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Mehr Wirtschaftsdünger auf Ackerflächen?

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Stickstoff ist nicht erst seit der Einschränkung der erlaubten Einsatzmenge im Zuge der Düngeverordnung (DÜV) ein wertvoller Nährstoff, mit der Mengenbeschränkung sind der Wert und vor allem das Bewusstsein dieses Wertes jedoch deutlich gewachsen.

In den sogenannten Roten Gebieten mit weiterer Einschränkung der N-Menge nimmt der Wert des letzten Kilogramms Stickstoff, das zusätzlich ins Anbausystem kommt oder dem Anbausystem nicht verloren geht, noch einmal deutlich zu. Die nachfolgende Übersicht zeigt für Rote Gebiete, welcher „Schaden“ beim Verlust je Kilogramm N in den einzelnen Kulturen entsteht oder welchen „Wert“ jedes zusätzlich zur Verfügung stehende Kilo in den dargestellten Kulturen hat.

Ausgangsgröße ist die in den Roten Gebieten erlaubte Düngung von 80 % des N-Bedarfes. Der Weizen reagiert je nach Annahmen zur Qualitätsveränderung mit 1,33 bis 2,69 €/kg N über den Kaufpreis des Stickstoffes hinaus auf die Veränderung der Düngung, die Wintergerste mit 2,01 bis 2,64 €/kg N und der Raps mit 3,12 bis 3,68 €/ kg N. Datengrundlagen sind N-Steigerungsversuche der Landwirtschaftskammer sowie von der Fachhochschule Kiel errechnete Produktionsfunktionen.

Je knapper der Faktor Stickstoff wird, desto höher ist der Wert von 1 kg N, und desto lohnender sind Maßnahmen zur Effizienzsteigerung des Stickstoffeinsatzes.

Unter den Rahmenbedingungen der zurzeit geltenden hohen Düngemittelpreise, aber auch Getreide- und Rapspreise würden die oben genannten Werte noch höher ausfallen.

Welchen Beitrag kann der Einsatz von Wirtschaftsdüngern leisten, um die N-Effizienz in Ackerbausystemen und das wirtschaftliche Ergebnis zu verbessern? Diese Frage soll für schnell verfügbare Wirtschaftsdünger (Gülle, Gärreste) diskutiert werden.

Welchen Wert hat Wirtschaftsdünger?

Unter Annahme der zurzeit hohen Düngemittelpreise ergeben sich folgende Werte für eine Schweinegülle mit Standardwerten. Folgende Werte werden den Nährstoffen zugeordnet:

In der nachfolgenden Übersicht wurden verschiedene Wirtschaftsdünger mit diesen Nährstoffwerten für die Hauptnährstoffe bewertet.

Für die Ausbringung des Wirtschaftsdüngers wurden 4 €/m³ angesetzt. Dieser Wert ist betriebsindividuell zu bewerten. Vor allem ist zu bedenken, dass die eingesetzte Technik aufwendiger sein wird, um hohe Ausnutzungsgrade zu erreichen und den eingeschränkten Ausbringzeiten Rechnung zu tragen (Schleppschuh, Verschlauchung, sensorgesteuerte Ausbringmenge).

Über diese Hauptnährstoffe hinaus können 15 m³ Gülle/Gärrest folgende Spurennährstoffe enthalten (laut Kerschberger, Franke 2001):

15 bis 60 g Bor

30 bis 300 g Kupfer

120 bis 450 g Mn

150 bis 1000 g Zink

Der Wert dieser Inhaltsstoffe kann je nach Bewertung zusätzlich zirka 0,50 bis 1,50 €/m³ Gülle/Gärrest ausmachen.

