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Um sich nach drei Jahren Pause auf das Deutsche Spring- und Dressur-Derby in Hamburg einzustimmen, wurde zum Derby-Media-Day auf die Anlage von Sandra Auffarth, Doppelweltmeisterin der Vielseitigkeit, eingeladen. Dressur-Derby-Siegerin Emma Kanerva und zwei in den Sozialen Medien erfolgreiche Reiterinnen probierten alles aus, was das Derby ausmacht: Pferdewechsel, Grand-Prix-Lektionen wie Zweierwechsel, Pulvermanns Grab, die Mauer und ein lockeres Walltraining.
Man musste sich schon die Augen reiben, als die Spring- und Vielseitigkeitsreiterin Sandra Auffarth und die Olympiadressurreiterin Emma Kanerva auf Auffarths Geländeplatz im niedersächsischen Ganderkesee im Sattel saßen. Die beiden hatten wie im Finale des Deutschen Dressur-Derbys die Pferde getauscht, und somit auch die Disziplinen.
So kam Auffarth in den Genuss, den bis Grand Prix erfolgreichen Hengst Eye Catcher von Kanerva zu reiten und zum ersten Mal in ihrem Leben klassische Grand-Prix-Lektionen wie Zweierwechsel und Passage auszuprobieren. Mit ungewohnt kurzen Bügeln fand sich hingegen Emma Kanerva auf Auffarths Wallach Steve wieder. Er soll in Hamburg in der ersten Qualifikation zum Deutschen Spring-Derby zum Einsatz kommen. Beim Derby-Media-Day gab er Emma Kanerva so viel Vertrauen, dass sie mit ihm einen abgeflachten Wall und ein paar kleinere Geländesprünge absolvierte. „Das hat richtig viel Spaß gemacht“, strahlten die beiden Reiterinnen.
In einen besonderen Genuss kamen auch Janina Kindt und Mira Müller-Steinmann. Die beiden auf Instagram erfolgreichen Reiterinnen bekamen von Sandra Auffarth ein Springtraining. Dabei wurden natürlich auch typische Derby-Hindernisse wie Pulvermanns Grab und die Mauer eingebaut. Beide Reiterinnen werden in Hamburg im Rahmen der Amateur Trophy an den Start gehen und fühlen sich nach dem Training bestens vorbereitet.
Schon bald werden alle vier für Hamburg ihre Koffer packen. Sandra Auffarth wird mit Steve und natürlich ihrer Derby-Expertin La Vista bereits am Mittwoch in der ersten Qualifikation zum Deutschen Spring-Derby starten. Am Freitag steht die zweite Qualifikation auf dem Programm, bei der es auch schon den Wall hinuntergeht. Und dann ist er endlich wieder da, der Sonntag mit dem von Idee Kaffee präsentierten 91. Deutschen Spring-Derby.
Ebenfalls am Sonntag wird das Almased 62. Deutsche Dressur-Derby in der Anrecht-Investment-Dressurarena entschieden. Für Emma Kanerva führt der Einzug in das Finale mit Pferdewechsel über den Grand Prix am Donnerstag. pm
Harm Thormählen aus Kollmar, Kreis Steinburg, hat seinen bekannten Pferdezuchtbetrieb abgegeben. Seit den frühen 1970er Jahren beeinflusste er mit seinen Holsteinern weltweit das Parcours- und Zuchtgeschehen. Viele Olympiapferde, Championatssieger und herausragende Hengste stammen aus seiner Zucht.
„Es war nicht leicht, einen passenden Nachfolger für unseren Pferdezuchtbetrieb zu finden. Aber ich bin mir sicher, mit Philipp Baumgart den richtigen gefunden zu haben“, zeigt sich der 77-jährige Harm Thormählen zufrieden. Im vergangenen Jahr hat er den Betrieb an den Neffen seiner Frau Ingela überschrieben.
Thormählen hat den Betrieb im Ortsteil Langenhals seit 1973 geführt und kann auf Zuchterfolge mit weltbekannten Sportpferden und Deckhengsten zurückblicken. Der Betrieb ist in der Region einer von nur noch wenigen, in denen hauptberuflich Pferde gezüchtet werden. „Kollmar war einmal die Gegend mit der größten Dichte an Züchtern der Holsteiner Pferde“, erinnert sich Thormählen. Als Grund dafür erklärt er: „Auf dem schweren Marschboden wurden Arbeitspferde gebraucht, die kräftig und gesund waren. Durch die Auslese behielt man die besten davon und veredelte sie ab den 1960er Jahren zu Reitpferden.“
Der Pferdebetrieb Thormählen mit 50 ha Land hat zurzeit einen Stamm von 30 Zuchtstuten, die jährlich etwa 25 Fohlen zur Welt bringen. Insgesamt werden 120 Pferde von drei festen Angestellten und drei Auszubildenden versorgt.
Nachfolger vom Fach
Der 49-jährige Betriebsnachfolger Philipp Baumgart kommt aus dem niedersächsischen Verden an der Aller und war bereits als Kind öfter bei seiner Tante Ingela auf dem Pferdehof in Langenhals. Nach einer kaufmännischen Ausbildung hat er zunächst bei einer Reitturnierorganisation gearbeitet, anschließend in Hamburg Betriebswirtschaft studiert und währenddessen auf dem Thormählenhof gewohnt.
Nach einer zweijährigen Tätigkeit als Auktionsleiter beim Holsteiner Verband in Elmshorn leitete er vier Jahre lang das Gestüt von Alwin Schockemöhle. „Auf dem Betrieb waren 150 Angestellte und 5.000 Pferde. Ich wollte aber wieder zurück zum einzelnen Pferd mit individueller Betreuung und bin deshalb auf den elterlichen Hof nach Verden zurückgegangen“, erklärt Baumgart.
Als dieser Betrieb 2008 an die Kinder übergeben wurde, übernahm er 2 ha Land und gründete darauf einen Betrieb zur Ausbildung von Springpferden. Seine Frau Bettina und die Kinder Marie, Amelie, Anabel und Isalie sind ebenfalls mit Lust und Leidenschaft dabei und reiten alle. Und man merkt Philipp Baumgart die Begeisterung für Pferde an: „Pferdezucht und Pferdesport sind unser Leben. Dabei verschwimmen für uns die Grenzen zwischen Beruf, Arbeit, Freizeit und Entspannung.“
Da der Betrieb in Verden aber noch weiterläuft, kommt er zurzeit nur ein bis zwei Tage in der Woche nach Langenhals, um die betrieblichen Abläufe zu organisieren. Diesmal hat er seinen Freund Pato Moente mitgebracht, der in Niedersachsen einen eigenen Pferdebetrieb hat. Moente hat 2017 als Reiter das Hamburger Derby mit der von Harm Thormählen gezogenen Zera gewonnen. Baumgart berichtet: „Regelmäßig besuchen wir uns, um uns über die Qualität der Pferde und über mögliche Kunden auszutauschen. Das ist für uns beide ein Gewinn.“
Weiterhin Holsteiner Zucht
Denn der Betrieb lebt vom Verkauf der ausgebildeten Springpferde. Thormählen rechnet vor: „Wir haben hier mit allem Drum und Dran tägliche Kosten von 1.500 Euro. Damit sich der Laden dreht, müssen wir schon mal alle zwei Jahre ein Pferd für 200.000 Euro verkaufen.“ Bis zur Verkaufsreife eines Pferdes im Alter von etwa fünf Jahren müssen mit der Bedeckung, Pflege und Ausbildung etwa sechs Jahre vorfinanziert werden.
