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Gräser mit rötlichem Laub

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Gräser überraschen mit allen erdenklichen Farbschattierungen. Denn neben sämtlichen Grüntönen und stahlblauen sowie blaugrünen Kombinationen gibt es auch Gräser mit kupferfarbenen, rotbraunen und rötlichen Halmen. Dies lädt zu interessanten Gestaltungsmöglichkeiten und Farbspielereien ein.

Die warmen Töne bringen eine besondere Farbigkeit in den Garten, gleich ob sie intensiv leuchten oder zart schimmern. Doch ebenso sorgen die schmückenden Blütenstände für Aufmerksamkeit. Sie bieten auch in den nicht so blütenreichen Herbstmonaten optische Reize. Neben dem farbintensiven Auftritt im Herbst zählt insbesondere die attraktive Wintersilhouette zu den großen Stärken der Gräser. Sie empfehlen sich damit als spektakuläres i-Tüpfelchen für den Garten.

Federborstengras ,Rubrum’ fällt ins Auge. Foto: Karin Stern

Wer derzeit durch den Gartenmarkt schlendert, findet ein reiches Sortiment an rotlaubigen Gräsern. Allerdings überstehen nicht alle angebotenen Arten unseren Winter. So sind die sehr attraktiven Federborstengräser ‚Rubrum‘ und ‚Fireworks‘ (Pennisetum setaceum) zwar an sich mehrjährig, müssen jedoch frostfrei im Kübel überwintern. Man kultiviert diese spektakulären Gräser daher besser gleich im Kübel oder pflanzt sie kurzerhand samt Topf im Beet aus. Dieser lässt sich zum Überwintern vor dem ersten Frost schnell in einen hellen Kellerraum bringen. Doch der Gang in den Gartenmarkt dient vor allem zum Appetitholen, denn Gräser pflanzt man am besten erst im Frühjahr. Viele Arten stammen aus wärmeren Gegenden. Im Frühjahr gepflanzt, etablieren sie sich über den Sommer und gehen als robuste, gut entwickelte Pflanzen in den Winter. Prinzipiell sollte man die ausgepflanzten, mehrjährigen Gräser vor allzu viel winterlicher Erdfeuchtigkeit schützen. Wer nicht gerade über einen leichten Sandboden verfügt, kann eine Drainageschicht aus Sand oder Kies auf den Boden des Pflanzlochs geben. Das sorgt für einen besseren Wasserabzug.

In der schräg stehenden Sonne wirkt das rote Laub schon fast magisch. Foto: Karin Stern

Die Wandelfähigkeit der Rottöne wirkt auf den Betrachter recht faszinierend. Vom flammenden Rot über ein düsteres Schwarzrot bis hin zum schmeichelnden Kupferton – ein und dieselbe Pflanze kann je nach Jahreszeit und Lichtverhältnissen einen völlig unterschiedlichen Charakter an den Tag legen.

Das rote Laub der Gräser stellt eine Laune der Natur dar, denn die dafür verantwortlichen Anthocyane werden normalerweise durch das grün färbende Chlorophyll überlagert. Bei den hier vorgestellten Gräsern verhält es sich umgekehrt. Der jeweilige Rotton hängt wiederum von der Menge und dem Mischungsverhältnis der einzelnen Anthocyane und anderer im Blatt vorhandener Farbstoffe sowie dem pH-Wert des Zellsaftes ab. Aus diesem Grund ist die Rotfärbung der Blätter an die Jahreszeiten gekoppelt. Im Herbst fällt die Ausprägung am deutlichsten aus. Tipp: Je heller der Standort, desto besser die Ausprägung der Farbe. An schattigen Standorten neigen rotlaubige Gräser zum Vergrünen.

Die roten Halme von Blutgras ,Red Baron’ ziehen den Blick auf sich. Foto: Karin Stern

Eine Ausnahme bildet das Japanische Blutgras ‚Red Baron‘ (Imperata cylindrica), das schon recht zeitig im Frühjahr deutlich Farbe bekennt. Dieses ungewöhnliche Ziergras wirkt als Solitär ebenso attraktiv wie in Rabatten mit Stauden oder niedrigen Gehölzen. Gern wird es im Herbst auch dekorativ in Kübel gepflanzt.

Perfektes Farbspiel mit Gräsern. Foto: Karin Stern

Die Fuchsrote Segge (Carex buchananii) zählt mit ihren wintergrünen Blättern zu den ganzjährigen Blattschönheiten. Sie wirkt besonders hübsch zu niedrigen Bodendeckern wie dem Stachelnüsschen oder Günsel, lässt sich aber auch im Kübel kultivieren. Noch etwas eleganter wirken die grazilen Halme der Peitschentragenden Segge ‚Toffee Twist‘ (Carex flagellifera). Sie passt gut zu Funkien, Taglilien, Astilben und Rosen. Das Rote Liebesgras ‚Purpurflirren‘ (Eragros­tis spectabilis) bietet neben den orangeroten Blättern auch eine duftende, rosafarbene Blüte. Die Blütenstängel machen sich toll in der Vase. Gibt der Standort genügend Raum für ein etwas höheres Gras her, empfiehlt sich das Chinaschilf ‚Indian Summer‘ (Miscanthus sinensis). Die effektvolle Schönheit punktet im Spätherbst mit leuchtend orange gefärbten Halmen, auf denen cremeweiße Wedel stehen. Der Regenbogen-Schwingel (Festuca amethystina) zeigt den Sommer über eher eine blaugrüne Blattfärbung, die nach der Blüte allmählich in kupferne bis purpurfarbene Töne übergeht. Dieses Farbspiel erklärt den Namen des attraktiven Grases, das wie alle Schwingel einen sonnig-trockenen Standort mit durchlässigem Boden liebt.

Spektakuläres Farbspiel mit dem Japanischen Blutgras ,Rubra’. Foto: Karin Stern
Gelungenes Spiel von Formen und Farben. Foto: Karin Stern
Rotlaubige Gräser fügen sich auch in formalere Gestaltungen ein. Foto: Karin Stern

Wohlstandsgewinn durch Wiedervernässung?

Die Wiedervernässung von Moorböden führt trotz der damit verbundenen individuellen Einnahme­einbußen zu einem gesamtgesellschaftlichen Wohlstandsgewinn. Zu diesem Ergebnis kommen zumindest zwei Ende September auf der 64. Jahrestagung der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues (Gewisola) vorgestellte Forschungsarbeiten.

Beide Studien versuchen, die Kosten für die Wiedervernässung der organischen Böden in Zahlen zu fassen. Je nachdem, welche Annahmen getroffen werden, unterscheiden sich die Ergebnisse dabei deutlich. Niklas Domke von der Humboldt-Universität zu Berlin berechnet in seiner Arbeit durchschnittliche kurzfristige Opportunitätskosten, also entgangene Gewinne. Veranschlagt werden 580 €/ha in Brandenburg und bis zu 2.030 € / ha in Niedersachsen. Daraus leitet Domke ab, dass diese Maßnahmen Einbußen verursachen, die einem CO2-Preis von 20 €/t beziehungsweise 68 €/t entsprechen. Legt man Wohlstandsverluste in Höhe von 237 €/t CO2 zugrunde, erscheint aus gesamtwirtschaftlicher Sicht eine Wiedervernässung also angebracht.

Die zweite Arbeit ist in Zusammenarbeit zwischen dem Verein Institut Duene und der Universität Greifswald, beides Partner des Greifswald Moor Centrum, entstanden. Berechnet wird der Finanzierungsbedarf für eine vollständige Wiedervernässung sämtlicher Moorböden in Deutschland. Dabei sollen sowohl Investitionskosten als auch unterstützende Begleitmaßnahmen und die Kosten für Anreizprogramme berücksichtigt worden sein. Die Wissenschaftler kommen auf einen Bedarf von 21 Mrd. € für den Zeitraum der Jahre von 2022 bis 2049. Der volkswirtschaftliche Nutzen durch die Wiedervernässung aufgrund vermiedener Klimafolgeschäden soll mit 67,5 Mrd. € jedoch deutlich höher liegen.

