Automatische Melksysteme (AMS) werden nicht zuletzt aufgrund ihres geringen Flächenbedarfs gerne für Umbaulösungen von Milchviehställen eingesetzt. Bei der Planung stellen sich dabei zahlreiche Fragen, vom besten Standort über Selektionseinrichtungen oder den Wartebereich bis zur Leistungsfähigkeit des Systems. Häufig werden dabei die täglichen Abläufe bei Mensch und Tier zu wenig berücksichtigt, sondern es wird eher auf bauliche und technische Voraussetzung geschaut. Im Folgenden sind daher die verschiedenen Punkte für ein gutes Gesamtergebnis zusammengestellt.
Besonders bei Umbauten verleitet der geringe Platzbedarf der Melkbox immer wieder dazu, AMS in Ställe einzubauen, die den Tieren nicht genug Platz bieten. Letztendlich limitiert in solchen Fällen dann der Stall die Kapazität des Melksystems sowie die Leistung der Tiere und führt in der Folge zu einer Mehrbelastung durch das notwendige Nachtreiben.
Häufig wird als zukünftiger Standort für die Melkbox der bestehende Melkstand gewählt, da sich Tank- und Technikraum in der der Nähe befinden und sich hier meist auch eine Selektionsmöglichkeit oder der Abkalbebereich befinden. Bei näherer Betrachtung bringt diese Platzierung oft jedoch Nachteile mit sich. So sind die Laufgänge zur und von der Melkbox meist zu schmal für einen reibungslosen Tierverkehr und auch der Selektions- und Abkalbebereich ist den zukünftigen Anforderungen nicht gewachsen. Hinzu kommen häufig zu geringe Liegeboxenmaße sowie ein schlechteres Stallklima. Ungeklärt bleibt immer wieder die Frage nach der Erledigung der Melkarbeit während des Umbaus. Überlegt werden sollte in diesem Zusammenhang, ob eine Anordnung der Melkbox im geplanten Anbau und die Nutzung des Altbaus für die Selektion, das Abkalben und die Trockensteher nicht mehr Sinn ergeben.
Reibungslose Zugänge zur Melkbox
Generell ist der wichtigste Aspekt beim Standort der Melkbox, dass sie möglichst reibungslos von den Tieren erreicht und wieder verlassen werden kann. Für das Tier gehört dieses Erreichen und Verlassen zum Melkvorgang. Wenn hier Wege an bestimmten Stellen durch ranghohe Tiere blockiert werden können, werden die Kühe weniger gern zum Melken gehen. Um dies zu verhindern, sollten möglichst breite Zugangswege zur Melkbox vorgesehen werden. Wo das nicht möglich ist, sollte überlegt werden, ob ein zusätzlicher Weg in Richtung Melkbox geschaffen werden kann, etwa über den Laufhof.
Der Ausgang aus der Melkbox ist für die Kuh genauso wichtig wie der Eingang. Kann ein ranghohes Tier diesen einfach blockieren, wird es dies auch tun. Daher sollte der Ausgang möglichst nicht in einer Ecke liegen.
Attraktive Stalleinrichtungen wie Tränken, Bürste, Kraftfutterautomat sollten sich nicht im direkten Zugangs- oder Ausgangsbereich der Melkbox befinden, da so der Tierverkehr gestört wird. Insbesondere bei rangniederen Tieren besteht die Gefahr, dass sie aus diesen stark frequentierten Bereichen verdrängt werden beziehungsweise diese ungern aufsuchen.
Stufen im Zugang und insbesondere im Ausgang der Melkbox sollten vermieden werden, da hierdurch der Tierwechsel verlangsamt wird, was eine Reduzierung der Kapazität zur Folge haben kann. Sind Stufen unvermeidbar, so sollten sie in gewissem Abstand zur Melkbox (zirka eine Tierlänge) angeordnet werden.
Wartebereich ausreichend groß planen
Ein ausreichend dimensionierter Wartebereich ist einzuplanen. Für eine Einboxenanlage sollte die Fläche mindestens Platz für fünf bis sieben Tiere bieten, analog gilt dies für Mehrboxenanlagen. Auch bei Umbaulösungen sollte keine Seite schmaler als 3 m sein, da sonst die Gefahr eines Flaschenhalseffektes besteht. Bei Neubauten werden 5 m empfohlen. Generell sollte der Wartebereich mit Tränken ausgestattet werden.