Die Grundlage für den guten Namen des Betriebs, der zu 80 % ins Ausland verkauft, liegt in der Stutenbasis. Aus den Stämmen von Retina, dem Deckhengst Capitol und Fine Zera sind international erfolgreiche Springpferde gezogen worden. Baumgart will an der Zucht der Holsteiner Pferde festhalten, durch Einkreuzungen vereinzelt aber noch die Qualität verbessern. Er weiß: „Um Hochleistungspferde zu bekommen, braucht es eine gute Genetik, aber ebenso eine gute Ausbildung und einen passenden Reiter.“
An der Größe des Betriebs will er auch nichts ändern: „Hochleistungspferde sind sehr sensibel. Sie brauchen eine individuelle Betreuung mit Zeit und Ruhe.“ Harm Thormählen ist erleichtert, dass es auf seinem Traditionsbetrieb, der schon seit 1647 besteht, auch nach der Hofübergabe mit der Pferdezucht weitergeht und dass auf den Weiden um den Hof weiterhin viele junge Pferde zu sehen sein werden.
Für jeden sichtbar gerät derzeit das weltwirtschaftliche Gleichgewicht aus der Balance, auch in der Agrarwirtschaft. So besteht die akute Gefahr, dass die weltweite Ernte in diesem Jahr weit unter dem Bedarf liegt. Zu den bekannten Gründen – Klimawandel, Bodenverschlechterung, Flächen- und Wasserknappheit, Krankheits- und Schädlingsdruck – kommt nun der Krieg.
Die Suche nach einem neuen Gleichgewicht ist eröffnet. Ein solches Gleichgewicht kann sich langsam oder wie bei zu hohen Temperaturunterschieden gewitterartig einstellen, und es spricht derzeit leider vieles für ein Unwetter.
Die Landwirtschaft galt schon bisher als zentraler Problemlöser, was den Schutz des Klimas und der Arten, die Pflege unserer Natur und Umwelt oder die Erzeugung Erneuerbarer Energien und Rohstoffe betrifft. Doch – und das ist für manchen Politiker neu – plötzlich und kurzfristig geht es um die Sicherung der Welternährung. Denn um das Nahrungsproblem zu lösen und den Frieden zu wahren, brauchen wir eine produktive Landwirtschaft – weltweit und vor Ort.
Manche Gewissheit wird erschüttert. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die ihre Produkte zu vertretbaren Preisen erzeugt, auch wenn der Landwirt das nicht so gern hört. Wir brauchen Ertragssteigerungen auf vorhandener Fläche, auch wenn der Naturschützer das nicht gern hört. Wir brauchen eine Kreislaufwirtschaft inklusive Tierhaltung, die pflanzliche Reststoffe in menschliche Nahrung umsetzt und dabei wertvollen Dünger erzeugt. Der Verzicht auf Biosprit ist keine Lösung für den Klimaschutz oder gegen Putins Zarallüren. Es zeichnet sich ab, dass wir in der Nach-Öl-Ära noch abhängiger vom Boden werden, als wir es heute sind.
Das ackerbaulich nutzbare Flächenpotenzial wird weltweit noch nicht ausgeschöpft. Doch gibt es klare Grenzen des (Flächen-)Wachstums. Allein China hat in wenigen Jahrzehnten die mehrfache Fläche Deutschlands verbaut, verschmutzt oder verwüstet. Auch wir müssen die Beanspruchung von Flächen für Infrastruktur und Hausbau, Gewerbe, Energieversorgung und selbst den Naturschutz neu überdenken. Die Rechnung „weniger Landwirtschaft gleich mehr Naturschutz“ geht nicht auf. Viele Landschaften sind auf Pflege und Nutzung angewiesen.
Wir brauchen Ertragssteigerungen auf Flächen, die eigentlich kein Potenzial haben. Wir brauchen Pflanzen, die gegen Salz, Kälte, Trockenheit und Hitze tolerant sind. In der Diskussion um die Gentechnik winkt der moralische Zeigefinger vielleicht doch in die falsche Richtung. Schätzungen zufolge gehen weltweit zwischen Aussaat und Ernte mehr als 50 % des Ertragspotenzials verloren. Deshalb gehört auch die Nutzung von Düngung und Pflanzenschutz in den Instrumentenkasten.
Hohe Erträge sind wichtig. Doch vor allem die Ertragsstabilität gewinnt an Bedeutung. In vielen Ländern lassen Unwetter- und Dürrekatastrophen den Ernteertrag einbrechen. Nur wenige Regionen weltweit kommen aufgrund ihrer klimatischen und Anbaubedingungen dauerhaft an unsere Flächenerträge heran.
Wer einmal über den eigenen Tellerrand schaut, der sieht, dass es noch viel mehr Teller auf der Welt gibt – und die meisten davon sind leer. Eine Gewissheit verstärkt sich: Nicht wo du geboren bist, ist deine Heimat, sondern wo du satt wirst.
Ein Biotech-Start-up will sich in den großen Kampf um Marktanteile im Bereich von zellbasiertem Fleisch werfen. Die Zukunftsaussichten sind ungewiss, was man je nach Gefühlslage positiv oder negativ bewerten kann. Auf einer Veranstaltung vergangene Woche Donnerstag in Rendsburg klärten Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH), Schweinespezialberatung und Netzwerk Sauenhaltung auf. BVSH-Vizepräsident Dietrich Pritschau meinte, als überzeugtem Tierhalter falle es ihm schwer, von „Fleisch” zu sprechen. Doch warnte er gerade angesichts desaströser Preise davor, Scheuklappen aufzusetzen.
Unter dem Namen „Neat“ wollen Lars Krüger und Alexander Heuer, zwei Mitarbeiter des Beratungsunternehmens Roland Berger, positive Anreize für Tierhalter setzen, neben der bisherige Erzeugung etwas anzubieten, das den gesellschaftlichen Trends entspricht. Parallel zur Tierhaltung sollen die Betriebe zellbasierte Fleischprodukte herstellen.
Laut Krüger drückt die Ethikdiskussion auf den Fleischabsatz. Vegane Alternativen enthalten ihm zu viel „Chemie“. Daraus leitet er Absatzchancen für sogenanntes In-vitro-Fleisch (ivF) ab, die er mittelfristig höher bewertetet als die veganer Produkte. Die Wiederkaufsrate veganer Produkte bezeichnete er als gering. Zudem basierten Nachhaltigkeitsstrategien des Lebensmittelhandels auch auf ivF. Wie der Projektmanager berichtete, habe das Hamburger Start-up die gesamte Wertschöpfungskette von der Herstellung der ersten Zellen über die Maschinen bis zu den Abnehmern an Bord.
Da der Hauptmarkt im Fleischsektor aus verarbeiteten Produkten bestehe, will Neat nicht mit dem Steak starten, sondern auf Fleischbrät zur Weiterverarbeitung setzen. Aus ethischen Gründen will man die benötigten Stammzellen aus den Nabelschnüren der neugeborenen Tiere gewinnen, statt mit einer Biopsie in die körperliche Unversehrtheit des Tieres einzugreifen. Auch wird man nicht auf Kälberserum setzen, um die Zellen zum Wachstum anzuregen, wie es ansonsten üblich ist.
Technisch will man eine Art Plug-&-Play-System anbieten, entweder in ehemaligen Ställen oder als Containerlösung. Aus den Stammzellen der hofeigenen Tiere wird mittels einer Nährlösung, wahrscheinlich aus proteinreichem Algenextrakt, innerhalb weniger Wochen Muskelgewebe erzeugt. Der Bioreaktor läuft voll automatisiert, damit fallen Personalkosten größtenteils weg. Das erzeugte Fleischbrät wird abgeholt, aufbereitet und an die verarbeitende Industrie verkauft.