Naturschutzhöfe können funktionieren

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Landwirtschaft und Naturschutz arbeiten eng zusammen. Wie sich dabei die unterschiedlichen Belange im Rahmen gesamtbetrieblicher Ansätze in Einklang bringen lassen, wurde über drei Jahre im Rahmen des Projektes „Naturschutzhöfe Ostfriesland” erarbeitet. Dieses Beispiel ist auch für Schleswig-Holstein interessant.

Während der Kiebitz früher in ganz Deutschland häufig zu finden war, ist er mittlerweile eine Seltenheit. Zwischen 1980 und 2016 sind in Deutschland die Kiebitzbestände um 93 % zurückgegangen, heute gilt er als stark gefährdet.

Norddeutschland hat eine besondere Verantwortung für den Wiesenvogelschutz, da ein Großteil der in Deutschland noch vorkommenden Brutpaare hier zu finden ist. Dieser Tatsache wird bisher mit der Ausweisung von Schutzgebieten und dem Angebot von Förderprogrammen Rechnung getragen. Häufig ist die Grünlandbewirtschaftung jedoch in Verbindung mit einer optimierten Milchviehwirtschaft und der Erzeugung hochwertigen Grundfutters intensiv ausgerichtet, sodass die Anforderungen des Natur- und Umweltschutzes nicht ausreichend berücksichtigt werden können.

Zudem stehen viele Milchviehbetriebe vor Entscheidungen über den nächsten Wachstumsschritt (häufig mit der Abkehr von der Weidehaltung), vor weiteren Zukunftsoptionen oder vor der Betriebsaufgabe mit einer Flächenverpachtung an zumeist intensiver wirtschaftende Nachbarbetriebe. Es droht deshalb die Gefahr, dass Milchviehbetriebe mit Weidehaltung als notwendige Partner des Natur- und Wiesenvogelschutzes verloren gehen.

Für viele landwirtschaftliche Milchviehbetriebe ist es oft nur schwer möglich, diese vielfältigen Anforderungen des Naturschutzes umzusetzen, besonders dann, wenn sich der Großteil der Hofflächen in Schutzgebieten befindet. Dadurch stehen in den Wiesenvogelkulissen viele Milchviehbetriebe vor der entscheidenden Frage, wie sich der Betrieb künftig auch wirtschaftlich weiterentwickeln kann.

Einklang von Landwirtschaft und Naturschutz

Wie also lassen sich Maßnahmen zum Schutz der Wiesenvögel und die Bedürfnisse landwirtschaftlicher Betriebe in Einklang bringen? Antworten auf diese Frage wurden im Projekt „Naturschutzhöfe Ostfriesland“ gemeinsam durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die Ökologische Naturschutzbund (Nabu)-Station Ostfriesland und sechs landwirtschaftliche Betriebe erarbeitet. Dabei ging es vor allem um die Frage, wie Milchviehbetriebe die Nutzung ihrer Gesamtbetriebsflächen zum Wohl der Wiesenvögel verändern können, ohne zugleich notwendige wirtschaftliche Ziele aus den Augen zu verlieren.

Konkret bedeutet das eine extensivere Flächennutzung, ein verändertes Wassermanagement auf den Flächen und ein verändertes Weidemanagement. Die Kartierung der Wiesenvögel, Kenntnisse über das Geländerelief und bestehende Möglichkeiten der Wasserstandsanhebung bildeten dabei genauso die Grundlage für die Ausrichtung der künftigen Betriebskonzepte, wie die Ermittlung des Futterwerts und der Erträge von Grünlandflächen sowie die betriebswirtschaftliche Gesamtsituation der Betriebe.

Auf Basis der Ergebnisse aus der naturschutzfachlichen Zielformulierung und der darin enthaltenen Anforderungen an die Flächennutzung wurden verschiedene Nutzungsmöglichkeiten erarbeitet. „Die Schwierigkeit der Vereinbarkeit liegt darin, dass durch einen verspäteten ersten Schnitt oder andere Naturschutzanforderungen, die auf vielen Flächen in den Schutzgebieten liegen, nicht die Erträge und Qualitäten geerntet werden können, die für die Produktion von hochwertigem Grundfutter benötigt werden”, sagt Felicitas Kaemena von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die das Projekt fachlich betreut hat. 

Die Innovation des Projekts lag dabei in der gesamtbetrieblichen Betrachtung und der Suche nach betriebsindividuellen Entwicklungskonzepten sowie Fördermöglichkeiten, um die Betriebsumstellung auf eine natur- und umweltschutzzielfördernde Betriebsstruktur auch für Landwirte ökonomisch rentabel und langfristig tragbar zu gestalten.

Weidehaltung gilt als Schlüssel zum Erfolg bei der Wiederansiedlung von Brutvögeln. Foto: Landpixel

Herausforderungen bei der Umsetzung

Der naturschutzfachliche Ansatz stellt die landwirtschaftlichen Betriebe in der Umsetzung vor große Herausforderungen. Eine naturschutzfachlicherseits gewünschte extensive Beweidung (zwei Tiere je Hektar), optimalerweise in Kombination mit Vernässungsmaßnahmen der Flächen, führt zu einer Veränderung des Pflanzenbestandes, indem sich minderwertige Gräser und Kräuter innerhalb der Flächen ausbreiten und etablieren.

Hier ist ein intensives Weide- und Flächenmanagement gefordert (Tierkontrollen, Frischwasserzufuhr, Zaunpflege, Reinigungsschnitte, Parasitenmanagement, Zuwässerungsmaßnahmen …). Diese Verschiebung von Arbeitsschwerpunkten, die sich mit der Neuausrichtung der Betriebe ergeben, ist unter anderem im Rahmen des Projektes betriebswirtschaftlich berechnet worden und wurde in der gesamtbetrieblichen Umsetzung berücksichtigt.

Da die Ausgangslage der sechs beteiligten Betriebe sehr unterschiedlich war, mussten auch die Lösungsansätze sehr individuell ausgerichtet sein. Aber bei all der Unterschiedlichkeit und Differenzierung zeigen die Projektergebnisse eines ganz deutlich: Die Bewirtschaftung eines Großteils der Betriebsflächen auf die Ansprüche einer Artengruppe auszurichten (hier Wiesenvogelschutz), erfordert sowohl finanziell als auch arbeitswirtschaftlich einen erheblichen betrieblichen Aufwand, der derzeit nicht durch den Markt abgedeckt ist. Auch können bestehende Förderprogramme die notwendige finanzielle als auch Planungssicherheit nicht geben. Förderprogramme sind nicht einkommenswirksam und die Abhängigkeit von Landwirten, über diese Möglichkeit eine Finanzierung zu generieren, ist risikoreich und nicht gewollt.

Perspektive und Lösungsansätze

Eine gesamtbetriebliche Neuausrichtung ist aus Sicht der Landwirtschaftskammer Niedersachsen mit zu vielen Unsicherheiten verbunden (Marktschwankungen, Klimawandel), die derzeit ein zu hohes unternehmerisches Risiko darstellen. Hier ist es vorerst notwendig, dass sich neue ökonomische Perspektiven für „Naturschutzhöfe“ entwickeln. Als Beispiel ist das Weidemastprogramm „Earl of Lowlands“ mit dem Deutschen Schwarzbunten Niederungsrind zu nennen, das die Ansprüche von Landwirtschaft und Naturschutz gleichermaßen berücksichtigt und für einige Betriebe eine Lösung sein kann.

Viel mehr steckt aber die Lösung in einer kleinschrittigen Vorgehensweise, die betriebsindividuell herausgearbeitet werden muss, und darin, weitere Projektinnovationen zu fördern. Auf Investitionen oder Einzelmaßnahmen ausgerichtete Förderungen und die finanzielle Unterstützung etwa von gemeinschaftlichen Weidemanagern sowie der Gebietsbetreuung wären geeignete Ansätze für die Umsetzung auf den Betrieben.

Dass nicht immer der gesamte Betrieb, sondern auch die Umstellung nur eines Betriebszweiges mit Blick auf den Naturschutz sinnvoll sein kann, ist weiterhin als ein Ergebnis festzuhalten. Dies ist gerade dann interessant, wenn sich einige landwirtschaftliche Flächen durch bestimmte Störfaktoren, zum Beispiel durch die unmittelbare Nähe zu stark befahrenen Straßen, für Wiesenvögel nicht eignen, selbst wenn sie „hergerichtet” würden. Hier gilt es dann abzuwägen, welche Flächen weiter intensiv für eine hochwertige Grundfutterproduktion genutzt werden können und welche Flächen beispielsweise für die Mutterkuhhaltung mit anschließender Fleischvermarktung extensiviert werden können.

