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Aufs Korn genommen: Reden ist Gold

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Wenn meine Mutter in einem Café sitzt, redet sie munter die Tischnachbarn an und erzählt etwas – und fast immer gehen die Leute darauf ein. So mancher, der gerne Kontakt aufnähme, hat da Hemmungen. Um die zu nehmen, ist jetzt ist eine neue Idee aufgekommen: „Klönbänke“. In Hamburg-Wandsbek gibt es schon zwei, in Altona sind fünf geplant.

Das Modell kommt als „Schwätzlebänkle“ aus Baden-Württemberg. Mit bunter, werbender Bemalung laden sie ein: Wer hier sitzt, ist gerne bereit zu klönen. Die Initiatoren möchten damit der Vereinsamung als Folge der Corona-Pandemie entgegenwirken und „aktiv für positive soziale Begegnung sorgen“ nach dem Motto „Schweigen ist Silber, Reden ist Gold“.

Allerdings sollte auch für einen Ausweg gesorgt werden, wenn ein Wortschwall kein Ende nimmt – etwa durch eine „Swiegebank“ daneben.

Steinmeier: „Am Ende gewinnen dadurch alle“

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Anlässlich des 111. Internationalen Frauentages am 8. März blicken wir auf die mehr als 150 Jahre alte deutsche Frauenbewegung zurück. Viel ist in Sachen Gleichstellung bisher erreicht worden. Doch es bestehen immer noch Barrieren.

In der ersten Phase der Frauenbewegung war diese maßgeblich von den Zielen der Französischen Revolution geprägt. Schlagworte waren damals Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. In diesem Zeitabschnitt entwickelten sich zwei unterschiedliche Strömungen: die bürgerliche und die proletarische Frauenbewegung.

Bürgerliche Frauenbewegung

Als Gründerin der bürgerlichen Frauenbewegung gilt die Schriftstellerin Louise Otto-Peters (1819-1895). Der formale Zusammenschluss und damit die organisierte Frauenbewegung beginnt im Jahr 1865, als bürgerliche Frauen den Allgemeinen Deutschen Frauenverein gründen. Zentrales Ziel dieser ersten Generation der Frauenbewegung ist der Kampf für das Recht auf Bildung und Arbeit. Dieses Recht ist nur über mehr Selbstständigkeit und Mündigkeit zu erlangen. Die Befreiung der Frau soll dabei nicht bloßer Selbstzweck, sondern nutzbringend für die Gesellschaft sein. Sie soll dem Fortschritt der Menschheit bis hin zur Verringerung des bestehenden sozialen Elends und dem Abbau der sozialen Klassengegensätze dienen.

Agnes von Zahn-Harnack (1884-1950), Vertreterin der ersten Frauenbewegung, schreibt rückblickend: „Die Frau des 19. Jahrhunderts erkannte, dass sie in einer Männerwelt lebte: Sie sah, dass die Familie, der Beruf, die Bildungsmöglichkeiten, die Stadt, der Staat, die innere und die äußere Politik, ja auch die Kirche von Männern nach Männerbedürfnissen und -wünschen eingerichtet waren; und sie sah weiter, dass alle diese Bildungen mit schweren Mängeln behaftet waren. Unter diesen Mängeln litt die Frau.“

Das Wilhelminische Reich sonnt sich zur selben Zeit im Glanz eines bahnbrechenden wirtschaftlichen Aufschwungs. Die wachsende Industrialisierung hat eine Zunahme der Frauenarbeit zur Folge. Die Zahl der außerhäuslich arbeitenden Frauen aus den unteren sozialen Schichten schnellt nach oben, und Kaiser Wilhelm II. erkennt ihren mangelnden Arbeitsschutz. Folgen sind 1890 die Einführung eines Nacht- und Sonntagsarbeitsverbots für Frauen und eine Reduzierung der täglichen Arbeitszeit von 16 auf elf Stunden. Nach wie vor bleibt die Höhe der Frauenarbeitslöhne hinter denen der Männer weit zurück. Daneben wird den Frauen ein gesellschaftspolitisches Mitspracherecht weiterhin verwehrt.

Bundesfrauenministerin Rita Süssmuth und die schleswig-holsteinische Sozialministerin Ursula Gräfin von Brockdorff (v. li.) trafen sich 1988 mit LandFrauen in Osterhever zum Gespräch. Foto: Ilse Gertz/hfr

Erwerbsarbeit ist unschicklich

Parallel dazu wächst in der Mittelschicht die Zahl der vermögenslosen Frauen kontinuierlich an. Außerhäusliche Erwerbsarbeit gilt in bürgerlichen Kreisen als unschicklich. Die Schulbildung für Mädchen endet meist im 14. Lebensjahr. Die bürgerlichen Töchter haben, falls sich keine Heiratschancen ergeben, nur die Möglichkeit, Gouvernante oder Gesellschafterin zu werden. Beide Positionen sind schlecht bezahlt. In der Mitte des 19. Jahrhunderts können Frauen aus dem bürgerlichen Milieu immerhin schon Lehrerin werden, wenn sie zunächst auch nur Mädchen unterrichten dürfen und als Hilfskraft für männliche Lehrer eingestellt werden. Dieser einzige Beruf ist jedoch bald hoffnungslos überlaufen.

Vertreterinnen der bürgerlichen Frauenbewegung fordern deshalb das Recht auf Arbeit. Sie wollen ihre Daseinserfüllung nicht allein im Warten auf eine standesgemäße Heirat sehen. 1866 entsteht der Verein zur Förderung der Erwerbstätigkeit des weiblichen Geschlechts (später Lette-Verein), der sich auf die Frauen der bürgerlichen Stände konzentriert. Erst ab 1872 bekommen Frauen neben dem Lehrerinnenberuf weitere Erwerbsmöglichkeiten. Kindergärtnerinnenseminare entstehen, und der Bahn-, Post- und Telegrafendienst lässt weibliches Personal zu.

Die bürgerliche Frauenbewegung legt den Schwerpunkt auf den Kampf für die Verbesserung der Mädchen- und Frauenbildung. Der Zugang zu höheren Schulen für Mädchen wird 1893 maßgeblich von der Lehrerin Helene Lange (1848-1930) erkämpft. 1895/96 nehmen die Universitäten Göttingen und Berlin Frauen erstmals als Gasthörerinnen auf. Aber erst mit der Jahrhundertwende kommt das Immatrikulationsrecht, auch gründen sich erste soziale Frauenschulen. 1923 wird die Agrikulturchemikerin Dr. Margarete von Wrangell (1877-1932) – gegen den Widerstand einiger Professoren – Deutschlands erste ordentliche Professorin an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim. Sie führt das Institut für Pflanzenernährung.

Proletarische Frauenbewegung

Neben der bürgerlichen Frauenbewegung entsteht die proletarische (später sozialistische) Frauenbewegung, angeführt von der Näherin und Sozialdemokratin Ottilie Baader (1847-1925) und der Lehrerin und Politikerin Clara Zetkin (1857-1933). Die proletarische Frauenbewegung sieht den Kampf um Frauenrechte im Kontext mit der Arbeiterbewegung. Der Hauptgedanke ist, dass Frauen und Arbeiter eines gemeinsam haben: Unterdrückte zu sein.

