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Rothirsch-Wanderung erstmals mit GPS-Sender erfasst

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Es war eine weite Reise in wichtiger Mission: einmal vom nördlichen Hamburger Stadtrand in die Segeberger Heide und zurück. Allein auf dem 32 km langen Hinweg überquerte der zehnjährige Rothirsch Anfang September in zwei Nächten 14 zum Teil stark befahrene Straßen und schlich sich durch teilweise dicht besiedelte Gebiete. Erst seit wenigen Tagen ist er wieder zu Hause im Hamburger Naturschutzgebiet Duvenstedter Brook. Rothirsche legen zur Paarungszeit oft weite Strecken zurück und transportieren dabei ihre Gene von einer Teilpopulation in die nächste. Mit ihrer Mobilität zur Paarungszeit sichern sie die genetische Vielfalt und die langfristige Existenz ihrer Art. Das Besondere: Erstmals konnte eine solche Wanderung im Norden genau erfasst werden.

Die Besenderung des Rothirsches – in der Region „der Bargfelder“ genannt – ist ein gemeinsames Projekt von Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, Landesjagdverband Schleswig-Holstein sowie den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten und ein Beispiel für die gute Kooperation. Abgesehen von seinem imposanten Geweih ist er an einer kahlen Stelle im Fell auf der rechten Schulter gut erkennbar und wurde bereits in den Vorjahren zur Brunftzeit im Herbst in der Segeberger Heide beobachtet. Dass der Hirsch nun einen GPS-Sender trägt, ist eine kleine Sensation. „Als der Biologe und Wildtierfotograf Gernot Maaß und der Jagdaufseher Marco Klose mit der Idee der Besenderung auf mich zugekommen sind, war mir sofort klar, dass dies eine große Chance ist, den Wanderweg des ,Bargfelders‘ zu dokumentieren und auf das Problem der zunehmenden Lebensraumzerschneidung hinzuweisen. Wir wussten aber auch, dass es fast unmöglich ist, einen ganz bestimmten Hirsch zu narkotisieren und zu besendern“, berichtet der Wildbiologe Frank Zabel, der Initiator des Projektes vom Landesjagdverband Schleswig-Holstein.

Narkosepfeil machte es möglich

Doch nach perfekter Vorbereitung durch örtliche Unterstützer ist es im Juli gelungen, das Tier mit einem GPS-Sender auszustatten. „Wir haben mehrere Abende auf der Lauer gelegen, um den Hirsch mit einem Narkosepfeil zu betäuben, ein langwieriges und schwieriges Unterfangen. Nicht selten gewinnt dabei der Hirsch, denn dem langsamen Betäubungsgeschoss weichen die Tiere problemlos aus“, erklärt Marcus Meißner, Rothirsch-Experte der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein und verantwortlich für die Besenderung. „Darüber hinaus sollte man nicht weiter als 20 m von dem Tier entfernt sein und der Hirsch muss lange genug stehen bleiben, bis der Pfeil ankommt.“ Vom Schuss bis zur Wirkung der Narkose dauert es mehrere Minuten. Gefunden hat den narkotisierten Hirsch zielsicher Marcel Zickermann, Forstwirt und Jagdexperte von den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten mit einem für solche Aufgaben speziell ausgebildeten Jagdhund. Seit der Besenderung wird jede Stunde die Position des Tieres ermittelt. „Es wäre schön, wenn der Sender ein weiteres Jahr durchhält“, hofft Meißner, „danach können wir das Halsband per Knopfdruck wieder ablösen.“

 Wandert er oder wandert er nicht? Das war seit der Besenderung die große Frage. Am 31. August war es dann endlich so weit und Hirsch brach auf zu seiner großen Wanderung nach Norden. Gut dreieinhalb Wochen hat er insgesamt in der Segeberger Heide verbracht, bis er dann am 27. September innerhalb von nur zwölf Stunden zurückgekehrt ist. „Es ist natürlich eine besondere Freude, den Hirsch jedes Mal wieder wohlbehalten am Ziel seiner Wanderung zu beobachten – jetzt kennen wir nun endlich auch seine Route“, freut sich Wildtierfotograf Gernot Maaß, der die kahle Schulter als Erkennungsmerkmal ausmachte.

Genaustausch wird schwieriger

Die Wanderachsen der Rothirsche zwischen den beiden Gebieten sind seit vielen Jahren bekannt und waren Gegenstand mehrerer Forschungsarbeiten. Mithilfe der Telemetrie ist es jetzt erstmals gelungen, die bisherigen Modell-Annahmen mit Bewegungsdaten zu belegen. Das Problem: Derartige Wanderungen werden immer seltener und die Möglichkeiten dazu schwinden. Das macht nicht nur den Genaustausch der Hirsche schwieriger. Wildtier-Korridore sind die Lebensadern der Artenvielfalt und verbinden Ökosysteme miteinander. So trägt zum Beispiel jeder Rothirsch eine Vielzahl von Pflanzensamen mit sich – entweder im Verdauungstrakt oder im Fell – und verteilt sie über weite Strecken. Werden diese Verbindungen unterbrochen, hat das langfristig gravierende Folgen, sowohl für die Lebensgemeinschaften als auch für den Genpool einzelner Arten. „Ein funktionierender genetischer Austausch ist in Schleswig-Holstein gerade für die großen, weit verteilten Waldgebiete, zum Beispiel den Segeberger Forst, und ihren Rotwildbestand von besonderer Bedeutung“, erklärt Jan Meyer-Hamme, zuständig für das Sachgebiet Jagd bei den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten. „Mehrere genetische Untersuchungen bestätigen, dass die Rotwildvorkommen in Schleswig-Holstein bereits ein gravierendes Problem haben und auf die Wiederbelebung des Genaustauschs angewiesen sind“, ergänzt der Wildbiologe Frank Zabel vom Landesjagdverband Schleswig-Holstein. Was zum Schutz der Verbundachsen getan werden muss, ist unstrittig: Durch Autobahnen oder Bundesstraßen zerschnittene Wildtier-Korridore müssen durch Grünbrücken querbar gemacht werden, auf ganzer Länge durchlässig bleiben und ausreichend viele Trittsteine als Ruheräume beinhalten. Nicht umsonst war das einzige Etappenziel des „Bargfelders“ auf seiner Wanderung am 1. September das Stiftungsgebiet Nienwohlder Moor. pm

Die Probennahmen im Projekt „InnoRind“ laufen schon

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Anfang März sind die zur Abkalbung anstehenden Kühe in den umgebauten Abkalbestall gezogen. Dieser weist zwei Gruppen­buchten mit Separee und eine Größe von 88 m² sowie zwei Einzelbuchten mit einer Größe von 44 m² auf. Im Abkalbestall ist zusätzliche Fläche für den Strohbereich der behandlungswürdigen und frisch abgekalbten Kühe vorhanden. Die Buchten mit Separee sollen das Tierwohl verbessern und den Kühen das Ausüben des natürlichen Verhaltens ermöglichen. So haben sie die Möglichkeit, sich zum Zeitpunkt der Kalbung von der Gruppe zu separieren.