Zahlreiche Nachfragen der anwesenden Schweinehalter zur Hygiene, dem Inhalt der Nährlösung, der Kühllogistik, aber auch zu bau- und steuerrechtlichen Hürden zeigten, dass mit einer kurzfristigen Umsetzung nicht zu rechnen ist. Und tatsächlich steht das Hamburger Start-up ganz am Anfang; in vier bis fünf Jahren wird die Marktreife erwartet.
Intensiv wurde die bis dato unbekannte Einbindung der Landwirte/Tierhalter diskutiert. Krüger und Heuer verwiesen auf die Vorteile einer regionalen, dezentralen Erzeugung und der damit verbundenen Transparenz und Kundenakzeptanz. Auch sei der Bezug der Nabelschnüre an die Betriebe gebunden. Heuer führte Marktstudien an, die die Beweggründe der Verbraucher zum Kauf von ivF darstellten. Es gehe um Ethik und Gesundheit. Viele Vegetarier würden die Produkte probieren.
Da die ivF-Erzeugung nicht wirklich skalierbar sei, fällt laut Heuer der Vorteil einer großtechnischen Anlage weg. Die Wertschöpfungstiefe der Landwirtschaft in diesem Ansatz muss jedoch ausreichend attraktiv sein. Gefragt wurde, ob die Betriebe an der Produktion der Nährlösung teilhaben könnten. Hinterfragt wurde, dass die Tierhalter so gut wie keine eigenen Stellschrauben hätten, um den Erfolg zu beeinflussen.
Bisher wurde vieles nur im Labormaßstab erprobt, es zeichnet sich aber nach Aussage von Krüger bereits Interesse aus dem Lebensmittelsektor ab, solche Produkte höherpreisig anzubieten. Viele Detailfragen können erst während des geplanten Pilotprojekts genauer beantwortet werden. Als umso wertvoller bezeichneten die Neat-Gründer die Diskussion, da die Ideen und Hinweise aus der Diskussion in die Geschäftsstrategie und die Technik einfließen würden. Sie machten abschließend deutlich, dass sie ihr Start-up als Gegenentwurf zu einer industriellen Aufstellung sehen. Vielmehr solle die Landwirtschaft die Möglichkeit haben, den Trend zu ivF mitzugestalten und daran teilzuhaben.
Mutterkuhhalter sind aufgrund der geringen Erlössituation zu einer sparsamen Wirtschaftsweise gezwungen. Zusätzliche Kosten, wie zum Beispiel für die Getreidezufütterung der Kälber, sind nur bei einer Leistungssteigerung mit kostendeckenden Erlösen zu rechtfertigen. Für die Absicherung der Kosteneffizienz ist nicht nur entscheidend, ob, sondern auch ab welchem Zeitpunkt mit der Zufütterung begonnen wird.
Zur Prüfung der Effekte der Zufütterungsdauer wurde in der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung in Groß Kreutz (LVAT) in Brandenburg über drei Jahre eine Untersuchung mit Kühen der Rasse Uckermärker und ihrer weiblichen Nachzucht durchgeführt. Dazu wurde ein in der Nähe der Tränkwasserversorgung installierter elektronischer Kraftfutterautomat genutzt, der mit Getreideschrot bestückt wurde. Mit dem Auftrieb auf die Sommerweide wurden die Kälber nach Gewicht, Alter und Lebenstagszunahmen in zwei identische Gruppen eingeteilt und mit Transponderhalsbändern für den Kraftfutterabruf ausgestattet. Bei einem Durchschnittsalter von 86 Tagen begann die Zufütterung für die Kälber der Kontrollgruppe. Der Futteranspruch für die Kälber der Versuchsgruppe wurde zirka sechs Wochen später freigeschaltet.
Futteraufnahme individuell
Das einbezogene Tiermaterial und die Kennzahlen zur Futteraufnahme sind in der Tabelle 1 zusammengestellt. Die maximale Getreideaufnahme pro Tag war auf 6 kg begrenzt. 30 Kälber nutzten das Futterangebot nicht oder sehr selten (Gesamtfutterabruf unter 10 kg) und wurden nicht in die Auswertung einbezogen. An den Schwankungsbreiten der abgerufenen Gesamtfuttermenge erkennt man große tierindividuelle Unterschiede. Der hohe Anteil von Tagen, an denen kein Automatenbesuch dokumentiert wurde, zeugt von einer unregelmäßigen Nutzung des Futterangebotes. Die Kälber suchten den Futterautomaten hauptsächlich auf, wenn sich die Herde in unmittelbarer Nähe der Tränke befand. In regenreichen Zeiten und auf weiter entfernten Flächen verkürzte sich der Aufenthalt an Tränkeinrichtung und Kraftfutterautomat. Der Weideumtrieb auf eine neue Teilfläche hatte ebenfalls einen verringerten Kraftfutterabruf zur Folge.
So war das Wachstum
Die Lebendmasseentwicklung der Kälber während der Weideperiode zeigt die Tabelle 2. Statistisch gesicherte Differenzen zwischen den beiden Gruppen wurden nur bei der täglichen Zunahme im Untersuchungszeitraum ermittelt. Daraus resultierte eine um 6 kg höhere Zuwachsleistung bei den Kälbern der Kontrollgruppe.
Von den 53 im Betrieb verbliebenen Tieren wurden 26 Färsen für die Reproduktion selektiert und 27 Färsen zur Weitermast aufgestallt. Die erfassten Merkmale der weiteren Entwicklung dieser Tiere sind den Tabellen 3 und 4 zu entnehmen.
Zwischen beiden Gruppen sind zum Zeitpunkt der Jährlingswägung keine Differenzen feststellbar. Auch das Erstkonzeptionsgewicht der Reproduktionsfärsen wurde von den Tieren beider Gruppen gleichzeitig erreicht. Das Erstkalbealter aller bisher abgekalbten Färsen lag bei 24 Monaten. Bei der Auswertung der zur Mast verwendeten Färsen erreichten die Tiere der Kontrollgruppe tendenziell geringfügig höhere Tageszunahmen und eine bessere Fleischklasseneinstufung.
Um zu erkennen, wie sich die 30 Kälber ohne Kraftfutteraufnahme entwickelt haben, wurden diese außerhalb der Versuchsauswertung gesondert betrachtet. Tabelle 5 gibt einen Überblick.
Beim Vergleich mit den Daten aus Tabelle 2 fällt auf, dass die Kälber ohne Kraftfutterabruf am Beginn der Untersuchung etwas schlechter entwickelt waren. Zum Ende der Weidesaison sind die Differenzen in der Gewichtsentwicklung zu den Kälbern mit Kraftfutterabruf deutlich erkennbar. In den ersten vier Wochen nach dem Absetztermin und der Aufstallung lagen die täglichen Zunahmen 150 g unter den Werten der Versuchsgruppe. Die Tiere waren häufiger von Erkrankungen des Atemwegssystems betroffen, was zu einem erhöhtem Behandlungs- und Betreuungsaufwand führte. Am Ergebnis dieser Auswertung ist erkennbar, dass eine Zufütterung der Saugkälber auf der Weide für die Tiergesundheit und Optimierung der Wachstumsleistung vorteilhaft ist.