Eine wichtige Forderung ist das Frauenwahlrecht. Ab 1908 können Frauen in Parteien und Gewerkschaften eintreten, die Vereinsfreiheit für Frauen tritt in Kraft. Mit dem aktiven und passiven Frauenwahlrecht, das im November 1918 im Reichstag beschlossen wird, kommt der große Durchbruch. Erstmals bei der Wahl zur Nationalversammlung im Januar 1919 kann die weibliche Bevölkerung wählen gehen. Dies ist die Frucht eines langen Kampfes, in dem die Sozialdemokraten, unter ihnen August Bebel und Clara Zetkin sowie der linke Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung, die Hauptlast trugen. Frauen können jetzt also wählen und sich als Kandidatinnen aufstellen lassen. Sie setzen wichtige Rechtspositionen durch, beispielsweise die Zulassung von Frauen als Richterinnen, Schöffinnen, Geschworene, ein Lohngesetz zum Schutz der Heimarbeiterinnen und das Mutterschutzgesetz. Die formaljuristischen Möglichkeiten und die Hauptforderungen der ersten Frauenrechtlerinnen sind damit nach rund 65 Jahren unermüdlichen Einsatzes erfüllt: gleiche Bildungs- und Berufsmöglichkeiten, politische Rechte und Pflichten und damit Verantwortung für das Gemeinwohl.

Zurück zu Heim und Herd

Doch schon wenige Jahre später verdrängt der Nationalsozialismus die Frauen aus dem öffentlichen Leben. Er reduziert sie auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter und nimmt wichtige Errungenschaften wieder zurück. Frauen verlieren das passive Wahlrecht, die Zulassung zur Habilitation, zum Richterinnenamt und als Rechtsanwältinnen. 90 % aller Studierenden müssen männlich sein. Facharbeiterinnen und Hilfsarbeiterinnen verdienen ein Drittel weniger als ihre männlichen Kollegen. Frauenorganisationen demokratischer Parteien und Gewerkschaften lösen sich „freiwillig“ auf, bevor sie 1933 verboten oder gleichgeschaltet werden. NS-Frauenorganisationen entstehen. Die Frauen werden in Hauswirtschaft, Kinderpflege und Ernährung geschult. Ihr Betätigungsfeld und Wirken sollen sich zum Wohle der Volksgemeinschaft auf die Familie beschränken. 1938 wird das Pflichtjahr für Mädchen und junge Frauen unter 25 Jahren eingeführt.

Schon ab den 1970er Jahren demonstrierten Frauen für mehr Lohngerechtigkeit. Diese Forderung unterstreicht auch der Deutsche LandFrauenverband beim Equal Pay Day, der in diesem Jahr am 7. März stattfindet.

 Foto: FMT/Margarete Redl-von Peinen, 1980

Gleichstellung im Grundgesetz

Nach Kriegsende erarbeitet der Parlamentarische Rat eine neue Verfassung. Am 23. Mai 1949 tritt das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Kraft.

Es ist Helene Wessel (Zentrum), Helene Weber (CDU), Friederike Nadig (SPD) und vor allem der Juristin Elisabeth Selbert (SPD) zu verdanken, dass nach kontroversen Disputen ein Gleichstellungsartikel verankert wird. In Artikel 3, Absatz 2 heißt es: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Der 1949 gewählte erste deutsche Bundestag hat 410 Abgeordnete, darunter 29 Frauen.

Ab 1945 entstehen erste Frauenverbände, die sich 1949 im Deutschen Frauenring zusammenschließen. 1950 wird im Bundesinnenministerium ein Frauenreferat eingerichtet. 1951 aus der Taufe gehoben, gibt sich 1969 der Deutsche Frauenrat seinen heutigen Namen. Er vertritt als überparteiliche und überkonfessionelle Lobby aktuell 59 Frauenorganisationen. Unter ihnen ist auch der Deutsche LandFrauenverband.

Autonome Frauenbewegung

Neben der traditionellen Frauenbewegung entwickelt sich seit 1968 die autonome Frauenbewegung. Sie geht zurück auf die Studentenbewegung und versteht sich als feministische Gegenkultur. In Westberlin entsteht der Aktionsrat zur Befreiung der Frau. Die autonomen Frauen rücken Themen ins Blickfeld, die vorher kaum Beachtung fanden wie Gewalt in der Ehe, Frauengesundheit und das Abtreibungsverbot. Autonome Frauenhäuser und Frauenzentren entstehen. Frauenrechtlerin Alice Schwarzer gründet Mitte der 1970er Jahre in Köln die Frauenzeitschrift „Emma“ und setzt sich öffentlich für die Emanzipation ein. 1977 wird bei Ehescheidung das bisherige Schuldprinzip vom Zerrüttungsprinzip abgelöst, die Hausfrauenehe abgeschafft. Frauen dürfen nun ohne Erlaubnis des Mannes einer Berufstätigkeit nachgehen.

In den 1980er Jahren beginnt die „neue Frauenbewegung“ sich als gestaltende Akteurin von gesellschaftlicher Emanzipation zu profilieren. 1986 wird Dr. Rita Süssmuth (CDU) erste Bundesfrauenministerin in Deutschland. Kommunale Gleichstellungsstellen entstehen, die Frauenpolitik institutionalisiert sich zunehmend.

Wiedervereinigung schafft neue Verhältnisse

Durch die deutsche Einheit ergibt sich in den 1990er Jahren eine neue Situation für die Frauenbewegung. Die offizielle Wiedervereinigungsdebatte klammert Fragen der Frauen- und Familienpolitik weitgehend aus. Über zwei Drittel der nach der Wende entlassenen Arbeiter im Osten sind weiblich. Sie ziehen sich für eine gewisse Zeit in die Hoffnungslosigkeit und ins Privatleben zurück. Die Frauen im Westen spüren gleichzeitig, dass sich gesellschaftliche Veränderungen verlangsamen.

1989 feiern Frauen aus Ost und West den Internationalen Frauentag zum ersten Mal gemeinsam. Die unterschiedlichen Regelungen des Schwangerschaftsabbruchs in Ost und West erweisen sich als Stolperstein der Wiedervereinigung. Im Osten gilt die Fristenlösung, im Westen die Indikationslösung. Die Neuregelung des § 218 wird deshalb bis Ende 1992 verschoben, schließlich die Fristenlösung in den neuen Bundesländern abgeschafft.

Als erste ordentliche Professorin in Deutschland hatte Margarete von Wrangell mit Widerständen zu kämpfen. Foto: Uni Hohenheim/hfr

Trotz Widerständen

1994 wird Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes – auch hier zunächst gegen Widerstände – konkretisiert. Jetzt heißt er: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Seit 1997 ist die Vergewaltigung in der Ehe strafbar, seit 2002 kann ein Täter wegen häuslicher Gewalt gegen seine Frau und/oder Kinder durch das Gewaltschutzgesetz aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen werden. 2016 beschließt der Bundestag, dass eine sexuelle Handlung auch dann als Vergewaltigung gewertet werden kann, wenn sich die Betroffene nicht aktiv wehrt.

Stark für die Zukunft

Auch wenn bereits viel erreicht ist, mit Dr. Angela Merkel (CDU) 2005 erstmals eine Frau Bundeskanzlerin wird, bleibt eine Menge zu tun, damit Frauen und Männer auf dem gesamten Lebensweg die gleichen Chancen erhalten – ob persönlich, beruflich oder familiär. Auf EU-Ebene und national wird vonseiten der Politik kontinuierlich daran gearbeitet. Mit der 2020 beschlossenen Nationalen Gleichstellungsstrategie „Stark für die Zukunft“ konkretisiert die Bundesregierung ihre Ziele und verpflichtet sich, die Gleichstellung bei der Gesetzgebung und in ihren Förderprogrammen umzusetzen. Es gilt, die immer noch bestehenden Verdienstunterschiede zu beseitigen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen sowie eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Angehörigenpflege zu erreichen. Ebenfalls ist es geboten, eine Qualifizierung ohne Geschlechterklischees sicherzustellen, das heißt junge Frauen speziell in den Bereichen Naturwissenschaft, Forschung und Technik zu fördern. Zudem sollen von häuslicher Gewalt Betroffene oder Bedrohte besser geschützt werden. Hierfür trat Deutschland Anfang 2018 der Istanbul-Konvention bei, einem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt.