Im Iglustall ist im Lehr- und Versuchszentrum eine frühe Gruppenhaltung eingebaut, parallel zur klassischen Einzeligluhaltung. Die frühe Gruppenhaltung bietet den Kälbern unter anderem die Möglichkeit der frühen Sozialisierung.

Die Gruppenbucht mit Separee bietet den Kühen die Möglichkeit, ihr natürliches Verhalten auszuleben und sich zum Zeitpunkt der Kalbung von der Gruppe zurückzuziehen.
Manche Kühe am Lehr- und Versuchszentrum suchen zur Kalbung das Separee auf, manche verbleiben aber auch in der Gruppe.

Der Abkalbestall

Im Abkalbestall haben sich die Routinen nur dahingehend geändert, dass die Kühe größere Flächen zur Verfügung haben, die gereinigt, gestreut und gemanagt werden müssen. Der Ablauf der alltäglichen Arbeiten ist gleich geblieben. Drei Wochen vor der Kalbung kommen die Kühe in den Abkalbestall und verbleiben dort in der Gruppenbucht, mit Separee oder in der Einzelbucht, bis zur Abkalbung. Anschließend werden sie in den großen Strohbereich umgestallt. Dort werden die Kühe nach der Kalbung engmaschig überwacht und betreut.

Durch den Nachahmungseffekt lernen die Kälber sich gegenseitig am Automaten an. Eine Unterstützung durch die Mitarbeiter wird in der frühen Gruppenhaltung reduziert.

Innerhalb des Projektes soll geklärt werden, ob die Tiere vermehrt das Separee aufsuchen und inwieweit sich der Kalbeverlauf eventuell unterscheidet. Aktuell kann nur ein Zwischenfazit gezogen werden, da der Versuch noch bis Ende Juni 2025 läuft. Erst nach der Datenaufnahme wird eine analytische Auswertung der finalen Ergebnisse vorliegen. Demnach sind die folgenden Zahlen nur eine kurze Zusammenfassung und beschreiben die aktuellen Beobachtungen. Bisher haben 94 Kühe in dem neuen Abkalbestall gekalbt und bilden damit die bisherige Versuchsgruppe. Davon haben 38 Kühe in einer Einzelbucht und 56 Kühe in einer Gruppenbucht gekalbt. Von den 56 Kühen in der Gruppenbucht haben 26 Kühe im Separee gekalbt. Von den 21 Kühen, die nicht im Separee gekalbt haben, hätten acht jedoch das Separee aufsuchen können. 13 Kühe hatten aus organisatorischen Gründen nicht die Möglichkeit, das Separee aufzusuchen.

Die Kühe werden zusätzlich mit Videokameras überwacht. Dokumentiert werden dabei vor allem der Kalbeverlauf und die Häufigkeit der Nutzung der Separees. Eine Auswertung der Videos erfolgt, wenn ausreichendes Datenmaterial vorhanden ist. Die aktuellen Beobachtungen durch die Mitarbeiter im Kuhstall zeigen, dass es anscheinend keine auffallenden Veränderungen im Kalbeverlauf innerhalb des Separees oder außerhalb des Separees gab.

Situation im Iglustall

Im Iglustall startete aktuell der siebte Durchgang mit Kälbern in der frühen Gruppenhaltung. Zurzeit ist die Gruppe noch nicht voll besetzt und weitere Kälber werden erwartet. In der frühen Gruppenhaltung laufen bis zu acht Kälber gemeinsam. Anfangs sind die Einzelausläufe heruntergeklappt, sodass die Kälber ausreichend und gesichert mit Kolostrum versorgt werden. Am zweiten Lebenstag werden die Ausläufe hochgeklappt und die Kälber über einen Tränkeautomaten versorgt.

Insgesamt sind seit Beginn des Versuchs, Anfang März 2024, 98 Kälber geboren worden. Die Differenz zu der Anzahl an Kühen (94) ergibt sich aus drei Zwillingsgeburten. Von den 98 Kälbern wurden 45 Kälber in der frühen Gruppenhaltung und 53 Kälber in den Einzeliglus gehalten. Die statistischen Auswertungen werden, wie bei den Kühen, erst im kommenden Jahr erfolgen, sobald die Datenaufnahme abgeschlossen ist. Ebenso wie im Abkalbestall beruhen die Aussagen vorerst nur auf aktuellen Beobachtungen, die keine finale Schlussfolgerung oder Aussagen zu Versuchsergebnissen zulassen.

Durch digitalisierte Listen wird ein sorgfältiger Gesundheitscheck im Stall ermöglicht. Alle Kälber werden ab der Geburt bis zum 77. Lebenstag dreimal wöchentlich gesundheitlich überwacht und beurteilt. Es sollen eventuelle Unterschiede zwischen den Kälbern der Einzeligluhaltung und denen der frühen Gruppenhaltung aufgedeckt werden. Zudem steht das Tierwohl an oberster Stelle und kleine Abweichungen wie wiederholtes Husten, wässriger Nasenausfluss, tränende Augen, starke Kotverschmutzungen, schlechter Allgemeinzustand oder hängende Ohren et cetera können schnell erkannt und behandelt werden. Es sind bislang keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden frühen Haltungssystemen aufgefallen. Diese Aussage lässt sich aber erst nach einer statistischen Auswertung bestätigen oder widerlegen.

Bisherige Beobachtungen in den wöchentlichen Gesundheitschecks zeigen keine eindeutigen Unterschiede zwischen den Kälbern der beiden frühen Kälberhaltungsverfahren.

