bis drei Tropfen auf die Linse des Refraktometers gegeben. Das optische Refraktometer sollte nun zur Lichtquelle ausgerichtet und durch Hindurchschauen der Wert an der Übergangslinie zwischen Weiß und Blau abgelesen werden. Dies ist der Brix-Wert. Das digitale Refraktometer zeigt diesen Wert automatisch an.

Bestimmung des IgG- Gehaltes

Mit dem Brix-Wert und der Formel von Quigley kann der IgG-Gehalt genau berechnet oder anhand von Tabellen abgelesen werden. Der Grenzwert für Qualitätskolostrum wurde in verschiedenen Studien (Quigley 2013; Morrill 2015) auf 21 % Brix festgelegt. Aktuelle Studien geben einen Grenzwert von 22 % Brix aus, um gute Kolostrumqualitäten (über 50 mg/ml IgG) sicherzustellen. Die Schwankungsbreite der Kolostrumqualitäten kann sehr groß sein und unterscheidet sich von Betrieb zu Betrieb. Pauschale Aussagen, etwa die, Färsen hätten die geringsten Brix-Werte im Kolostrum, treffen nicht immer zu (Winther und Mahlkow-Nerge, 2021). Es ist daher ratsam, das Kolostrum aller Tiere zu untersuchen. Nur so können fundierte Entscheidungen getroffen werden, welches Kolostrum beispielsweise im Kühlschrank oder Tiefkühler gelagert wird und welches nicht. Wenn der Brix- beziehungsweise IgG-Gehalt bekannt ist, kann dieser auf den Portionsbeutel oder das -gefäß geschrieben werden. So kann je nach Notwendigkeit (zum Beispiel Kälber nach Schwergeburten) das passende Kolostrum herausgesucht und aufgetaut werden.

Die Genauigkeit der Messung

Verglichen mit der Referenzmethode (Radiale Immundiffusion) liefern Refraktometer verlässliche Aussagen zum IgG-Gehalt im Kolostrum. Der exakte Gehalt an IgG ist für die Bewertung des Kolostrums auf den Betrieben auch nicht entscheidend. Für die Praxis ist es wichtig zu wissen, ob das Kolostrum für die passive Versorgung des Kalbes geeignet ist oder nicht. Falls dies nicht der Fall sein sollte, müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Dies können eingefrorene Kolostrumreserven oder der Zusatz von Ersatzpulvern sein.

Der Proteingehalt im Blutserum

Ein Baustein eines erfolgreichen Kolostrummanagements besteht aus qualitativ hochwertigem Kolos­trum. Die anderen Bausteine, wie zum Beispiel Zeitpunkt der Aufnahme, aufgenommene Menge oder hygienische Qualität des Kolostrums, können ebenso beurteilt werden, indem das Blutserum von Kälbern auf den Gesamtproteingehalt untersucht wird. Dafür wird Kälbern in der ersten Lebenswoche, aber nicht am ersten Lebenstag Blut abgenommen. Anschließend muss die Blutprobe zentrifugiert und von dem so gewonnenen Serum ein bis zwei Tropfen auf das Refraktometer gegeben werden. Dieses misst dann die Dichte des Blutserums, die sehr stark von der enthaltenen Proteinmenge beeinflusst wird, die wiederum durch den Anteil an Immunglobulinen bestimmt wird. Der Gesamtproteingehalt wird in g/l gemessen. Es sollten keine Blutproben von Kälbern mit Durchfall untersucht werden. Aufgrund des Wasserverlustes dickt das Blut ein und die Messwerte sind nicht mehr aussagekräftig, da sie nicht mit den Messwerten normal hydrierter Kälber verglichen werden können. Im Ergebnis würden höhere Gesamtproteinkonzentrationen angezeigt werden. Um einen guten Überblick über den Erfolg des eigenen Kolostrummanagements zu bekommen, reichen Blutproben von fünf bis zehn Kälbern aus.

Die Zielwerte im Blutserum

Eine umfassende Studie von Donovan (1998) an über 3.000 Kälbern auf zwei Milchviehbetrieben belegt den engen Zusammenhang des Gesamtproteingehaltes im Blut und der Mortalitätsrate. Insgesamt verendeten 16 % der Kälber oder wurden in den ersten 180 Lebenstagen gemerzt. Die Todesursache von über 56 % dieser Kälber waren Durchfallerkrankungen beziehungsweise Septikämien, bei knapp 22 % traten Atemwegserkrankungen auf. Das Blut von nüchternen Kälbern enthält zirka 40 g Protein je Liter. Beginnend bei Werten von 40 g/l Serum sank die Mortalitätsrate der 3.000 Kälber im Versuch mit steigenden Gesamtproteingehalten anfänglich stark ab. Ab Werten von 55 g/l sank die Mortalitätsrate nur noch sehr schwach. Als Schlussfolgerung ist von einem erfolgreichen passiven Transfer der Immunglobuline auszugehen, wenn 24 Stunden nach der Kolostrumaufnahme ein Proteingehalt von mindestens 55 g/l Blut nachgewiesen werden kann. Bei Werten oberhalb von 65 g/l Blut kommt es nicht zu einem weiteren Absinken der Mortalitätsrate. Proteingehalte unter 50 g/l lassen darauf schließen, dass das Kalb nicht ausreichend gegen pathogene Erreger geschützt ist und somit ein erhöhtes Krankheitsrisiko besteht. Die Bestimmung der Gesamtproteinmenge ist demnach ein sehr gutes Kontrollinstrument für die ausreichende Versorgung der Kälber mit Immunglobulinen. 

Wie viel Kolostrum ist nötig?

Stellt sich nun die Frage, wie viel Kolostrum vom Kalb aufgenommen werden muss, um einen Gesamtproteingehalt von mindestens 55 g/l zu erreichen. Untersuchungen am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp der Landwirtschaftskammer an über 300 Kälbern haben ergeben, dass eine Gabe von 3 l Kolostrum in den ersten drei Lebensstunden nur bei 50 % der Kälber zum Zielwert von über 55 g/l führt. Bei Kolostrumgaben oberhalb von 3 l erreichten 70 % der Kälber den Zielwert. Es scheint also, dass nicht alle Kälber diesen Zielwert von 55 g/l erreichen können, da die Resorption von Immunglobulinen nicht nur von der Menge und dem Zeitpunkt der ersten Kolostrumgabe abhängig ist. Umso wichtiger ist die assistierte Gabe von mindestens 3 l Kolostrum nach der Geburt. Weiteres Erstgemelk und folgende Gemelke sollten den Kälbern möglichst zur freien Aufnahme angeboten werden.