Schulterschluss wagen

Eines ist gewiss: Die staatlichen Maßnahmen können am wirksamsten fruchten, wenn sich in den Köpfen aller Menschen ein Wandel vollzieht. Dies bekräftigte Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier anlässlich eines Empfangs des Deutschen Frauenrates in Schloss Bellevue vor zwei Jahren: „Frauenrechte, davon bin ich überzeugt, sind nicht Sache von Frauen allein. Sie sind unsere gemeinsame Sache, die Sache von Demokratinnen und Demokraten. Wer als Mann auch mal die Perspektive der Frauen einnimmt, der kann Frauen unterstützen, ohne in paternalistische (bevormundende) Gesten zu verfallen. Und der kann mithelfen, gläserne Decken zu sprengen, weil er weiß: Am Ende gewinnen dadurch alle.“

Für die Sache der Frauen: Im Mai 1965 diskutierten nordfriesische LandFrauen mit Bundeskanzler Ludwig Erhard im Bonner Palais Schaumburg.

Foto: privat/hfr

Aufs Korn genommen: Maulwürfe

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Beim Buchhändler meines Vertrauens gibt es „Kartenbücher“. Das sind Postkarten­ensembles zu verschiedenen Themen, hauptsächlich Tieren, allen voran natürlich kleine Kätzchen und Hundewelpen, aber auch Elefanten oder Vögel und anderes liebreizendes Getier. Ich musste allerdings staunen über das Kartenbuch „Maulwürfe“. Wem schickt man denn solche Karten, wenn nicht um ihn zu ärgern?

Der Maulwurf sieht in unseren Augen nicht hübsch aus und hat einen schlechten Ruf. Er durchwühlt den Garten und hinterlässt Erdhügel, die hässlich sind und Schubkarren und Rasenmäher behindern. Er dient als Symboltier für Unterwanderer und Spione. Der Ausdruck „blind wie ein Maulwurf“ ist ebenfalls keineswegs nett gemeint. Und in den Bauernblatt-Comics von Kim Schmidt verspottet der Maulwurf regelmäßig den Bauern oder Gärtner.

Auch Alfred Brehm ließ in „Brehms Tierleben“ kein gutes Haar am Maulwurf. Er schrieb: „Er ist wild, außerordentlich wüthend, blutdürstig, grausam und rachsüchtig und lebt mit keinem einzigen Geschöpfe im Frieden außer mit seinem Weibchen, mit diesem aber auch bloß während der Paarungszeit und so lange die Jungen klein sind.“ Einzig der Maulwurf Grabowski bricht eine Lanze für seine Spezies, aber der ist bloß eine erfundene Kinderbuchfigur.

Nun wissen wir heute, dass es im Weltenbiotop keine „bösen“ Tiere gibt. Soll das Kartenbuch vielleicht ein Beitrag dazu sein, den Maulwurf zu rehabilitieren? Gibt es wohl entsprechend auch Postkarten mit Großaufnahmen von Stechmücken, Asseln oder Fadenwürmern? Aber an wen wollte man diese verschicken?

Kindern den Krieg erklären

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Ob man es Krieg oder Angriff nennt – der Konflikt in der Ukraine hinterlässt Spuren, auch bei Kindern. Sie fühlen sich von den schlimmen Nachrichten überfordert. Was Eltern tun können.

Bilder des Krieges in den Nachrichten und auf Social-Media-Kanälen hinterlassen nicht nur bei Erwachsenen ein mulmiges Gefühl und Angst. Auch Kinder bekommen den Russland-Ukraine-Konflikt mit. Die Initiative „Schau hin! Was Dein Kind mit Medien macht“ rät Eltern allerdings zu kindgerechten Formaten, um sie so über die Ereignisse aufzuklären.

Kindernachrichten, etwa auf „logo!“, „neuneinhalb“ oder im Kinderradio „KiRaKa“, erläutern die Angriffe auf die Ukraine. Sie sollten gemeinsam mit den Kindern geschaut oder gehört werden. Im Internet unter frieden-fragen.de finden Kinder Austausch zu Fragen von Krieg und Gewalt. Im Gespräch mit Kindern brauchen Eltern ihre eigene Besorgnis nicht zu verschweigen, sondern sollten diese lieber erläutern. Die Schau-hin!-Experten raten allerdings, sich nicht von den eigenen Gefühlen mitreißen zu lassen und diese direkt weiterzugeben. Denn es versetze Kinder nur in Angst, wenn sie merkten, dass diejenigen, die auf sie aufpassen sollen, selbst ratlos seien. Auch wilde Mutmaßungen könnten Kinder unnötig verunsichern. Deshalb sei es wichtig, die Situation möglichst nüchtern zu erklären. Unabhängig davon, wie alt ein Kind ist, will es mit seinen Gefühlen ernst genommen werden. Statt Trauer oder Angst zu beschwichtigen, fragen Eltern besser nach, was dem Kind genau Sorgen bereitet. Allein schon dieses Interesse sei tröstlich. Dabei sollte auf die jeweilige emotionale Lage des Kindes eingegangen und nach passenden Erklärungen gesucht werden.

Und noch einen Tipp haben die Medienexperten für Eltern: Sie könnten ihre Kinder dazu anregen, ihre Gefühle in einem Bild oder einer Geschichte auszudrücken. 

Höherer Stellenwert für Ernährungssicherung

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Der Krieg in der Ukraine und dessen mögliche Auswirkungen auf die weltweite Ernährungslage haben in Deutschland Forderungen nach Anpassung in der nationalen und Europäischen Agrarpolitik laut werden lassen. Insbesondere Politiker der Union, aber auch der FDP sprachen sich dafür aus, der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln künftig ein höheres Gewicht einzuräumen.

Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, warnte vor „politischen Denkverboten“ und plädierte dafür, die Wirkung der europäischen Agrar-, Umwelt- und Klimastrategien auf die Versorgungssicherheit sowie ihre Folgen für Entwicklungs- und Schwellenländer neu zu bewerten. Dazu zählten beispielsweise der Green Deal, die Farm-to-Fork-Strategie und die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) mit der darin enthaltenen pauschalen Stilllegung von 4 % der landwirtschaftlichen Flächen.

Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Carina Konrad: „Ich bin davon überzeugt, dass wir die Bedeutung der Sicherung der Ernährung neu bewerten müssen.“ Auch die FDP-Politikerin hält es für notwendig, die vorgesehene Flächenstilllegung und „die von der alten Bundesregierung auf EU-Ebene ausgehandelte Reform nochmals zu überdenken“.

SPD-Agrarsprecherin Susanne Mittag warnte vor einer „Rolle rückwärts in der Agrarpolitik“. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) erteilte Forderungen nach einer agrarpolitischen Kehrtwende eine Absage.

Erhalt der Innovationskraft entscheidend

Die derzeitige Diskussion um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung dürfe nicht bei Energie, Rohstoffen, Transport und Gesundheit stehen bleiben, sondern müsse auch den Bereich Lebensmittel einbeziehen, so Stegemann. Beispielsweise müsse Europa unabhängiger werden von Futtermittel- und Düngemittelimporten. Den Erhalt der Innovationskraft der hiesigen Agrar- und Ernährungswirtschaft sieht Stegemann als eine wesentliche Voraussetzung für Versorgungssicherheit. Die Bundesregierung dürfe die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft nicht durch einseitige nationale Verbote oder Einschränkungen schwächen.