Gesundheit der Kälber

Wider Erwarten sind auch die jungen Kälber aus der frühen Gruppenhaltung nicht dem höheren Infektionsdruck mit folgender Erkrankung ausgesetzt. Es ist in der frühen Gruppenhaltung kein Krankheitseinbruch seit Start des Versuchs beobachtet worden. Im weiteren Verlauf der Versuchsauswertung wird die Auswertung der Speichelkortisolproben interessant. Mittels dieser Proben wird das Stressniveau der Kälber insbesondere zum Zeitpunkt des Umstallens ermittelt. Innerhalb des Projektes ist von großem Interesse, ob die Kälber aus der frühen Gruppenhaltung weniger Stress als die Kälber aus der Einzeligluhaltung zum Zeitpunkt des Umstallens haben. Diese Auswertung erfolgt ebenfalls im kommenden Jahr.

Fazit

Seit einem halben Jahr läuft die Datenaufnahme im Projekt „InnoRind“ im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp der Landwirtschaftskammer. Beobachtungen zeigen bisher eine Ausgewogenheit in Bezug auf den Ort der Kalbung. Sowohl das Separee wird zur Kalbung aufgesucht als auch ein Platz inmitten der Gruppe oder in einer Einzelbucht. Der Kalbeverlauf zeigt sich in allen Bereichen ähnlich, ohne Auffälligkeiten. Im Iglustall sieht man in der frühen Gruppenhaltung sehr agile und aufgeweckte Kälber, die sich durch einen Nachahmungseffekt am Tränkeautomaten selbst anlernen. Eine Auswertung des Stressniveaus zum Zeitpunkt des Umstallens erfolgt am Ende des Projektes. Bisherige Beobachtungen in den Gesundheitsdaten zeigen keine Unterschiede in den beiden frühen Kälberhaltungssystemen.

Wer ist die LandFrau 4.0 und was macht sie?

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Wie sehen die Ortsvereine, Kreisverbände und der Landesverband zukünftig aus? Mit dieser und vielen weiteren Fragen beschäftigten sich rund 80 LandFrauen aus ganz Schleswig-Holstein auf der Zukunftskonferenz des LandFrauenverbandes Schleswig-Holstein im Lebensmittelinstitut KIN in Neumünster.

Geleitet von dem Gedanken „Alles, was man sich vorstellen kann, ist real“ ging es darum, gemeinsam Visionen zu entwickeln und die LandFrauenvereine und ihre Strukturen abseits des Gewohnten weiterzudenken.

LandFrauenvorsitzende Claudia Jürgensen

„Die LandFrau 2040 ist gut vernetzt, gemeinschaftsorientiert, gesundheitsbewusst, unternehmerisch und achtsam“ – so stand es auf einer der großen Folien auf der Präsentationsleinwand im KIN. Und viele der teilnehmenden LandFrauen fanden sich erfreulicherweise auch jetzt schon direkt in dieser Beschreibung wieder. Am Bild der LandFrau muss in Zukunft auch gar nicht gefeilt werden; schließlich schafft der Verband es seit mehr als 75 Jahren, mit dem stetigen Wandel mitzuhalten, ihn oft sogar selbst anzustoßen.

Aber wie steht es in den nächsten 16 Jahren und weiter um die Beweglichkeit der LandFrauenvereine? Welche Werte wollen sie in der Zukunft (weiter) vermitteln? Wie schaffen sie Verbindlichkeit und Struktur bei gleichzeitiger Offenheit für Flexibilität und Dynamik?

Dinge auch einmal anders und neu zu denken, in kleinen Schritten mutig neue Wege erkunden – das war die Idee der diesjährigen Zukunftskonferenz, für die der LandFrauenverband die Moderatorinnen Katrin Mehner und Julia Ilper von der Andreas-Hermes-Akademie gewinnen konnte. Die beiden Coaches befassen sich seit vielen Jahren mit Verbandsentwicklung. „Die Inhalte kommen immer von unseren Teilnehmern und Teilnehmerinnen, wir geben die Impulse. Manchmal hat man von außen einfach einen anderen, unverklärten Blick auf Dinge und kann leicht umsetzbare Hilfestellungen geben“, erklärte Mehner.

An einem Flipchart erarbeiteten die LandFrauen Kernfragen für ihre zukünftige Arbeit.

Zunächst ging es in einer lockeren Fragerunde darum, was das Thema Zukunftsgestaltung überhaupt bei den Teilnehmerinnen auslöst und welche Erwartungen alle an den Tag hatten. Anschließend konnten die rund 80 LandFrauen in verschiedenen Gruppenarbeiten und mit unterschiedlichen Kreativmethoden, wie dem Verbauen von Legosteinen, ihre Ideen einer LandFrauenzukunft in Schleswig-Holstein entwickeln. Finale Ergebnisse sollte es zwar nicht geben, aber wünschenswerte Ziele für die Zukunft wurden deutlich: Bürokratieabbau, Digitalisierung, mehr Offenheit und Flexibilität, Brücken schlagen und den Zusammenhalt fördern.

Ilper und Mehner gaben den LandFrauen am Ende des Tages mit auf den Weg, dass „Sie sich auch in Zukunft die Historie der LandFrauen und die immer noch große Präsenz auf dem Lande bewusst machen. Lassen Sie sich nicht entmutigen, sondern probieren Sie aus. Nutzen Sie die unterschiedlichen Kompetenzen ihrer Mitglieder. Denn nur wenn man jedes Teil zusammenfügt, wird doch am Ende ein ganzes Bild daraus!“

Auf der Arbeitstagung des LandFrauenverbandes am 13. November in Neumünster werden die Ergebnisse der Zukunftskonferenz weiterbearbeitet. 

Op Platt ist man gleich vertraut

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Dies gleich vorweg: Es ist ein Dauerbrenner an der Westküste, und es wird immer schlimmer – das Gänseproblem. „Bei der Tierkontrolle auf der Weide sitzen die Gänse neben einem“, sagt Merle Pahl, Kreisgeschäftsführerin in Nordfriesland. „Es werden immer mehr. Bis Mai fressen sie im Dauergrünland alles weg, dann kann auf den Inseln und Halligen oft kein erster Schnitt gemacht werden, sondern erst im Juni oder Juli, wenn sie weggeflogen sind. Aber einige bleiben bereits ganzjährig und brüten hier.“ Auch Wintergetreide anzubauen sei zum Teil nur schwer möglich, es werde kahl gefressen. Es gibt den Vertragsnaturschutz für Gänse, da erhalten Landwirte unter Auflagen eine kleine Entschädigung.

Ochsenweg ade

Traditionell herrscht auf der Geest Rinderhaltung vor und in der Marsch Ackerbau. Früher wurden gerade dort die Ochsen gemästet, die von Dänemark kamen, bevor sie über die Elbe nach Süden getrieben wurden – Stichwort Ochsenweg. Ein wichtiger Bereich ist die Schafhaltung, vor allem zur Sicherung und Instandhaltung der Deiche für den Küstenschutz. „Es sind viele, manche Schafhalter haben über 1.000 Tiere.“ Der Wolf war zum Glück lange nicht da, „aber wenn er käme, wäre es ein großes Problem“ – Stichwort Selbstbedienungsbuffet.

