Im Zentrum Schleswig-Holsteins, in dem Ort Nortorf, befindet sich ein Landschaftspark, in dem im öffentlichen Außenraum Werke zeitgenössischer Künstler unterschiedlicher Stilrichtungen zu besichtigen sind. Neben diesem Skulpturenpark gibt es nicht weit entfernt in Warder den Steinpark mit Kunstwerken von Ben Siebenrock. Die Anlage kann im Zusammenhang mit Führungen besucht werden.
Nortorf liegt in der Mitte Schleswig-Holsteins. Und das ist wörtlich zu nehmen, denn der vom Landesvermessungsamt exakt errechnete geografische Mittelpunkt des Landes befindet sich im Nortorfer Ortsteil Thienbüttel, an der Straße von Nortorf nach Brammer.
Die Idee und Entwicklung der 1953 bis 1956 als Stadtpark östlich des Zentrums angelegten Grünanlage geht auf den Nortorfer Gärtner Erwin Rumpf zurück, an den im Park eine kleine Sitzgruppe erinnert. An den damals noch weitgehend von Wiesen und Feldern umgebenen Park rückte im Laufe der Jahre die Bebauung immer näher heran, sodass man die Grünanlage heute als innerstädtische Parkanlage betrachten kann.
Seit 1987 mit der Aufstellung der ersten Skulpturen wird der Stadtpark auch als Skulpturenpark bezeichnet. Diese Parkbereicherung mit Kunstwerken geht auf die Initiative des Nortorfer Politikers und Kunstkenners Kurt Hamer zurück, dem die Idee hierzu während eines Urlaubs in Dänemark kam, als er Kunstmuseen besichtigte, die auch einen Skulpturenpark besaßen. Auf Rasenflächen und in Heckennischen wurden die Kunstwerke dänischer Künstlerinnen und Künstler präsentiert. „Da lag die Überlegung nahe: Könnte man nicht Werke schleswig-holsteinischer Bildhauerinnen und Bildhauer im Nortorfer Landschaftspark präsentieren?“, erinnerte sich Hamer. Es begann mit zunächst elf aufgestellten Skulpturen, heute sind es 22 von 21 Künstlern, die im Nortorfer Park gezeigt werden. Gelegentlich werden Exponate aus unterschiedlichen Gründen entfernt oder es werden auch neue Werke ergänzt.
Die Skulpturen des Parks
Aus Richtung der Nortorfer Innenstadt gelangt man über den Eingang Parkstraße in den Skulpturenpark, wo den Besucher sogleich die erste Skulptur anblickt: Der „Kopf“ des in Delmenhorst geborenen Künstlers Klaus Kützemeier zeigt in rotem glatt polierten Granit keine bestimmte Person, sondern einen idealisierten Kopf auf einem Sockel. Weitere figürliche Skulpturen im hinteren Teil des Parks sind beispielsweise „Stehende mit erhobenen Armen“ des Hamburger Bildhauers Hans Martin Ruwoldt, eine bronzene Frauen-Skulptur, die mit beiden Armen aufrecht ihr langes Haar hält, „Sitzende“ von Jutta Reichelt, eine torsoartige bronzene Frauenfigur mit üppigen, formalisierten und überzeichneten weiblichen Formen, oder „Weiblicher Torso“ von dem Hamburger Jörg Plickat mit einer sehr vereinfachten weiblichen Figur aus schwedischen Granit. Nur eine aus Eichenholz gefertigte, in die Luft ragende linke Hand zeigt „Griff“ von dem in Bokel lebenden Künstler Thomas Jaspert, wobei unklar bleibt, ob es eine Hilfe suchende, grüßende oder greifende Hand ist.
Auch Tiermotive sind vertreten. Neben dem „Sich leckenden Gepard“, ebenfalls von Ruwoldt, der damit als einziger Künstler mit zwei Werken im Skulpturenpark vertreten ist, einem aufrecht sitzenden, schlanken und eine gewisse Ruhe ausstrahlenden Raubtier, findet man den „Vogel“ von dem Flensburger Ulrich Beier, der einen sitzenden Vogel aus Bronze mit extrem vereinfachten Formen konstruiert hat.