Für das Thema Wertschöpfung aus der veränderten, deutlich extensiveren Flächennutzung sind weitere Absatzmöglichkeiten zwingend erforderlich. Hierfür müssen die Ideen, etwa zur stofflichen Verwertung von Gras, und Innovationen gebündelt und in ihrer Weiterentwicklung unterstützt werden.

Zentrales Ziel bleiben aber mit ersten Pilotprojekten auch der Praxistest und die Konzipierung verbesserter Fördermöglichkeiten für den gesamtbetrieblichen Ansatz der Umsetzung von Naturschutzzielen. Wesentlich ist, dass die familiengeführten Betriebe erhalten bleiben und weiter auf dem Weg in die schrittweise Umsetzung nicht alleingelassen werden. Die Umsetzung gelingt nur, wenn alle Akteure Hand in Hand zusammenarbeiten.


Das Projekt

Entstanden ist die Projektidee in der Arbeitsgruppe „Kooperation Landwirtschaft und Naturschutz in Ostfriesland“, die bei der Ostfriesischen Landschaft in Aurich angesiedelt ist. Gefördert wurde das Projekt drei Jahre bis Juni 2024 von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und vom niedersächsischen Umweltministerium (MU).


Mit mehr Besamungsversuchen zu Langlebigkeit?

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Die Nutzungsdauer von Milchkühen wird aus verschiedenen Gründen oft als zu kurz empfunden. In Schleswig-Holstein lag das Durchschnittsalter der Milchkühe im Jahr 2023 bei 5,5 Jahren. Besonders vonseiten der Verbraucher wird jedoch oft kritisiert, dass Rinder ja durchaus ein Alter von etwa 20 Jahren erreichen können, und auch wirtschaftlich betrachtet stehen alte Kühe zumeist besser da. Da 22 % der Milchkühe aufgrund von Fruchtbarkeitsdefiziten abgehen, lässt sich dort unter Umständen ein Weg zur Verlängerung der Nutzungsdauer finden.

Eine verlängerte Nutzungsdauer von Milchkühen kann sich sehr positiv darstellen. In Bezug auf die Nachhaltigkeit ist eine verlängerte Nutzung der Kühe von Vorteil, denn durch jede Remontierungsfärse erhöhen sich der Ressourcenbedarf und die Treibhausgasemission. Eine verlängerte Nutzungsdauer hat somit einen unmittelbaren Einfluss auf die Klimabilanz des Betriebes. Ein weiterer Punkt ist die höhere Milchleistung von Mehrkalbskühen im Vergleich zu Färsen. Ein größerer Anteil alter Kühe steigert somit die Menge der vermarkteten Milch und senkt gleichzeitig die Emissionen pro Kilogramm Milch.

Kälber- und Jungviehkosten sind erheblich. Sie müssen von der Kuh erst einmal „abbezahlt“ werden, bis sie sich rentiert und ein Betriebsgewinn entsteht. Auf vielen Betrieben ist dies erst nach der zweiten Laktation der Fall. Wenn die Kühe im Durchschnitt nun nur 5,5 Jahre alt werden und die ersten zwei Laktationen nur die Aufzuchtkosten decken, bleibt eine effektive Nutzung der Kuh von 1,5 Jahren. Je länger die Kuh also im Bestand bleibt und Milch gibt, desto rentabler und wertvoller ist sie für den Betrieb.

Die Abgangsgründe

Betrachtet man die Abgangsgründe, wird deutlich, dass die Abgangsursache bei 22 % der Kühe in einer mangelhaften Fruchtbarkeit liegt. Viele Betriebe nutzen festgelegte Faustzahlen für unterschiedliche Managemententscheidungen wie etwa eine maximale Anzahl an Besamungen pro Kuh und Laktation. Eine Kuh wird beispielsweise viermal besamt. Ist sie nach der vierten Belegung noch immer nicht tragend, wird sie aufgrund von Fruchtbarkeitsmängeln zur Schlachtung vorgemerkt.

Die eigenen Managementregeln sind wandelbar. Den Kühen statt vier Besamungsversuchen fünf oder sechs zu geben, wirkt sich positiv auf die Nutzungsdauer aus.

Soll die Nutzungsdauer der Kühe verlängert werden, müssen solche Managementregeln hinterfragt werden. Stellen die festgelegten Besamungszahlen wirklich den wirtschaftlich sinnvollsten Schwellenwert dar? Diese Frage stellte sich auch das Forschungsteam um Ruozhu Han von der Universität Wageningen in den Niederlanden im Jahr 2024.

Das Team stellte fest, dass eine Anpassung der Grenze von vier auf fünf Besamungen die durchschnittliche Nutzungsdauer in den Betrieben um 108 Tage verlängert, eine Anpassung auf sechs Besamungen sogar um 155 Tage. Nun klingt das erst einmal nicht sehr viel, aber es gilt zu beachten, dass Kühe ja auch aus anderen Gründen als der Fruchtbarkeit abgehen und diese Verlängerung nun ausschließlich mit ein bis zwei weiteren Besamungen einhergeht.

Diese verlängerte Nutzungsdauer verringert die Remontierungsrate und führt somit zu einem Rückgang der Treibhausgasemissionen um 0,9 % beziehungsweise 1,2 %. Außerdem stellte das Forschungsteam gestiegene Nettoerträge fest, um 13 € beziehungsweise 18 € pro Kuh und Jahr. Dies ist vor allem auf die geringeren Kosten für die Färsenaufzucht zurückzuführen, aber auch auf eine höhere Milchproduktion. Diese stieg trotz der längeren Laktationsdauer aufgrund der Mehrkalbigkeit an.

Alte Kühe um jeden Preis?

Alte Kühe zu halten kann also einige Vorteile bringen, und in den Betrieben können verschiedene Stellschrauben, zum Beispiel im Bereich der Fruchtbarkeit, bewegt werden, um die Nutzungsdauer zu verlängern. Jedoch sollte trotzdem rational bei der Auswahl der Abgangskühe vorgegangen werden. Zwar sind alte Kühe „abbezahlt“ und erbringen höhere Milchleistungen, sie sind aber auch krankheitsanfälliger, besonders um den Kalbetermin herum.

Die Zahl der Besamungsversuche zu erhöhen kann vor allem in hochleistenden Herden mit persistenten Kühen sehr gut funktionieren, in anderen Herden führt dies allerdings zu verlängerten Trockenstehzeiten, da die Kühe schon vor Ende der Laktation an Leistung verlieren. Auch müssen höhere Besamungs- und Spermakosten einkalkuliert werden. Zudem sind die Zellzahlen bei alten Kühen im Durchschnitt etwas höher. Der Pflegeaufwand ist in älteren Herden damit zumeist etwas höher. Es muss daher genau abgewogen werden, welche Entscheidungen betriebswirtschaftlich sinnvoll sind und welche Schwellenwerte man für den Abgangsentschluss festlegt.

Die Situation in SH

Die Nutzungsdauer der Milchkühe in Schleswig-Holstein ist in den vergangenen Jahren stetig angestiegen, und die Kühe im Land sind durchschnittlich 66,3 Monate, also 5,5 Jahre alt. Der Vorwurf, die Kühe seien früher deutlich älter geworden, lässt sich demnach nicht bestätigen, denn 1985 befanden wir uns auf einem ähnlichen Niveau. Die zunehmend moderneren Kuhställe schaffen tiergerechtere Haltungsformen, die auf lange Sicht die Nutzungsdauer verbessern. Und auch der Zuchtfortschritt setzt hier an.

Fazit

Eine verlängerte Nutzungsdauer kann wirtschaftliche Vorteile haben. Da eine mangelhafte Fruchtbarkeit ein häufiger Abgangsgrund ist, kann eine gesteigerte Zahl der Besamungsversuche die Nutzungsdauer der Kühe verlängern und diese Vorzüge mitbringen. Eine unbedachte Steigerung der Nutzungsdauer kann jedoch auch negative Folgen haben, da ältere Kühe oft auch einen höheren Pflegeaufwand benötigen. Es muss betriebsindividuell geprüft werden, welche Möglichkeiten sinnvoll sind.