Trockensubstanzgehalte messen

Auch bei der Tränke mit Milch­austauscher kann ein Refraktometer hilfreich sein. Durch die Messung der Trockensubstanz kann festgestellt werden, ob die richtige Konzentration des Milchaustauschers angerührt wurde oder ob Korrekturen vorgenommen werden müssen. Ebenso kann der Trockensubstanzgehalt von Vollmilch beziehungsweise von Mischkolostrum bestimmt werden. So kann durch die Zugabe von Wasser oder Milch­austauscher täglich eine möglichst gleiche Zusammensetzung an die Kälber verfüttert werden.

Mithilfe eines Refraktometers kann auch der Trockensubstanzgehalt einer Kälbermilch bestimmt werden. So lässt sich die Konzentration an Milchaustauscher überprüfen. Foto: Dr. Luise Prokop

Fazit

Die Brix-Messung mit einem Refraktometer ist eine preiswerte, schnelle und ausreichend genaue Methode zur Bestimmung der IgG-Konzentration im Kolos­trum und des Gesamteiweißgehaltes im Blut. Mithilfe dieser Werte kann der Erfolg des eigenen Kolostrummanagements überprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Bei den Refraktometern unterscheidet man optische Geräte, bei denen im Okular der Wert abgelesen werden muss, und digitale Geräte, bei denen der Wert bereits angezeigt wird. Für die Messung von Kolostrum, Blutserum oder Trockensubstanzgehalten in der Milch ist eine Skala des Refraktometers von 0 bis 32 % ausreichend. Empfehlenswert ist die Ausstattung mit einer automatischen Temperaturanpassung, wenn das Refraktometer bei unterschiedlichen Temperaturen (drinnen und draußen) genutzt werden soll.

Inselbauern stellen Existenzfrage

0

Dort, wo Nico Nommsen steht, wähnt man sich im Wattenmeer. Es ist aber fruchtbarer Pellwormer Ackerboden, der nur von Gänsen „bearbeitet“ wurde. Eine beginnende Vegetation, wie auf dem Festland zu dieser Zeit üblich, ist nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Die obersten Zentimeter der Ackerkrume sind durch die Gänsefüße verschlämmt und verdichtet, der Aufwuchs vernichtet.

Der Milchviehhalter wies vergangene Woche Donnerstag gemeinsam mit Melf Melfsen vom Kreisbauernverband Husum-Eiderstedt auf die Notlage der Inselbetriebe hin. „Die Gans macht alles zunichte“, klagt er eine aus seiner Sicht untätige Politik in Kiel an.

Auf dem Ackerboden wachse nichts. Auf dem Grünland schädige die Überzahl der Gänse die Grasnarbe, was Disteln und Ampfer begünstige. Die notwendige Nachsaat sei im Rahmen von Naturschutzprogrammen aber schwierig, kritisierte Nommsen und fordert dringend mehr Flexibilität in den Programmen. Das gelte auch für den Ackerbau. „Wie soll hier in Zukunft noch Landwirtschaft stattfinden?“, fragt er in Richtung Politik. Als Lösung kann er sich eine Begrenzung der Gänsezahl vorstellen oder eine wirksame finanzielle Entlastung. Gerade für Futterbaubetriebe bleibe selbst dann das Problem der Versorgung der Rinder, denn auf Futter vom Festland könne man nur zu hohen Kosten zurückgreifen.

Äsungsflächen auf Naturschutzflächen sind laut Nommsen ein „endloses Thema“. Diese Flächen müssten bewirtschaftet werden, weil die Gans kurzes, frisches Gras bevorzuge im Gegensatz zu altem, überständigem Gras. Insgesamt gehe es den Pellwormer Landwirten nicht nur wirtschaftlich an die Substanz, machte der Landwirt deutlich. Die Situation sei auch psychisch an der Grenze der Belastbarkeit.

Melfsen fragt, ob man es sich in der heutigen Zeit noch erlauben könne, die Existenz zahlreicher Betriebe infrage zu stellen. Die angebotenen Vertragsnaturschutzmaßnahmen seien „überhaupt nicht ausreichend“. Sie dienten nur dazu, die Gänse zu schützen, nicht aber dazu, „dass die Bauern überleben“. Man müssen über neue Möglichkeiten nachdenken, beispielsweise ein Kooperationsmodell von Landwirten, das sich mehr an der Praxis orientiere. Melfsen forderte eine Lösung für die „Standgänse“, die dauerhaft auf der Insel siedelten. Melfsen warnt die Landespolitik: „Wenn Sie wach werden, sind die Landwirte nicht mehr da.“

Auf einer Videokonferenz der Inselbauern mit dem Kieler Landwirtschaftsministerium am gleichen Tag wurde deutlich, dass eine Lösung schwierig ist, solange die Gänsezahl nicht zur Sprache komme. Inzwischen würden die Vögel aus Futtermangel Deiche und Grabenkanten abfressen. Die aktuell diskutierten Vertragsnaturschutzmodelle sind den Pellwormer Bauern zufolge wenig hilfreich, sie führten nur dazu, dass Futter und Stroh auf der Insel fehlten. Ohnehin scheiterten viele Vertragsnaturschutzmuster an der Bürokratie.

Eine Vergrämung sei wenig erfolgreich und betrieblich nicht zu leisten. Der Anbau von skandinavischen Getreidesorten mit einer kürzeren Vegetationsperiode wurde verworfen. Im Gegenzug wurde eine Prämie für die Nichtnutzung von Flächen in Höhe von 1.200 €/ha von den Landwirten in Richtung Politik vorgeschlagen. Deutlich wurde, dass die Probleme komplexer sind als die derzeitigen Lösungsvorschläge der Politik.

Der Hut bleibt auf dem Kopfe

0

Marlies Nelz besuchte vor Corona viele Veranstaltungen der LandFrauen und war wegen ihrer ungewöhnlichen Profession ein gern gesehener Gast. So reiste die Modistenmeisterin aus Hochdonn in Dithmarschen auch zum LandFrauentag Schleswig-Holstein nach Neumünster an – und erfreute dort vor allem die weiblichen Gäste mit ihren Hutkreationen.