Eines der auffälligsten und oft im Zusammenhang mit dem Skulpturenpark fotografierten Kunstwerke ist der „Ikarus“ des aus Uetersen stammenden Künstlers Hermann Stehr. Bei sonnigem Wetter glitzert und funkelt die aus Aluminiumguss gefertigte, sitzende, behelmte Figur bereits aus der Ferne. Etwas niedergeschlagen scheint der aus der griechischen Mythologie bekannte Ikarus mit dem zerbrochenen Flügel auf dem Schoß.
Eine ganze Reihe der Skulpturen ist aus Natursteinen oder bearbeiteten Steinblöcken gestaltet, wie die „Annäherung“ von Bernd-Dietrich Stolte, bei der ein Marmorpfeiler an einen Marmorblock angelehnt ist, die allerdings durch eine Metallkappe getrennt sind. „Großes Oberes Fragment“ von Tom Müller ist eine mächtige Gneisplatte mit spiegelnder Oberfläche auf der Unterseite, oder das „Wegkreuz“, der Husumer Künstlerin Anke Bunt, deren Gesteinsquader aus Anröchter Dolomit an einer Kreuzung im Skulpturenpark liegen und Kreuzwege des Lebens darstellen. Einen kleinen Bogen in der Landschaft zeigen die „Neun Kreissegmente“ aus Granit von Dieter Kosswig, während der tschechische Künstler Jan Koblassa „Fünf Arbeitstage“ mit seinen fünf in Reihe angeordneten Granitfindlingen zum Thema hat. Ursprünglich waren diese noch je mit einer Stahlantenne und einem kleinen, daran befestigten Steinstück ausgestattet. Wie die bekannten Menhire in der Bretagne stehen die aus schwedischem Diabas bestehenden, größer werdenden Steine, deren größte am Ende ein Tor bilden, auf der Rasenfläche in Nortorf. Mit Bezug auf die germanische Göttin des Totenreiches Hel nannte die Hamburgerin Susann Walke ihr Kunstwerk „Helweg“. Die „Lebenssäule“ aus Anröchter Dolomit des in Mölln geborenen Künstlers Ulrich Lindow zeigt mit ihren sieben Einkerbungen, die den sieben Wochentagen entsprechen, und weiteren Abnutzungen Lebensläufe der Menschen, aber auch generelle Abnutzungen und Vergänglichkeiten in der Zeit.
Der aus Stahl konstruierte abgeknickte „Halm“ des Kielers Uwe Gripp hat das Werden und Vergehen zum Thema und zeigt einen zerstörten Grashalm, der eigentlich das Sinnbild elastischer Stabilität ist. Weitere zu entdeckende Skulpturen sind die „Landschaft“ von Uwe Appold, „Viereck und Viereck“ von Hans-Dieter Schrader, die „Stele“ von Manfred Sihle-Wissel, die „Bodenskulptur“ von Hans Otto Lehnert und „Drei Bögen“ von Karl August Ohrt.
Die Bronzeskulptur „Phönix“ von dem aus Gnutz, wenige Kilometer von Nortorf, stammenden Heinrich Rohwedder stiftete Erwin Rumpf zu seinem 90. Geburtstag am 21. September 2006. Er war der eingangs erwähnte Gründer und Entwickler des Stadtparks in Nortorf. Der Phönix steht für die Auferstehung und die Verwandlung in eine neue Form. Rohwedder zeigt eine gedrungene, kompakte Mittelform mit zwei flügelartigen Ansätzen. Vielleicht stellt sie die gerade stattfindende Verwandlung in eine neue Form dar?
Idee und Bauausführung des Stadtparks in Nortorf gehen auf Erwin Rumpf zurück. Eine kleine Sitzgruppe erinnert an ihn.