Für den Menschen sollte der Wechsel zwischen Wartebereich und Melkroboter möglichst einfach sein. Hier empfiehlt sich ein Schlupf hinter der Melkbox, sodass nach dem Hereintreiben eines Tieres unmittelbar in die Melkgrube gewechselt werden kann.
Der Wartebereich sollte zeitweilig absperrbar sein, damit herangetriebene Tiere ihn nicht wieder verlassen können. Eine komfortable Lösung stellen Hubtore dar, da sie das Nachtreiben von Tieren erleichtern. Arbeitssparend sind auch spezielle Nachtreibebuchten: Die etwa 15 bis 20 m² großen Buchten sind direkt neben dem eigentlichen Wartebereich beim Melkroboter angeordnet. Hier werden die nachgetriebenen überfälligen Kühe gesammelt. Diese Tiere können die Bucht nur über die Melkbox verlassen, während gleichzeitig über ein „Schwenkpaddel“ die anderen Tiere die Melkbox ebenfalls aufsuchen können. Der Vorteil ist, dass der normale Melkrhythmus nicht gestört wird, da auch die anderen Kühe die Melkbox betreten können. Als Nachteil muss jedoch bedacht werden, dass das Melken der überfälligen Tiere länger dauert.
Für das Anlernen von Tieren hat sich ein seitlich angebrachter oder anbringbarer Holm am Zugang zur Melkbox bewährt. Auf diese Weise kann das Tier beim Warten vor der Melkbox nicht mehr seitlich ausbrechen, was das Anlernen für Tier und Mensch stressfreier macht.
Freier und gelenkter Tierumtrieb
Beim Einsatz einer Vorselektion (nur melkberechtigte Tiere gelangen in den Wartebereich) ist besonders darauf zu achten, dass der Wartebereich ausreichend dimensioniert ist, da für die Tiere hier keine Ausweichmöglichkeit mehr besteht. Wenn eine solche Vorselektion gewünscht wird, sollte die Software des Systems es ermöglichen, die Anzahl der Tiere im Wartebereich zu berechnen, um zu verhindern, dass dieser Bereich überfüllt wird. Jedoch ist auch in diesem Fall noch zu beachten, dass einzelne (rangniedrige) Tiere möglicherweise lange Zeit im Wartebereich verbringen müssen, da sie immer wieder von anderen Tieren verdrängt werden. Diese Gefahr besteht insbesondere bei hoher Auslastung des Systems.
Ein guter Kompromiss zwischen gelenktem und freiem Umtrieb kann durch den Einsatz dezentraler Selektionstore mit Tiererkennung am Übergang zwischen Liege- und Fressbereich erreicht werden. Melkberechtigte, aber auch frischmelkende Tiere können durch diese Tore individuell in den Fressbereich gelassen werden, sie haben de facto einen freien Umtrieb. Hingegen werden die Tore für überfällige Tiere gesperrt, sodass diese nur über die Melkbox zum Futter gelangen.
Einrichtungen zu Nachselektion tragen zur Reduzierung des Arbeitszeitbedarfs bei und erleichtern das Management. Die Nachselektionsbucht sollte einen Zugang zu Futter und Wasser ermöglichen und mit Liegeboxen ausgestattet sein.
Büro: Was wird wo gemacht?
Dem Büro kommt im Vergleich zu konventionellen Melksystemen eine deutlich größere Bedeutung zu, wobei hier in der Planung genau überlegt werden sollte, welche Tätigkeit eigentlich wo durchgeführt werden soll. Im täglichen Ablauf am AMS lassen sich grundsätzlich zwei Arten von Arbeit am PC unterscheiden:
• Kurzfristige Abrufe von Aktionslisten oder Ähnlichem und Eingaben von Tätigkeiten und Beobachtungen im Stall. Diese PC-Arbeiten sollten zwischen anderen Arbeiten „im Vorbeigehen“ erledigt werden können. Der dazugehörige PC („Schmutz-PC“) sollte daher auch in der Nähe von AMS und Tieren platziert sein.