Seit vielen Jahren ist Marlies Nelz mit ihren Produkten auch auf Kunsthandwerkermärkten unterwegs. In ihrem Haus nahe am Nord-Ostsee-Kanal organisierte sie Tage der offenen Tür und einen Tag des Handwerks. Ihre Mitstreiterinnen vom LandFrauenverein Süderhastedt halfen ihr bei der Bewirtung der Gäste mit Kaffee und Kuchen. Seit rund 25 Jahren engagiert sich Marlies Nelz bei den Süderhastedter LandFrauen und war auch als Beisitzerin in der Vorstandsarbeit aktiv. Sie mag die vielen Veranstaltungen, Ausflüge und Aktivitäten: „Es ist immer schön, zusammen etwas zu unternehmen.“

Mit dem ersten Lockdown im März 2020 war für die 61-Jährige aber Stillarbeit in ihrer Kellerwerkstatt angesagt. Gerade der Austausch mit anderen LandFrauen sowie Besucherinnen und Besuchern fehlte der Hutmacherin. „Das war bitter, aber jetzt will ich nach vorne blicken und freue mich auf die nächsten Veranstaltungen und Märkte“, erzählt die Handwerksmeisterin. Auch in ihrem „Showroom“, wie sie ihr häusliches Atelier nennt, will Marlies Nelz wieder mit den Kunden persönlich ins Gespräch kommen. Davon gibt es eine ganze Menge, seit sie zwei Mal im NDR-Fernsehen auftrat. Gleich nach der ersten Sendung im Jahr 2016 strömten jede Menge Hut- und Mützenfans nach Hochdonn. „Die Sendung lief abends an einem Sonnabend, am nächsten Morgen kamen Leute sogar aus Usedom und Bayern einfach direkt vorbei und standen vor unserer Tür. Die wollten einfach nur mal gucken“, erinnert sich die Dithmarscherin.

Die Hutmacherin bei der Arbeit in ihrer Werkstatt. Foto: Sven Tietgen

Besonders nachgefragt war und ist der sogenannte Dithmarscher Deichläufer. Der Stoff für die Hutkreation wird aus reiner Wolle extra in Meldorf von Menschen mit Handicaps in den Werkstätten der Stiftung Mensch gefertigt. Die Hutmacherin hat daraus einen Hut entwickelt, der auch bei windigem Schietwetter auf dem Kopf bleibt. „Wichtig ist, dass der Deichläufer die richtige Größe hat, und dann fliegt auch kein Hut weg“, betont die Modistenmeisterin, die für den sturmfesten Hut auch einen Innovationspreis erhalten hat.

Eigentlich bevorzugt sie für die wollene Kopfbedeckung die Bezeichnung Dieklöper – denn Plattdeutsch spricht sie lieber als Hochdeutsch. Das wurde auch deutlich bei ihrem zweiten TV-Auftritt, dem sie nur unter Vorbedingungen zustimmte. So sollte Moderator Jared Dibaba ein gelbes Dieklöper-Modell von ihr tragen und „op Platt“ mit ihr das Gespräch führen. „Beides hat denn auch geklappt, damit konnte ich mich als Dithmarscher Dickkopp durchsetzen“, erklärt sie mit einem Augenzwinkern.

Bauernblatt-Reporter Sven Tietgen probierte das preisgekrönte Hutmodell gleich selbst aus. Foto: privat
Moderator Jared Dibaba trägt ein Modell von Hutmacherin Marlies Nelz. Foto: Sven Tietgen

In ihrer Werkstatt in Hochdonn probiert Marlies Nelz gerne neue Materialien und Formen aus. So greift die Modistenmeisterin auch mal zu Kork oder gewachster Baumwolle, die sie für eine regenfeste Outdoorkollektion extra aus England importiert. London gehört übrigens auch zu ihrem beruflichen Lebenslauf, der mit der Ausbildung zur Modistin 1978 in Lübeck begann. Dort legte sie 1987 ihre Meisterprüfung ab und betrieb anschließend in Hamburg ein Ladengeschäft. Von dort wechselte sie in die britische Hauptstadt zum königlichen Hoflieferanten – aber nur für wenige Tage.

Denn der Inhaber wollte Marlies Nelz nur als Anleiterin für die Mitarbeiterinnen in der Hutproduktion engagieren. Neue Ideen waren dabei unerwünscht, auch bei der Beratung der royalen Kundschaft im Londoner Showroom durfte die Hutmacherin nicht dabei sein. „Das war frustrierend, der Mann ließ sich auf keinerlei Diskussionen ein, das ging für mich gar nicht“, berichtet die Hutexpertin. Im Jahr 1999 kehrte sie in ihre Dithmarscher Heimat zurück und startete die Hutmacherwerkstatt im Wohnhaus als Kleingewerbe.

Zahlreiche Unikate prägen den Showroom im Keller, dazu fertigt sie auch sogenannte Fascinators – kleine Accessoires für die Haarpracht, manchmal mit glitzerndem Strass oder Federn. „Die trägt frau für Theaterabende oder in der Pandemie auch mal beim Onlinemeeting“, verrät die Modistenmeisterin.

Sie selbst ist aber nicht im Internet unterwegs, Marlies Nelz bevorzugt den persönlichen Kontakt. Zudem sei es wichtig für die Kundinnen, die Kopfbedeckungen passgenau auszusuchen und anzuprobieren. Das können die Hut- und Mützenfans bald auch auf verschiedenen Kunsthandwerkermärkten machen. Weit fahren müssen sie dafür aber nicht, denn Marlies Nelz steuert nur Märkte in maximal 100 km Entfernung von ihrem Heimatort an.

Den Deichläufer-Hut gibt es in vielen Farben und Größen. Foto: Sven Tietgen

Ausbildungsbetrieb des Jahres 2022 im Beruf Landwirt

In diesem Jahr wird erneut der Ausbildungsbetrieb des Jahres im Beruf Landwirt ausgezeichnet. Landwirtschaftskammer, Bauernverband, Gewerkschaft IG Bau, Verband Landwirtschaftlicher Fachbildung, LandFrauenverband und Landjugend wollen damit in gemeinsamer Aktion das große Ausbildungsengagement in der Landwirtschaft sichtbar machen.

Die Auszeichnung wird im Rahmen des Landesbauerntages im September vergeben. In den beiden Vorjahren konnte diese Präsentation coronabedingt nicht erfolgen.

Rund 250 junge Menschen absolvieren in Schleswig-Holstein jährlich erfolgreich die Abschlussprüfung im Beruf Landwirt. Ermöglicht wird diese erfolgreiche Nachwuchskräftesicherung durch das hohe Ausbildungsengagement der rund 650 aktiven Ausbildungsbetriebe in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften der Beruflichen Schulen. Sie investieren Zeit, Kraft und oft auch viel Herzblut in die Entwicklung der jungen Menschen.

Die Auszeichnung „Ausbildungsbetrieb des Jahres“ wird an einen Betrieb vergeben, der sich durch außerordentliche Ausbildungsleistungen besonders hervorhebt. Bewertet werden Aspekte wie:

– Dauer der Ausbildertätigkeit

–transparenter Ablauf der Ausbildung

– gute Arbeitsbedingungen

– gezielte Förderung der Auszubildenden

– bezogen auf das Leistungspotenzial des Ausbildenden gute/sehr gute Abschlussleistungen

Betriebe können vorgeschlagen werden oder sich selbst bewerben. Durch einen kurzen Bewerbungsbogen werden die Ausbildungsaktivitäten erfragt. Die Auswahl trifft eine von den beteiligten Organisationen gebildete Kommission.