Steuerliche Fragen zur Unternehmensnachfolge

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Wer die Nachfolge auf seinem Hof regeln möchte, steht vor allem vor steuerlichen und bewertungsrechtlichen Fragen. Daneben müssen Antworten für die Reform der Höfeordnung gefunden werden. Und welcher Landwirt hat seinen Betrieb nicht auf zusätzliche Standbeine gestellt und muss dabei auf Abgrenzungsfragen achten? Im Rahmen der diesjährigen Landesverbandstagung des Hauptverbandes der Landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen (HLBS) in Osterrönfeld wurden diese Themen erörtert.

Der Berufs- und Fachverband von steuer-, rechts- und wirtschaftsberatenden Berufen sowie Sachverständigen und Mediatoren bot seinen rund 100 Experten interessante Vorträge: wertvolle Informationen, von denen die landwirtschaftlichen Unternehmer profitieren werden.

Ackerbauern klagen zu Recht

Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) freute sich in seinem Grußwort über ansteigende Preise für Milch, Rindfleisch sowie in der Mast und bei den Ferkeln. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe vor herausfordernden Aufgaben stehe. „Unsere Ackerbauern hingegen klagen zu Recht. Durch den Klimawandel und damit verbundene Extremwetter stehen wir in Schleswig-Holstein vor einem erheblichen Anpassungsbedarf.“ Ein weiteres zentrales Thema war, dass Landwirte und Berater ständig etwas von Bürokratieabbau hörten, in der Praxis jedoch meist enttäuscht würden. Schwarz mahnte mit Blick auf Berlin an: „Der Politik muss es ernst damit sein.“

Enno Karstens von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein zeigte, wie vielfältig landwirtschaftliche Betriebe aufgestellt sein können.
Dr. Andreas Piltz, Fachanwalt für Agrarrecht in Kiel, sprach sich dafür aus, bei einer Hofübergabe immer einen Steuerberater dabeizuhaben.

Die Landwirtschaft werde bunter, führte Enno Karstens, Leiter der Abteilung Bildung, Betriebswirtschaft und Beratung in der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, aus. Für die Weiterentwicklung von landwirtschaftlichen Betrieben durch Integration sozialer Angebote und durch die Verbindung der Landwirtschaft mit sozialer oder pädagogischer Arbeit ergäben sich neue Betätigungsfelder. „Es gibt so viele leer stehende Gebäude in unserem Land. Die könnten für Wohnprojekte genutzt werden“, führte Karstens aus. „Die Nachfrage ist groß. Das Angebot kommt gar nicht hinterher.“ Als weiteren Themenschwerpunkt beleuchtete er eine Carbonisierungsanlage zur Herstellung von Pflanzenkohle aus Holzhackschnitzeln und zukünftig auch aus Pflanzenmaterial wiedervernässter Moorflächen mit enormen Einsparungen von CO2 und der Möglichkeit, als Futterergänzung oder im Baugewerbe genutzt zu werden.

Neben Pachteinnahmen aus Photovoltaik auf Freiflächen stieß Karstens ein Thema an, das künftig an Bedeutung gewinnen wird: „Der Ausbau Regenerativer Energien hat ein überragendes öffentliches Interesse.“ Bei den vielfältigen Fragen, wie ein landwirtschaftlicher Betrieb aufgestellt werden sollte, war seine Antwort eindeutig: „Expertenteams haben Zukunft!“

Plädoyer für einvernehmliche Einigung

Das wurde auch von Dr. Andreas Piltz, Rechtsanwalt und Notarverwalter, Steuerberater und Fachanwalt für Agrarrecht aus Kiel, unterstrichen: „Es ist nicht so einfach, bei der Höfeübergabe eine mehrheitsfähige Einigung zu erzielen.“ Selbst die Deutsche Gesellschaft für Agrarrecht habe längst nicht in allen Fragen eine einheitliche Meinung. Die Fallstricke verbergen sich im Detail – ob bei Wirtschaftswert oder Grundsteuerwert, ob bei Hofwert alt oder neu, bei Mindestwert alt oder neu. Ständig tauchen Fragen auf mit durchaus schwerwiegenden Folgen. Es könne für die Beteiligten nur ihr Ehrgeiz sein, vorher eine einvernehmliche Einigung zu erzielen. Das Fazit von Piltz war eindeutig und nachvollziehbar: „Keine Hofübergabe ohne Steuerberater!“

Anna-Katharina Suder vom Landwirtschaftlichen Buchführungsverband in Kappeln ging auf Besonderheiten bei der Bewertung von landwirtschaftlichen Betrieben ein. Unter der Überschrift „Mein Hof, meine Ferienwohnung, meine Bootshalle – steuerliche Abgrenzungsfragen bei der Erbschaftsteuer“ wurden ausgewählte Fragestellungen erläutert. Dabei wurde deutlich, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb viele einzelne Bewertungsfelder umfasst. Es ist grundsätzlich die wirtschaftliche Einheit zu klären: Was gehört zu meinem Betrieb und wie wird es genutzt? In der sich verändernden Gesamtstruktur der Betriebe haben die Energieerzeugungsflächen zunehmend eine besondere Bedeutung bei der Bewertung.

Abschließend wurde anhand des Parkhaus-Urteils des Bundesfinanzhofes vom Februar 2024 deutlich, dass auch die Rechtsprechung ihren Anteil zur Verkomplizierung beiträgt. Demnach wurde entschieden, dass bei einem Parkhausbetrieb Dritten zur Nutzung überlassene Parkplätze nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen darstellen. Welche Auswirkungen dies auf Kundenparkplätze von Hofläden hat, bleibt dabei offen.

Sie nutzten die Pause zum Fachaustausch (v. li.): Dr. Jan-Christoph Friedrichs, Anna-Katharina Suder und Steffen Wiegand.

Der landwirtschaftliche Sachverständige Dr. Jan-Christoph Friedrichs, Betriebswirtschaftliches Büro Göttingen, wies darauf hin, dass schon bei der Gründung eines landwirtschaftlichen Unternehmens genau überlegt werden sollte, welcher landwirtschaftliche Unternehmer welchen Anteil in ein gemeinsames Unternehmen einbringt – ob zum Beispiel Minderheitsanteil an einer Komplementär-GmbH, Anteil an einer Transportgesellschaft mbH (geleaste Lkw), Anteil an einer Rübenroder GmbH & Co. KG, Realteilung bei einer Ackerbau-Personen-Gesellschaft (GbR, OHG, KG, Co. KG), Abfindung einer Personengesellschaft (Ackerbau), Anteil an einer Vater-Sohn-GbR oder Windpark-Beteiligung. Die Beispiele sind oft knifflig in der rechtlichen Bewertung.

Schon bei der Gründung einer Gesellschaft sollte für die Einbringung von Eigentum (Maschinen, Vorräte, Feldinventar) dokumentiert werden, wie eine Verzinsung im Rahmen der Gewinnverteilung erfolgen wird und welcher Kapitalanspruch bei der Auflösung beziehungsweise Abfindung besteht.

Entbürokratisierung heikles Thema

Zum Ende der Veranstaltung kam die Sprache auf ein Thema, bei dem viele Betroffene die Faust in der Tasche ballen: Bürokratieentlastung im Steuerrecht. Wie sieht der Wunsch aus, wie die Wirklichkeit? Steffen Wiegand, Steuerberater und Geschäftsführer des HLBS-Bundesverbands in Berlin, ist zwar mit der Politik einig, dass Deutschland modernisiert werden müsse, doch mit der Umsetzung halte vieles nicht Schritt.

Wichtige Impulse für ein Fachpublikum: Neben den Vorträgen wurden im Claus-Heller-Haus der Fachhochschule Kiel auch knifflige Fragen erörtert.

Bei dem Entwurf eines vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie vom 15. April wurden 62 Artikel und elf steuerrechtliche Maßnahmen eingebracht, zum Beispiel die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht einheitlich von zehn auf acht Jahre zu verkürzen oder eine zentrale Vollmachtsdatenbank der Steuerberaterinnen und Steuerberater für Vollmachten im Bereich der sozialen Sicherung einzurichten. Darüber hinaus soll für deutsche Staatsangehörige zukünftig keine Hotelmeldepflicht mehr bestehen.