Transportkosten von Wirtschaftsdünger

Dem Düngerwert stehen die Transportkosten zur Ausbringfläche entgegen, die aktuellen Kraftstoffpreise tragen ihren Anteil dazu bei. Ein Transport-Lkw mit einem Fassungsvolumen von 25 m³ kostet zirka 80 € pro Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer und Diesel. Daraus ergeben sich zurzeit Gesamtkosten von zirka 120 € pro Stunde einschließlich Mehrwertsteuer. Ein Lkw benötigt jeweils zirka 5 min zur Be- und Entladung und erreicht auf der Strecke je nach Länge und Beschaffenheit der Wege eine Durchschnittsgeschwindigkeit von maximal 40 bis 50 km/h. Ein Bespiel aus der Praxis: Ein auf dem Feld fahrender Güllewagen mit einem Fassungsvolumen von 20 m³ erreicht eine Ausbringmenge von zirka 120 m³ pro Stunde bei Entnahme aus dem Feldrandcontainer. Zur Versorgung des Feldrandcontainers werden bei einer Entfernung von 30 km sechs bis sieben Transportfahrzeuge benötigt. Es entstehen Transportkosten von zirka 10 €/m³. Bei großen Transportentfernungen sollte also bewertet werden, inwieweit der Wert des Wirtschaftsdüngers die Transportkosten deckt oder welche Regelungen zwischen Abgeber und Aufnehmer getroffen werden, um für beide Seiten ein positives Ergebnis zu erzielen. Wird nicht just in time angeliefert, sondern der Wirtschaftsdünger außerhalb der Ausbringzeiten in ein in der Nähe befindliches Lager transportiert, wird der Streckentransport aufgrund möglicher Rückfrachten günstiger, der Wirtschaftsdünger muss dann allerdings auf kurzer Strecke erneut zum Feld transportiert werden.

Für welche Kulturen funktioniert es?

Je weiter die N-Aufnahme einer Pflanze in den Sommer hineinreicht, desto eher ist sie in der Lage, den aus Frühjahrsgaben nachmineralisierten Stickstoff aus Wirtschaftsdüngern zu verwerten. Als Beispiele sind hier Mais, Rüben, Kartoffeln oder auch Gras zu nennen. Je weiter die Ausbringtermine im Frühjahr nach hinten verlegt werden müssen (keine Ausbringung bei Frost), desto schwieriger wird der Einsatz in Kulturen wie zum Beispiel Wintergerste, die schon im zeitigen Frühjahr ihre Hauptstickstoffaufnahme haben.

Zu Sommerungen wird die Wirkung dann gut sein, wenn die Gülle vor der Saat eingearbeitet wird, damit der Umsetzungsprozess im Boden schneller einsetzt und die Nährstoffe dichter am sich entwickelnden Wurzelsystem sind.

Auch im Sommer gedrillte Zwischenfrüchte können den nachmineralisierten Stickstoff binden. Die entscheidende Frage ist, wie der aus dem Abbau der Organik der Zwischenfrüchte freigesetzte Stickstoff von den Folgekulturen aufgenommen werden kann, sofern die Zwischenfrüchte nicht genutzt werden. Auch hier gilt: Je aktiver der Boden ist, desto schneller steht der mineralisierte Stickstoff im Frühjahr den Folgefrüchten zur Verfügung.

Wie gelangen Nährstoffe in die Pflanze?

Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass der Boden sich an die Verwertung/Umsetzung von Wirtschaftsdüngern „gewöhnen“ muss. Versuche hierzu sind verständlicherweise schwer zu konzipieren und auch schwer zu reproduzieren, da die Umsetzung von Wirtschaftsdüngern stark von den jährlichen Rahmenbedingungen abhängt. Nichtsdestotrotz erscheint es plausibel, dass sich die Bodenbiologie auf organische Düngergaben einstellen muss. Mit zunehmend organisch gebundenen Nährstoffen (in Mist, Kompost oder Ähnlichem) wird sich dieser Effekt verstärken.

Der Raps profitiert von einer weit gestellten Fruchtfolge und bindet Stickstoff im Herbst.