Der vollständige Fragebogen ist auf der Internetseite der Landwirtschaftskammer lksh.de unter Aus- und Weiterbildung/Ausbildungsplätze eingestellt. Fragen zum Verfahren beantworten die landwirtschaftlichen Ausbildungsberater der Kammer sowie die Bildungsverantwortlichen der beteiligten Verbände. Einsendeschluss ist der 31. März 2022.

Bei Regelbesteuerung Umsatzsteuer nicht mitversichern

Ein Wechsel zur Regelbesteuerung hat Konsequenzen für die Höhe der Versicherungsleistungen im Schadensfall. In den Versicherungsbedingungen ist geregelt, dass die Umsatzsteuer nicht ersetzt wird, wenn der Versicherungsnehmer vorsteuerabzugsberechtigt ist.

Die Versicherung ersetzt dem geschädigten Versicherungsnehmer nur den Nettoschaden, das heißt die Versicherungssumme ohne die Mehrwertsteuer. Dies ist für die Ermittlung der Versicherungssummen und somit für die Berechnung der Beiträge von Bedeutung. Wird die Umsatzsteuer nicht in die Versicherungssummen einbezogen, ermäßigt sich der zu zahlende Beitrag ebenfalls – um 19 %! Daher sollten regelbesteuerte Betriebe ihre Versicherungssummen überprüfen und ohne Mehrwertsteuer versichern. Bei Gebäuden gilt dies nur für die Wirtschaftsgebäude, da bei Wohngebäuden die Aufwendungen für die Wiederherstellung in der Regel nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind. Auch in Inventar- und Photovoltaikversicherungen können bei Regelbesteuerung die Versicherungssummen ohne die Mehrwertsteuer festgesetzt werden, um Beiträge zu sparen.

Die Ansprechpartner für Versicherungsfragen bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein:

Henry Bremer, Büro Schleswig,  Tel.: 0 46 21-96 47-23 , Region Nord (nördlich Nord-Ostsee-Kanal)

Matthias Panknin, Büro Bad Segeberg, Tel.: 0 45 51-95 98-95, Region Süd (südlich Nord-Ostsee-Kanal)

Mit Duft oder ohne – das ist hier die Frage

0

Schon Großmutter schätzte die farbenprächtigen Blüten der Wicken in Garten und Vase. Zur Familie gehört neben der bekannten einjährigen Duftwicke (Lathyrus odoratus) auch die mehrjährige Staudenwicke (Lathyrus latifolius). Manchmal werden die Pflanzen als „Platterbsen“ angeboten.

Am Samenständer findet sich eine Vielzahl verschiedener Sorten der einjährigen Duftwicke (Lathyrus odoratus). Niedrige Züchtungen mit einer Wuchshöhe von bis zu 30 cm kommen ohne eine Rankhilfe aus. Sie eignen sich daher besonders gut für den Kübel, den Balkonkasten oder als Unterpflanzung zu Rosen. Die halbhohen und hohen Sorten wachsen zwischen 60 und 200 cm hoch. Sie benötigen immer eine Rankhilfe in Form von Stäben, Zäunen oder Gittern. Die Farbpalette lässt keinen Wunsch offen. Die etwa 3,5 cm großen Schmetterlingsblüten erscheinen von Juni bis September in kräftigem Rot, Rosa, Violett oder Blau, aber auch in Malvenfarben und Weiß. Einige Sorten bilden sogar unterschiedlich ausgefärbte Blüten an derselben Pflanze aus. Die Wicke eignet sich hervorragend zur Begrünung von Mauern, Zäunen oder Spalieren und lässt sich zudem im Kübel halten, vorausgesetzt, dieser bietet genügend Platz für das lange Wurzelwerk der Pflanzen. Am besten gedeihen sie in kalkhaltiger Erde mit hohem pH-Wert und einer nährstoffreichen, tiefgründigen Beschaffenheit an einer sonnigen bis halbschattigen Stelle. Wicken stehen gerne windgeschützt und mögen keine allzu pralle Mittags­sonne.

Mit der Vorkultur von Wicken im Topf lässt sich die Blüte verfrühen. Foto: Karin Stern

Die Aussaat der Duftwicke erfolgt aus dem gleichen Grund ab März in Vorkultur auf der Fensterbank oder ab Mitte April direkt ins Freiland. Manche Gärtner bevorzugen die satzweise Aussaat alle zwei bis drei Wochen. Die runden Samen sind recht hart und keimen besser, wenn sie über Nacht in Wasser eingeweicht werden. Die Angaben auf der Rückseite der Samentüten hinsichtlich Aussaattiefe und Platzbedarf sollten unbedingt beachtet werden. Während der Keimphase dürfen die Töpfe warm stehen. Nach dem Auflaufen brauchen sie einen hellen und kühlen Platz zur weiteren Entwicklung. Für einen noch üppigeren Blütenflor wird empfohlen, die Triebspitze nach dem Erscheinen des zweiten Blattpaares auszubrechen und die Pflanze so zum Verzweigen anzuregen. Ab Ende April bis Mitte Mai pflanzt man vorgezogene Wicken an ihren endgültigen Standort. Dabei können sowohl Horste als auch Reihen gebildet werden. Wenn die Jungpflanzen eine Höhe von etwa 20 cm erreicht haben, häufelt man sie etwas an.

Für ein gutes Wachstum und reichen Blütenflor sind neben der oben beschriebenen Bodenqualität auch die Nährstoff- und Wasserversorgung entscheidend. Wicken wissen zwar einen feuchten Boden zu schätzen, vertragen aber keine Staunässe. Als Dünger empfiehlt sich ein Langzeitdünger für Blütenpflanzen, der beim Auspflanzen der vorgezogenen Setzlinge gegeben wird. Zwei bis drei sofort wirksame flüssige Nachdüngungen im Juli regen die Pflanzen zu einer neuen Blütenbildung an. Förderlich dafür ist auch häufiges Schneiden für die Vase. Abgeblühte Triebe sollten regelmäßig herausgeputzt werden. Bilden sich erst Samenkapseln, ist es mit der Blüte schnell vorbei. Tipp: Duftwicken alljährlich einen neuen Standort geben, um Bodenmüdigkeit zu vermeiden.