Der digitale Wandel soll insbesondere durch die Absenkung von Formerfordernissen im Zivilrecht gefördert werden. Dazu zählen auch weitere Maßnahmen wie die Digitalisierung der Betriebskostenabrechnung sowie die Option, künftig bei der Flugabfertigung Reisepässe digital auszulesen. 944 Mio. € sollen insgesamt eingespart werden. Aber Zahlen sind „knetbar“, und das Gesetz ist auch noch nicht verabschiedet.

Zu guter Letzt noch die Information, dass die Ampel-Regierung für das Jahr 2025 ein neues Jahresbürokratieabbaugesetz angekündigt hat. Steffen Wiegand zeigt jedoch wenig Begeisterung: „Bei vielen Zahlen ist kaum nachvollziehbar, wie sie zustande gekommen sind, und viele Vorschläge von Experten wurden leider gar nicht aufgenommen.“

Gratulation zur Wiederwahl

Dr. Hauke Schmidt (r.), Landwirtschaftlicher Buchführungsverband, gratuliert Prof. Torben Tiedemann zu seiner Wiederwahl als Vorstandsmitglied des HLBS-Landesverbandes Schleswig-Holstein. Neben Tiedemann wurde auch sein Stellvertreter Sönke Huesmann für weitere fünf Jahre in den Vorstand berufen.

Dr. Hauke Schmidt, Geschäftsführer des Landwirtschaftlichen Buchführungsverbandes, gratulierte Prof. Torben Tiedemann (Bereich Landwirtschaftliche Buchstellen) zu seiner Wiederwahl als Vorstandsmitglied des HLBS-Landesverbandes Schleswig-Holstein. Neben Tiedemann wurde auch sein Stellvertreter Sönke Huesmann (Bereich Sachverständige) für weitere fünf Jahre in den Vorstand berufen.


Betriebswirtschaftliche Ausrichtung (2023) der landwirt­schaftlichen Betriebe in Schleswig-Holstein (gesamt 11.630):

Ackerbaubetriebe: 3.540

Gartenbaubetriebe: 350

Dauerkulturbetriebe: 120

Futterbaubetriebe: 6.440

spezialisierte Milchviehbetriebe: 2.340

Veredlungsbetriebe: 290

spezialisierte Schweinebetriebe: 210

Pflanzenbauverbundbetriebe: 80

Viehhaltungsverbundbetriebe: 100

Pflanzenbau-Viehhaltungsverbundbetriebe: 710

Quelle: Destatis, ASE 2023


Kartoffelernte erreicht Rekordergebnis

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Ein positives Stimmungsbild der Kartoffelbranche lieferte die 71. Internationale Kartoffel-Herbstbörse, die am Dienstag voriger Woche stattfand. Organisiert vom Deutschen Kartoffelhandelsverband e. V. (DKHV) trafen sich Vertreter aus dem europäischen Kartoffelhandel, Züchtung und Verarbeitung in Hamburg. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass die regionalen Ertragsunterschiede in diesem Jahr enorm groß seien. Aktuell sind die Betriebe mit dem Abschluss der Ernte und der Einlagerung der Haupternte beschäftigt, die unter optimalen Bedingungen auf Hochtouren läuft.

Die Internationale Kartoffelherbstbörse gilt als zentrales Stimmungsbarometer der Kartoffelbranche. Die allgemeine Stimmung war aufgrund der prognostizierten großen Ernte von 12,7 Mio. t Kartoffeln grundsätzlich positiv, jedoch befinden sich noch viele Kartoffeln im Boden und durch Unsicherheiten wie Witterungseinflüsse, Krankheitsdruck und Qualitätsfragen könne die vermarktbare Menge noch reduziert werden, resümierte DKHV-Präsident Thomas Herkenrath.

Die Rahmenbedingungen seien in diesem Jahr äußerst anspruchsvoll. Bereits im Frühjahr gab es deutschlandweit ungewöhnlich hohe Niederschlagsmengen. An manchen Orten waren die Böden so lange feucht, dass die letzten Pflanzungen erst Mitte Juni abgeschlossen werden konnten. Dennoch konnten unter optimalen Bedingungen viele Knollen erfolgreich gesetzt werden. In einigen Regionen wurden Flächen durch Hochwasser und anhaltende Regenfälle stark beschädigt. Das feuchte Wetter im Frühjahr, das bis weit in den Mai hinein anhielt, führte überall im Land zu einem erhöhten Krankheitsdruck, insbesondere durch Kraut- und Knollenfäule. Sorgen machen die immer restriktiveren politischen Vorgaben im Pflanzenschutz, die die Bekämpfung von Krankheiten und Schädlingen zunehmend erschweren.

Lange wurde mit einer ähnlich großen Kartoffelernte wie im vorigen Jahr gerechnet (2023: 18,87 Mio. t), trotz eines 9%igen Flächenwachstums. Die ermittelten Erträge von repräsentativ ausgewählten Probeflächen für die Besondere Ernte- und Qualitätsermittlung (BEE) des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) gehen mit einem errechneten Ertrag von etwa 44 t/ha jedoch von einer Rekordkartoffelernte von 12,7  Mio.  t aus. Das BMEL weist selbst darauf hin, dass sich dieser Wert noch verändern könnte. Das liegt unter anderem an der bisherigen Auswertung von lediglich 46 % der knapp 700 Probeflächen. Da neben diesen Flächen noch viele weitere Flächen gerodet werden müssen, ist es zu diesem Zeitpunkt noch zu früh, um eine endgültige Bewertung der Gesamtsituation in Bezug auf Erntemenge wie auch verfügbare Qualitäten abzugeben.

Die regionalen Unterschiede zwischen den Erträgen sind in dieser Saison enorm. Der Bruttowert sagt daher wenig über die tatsächlichen Ernteerwartungen für die einzelnen Verwertungsrichtungen aus. Letztendlich sind die Qualität und Stabilität der Lagerbestände entscheidend dafür, welche Mengen für die Vermarktung in den nächsten Monaten überhaupt zur Verfügung stehen. DKHV

Landeserntedankfest in Haddeby: „Essen ist divers“

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Das Landeserntedankfest fand am Sonntag auf der Ansgar-Wiese in Haddeby, Kreis Schleswig-Flensburg, statt. Nora Steen, Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein der Nordkirche, hielt die Predigt vor etwa 500 Menschen im extra aufgebauten Zelt neben der St. Andreas-Kirche.

Die Bischöfin und Landwirtschaftsminister Werner Schwarz würdigten die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte. Steen betonte die besondere Bedeutung des Festes in einem Jahr voller Krisen, die auch die Landwirtschaft stark betroffen haben.

Das Landeserntedankfest wird vom Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz Schleswig-Holstein und der Nordkirche veranstaltet. Für die Landesregierung nahmen Landwirtschaftsminister Werner Schwarz und Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (beide CDU) teil. Unter dem Motto „Auf den Tisch“ begleiteten Bischöfin Nora Steen und Propst Helgo Jacobs die Feierstunde.

Steen erinnerte in ihrer Predigt daran, dass Erntedank tatsächlich in allen Religionen weltweit gefeiert werde. Die Tradition, in der Erntezeit Danke zu sagen und alles Geerntete auf den Tisch zu legen, sei so alt wie die Menschheit. Glaubensfrage Ernährung Die Bischöfin würdigte die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte. Sie sprach an, dass die Ernährung heute für viele Menschen zu einer Art Glaubensfrage geworden sei. Essen polarisiere regelrecht, wenn es darum gehe, ob man Fleisch konsumiere, wie Tiere gehalten würden, ob man sich vegetarisch oder vegan ernähre. Dabei handle es sich nicht um ein neues Phänomen. Schon vor gut 2.000 Jahren sei man sich uneinig gewesen über Essensvorschriften und Fragen der geschlechtlichen Orientierung.