Wirtschaftliche Betrachtung
Für 1 dt Kraftfutter wurden Kosten von 34 € kalkuliert. Diese setzen sich zusammen aus dem Getreide (inklusive Schroten), den Arbeitserledigungskosten und den Kosten für den Futterautomaten (siehe Abbildung).
Tabelle 6 gibt einen Überblick zum Futteraufwand und den ermittelten Kosten für die Zusatzfütterung der beiden Gruppen.
Die Differenz im Kraftfutterverbrauch der Kontrollgruppe von 18,3 kg pro Tier ergibt 6,23 € höhere Verfahrenskosten. Durch die um 6 kg höhere Zuwachsleistung der Tiere in der Kontrollgruppe mit einem Mehrerlös von 6 € pro Tier werden die Kosten knapp gedeckt. Ökonomisch sind beide Gruppen gleich zu bewerten. Für eine nachhaltige und ressourcensparende Produktion ist die kürzere Zufütterungsdauer zu bevorzugen. Die Effekte des Zufütterungsbeginns variierten aber zwischen den Untersuchungsjahren und sind immer abhängig vom Futterverbrauch und der Zuwachsdifferenz zwischen den Gruppen.
Bei der wirtschaftlichen Betrachtung der Kälber ohne Kraftfutterabruf wird Folgendes deutlich: Diese Kälber hätten infolge des geringeren Zuwachses während der Weideperiode 15 beziehungsweise 9 € weniger Verkaufserlös im Vergleich zur Kontroll- und Versuchsgruppe erzielt. Durch die Einsparung der Verfahrenskosten für das Getreideangebot wäre der Verzicht auf Zufütterung wirtschaftlicher. Das gelingt aber nur, wenn der Anteil untergewichtiger Kälber niedrig gehalten wird. Durch die angewandte Preisbildung beim Absetzkälberverkauf nach Gewichtsklassen sind die Einkommensverluste bei einem Gewicht unter 200 kg am höchsten. Von den 30 Kälbern ohne Kraftfutterabruf lag das Gewicht nur bei drei Kälbern (10 %) geringfügig unter 200 kg.
Fazit
Die Entscheidung, ob und ab wann eine Getreidezufütterung der Kälber auf der Weide vorteilhaft ist, hängt von den Standortbedingungen, Witterungsverhältnissen und dem Betriebsmanagement ab. Die Getreidezufütterung kann eine wirtschaftliche Option sein, wenn dadurch der Anteil zu leichter Kälber unter 200 kg zum Absetzzeitpunkt gesenkt wird. Das ist bei langen Abkalbezeiträumen mit nur einem Absetzzeitpunkt, einem hohen Jungkuhanteil, vielen Zwillingsgeburten, Futtermangel und schlechten Futterqualitäten zu erwarten. Bestätigt haben sich die positiven Effekte einer Zufütterung auf die Gesundheit der Tiere mit weniger Umstellungsproblemen nach dem Absetzen. Die Leistungsdefizite der nicht oder später zugefütterten Tiere während der Weideperiode wurden bei der Aufzucht und Mast im eigenen Betrieb weitestgehend kompensiert.
Sticht die Wandersandzirpe (Psammotettix alienus) eine Weizenpflanze an, um Pflanzensaft zu trinken, kann das fatale Folgen haben: Zusammen mit ihrem Speichel kann die Zikade das Weizenverzwergungsvirus (Wheat Dwarf Virus, WDV) übertragen. Je nach Alter der Pflanze zum Zeitpunkt der Infektion sinkt der Ertrag mindestens um 30 %, sogar ein Totalausfall ist möglich. Forschende des Julius-Kühn-Instituts (JKI) haben nun 500 Weizenvarianten, darunter Sorten, Genbank-Akzessionen und Wildarten, auf ihre Resistenz gegen das Virus untersucht.
Die Wildarten erwiesen sich dabei als ähnlich anfällig wie moderne Sorten, was darauf schließen lässt, dass die Züchtung keinen Verlust von Resistenzgenen bewirkt hat. Mehr als die Hälfte der untersuchten Varianten ging durch die Infektion ein. Zwei als resistent beschriebene ungarische Sorten zeigten mit einer Infektionsrate von 21,5 und 34,5 % lediglich eine gewisse quantitative Resistenz gegenüber der Viruserkrankung. Eine annähernd vollständige Resistenz entdeckten die Forschenden allerdings in der russischen Winterweizensorte ,Fisht‘, die lediglich zu 5,7 % infiziert wurde.
Die sogenannte genomweite Assoziationsstudie (GWAS) des JKI brachte aber noch mehr zum Vorschein: „Wir haben erstmals QTL bestimmen können, die mit geringen Ertragsverlusten durch das Virus assoziiert waren“, erklärt Anne-Kathrin Pfrieme, die am JKI-Fachinstitut für Resistenzforschung und Stresstoleranz ihre Doktorarbeit zum Thema anfertigt. QTL (Quantitative Trait Loci) sind Abschnitte im Genom, die mit quantitativen Merkmalen in Verbindung stehen – Eigenschaften wie Größe, Gewicht oder eben Krankheitsresistenz. Diese graduell messbaren Eigenschaften sind das Ergebnis des Zusammenspiels verschiedener Gene. Von den 35 zuerst identifizierten Gen-Orten blieben nach Tests 14 übrig, die sich konstant mit geringen Ertragsverlusten durch Infektionen mit dem Weizenverzwergungsvirus in Verbindung bringen ließen.
„Mithilfe genetischer Marker könnten diese QTL künftig in Eliteweizenlinien eingekreuzt werden, um so resistente Sorten zu erzeugen“, beschreibt Pfrieme die Bedeutung ihrer Forschungsergebnisse für die Praxis. Das Interesse verschiedener Züchtungsunternehmen, welche gemeinsam mit der Gesellschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation an der Forschung beteiligt waren, sei groß, zumal das Virus nicht bekämpft werden kann und gegen die Zikade, die es überträgt, innerhalb der EU kein Pflanzenschutzmittel zugelassen ist.
Viele Zikaden- und Blattlausarten profitieren vom Klimawandel, weil die höheren Temperaturen ihnen eine längere Aktivitätszeit und zum Teil eine zusätzliche Generation von Nachkommen ermöglichen. Das hat jüngst eine Erhebung mit einer Insektensaugfalle am JKI-Standort Quedlinburg erneut belegt. Gerade die Region des westlichen Sachsen-Anhalt ist hierbei besonders vom Klimawandel in Form von Temperaturanstieg und Trockenheit getroffen. In der Folge nehmen auch die von diesen Vektoren übertragenen Viruskrankheiten zu.
Das WDV breitet sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in ganz Europa aus. Es befällt neben Weizen auch Gerste und andere Getreide. Heute zählt es zu den bedeutenden Getreidekrankheiten in Europa, Asien und Afrika. Übertragen wird es im Herbst durch erwachsene Wandersandzirpen. Eine Sekundärinfektion durch Nymphen der Zikade ist im Frühjahr möglich. Eine Infektion äußert sich durch eine gestreifte Einfärbung der Blätter, Chlorose, eine verringerte Zahl an Ähren, reduzierte Winterfestigkeit und das Absterben von Pflanzen in frühen Entwicklungsstadien.
Da Viren sich nicht mit Pflanzenschutzmitteln bekämpfen lassen und zum Teil auch Wirkstoffe für einen umweltverträglichen Einsatz gegen die Vektoren fehlen, bekommt die Züchtung von Sorten, die resistent gegen die Krankheitserreger sind, eine zunehmende Bedeutung.