Als Einkommensalternative zur Landwirtschaft bietet sich der Tourismus an, besonders an der Küste und auf den Inseln und Halligen. Erneuerbare Energien sind stark vertreten, vor allem Windkraft, aber auch Photovoltaik und ebenfalls Biogas, vorrangig auf der Geest.

Mitgliederstärkster Kreis

Das Team der Kreisgeschäftsstelle Nordfriesland in Bredstedt (v. li.), oben: Sina Heinrich, Geschäftsführerin Merle Pahl, Susanne Lassen; unten: Olaf Boysen, Heinke Clausen-Hansen, Hilke Petersen. Foto: Jan Dirks

Nordfriesland ist der flächenmäßig zweitgrößte Kreis knapp nach Rendsburg-Eckernförde und der mitgliederstärkste im Bauernverband Schleswig-Holstein – auch viele Kleinbauern sind hier Mitglieder. Bis zur Fusion des KBV Nordfriesland im Herbst 2022 war er geteilt in die KBV Südtondern und Husum-Eiderstedt. Bis 1973 war der zusätzlich in zwei KBV geteilt. Bis Anfang dieses Jahres führten die Geschäftsführer Armin Reiche (Südtondern) und Boris Fridriszik (Husum-Eiderstedt) gemeinsam den KBV Nordfriesland weiter, bis sie in Ruhestand gingen und Merle Pahl am 1. April die Geschäftsführung übernahm. Gut, dass sie ein großes Team zur Unterstützung hat: Sina Heinrich, Susanne Lassen, Olaf Boysen, Heinke Clausen-Hansen und Hilke Petersen. Sie führen nicht nur organisatorische Aufgaben aus, sondern auch fachliche wie etwa Steuerberatung, Dünge- oder Agrardieselanträge. Es ist vorgesehen, dass die neue Kreisgeschäftsführeranwärterin Gesa Rasmussen das Team verstärkt.

Inseln und Halligen

Eine Besonderheit im Kreis sind die Inseln und Halligen. Besonders auf Sylt, Föhr und Pellworm wird Landwirtschaft betrieben, auf Amrum gibt es nur einen Vollerwerbslandwirt.

Für die Landwirte dort gibt es regelmäßige Sprechstunden: in Oevenum auf Föhr und in Morsum auf Sylt, auf Pellworm, dazu auf dem Festland in Leck und in Garding auf Eiderstedt. „Vor allem auf Föhr und in Leck kommen viele“, sagt Kreisgeschäftsführerin Merle Pahl. Aber, so betont sie: „Die Landwirte sollten sich anmelden! Wenn keine Anmeldungen vorliegen, fällt der Sprechtag aus.“

Wi snackt Platt

Und eine weitere Besonderheit: Bei der Beratung wird viel Platt gesprochen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sofern nicht ohnehin muttersprachlich, können es gut verstehen. „Das ist wichtig für die Arbeit mit den Mitgliedern, so entsteht gleich eine Vertrautheit“, weiß Merle Pahl.

Friesisch allerdings kann sie nicht. „Das ist kurios, wenn auf Föhr ein Paar kommt und es spricht miteinander Friesisch und mit mir dann auf Plattdeutsch.“Tonio Keller

Sohn darf den Treckerführerschein mit 15 machen

Eigentlich dürfen junge Leute den Treckerführerschein erst ab dem Alter von 16 Jahren machen. Aber die Hilfe von Leif Marco auf dem Betrieb von Vater Kim Steensen im Ortsteil Trollebüll von Stedesand ist wichtig. Die 84 ha Grünland und 20 ha Acker liegen zum Teil weit auseinander, einige Flächen in Summe von 19 ha sind etwa 5 km vom Hof entfernt. Da muss der Trecker über öffentliche Straßen fahren. Das ist auch der Fall beim Holen und Bringen von Fahrzeugen der Maschinengemeinschaft, an dem Familie Steensen beteiligt ist, und zum Düngerlager.

„Es ist schwierig, geeignete qualifizierte Arbeitskräfte zu finden“, sagt Kim Steensen. „Sie werden oft spontan und bei Arbeitsspitzen gebraucht, oft auch am Wochenende. Mein Sohn kennt die Maschinen gut, und zwar von Kindesbeinen an, das ist bei Aushilfskräften nicht immer so.“

Die Erlaubnis zum Treckerführerschein mit 15 muss gut begründet werden. Kreisgeschäftsführerin Merle Pahl hat den Antrag formuliert und erklärt, dass der Kreisbauernverband das Anliegen unterstütze. Dazu musste dem Verkehrsamt eine ausführlichere Begründung vorgelegt werden. Die lieferte Merle Pahl anhand von Flächenkarten des Betriebes und Wegbeschreibungen nach, was letztlich Erfolg hatte.

„Ohne diese Hilfe hätte das nicht geklappt“, ist Kim Steensen überzeugt. Und was ihm besonders wichtig ist: „Leif Marco hat Bock auf Landwirtschaft. Wenn junge Leute eine Aufgabe haben, ist das gut für ihr Selbstbewusstsein.“

Energiewende frisst Land

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Dithmarschen ist wie viele Kreise zweigeteilt in Marsch und Geest mit mittlerweile intensiverem Futterbau auf der Geest und Ackerbau in der Marsch – dort mit verstärkter Tendenz zum ökologischen Landbau. Die starken Winde begünstigen eine Produktion mit wenig Pflanzenschutz, da sie den Zuflug von Insekten und Pilzen vermindern. Da Ökobetriebe meist von den Ökoverbänden betreut werden, fehlen sie dem Bauernverband. Landesweit und darüber hinaus berühmt ist der Dithmarscher Kohl, der im Herbst mit den Kohltagen gefeiert wird. Hier liegt das größte zusammenhängenden Anbaugebiet Europas, aber auch anderes Gemüse wächst hier gut und lange.