Auf der anderen Seite ist in der Praxis zu beobachten, dass langjährig mit Gülle versorgte Böden unter Extrembedingungen (Trockenheit, Nässe und so weiter) besser durchhalten und auch Bodenunterschiede zum Teil ausgeglichen werden. Durch den Wirtschaftsdüngereinsatz scheint ein Nährstoffpool in Form von organisch gebundenen Nährstoffen vorhanden zu sein, aus dem Nährstoffe nachfließen und aus dem die Pflanzen schöpfen können. Eine durch langjährige organische Düngung aktivierte Bodenbiologie wird diesen Prozess unterstützen.

Verbessern Wirtschaftsdünger also das Bodenleben und die Ertragsstabilität? Die Meinung des Autors: Es kommt darauf an! Je besser der Zustand des Bodens ist (Struktur und Stabilität, Wasserführung et cetera), desto besser kann er sich auf die Verwertung von Wirtschaftsdüngern einstellen und desto stärker kommen die positiven Effekte organischer Düngung zum Tragen. Der Einsatz von Wirtschaftsdüngern wird aus einem im schlechten Zustand befindlichen Boden auf der anderen Seite keine Hochertragsfläche machen, wenn nicht auch andere Faktoren verbessert werden.

Was spricht gegen Wirtschaftsdünger?

Die Befahrbarkeit der Flächen ist ein zentrales Thema in Hinblick auf den Wirtschaftsdüngereinsatz. Da auf gefrorenem Boden kein Stickstoff ausgebracht werden darf, verlagern sich die Ausbringungstermine im Frühjahr in der Regel nach hinten. Die schweren Güllewagen können ohne Frost erst später fahren als die leichteren Düngerstreuer. Späte Ausbringtermine verschlechtern jedoch besonders bei Wirtschaftsdüngern die Umsetzung und Verfügbarkeit von Stickstoff für die Pflanzen. Spurschäden und damit verbundene Bodenverdichtungen sind weitere Argumente gegen den Einsatz von Wirtschaftsdüngern. Die Befahrbarkeitsprobleme haben umso mehr Gewicht, je hügeliger Standorte sind und je mehr moorige, nasse Senken die Flächen durchziehen.

Extrem breit bereifte oder mit Laufbändern ausgestattete Ausbringfahrzeuge oder die Verschlauchung von Gülle und Gärresten können diesen Nachteilen entgegenwirken, wenn die Technik mit entsprechender Schlagkraft termingerecht zur Verfügung steht.

Reserven durch Kombinationsdüngung

Eine intelligente Kombination von mineralisch und organisch gedüngtem Stickstoff kann die Effizienz der N-Düngung deutlich erhöhen. Geringe Mengen an Nitrat-N können reichen, um die Pflanzen zu aktivieren und aufnahmebereit für Ammonium-Stickstoff zu machen. Wird die Schwefeldüngung zum Beispiel auf ASS anstelle von SSA umgestellt oder zur SSA-Gabe eine geringe Menge KAS gedüngt, kann die Folgedüngung großenteils auf organischer Düngung basieren.

Um die Dynamik der Nachlieferungsprozesse nachvollziehen zu können, helfen Fenster mit reduzierter N-Düngung. Das Aufhellen und auch das Wiederergrünen dieser Fenster machen die N-Dynamik sichtbar. N-Sensoren und auch andere Schnellverfahren der N-Bestimmung können ebenso helfen. Nur so kann der Landwirt Nachlieferungsprozesse für seinen Standort nachvollziehen und gezielt handeln.

Dünger aus Tierhaltung in Ackerbauregionen?

Tierhaltungsbetriebe haben den Einsatz von Wirtschaftsdüngern oft bis zur Grenze ausgereizt. Dort geht es nicht darum, mehr Wirtschaftsdünger einzusetzen, vielmehr geht es darum, den vorhandenen Wirtschaftsdünger effizient zu verwerten und überschüssige Mengen abzugeben. Bisher haben Ackerbaubetriebe ob der oben genannten Nachteile Wirtschaftsdünger eher zurückhaltend auf ihren Flächen ausgebracht. Mit dem Einzug des Maisanbaus in Marktfruchtbetrieben kam eine Ackerkultur zum Anbau, die zum einen den Stickstoff aus Wirtschaftsdüngern ausgesprochen gut ausnutzt. Zum anderen stellten die Abnehmer von Silomais Gülle beziehungsweise Gärrest kostengünstig zur Verfügung, die Vorteile der organischen Düngung waren offensichtlich.