Wissenschaftliche Ansprechpartnerin dazu ist: Anne-Kathrin Pfrieme, Julius-Kühn-Institut, Fachinstitut für Resistenzforschung und Stresstoleranz, Erwin-Baur-Str. 27, 06484 Quedlinburg, Tel.: 0 39 46-47 36-71, anne-kathrin.pfrieme@julius-kuehn.de
Sammelanträge für die Direktzahlungen in Schleswig-Holstein konnten bis zum 16. Mai gestellt werden. Auch wenn diese Antragstellung in verlässlicher Regelmäßigkeit zu erfolgen hat, ist die erforderliche PIN-Nummer zur Betriebsinhabernummer (BNR-ZD) für die Onlineanmeldung oftmals nicht mehr griffbereit. Eine schnelle Lösung bietet der „Bestätigte Kommunikationskanal“.
Kurz nach der Antragstellung, wenn die aktuelle PIN noch präsent ist, wäre der richtige Zeitpunkt, den Bestätigten Kommunikationskanal einzurichten, um für die Antragstellung im kommenden Jahr vorbereitet zu sein.
PIN sichern
Im PIN-Wirrwarr des Onlinealltags kann das Passwort zur BNR-ZD schon mal abhandenkommen. Die zurückliegende Antragsphase hat gezeigt, dass diese Situation nur allzu schnell auftritt. Wer etwas zeitlichen Vorlauf hat, kann sich an die Landwirtschaftliche Kontroll- und Dienstleistungs GmbH (LKD) Kiel wenden. Dort wird dann unter Mitteilung der BNR-ZD eine neue Transport-PIN generiert und automatisch am folgenden Werktag per Post versendet. Dieses standardisierte Verfahren dient insbesondere dem Datenschutz, da so die PIN getrennt von der BNR-ZD-Nummer auf einem sicheren Weg zum Antragsteller gelangt. Die Transport-PIN hat eine Gültigkeitsdauer von 28 Tagen. Nach dem erstmaligen Anmelden ist dann eine individuelle und vom Nutzer persönlich festgelegte PIN anzulegen.
Als Alternative kann die Neuzuteilung einer Ersatz-PIN aber auch kurzfristig per E-Mail erfolgen. Die HIT-Datenbank sieht hierfür auch für die BRN-ZD-Nummer einen sogenannten Bestätigten Kommunikationskanal vor, über den die Zusendung einer Transponder-PIN per E-Mail ermöglicht wird. Voraussetzung für die Einrichtung dieses Kommunikationswegs ist, dass man seine aktuell gültige PIN für die BNR-ZD-Nummer kennt. Da die Antragsphase für 2022 gerade erst abgeschlossen ist, sollte die PIN bei den meisten noch schnell zur Hand beziehungsweise im Kopf sein. Mit Blick auf 2023 ist es sinnvoll, zeitnah den Bestätigten Kommunikationskanal einzurichten. Wer das versäumt, dem bleibt bei erneutem (Erinnerungs-)Verlust der PIN nur die erstgenannte Alternative der Postzustellung über die LKD.
Um die PIN-Anforderung für die BNR-ZD-Nummer per Mail nutzen zu können, muss man sich zunächst im Internet mit seiner BNR-ZD-Nummer bei der HIT-Datenbank anmelden: www.hi-tier.de
Bei der Eingabe der Benutzeranmeldung ist im Eingabefeld „Betrieb“ die BNR-ZD-Nummer (beginnend mit 019) mit der entsprechenden PIN zu verwenden. Wichtig ist, dass man sich hier nicht verunsichern lässt. Auch wenn sich insbesondere Tierhalter für gewöhnlich bei HIT mit ihrer VVVO-Nummer (beginnend mit 010) anmelden, ist in diesem Fall die BNR-ZD-Nummer zu nutzen. Auch diese Nummer ist als eigenständige Registriernummer in der HIT-Datenbank hinterlegt und ein eigenständiges Einloggen mit dieser Nummer möglich.
Kanal einrichten
Hat man sich mit der BNR-ZD-Nummer und der dazu passenden PIN bei HIT eingeloggt, ist unter dem Menüpunkt „Allgemeine Funktionen“ der Unterpunkt „Bestätigter Kommunikationskanal“ auszuwählen. In der darauffolgenden Eingabemaske ist zunächst die E-Mail-Adresse doppelt einzutragen. Danach ist die Option „PIN-Anforderung“ auf „Ja“ zu setzen . Im Anschluss ist die Auswahl mit „Einfügen“ zu bestätigen (siehe Grafik). Nach erfolgreicher Durchführung der Schritte erhält der Nutzer einen Bestätigungscode an die angegebene E-Mail-Adresse. Sollte die E-Mail nicht innerhalb weniger Minuten im Posteingang erscheinen, sollte der Spamordner kontrolliert werden.
Zur Bestätigung der eingetragenen E-Mail-Adresse als erlaubtem Kommunikationskanal muss der Bestätigungscode innerhalb von 24 Stunden im HIT-Meldeprogramm eingegeben werden. Hier ist darauf zu achten, dass man sich erneut mit seiner BNR-ZD-Nummer (beginnend mit 019) bei HIT anmeldet. In der Maske „Bestätigter Kommunikationskanal“ sind dann im passenden Feld der Bestätigungscode und die aktuelle PIN zu der passenden BNR-ZD-Nummer einzutragen. Im Anschluss ist der Button „Code prüfen“ zu drücken. Nachdem auf „Code prüfen“ geklickt wurde, erscheint eine Erfolgsmeldung. Der Kommunikationskanal ist nun bestätigt und kann genutzt werden.
Betriebe separat eintragen
Setzt der Antragsteller die PIN nun eigenständig zurück, so erhält er automatisch eine Transport-PIN an die hinterlegte und bestätigte E-Mail-Adresse. Die Transport-PIN hat eine Gültigkeitsdauer von 24 Stunden, welche beim ersten Anmelden in eine individuelle und vom Nutzer persönlich festgelegte PIN geändert werden muss.
Der bestätigte Kommunikationskanal muss für jede Betriebsnummer separat bei der HIT-Datenbank eingerichtet werden. Hat man also mehrere BNR-ZD-Nummern, ist die Einrichtung des bestätigten Kommunikationskanals mit jeder dieser Betriebsnummern nötig. Die Eintragung über Dritte ist nicht möglich.
Es ist morgens 4.30 Uhr. In Luckrade zwischen Wittenberger Passau und Rastorfer Kreuz, Kreis Plön, soll auf 16 ha die erste Wiese in dieser Saison gemäht werden. Doch bevor Landwirt Christian Schüler das Mähwerk anschmeißt, ist die Wildtierrettung mit ihrer Drohne im Einsatz und sucht die Fläche nach Jungwild, vor allem den Rehkitzen, ab. Denn jetzt beginnt die Zeit, dass die Ricken ihre Kitze setzen, die nicht selten einem Mähwerk zum Opfer fallen.
Um die Gefahr des Mähtods zu minimieren, gibt es im Kreis Plön eine enge Zusammenarbeit von Jägern, Wildtierschützern und Landwirten. 16 Vereine mit insgesamt 14 Drohnen und reichlich engagierten Helfern stehen bereit, um die Kitze zu retten. Koordiniert wird das Netzwerk von Karsten Jacobs von der Kreisjägerschaft, selbst Vorsitzender des Vereins Wildtierrettung Wildenhorst.
Jedes Jahr, wenn im Mai der erste Wiesenschnitt ansteht, bangen Jäger, Tierschützer und Landwirte gleichermaßen um das Jungwild. Denn bei Rehkitzen und Junghasen ist in den ersten zwei Wochen der Fluchtinstinkt noch nicht ausgeprägt, sodass sich die Tiere tief ins Gras ducken, um dem Schneidwerk zu entkommen. Doch so haben sie keine Chance und brauchen daher Hilfe.