Dicht besetzte Blütenstiele bringen Farbe in den Garten. Foto: Karin Stern

Die mehrjährige Staudenwicke (Lathyrus latifolius) blüht ebenfalls von Juni bis in den September hinein. Die bis zu 2 m langen Triebe begrünen vom Austrieb bis zum Herbst entweder die Kletterhilfe, oder sie bedecken in der Horizontalen den Boden. Über unterirdische Ausläufer breiten sie sich gerne in der Fläche aus, lassen sich mit der Gartenschere jedoch leicht im Zaum halten. Die Blüten erscheinen gleich traubenweise am Stängel. Sie verbreiten zwar keinen Duft, enthalten aber viel Nektar und werden entsprechend gerne von Insekten besucht. Die absolut frostharte Staude mag ebenso wie die einjährige Variante sonnige bis halbschattige Standorte. Der Boden darf jedoch auch etwas trocken sein, sodass sie auch gut auf Baumscheiben zurechtkommt. Etwas mehr Bodenfeuchtigkeit wird jedoch ebenso akzeptiert. Der Boden sollte durchlässig, nährstoff- und humusreich sein. Die Aussaat erfolgt zwischen März und Juni direkt am gewünschten Standort. Alternativ bekommt man die Staude im Frühjahr oder Herbst als Topfware im Handel. Die Pflege ist ganz unkompliziert. Vor dem Austrieb im Frühjahr entfernt man die abgestorbenen Triebe. Ansonsten beschränkt sich die Arbeit auf das Ausputzen von Verblühtem und eine Gabe Langzeitdünger während des Austriebs. 

Sortentipps Duftwicken:

‚Lord Nelson‘: dunkelblaue Blüten, 180 cm hoch
‚Gigantea‘: bunte Mischung bis 200 cm hoch, früh blühend
‚Sommerduft‘: hängende Wicke für Ampel und Kübel, 50 cm hoch, rosa bis violett
‚Überriesen‘: scharlachrote Blüte, zirka 120 cm hoch
‚Blue Ripple‘: weiß-blaue Blüte, bis 200 cm hoch

Sortentipps Staudenwicke:

‚Rosa Perle‘: rosafarbene Blüte
‚Rote Perle‘: karminrote Blüte
‚Weiße Perle‘: weiße Blüten

Historische Grünanlage aus barocken Zeiten

0

Der Jersbeker Park ist der am besten erhaltene barocke Gutspark in Schleswig-Holstein und auch die größte Barockanlage bei Hamburg, von dessen Zentrum der Park etwa 25 km nordöstlich im schleswig-holsteinischen Stormarn liegt. Die barocken Grundformen sind erhalten, und das etwa 8 ha große Gelände beeindruckt durch herrliche Bäume und lange, alte Alleen, während im Frühjahr bunte Frühjahrsblumen wie Hohe Schlüsselblume, Scharbockskraut und Waldgelbstern das Bild prägen. Der Ort eignet sich für ruhige und entspannende Spaziergänge in historischem Ambiente.

Ausgangspunkt für den Parkbesuch ist ein Rondell, von dem verschiedene Wege abgehen. Geradeaus betritt man durch eine Tor­anlage den Park, der Weg rechter Hand führt zum Torhaus des Gutsgeländes, hinter dem sich der Zugang zu dem privat genutzten, abgeschirmten Herrenhaus befindet. Das zweigeschossige Torhaus stammt von 1678 und ist der historische Zugang zum Gutsgelände. Im Keller befand sich früher das Gutsgefängnis, und die Seitengebäude dienten als Wohnungen für die Gutsarbeiter. Nach der Abtrennung Jersbeks vom Hauptgut Borstel entwickelte es sich zu einem selbstständigen Gut. Das zugehörige Herrenhaus wurde 1617 bis 1620 errichtet und danach noch baulich verändert. 1726 wurde der wohl bekannteste Repräsentant des Barock im Lande, Bendix von Ahlefeld (1679-1759), Besitzer von Jersbek.

Geschichte des barocken Gartens

1726 gilt auch als das Jahr, in dem mit dem Aufbau des Barockgartens begonnen wurde, dessen Fertigstellung mit dem Jahr 1740 angegeben wird. Ganz im Stil des französischen Barock entworfen, findet sich die entlang einer großen Hauptachse angeordnete Dreiteilung in Parterre, Boskett und Waldquartier, wie es auf dem Kupferstich von Christian Fritzsch aus dem Jahre 1747 zu sehen ist. Im Parterre befanden sich beispielsweise zentrale Wasserbecken und mit Buchsbaumhecken gesäumte niedrige, reich verzierte Blumenbeete, während die seitlichen Boskettbereiche mit Heckengärten und halbhoch geschnittenen Bäumen und Sträuchern versehen waren, in denen man lustwandeln konnte, in denen aber auch Obst, Gemüse und Blumen gezogen wurden. Eine 500 m lange, vierreihige Lindenallee führte zum Waldquartier mit Tiergarten und Jagdsternen, einem Bereich, der vor allem dem Jagdvergnügen diente.

Quer zur Hauptsichtachse verläuft die vierreihige Lindenallee. Foto: Hans-Dieter Reinke

Wer den Entwurf für die Anlage entwickelt hat, ist unbekannt, allerdings vermutet man, dass auch Gutsherr von Ahlefeld manches von den Gartenanlagen selbst geplant hat. Jedenfalls war der Park zu seiner Zeit in Deutschland weit über die Region hinaus bekannt und gern besucht.

Das barocke Grundgerüst der Anlage ist bis heute erhalten: die Quartierseinteilung, die vierreihige Lindenallee, die Querallee sowie die zweireihigen Seitenalleen, Seitenhecken, der Heckengang aus Hainbuchen und Linden sowie die kreisförmig gepflanzte Gruppe aus zwölf Linden (Zwölf Apostel).

Entwicklung zum Landschaftspark

Ab 1774 erfolgte wohl die Auflösung der Zieranlagen, allerdings unter Beibehaltung der Alleen und Reihengehölze. Ab 1840 wurde der Park in einen Landschaftspark mit diversen Einzelbäumen umgewandelt, wofür der damalige Besitzer Graf Theodor von Reventlow verantwortlich zeichnete. Der heutige Eigentümer Julius von Bethmann Hollweg ist ein Nachfahre des Grafen. Die damals gepflanzten Solitäre von Eichen, Buchen, Kiefern, Eschen, Linden und Esskastanien sind heute zum Teil zu prächtigen Baumgestalten herangewachsen. Auch neu gepflanzte Robinien, Libanonzedern, Eiben und Sumpfzypressen sind im Gelände zu ­entdecken.