Mit dem extremen Anstieg der Mineraldüngerpreise rücken die Wirtschaftsdünger noch mehr in den Fokus der Marktfruchtbetriebe, größere Transportentfernungen und/oder die Schaffung von Lagerraum in den Ackerbauregionen und höhere Ausbringkosten werden durch den deutlich erhöhten Düngewert überkompensiert.



Fazit

Gelingt es dem Anwender, die Ausnutzung des Stickstoffes aus Wirtschaftsdüngern durch intelligente Begleitmaßnahmen (Fruchtfolge, Nitratdüngung, Zwischenfruchtanbau, verlustarme Ausbringung) über die gesetzlich vorgesehene Ausnutzung hinaus zu verbessern, kann der Wirtschaftsdüngereinsatz die N-Bilanzen entlasten. So ist der Einsatz von Wirtschaftsdüngern auch für Marktfruchtbetriebe interessant, und die Zusammenarbeit zwischen Ackerbauer und Tierhalter kann sich nachhaltig intensivieren.

„Megagefühl, hier zu siegen“

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Mit knapp 500 Anmeldungen für das Turnier SH Holstein International hatten die Veranstalter nicht gerechnet, daher entschieden sich Merve Henningsen aus Rastorf, Kreis Plön, Thomas Voß aus Schülp, Kreis Rendsburg-Eckernförde, und Harm Sievers aus Tasdorf, Kreis Plön, schon am Mittwoch mit den ersten internationalen Prüfungen zu starten.

Unverändert galt das im vergangenen Jahr erneuerte Tourenkonzept für das erste internationale Hallenturnier der gerade erst begonnenen Indoorsaison. Aktive aus ganz Europa waren angereist.

Der Niedersachse Josch Löhden startete schon am Mittwoch besonders gut ins Turnier: Der 30-Jährige gewann mit Egelund‘s Miss Unique das Eröffnungsspringen. Mit 101 Startern war die erste Prüfung der Goldtour mehr als gut genannt worden. Auch die zweite Prüfung des Tages ging an Löhden, mit Leroy Jackson gewann er die Youngstertour für sechsjährige Pferde. In der Tour für siebenjährige Springpferde ließ er dann mal die anderen dran: Mario Maintz war aus Nordrhein-Westfalen angereist und stellte mit der For Pleasure-Tochter Fearless die Siegerin vor. „Für die sechs- und siebenjährigen Pferde birgt ein internationales Hallenturnier die Chance, viel dazuzulernen und Routine und Sicherheit zu gewinnen“, erklärte Harm Sievers.

Die Youngsters hatten einen Tag Pause, bevor es am Freitag wieder in den Parcours ging. Diesmal musste Josch Löhden Philipp Battermann und der Holsteiner Stute Inside of my Heart den Vortritt lassen. Beide Paare zeigten fehlerfreie Runden, aber Battermann, der Neffe von Thomas Voß, Nationenpreisreiter und Mitveranstalter des SH Holstein International, war einfach schneller. Inside of my Heart ist eine Tochter des Crumble und stammt aus der Zucht von Thomas Voß. Reiter und Pferd kommen vom Höllnhof in Schülp. Im Finale der Youngstertour gewann der am Freitag drittplatzierte Simon Heineke vom Moorhof in Wedel mit der Holsteiner Stute Call me Pretty.