• Auswertung von Listen, Anpassen von Einstellungen et cetera. Diese PC-Arbeiten stellen die eigentliche Büroarbeit dar. Der dazugehörige PC („Büro-PC“) sollte daher in einem beheizten und gut belüfteten Raum stehen, welcher im Idealfall einen Blick über die Herde ermöglicht. Auf diesem PC befinden sich die Daten physisch, da er besser geschützt ist als der PC im Stall.
Rund um den Melkroboter
Eine Melkgrube vor dem AMS ist nicht notwendig, kann aber die Arbeit erleichtern. Gleichzeitig verursacht sie jedoch auch höhere Kosten und einen höheren Reinigungsaufwand. Ein guter Kompromiss ist eine Absenkung des Bereichs an der Melkbox um zwei Treppenstufen (zirka 36 cm).
Die Melkbox ist im Winter frostfrei zu halten. Eine über die Melkbox herausragende Decke erleichtert das Verschließen im Winter sowie das Anbringen von Streifenvorhängen und ein eventuell notwendiges Beheizen. Im Sommer sorgt ein Lüfter für frische Luft sowie Abkühlung und vertreibt gleichzeitig lästige Fliegen, die den Melkablauf empfindlich stören können.
Ein separater Technikraum, in dem auch das Kühlaggregat untergebracht werden kann, ist sinnvoll. Auf eine ausreichende Frischluftzufuhr ist zu achten. Der Technikraum sollte in der Nähe der Milchkammer angeordnet werden. Es sollte unbedingt genügend Platz für die Elektro- und Wasserinstallation eingeplant werden.
Der Bedarf an Lagerraum wird häufig unterschätzt, was in der Folge dazu führt, dass viele Betriebsmittel, Verschleißteile, Geräte, Werkzeuge et cetera keinen Platz haben und irgendwo herumstehen.
Der Standort der Milchkammer sollte so gewählt werden, dass sie durch den Tankwagen leicht anzufahren ist. Bei der Erschließung ist darauf zu achten, dass keine direkte Verbindung zum Stall besteht und dass die Milchkammer nicht als Durchgangsraum konzipiert wird.
Oft vernachlässigt in der Planung
Beim automatischen Melken stehen bauliche Fragen oft im Vordergrund. Dennoch sollte versucht werden, rechtzeitig auch Fragen zu klären, die die Umstellung und den späteren Betrieb betreffen.
Ein zentraler Punkt sollte hierbei sein, wie und wann der Betrieb sich und seine Tiere auf die Umstellung vorbereiten kann. Es sollte feststehen, wer in der zeitintensiven Umstellungsphase hilft oder wer Tätigkeiten außerhalb des Kuhstalls übernehmen kann. Auch die Verteilung der Aufgaben im späteren Betrieb sollte besprochen sein.
Die Eutergesundheit, Milchleistung, Melkbarkeit auf dem Betrieb sollten rechtzeitig vor der Umstellung untersucht und kritisch betrachtet werden. Defizite in diesen Bereichen führen häufig zu einem deutlichen Einbruch in der Eutergesundheit und der Milchleistung bei der Umstellung. Gerade die Eutergesundheit lässt sich vor der Umstellung leichter verbessern als danach.
Wasser- und Stromverbrauch bei AMS
Die Kosten für Strom und Wasser bei automatischen Melksystemen werden zwar immer wieder als Kaufargument für das eine oder andere System angeführt, jedoch weiß kaum ein Betrieb, wie viel Strom oder Wasser sein System oder gar eine einzelne Komponente wirklich verbraucht.
Voraussetzung für eine Optimierung des eigenen Systems ist die Erfassung des Strom- und Wasserverbrauchs, und zwar möglichst einzeln für die größten Verbraucher wie Vakuumpumpe, Kompressor, Boiler oder das Kühlaggregat.
In Erwägung gezogen werden sollte auch die Investition in einen Datenlogger, der die Zählerstände der Strom- und Wasserzähler kontinuierlich erfasst. Auf diese Weise lässt sich der Verbrauch wesentlich bequemer und vor allem detaillierter auswerten. Die Kosten für Strom- und Wasserzähler variieren je nach Anbieter relativ stark, sie beginnen bei Stromzählern für Wechselspannung bei etwas über 50 €, bei Drehstromzählern sind zirka 150 € anzusetzen, ein Vergleich lohnt sich also. Nicht unterschätzen sollte man die Kosten für den Einbau der Zähler, diese fallen vor allem bei einer Nachrüstung deutlich höher aus.