Union will Belastungsmoratorium

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert nun ein „Belastungsmoratorium“ für die Landwirtwirtschaft. Zwar seien die Ziele des Green Deal nach wie vor richtig, sagte Fraktionsvize Steffen Bilger am Dienstag in Berlin. Allerdings gehörten die Zeitpläne dringend auf den Prüfstand.

„Auch im Bereich der Landwirtschaftspolitik ist die Welt nach dem russischen Angriff auf die Ukraine eine andere“, so Bilger. Aus seiner Sicht geht es um die sichere Versorgung Europas mit Lebensmitteln. „Lebensmittelknappheit, steigende Preise und reißende Lieferketten würden den Umbau hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft jeglicher Akzeptanz berauben“, warnte der CDU-Politiker. Keinesfalls dürfe daher der Green Deal im Windschatten der großen Krise „im Eiltempo in Brüssel durchgewunken“ werden. Hier stehe der Bundeslandwirtschaftsminister in der Verantwortung.

Der agrarpolitische Sprecher der CSU im Deutschen Bundestag, Artur Auernhammer, verwies auf massive Auswirkungen des Krieges auf die weltweiten Agrarmärkte. Inzwischen werde deutlich, „wie wichtig es ist, Souveränität innerhalb der Europäischen Union auch im Bereich der Lebensmittelversorgung zu haben“. Gleichzeitig zeige sich, dass die Nahrungsmittelproduktion die Hauptaufgabe der heimischen Landwirtschaft sein müsse. 

Maistrocknung – worauf ist zu achten?

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Der Körnermaisanbau in Deutschland bewegt sich seit Jahren auf dem annähernd gleichen Niveau. Nichtsdestotrotz gibt es Bewegung in den Anbauregionen, so bewegt sich der Anbau von Körnermais immer mehr in Richtung Norden. Dies führt dazu, dass auch die nachgelagerte Infrastruktur sich daran anpassen muss. Körnermais wird in der Regel nicht lagerfähig geerntet. Eine rasche und schlagkräftige Konservierung ist dringend notwendig, um die Erntequalitäten zu erhalten.

Das grundsätzliche Problem der Konservierung von Körnermais ist, dass die Erntetechnik wesentlich schlagkräftiger ist als jegliche Trocknungstechnik am Markt. Gelöst wird dieses Problem weitestgehend dadurch, dass das Erntezeitfenster möglichst lang ausgelegt wird. So ist es üblich, in Abhängigkeit von der Erntefeuchte der Trocknungsanlage eine Tagesdrusch­menge anzudienen, die diese innerhalb von drei bis fünf Tagen auf einen lagerstabilen Zustand heruntertrocknet. Dies stellt ein Kompromiss dar, der ohne Investition in Anlagen- oder Gerätetechnik nicht zu umgehen ist.

Je nach Anbauregion wird Körnermais in Deutschland mit ganz unterschiedlichen Gutfeuchten geerntet. So gibt es Regionen mit Erntegutfeuchten von 25 % bis hin zu 35 %. Das bedeutet, dass 118 bis 235 kg Wasser pro Tonne Frischmasse entzogen werden müssen, um mit 15 % Gutfeuchte eine Lagerstabilität herzustellen. Dies stellt die Trocknungstechnik vor große Herausforderungen. Die Hersteller bieten unterschiedlichste Technologien an, um diesen Anforderungen zu entsprechen. Grundsätzlich kann Mais lediglich mit thermischen Verfahren praxisrelevant getrocknet werden. Trocknung nach dem Prinzip der Gleichgewichtsfeuchte, der Lagerbelüftungstrocknung, ist aufgrund der hohen Erntegutfeuchten nahezu nicht relevant, da die Verfahrensgrenze bei etwa 19 % liegt. Die thermische Trocknung von Mais erfolgt überwiegend in drei Verfahren: zum einen dem Satztrocknungsverfahren in Form von Silosatztrocknern und Mobiltrocknern, zum anderen der kontinuierlichen Durchlauftrocknung.

Diese Schnelltrocknungszelle ist mit einem Rührsystem ausgestattet und optimal für die Körnermaistrocknung geeignet. Foto: Albert Spreu

Verschiedene Trockner getestet

Da Mais technologisch die anspruchsvollste Konsumfrucht für die Trocknung ist, sind im Rahmen des DLG-Tests mehrere Trockner in Bezug auf ihre Trocknungsleistung und Effizienz geprüft worden. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Dächerschachtdurchlauftrockner in erheblicher Baugröße, mit Wärmerückgewinnungsverfahren, Direktbefeuerung und relativ hohen Trocknungstemperaturen. Dies alles führt zu Feuchteentzugspotenzialen, welche eine schnelle Trocknung und vor allem auch effiziente Ausnutzung der Betriebsmittel ermöglichen. Die üblichen Trocknungstemperaturgen liegen im Durchlauftrocknungsverfahren bei 80 bis 100 °C. Aber auch höhere Trocknungstemperaturen sind in der Praxis vorzufinden. So wird auch im Temperaturbereich 120 bis 150 °C gearbeitet. Dies ist jedoch nicht ganz unkritisch und sollte auch abgewogen werden. Zum einen verlieren die allermeisten Trockner ihre Herstellergewährleistung bei Trocknungstemperaturen über 110 °C und zum anderen werden Qualitätsparameter in nicht unerheblichem Umfang verändert. In der Regel wird beim Handel von Körnermais darauf keine Rücksicht genommen.

Auf zu hohe Temperaturen verzichten

Gerade beim Verbrauch betriebseigener Rohstoffe ist bei der Maistrocknung zugunsten der Qualität auf höhere Trocknungstemperaturen zu verzichten. Dem aktuellen Stand der Forschung zufolge verändert sich beim Trocknen von Körnermais mit Temperaturen über 100 °C die Nährstoffverdaulichkeit von Proteinen ganz erheblich. Die übliche Bestimmung des Proteingehaltes nach Kjelldahl oder NIRS kann diese Veränderung nicht abbilden und dient deshalb nicht als Indikator für Hitzeschädigungen während des Trocknungsprozesses. Gerade für die Tierfütterung ist dies aber von Belang. Bei den Monogastriern, wie Schweinen und Geflügel, ist Körnermais ein Hauptbestandteil der Futterration. Das nutzbare Protein des Körnermaises liegt bei zirka 15 % und ist damit als Hauptbestandteil vieler Futterrationen eine elementare Proteinquelle, welche in ihrer Verdaulichkeit durch Trocknungstemperaturen von mehr als 100 °C in ihrer Verfügbarkeit limitiert wird (siehe dazu die Abbildung). Dies führt in der Folge zu verringerten Tierleistungen oder aber, bei entsprechender Substitution, zu unnötigen Nährstoffüberhängen bei den Tierausscheidungen. Hier entsteht ein echtes Dilemma zwischen hohen Trocknungsleistungen und damit verbundenen geringeren Energieeinsätzen pro Kilogramm Wasserentzug und dem Qualitätsparameter der Verdaulichkeit von Proteinen. Und da die Verdaulichkeit von Protein über die Löslichkeit in Kalilauge ermittelt wird und dies in der Qualitätsbetrachtung kein Standardverfahren ist, besteht in der Praxis darüber weitgehende Unkenntnis. Weil es gesellschaftlicher Konsens ist, die Nährstoffüberhänge möglichst stark zu reduzieren, folgt daraus, dass der Einsatz von Rohstoffen möglichst präzisiert werden muss.