Der Predigttext „Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut und nichts ist verwerflich“ (1. Timotheus 4, 1-5) sei die Antwort. Das heiße sinngemäß, „wir dürfen leben, wie wir wollen“, und es sei die Aufforderung zu Toleranz. Extreme Haltungen verhärteten die Fronten, so Steen, damit seien die Herausforderungen der Zukunft nicht zu lösen. „Essen ist divers“, sagte sie und riet, die gegenseitige Achtung voreinander nicht zu vergessen und den Fokus auf das Gemeinsame zu legen, um die Gesellschaft zusammenzuhalten. Das betonten in ihren Fürbitten auch Klaus-Peter Dau, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Schleswig, sowie Lena Sophie Hagge und Tajo Lass, Vorsitzende der Landjugend.

Gesellschaftliche Aufgabe

Im Anschluss an den Gottesdienst dankte Landwirtschaftsminister Schwarz den schleswig-holsteinischen Landwirtinnen und Landwirten für ihren Einsatz. Der Erntedank erinnere daran, wie viele Ressourcen und Arbeit, aber auch Herzblut in die Produktion von gesunden Lebensmitteln flössen. „Wir wollen für die eingebrachten Ernten dankbar sein und unseren Landwirtinnen und Landwirten Wertschätzung für ihre Arbeit entgegenbringen“, so Schwarz.

Der Minister betonte die Bedeutung der Landwirtschaft als Wirtschaftszweig und als Motor für den Erhalt und die Weiterentwicklung der ländlichen Räume. Die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen diene dabei keinem Selbstzweck, sondern der gesellschaftlichen Aufgabe der Erzeugung von Nahrungsmitteln, so Schwarz weiter. „Gleichzeitig tragen die Landwirte zum Erhalt der Kulturlandschaft bei und erbringen wertvolle Gemeinwohlaufgaben für den Natur-, Umwelt-, Klima- und Artenschutz“, betonte der Minister.

Danke für Verständnis

Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, sprach seinen Dank aus, der vom Land in die Städte getragen werde, nämlich für das Verständnis der Mitbürgerinnen und Mitbürgen gegenüber den Landwirtinnen und Landwirten für ihre Arbeit und die ihnen entgegengebrachte Geduld, wenn schwere Maschinen auf den Straßen und mitunter in Ortschaften unterwegs seien, gerade während der so arbeitsintensiven Erntezeit. Dafür erntete Lucht kräftigen Applaus. Er erinnerte auch an die Schlepper, die im Frühjahr die Straßen blockiert hätten, und machte deutlich, dass dies nicht aus Spaß geschehe oder um große Maschinen vorzuführen, sondern weil der Berufsstand mit ernsthaften Problemen zu kämpfen habe. Er erwähnte auch den Neun-Punkte Plan, den Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auf dem Landesbauerntag als politische Reaktion auf die Proteste präsentiert habe und sinnvolle Ansatzpunkte enthalte.

Lucht sprach den rasanten Strukturwandel in der Landwirtschaft an, der schneller gehe als erwartet und eine Herausforderung für den ländlichen Raum darstelle. Er betonte, dass die Zukunft der Landwirtschaft wesentlich von der Anerkennung der Gesellschaft abhänge. Die Landwirtinnen und Landwirte seien sich ihrer ethischen und moralischen Verpflichtung bewusst, die Schöpfung zu bewahren.

Alle an einen Tisch

Das Motto des Landeserntedankfestes „Auf den Tisch“ griff Claudia Jürgensen, Präsidentin der LandFrauen Schleswig-Holstein, auf und formulierte es um. Sie ermunterte in ihrem Grußwort, an den Tisch zu kommen, Austausch und Gemeinschaft zu pflegen. Sie lobte die jüngste Bildungsoffensive des Landwirtschaftsministeriums (BiLEV) und betonte, wie wichtig es sei, dass an außerschulischen Lernorten jungen Menschen die Themenfelder Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz nähergebracht würden, um die Wahrnehmung für gesunde Lebensmittel und deren Produktion zu stärken.

Der Gottesdienst wurde musikalisch begleitet von den Haddeby Singers. Der Bauernmarkt auf dem Festplatz lockte mit Ständen der verschiedenen Vereine und einer Ausstellung alter Landtechnik über 1.000 Besucher an. mbw

Ein Höhepunkt im Gottesdienst ist der Einzug der Erntedankkrone. Merle Meggers und Sebastian Meggers, beide Landwirte auf Geltorf, tragen die Krone zum Altar, die von der Landjugend gebunden wurde. Foto: mbw
Die Haddeby Singers brachten musikalischen Schwung in den Erntedankgottesdienst. Foto: mbw
Das Landeserntedankfest wird vom Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz Schleswig-Holstein und der Nordkirche veranstaltet. Für die Landesregierung nahmen Landwirtschaftsminister Werner Schwarz und Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (beide CDU) teil. Unter dem Motto „Auf den Tisch“ begleiteten Bischöfin Nora Steen und Propst Helgo Jacobs die Feierstunde. Foto: mbw
Im Anschluss an den Gottesdienst dankte Landwirtschaftsminister Schwarz den schleswig-holsteinischen Landwirtinnen und Landwirten für ihren Einsatz. Der Erntedank erinnere daran, wie viele Ressourcen und Arbeit, aber auch Herzblut in die Produktion von gesunden Lebensmitteln flössen. Foto: mbw
Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, sprach seinen Dank aus, der vom Land in die Städte getragen werde, nämlich für das Verständnis der Mitbürgerinnen und Mitbürgen gegenüber den Landwirtinnen und Landwirten für ihre Arbeit und die ihnen entgegengebrachte Geduld, wenn schwere Maschinen auf den Straßen und mitunter in Ortschaften unterwegs seien, gerade während der so arbeitsintensiven Erntezeit. Dafür erntete Lucht kräftigen Applaus. Foto: mbw
Klaus-Peter Lucht, Präsident BVSH mit Werner Schwarz, Landwirtschaftsminister SH und Stephan Gersteuer, Generalsektretär BVSH (v. Re.) waren zufrieden mit dem großen Publikumsbesuch beim Landeserntedankfest in Haddeby. Foto: mbw


Entwaldungsfreie Lieferketten – aufgeschoben ist nicht aufgehoben

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Nach monatelanger Kritik an der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR) reagiert Brüssel nun und will den eigentlich für Anfang Januar geplanten Start des Gesetzes um ein Jahr nach hinten verschieben. Somit soll das Gesetz nun für Großunternehmen (ab 20 Mio. € Bilanzsumme und 250 Beschäftigten) am 30. Dezember 2025 und für Klein- und Kleinstunternehmen am 30. Juni 2026 in Kraft treten, sofern EU-Parlament und -Rat der Verschiebung zustimmen. Die EU hat damit eingesehen, dass dieses Gesetzesvorhaben wieder einmal ein Schnellschuss ohne Berücksichtigung der praktischen Umsetzbarkeit war.

Worum geht es bei EUDR eigentlich?

Es handelt sich bei EUDR in erster Linie um ein Gesetz zum Schutz des Regenwaldes in Südamerika. Somit dürfen Produkte wie Kaffee, Holz, Kakao, Palmöl, Kaut­schuk und vor allem auch Soja nur noch in der EU verkauft werden, wenn dafür nachweislich nach 2020 keine Wälder mehr gerodet wurden. Bei Verstößen drohen hohe Strafen mit bis zu 4 % des Jahresumsatzes in der EU. Dementsprechend scharfe Kritik kam auch aus allen Bereichen der Wirtschaft und der Politik.

Einfluss von EUDR auf die landwirtschaftlichen Märkte

In erster Linie geht es dabei um den Sojamarkt. Hier herrschte lange Zeit große Unsicherheit, was viele Landwirte über Monate davon abhielt, Kontrakte über das Jahresende hinaus abzuschließen. Die Unsicherheit rührte nicht nur aus der Preisfindung für entwaldungsfreies Soja, sondern auch aus den fehlenden Vorgaben und Lösungsansätzen für eine praktische Umsetzung im Handel mit Soja. Dementsprechend wurde vom Landhandel in der Regel ein Risikoaufschlag von bis zu 60 €/t für Kontrakte ab Januar kommenden Jahres erhoben. Diese Aufschläge bestehen zum einen aus den Zertifikatskosten und zum anderen aus den Zusatzkosten für die Nachverfolgbarkeit und das komplett separate Transportieren und Lagern, ähnlich der GVO-freien Variante. Gerade für den Landhandel und die Landwirte, die bereits umfangreiche Kontrakte im Proteinfuttermittelbereich abgeschlossen haben, kommt der Aufschub des Inkrafttretens der EUDR ziemlich ungelegen. Denn die Großhandelspreise für Sojaschrot ab Hamburg haben auf die Nachricht Mitte voriger Woche deutlich reagiert. Hier gaben die Preise direkt um 14 €/t nach. Und auch Rapsschrot wurde um 7 €/t mit nach unten gezogen. Somit haben auch die Landhändler das finanzielle Nachsehen, die sich schon große Mengen Sojaschrot gesichert haben.