So ausgestattet kann der Betrieb auf Fehlersuche gehen, indem er die Entwicklungen im Verbrauch der einzelnen Komponenten verfolgt oder die gemessenen Werte mit den Angaben der Hersteller, sofern vorhanden, vergleicht. Ein erhöhter Verbrauch kann aber auch durch veränderte Einstellungen, häufigere Reinigungen oder mehr Melkungen verursacht sein. Daher ist es wichtig, auch die entsprechenden Listen mit der Anzahl der Melkungen und Reinigungen sowie die Einstellungen zu sichern. Nur so können später Rückschlüsse auf mögliche Ursachen gezogen werden.
Unterschätzt wird meist der Energieverbrauch für die Reinigungen des AMS. Den größten Anteil verursacht hierbei die elektrische Warmwasserbereitung. Für den Stromverbrauch ist aber auch der Wartungszustand von Kühlaggregat, Boiler oder Kompressor entscheidend. Hier ist die regelmäßige Überprüfung des Stromverbrauchs wichtig. Nur so lässt sich ein Anstieg im Verbrauch rechtzeitig bemerken und Abhilfe schaffen.
Fazit
Bei der Planung eines automatischen Melksystems ist viel zu beachten. Wichtig dabei ist, die täglichen Abläufe zu berücksichtigen. Für einen erfolgreichen Betrieb sollte generell genug Platz im Stall eingeplant werden, damit sich die Tiere stressfrei zum und vom Roboter bewegen können, sonst limitiert der Stall das System. Außerdem sind breite oder mehrere Zugänge in Richtung Melkroboter einzuplanen, damit die Tiere ihn möglichst stressfrei erreichen können. Man muss ausreichend Selektionsplatz vorsehen und einfache Methoden wie Hubtore und Treibwege berücksichtigen, sonst kostet das sehr viel Arbeitszeit. Ein „Schmutz-PC“ im Stall, der leicht erreichbar ist, und ein Stallbüro mit Blick in den Stall sind wichtige Arbeitsplätze. Die Tierbeobachtung sollte möglichst während der Büroarbeitszeit möglich sein, weil sie ansonsten manchmal zu selten durchgeführt wird. Weiterhin sollte genug Platz für die Dinge und Werkzeuge, die man täglich braucht, eingeplant werden. Bei der Konzeption sollte man auch Zeit in die übrigen Bereiche investieren, denn schlecht geplante Selektions-, Abkalbe- oder Kälberbereiche können Zeitfresser werden. Es ist empfehlenswert, Strom- und Wasserzähler für die einzelnen Verbraucher einzubauen und regelmäßig abzulesen. Man sollte eine effiziente Heizung für den Winter vorsehen und auch die Lüftung im Sommer nicht vergessen. Des Weiteren ist eine effiziente Warmwasserbereitstellung anzustreben. Dazu empfiehlt es sich, ausgewiesene Spezialisten (zum Beispiel Heizungsbauer) ins Boot zu holen und sich individuell beraten zu lassen.
Tipps zum Strom- und Wassersparen
• Strom- und Wasserzähler gleich bei Installation mit einbauen
• für jeden (großen) Verbraucher ein eigener Zähler
• bei Aufzeichnung der Daten hohe Auflösung (1.000 Impulse/kWh) beim Zähler wählen
• Listen für die Anzahl der Melkungen und Reinigungen sowie für die Einstellungen der Anlage anlegen
• Daten regelmäßig überprüfen, um (schleichende) Defekte zu bemerken
• Einstellungen der Anlage überprüfen (zum Beispiel eingestellte Wassermengen der Reinigung, Anzahl Reinigungen, Leerlaufzeiten Vakuumpumpe)
• Wartungszustand überprüfen (zum Beispiel Verschmutzung der Kühler, Druckluft- beziehungsweise Vakuumverluste)
• Aufstellungsort und Dimensionierung der einzelnen Komponenten überprüfen (zum Beispiel Größe des Pufferspeichers und eingestellte Temperaturen bei Wärmerückgewinnung, Platzierung Kühlaggregat)