Präzisierung trotz technischer Hürden

Neben den Erschwernissen der Qualitätsveränderung bei der Maistrocknung sind es vor allem die technologischen Hürden, die landwirtschaftliche Betriebsleiter herausfordern. Wenn eine Tages­drusch­menge Körnermais geerntet ist, muss diese in der Regel unverzüglich konserviert werden. Es ist jedoch festzustellen, dass in der Regel bereits bestehende Trocknungsanlagen, die für Weizen, Gerste und weiteres Getreide ausgelegt sind, keine entsprechende Konfiguration für Körnermais aufweisen. Die Trocknungsleistung wird entsprechend gedrosselt. Des Weiteren verfügen Durchlauftrocknungsanlagen, die für Körnermais ausgelegt sind, über einen Edelstahl- oder Aluminiumkorpus. Getreidetrocknungsanlagen sind in der Regel aus Schwarzstahl gefertigt. Außerdem unterscheiden sich die meisten Trocknungsanlagen insofern, dass die für Körnermais zumeist mit Propan oder Erdgas direkt befeuert werden. Die Brennertechnik muss aufgrund der höheren Trocknungstemperaturen einen deutlich größeren Arbeitsbereich aufweisen.

Höhere Temperaturen abmildern

Um den Effekt höherer Temperaturen auf das Korn abzumildern, werden viele Maistrocknungsanlagen als Dryerationkonzept umgesetzt. Dazu wird der Trocknungsprozess geteilt, sodass zwischen der Vor- und der Nachtrocknung eine Temperphase zwischengeschaltet wird, in der aufgrund einer gewissen Ruhe ein Feuchteausgleich im Korn selbst und zwischen den Körnern erreicht werden kann. Dadurch werden wesentliche Spannungen, die im Korn während des Trocknungsprozesses entstehen, abgebaut und somit Kornbruch verhindert. Darüber hinaus wandern die durch die Wärme angeregten Wassermolekül-Cluster von innen osmotisch gebunden als Benetzungsfeuchte an die Diffusionsfläche (Kornoberfläche), von der sie mit deutlich weniger thermischem Aufwand entzogen werden können. Diese führt obendrein zur Reduzierung des energetischen Aufwandes während der Trocknung. Bei Errichtungen von neuen Durchlauftrocknungsanlagen für Körnermais ist also eine Temperzone, oftmals auch als Dryerationzone bezeichnet, zu empfehlen.

Welche Lösungen sind am Markt?

Zur Kompensierung des Kompromisses bei der betriebseigenen Maistrocknung haben sich marktfähige Lösungen ergeben, welche durchaus praxisrelevant sind. Zum einen besteht seitens des landauf, landab befindlichen Biogasanlagen oftmals ein ungenutztes Wärmepotenzial. Dies kann und sollte bei der Trocknung von Körnermais immer in Betracht gezogen werden. Allerdings sind diese Anlagen in ihrer Verarbeitungskapazität begrenzt und zum anderen ist die Satztrocknung in Containern sehr heterogen, was ein mehrmaliges Umschichten oder Rühren notwendig macht. Zudem besteht nur eine mittelfristige Planungssicherheit bei der Trocknung mit Biogaswärme, da dieser Betriebszweig auf vielen Betrieben politisch bedingt mittelfristig ausläuft. Die Nutzung der Wärme aus dem Stromerzeugungsprozess von Biogasanlagen kann allerdings auch in stationären Varianten in sogenannten Schnelltrocknungszellen genutzt werden. Für die Maistrocknung werden dazu Niederflurzellen mit stationärem Rührsystem genutzt. Diese werden in der Regel mit Mobiltechnik befüllt und entleert. Die Trocknungsleistung ist abhängig vom Volumen, der Gutfeuchte sowie der Trocknungstemperatur. Erfahrungsgemäß sollte die Schütthöhe bei Gutfeuchten über 30 % nicht mehr als 2 m betragen.

Betriebseigene Lösungen gibt es auch

Stehen diese Möglichkeiten nicht zur Verfügung und kann auf eine betriebseigene Trocknung für Getreide zurückgegriffen werden, so sollte darüber nachgedacht werden, ob eine Feuchtmaiskonservierung als Zwischenlagerung eine Option darstellt. Hierzu bietet sich die Verschlauchung im überbetrieblichen Einsatz an. Dazu wird der frisch gedroschene Mais mit Feuchtegehalten über 25 % in einen Siloschlauch gepresst. Aufgrund des Luftabschlusses und der anhaftenden epiphytischen Milchsäurebakterien entsteht eine Milchsäuregärung, die den Feuchtmais konserviert. Durch diese Feuchtkonservierung verliert der Körnermais die Vermarktungsfähigkeit nicht. So kann der Drusch zur gewünschten Zeit erfolgen und der Körnermais nach erfolgter Milchsäuregärung kontinuierlich getrocknet werden, ohne dass Qualitätsverluste zu erwarten sind. Dieses Vorgehen sollte jedoch mit der aufnehmenden Hand abgesprochen werden, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Beobachtungen der letzten Trocknungssaison zeigen, dass verschlauchte und säurekonservierte Ware die Pansenstabilität der Stärke negativ beeinflussen kann. Dies gilt es bei der Rationsgestaltung für Rinder zu berücksichtigen.

Körnermaiskonservierung ist anspruchsvoll

Die Trocknung von Körnermais ist wesentlich anspruchsvoller als die von anderen Konsumfrüchten. Die hohen Erntefeuchten machen ein sofortiges Konservieren unabdingbar. Entsprechend große Trocknungstechnik vorzuhalten ist einzelbetrieblich nur sinnvoll, wenn die entsprechenden Anbauflächen vorhanden sind. Zuallermeist werden jedoch Kompromisse bei der Maistrocknung eingegangen, die stets eine Abwägung zwischen Druschmenge, Erntegutfeuchte und Verarbeitungskapazität bedeuten.

Körnermaisverschlauchung als Lösung?

Eine Lösung könnte die Verschlauchung von Körnermais im überbetrieblichen Einsatz sein. Um Qualitäten zu sichern, sind eine direkte Ernte nach der Abreife und Trocknung bei maximal 100 °C optimal. Zukünftige Anbauentscheidungen für Mais sollten immer die nachfolgende Nutzung im Auge haben, denn Hybridmaissorten, die vornehmlich für den Silomaisanbau konzipiert sind, lassen sich im norddeutschen Raum nur mit Einschränkungen dreschen. Dies liegt zum einen an der physiologisch bedingten späten Abreife, zum anderen an der der Anbauregion geschuldeten feuchten Ernte. Zahnmais­ähnliche Sorten zeigen hier eine bessere Abreife und ein einfacheres Lösen von der Spindel. Dies sind ganz wesentliche Eigenschaften, welche den Drusch deutlich erleichtern.

Drusch entscheidet über Qualität

Der Drusch entscheidet ganz wesentlich über die spätere Qualität der verkaufsfähigen Ware. Je nachdem wie das Korn von der Spindel kommt, verfügt die Rohware über unterschiedliche Anteile von angeschlagenen und gebrochenen Körnern. Wer Fremdware zum Dienstleistungstrocknen annimmt, ist also gut beraten, eine Probe der Rohware mit Lebensmittelfarbe zu markieren, um analysieren zu können, wie viel Bruchkornanteil in der Rohware vorhanden ist. So kann im Nachgang entsprechend der Abzugstabelle gemäß den Richtlinien der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) eine verkaufsfähige Ware mit maximal 3 % Bruchkornanteil angeboten werden.

Wer Fremdware zum Dienstleistungstrocknen annimmt, sollte eine Probe der Rohware mit Lebensmittelfarbe markieren, um ­analysieren zu können, wie viel Bruchkornanteil vorhanden ist. Foto: Albert Spreu

Fazit

Die Verfahren und Vorgehensweisen zur Maistrocknung sind einzelbetrieblich sehr unterschiedlich. Es ist darum sinnvoll, die eigenen Potenziale auszuloten und danach die entsprechenden Optionen optimal auszunutzen.

