Die Präsidentin der Landwirtschaftskammer, Ute Volquardsen, hat Anfang Mai den Hof Witthohn in Norddeich im Kreis Dithmarschen besucht. Zentrale Themen waren die Rapsblüte, der Stand der Kultur, die gestiegenen Preise und Marktaussichten sowie die durch den Ukraine-Krieg gestiegene Nachfrage nach heimischen Ölsaaten und Ölen.
Maike und Carsten Witthohn zeigten den anwesenden Medienvertretern, wie aus der schwarzen Rapssaat Öl gepresst wird. Das Speiseöl besitzt rund 93 % einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Der Anteil von Omega-3-Fettsäuren liegt bei gut 10 %. Kalt gepresst enthält das Öl viele wertvolle Inhaltsstoffe wie E-Vitamine und sollte auch nur kalt verzehrt werden. Raffiniert eignet es sich als geschmacksneutrales Öl zum Braten und Kochen.
Rapsöl ist gesund und nachhaltiger als Palmöl. Es hat einen Ölgehalt von über 40 %, je nach Sorte. Von 1 ha Raps können je nach Ertrag bis zu 1.800 l Öl erzeugt werden. Der jetzt im Mai strahlend gelb blühende Raps ist aus dem Landschaftsbild von Schleswig-Holstein nicht wegzudenken, und die Blüte zieht sich dieses Jahr aufgrund der Wetterlage – erst sehr kalt und dann zu trocken – in die Länge.
In den vergangenen Jahren war der Anbau kontinuierlich gesunken, 2021 lag er bei rund 60.000 ha. Jetzt ist der Anbau erstmals wieder gestiegen. Wie sich die Preisentwicklungen und die starke Nachfrage auf die kommende Anbaufläche (2022/2023) auswirken werden, bleibt spannend und wird auch von den im Juli/August geernteten Erträgen abhängen.
Präsidentin Ute Volquardsen sagte dazu: „In Schleswig-Holstein ist der Anbauumfang von Raps laut Statistikamt Nord erstmals wieder gestiegen, und zwar auf 73.000 Hektar” (+18 % gegenüber dem Vorjahr). An das Niveau früherer Jahre mit rund 100.000 ha reicht die Anbaufläche aber bei Weitem nicht mehr heran. Doch Raps belegt nun wieder vom Anbauumfang Platz zwei der Marktfruchtkulturen hinter Winterweizen (150.300 ha, –4 % zum Vorjahr) und vor Wintergerste (69.400 ha, +1 %) in Schleswig-Holstein (Mais nicht mitgerechnet).
Vielversprechende Preise
Grund für die gestiegene Anbaufläche waren gute Preisaussichten. Auch wurden 2020 erstmals nach mehreren schlechten Rapsjahren passable Erträge verzeichnet. Raps ist eine sehr anspruchsvolle Kultur. Die Erträge haben sich im Vergleich zu früheren Jahren durch zu enge Fruchtfolgen, den Einfluss des Klimawandels auf das lokale Wettergeschehen und die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln spürbar reduziert.
Wie stark das Anbaurisiko und der Anspruch an die Kulturführung gestiegen sind, zeigt sich auch darin, dass es nahezu keinen Sommerraps und aufgrund der Schädlingssituation auch keinen nennenswerten Biorapsanbau in Schleswig-Holstein gibt. Dennoch ist Raps für die Landwirtschaft von Bedeutung:
• Als wichtige Blattfrucht in der Fruchtfolge (durch die lange Pfahlwurzel lockert Raps den Boden) und durch die positive Vorfruchtwirkung, die unter anderem durch die gute Bodengare erreicht wird, bringt Weizen, der nach Raps angebaut wird, mehr Ertrag im Gegensatz zu Weizen, der nach Getreide folgt.
• als wichtige Einnahmequelle (die Preise sind gut)
• nicht zuletzt als heimisches Futtermittel als Ersatz von Soja aus dem Ausland
Kammer prüft Rapssorten im Versuch
Die Landwirtschaftskammer prüft seit Jahren in ihren Versuchen jährlich an verschiedenen Standorten neue Rapssorten auf verschiedene Merkmale wie Ertrag, Ölgehalt, Krankheitsanfälligkeit, Standfestigkeit. Dabei handelt es sich um altbewährte und auch ganz neue Züchtungen. Neben dem Sortenmerkmal des Ertrags spielt die Pflanzengesundheit aufgrund der eingeschränkten Pflanzenschutzmittelpalette eine immer wichtigere Rolle. Auch das Kriterium der Nährstoffeffizienz – also wie die Pflanze die Nährstoffe verwertet – hat im Zuge der verschärften Düngeverordnung an Bedeutung gewonnen. Die Höhe des Ölgehaltes spielt ebenso eine Rolle. Die Ergebnisse der Sortenprüfung fließen in die Anbauberatung der Kammer direkt ein und dienen Landwirtinnen und Landwirten als Entscheidungsgrundlage für die nächste Aussaat. Grundsätzlich gilt es, das Risiko im Anbau durch verschiedene Früchte und Sorten zu minimieren, also nicht alles auf eine Karte zu setzen.
Moderne Rapssorten zeichnen sich dadurch aus, dass sie stresstolerant sind und Höchsterträge auch bei reduziertem Pflanzenschutzmitteleinsatz und bedarfsgerechter Düngung erzielen.
Raps ist, wenn er blüht, zudem wichtig für die Honigbienen und andere Insekten als ergiebige Trachtpflanze. Er ist besonders reich an Nektar und Pollen. Der Schutz der Bienen hat beim Pflanzenschutz im Rapsanbau daher oberste Priorität.