Mit Menschenketten werden die Wiesen abgesucht. Vergrämungsmethoden wie Pieper, Rauchmelder oder Verstänkerung sollten die Ricken nervös machen, damit sie ihre Kitze selbst in Sicherheit bringen. Doch diese Maßnahmen bringen nur mäßigen Erfolg. Seit dem vergangenen Jahr greift man im Kreis Plön zu Drohnen mit Wärmebildgeräten. „Das ist die effektivste und sicherste Methode, die Kitze wirklich aufzuspüren und in Sicherheit bringen zu können“, erklärt Jacobs.
An diesem frühen Morgen herrschen für den ersten Drohneneinsatz der Saison optimale Bedingungen. Kein Wind, trockenes Wetter und vor allem: Der Morgen hat kühle 4 °C und damit herrschen die benötigten Temperaturunterschiede, die auf dem Monitor der Wärmebildkamera die Anzeige der Tiere erleichtern.
Jacobs baut die Drohne auf, die er zuvor bereits mit den Flächendaten programmiert hat. So kann es gleich losgehen, sowie die Läufer eintreffen. Revierjäger Stefan Velfe und Forstwirt Patrick Hahn stehen bereit. Sie nehmen den Kescher und zwei Kisten samt Einmalhandschuhen, damit im Falles eines Fundes gleich gehandelt werden kann. Denn wenn sich ein Kitz in der Fläche befindet, zeigt die Drohne es als hellen Fleck auf dem Monitor. Jacobs gibt über Funk Meldung an die Läufer, die das Kitz dann in Handschuhen mit viel Gras in die Kiste setzen und am Feldrand abstellen. „Nach der Mahd holt die Ricke ihr Kitz einfach wieder ab, die beiden stehen in ständigem Kontakt, da passiert nichts“, erklärt Jacobs. Er ist selbst seit 25 Jahren Jäger und kennt sich mit der Biologie des Rehs gut aus – ein Vorteil bei der Kitzrettung. Denn so kann der Fachmann viele Dinge einschätzen und zielsicher handeln. „Wenn ich Ricke wäre, würde ich hier kein Kitz hineinsetzen“, sagt er mit Blick auf den niedrigen Wuchs der Wiese. Denn dort finde das Kitz noch nicht ausreichend Deckung vor dem Beutegreifer. So bleibt denn auch der erste Drohnenflug ohne Fund. Doch die Fläche ist noch nicht vollständig gescannt, aber der Akku der Drohne reicht nur etwa 20 min. Jacobs holt das Fluggerät zurück, tauscht den Akku und schickt es erneut in einer Höhe von 60 m in die Luft, damit es den Flug dort fortsetzt, wo er unterbrochen wurde. Doch auch die zweite Runde ist ohne Erfolg. Nach gut 40 min ist klar: Kein Kitz auf der gesamten Fläche, der Landwirt kann mähen.
Bei der Wildtierrettung ist eine Arbeit Hand in Hand von Landwirten, Jägern und Tierschützern erforderlich. Denn nur wenn unmittelbar nach der Kitzsuche die Mahd beginnt, kann ein gefundenes Tier so schnell wie möglich wieder zur Mutter. „Das ist für die Landwirte zwar eine kleine Umstellung, weil sie natürlich lieber mittags mähen, wenn das Gras trocken ist, aber Kitze totmähen will auch keiner“, so Jacobs. Und deshalb werden es auch immer mehr Landwirte, die sich für einen solchen Drohnenflug entscheiden. „Der ist für die Landwirte kostenlos, wir bitten allerdings im Anschluss um eine Spende für den Verein, um das Equipment refinanzieren zu können“, erklärt der Kreiskoordinator. Die Kosten für die vor Ort eingesetzte Flugtechnik beziffert er auf 12.500 €, drei Drohnen hat der Verein inzwischen angeschafft.
Die Drohnenteams sind während der Grasernte täglich im Einsatz. Wer vor der Mahd sichergehen will, dass ihm kein Jungwild in den Mäher gerät, kann sich im Internet informieren, welches Team sich in seiner Nähe befindet: www.kjs-ploen.de
Es gibt im Kreis Plön sechs Vereine und eine Einzelperson, die sich der Kitzrettung verschrieben haben. Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Thema ist Karsten Jacobs, Tel.: 0171-3 53 35 96.
Der Industrieverband Agrar (IVA) will sich aufgrund der unsicheren Entwicklung auf den Agrarmärkten breiter aufstellen. Wie IVA-Präsident Michael Wagner vergangene Woche Dienstag feststellte, habe der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die „fast schon vergessenen“ Themen Ernährungssicherheit und Kampf gegen den Hunger mit Wucht wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Um die Versorgung mit Nahrungsmitteln sicherzustellen und gleichzeitig Klima und Biodiversität zu schützen, braucht es nach seiner Überzeugung eine grundlegende Transformation der Landwirtschaft, bei der Produktivität und Ökologie gleichermaßen „intensiv betrieben“ werden.
Wagner kündigte an, dass der Verband nach der Etablierung des Fachbereichs Biostimulanzien im Jahr 2017 und dem neuen Zentralbereich Digitalisierung im vergangenen Jahr einen weiteren Fachbereich Pflanzenzüchtung gründen werde, der sich mit modernen Züchtungsmethoden befassen soll. Wagner sieht den Fachbereich dabei keinesfalls als Konkurrenz zum Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP). Man sei in diesem Bereich vielmehr verstärkt politisch tätig geworden und wolle dadurch auch beim Thema neue Züchtungstechnologien leichter Gehör finden.
ZKL fortsetzen
Der IVA-Präsident betonte bei der digitalen Jahrespressekonferenz des Verbandes, dass man angesichts sich gegenseitig verstärkender Krisen die Transformation der Landwirtschaft weiter vorantreiben müsse. Die Ziele der europäischen Farm-to-Fork-Strategie bezeichnete er als „außerordentlich ambitioniert, aber nicht unerreichbar“. Die Agrarindustrie wolle dazu ihren Beitrag leisten, vor allem durch Technologie, Züchtungsfortschritt, Innovationen und Präzisionslandwirtschaft mithilfe der Digitalisierung. Wagner sieht zudem die Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) als „überzeugende Blaupause“ für die Weiterentwicklung des Agrarsektors. Er wünscht sich eine Fortsetzung des Formats, „idealerweise mit Mandat“ der Bundesregierung.
Risiken schrumpfen
Wie Wagner berichtete, meldete sich der über viele Jahre massiv geschrumpfte Markt für Pflanzenschutzmittel im vergangenen Jahr – vor allem bedingt durch eine feuchte Witterung – mit einem Wachstum von 5,1 % auf 1,205 Mrd. € im Vergleich zum Vorjahr zurück. Er lag damit aber immer noch deutlich unter dem bisherigen Höchstwert des Jahres 2014 von 1,60 Mrd. €. Laut dem IVA-Präsidenten zeigt der standardisierte Indikator „Harmonized Risk Indicator“ (HRI 1), an, dass die Risiken der jährlich abgesetzten Mengen an Pflanzenschutzmitteln in der EU weiter zurückgehen. Weiteres Potenzial zur Senkung des chemischen Pflanzenschutzeinsatzes sieht er in der Präzisionslandwirtschaft. Moderne Applikationstechnik wie die teilflächenspezifische Pflanzenschutzausbringung lasse sich bereits für weniger als 30 €/ha realisieren.