Die meisten der in Nortorf präsentierten Exponate stammen aus den 1980er und -90er Jahren, einige aus den Jahrzehnten davor, wobei das älteste aus dem Jahre 1932 von Hans Martin Ruwoldt („Stehende mit erhobenen Armen“) ist. Bei der Suche nach einem geeigneten Standort im Park wurden die Künstler in der Regel beteiligt, sodass man davon ausgehen kann, dass die Standplätze der Skulpturen wohlüberlegt sind. Hierbei spielen auch die Wegführungen und die flankierenden Beete sowie Baum- und Strauchgruppen eine Rolle. Neben den Rasenfreiflächen gibt es in dem 18.000 m² großen Park einige gesetzte Gehölzgruppen und Baumsolitäre von Eichen, Birken, Kiefern, Fichten, Platanen, Rosskastanien und Lärchen. Einige, wie Silberahorn, Rotblättriger Spitzahorn, Roteiche, Ginkgo, Blutbuche und andere stammen aus neuerer Zeit.
Im Westen schließt sich ein Waldareal an die Parkfreifläche mit den Skulpturen an, wo neben einem Teich, einem Spielplatz und Sportanlagen auch einige interessante Sträucher und Bäume wie Mahonie, Ilex, Spierstrauch, Pfaffenhüttchen, Erlen, Rotbuchen, Vogelkirschen, Fichten und Weißtannen den Weg säumen. Daran schließt sich die Niederung der Bellerbek an, durch die man bis zum Borgdorfer See wandern kann.
Der Steinpark Warder
Etwa 10 min Autofahrt von Nortorf in Richtung Norden entfernt befindet sich in dem Ort Warder nahe der Autobahn A 7 der Steinpark Warder. Hier lassen sich seit 2009 auf Gut Seehof am Wardersee Steinskulpturen des 2018 verstorbenen Künstlers Ben Siebenrock besichtigen. Aktuell ist das Areal, das sich auf dem Gelände der Kiesabbaufirma Glindemann befindet, für den Publikumsverkehr geschlossen. Zu einigen Terminen und nach Absprache für Gruppen werden allerdings öffentliche Führungen von der Künstlerin und langjährigen Begleiterin von Ben Siebenrock, Britta Hansen, im Steinpark Warder angeboten.
Am Rande des großen Kiesabbaugebietes liegt die sogenannte Open-Air-Galerie der Firma Glindemann, mit der Ben Siebenrock seit 1996 zusammengearbeitet hat. Hier solle gezeigt werden, so Lars Glindemann, der Sohn des Firmengründers, dass „aus den Abbauprodukten einer Kiesgrube nicht nur Beton und Straßen entstehen können, sondern auch Kunst“. Siebenrock beschäftigte sich seit 1985 mit Findlingen als Bildhauermaterial, das die Eiszeiten in Schleswig-Holstein in großer Menge quasi vor die Haustür transportiert haben.
Fotos (7): Hans-Dieter Reinke
In der parkähnlichen Grünanlage des Steinparks sind rund 30 teils monumentale Kunstwerke ausgestellt, so beispielsweise der 5,5 m hohe „Lichtblick“, der als Grundstein des Parks im Jahre 2008 gelten kann, verschiedene Skulpturen aus dem Themenblock mit Handabrücken, der Granitfindling „Balou“, der „Urfaust“ oder die „Turbowachteln“. Von Ben Siebenrock gibt es in Schleswig-Holstein insgesamt um die 30 weitere Kunstwerke, die im öffentlichen Raum gezeigt werden.
In Warder können natur- und landwirtschaftlich Interessierte nach dem Kunstgenus der Arche Warder, einem Schutzzentrum gefährdeter und seltener Haus- und Nutztierrassen, einen Besuch abstatten. Vom Angler Sattelschwein bis zum Zwergesel sind etwa 80 unterschiedliche Rassen zu bestaunen. Einkehren kann man im Restaurant Farmküche zu saisonalen und regionalen Spezialitäten.
In Nortorf können sich Musikfreunde im Deutschen Schallplattenmuseum mit der Geschichte der Schelllack- und Vinylscheiben befassen. Es befindet sich im Kesselhaus der ehemaligen Schallplattenfabrik Teldec. Das Schallplattenarchiv des NDR Hamburg und Kiel ist ebenfalls in dem Museum untergebracht.




