Ob bei der Stoppelbearbeitung, dem Einarbeiten von Zwischenfrüchten oder bei der Saatbettbereitung: In der Nutzung einer Kettenscheibenegge sieht Henry von Bülow aus Altbokhorst im Kreis Plön zahlreiche Vorteile. Die zuletzt genutzte klassische Kurzscheibenegge des Betriebes tauschte der junge Landwirt gegen die hierzulande noch recht unbekannte Scheibenegge auf Ketten aus.
Erstmals in Kontakt mit der ungewöhnlichen Scheibenegge kam Henry von Bülow auf seinem Lehrbetrieb Gut Sierhagen in Ostholstein. Von der unkomplizierten Bauart, der einfachen Arbeitsweise und den Ergebnissen war er schnell angetan: „Diese Art der Scheibenegge fand ich von Anfang an interessant. So ein Teil hatte ich bis dahin noch nicht gesehen.“ Im vergangenen Jahr erkundigte sich der 30-Jährige nach konkreten Angeboten und fand einige wenige Händler für den deutschen Markt. Für den eigenen Betrieb hat sie der Juniorchef, der mit seinem Vater Harry von Bülow 420 ha Ackerbau in der Fruchtfolge Raps-Weizen-GersteAckerbohne-Mais betreibt sowie 90 ha Wald bewirtschaftet, vor allem angeschafft, um die Stoppelbearbeitung zu verändern.
Er entschied sich für ein Modell des australischen Herstellers Kelly, das inzwischen auch im sächsischen Stolpen von der gleichnamigen Maschinenfabrik gefertigt wird. Ausschlaggebend für den Kauf war vor allem, dass Henry und sein Vater mit dem Arbeitsbild der auf dem Betrieb bis dahin genutzten Kurzscheibenegge nicht mehr richtig zufrieden waren: „Außerdem konnten wir damit nicht möglichst flach arbeiten, was wir beim Raps ja aber immer wollen.“
Das Prinzip der neu beschafften Kettenscheibenegge ist schnell erklärt: Vier Segmente mit ähnlich einer Kette ineinander gehängten Scheiben sind an einem klappbaren Rahmen befestigt. Bei einer Arbeitsbreite von 6 m sind 30 Scheiben pro Segment montiert. Betrachtet man die Konstruktion von oben, ergibt sich eine leicht verschobene Raute. Die über den Boden rollenden Scheiben der beiden vorderen Segmente werfen das Material in einem Winkel von rund 45° nach innen, die beiden hinteren wieder nach außen. Aufgrund des Gewichtes von etwa 11 kg pro Scheibe und der Fahrgeschwindigkeit arbeiten die aggressiv angewinkelten Scheiben sehr effektiv, es erfolgt ein ganzflächiger Schnitt. Die Arbeitstiefe lässt sich einstellen und reicht bis etwa 5 cm, der Winkel der Scheiben hingegen bleibt stets gleich. In dieser Größe hat die Kelly ein Gewicht von 2.800 kg. Arbeitsbreiten von 6, 9 und 12 m stehen zur Verfügung. Neu ist das Prinzip allerdings nicht: Schon seit Jahrzehnten findet die Kettenscheibenegge in vielen Teilen der Welt Verwendung.
Hohe Flächenleistung und geringe Betriebskosten
Besonders die hohe Flächenleistung, die geringen Betriebskosten und das Anpassen der Kettenscheibenegge an die Bodenkontur seien die entscheidenden Vorteile, erklärt Henry von Bülow: „Je nach Geschwindigkeit schaffen wir etwa acht bis neun Hektar in der Stunde.“ Der Verbrauch liegt beim Fendt 828 bei lediglich etwa 2,5 l/ha bei rund 1.300 U/min, die gefahrene Geschwindigkeit betrage meist zwischen 13 und 14 km/h. Zugegebenermaßen sei die hohe Motorisierung an dieser Stelle eher Komfort als Notwendigkeit, denn die Kelly habe nur einen geringen Zugleistungsbedarf: Für die 6-m-Version genüge bereits eine Traktorleistung von 120 PS. Allerdings unterscheidet sich die benötigte Zugleistung auch durch die Bauart der verwendeten Scheiben. Verschiedene Versionen für unterschiedliche Anforderungen und Bodenverhältnisse stehen zur Verfügung.