Wertvolles Öl und hochwertiges Futtermittel
Eine weltweite Bedeutung hat die heimische Ölfrucht als wertvolles Öl im Bereich Biodiesel und in der Pflanzenölproduktion für technische Öle, Schmierstoffe und vor allem auch Margarine und Speiseöl. Der Rapskuchen, der nach dem Auspressen in der Ölmühle übrig bleibt, ist ein wichtiges Eiweißfuttermittel, gentechnikfrei und eine Ergänzung zu anderen heimischen Eiweißträgern wie Ackerbohnen und Erbsen. Dennoch kann allein damit Soja – aufgrund seiner günstigen Aminosäurezusammensetzung – in der Fütterung nicht vollständig substituiert werden (siehe Artikel „Blick auf den Rapsmarkt“ in dieser Ausgabe).
Leere Supermarktregale – Substitute gesucht
Familie Witthohn berichtete, dass die Nachfrage nach ihrem selbst gepressten Speiserapsöl trotz Preisanstieg sehr stark gewachsen sei. Viele Verbraucher standen zuletzt vor leeren Supermarktregalen ohne Sonnenblumenöl und wichen auf Rapsöl aus. Der Trend, vermehrt auf regionale Produkte zurückzugreifen, ist ungebrochen. Allerdings ist auch spürbar, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher den Gürtel enger schnallen (müssen) und verstärkt Sonderangebote nutzen, gerade bei den sogenannten Grundnahrungsmitteln wie etwa Butter.
Aus der Wirtschaft ist zu hören, dass Pflanzenfett, zum Beispiel zum Frittieren von Pommes frites, so manchen Imbiss unwirtschaftlich gemacht habe und man auf Kartoffelbeilagen statt Pommes frites auswich. Auch Mc Donald´s überlegt, auf Rapsöl umzusteigen, was die Nachfrage zusätzlich anheizen könnte. In Belgien werden die Pommes frites in tierischem Fett frittiert.
Indonesien schließt Grenzen für Palmöl
Erst kürzlich schloss Indonesien die Grenzen für die Ausfuhren von Palmöl, was die Beliebtheit von Raps als Ersatzprodukt – noch dazu nachhaltiger als Palmöl – weiter steigern dürfte. Der Stopp der Lieferungen von Palmöl und anderen Rohstoffen hat die Kosten für Lebensmittel weltweit nochmals erhöht und könnte die Regierungen zwingen, sich bei Pflanzenölen verstärkt zwischen der Verwendung in Lebensmitteln oder als Biokraftstoff zu entscheiden (Tank, Trog oder Teller), sagen Marktexperten.
Kammerpräsidentin Ute Volquardsen betonte in diesem Zusammenhang, dass zur Nachhaltigkeit auch eine gewisse eigene Produktionsunabhängigkeit gehöre, also den Raps hier in Schleswig-Holstein anzubauen. Corona und auch der Krieg in der Ukraine ließen die Auswirkungen eingeschränkter globaler Lieferketten, Abhängigkeiten vom Ausland und verknüpfter Warenströme in stark gestiegenen Kosten und Mangel erfahrbar werden.
Gute Preise für die Erzeuger
Die Rapskurse liegen aktuell auf Rekordniveau. Grund dafür ist die weltweit gestiegene Nachfrage nach Biodiesel und Pflanzenöl. Nicht nur in Deutschland, auch in der EU hat sich die Rapsanbaufläche in den vergangenen Jahren verringert. Damit steigt der Importbedarf.
Bereits im Frühjahr 2021 stiegen die Rapspreise deutlich an. Die Landwirte nutzten die attraktiven Kurse und verkauften die Erntemengen aus dem Jahr 2021. Der Kriegsbeginn in der Ukraine traf dann auf diesen knapp versorgten Markt. Die Kurse stiegen auf Rekordniveau. Davon konnten jedoch die Erzeuger nicht profitieren, da die Ernte meist bereits verkauft war. Zum Teil hatte man auch schon Kontrakte für die neue Ernte abgeschlossen. Dennoch wurden meist Kurse erzielt, die weit über dem Durchschnitt der Vorjahre lagen. Allerdings haben sich die Düngerpreise ebenfalls sehr stark erhöht wie auch die Energiekosten, zum Beispiel für Diesel.
Marktentspannung in Sicht?
Sollte die diesjährige Rapsernte in Kanada wieder ein mittleres Ergebnis erreichen, könnte sich die Lage bereits in diesem Herbst wieder entspannen, und die weltweiten Rapsvorräte könnten wieder steigen. Nach einer ersten Schätzung des Weltgetreiderates (IGC) werden dann auch die fehlenden Mengen aus dem Schwarzmeerraum ausgeglichen. In der EU sind zudem die Anbauflächen für Raps (aber auch Soja und Sonnenblumen) gestiegen (siehe Grafik).
Müssen wir uns auf Knappheit einstellen?
Im vergangen Jahr importierte Deutschland rund 900.000 t Rapssaaten aus der Ukraine. Es ist jetzt wegen des Krieges von geringeren Mengen im kommenden Jahr auszugehen. Dann dürften jedoch andere Marktteilnehmer wie Kanada einspringen. Ob mehr Speiseöl aus Raps produziert wird, hängt maßgeblich vom Markt ab und von den entsprechenden Substituten und Preisen dafür. Aktuell scheint es sich bei den leeren Regalen um ein Verteilungsproblem und nicht um ein Mangelproblem zu handeln. 60 % der deutschen Rapsernte gehen in Biodiesel et cetera. Durch Hamsterkäufe kam man in der Speiseölproduktion nicht so schnell mit dem Abfüllen nach.