Die trockenen Aussaatbedingungen im Herbst sowie der milde Winter resultierten zum Frühjahrsbeginn in größtenteils gut entwickelten Beständen. Die Wintergerste präsentiert sich teilweise besonders üppig. Die dichten Bestände und fehlende Vegetationsruhe haben auch die Überwinterung von Pilzkrankheiten gefördert. Rostkrankheiten haben dabei die größte Bedeutung. Der Artikel beschreibt mögliche Bekämpfungsstrategien.
In der Wintergerste hatte Zwergrost in den vergangenen Jahren den höchsten Anteil am Krankheitsgeschehen. Bei frühzeitigem und stärkerem Auftreten sind in anfälligen Sorten sehr hohe Ertragsverluste möglich. Sporen können mit dem Wind weite Strecken zurücklegen. Strahlungsreiche Witterung und milde Temperaturen (von 15 bis 22 °C) sowie hohe Luftfeuchtigkeit, gepaart mit einzelnen Niederschlagsereignissen, sind für Infektion und Entwicklung förderlich. Allerdings kann Zwergrost auch unter kühlen Bedingungen (ab zirka 5 °C) wachsen und daher bereits zum Schossbeginn stärker auftreten.
Ähnliche Bedeutung und Voraussetzungen hat Braunrost im Winterroggen, wobei dieser im Unterschied zum Zwergrost einen höheren Temperaturanspruch hat (über 16 °C). Aus diesem Grund ist Braunrost im Roggen selten vor dem Fahnenblattstadium zu beobachten.
Rhynchosporium und Mehltau bei Feuchtigkeit
In beiden Getreidekulturen – Gerste und Roggen – treten Rhynchosporium-Blattflecken auf. Die Verbreitung im Bestand erfolgt über Regentropfen, weshalb stärkere Niederschläge und eine kühlfeuchte Witterung für die Pilzentwicklung förderlich sind. Die eher langsame Entwicklung kann mit dem schnellen Wachstum von Gerste und Roggen in der Schossphase aber oft kaum Schritt halten, weshalb auf den oberen Blattetagen stärkerer Befall selten auftritt, nur bei anfälligen Sorten.
Auch Echter Mehltau tritt, in spezialisierten Subtypen, sowohl in der Wintergerste als auch im Winterroggen auf. Milde und strahlungsarme Witterung sowie ein feuchtes Mikroklima sind für eine Entwicklung im Bestand günstig. In den vergangenen Jahren blieb der Befall auf überschaubarem Niveau. Auch werden mögliche Ertragsverluste häufig zu hoch eingeschätzt.
Ramularia-Gefahr schwer zu bestimmen
Insbesondere in den südöstlichen Landesteilen hat die Ramularia-Sprenkelkrankheit in der Wintergerste einen hohen Stellenwert erlangt. Vielfältige Infektionswege und viele ungeklärte Aspekte in der Epidemiologie erschweren die Einschätzung der Krankheitsgefahr. Für die Infektion der ertragsrelevanten Blattetagen F-1 und Fahnenblatt scheinen hauptsächlich windverbreitete Konidiosporen verantwortlich zu sein, welche für eine erfolgreiche Infektion stärkere Niederschläge und längere Blattnässedauern benötigen. Krankheitssymptome treten nach erfolgreicher Infektion und Wachstum in der Pflanze erst bei starker Sonneneinstrahlung häufig ab Mitte der Milchreife auf.
Aktuell kaum Bedeutung in der Wintergerste hat die Netzfleckenkrankheit. Sowohl die aktuellen Anbau- und Witterungsbedingungen als auch das derzeitige Sortenspektrum scheinen eine höhere Relevanz zu verhindern.
Sortenunterschiede in der Wintergerste
Hohe Toleranzunterschiede treten innerhalb der aktuell angebauten Sorten vor allem in der Wintergerste auf. Echter Mehltau, Rhynchosporium-Blattflecken oder die Netzfleckenkrankheit kommen derzeit oft überhaupt nur in sehr anfälligen Sorten vor. Auch gegenüber dem Zwergrost ist die Spanne der Befallsstärke zwischen den Sorten groß. Die angebaute Sorte determiniert in der Gerste damit häufig die notwendige Fungizidintensität. Lediglich bei der Ramularia-Sprenkelkrankheit sind die Sortenunterschiede bisher noch nicht eindeutig.
Große Resistenzprobleme in der Gerste
Die Ursache für Resistenzen gegenüber Fungiziden ist hauptsächlich in deren Anwendungshäufigkeit zu finden. Verschiedene resistente Mutationen der Netzfleckenkrankheit in der Wintergerste haben sich weiterverbreitet. Von den Carboxamid-Fungiziden sowie den Wirkstoffen Azoxystrobin und Fluoxastrobin aus der Gruppe der Strobilurine ist nur noch eine geringe Wirkung im Feld zu erwarten. Auch die Resistenzentwicklung gegenüber dem Azol-Fungizid Prothioconazol hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Allein mit dem Wirkstoff Pyraclostrobin aus der Fungizidgruppe der Strobilurine können derzeit Netzflecken noch gut kontrolliert werden.