Auswirkungen auf die hiesigen landwirtschaftlichen Betriebe

Neben den finanziellen Effekten, die die Landwirte aktuell mehr oder weniger betreffen, hat die Verordnung aber auch noch weitere Auswirkungen auch für die hiesigen Betriebe. Denn der zusätzliche Dokumentationsaufwand, der aus dieser Verordnung resultiert, ist mit der Terminverschiebung ja nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben.

Zwar ist der Aufwand im Bereich Dokumentations- und Nachweispflicht sicherlich im Handel deutlich größer als bei den landwirtschaftlichen Betrieben, dennoch ist dies wieder einmal das Gegenteil von Bürokratieabbau. Konkret betroffen sind hierzulande Betriebe, die Rinder, Soja oder Holz in den Verkehr bringen. Sie müssen dann einmal im Jahr eine Sorgfaltserklärung abgeben. Im Rinderbereich ist geplant, dies über die HIT-Datenbank umzusetzen.

Landesregierung stimmt für EWKG-Novelle

Das Kabinett hat am Dienstag vergangener Woche dem finalen zweiten Entwurf der Gesetzesnovelle zur Energiewende und zum Klimaschutz in Schleswig-Holstein (EWKG) endgültig zugestimmt. Mit der Novelle wird das ambitionierte Koalitionsziel der Klimaneutralität 2040 gesetzlich festgeschrieben. Gleiches gilt für das Ziel von mindestens 45 TWh jährlicher Stromerzeugung an Land durch Erneuerbare Energien ab dem Jahr 2030.

Mit der EWKG-Novelle legt Schwarz-Grün laut Klimaschutzminister Tobias Goldschmidt (Grüne) ein Gesetz vor, das die Dringlichkeit der Maßnahmen zeige, aber auch Augenmaß walten lasse. Die Landesregierung reagiert mit der Gesetzesänderung zudem auf veränderte Rahmenbedingungen im Bund. Durch die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sowie die Verabschiedung des Wärmeplanungs-, des Energieeffizienz- und des Klimaanpassungsgesetzes wurden weitreichende Gesetzesanpassungen auch auf Landesebene notwendig. Der nun beschlossene EWKG-Entwurf wurde nach der Verbändeanhörung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange über den Sommer überarbeitet und wird nun dem Landtag zur weiteren Beratung und Beschlussfassung zugeleitet.

Wichtige Neuregelungen der EWKG-Novelle

Klimaziel: Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel der Klimaneutralität 2040 wird im neuen EWKG gesetzlich festgeschrieben.

Ausbauziel für Erneuerbare Energien: Das Ziel von mindestens 45 TWh jährlicher Stromerzeugung aus Erneuerbare Energien an Land ab dem Jahr 2030 wird ebenfalls im EWKG gesetzlich festgeschrieben. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 waren es 20,6 TWh; im Jahr 2012 10,4 TWh.

PV-Standards: Beim Neubau von Wohngebäuden, bei größeren Dachrenovierungen von Nichtwohngebäuden, bei Parkplatzneubauten, -erweiterungen und -sanierungen ab 70 Stellplätzen besteht zukünftig eine Photovoltaik (PV)-Verpflichtung.

Landesverwaltung: Die Verwaltung soll bis 2040 treibhausgasneutral werden. Bis 2030 sollen die Emissionen um mindestens 65 % gegenüber 2015-17 sinken. Dafür sollen die Landesliegenschaften an Wärmenetze angebunden werden und der Anteil energetisch sanierter Gebäude steigen. Bei Baumaßnahmen sollen nachwachsende, recycelte oder recyclingfähige Baumaterialien standardmäßig verwendet werden, wenn sie technisch geeignet sind. Bis Ende 2030 sollen auf diesen Gebäuden PV-Anlagen mit einer Leistung von 12.500 kWp installiert sein.

Klimaneutraler ÖPNV: Bis 2030 fährt der Schienennahverkehr – dies umfasst S-Bahnen oder Regionalbahnen – klimaneutral. Ab 2040 fahren alle Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) klimaneutral – auch wenn Verkehrsdienstleistungen von Dritten erbracht werden. Ab 2035 werden Neugenehmigungen für Mietwagen, Taxis und andere Formen des Sammelverkehrs nur noch erteilt, wenn die Fahrzeuge emissionsfrei sind. Dies soll durch die Förderung etwa von Ladesäulen und Wasserstofftankstellen gefördert werden.

Fernwärmeversorgung: Wärmenetzbetreiber sind mit dem neuen EWKG verpflichtet, jede Preisänderung in ein Meldeportal einzugeben. Ein neues Online-Portal zeigt den Ausbau der Wärmenetze, um die Wärmewende öffentlich darzustellen. Zudem müssen Fernwärmeunternehmen, die aufgrund überdurchschnittlich hoher Betriebskosten und ineffizient betriebener Netze hohe Preise nehmen, einen Sanierungsfahrplan für ihr Wärmenetz vorlegen, um Ursachen für die hohen Kosten zu beseitigen.

Klimafreundliches Heizen: 15 % der Wärmeversorgung bestehender Gebäude müssen weiterhin aus Erneuerbaren Energien stammen, bis die weitergehenden Verpflichtungen des GEG greifen. Ist dieser 15-%-Anteil gegeben, kann neben der Wärmepumpe, Solarthermie oder Fernwärme auch übergangsweise eine Öl-, Gas- oder elektrische Heizung genutzt werden.

Wärmeplanung: Für die laut Wärmeplanungsgesetz des Bundes vorgeschriebene Wärmeplanung werden die Gemeinden verantwortlich sein. Dafür erhalten sie über das Land Bundesmittel in Form eines finanziellen Ausgleichsbetrags von 17 Mio. €. Für die Umsetzung gilt das Zieljahr 2040: Wärmenetze müssen in Schleswig-Holstein – entsprechend dem im Gesetz verankerten Klimaziel – spätestens ab 2040 klimaneutral betrieben werden, der Anteil der Erneuerbaren bei 100 % liegen. Dabei bietet das Land Unterstützungen und Förderungen an und sieht zudem für die Wärmeplanung kleiner oder von Wärmenetzen abgeschnittener Kommunen Erleichterungen vor:

Für Gemeinden, die wahrscheinlich keinen Anschluss an ein Wärme- oder Wasserstoffnetz erhalten, gibt es die Möglichkeit eines verkürzten Verfahrens für die Wärmeplanung.

Gemeinden, die kleiner als 10.000 Einwohner (Stand 1. Januar 2024) sind, können ein vereinfachtes Verfahren durchlaufen: Dies ermöglicht es etwa, die Öffentlichkeitsbeteiligung zu vereinfachen. Nicht mehr vorgeschrieben sind die Wärmeverbrauchsdatenerfassung, die Darstellung der Baualtersklasse der Gebäude und der Letztverbraucher.

Mit der Kabinettsbefassung wurden die Möglichkeiten vereinfachter Verfahren besonders für kleinere Kommunen erweitert. Das Land ermöglicht es benachbarten Kommunen, eine gemeinsame Wärmeplanung durchzuführen (Konvoi-Verfahren). Dabei können die Gemeinden die Aufgabe an das zuständige Amt oder den Kreis übertragen. Bereits verpflichtete Kommunen erhalten ein Wahlrecht, ob sie nach dem bisherigen EWKG (Ende 2024 oder Ende 2027) ihre Wärmeplanung machen oder nach dem WPG (2025 oder 2028). Bereits vorgelegte Wärmepläne haben Bestandsschutz.