Nach einem ab 1982 entwickelten Pflege- und Erhaltungskonzept erfolgte eine umfassende Sanierung der Alleen in den Jahren 1984 bis 1987 durch den Kreis Stormarn, und seit 1986 steht die Anlage unter Denkmalschutz. Seit 2010 kümmert sich der Förderverein Jersbeker Park um die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, finanziert durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Baumpatenschaften sowie öffentliche Mittel von Gemeinde, Kreis und Denkmalschutz sowie der Sparkassen-Stiftung.

Rundgänge und Besichtigungsstationen

Vom Rondell aus kann man nach Durchschreiten des Parkeingangstores einem kleinen, 1,5 km langen Rundweg folgen, bei dem sechs der ausgewiesenen Stationen den Weg säumen. Neben der an der Straße gelegenen Station 1 mit dem Parkplatz, dem Fasanenhof und dem ehemaligen Küchengarten stellen das Rondell und das Torhaus Station 2 dar. Die dritte Station folgt sogleich nach dem Passieren des Tores. Hier befindet sich der Standort des ehemaligen, 1738 erbauten Gartenhauses, dessen Saalbau für Festivitäten und Veranstaltungen genutzt wurde. Allerdings wurde das Gebäude bereits 1820 wegen Baufälligkeit wieder abgerissen. Der Grundriss des ehemaligen Gartenhauses wurde durch Plattenbänder nachgebildet. Von hier kann man die Anlage mit ihren Alleen und Solitärbäumen ganz gut überblicken.

Der Weg führt ins Gelände zur Station 4 mit dem Lindenkreis der Zwölf Apostel, an deren Stelle sich früher im Boskett der sogenannte Grüne Salon für den Empfang einer kleineren Gästegruppe befand. Neun der etwa 280 Jahre alten Linden stammen noch aus der ursprünglichen Bepflanzung. Von hier geht es über einen Heckengang aus Linden und Hainbuchen (Station 5) zur alten Hainbuchenhecke, die in Richtung Norden zur Querallee führt. Geht man diese mehrreihige Lindenallee ganz durch und biegt am Ende nach links Richtung Süden ab, gelangt man wieder zum Gartenhausstandort, und die kurze Runde schließt sich.

Vierreihige Lindenallee und Waldquartier

In der Mitte der Querallee (Station 6) biegt die wichtigste Allee des Parks, die 500 m lange, vierreihige Lindenallee, die „Windallee“ nach Norden ab in Richtung Waldquartier. Die mittlerweile 300 Jahre alten Linden werden seit 1984 baumchirurgisch und durch Entlastungsschnitte und Kroneneinkürzungen bearbeitet. Bei Nachpflanzungen von Bäumen werden gern Baumpatenschaften vergeben. Von den 600 Linden im Jersbeker Park müssen zehn bis 15 Altbäume jedes Jahr vom Förderverein aus Verkehrssicherheitsgründen abgenommen und nachgepflanzt werden. Hier kann jeder spenden oder eine Baumpatenschaft übernehmen, beispielsweise im Rahmen einer Hochzeits- oder Geburtstagsfeier oder für die Enkelkinder oder die Großeltern.

Am Ende der Wasserallee stoßen wir auf ein kleines, achteckiges Wasserbecken (Station 7), das der nahen Gutsförsterei als Feuerlöschteich dient. In dem Wasserbecken steht seit 2015 ein Obelisk, der sich als „Point de Vue“ am Ende der Hauptsichtachse des Parks befindet. Neben den angrenzenden Jagd­sternen bieten sich hier auch noch Wandermöglichkeiten durch den Wald, beispielsweise zur Station 7 mit dem Grabmal eines der ehemaligen Gutsbesitzer, Paschen von Cossel, oder entlang der Eichenallee Oberteicher Weg (Station 9), einer Alleestraße, die bereits auf dem historischen Kupferstich von 1747 abgebildet ist. Im nahe gelegenen Begräbniswald „Waldfrieden am Barockpark“ werden Waldbestattungen durchgeführt.

Am Ende der 500 m langen Hauptallee in Richtung Waldquartier steht ein Obelisk in einem kleinen, achteckigen Wasserbecken. Foto: Hans-Dieter Reinke

Eiskeller und Fasanenhof

Die letzte der Stationen mit der Nummer 10 befindet sich vom Rondell ein Stück die Ortsstraße entlang in entgegengesetzter Richtung zum Parkplatz, quasi in Sichtweite des Herrenhauses. Hier liegt auf einer kleinen Anhöhe der 1736 erbaute, kleine, reetgedeckte Eiskeller. In einen Kühlraum wurde alljährlich Natureis eingefüllt, um in dem rund 20 m² großen Vorraum Milch, Käse, Butter und andere Produkte kühl lagern zu können; also ein früherer, etwas groß geratener Kühlschrank. Die Wegstrecke über alle zehn Stationen beträgt etwa 3,5 km.

Auf einer natürlichen Anhöhe liegt das reetgedeckte Gebäude des Eiskellers. Foto: Hans-Dieter Reinke

Nach der ebenso historisch wie naturerlebnisreich inspirierten Wanderung kann man im Landgasthof „Zum Fasanenhof“ einkehren, der sich 100 m vom Torhaus entfernt am Parkplatz befindet. Es war das Gasthaus des Gutes Jersebek, und mittlerweile kann die Gaststätte auf eine 250-jährige Tradition zurückblicken.

Ein Leben lang geschützt

In der Leitlinie zur Impfung von Pferden der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (Stiko Vet) heißt es: „Die Impfung ist die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung von Infektionskrankheiten und deren Verbreitung.“ Impfen biete sowohl Schutz für das Einzeltier als auch für den Bestand und schließlich die gesamte Population. Für die Grundimmunisierung von Fohlen gilt es, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Nur dann ist ein lebenslang optimaler Impfschutz gewährleistet.

Die Stiko Vet unterscheidet in ihrer Leitlinie zwischen „Core-Komponenten“ und „Non-Core-Komponenten“. Erstere richten sich gegen Krankheitserreger, vor denen „jedes Pferd zu jeder Zeit geschützt sein muss“ – also sehr ansteckende oder schwere Infektionen mit hoher Sterblichkeitsrate. Zu diesen werden in der aktuellen Leitlinie Tetanus, Equine Influenza und Equine Herpesvirusinfektionen gezählt.

Ein Impfschutz gegen Tetanus ist unverzichtbar, schließlich kommt das Bakterium Clostridium tetani überall vor, beispielsweise in der Erde. Gelangen diese Bakterien in eine Wunde, und sei sie noch so winzig, wird unter anderem Tetanospasmin gebildet – ein hochgiftiges Toxin. Eine Tetanusinfektion, auch als Wundstarrkrampf bekannt, greift die muskelsteuernden Nervenzellen an und führt häufig zu einem qualvollen Tod. Pferde gelten zudem als besonders empfindlich gegenüber Tetanustoxin. Sie nicht zu immunisieren, „verstößt gegen den Tierschutz und ist unverantwortlich, da die Impfung der einzige wirksame Schutz gegen die Erkrankung an Tetanus ist“, urteilt die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN).