Landverlust

Als großes Problem für die Landwirtschaft sieht Kreisgeschäftsführer Hans-Jürgen Henßen den Landverlust, aktuell hauptsächlich verursacht durch die Energiewende: Leitungsbau für die Stromtrassen, Umspannwerke, das Batteriewerk NorthVolt bei Heide, PV-Anlagen. „Die Entschädigung für Flächen ist oft unbefriedigend, selbst wenn die Eigner später durch Windkraft oder PV Rendite erhalten“, sagt Henßen. Vor allem aber treibt der Flächenhunger die Preise für Kauf oder Pacht in die Höhe. „Bei dem, was Energieunternehmen bieten, kann der Bauer nicht mithalten. Auch wenn der Einzelne vielleicht Vorteile hat: Die Energiewende ist agrarstrukturfeindlich“, sagt Henßen. Die Aufgabe der Kreisgeschäftsstelle ist dabei, die Verträge zu prüfen. Da manchmal sowohl Flächeneigner wie Pächter Mitglieder sind, gilt es, einen Ausgleich der Interessen zu finden.

Wiedervernässung

Das Thema Wiedervernässung betrifft nicht nur den südlichen Kreis Schleswig-Flensburg, sondern gleichermaßen den Norden Dithmarschens entlang der Eider zwischen Kleve, Hollingstedt und Pahlen. Den dortigen Landwirten das weitere Wirtschaften zu ermöglichen, dieses Thema wird im Bauernblatt kontinuierlich begleitet. Hier nur so viel dazu: „Angesichts des Klimawandels muss jeder Kompromisse machen“, sagt Henßen deutlich in Richtung Stiftung Naturschutz.

Gänse und Wolf

Ansonsten gibt es wie überall an der Küste das zunehmende Gänseproblem. „Man muss sich das mal anschauen, wenn so ein Schwarm einfliegt und dann wieder weg. Da ist nichts mehr übrig!“ Der Wolf – Stichwort Deichschafe – war zum Glück länger nicht mehr da, aber die Angst bleibt.

Öffentlichkeitsarbeit

Die Kreisgeschäftsstelle betreibt auch Öffentlichkeitsarbeit. So wurde bei WhatsApp eine AG Junge Landwirte eingerichtet, die erst langsam anläuft. Es gibt mindestens einmal im Jahr ein Treffen mit Lehrern im Kreis, immer wechselnd auf einem Betrieb. Sie bekommen Infomaterial und vor allem einen Ansprechpartner im Verband – „ein Gesicht“.

Den Mitgliedern zu helfen, insbesondere die Bürokratie zu bewältigen, das sieht Hans-Jürgen Henßen als Hauptaufgabe für die Kreisgeschäftsstelle. Zusätzlich bietet sie auch Rechtsberatung an. Die Mitarbeiterinnen Tanja Vollert und Telse Roloff übernehmen eigenständig Aufgaben. Sie organisieren den Büroalltag, planen Veranstaltungen und haben Fristen und Termine im Blick. „Sie sind immer ansprechbar und vor allem wichtig für die gute Laune“, lobt Henßen seine Mitarbeiterinnen.

Bürokratieflut

„Wir sind Verbindungsglied zwischen Landwirtschaft und Verwaltung und suchen Lösungen für die Probleme. Die Landwirte nehmen das gern in Anspruch – und immer mehr, denn die Bestimmungen werden immer komplizierter.“ Größere Betriebe stellten eigens Mitarbeiter ein, die sich nur um diese Angelegenheiten kümmern, was kleinere sich nicht leisten können.

Insbesondere gebe es in Dithmarschen viele Kontrollen, die er in manchen Fällen unverhältnismäßig findet. Da komme etwa zu einem Prämienabzug noch ein Bußgeld obendrauf. „Manche überlegen schon, gar keine Prämie mehr zu beantragen. Kontrolle ist okay, aber nicht Bevormundung“, sagt Henßen. Tonio Keller

Jährlicher Wechsel der Kartoffelfelder

Jochen Stamer aus dem Kaiserin-Auguste-Viktoria-Koog vor einem Kartoffelroder, in den die GbR investiert hat.

Jochen Stamer im Kaiserin-Auguste-Viktoria-Koog, Ortsteil von Friedrichskoog in Dithmarschen, ist Teil einer besonderen Gesellschaft: Neben seinem eigenen Ackerbau- und Schweinemastbetrieb hat er sich mit zwei Kollegen zusammengeschlossen zur WWS GbR – nach den Anfangsbuchstaben der Familiennamen von Torge Weerts, Sascha Wehtje und ihm selbst. Der einzige Zweck der GbR ist der Anbau und Vertrieb von Pflanzkartoffeln. Die drei begannen 2017 mit 30 ha, heute sind es 200 ha.

Da Kartoffeln in der Fruchtfolge nur höchstens alle vier Jahre auf derselben Fläche stehen dürfen und die GbR nur Kartoffeln anbaut, muss sie jedes Jahr neue Flächen pachten. Jeder Pachtvertrag wird neu geschlossen, die Flächen jedes Mal neu in die entsprechenden Anträge eingemessen. Auch wenn 80 % ihrer Verpächter reihum dieselben sind, zieht das eine Menge Formalien nach sich.

Da ist Jochen Stamer sehr dankbar für die Hilfe der Kreisgeschäftsstelle des Bauernverbandes. „Ich werde dort sehr gut beraten, gerade weil wir solche Spezialfälle haben“, sagt Stamer. „Ich sage Kreisgeschäftsführer Hans-Jürgen Henßen, wie es aussieht, und er sagt mir, was wir tun müssen, um auf der sicheren Seite zu sein.“

Bildungswoche 2024: Selbstverständlich demokratisch

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Wie in jedem Jahr stand Anfang Oktober die bundesweite Bildungswoche auf dem Pflichtprogramm der Landjugendverbände. Für Schleswig-Holstein reisten hierfür sowohl das Haupt- als auch das Ehrenamt zu verschiedenen Zeitpunkten nach Berlin, um an unterschiedlichen Programmpunkten teilzunehmen.

Die Bundesjugendreferenten reisten für ein erstes Kennenlernen und einen lockeren Austausch bereits am Dienstag, 8. Oktober, an und wurden herzlich von Sandra Schlee, der Referentin für Jugendpolitik und Bildung im Bund der Deutschen Landjugend (BDL), empfangen.

Werte vermitteln

Der Mittwochmorgen diente den Referenten der Verbände als Möglichkeit, sich im Zuge eines Koordinierungstreffens zu aktuellen Themen in der Verbandsarbeit auszutauschen. Wie erreichen Angebote die Jugendlichen auf dem Land? Wie kann dem Erstarken antidemokratischer Kräfte begegnet werden und wie sollte sich Landjugendarbeit angesichts dieser Herausforderungen ausrichten? Diese und viele weitere Fragen beschäftigten die Anwesenden in angeregten Diskussionen.