Ein weiterer Baustein für den nachhaltigen Pflanzenbau ist laut IVA-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Räder die relativ neue Produktgruppe der Biostimulanzien. Ihm zufolge markiert das Inkrafttreten der europäischen Düngeprodukte-Verordnung im Juli 2022 den Startschuss für die offizielle Markteinführung dieser Substanzen, die in Landwirtschaft, Wissenschaft und Industrie auf stetig wachsendes Interesse stoßen. Nach einer internen Erhebung des Industrieverbandes wurden im vergangenen Jahr rund 7 Mio. € mit dieser jungen Produktgruppe umgesetzt. Alle Akteure gingen davon aus, dass der Markt wegen der politischen, regulatorischen und auch klimatischen Veränderungen rasch zulegen werde, so Räder.
Ein Problem für die breite Anwendung ist ihm zufolge, dass es ungeachtet der bald geltenden Düngeprodukte-Verordnung in Deutschland noch keine akkreditierte Konformitätsbewertungsstelle gibt. Eine solche unabhängige Einrichtung sei aber unerlässlich für den Marktzugang der Biostimulanzien, da nur diese das dafür notwendige Vertrauen in Qualität und Wirksamkeit der Wirkstoffe schaffen könne. Der IVA-Vorstand warb deshalb dafür, schnellstmöglich die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Konformitätsbewertung in Deutschland zu schaffen.
Essenzielle Branche
Der Vorsitzende des IVA-Fachbereichs Pflanzenernährung, Marco Fleischmann, will bei einem möglichen Ausfall der russischen Gasimporte Engpässe am deutschen Düngermarkt nicht ausschließen. Er appellierte daher an die Bundesregierung, die Stickstoffdüngerproduktion wegen ihrer wesentlichen Bedeutung für die Ernährungssicherung als „essenzielle Branche“ einzustufen und bei einer Gasversorgungskrise vorrangig zu behandeln. Ansonsten sei die im Normalfall auskömmliche Inlandsproduktion von Stickstoffdünger nicht gewährleistet und die Abhängigkeit von Ammoniakimporten steige.
Fleischmann riet Landwirten angesichts der unbestreitbaren Unsicherheiten am Düngermarkt dazu, ihr Risiko zu splitten, also immer wieder Teilmengen zu kaufen und selbst einzulagern. Der Getreideverkauf nach der Ernte ist ihm zufolge eine Gelegenheit, gleichzeitig eine gewisse Menge Dünger zu „hatchen“ und so die eigene Versorgung in jedem Fall abzusichern.
Laut dem Experten verzeichnete der deutsche Düngemittelmarkt in den vergangenen Monaten starke Verwerfungen. Mit Beginn des Düngemitteljahres 2021/22 habe eine beispiellose Preisrallye für Stickstoffdünger und zeitlich verzögert auch für Phosphat- und Kaliprodukte begonnen. Stetig steigende Energiepreise und die Nachfrage-Hausse auf dem Weltmarkt seien die wesentlichen Treiber für diese Entwicklung gewesen, wobei der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine für eine weitere Verschärfung der Lage gesorgt habe.
Kurzfristig rechnet der Vorsitzende des IVA-Fachbereichs nicht mit einer wesentlichen Entspannung an den Energie- und Düngermärkten. Sollten die russischen Gasexporte in die EU tatsächlich gestoppt werden, könnte die Inlandsnachfrage nach seiner Einschätzung kaum durch andere Anbieter bedient werden. Fleischmann sprach sich deshalb für eine Transformation der europäischen Düngemittelindustrie aus, die ihre Energie- und Rohstoffabhängigkeit von Drittländern reduzieren müsse. Der Einsatz des Düngers müsse zudem über Präzisionslandwirtschaft, Inhibitoren oder ergänzende Biostimulanzien noch effizienter erfolgen. Eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung bleibe aber essenziell. age/rq
Die Präsidentin der Landwirtschaftskammer, Ute Volquardsen, hat Anfang Mai den Hof Witthohn in Norddeich im Kreis Dithmarschen besucht. Zentrale Themen waren die Rapsblüte, der Stand der Kultur, die gestiegenen Preise und Marktaussichten sowie die durch den Ukraine-Krieg gestiegene Nachfrage nach heimischen Ölsaaten und Ölen.
Maike und Carsten Witthohn zeigten den anwesenden Medienvertretern, wie aus der schwarzen Rapssaat Öl gepresst wird. Das Speiseöl besitzt rund 93 % einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Der Anteil von Omega-3-Fettsäuren liegt bei gut 10 %. Kalt gepresst enthält das Öl viele wertvolle Inhaltsstoffe wie E-Vitamine und sollte auch nur kalt verzehrt werden. Raffiniert eignet es sich als geschmacksneutrales Öl zum Braten und Kochen.
Rapsöl ist gesund und nachhaltiger als Palmöl. Es hat einen Ölgehalt von über 40 %, je nach Sorte. Von 1 ha Raps können je nach Ertrag bis zu 1.800 l Öl erzeugt werden. Der jetzt im Mai strahlend gelb blühende Raps ist aus dem Landschaftsbild von Schleswig-Holstein nicht wegzudenken, und die Blüte zieht sich dieses Jahr aufgrund der Wetterlage – erst sehr kalt und dann zu trocken – in die Länge.
In den vergangenen Jahren war der Anbau kontinuierlich gesunken, 2021 lag er bei rund 60.000 ha. Jetzt ist der Anbau erstmals wieder gestiegen. Wie sich die Preisentwicklungen und die starke Nachfrage auf die kommende Anbaufläche (2022/2023) auswirken werden, bleibt spannend und wird auch von den im Juli/August geernteten Erträgen abhängen.
Präsidentin Ute Volquardsen sagte dazu: „In Schleswig-Holstein ist der Anbauumfang von Raps laut Statistikamt Nord erstmals wieder gestiegen, und zwar auf 73.000 Hektar” (+18 % gegenüber dem Vorjahr). An das Niveau früherer Jahre mit rund 100.000 ha reicht die Anbaufläche aber bei Weitem nicht mehr heran. Doch Raps belegt nun wieder vom Anbauumfang Platz zwei der Marktfruchtkulturen hinter Winterweizen (150.300 ha, –4 % zum Vorjahr) und vor Wintergerste (69.400 ha, +1 %) in Schleswig-Holstein (Mais nicht mitgerechnet).
Vielversprechende Preise
Grund für die gestiegene Anbaufläche waren gute Preisaussichten. Auch wurden 2020 erstmals nach mehreren schlechten Rapsjahren passable Erträge verzeichnet. Raps ist eine sehr anspruchsvolle Kultur. Die Erträge haben sich im Vergleich zu früheren Jahren durch zu enge Fruchtfolgen, den Einfluss des Klimawandels auf das lokale Wettergeschehen und die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln spürbar reduziert.
Wie stark das Anbaurisiko und der Anspruch an die Kulturführung gestiegen sind, zeigt sich auch darin, dass es nahezu keinen Sommerraps und aufgrund der Schädlingssituation auch keinen nennenswerten Biorapsanbau in Schleswig-Holstein gibt. Dennoch ist Raps für die Landwirtschaft von Bedeutung:
• Als wichtige Blattfrucht in der Fruchtfolge (durch die lange Pfahlwurzel lockert Raps den Boden) und durch die positive Vorfruchtwirkung, die unter anderem durch die gute Bodengare erreicht wird, bringt Weizen, der nach Raps angebaut wird, mehr Ertrag im Gegensatz zu Weizen, der nach Getreide folgt.