Eine ähnlich schwierige Situation liegt gegenüber der Ramularia-Sprenkelkrankheit vor. Bei den Carboxamiden besteht ein hohes Resistenzniveau. Ein geringer Wirkungsbeitrag ist festzustellen. Die Wirksamkeit des Azol-Fungizides Prothioconazol hat ebenfalls deutlich abgenommen. Ein jährlicher Wechsel in der Abschlussbehandlung mit dem Azol-Fungizid Mefentrifluconazol ist daher sehr wichtig. Eine hinreichende Wirksamkeit der Azol-Fungizide wird jedoch nur in Kombination mit dem wenig resistenzgefährdeten Kontaktfungizid Folpan 500 SC erreicht.
Höchstens zwei Behandlungen notwendig
Langjährige Intensitätsversuche der Landwirtschaftskammer zeigen, dass in Wintergerste und Winterroggen zum Schutz der Blattmasse derzeit maximal zwei Fungizidbehandlungen nötig sind. In gesunden Sorten ist in der Schossphase sogar häufiger eine Behandlung verzichtbar.
Mit der Entfaltung der Blattetage F-2 (Übergang ES 31-32) wird ein Krankheitsbefall für die Ertragsbildung relevant. In der Wintergerste ist ab diesem Zeitpunkt also besonders auf den Zwergrost zu achten. Treten in anfälligen Sorten erste Sporenlager auf, sind Behandlungen mit tebuconazol- oder prothioconazolhaltigen Fungiziden ratsam. Sowohl in der Wintergerste als auch im Winterroggen sollten Symptome der Rhynchosporium-Blattflecken beachtet werden. Ein erster Befall kann zunächst toleriert werden. Kommt es jedoch bei bestehendem Befall zu anhaltend stärkeren Niederschlägen, sollte die Applikation eines prothioconazolhaltigen Präparates erfolgen.
Echter Mehltau ist in beiden Kulturen leicht zu kontrollieren. Außerdem hat geringer bis mittlerer Befall keine Auswirkungen auf den Ertrag. Bei stärkeren Symptomen sind Behandlungen der Produkte Pronto Plus oder Input Classic sinnvoll. In allen bisher genannten Fungizidempfehlungen sind 50 % der zulässigen Aufwandmengen ausreichend.
Konzentration auf die Abschlussbehandlung
Ab dem Fahnenblattstadium beginnt die empfindliche Phase der Ertragssicherung. Neben dem Zwergrost und den Rhynchosporium-Blattflecken werden in der Gerste dann auch die Ramularia-Sprenkelkrankheit und die Netzfleckenkrankheit relevant. Aufgrund möglicher Ertragsverluste und der schwierigen Abschätzung der Krankheitsgefahr ist eine protektive Absicherung der Ramularia-Sprenkelkrankheit ratsam.
Die Produkte Ascra Xpro (1,0 bis 1,2 l/ha), Elatus Era (0,8 bis 1,0 l/ ha) oder Revytrex (1,0 bis 1,2 l/ha) kontrollieren sowohl Zwergrost als Rhynchosporium-Blattflecken und in Kombination mit dem Kontaktfungizid Folpan 500 SC (1,0 bis 1,5 l/ha) auch die Ramularia-Sprenkelkrankheit sehr gut. In sehr anfälligen Sorten kann unter Zugabe des Produktes Comet (0,5 l/ha) auch eine Absicherung der Netzfleckenkrankheit empfehlenswert sein. Der ideale Anwendungszeitraum liegt dabei zwischen dem Grannenspitzen (ES 49) und der Mitte des Ährenschiebens (ES 55) bei der Wintergerste.
Im Winterroggen spielt ab dem Fahnenblattstadium Braunrost die entscheidende Rolle. Auch von Rhynchosporium-Blattflecken kann bei niederschlagsreicher Witterung und bestehendem Befall weiterhin Gefahr ausgehen. Bei ersten Sporenlagern von Braunrost oder Infektionsgefahr der Rhynchosporium-Blattflecken sind Behandlungen mit den Produkten Elatus Era (0,6 – 0,8 l/ha) oder mit etwas weniger starker Rostwirkung durch Ascra Xpro (1,2 l/ha) möglich.
Fazit
Ab dem Stadium 32 ist auf Krankheitsbefall in Gersten- und Roggenbeständen zu achten. Echter Mehltau und Rhynchosporium-Blattflecken treten in beiden Getreidearten auf, haben aber oft nur eine eingeschränkte Bedeutung. In der Schossphase der Wintergerste ist ein verstärktes Augenmerk auf den Zwergrost zu richten. Im Winterroggen spielt der Braunrost die wichtigste Rolle. Die höchste Krankheitsgefahr besteht in beiden Kulturen zwischen dem Fahnenblattstadium und dem Ende des Ährenschiebens. Aufgrund der starken Resistenzentwicklung ist ein Schutz vor Ramularia nur mithilfe des Kontaktfungizides Folpan 500 SC in Kombination mit Azol- oder Carboxamid-Azol-Fungiziden möglich.