Refraktometer sind nützliche Helfer im Kälberstall

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Eine schnelle Erstversorgung von neugeborenen Kälbern mit ausreichend viel und qualitativ hochwertigem Kolostrum ist essenziell für die langfristige Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Tieres. Ob die Kolostrumversorgung ausreichend ist, hängt nicht nur vom Zeitpunkt und der vertränkten Menge an Kolostrum ab, sondern ebenso von der Qualität des Kolostrums. Diese kann mithilfe einer Kolostrumspindel oder besser noch mit einem Refraktometer bestimmt werden. Die Messmöglichkeiten eines Refraktometers sind vielfältig und umfassen neben dem Kolostrum beispielsweise auch das Blutserum von Kälbern oder den Trockensubstanzgehalt der Kälbermilch. Warum die Messwerte wertvolle Informationen für das Management in der Kälberhaltung liefern, soll im folgenden Artikel erläutert werden.

Ein Refraktometer misst die Konzentration von gelösten Stoffen in Flüssigkeiten. Dabei beruht das Messprinzip auf der Brechung des Lichtes beim Übergang zwischen zwei Medien. Häufig werden Refraktometer unter anderem zur Bestimmung von Salz-, Frostschutz- oder Alkoholgehalt in Flüssigkeiten genutzt. Außerdem ist es möglich, den ImmunglobulinG (IgG)-Gehalt in Kolostralmilch mithilfe eines Refraktometers zu messen. Grundsätzlich sind zwei Geräte voneinander zu unterscheiden. Zum einen das analoge optische Refraktometer, bei welchem der Brechungsindex (Brix) durch Hindurchschauen abgelesen werden muss, und zum anderen das automatische Refraktometer, welches den Brix-Wert bereits digital anzeigt.

Der Blick durch das Okular eines optischen Refraktometers. Anhand der Trennlinie kann der Brix-Wert abgelesen werden. Foto: Dr. Luise Prokop

Der Brix-Wert von Kolostrum

Die Arbeitsschritte sind beim optischen und digitalen Refraktometer sehr ähnlich. Möchte man den Brix-Wert von Kolostrum bestimmen, empfiehlt es sich zunächst, das Kolostrum mit einem sauberen Rührbesen umzurühren, damit eine homogene Masse entsteht. Nun werden einige Tropfen Kolostrum mit einer Pipette entnommen und zwei bis drei Tropfen auf die Linse des Refraktometers gegeben. Das optische Refraktometer sollte nun zur Lichtquelle ausgerichtet und durch Hindurchschauen der Wert an der Übergangslinie zwischen Weiß und Blau abgelesen werden. Dies ist der Brix-Wert. Das digitale Refraktometer zeigt diesen Wert automatisch an.

Bestimmung des IgG- Gehaltes

Mit dem Brix-Wert und der Formel von Quigley kann der IgG-Gehalt genau berechnet oder anhand von Tabellen abgelesen werden. Der Grenzwert für Qualitätskolostrum wurde in verschiedenen Studien (Quigley 2013; Morrill 2015) auf 21 % Brix festgelegt. Aktuelle Studien geben einen Grenzwert von 22 % Brix aus, um gute Kolostrumqualitäten (über 50 mg/ml IgG) sicherzustellen. Die Schwankungsbreite der Kolostrumqualitäten kann sehr groß sein und unterscheidet sich von Betrieb zu Betrieb. Pauschale Aussagen, etwa die, Färsen hätten die geringsten Brix-Werte im Kolostrum, treffen nicht immer zu (Winther und Mahlkow-Nerge, 2021). Es ist daher ratsam, das Kolostrum aller Tiere zu untersuchen. Nur so können fundierte Entscheidungen getroffen werden, welches Kolostrum beispielsweise im Kühlschrank oder Tiefkühler gelagert wird und welches nicht. Wenn der Brix- beziehungsweise IgG-Gehalt bekannt ist, kann dieser auf den Portionsbeutel oder das -gefäß geschrieben werden. So kann je nach Notwendigkeit (zum Beispiel Kälber nach Schwergeburten) das passende Kolostrum herausgesucht und aufgetaut werden.

Die Genauigkeit der Messung

Verglichen mit der Referenzmethode (Radiale Immundiffusion) liefern Refraktometer verlässliche Aussagen zum IgG-Gehalt im Kolostrum. Der exakte Gehalt an IgG ist für die Bewertung des Kolostrums auf den Betrieben auch nicht entscheidend. Für die Praxis ist es wichtig zu wissen, ob das Kolostrum für die passive Versorgung des Kalbes geeignet ist oder nicht. Falls dies nicht der Fall sein sollte, müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Dies können eingefrorene Kolostrumreserven oder der Zusatz von Ersatzpulvern sein.

Der Proteingehalt im Blutserum

Ein Baustein eines erfolgreichen Kolostrummanagements besteht aus qualitativ hochwertigem Kolos­trum. Die anderen Bausteine, wie zum Beispiel Zeitpunkt der Aufnahme, aufgenommene Menge oder hygienische Qualität des Kolostrums, können ebenso beurteilt werden, indem das Blutserum von Kälbern auf den Gesamtproteingehalt untersucht wird. Dafür wird Kälbern in der ersten Lebenswoche, aber nicht am ersten Lebenstag Blut abgenommen. Anschließend muss die Blutprobe zentrifugiert und von dem so gewonnenen Serum ein bis zwei Tropfen auf das Refraktometer gegeben werden. Dieses misst dann die Dichte des Blutserums, die sehr stark von der enthaltenen Proteinmenge beeinflusst wird, die wiederum durch den Anteil an Immunglobulinen bestimmt wird. Der Gesamtproteingehalt wird in g/l gemessen. Es sollten keine Blutproben von Kälbern mit Durchfall untersucht werden. Aufgrund des Wasserverlustes dickt das Blut ein und die Messwerte sind nicht mehr aussagekräftig, da sie nicht mit den Messwerten normal hydrierter Kälber verglichen werden können. Im Ergebnis würden höhere Gesamtproteinkonzentrationen angezeigt werden. Um einen guten Überblick über den Erfolg des eigenen Kolostrummanagements zu bekommen, reichen Blutproben von fünf bis zehn Kälbern aus.

Die Zielwerte im Blutserum

Eine umfassende Studie von Donovan (1998) an über 3.000 Kälbern auf zwei Milchviehbetrieben belegt den engen Zusammenhang des Gesamtproteingehaltes im Blut und der Mortalitätsrate. Insgesamt verendeten 16 % der Kälber oder wurden in den ersten 180 Lebenstagen gemerzt. Die Todesursache von über 56 % dieser Kälber waren Durchfallerkrankungen beziehungsweise Septikämien, bei knapp 22 % traten Atemwegserkrankungen auf. Das Blut von nüchternen Kälbern enthält zirka 40 g Protein je Liter. Beginnend bei Werten von 40 g/l Serum sank die Mortalitätsrate der 3.000 Kälber im Versuch mit steigenden Gesamtproteingehalten anfänglich stark ab. Ab Werten von 55 g/l sank die Mortalitätsrate nur noch sehr schwach. Als Schlussfolgerung ist von einem erfolgreichen passiven Transfer der Immunglobuline auszugehen, wenn 24 Stunden nach der Kolostrumaufnahme ein Proteingehalt von mindestens 55 g/l Blut nachgewiesen werden kann. Bei Werten oberhalb von 65 g/l Blut kommt es nicht zu einem weiteren Absinken der Mortalitätsrate. Proteingehalte unter 50 g/l lassen darauf schließen, dass das Kalb nicht ausreichend gegen pathogene Erreger geschützt ist und somit ein erhöhtes Krankheitsrisiko besteht. Die Bestimmung der Gesamtproteinmenge ist demnach ein sehr gutes Kontrollinstrument für die ausreichende Versorgung der Kälber mit Immunglobulinen. 