Robin Naeve siegt in der Grand Prix Tour

Auch im Finale der Siebenjährigen standen andere auf dem Treppchen als zunächst erwartet. Am Freitag kamen Mario Maintz und Fearless noch auf Platz vier, im Finale am Sonnabend hatten sie dann vier Fehler im Stechen und mussten sich mit Platz zehn zufriedengeben. Siegerin der zweiten Prüfung und des Finales wurde Linn Hamann aus Ammersbek, Kreis Stormarn, mit dem Holsteiner Cool Fox. Die Tochter des Ausbilders Wulf-Hinrich Hamann gehört nicht nur in Schleswig-Holstein zu den talentiertesten Nachwuchsreiterinnen. Als Juniorin und Junge Reiterin war sie bei den Deutschen Meisterschaften mehrfach vorne platziert und ist mit einem Bachelor in Pädagogik und Management in der Hinterhand auf dem Hof ihrer Eltern als Bereiterin angestellt.

Josch Löhden hatte am Donnerstag in der Goldtour seinen dritten Sieg geholt. Diesmal hatte er den Hannoveraner Van Moor gesattelt. Mario Maintz pilotierte den Oldenburger Celentano K auf den zweiten Platz. Im Finale bekamen dann beide Reiter vier Fehler und schafften es nicht in die Platzierung. Claas-Hermann Romeike und der Hannoveraner Crazy Friend siegten hier mit zwei fehlerfreien Runden und der schnellsten Zeit im Stechen.

Den vierten Sieg von Josch Löhden, diesmal in der ersten Qualifikation für den Großen Preis, verhinderte Jan Meves aus Mehlbek, Kreis Steinburg, auf seiner Topstute Dynastie D. Der einstige Landesmeister verwies Löhden mit dem KWPN-Wallach Ultimus auf den zweiten Platz. Die zweite Qualifikation entschied dann Robin Naeve für sich. Im Sattel der Holsteiner Stute Casalia R war der 25-jährige Sohn von Nationenpreisreiter Jörg Naeve aus Ehlersdorf, Kreis Rendsburg-Eckernförde, fast 3 s schneller als die zweitplatzierte Linn Hamann mit dem Westfalen Quality Choice.

Mit fast 3 s Vorsprung siegte Robin Naeve aus Ehlersdorf mit Casalia R in der zweiten Qualifikation für den Großen Preis. Foto: Agentur Holsteinoffice

„Gewinnen ist immer schön. Morgen ist die wichtigste Prüfung, da versuchen wir dabei zu sein und im Optimalfall zu gewinnen”, hatte Robin Naeve schon am Vortag vor der Fernsehkamera verkündet. Die kleine Casalia R sei dafür die richtige Sportpartnerin, fand Naeve junior, der im August hinter seinem Vater Silber in der Landesmeisterschaft gewonnen hatte. „Der Parcours hatte viele kurze Wendungen und war sehr technisch, das liegt ihr. Blitzschnell umdenken, das kann sie gut”, lachte der Springreiter, der der Holsteiner Stute viele große Erfolge verdankt.

Großer Preis für Carsten-Otto Nagel

Robin Naeve war damit für den mit 15.000 € dotierten Großen Preis am Sonnabend qualifiziert, ebenso wie Jan Meves, der Sieger der ersten Qualifikation. Die 50 punktbesten Reiterinnen und Reiter durften dort starten. Mylene Nagel, in der ersten Qualifikation bereits Dritte und in der zweiten an sechster Stelle platziert, führte diese Zwischenwertung an.

Im Großen Preis qualifizierten sich 13 der 50 angetretenen Paare für das alles entscheidende Stechen, mit dabei auch Robin und Jörg Naeve sowie Mylene Nagel und ihre Schwester Mynou Diederichsmeyer. Doch es war ein anderer, der hier siegen konnte. Carsten-Otto Nagel grinste: „In Neumünster zu gewinnen ist ja immer schön.” Das Gefühl durfte der ehemalige Schleswig-Holsteiner an diesem Sonnabend noch einmal so richtig auskosten. „Megagefühl hier in der Holstenhalle bei der Stimmung. Neues Pferd, alle freuen sich“, resümierte er.