Anpassung an den Klimawandel: Durch die Umsetzung des Klimaanpassungsgesetzes müssen Kreise und kreisfreie Städte bis zum 30. September 2029 Klimaanpassungskonzepte erstellen. Dafür erhalten sie eine einmalige Zahlung in Höhe von 150.000 €. Diese Klimaanpassungskonzepte müssen mindestens folgende Elemente enthalten: Eine Klimarisikoanalyse oder eine vergleichbare Entscheidungsgrundlage, eine Darstellung der Handlungsfelder, in denen Anpassungsbedarf besteht, einen Maßnahmenkatalog zur Umsetzung des Klimaanpassungskonzepts.

Biologischer Klimaschutz: Weil Moore Kohlenstoff speichern und als Wasserspeicher bei der Klimaanpassung helfen, sollen sie geschützt und renaturiert werden. Auch Humus soll als Kohlenstoffspeicher und -senke erhalten und aufgebaut werden. Künftig soll das Gesetz die Anpassung an den Klimawandel ebenfalls berücksichtigen und daher „Gesetz über die Energiewende, den Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ heißen.

Hinweise zum Pflanzenschutz im Wald

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Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Forstwirtschaft ist eine seltene Ausnahme. Allerdings kann es Situationen geben, in denen ein solcher im Sinne des Integrierten Waldschutzes als letztes Mittel angezeigt ist. Hierbei gibt es natürlich viele und sehr detaillierte Vorschriften zu beachten. Zu zwei möglichen Anwendungsbereichen werden im Folgenden Hinweise gegeben.

Das Pflanzenschutzrecht dient neben dem Schutz der Produktion agrarischer Produkte, zu denen auch Rohholz zählt, auch dem Schutz der Anwender und der Umwelt. Hier wurden auf der Grundlage übergeordneter Rechtsvorschriften unter anderem der Einsatz der Wirkstoffe Zinkphosphid und lambda-Cyhalothrin in Teilen neu geregelt.

Schadnagerbekämpfung in Schutzgebieten

Kurzschwanzmäuse können Jungbäume erheblich schädigen.
Fotos: Dr. Borris Welcker

Das Pflanzenschutzmittelverzeichnis Teil 4/Forst listet einige Produkte zur Bekämpfung von Erdmaus, Feldmaus, Rötelmaus und Schermaus auf. Sie können nach dem Nachweis der zwingenden Notwendigkeit über geeignete Prognoseverfahren in Forstkulturen zum Einsatz kommen. Alle zugelassenen Mittel nutzen den Wirkstoff Zinkphosphid.

Die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung vom 8. September 2021 verbietet aber unter § 4 unter anderem die Anwendung von Rodentiziden mit dem Wirkstoff Zinkphosphid in Naturschutzgebieten, Nationalparks, Nationalen Naturmonumenten und gesetzlich geschützten Biotopen im Sinne des § 30 Bundesnaturschutzgesetz sowie in FFH-Gebieten. Viele Waldflächen unterliegen einer oder mehrerer dieser Schutzkategorien, und die Waldeigentümer sind selbst dafür verantwortlich, sich über den möglichen Schutzstatus ihrer Forstflächen zu informieren.

Welche Möglichkeiten gibt es, wenn innerhalb eines der benannten Schutzgebiete ein signifikanter Verlust von Jungpflanzen in Forstkulturen droht? Zum einen sind mechanische, wirkstofffreie Verfahren wie Fallen oder Fangwannen selbstverständlich möglich. Deren Grenzen im Hinblick auf Effektivität in der Senkung der Nagerpopulation sowie tierschutzrechtliche Anforderungen müssen natürlich bedacht werden.

Zum anderen ermöglicht der § 4, Absatz 2 die Beantragung von Ausnahmen von diesem Verbot bei der zuständigen Pflanzenschutzbehörde, sofern erhebliche forstwirtschaftliche oder andere wirtschaftliche Schäden sonst nicht abzuwenden sind. Eine solche Antragstellung ist aber mit umfangreichen Vorgaben verbunden. So muss zum Beispiel für Anträge in Natura-2000-Gebieten vom Antragsteller eine FFH-Verträglichkeits-Vorprüfung durchgeführt werden. Somit sind die Naturschutzbehörden am Verfahren zu beteiligen. Das Ergebnis der fachgerechten Prognose zum Nachweis der Schadschwellenüberschreitung ist selbstverständlich vorzulegen.

In Gebieten, in denen der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln generell verboten ist, kann auch keine Ausnahmegenehmigung erteilt werden. Und schließlich ist auch das besondere gesellschaftliche Interesse an einer Bekämpfung nachzuweisen, zum Beispiel zum Erhalt einer Laubholzkultur auf einer kalamitätsbedingten Wiederaufforstungsfläche nach Verlust standortfremder Nadelbäume.

Produkt: Karate Forst flüssig

Derzeit gibt es mit dem Produkt Karate Forst flüssig nur noch ein anwendbares Insektizid zur Bekämpfung von rinden- und holzbrütenden Borkenkäfern im Wald. Der hier verwendete Wirkstoff lambda-Cyhalothrin ist ein selektiv auf Kerbtiere wirkendes Kontakt-Nervengift. Obwohl bei sachgerechter Anwendung keine unmittelbare giftige Wirkung auf Warmblüter wie den Menschen als Anwender nachgewiesen ist, ist dieser Wirkstoff als potenziell gesundheitsgefährdend eingestuft (GHS-Kennzeichnung „Ausrufezeichen/ Achtung“ und „Umwelt“).

Daher sehen die Anwendungsbestimmungen eine zwingend einzuhaltende Maximalexposition bei der Ausbringung von Karate Forst flüssig vor. Diese wurde in Abstimmung mit der Forstwirtschaft vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit am 8. Mai neu festgelegt. Damit wird festgeschrieben, wie viel dieses Pflanzenschutzmittels, gemessen in Litern pro Tag, von den Anwendern maximal sicher gehandhabt und ausgebracht werden kann und darf. Es geht dabei um die Ausbringung von 0,2%iger und 0,4%iger Behandlungsflüssigkeit an liegendem Holz im Forst.

Wird zum Beispiel eine 0,4%ige Behandlungsflüssigkeit durch eine Person angemischt, das Gerät damit befüllt und handgeführt ausgebracht, dürfen pro Anwender und Arbeitstag nur 1,3 l des Mittels gehandhabt und angewendet werden. Dies entspricht allerdings 325 l Spritzbrühe am Tag, sodass einer normalen Ausbringung mit einer Druckspeicher-Rückenspritze keine Hürden in der Arbeitsorganisation entgegenstehen dürften.

Weitere Möglichkeiten, sofern eine größere Ausbringungsmenge erforderlich erscheint, ergeben sich zum Beispiel durch den Einsatz einer zweiten sachkundigen Person beispielsweise für das Ansetzen und Befüllen oder durch die Nutzung einer Ausbringungstechnik mit einer den Anwender schützenden Fahrerkabine. Diese muss dann die definierte Schutzklasse aus Dichtigkeit und Luftfiltration aufweisen, um Anwender während der Ausbringung der Behandlungsflüssigkeit wirksam vor einer Exposition insbesondere durch Spritznebel zu schützen.

Die vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung ist natürlich immer außerhalb der Fahrerkabine zu tragen. Der Innenraum darf nicht mit möglicherweise kontaminierten Oberflächen in Berührung kommen. Die acht möglichen Aufwandszenarien sind in der Tabelle dargestellt.

Fazit

Das Pflanzenschutzrecht ist die entscheidende Grundlage dafür, dass einerseits die Möglichkeit besteht, die Produktion unserer Ernteerzeugnisse vor nicht mehr vertretbaren Verlusten zu schützen, andererseits dabei aber Mensch und Umwelt nicht über ein vertretbares Ausmaß hinaus zu gefährden. An dieser Stelle soll nur ein Streiflicht auf zwei relativ neue Aspekte der vielen Detailvorschriften geworfen werden, um mögliche Anwender zu sensibilisieren. Weitere Informationen zu diesem Thema sind vor allem über das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erhältlich, aber auch die Landwirtschaftskammer berät bei Bedarf zum Einsatz von Pflanzenschutz. Die sorgfältige Beachtung aller rechtlichen Vorschriften, des Pflanzenschutzmittelverzeichnisses sowie der jeweiligen Gebrauchsanweisung einschließlich der Sicherheitsdatenblätter ist zum eigenen Schutz und dem Schutz der Umwelt unerlässlich.