Wie viel Kolostrum ist nötig?

Stellt sich nun die Frage, wie viel Kolostrum vom Kalb aufgenommen werden muss, um einen Gesamtproteingehalt von mindestens 55 g/l zu erreichen. Untersuchungen am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp der Landwirtschaftskammer an über 300 Kälbern haben ergeben, dass eine Gabe von 3 l Kolostrum in den ersten drei Lebensstunden nur bei 50 % der Kälber zum Zielwert von über 55 g/l führt. Bei Kolostrumgaben oberhalb von 3 l erreichten 70 % der Kälber den Zielwert. Es scheint also, dass nicht alle Kälber diesen Zielwert von 55 g/l erreichen können, da die Resorption von Immunglobulinen nicht nur von der Menge und dem Zeitpunkt der ersten Kolostrumgabe abhängig ist. Umso wichtiger ist die assistierte Gabe von mindestens 3 l Kolostrum nach der Geburt. Weiteres Erstgemelk und folgende Gemelke sollten den Kälbern möglichst zur freien Aufnahme angeboten werden.

Trockensubstanzgehalte messen

Auch bei der Tränke mit Milch­austauscher kann ein Refraktometer hilfreich sein. Durch die Messung der Trockensubstanz kann festgestellt werden, ob die richtige Konzentration des Milchaustauschers angerührt wurde oder ob Korrekturen vorgenommen werden müssen. Ebenso kann der Trockensubstanzgehalt von Vollmilch beziehungsweise von Mischkolostrum bestimmt werden. So kann durch die Zugabe von Wasser oder Milch­austauscher täglich eine möglichst gleiche Zusammensetzung an die Kälber verfüttert werden.

Mithilfe eines Refraktometers kann auch der Trockensubstanzgehalt einer Kälbermilch bestimmt werden. So lässt sich die Konzentration an Milchaustauscher überprüfen. Foto: Dr. Luise Prokop

Fazit

Die Brix-Messung mit einem Refraktometer ist eine preiswerte, schnelle und ausreichend genaue Methode zur Bestimmung der IgG-Konzentration im Kolos­trum und des Gesamteiweißgehaltes im Blut. Mithilfe dieser Werte kann der Erfolg des eigenen Kolostrummanagements überprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Bei den Refraktometern unterscheidet man optische Geräte, bei denen im Okular der Wert abgelesen werden muss, und digitale Geräte, bei denen der Wert bereits angezeigt wird. Für die Messung von Kolostrum, Blutserum oder Trockensubstanzgehalten in der Milch ist eine Skala des Refraktometers von 0 bis 32 % ausreichend. Empfehlenswert ist die Ausstattung mit einer automatischen Temperaturanpassung, wenn das Refraktometer bei unterschiedlichen Temperaturen (drinnen und draußen) genutzt werden soll.

Inselbauern stellen Existenzfrage

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Dort, wo Nico Nommsen steht, wähnt man sich im Wattenmeer. Es ist aber fruchtbarer Pellwormer Ackerboden, der nur von Gänsen „bearbeitet“ wurde. Eine beginnende Vegetation, wie auf dem Festland zu dieser Zeit üblich, ist nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Die obersten Zentimeter der Ackerkrume sind durch die Gänsefüße verschlämmt und verdichtet, der Aufwuchs vernichtet.

Der Milchviehhalter wies vergangene Woche Donnerstag gemeinsam mit Melf Melfsen vom Kreisbauernverband Husum-Eiderstedt auf die Notlage der Inselbetriebe hin. „Die Gans macht alles zunichte“, klagt er eine aus seiner Sicht untätige Politik in Kiel an.

Auf dem Ackerboden wachse nichts. Auf dem Grünland schädige die Überzahl der Gänse die Grasnarbe, was Disteln und Ampfer begünstige. Die notwendige Nachsaat sei im Rahmen von Naturschutzprogrammen aber schwierig, kritisierte Nommsen und fordert dringend mehr Flexibilität in den Programmen. Das gelte auch für den Ackerbau. „Wie soll hier in Zukunft noch Landwirtschaft stattfinden?“, fragt er in Richtung Politik. Als Lösung kann er sich eine Begrenzung der Gänsezahl vorstellen oder eine wirksame finanzielle Entlastung. Gerade für Futterbaubetriebe bleibe selbst dann das Problem der Versorgung der Rinder, denn auf Futter vom Festland könne man nur zu hohen Kosten zurückgreifen.

Äsungsflächen auf Naturschutzflächen sind laut Nommsen ein „endloses Thema“. Diese Flächen müssten bewirtschaftet werden, weil die Gans kurzes, frisches Gras bevorzuge im Gegensatz zu altem, überständigem Gras. Insgesamt gehe es den Pellwormer Landwirten nicht nur wirtschaftlich an die Substanz, machte der Landwirt deutlich. Die Situation sei auch psychisch an der Grenze der Belastbarkeit.

Melfsen fragt, ob man es sich in der heutigen Zeit noch erlauben könne, die Existenz zahlreicher Betriebe infrage zu stellen. Die angebotenen Vertragsnaturschutzmaßnahmen seien „überhaupt nicht ausreichend“. Sie dienten nur dazu, die Gänse zu schützen, nicht aber dazu, „dass die Bauern überleben“. Man müssen über neue Möglichkeiten nachdenken, beispielsweise ein Kooperationsmodell von Landwirten, das sich mehr an der Praxis orientiere. Melfsen forderte eine Lösung für die „Standgänse“, die dauerhaft auf der Insel siedelten. Melfsen warnt die Landespolitik: „Wenn Sie wach werden, sind die Landwirte nicht mehr da.“

Auf einer Videokonferenz der Inselbauern mit dem Kieler Landwirtschaftsministerium am gleichen Tag wurde deutlich, dass eine Lösung schwierig ist, solange die Gänsezahl nicht zur Sprache komme. Inzwischen würden die Vögel aus Futtermangel Deiche und Grabenkanten abfressen. Die aktuell diskutierten Vertragsnaturschutzmodelle sind den Pellwormer Bauern zufolge wenig hilfreich, sie führten nur dazu, dass Futter und Stroh auf der Insel fehlten. Ohnehin scheiterten viele Vertragsnaturschutzmuster an der Bürokratie.

Eine Vergrämung sei wenig erfolgreich und betrieblich nicht zu leisten. Der Anbau von skandinavischen Getreidesorten mit einer kürzeren Vegetationsperiode wurde verworfen. Im Gegenzug wurde eine Prämie für die Nichtnutzung von Flächen in Höhe von 1.200 €/ha von den Landwirten in Richtung Politik vorgeschlagen. Deutlich wurde, dass die Probleme komplexer sind als die derzeitigen Lösungsvorschläge der Politik.

Der Hut bleibt auf dem Kopfe

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Marlies Nelz besuchte vor Corona viele Veranstaltungen der LandFrauen und war wegen ihrer ungewöhnlichen Profession ein gern gesehener Gast. So reiste die Modistenmeisterin aus Hochdonn in Dithmarschen auch zum LandFrauentag Schleswig-Holstein nach Neumünster an – und erfreute dort vor allem die weiblichen Gäste mit ihren Hutkreationen.