Auch die Immunisierung gegen Equine Influenza gilt als notwendig, für Turnierpferde ist sie Pflicht. Die Erkrankung, die auch als „Pferdegrippe“ bekannt ist, äußert sich durch hohes Fieber und starken Husten, tragende Stuten erleiden mitunter eine Fehlgeburt. Chronische Schäden an Lunge oder Herz sowie Folgeerkrankungen wie Druse oder sogar Hufrehe sind möglich, insbesondere wenn den vierbeinigen Patienten nicht ausreichend Zeit zur Genesung gegönnt wird. Die hochansteckenden Viren können schon dann weitergegeben werden, wenn noch keine Symptome vorhanden sind. Geimpfte Pferde sind zwar nicht gänzlich gegen eine Infektion gefeit, zeigen in der Regel jedoch mildere Verläufe.

Die FN empfiehlt zusätzlich die Impfung gegen das Equine Herpesvirus (EHV), die Stiko Vet stuft sie gar als „Core-Komponente“ ein. Etwa 80 % der Pferde tragen Herpesviren in sich – meist unbemerkt. In Stresssituationen können diese Viren wieder aktiviert und ausgeschieden werden. Die Impfung reduziert diese Freisetzung und somit die Ansteckungsgefahr für andere Pferde. Ziel ist es also, durch die Immunisierung möglichst vieler Pferde den Infektionsdruck zu reduzieren. „Nur einzelne Tiere eines Bestands zu impfen, führt nicht zum angestrebten Impferfolg“, warnt die Stiko Vet. Leider bietet auch eine regelmäßige Immunisierung keinen vollständigen Schutz vor einem Herpesausbruch, die Symptome sind dann aber in der Regel weniger stark ausgeprägt.

Unter Umständen empfehlenswert

„Non-Core-Komponenten“ werden von der Stiko Vet nicht grundsätzlich für alle Pferde empfohlen, sondern nur dann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Das gilt beispielsweise für Impfungen gegen Druse, Equine Rotavi­rus­infektionen, Lyme-Borreliose und Infektionen mit dem West-Nil-Virus.

Die StIKo Vet empfiehlt, im Alter von sechs Monaten mit der Grundimmunisierung zu beginnen. Foto: Imago

Die hochansteckende Druse wird von Bakterien verursacht. Typische Symptome sind Husten, Fieber, grüner Nasenausfluss und geschwollene Lymphdrüsen. In einigen Fällen kommt es zu Organschäden oder schlimmstenfalls zum Tod. Eine Ansteckung ist nicht nur direkt von Pferd zu Pferd möglich, sondern auch über Vektoren wie Menschen oder Stallausrüstung, beispielsweise Wassereimer und Futtertröge. Die Stiko Vet rät unter anderem wegen möglicher Nebenwirkungen von einer generellen Impfung ab und empfiehlt sie lediglich „als Notfallmaßnahme zur Verringerung der klinischen Symptome bei akut infektionsgefährdeten Pferden“.

Für Fohlen kann eine Infektion mit dem Equinen Rotavirus zu gefährlichen Durchfällen führen. Geimpft werden die Pferdemütter noch während der Trächtigkeit (im achten, neunten und zehnten Trächtigkeitsmonat). Die Fohlen nehmen die Antikörper dann über das Kolostrum auf und erkranken dadurch seltener an Rotavirusdurchfällen. „Die Impfung wird in Beständen mit nachgewiesenen Rotavirusinfektionen bei gutem Hygienemanagement empfohlen“, so die Stiko Vet.

Seit 2015 gibt es für Pferde eine Impfung gegen Lyme-Borreliose. Da die Borrelien beim Saugen der Zecke schon in deren Körper deaktiviert werden sollen, ist ein hoher Antikörperspiegel im Pferdeblut wichtig. Die Stiko Vet schlägt daher insgesamt vier Injektionen für die Grundimmunisierung vor – eine mehr als der Hersteller empfiehlt. Die Immunisierung ist ab einem Alter von zwölf Wochen möglich. Wichtiger Hinweis der Stiko Vet: „Eine Impfung infizierter Pferde ist nicht zu empfehlen. Pferde, von denen anzunehmen ist, dass sie Kontakt zu Zecken hatten, sollten vor der Impfung mittels Antikörpernachweis auf eine eventuelle Infektion hin untersucht werden.“

West-Nil-Virus auf dem Vormarsch

Die Impfung gegen das West-Nil-Virus zählt ebenfalls zu den „Non-Core-Komponenten“, die Experten der Stiko Vet raten in betroffenen Gebieten und benachbarten Regionen dennoch dringend zur Impfung. Das gilt auch dann, wenn die Pferde zwar nicht in den genannten Gebieten leben, aber dorthin reisen sollen. Die Arboviren werden von Stechmücken übertragen und verursachen unter anderem Fieber und neurologische Ausfallerscheinungen. Einige Pferde erleiden bleibende neurologische Schäden, manche sterben.

Laut Stiko Vet ist die Impfung ab dem fünften beziehungsweise sechsten Lebensmonat möglich. Wichtig sei die rechtzeitige Impfung vor Beginn der Mückensaison, also im Verlauf des Frühjahrs. So könnten „in der Zeit der wahrscheinlichsten Virusübertragung in der warmen Jahreszeit die höchsten Antikörpertiter“ erzielt werden. Die Impfung reduziere jedoch nur „die Dauer und Schwere der klinischen Symptome“.

Für das Jahr 2020 wurden nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts bis zum 1. Oktober 16 Infektionen mit dem West-Nil-Virus bei Pferden aus Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und erstmals auch aus Niedersachsen nachgewiesen, vier Pferde starben. Experten befürchten, dass sich das West-Nil-Virus in Zukunft weiter in Deutschland ausbreiten wird und somit die Impfempfehlungen entsprechend angepasst werden müssen. Zusätzlichen Schutz bieten Insektenschutzmittel.