Einigkeit herrschte darüber, dass die eigene Arbeit mit den festgelegten Werten landjugendlichen Engagements stets im Fokus stehen sollte. Egal ob auf Orts-, Kreis-, oder Landesebene: Die Landjugend bietet vielfältige Möglichkeiten der Partizipation und setzt sich mit einem demokratischen Selbstverständnis für die Freizeitgestaltung der Landjugendlichen ein. Diese Ausrichtung steht ausgrenzenden, populistischen und antidemokratischen Entwicklungen klar entgegen!

Nachdem am Nachmittag auch die Geschäftsführer und Landesbildungsreferenten anreisten, hieß es für die erst neu besetzte Geschäftsstelle aus Schleswig-Holstein, mit anderen Verbänden und Vertretern ins Gespräch zu kommen und möglichst viele Informationen für die eigene Arbeit mitzunehmen.

Dialog und Schulungen

Der Donnerstag stand dann ganz im Zeichen von Fortbildungen und je nach gesetztem Schwerpunkt wurden die Hauptamtlichen in Fragen der Förderung, der Kommunikation, der Digitalisierung oder der Zusammenarbeit mit dem Ehrenamt geschult. Ein gemeinsames Essen am Abend mit allen anwesenden Ehren- und Hauptamtlichen sowie Teilen des BDL rundete den Tag ab.

Am Freitag trafen sich die Referenten und die Geschäftsführer wieder gesondert und debattierten über stellenspezifische Fragen. Die Bundesjugendreferenten stellten so etwa die Jahresplanungen für 2025 vor und präsentierten der Arbeitsgruppe zwei ausgewählte Projekte oder Seminarinhalte. Am Abend reisten mit Tajo Lass und Mirco Engelbrecht dann auch zwei Vertreter des schleswig-holsteinischen Landesvorstandes an und eine geführte Weinverkostung schuf einen geselligen Rahmen für den weiteren Dialog zu landjugendlichen Themen.

Eine Tanzgruppe aus Bayern sorgte beim Festakt für gute Unterhaltung. Fotos: BDL

Am Sonnabend fand mit dem Festakt schließlich der Abschluss für das Hauptamt statt. Gemeinsam mit den Landesvorständen der Landjugendverbände lauschte der gut gefüllte Saal zunächst der Begrüßung des BDL-Vorsitzenden Lars Ruschmeyer. Anlässlich des 75-jährigen Bestehens wurden die gemeinsame Zusammenarbeit und die Bedeutung aller Verbände für die ländlichen Räume hervorgehoben. Im Anschluss führte eine Tanzgruppe aus Bayern in traditioneller Tracht unter viel Applaus zwei Tanzstücke vor. Dadurch bekamen alle Anwesenden einen guten Eindruck bayerischer Volkstänze, was im späteren Verlauf sogar noch durch zwei weitere imposante Aufführungen ergänzt werden sollte.

Haushalt geplant

Doch vorher ging es wieder in den großen Saal, wo die Anwesenden dem Vortrag des Sozialwissenschaftlers Dr. Ralph Richter beiwohnten, der unter der Fragestellung „Wo stehen wir?“ Stellung zu aktuellen Zahlen, Herausforderungen, aber auch Chancen im ländlichen Raum bezog. Durch angeschlossene Fragen konnten immer wieder Bezüge zu landjugendspezifischen Themen hergestellt werden. Übergreifend war festzustellen, dass die Verbandsarbeit im ländlichen Raum trotz einzelner regionaler Probleme insgesamt keinen Rückgang verzeichnet und für viele noch immer ein willkommener Weg ist, die eigenen Interessen gebündelt zu vertreten.

Anschließend wurde ein gemeinsames Gruppenfoto geschossen und in einzelnen Gruppen ging es dann noch einmal in den Austausch. Nach dem Mittagessen verließen die Hauptamtlichen nach und nach die Veranstaltung und der inoffizielle Teil der Ehrenamtlichen setzte den Tag fort.

Den Abschluss der Bildungswoche machte der Bundesausschuss am Sonntagmorgen. Schwerpunkte des Treffens waren hierbei vor allem die Vergabe des Deutschen Landjugendtages 2026 sowie aus finanzieller Sicht der Abschluss des Haushaltes von 2023 sowie die Planungen für den Haushalt 2025; Letzterer wurde einstimmig angenommen.

Bereits zur Mittagszeit war die Sitzung abgeschlossen und auch das Ehrenamt des Landjugendverbandes trat den Heimweg nach Schleswig-Holstein an.

Die Ritter vom Westensee

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Der Naturpark Westensee – Obere Eider zeichnet sich durch seine besondere Schönheit aus. Diese Gegend mit den weiten Feldern, alten Laubwäldern und prächtigen Herrenhäusern weist eine eigentümliche Geschichte auf, die diese Gegend prägte.

Noch im 12. Jahrhundert war Schleswig-Holstein dreigeteilt. Nördlich der Eider herrschten die Wikinger und in Ostholstein die Wenden. Sie beanspruchten das ganze Land und fielen über die Nordsachsen, die Holsassen, also die im Holze Sitzenden, heute Holsteiner her. Nördlich von Norddorf, heute Nortorf, herrschten Angst und Schrecken. Der Ritter Marquard war Overbode, also Stammesführer. Er kam aus Faldera, dem südlichen Grenzland bei Neumünster, und schloss sich dem neuen Lehnsherren Adolf von Schauenburg an. Mit einer kleinen Schar von Reitern besiegte Marquard 1139 die Wenden in Plön. Für seine Verdienste erhielt er das Grenzland im Norden zu Lehen: die Westenseer Gegend.

Die Westenseer Ritter bauten ihre Turmhügelburgen auf den Höhen mitten im See, die Hohburg und die Lohburg. Diese Burgen nach Vorbild der Franken, französisch „château à motte“, wurden schlicht als Motten bezeichnet und waren Erdburgen mit einem hölzernen Turm. Ringsum herrschten Furcht und weite Waldeinsamkeit. Das Grenzland gehörte nämlich zum Isarnhoe, einem ausgedehnten Urwald zwischen Nord- und Ostsee. Hier trauten sich nur wenige Siedler hinein, denn angrenzend machten kriegerische Wikinger und Wenden die Gegend unsicher.