Anfängliche Skepsis ist schnell gewichen
Anfangs sei die Skepsis in seinem Umfeld gegenüber der aus Down Under stammenden Kettenscheibenegge groß gewesen, erklärt von Bülow. Auch Henrys Vater, der sonst grundsätzlich offen für Neues sei, habe die Investition zunächst kritisch betrachtet. Schließlich konnte sich der Juniorchef durchsetzen: Seit August rollt nun die Kettenscheibenegge über die Flächen des Betriebes. Erfolgreich eingesetzt werden konnte die Neuanschaffung bereits im Sommer in den Raps- und Getreidestoppeln: „Der Auflauf des Ausfallgetreides war sensationell“, berichtet Henry von Bülow begeistert. Ein ähnliches Bild habe sich im Raps gezeigt, wo die Kelly die Stoppeln zuverlässig zerschlagen und Unkrauter herausgerissen, Ausfallraps hingegen aber nicht vergraben habe.
Im Einsatz der Kettenscheibenegge sieht Henry von Bülow eine praktikable Alternative zum Einsatz von Glyphosat: „Mehrere flache Durchgänge sorgen immer wieder für neues Auflaufen der Unkrautwellen“, erklärt er. Beim Einsatz in den Maisstoppeln reißt die Kettenscheibenegge sämtliche Pflanzenreste heraus und zerschlägt sie, ohne sie zu vergraben. Für den Maiszünsler wird es so ungemütlich. Bei der Saatbettbereitung zerkleinert sie die dicken Kluten. Das Ergebnis sehe fast wie nach der Überfahrt mit einer Kreiselegge aus. Für Henry von Bülow ist die Kettenscheibenegge ein Allroundgerät, das sich auch zum oberflächlichen Einarbeiten von Zwischenfrüchten oder Ernterückständen eigne. Probleme mit Verstopfungen habe es dabei bislang keine gegeben. Durch Unterbrechen der Bodenkapillaren und die geringe Bearbeitungstiefe helfe die Kelly zudem, die Verdunstung aus dem Boden zu verringern.
Für die Wahl der richtigen Arbeitsgeschwindigkeit seien, je nach Beschaffenheit des zu bearbeitenden Bodens, etwas Erfahrung und Ausprobieren nötig: „Wenn die Kette anfängt zu poltern und zu springen, ist man zu schnell unterwegs.“ Für ein gutes Arbeitsergebnis dürfe jedoch auch nicht zu langsam gefahren werden. Grundsätzlich arbeite die Kelly auf leichten und feuchten Böden besser als auf schweren und trockenen. Das Aus- oder Anheben am Vorgewende entfalle darüber hinaus völlig, was die Arbeit für den Fahrer wesentlich entspannter mache.
Harte Böden zeigen Grenzen auf
Nachteile ergäben sich bei ausgetrockneten, schweren Böden. Vor allem auf ausgetrocknetem Stoppelland könne es passieren, dass die Kettenscheibenegge nur über den Boden hinwegrolle. „Wenn Weizenstoppeln monatelang keinen Regen bekommen haben und dort ein harter Boden vorherrscht, verrichtet die Kelly nichts, aber da kommen auch andere Scheibeneggen an ihre Grenzen. Etwas Feuchtigkeit ist immer von Vorteil“, erläutert von Bülow. Bei zu hoher Feuchtigkeit bestehe dagegen die Gefahr, dass die einzelnen Scheiben schnell „zuschmieren“.
Verschiedene Einstellmöglichkeiten sorgen für die richtige Anpassung an unterschiedliche Böden: Mithilfe von Hydraulikzylindern können die Spannung der Kette und damit die Griffigkeit und das Arbeitsbild verändert werden. Ebenso bieten Distanzscheiben und eine einfache Aufhängung der Scheibenelemente am Rahmen Möglichkeiten zum Nachjustieren. Bei Bedarf können die Scheiben einzeln durch Herausschlagen eines Splintes gewechselt werden. Insgesamt sei die Kettenscheibenegge bislang verschleißfest und wartungsarm. Lediglich an etwa zehn Stellen müsse sie regelmäßig abgeschmiert werden. Auch der Hersteller Fliegl mit Sitz in Bayern produziert eine derartige Kettenscheibenegge.