Den richtigen Zeitpunkt finden

Fohlen bekommen über das Kolostrum Antikörper von der Mutter. Ein guter Impfstatus der Zuchtstute zum Zeitpunkt der Fohlengeburt ist daher erstrebenswert. Foto: Imago

Wann der Pferdenachwuchs zum ersten Mal geimpft wird, ist entscheidend für den tatsächlichen Impferfolg. Passiert dies nämlich zu früh, kann der Impfschutz schlimmstenfalls lebenslang nicht optimal ausgebildet werden. Tierärztin Dr. Christine Aurich erklärt: „Fohlen können relativ früh auch schon selbst Antikörper erzeugen, aber solange maternale Antikörper im Organismus des Fohlens nachweisbar sind, kann die Impfung nicht so gut wirksam werden.“

Der Grund: „Fohlen bekommen über das Kolostrum Antikörper von der Mutter. Dabei werden auch solche mitgegeben, die von der Mutter durch Impfungen und nicht nur durch Erkrankungen erworben wurden.“ Ein guter Impfstatus der Zuchtstute zum Zeitpunkt der Fohlengeburt sei daher erstrebenswert. So sollten etwa im letzten Trimester der Trächtigkeit (achter bis elfter Monat) die Impfungen gegen Influenza und Herpes aufgefrischt werden, um ausreichend hohe Konzentrationen an Antikörpern in der Biestmilch zu gewährleisten. „Bei Tetanus sind jährliche Wiederholungsimpfungen dagegen nicht erforderlich“, informiert Aurich.

Wie lange der temporäre Schutz vor Krankheitserregern anhält, ist jedoch unterschiedlich: „Antikörper gegen Tetanus sind sehr lange nachweisbar, der Schutz gegen Equine Herpesviren klingt offenbar schon eher ab“, weiß die Tierärztin.

Beratung durch den Tierarzt

Die allgemeine Impfempfehlung der Stiko Vet sieht vor, dass mit der aus jeweils drei Impfungen gegen Tetanus, Equine Influenza und Equine Herpesvirusinfektionen bestehenden Grundimmunisierung im Alter von sechs Monaten begonnen wird (siehe Tabelle). Die Impfungen sollten, wenn möglich, zeitversetzt erfolgen: „Erfahrungsgemäß ist die Immunantwort umso intensiver, je weniger Komponenten zeitgleich geimpft werden“, so die Stiko Vet.

Hat das Fohlen nicht genügend Kolostrum getrunken, wurde die Mutterstute nicht beziehungsweise ungenügend geimpft oder ist die Antikörpermenge des Fohlens nachweislich gering, so empfiehlt die Stiko Vet eine Immunisierung bereits ab dem Alter von vier Monaten. Bei unklarer Lage könne zu diesem Zeitpunkt auch der Antikörperstatus des Fohlens untersucht werden. „Die Ergebnisse sind dann die Basis für das Grundimmunisierungsschema.“

Der Tierarzt ist der richtige Ansprechpartner bei allen Impfangelegenheiten des Pferdnachwuchses. Er bestimmt über die notwendigen Impfungen, den geeigneten Zeitpunkt der Grundimmunisierung sowie die korrekten Impfabstände und Auffrischungen. Zudem kann er bei Unklarheiten den Antikörperstatus der Fohlen überprüfen. Übrigens sollte bereits vor der Trächtigkeit mit dem Veterinär das Impfprogramm für die Pferdemütter in spe besprochen werden.



Touchieren am Sprung soll verboten werden

Die Trainingsmethode des Touchierens von Pferden am Sprung soll verboten werden. Dies hat das Präsidium der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) entschieden. Es folgt damit der einstimmigen Empfehlung der Kommission Ausbildungsmethoden, die sich mit diesem Thema ausführlich beschäftigt hat.

Das FN-Präsidium hatte die Kommission Anfang 2021 mit dem Auftrag einberufen, das Touchieren und andere Ausbildungs- und Trainingsmethoden auf den Prüfstand zu stellen. Nun wird das FN-Präsidium im FN-Beirat Sport den Antrag stellen, ein Verbot des Touchierens am Sprung auch im Training in die Leistungsprüfungsordnung (LPO) aufzunehmen.

In den entscheidenden Sitzungen hielten Präsidium und Kommission fest, dass für alle Beteiligten das Wohl des Sportpartners Pferd an oberster Stelle stehe: „Es herrscht Einigkeit darüber, dass ein fairer Pferdesport nur in Partnerschaft und mit einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Mensch und Pferd möglich ist.“ Grundlage dafür sei die klassische Reitlehre, die in den Richtlinien für Reiten und Fahren beschrieben ist.

Die fachgerechte Anwendung des Touchierens am Sprung im Sinne der Richtlinien ist nach Auffassung der FN nach wie vor nicht tierschutzrelevant. Die Ausbildungskommission kam jedoch zu der Erkenntnis, dass bei der Ausführung des Touchierens am Sprung in der Praxis das Risiko einer Abweichung von der Beschreibung in den Richtlinien hoch ist. Es bestehe die Möglichkeit, dass beim Touchieren am Sprung Fehler gemacht würden. Bei dieser Methode gebe es fast keine Fehlertoleranz. Schon kleine Abweichungen könnten negative Folgen für das Pferd haben.

Selbst Fachleuten falle es oft schwer, zu veranschaulichen und zu vermitteln, wo die Grenze des bisher erlaubten, fachgerechten Touchierens am Sprung ist. So gebe es in der Praxis keine einheitliche Auffassung vom korrekten Touchieren von Pferden im Sprungablauf. Aufgrund der Komplexität des Touchierens am Sprung und der enorm hohen Anforderungen an die Akteure könne selbst eine Schulung eine korrekte Umsetzung in der Praxis nicht garantieren.

Kommission und Präsidium kamen deshalb zu dem Schluss, dass „im Sinne der Pferde künftig auf diese Methode verzichtet werden soll“. Nur durch ein Verbot des Touchierens am Sprung könnten die Pferde vor einer falschen Anwendung und alle Akteure vor den Konsequenzen einer versehentlichen Falschanwendung geschützt werden. Das Verbot des Touchierens am Sprung stehe auch im Einklang mit dem internationalen Regelwerk.fn

Hintergrund

Die Trainingsmethode des Touchierens von Pferden am Sprung war infolge der sogenannten Barr-Affäre in den 1990er Jahren in die FN-Richtlinien für Reiten und Fahren aufgenommen worden. Schon damals hatte sich eine Expertenkommission ausführlich damit beschäftigt und war zu dem Schluss gekommen, dass gegen diese Trainingsmethode, sofern sie unter bestimmten Bedingungen durchgeführt würde, keine Bedenken bestünden. Durch die Aufnahme in die Richtlinien für Reiten und ­Fahren wurde das Touchieren am Sprung zu einer anerkannten Trainingsmethode von Pferden, die nur im Training und nicht auf Turnieren angewendet werden durfte. In Abgrenzung zum Touchieren am Sprung ist das Barren, das beim Pferd zu erheblichen Schmerzen führt, in den Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport seit vielen Jahren als tierschutzwidrige Methode definiert.