Jan und Erik Meyer aus Kalifornien, Gemeinde Schönberg in der Probstei, gehören zu den neun hauptberuflichen Fischern entlang der Ostseeküste von Lippe bis Strande. Vater und Sohn bewirtschaften jeweils einen Kutter, mit dem sie den Fang aus der Ostsee holen. Doch an diesem Tag war alles anders. Sie trugen die Fische ins Wasser hinein.
Am Aalutsetten“ (Aal aussetzen) beteiligen sich Jan und Erik Meyer seit der Gründung der Bürgerinitiative zum Erhalt des Aalbestandes 2010. Seit 2016 engagiert sich der Förderverein zur Erhaltung maritimer Lebensräume und Lebensformen für die Stärkung des Aalbestandes. Eine der wichtigsten Aktionen ist der jährliche Aalbesatz, an dem sich landesweit die Fischer von der Flensburger Förde bis zur Elbe beteiligen. 250 kg Aalbesatz wurden in diesem Jahr in neue Lebensräume entlassen, darunter auch in Kalifornien.
Seit Jan und Erik Meyer 2019 ihr Hotel in Kalifornien aufgegeben haben, leben sie ausschließlich von der Fischerei. An diesem Tag bleibt aber ihr Kutter im Hafen, denn sie warten auf den Transporter von Fischer Olaf Jensen. Der biegt dann auch pünktlich um die Ecke, allerdings hat sich der Anlieferungstermin um 24 Stunden verschoben. Der Grund dafür war dichter Nebel auf dem Flughafen in Paris. Denn die besonders empfindliche Fracht legt eine weite Reise zurück. In flachen Styroporkisten spaddeln jeweils etwa 1.500 Miniaale (500 g), nicht länger als 10 bis 12 cm und nahezu durchsichtig. Es finden sich sogar einige Interessierte ein, die sich das Aalaussetzen anschauen.
Erik Meyer hat seine neue Wathose an und trägt Kiste für Kiste vom Parkplatz an den Strand. Weit hinten an den Buhnen lässt er vorsichtig die schwabbelige Masse in die Ostsee gleiten. 4,5 kg Glasaal setzen sie in der Ostsee aus, damit sich der Nachwuchs entwickeln und zu den Laichplätzen aufsteigen kann. „Was dabei am Ende tatsächlich herauskommt, kann man nicht sagen. Das ist wie Bäumepflanzen, das dauert Jahre bis Jahrzehnte, bis ein Ertrag sichtbar ist“, sagt Erik Meyer.
Insgesamt rund 800 000 Glasaale in einem Gesamtwert von rund 100.000 € wurden von der Schlei bis an die Elbe verteilt. Möglich macht das eine breite Basis von öffentlichen Fördermitteln und privaten Spenden, unter anderem durch die sogenannte Aalaktie. Die kann jeder im Wert von 20, 50 oder 100 € kaufen und damit selbst einen Beitrag für den Aalbestand, aber auch zum Erhalt eines besonderen Kulturgutes in Schleswig-Holstein, der Aalfischerei, leisten. Die Schirmherrschaft darüber hat Altministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), der sich persönlich für den leckeren, aber leider viel zu selten gewordenen Speisefisch stark macht. „Die Aktie läuft gut, Bürger können sich da auch ganz privat für den Aal engagieren“, sagt Jan Meyer.
Die beiden Fischer aus Kalifornien haben es, wie ihre Berufskollegen entlang der Küsten, nicht leicht. Die Fangquoten machen ihnen seit Jahren das Leben schwer. „Corona kommt aber noch obendrauf“, erklärt Erik Meyer. Denn durch die Pandemie sei der wichtigste Abnehmer – die Gastronomie – nahezu komplett weggebrochen. „Wir haben noch ein, zwei Restaurants als Kunden, aber davon können wir nicht überleben“, so Meyer. Deshalb setzen die Fischer verstärkt auf Direktvermarktung. Doch Aale haben sie schon lange nicht mehr im Angebot, ebenso wenig wie Dorsch. „Die Quote dafür ist verschwindend gering, doch es gibt auch keinen“, so Meyer. Dafür hat er reichlich Plattfisch. In seinem Verkaufsladen in Schönberg im Friedhofsweg bietet er ihn küchenfertig an. Die beiden sind auch vertreten auf der Vermarktungsplattform
fischvomkutter.de Astrid Schmidt