Seit vielen Jahren ist Marlies Nelz mit ihren Produkten auch auf Kunsthandwerkermärkten unterwegs. In ihrem Haus nahe am Nord-Ostsee-Kanal organisierte sie Tage der offenen Tür und einen Tag des Handwerks. Ihre Mitstreiterinnen vom LandFrauenverein Süderhastedt halfen ihr bei der Bewirtung der Gäste mit Kaffee und Kuchen. Seit rund 25 Jahren engagiert sich Marlies Nelz bei den Süderhastedter LandFrauen und war auch als Beisitzerin in der Vorstandsarbeit aktiv. Sie mag die vielen Veranstaltungen, Ausflüge und Aktivitäten: „Es ist immer schön, zusammen etwas zu unternehmen.“

Mit dem ersten Lockdown im März 2020 war für die 61-Jährige aber Stillarbeit in ihrer Kellerwerkstatt angesagt. Gerade der Austausch mit anderen LandFrauen sowie Besucherinnen und Besuchern fehlte der Hutmacherin. „Das war bitter, aber jetzt will ich nach vorne blicken und freue mich auf die nächsten Veranstaltungen und Märkte“, erzählt die Handwerksmeisterin. Auch in ihrem „Showroom“, wie sie ihr häusliches Atelier nennt, will Marlies Nelz wieder mit den Kunden persönlich ins Gespräch kommen. Davon gibt es eine ganze Menge, seit sie zwei Mal im NDR-Fernsehen auftrat. Gleich nach der ersten Sendung im Jahr 2016 strömten jede Menge Hut- und Mützenfans nach Hochdonn. „Die Sendung lief abends an einem Sonnabend, am nächsten Morgen kamen Leute sogar aus Usedom und Bayern einfach direkt vorbei und standen vor unserer Tür. Die wollten einfach nur mal gucken“, erinnert sich die Dithmarscherin.

Die Hutmacherin bei der Arbeit in ihrer Werkstatt. Foto: Sven Tietgen

Besonders nachgefragt war und ist der sogenannte Dithmarscher Deichläufer. Der Stoff für die Hutkreation wird aus reiner Wolle extra in Meldorf von Menschen mit Handicaps in den Werkstätten der Stiftung Mensch gefertigt. Die Hutmacherin hat daraus einen Hut entwickelt, der auch bei windigem Schietwetter auf dem Kopf bleibt. „Wichtig ist, dass der Deichläufer die richtige Größe hat, und dann fliegt auch kein Hut weg“, betont die Modistenmeisterin, die für den sturmfesten Hut auch einen Innovationspreis erhalten hat.

Eigentlich bevorzugt sie für die wollene Kopfbedeckung die Bezeichnung Dieklöper – denn Plattdeutsch spricht sie lieber als Hochdeutsch. Das wurde auch deutlich bei ihrem zweiten TV-Auftritt, dem sie nur unter Vorbedingungen zustimmte. So sollte Moderator Jared Dibaba ein gelbes Dieklöper-Modell von ihr tragen und „op Platt“ mit ihr das Gespräch führen. „Beides hat denn auch geklappt, damit konnte ich mich als Dithmarscher Dickkopp durchsetzen“, erklärt sie mit einem Augenzwinkern.

Bauernblatt-Reporter Sven Tietgen probierte das preisgekrönte Hutmodell gleich selbst aus. Foto: privat
Moderator Jared Dibaba trägt ein Modell von Hutmacherin Marlies Nelz. Foto: Sven Tietgen

In ihrer Werkstatt in Hochdonn probiert Marlies Nelz gerne neue Materialien und Formen aus. So greift die Modistenmeisterin auch mal zu Kork oder gewachster Baumwolle, die sie für eine regenfeste Outdoorkollektion extra aus England importiert. London gehört übrigens auch zu ihrem beruflichen Lebenslauf, der mit der Ausbildung zur Modistin 1978 in Lübeck begann. Dort legte sie 1987 ihre Meisterprüfung ab und betrieb anschließend in Hamburg ein Ladengeschäft. Von dort wechselte sie in die britische Hauptstadt zum königlichen Hoflieferanten – aber nur für wenige Tage.

Denn der Inhaber wollte Marlies Nelz nur als Anleiterin für die Mitarbeiterinnen in der Hutproduktion engagieren. Neue Ideen waren dabei unerwünscht, auch bei der Beratung der royalen Kundschaft im Londoner Showroom durfte die Hutmacherin nicht dabei sein. „Das war frustrierend, der Mann ließ sich auf keinerlei Diskussionen ein, das ging für mich gar nicht“, berichtet die Hutexpertin. Im Jahr 1999 kehrte sie in ihre Dithmarscher Heimat zurück und startete die Hutmacherwerkstatt im Wohnhaus als Kleingewerbe.

Zahlreiche Unikate prägen den Showroom im Keller, dazu fertigt sie auch sogenannte Fascinators – kleine Accessoires für die Haarpracht, manchmal mit glitzerndem Strass oder Federn. „Die trägt frau für Theaterabende oder in der Pandemie auch mal beim Onlinemeeting“, verrät die Modistenmeisterin.

Sie selbst ist aber nicht im Internet unterwegs, Marlies Nelz bevorzugt den persönlichen Kontakt. Zudem sei es wichtig für die Kundinnen, die Kopfbedeckungen passgenau auszusuchen und anzuprobieren. Das können die Hut- und Mützenfans bald auch auf verschiedenen Kunsthandwerkermärkten machen. Weit fahren müssen sie dafür aber nicht, denn Marlies Nelz steuert nur Märkte in maximal 100 km Entfernung von ihrem Heimatort an.

Den Deichläufer-Hut gibt es in vielen Farben und Größen. Foto: Sven Tietgen

Ausbildungsbetrieb des Jahres 2022 im Beruf Landwirt

In diesem Jahr wird erneut der Ausbildungsbetrieb des Jahres im Beruf Landwirt ausgezeichnet. Landwirtschaftskammer, Bauernverband, Gewerkschaft IG Bau, Verband Landwirtschaftlicher Fachbildung, LandFrauenverband und Landjugend wollen damit in gemeinsamer Aktion das große Ausbildungsengagement in der Landwirtschaft sichtbar machen.

Die Auszeichnung wird im Rahmen des Landesbauerntages im September vergeben. In den beiden Vorjahren konnte diese Präsentation coronabedingt nicht erfolgen.

Rund 250 junge Menschen absolvieren in Schleswig-Holstein jährlich erfolgreich die Abschlussprüfung im Beruf Landwirt. Ermöglicht wird diese erfolgreiche Nachwuchskräftesicherung durch das hohe Ausbildungsengagement der rund 650 aktiven Ausbildungsbetriebe in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften der Beruflichen Schulen. Sie investieren Zeit, Kraft und oft auch viel Herzblut in die Entwicklung der jungen Menschen.

Die Auszeichnung „Ausbildungsbetrieb des Jahres“ wird an einen Betrieb vergeben, der sich durch außerordentliche Ausbildungsleistungen besonders hervorhebt. Bewertet werden Aspekte wie:

– Dauer der Ausbildertätigkeit

–transparenter Ablauf der Ausbildung

– gute Arbeitsbedingungen

– gezielte Förderung der Auszubildenden

– bezogen auf das Leistungspotenzial des Ausbildenden gute/sehr gute Abschlussleistungen

Betriebe können vorgeschlagen werden oder sich selbst bewerben. Durch einen kurzen Bewerbungsbogen werden die Ausbildungsaktivitäten erfragt. Die Auswahl trifft eine von den beteiligten Organisationen gebildete Kommission.

Der vollständige Fragebogen ist auf der Internetseite der Landwirtschaftskammer lksh.de unter Aus- und Weiterbildung/Ausbildungsplätze eingestellt. Fragen zum Verfahren beantworten die landwirtschaftlichen Ausbildungsberater der Kammer sowie die Bildungsverantwortlichen der beteiligten Verbände. Einsendeschluss ist der 31. März 2022.