Die Turmhügelburg im Nienthal von Lütjenburg – sie ist die Rekonstruktion einer Burganlage aus Holstein. 
Foto: Museum Turmhügelburg

Die Westenseer Ritter waren angewiesen auf Einnahmen, denn Pferde und Ausrüstung mussten sie für den Kriegsdienst stellen. Es gab nur wenige Siedler, von denen sie Abgaben einfordern konnten. So verlangten sie umso höhere Zölle von den Lübecker Kaufleuten, die mit ihren Schiffen auf der Eider in Hohenhude und Flemhude anlandeten. Bald waren sie als Raubritter verschrien. Dies führte zu beträchtlichem Ärger. Es konnte nicht gut ausgehen, denn die Lübecker waren reich und mächtig geworden und hatten den Schauenburger Grafen auf ihrer Seite. So kam es 1348 zum Prozess in Lübeck, dem sich der Ritter Marquard stellen musste. Er sollte seine Schuld eingestehen, erklärte jedoch Urfehde. Des Nachts wurde er von den Lübeckern erschlagen. Dieser Mord musste die Lübecker schwer belasten. Ein Schiedsgericht unter Vorsitz des Lübecker Bischofs verklagte sie auf Sühne und eine gewaltige Geldzahlung an die Nachkommen Marquards. Davon hatte die Familie aber nicht lange etwas. Die Ritter fielen alle der Pest zum Opfer. Ihr Erbe traten die Ahlefeldts aus der Rendsburger Gegend an, die in die Familie einheirateten.

Herrenhaus Schierensee um 1850
Lithografie: F.A.Hornemann

Sie bauten zum Schutz vor feindlichen Übergriffen Wehrburgen aus Feldsteinen, Fachwerk und Lehmziegeln. Nachfolgend gründeten sie die Güter Westensee, Bossee, Klein Nordsee mit Hohenschulen, Marutendorf und Deutsch Nienhof. Die Ahlefeldts gaben 1499 ihre Lehen auf und verkauften sie an die Rantzaus, die im Dienste des dänischen Königs standen. 1524 gestand ihnen der König das volle Eigentum an den Lehen zu, die Grundherrschaft über die Siedler, die Gerichtsbarkeit und das Rodungsrecht. Sie wurden Amtmänner im Auftrage des Königs und blieben steuerfrei. In ihre Zeit fällt der Wandel von der Grundherrschaft zur Gutsherrschaft.

Gut Bossee
Foto: Imago

Mit dem Anwachsen der Bevölkerung und dem Anstieg der Preise lohnte die Landwirtschaft. Das Waldland wurde gerodet, Tonziegel zum Bau neuer Herrenhäuser gebrannt, Glasbrenner aus Hessen angeworben und mit Holzkohle Glas hergestellt. Mit den Holländern kam die Milchwirtschaft ins Land. Zwei Drittel des gerodeten Landes wurden Weiden. Die ersten Knicks grenzten die Weiden vom Ackerland ab. Große Scheunen wurden errichtet, um Futter für den Winter vorzuhalten. Die Wälder spielten aber nach wie vor eine große Rolle: für die Jagd zu Pferde, für die herbstliche Schweine- und Rindermast und für die Brennholzversorgung. Alle Bediensteten und Hufner hatten Anspruch auf Brenn- und Bauholz. Sie unterstanden als Leibeigene ihrem Gutsherrn, hatten alle Arbeiten auf dem Gut zu verrichten.

Daniel von Rantzau, königlicher Feldhauptmann, fiel im Krieg gegen Schweden. Bekannt ist sein Grab in der Westenseer Kirche mit der steinernen Figur, die schwedische Söldner im Dreißigjährigen Krieg zerschlugen. Nach einer gerichtlichen Teilung erbte Peter Rantzau 1575 den verbliebenen östlichen Teil und errichtete dort schließlich das Gut Schierensee. Die Eigentümer der Güter bewahrten die Schönheit der Gegend bis heute. Mit der Wiederherstellung der Gutshäuser erleben wir den Glanz der alten Zeit.

Klimaschutz: Zahlreiche Fördermaßnahmen verpuffen

In der Europäischen Union verpuffen etliche Fördermaßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ohne große Wirkung. Davor warnt der Europäische Rechnungshof (EuRH) in einem Sonderbericht. Häufigkeit und Schwere extremer Klimaereignisse wie Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen nähmen zu, ruft der EuGH darin in Erinnerung. Durch extreme Klimaereignisse seien in den vergangenen zehn Jahren wirtschaftliche Verluste von jährlich 26 Mrd. € entstanden.

Zwar flössen im laufenden Mehrjährigen Finanzrahmen zwischen 2021 und 2027 wiederum mindestens 26 Mrd. € in die Anpassung an den Klimawandel, und viele der geprüften Projekte verbesserten durchaus auch die Anpassungsfähigkeit der Betriebe. Aber immerhin 40 % aller Projekte brächten nur wenig oder gar keine Anpassungswirkung.

Die Anpassung an den Klimawandel wird in der EU bekanntlich bereichsübergreifend finanziert; das Geld stammt also aus mehreren EU-Fördertöpfen wie Landwirtschaft, Kohäsion oder Forschung. Das macht es nach Darstellung der Rechnungsprüfer schwierig, den Weg der Fördergelder in jedem Projekt exakt nachzuverfolgen. Bei der Nachverfolgung des Mittelabflusses gebe es ebenso Nachbesserungsbedarf wie bei der die Berichterstattung über geplante und durchgeführte Anpassungsmaßnahmen.

Gemischtes Bild zu Direktzahlungen

Wenn es um die Auswirkungen der Direktzahlungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) auf die Anpassung an den Klimawandel geht, hatte der EuRH in früheren Berichten ein gemischtes Bild gezeichnet. In dem nun vorgelegten Sonderbericht wird auf die durch die Direktzahlungen verbesserte Fähigkeit der Betriebe verwiesen, negativen Schocks infolge des Klimawandels standzuhalten. Allerdings könne die Abhängigkeit von Direktzahlungen umgekehrt dazu führen, dass unrentable Betriebe künstlich am Leben gehalten würden. Dies führe zu einer Verlangsamung des Strukturwandels. Genau diese strukturellen Anpassungen an den Klimawandel hält man beim Rechnungshof aber für erforderlich.

Auch die Zweite Säule der GAP hat der EuRH mit Blick auf die Anpassungsleistung ins Visier genommen. Zwar könne über die ländliche Entwicklung unter anderem ein Beitrag zur Effizienzsteigerung der Wassernutzung in der Landwirtschaft geleistet werden. Allerdings habe es Projekte gegeben, bei denen zur Deckung eines verstärkten Bewässerungsbedarfs ein potenziell höherer Gesamtwasserverbrauch in Kauf genommen worden sei. Auch seien im Risikogebiet eines Hochwasserschutzprojekts nach wie vor Genehmigungen für den Bau neuer Häuser erteilt worden. Gleichzeitig werde vielfach der Klimaschutzbeitrag von Grünlandflächen nicht ausreichend in der GAP-Förderpolitik gewürdigt.