Carsten-Otto Nagel holte sich mit Cancaneur zum zweiten Mal innerhalb von neun Jahren den Sieg im Großen Preis des SH Holstein International. Foto: Agentur Holsteinoffice

Das neue Pferd ist der neunjährige Cancaneur von Connor-Lacros. Er und Nagel kennen sich erst seit knapp vier Monaten. „Der ist dressurmäßig allerbestens ausgebildet. Paula de Boer hat ihn nämlich vor mir geritten”, lachte Nagel und fügte hinzu: „Das ist jetzt sehr angenehm für mich.” Die Tochter des Dressurausbilders Wieger de Boer aus Pinneberg war ebenfalls vor Ort und verteilte Küsschen an ihren vierbeinigen Freund. Cancaneur stammt aus der Zucht von Johann Heinrich Witt, Kreis Pinneberg.

Nagel, der mit seiner Ehefrau Mylene seit einigen Jahren in der Nähe von Bremen lebt und arbeitet, freute sich auch über deren dritten Platz. Die Springreiterin saß im Sattel von Look at Me R und war im Stechen nur Sekundenbruchteile langsamer als ihr Mann. „Das Publikum feiert so toll mit. Wenn man dann noch fehlerfrei ist, macht es noch mehr Spaß“, befand sie. Auf Platz zwei reihte sich Sofie Svensson mit Cooper VA ein. Die Schwedin mit Wohnsitz in Trittau, Kreis Stormarn, reitet für den Stall von Allwörden auf dem Grönwohldhof.

Robin Naeve zeigte zwar zwei Nullrunden, war aber nicht schnell genug für einen der vorderen Plätze. Er ließ allerdings noch seinen Vater auf Platz acht abrutschen. „Das war ein richtig gutes Stechen“, befand Harm Sievers. Zehn von 13 Startern waren fehlerfrei geblieben und hatten richtig aufs Gas gedrückt. Die vorderen Plätze waren nur durch Hundertstelsekunden getrennt. „Die Halle war richtig voll und die Stimmung prima“, freute sich der Veranstalter.

Ehrung für die norddeutschen Jungtalente

Die Bedeutung der Holstenhallen für den Pferdesport kennen die Veranstalter von SH Holstein International nur zu gut, daher holen sie jene Nachwuchsreiter und -reiterinnen in die Hallen, die in der Sommersaison mit bemerkenswerten Erfolgen glänzen konnten. „Eltern, Trainerinnen, Unterstützer – sie alle sollen dann einmal in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken“, so Sievers. Es waren viele Medaillengewinner, die da im Südturm der Holstenhalle zusammenkamen. Gespickt mit kleinen Anekdoten stellte Sievers die jungen Talente und ihre Eltern vor.

Mit dabei war auch der Sieger der spannenden Indoorvielseitigkeit, die kurz davor entschieden worden war: Mathies Rüder. Bei ihm bat Sievers auch die Großeltern mit nach vorn, denn „das ist so eine richtige Holsteiner Pferdefamilie“, befand der Redner. Sievers erinnerte sich an Zeiten, in denen die Großeltern auf fünf verschiedenen Turnieren unterwegs waren, um allen gerecht zu werden: „So ein Einsatz ist selten.“

Auch die Schwestern Schmitz-Morkramer aus Hamburg bekommen von ihren Eltern eine solche Unterstützung. Helena und Allegra Schmitz-Morkramer gewannen fünf Goldmedaillen bei den Europameisterschaften der Junioren und Jungen Reiter. Doch nicht nur sie und ihre Eltern wurden geehrt. Auch ihre Trainerin Sonja Marie Ellerbrock aus Kayhude, Kreis Segeberg, stand mit im Zentrum. Sie erhielt den SH Holstein International Award für ihre herausragend gute Ausbildungsarbeit.