• als wichtige Einnahmequelle (die Preise sind gut)
• nicht zuletzt als heimisches Futtermittel als Ersatz von Soja aus dem Ausland
Kammer prüft Rapssorten im Versuch
Die Landwirtschaftskammer prüft seit Jahren in ihren Versuchen jährlich an verschiedenen Standorten neue Rapssorten auf verschiedene Merkmale wie Ertrag, Ölgehalt, Krankheitsanfälligkeit, Standfestigkeit. Dabei handelt es sich um altbewährte und auch ganz neue Züchtungen. Neben dem Sortenmerkmal des Ertrags spielt die Pflanzengesundheit aufgrund der eingeschränkten Pflanzenschutzmittelpalette eine immer wichtigere Rolle. Auch das Kriterium der Nährstoffeffizienz – also wie die Pflanze die Nährstoffe verwertet – hat im Zuge der verschärften Düngeverordnung an Bedeutung gewonnen. Die Höhe des Ölgehaltes spielt ebenso eine Rolle. Die Ergebnisse der Sortenprüfung fließen in die Anbauberatung der Kammer direkt ein und dienen Landwirtinnen und Landwirten als Entscheidungsgrundlage für die nächste Aussaat. Grundsätzlich gilt es, das Risiko im Anbau durch verschiedene Früchte und Sorten zu minimieren, also nicht alles auf eine Karte zu setzen.
Moderne Rapssorten zeichnen sich dadurch aus, dass sie stresstolerant sind und Höchsterträge auch bei reduziertem Pflanzenschutzmitteleinsatz und bedarfsgerechter Düngung erzielen.
Raps ist, wenn er blüht, zudem wichtig für die Honigbienen und andere Insekten als ergiebige Trachtpflanze. Er ist besonders reich an Nektar und Pollen. Der Schutz der Bienen hat beim Pflanzenschutz im Rapsanbau daher oberste Priorität.
Wertvolles Öl und hochwertiges Futtermittel
Eine weltweite Bedeutung hat die heimische Ölfrucht als wertvolles Öl im Bereich Biodiesel und in der Pflanzenölproduktion für technische Öle, Schmierstoffe und vor allem auch Margarine und Speiseöl. Der Rapskuchen, der nach dem Auspressen in der Ölmühle übrig bleibt, ist ein wichtiges Eiweißfuttermittel, gentechnikfrei und eine Ergänzung zu anderen heimischen Eiweißträgern wie Ackerbohnen und Erbsen. Dennoch kann allein damit Soja – aufgrund seiner günstigen Aminosäurezusammensetzung – in der Fütterung nicht vollständig substituiert werden (siehe Artikel „Blick auf den Rapsmarkt“ in dieser Ausgabe).
Leere Supermarktregale – Substitute gesucht
Familie Witthohn berichtete, dass die Nachfrage nach ihrem selbst gepressten Speiserapsöl trotz Preisanstieg sehr stark gewachsen sei. Viele Verbraucher standen zuletzt vor leeren Supermarktregalen ohne Sonnenblumenöl und wichen auf Rapsöl aus. Der Trend, vermehrt auf regionale Produkte zurückzugreifen, ist ungebrochen. Allerdings ist auch spürbar, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher den Gürtel enger schnallen (müssen) und verstärkt Sonderangebote nutzen, gerade bei den sogenannten Grundnahrungsmitteln wie etwa Butter.
Aus der Wirtschaft ist zu hören, dass Pflanzenfett, zum Beispiel zum Frittieren von Pommes frites, so manchen Imbiss unwirtschaftlich gemacht habe und man auf Kartoffelbeilagen statt Pommes frites auswich. Auch Mc Donald´s überlegt, auf Rapsöl umzusteigen, was die Nachfrage zusätzlich anheizen könnte. In Belgien werden die Pommes frites in tierischem Fett frittiert.
Indonesien schließt Grenzen für Palmöl
Erst kürzlich schloss Indonesien die Grenzen für die Ausfuhren von Palmöl, was die Beliebtheit von Raps als Ersatzprodukt – noch dazu nachhaltiger als Palmöl – weiter steigern dürfte. Der Stopp der Lieferungen von Palmöl und anderen Rohstoffen hat die Kosten für Lebensmittel weltweit nochmals erhöht und könnte die Regierungen zwingen, sich bei Pflanzenölen verstärkt zwischen der Verwendung in Lebensmitteln oder als Biokraftstoff zu entscheiden (Tank, Trog oder Teller), sagen Marktexperten.
Kammerpräsidentin Ute Volquardsen betonte in diesem Zusammenhang, dass zur Nachhaltigkeit auch eine gewisse eigene Produktionsunabhängigkeit gehöre, also den Raps hier in Schleswig-Holstein anzubauen. Corona und auch der Krieg in der Ukraine ließen die Auswirkungen eingeschränkter globaler Lieferketten, Abhängigkeiten vom Ausland und verknüpfter Warenströme in stark gestiegenen Kosten und Mangel erfahrbar werden.
Gute Preise für die Erzeuger
Die Rapskurse liegen aktuell auf Rekordniveau. Grund dafür ist die weltweit gestiegene Nachfrage nach Biodiesel und Pflanzenöl. Nicht nur in Deutschland, auch in der EU hat sich die Rapsanbaufläche in den vergangenen Jahren verringert. Damit steigt der Importbedarf.
Bereits im Frühjahr 2021 stiegen die Rapspreise deutlich an. Die Landwirte nutzten die attraktiven Kurse und verkauften die Erntemengen aus dem Jahr 2021. Der Kriegsbeginn in der Ukraine traf dann auf diesen knapp versorgten Markt. Die Kurse stiegen auf Rekordniveau. Davon konnten jedoch die Erzeuger nicht profitieren, da die Ernte meist bereits verkauft war. Zum Teil hatte man auch schon Kontrakte für die neue Ernte abgeschlossen. Dennoch wurden meist Kurse erzielt, die weit über dem Durchschnitt der Vorjahre lagen. Allerdings haben sich die Düngerpreise ebenfalls sehr stark erhöht wie auch die Energiekosten, zum Beispiel für Diesel.
Marktentspannung in Sicht?
Sollte die diesjährige Rapsernte in Kanada wieder ein mittleres Ergebnis erreichen, könnte sich die Lage bereits in diesem Herbst wieder entspannen, und die weltweiten Rapsvorräte könnten wieder steigen. Nach einer ersten Schätzung des Weltgetreiderates (IGC) werden dann auch die fehlenden Mengen aus dem Schwarzmeerraum ausgeglichen. In der EU sind zudem die Anbauflächen für Raps (aber auch Soja und Sonnenblumen) gestiegen (siehe Grafik).
Müssen wir uns auf Knappheit einstellen?
Im vergangen Jahr importierte Deutschland rund 900.000 t Rapssaaten aus der Ukraine. Es ist jetzt wegen des Krieges von geringeren Mengen im kommenden Jahr auszugehen. Dann dürften jedoch andere Marktteilnehmer wie Kanada einspringen. Ob mehr Speiseöl aus Raps produziert wird, hängt maßgeblich vom Markt ab und von den entsprechenden Substituten und Preisen dafür. Aktuell scheint es sich bei den leeren Regalen um ein Verteilungsproblem und nicht um ein Mangelproblem zu handeln. 60 % der deutschen Rapsernte gehen in Biodiesel et cetera. Durch Hamsterkäufe kam man in der Speiseölproduktion nicht so schnell mit dem Abfüllen nach.