Politische Untätigkeit hat ihren Preis

Die Rechnungsprüfer schlussfolgern, dass die in Teilen der EU-Politik herrschende Untätigkeit ihren Preis habe. So werde eine globale Erwärmung zwischen 1,5 °K und 3 °K über dem vorindustriellen Niveau – nach vorsichtiger Schätzung – zu weit höheren wirtschaftlichen Einbußen als bisher führen, nämlich von 42 Mrd. € bis 175 Mrd. € pro Jahr. Mehr wirkungsvolle und nachprüfbare Maßnahmen seien daher dringend geboten.

Deutlich erhöhte Butterpreise

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Die Preise für viele Nahrungsmittel im Lebensmittelhandel haben spürbar nachgegeben. So kosten zum Beispiel Mehl, Nudeln und Rapsöl 3 bis 9 % weniger als vor einem Jahr. Nicht zuletzt deswegen ist die Inflationsrate ­gesunken.

Der Verbraucherpreis für Butter ist dagegen um 40 % gestiegen. Aktuell werden im Discounter 2,39 € je 250-g-Päckchen verlangt. Dies fällt bei der Berechnung des Verbraucherpreisindex kaum ins Gewicht. Im Lebensmittelhandel ist Butter jedoch ein Eckpreisartikel. Die Verbraucher reagieren hier sehr sensibel auf Preisänderungen.

Die Preisaufschläge für diesen gefragten Artikel werden mit dem laufenden Strukturwandel in der Milchviehhaltung begründet. Die Zahl der Milchviehbetriebe und der Kühe ist europaweit rückläufig. Die Auswirkung der Blauzungenkrankheit haben die Milchleistung der Kühe zusätzlich verringert. Dadurch liegt die Milchproduktion in Deutschland unter der Vorjahresmenge. Dazu kommt, dass der Fettgehalt der Milch in diesem Jahr relativ niedrig war und erst im Herbst wieder gestiegen ist. Ein weiterer Grund für das knappe Butterangebot ist die aktuell hohe Nachfrage nach Käse. Da hier die Produktion erhöht wurde, steht weniger Milchfett für die Herstellung von Butter zur Verfügung.

Bis zum Jahresende sehen Marktbeobachter noch Spielraum für höhere Milchgeldauszahlungspreise für die Landwirte. Im weiteren Verlauf wird es wohl schwierig, nochmals höhere Preise für Milchprodukte durchzusetzen. Bereits jetzt drosseln die hohen Preisforderungen den Absatz im In- und Ausland.

Geld allein löst keine Naturschutzprobleme

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Der Sonderbericht des EU-Rechnungshofs zum Klimaschutz lässt aufhorchen: 40 % der EU-Projekte zur Anpassung an den Klimawandel zeigen kaum oder keine Wirkung. Bei einem Mittelvolumen in Höhe von mehr als 26 Mrd. € für entsprechende Maßnahmen im Zeitraum 2021 bis 2027 verpuffen also mindestens 10 Mrd. €. Das zeigt: Geld allein hilft nicht.

Oft aber nutzt Politik aufwachsende Budgets als Beleg für vermeintlich verbesserten Naturschutz. Ein Beispiel: Dass der Bund 2023 so viel Geld wie noch nie für den Erhalt von Ökosystemen in Entwicklungs- und Schwellenländern bereitgestellt hat (1,36 Mrd. €), nimmt Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zum Anlass, die Ampel-Regierung – also sich selbst – im Kampf gegen das weltweite Artenaussterben als einen verlässlichen Partner zu loben. Doch wie effizient wird das viele Geld tatsächlich eingesetzt?

In den Niederlanden sind bis 2016 mehr als 40 % der öffentlichen Mittel für Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in der Verwaltung versackt. Das war sowohl der Finanzbehörde als auch den Landwirten zu viel. Mit dem Modell der Agrarkooperationen, in denen Landwirte, Naturschützer und Wissenschaftler gemeinsam von „unten nach oben“ Maßnahmen entwickeln, hat dort zu einer deutlichen höheren Zielgenauigkeit geführt.

Klar ist: Wer Steuergeld ausgibt, hat Verantwortung, dass das Geld zielgerichtet eingesetzt wird. Dazu gehören die Überprüfung von Förderstrukturen und die Fähigkeit zur Anpassung – sofern Defizite zutage treten. Der EU-Rechnungshof bescheinigt in seinem Bericht auch der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) viel Luft nach oben. Beispielsweise werde der Klimaschutzbeitrag von Grünland aktuell nicht ausreichend gewürdigt.   

Das Ringen der Mitgliedstaaten um die GAP-Reform gestaltet sich traditionell zäh. Dabei gibt es kluge Konzepte, die Agrarförderung zielsicherer zu machen: Neben dem niederländischen Kooperationsmodell sind dies beispielsweise die Gemeinwohlprämie des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege oder die an der Universität zu Kiel entwickelte erfolgsorientierte Agrarprämie. Allen drei ist gemein, dass sich Landwirtinnen und Landwirte besser einbringen und unternehmerische Entscheidungen treffen können. Das macht nicht nur Klima- und Naturschutz effizienter, sondern schafft Perspektiven.

Die fehlt aktuell vielen Betrieben, was das jüngste Agrarbarometer der Rentenbank belegt (siehe Seite 6). Die Investitionsbereitschaft verharrt auf niedrigem Niveau. Landwirte, die investieren wollen, planen häufig den Einstieg in oder den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen. Hemmnisse für die betriebliche Weiterentwicklung sind vor allem Agrarpolitik und Bürokratie.

Immerhin: Viele Politiker in Brüssel und Kiel haben die Notwendigkeit des Bürokratieabbaus verstanden. In Berlin tut man sich noch vergleichsweise schwer, aber erste Ansätze sind erkennbar. Hier gilt es dranzubleiben, denn weniger Bürokratielast auf den Höfen bietet Landwirtinnen und Landwirten Freiraum für die Betriebsentwicklung und dafür, sich im Klima- und Naturschutz zu engagieren. Wenn das noch den Einsatz öffentlicher Mittel verbessert, freut sich nicht zuletzt der EU-Rechnungshof.

Dr. Robert Quakernack, Foto: bb