Einen weiteren Preis verlieh Harm Sievers am nächsten Tag Heike Petersen. Die Richterin, Ausbilderin und langjährige Mitarbeiterin des Pferdesportverbandes Schleswig-Holstein rief vor 15 Jahren die Initiative „Jungs aufs Pferd” ins Leben, als der „Männer“-Anteil in den Nachwuchsklassen rapide sank. Seither haben etliche Jungen an Trainingslagern teilgenommen und bei Turnieren, Shows und inzwischen auch in großen Prüfungen geglänzt. Aktuell packen die jungen Herren beim Parcoursdienst mit an. Das Engagement der Bad Segebergerin, die unermüdlich für die Initiative im Einsatz ist, würdigten die Veranstalter vor dem Großen Preis mit einem SH Holstein International Award. pm

Artenvielfalt leicht umgesetzt

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Gerade in unsicheren Zeiten wie heute, wenn die Zukunft ungewiss erscheint und viele sich abzeichnende Entwicklungen Ängste und Sorgen bereiten, ist der eigene Garten ein wichtiger Rückzugsort für Ausgleich und Erholung. Im Gegensatz zu den meisten politischen und gesellschaftlichen Themen, bei denen Hilflosigkeit und Ohnmacht den Einzelnen lähmen können, ist es für jeden möglich, dem Artenschwund mit wenig Aufwand etwas entgegenzusetzen.

Der persönliche Einsatz für mehr Biodiversität lohnt sich doppelt. Zum einen finden seltene Tiere und Pflanzen einen Lebensraum im eigenen Garten, zum anderen stellt sich eine innere Zufriedenheit ein. Diese Zufriedenheit resultiert daraus, mit dem eigenen Grün zu Artenvielfalt und -erhalt beizutragen; nicht zu vergessen die bereichernden Naturerfahrungen, die damit verbunden sind.

Tiere und Pflanzen sind voneinander abhängig

Viele Tiere, die Gäste im Garten sein wollen, sind sehr klein und können sich nur ansiedeln, wenn sie bestimmte Pflanzen vorfinden. Die Pflanze sorgt für einen gedeckten Tisch, während die Insekten für eine gelungene Bestäubung und damit für den Erhalt der Pflanze sorgen. Stirbt eine Art aus, sind deshalb oft auch andere Arten betroffen. Das soll aber erst einmal kein schlechtes Gewissen oder Stress bei der Pflanzenwahl verursachen. Übergeordnetes Ziel sollte sein, dass eine hohe pflanzliche Vielfalt vorhanden ist, denn dann stellt sich die große tierische Biodiversität von allein ein. Machen viele Hobbygärtner mit, kann der Gesamtbeitrag der Hausgärten für den Artenschutz sogar beträchtlich ausfallen. Bei 17 Millionen Gärten in Deutschland mit einer durchschnittlichen Größe von 400 m2 ergibt sich eine Fläche von immerhin 6.800 km2.

Heimische Wildpflanzen gedeihen oft auf nährstoffarmen Standorten und Insekten bauen dort ihre Bruthöhlen. Foto: Georg Henkel

Blühzeit nahezu ganzjährig

Eine typische Win-win-Situation entsteht, wenn Pflanzen mit ganz unterschiedlichen Blühzeiten angepflanzt werden. Die Hobbygärtnerin genießt nahezu einen ganzjährig blühenden Garten und den Insekten werden über einen langen Zeitraum Pollen und Nektar bereitgestellt. Wesentlich ist es, die Blütezeit nach vorn und hinten im Jahr zu verlängern. Hier ein paar Pflanzenbeispiele zur praktischen Umsetzung: Mit Frühlingsboten wie Schneeglöckchen, Krokussen und Narzissen beginnt die Saison schon im Februar. Mit Astern, ungefüllten Dahlien, Herbstanemonen, Sonnenblumen oder der winterharten, mehrjährigen Fetthenne wird auch der Herbst bunt und bietet Insekten eine letzte Nahrungsquelle vor dem Winter. Besonders erwähnenswert ist der Efeu. Bis Ende Oktober zieht er regelrecht magisch Schmetterlinge und Schwebfliegen an, die dort Nahrung aufnehmen.

Achtung, Blühpflanzen ohne Nährwert

Blüte ist nicht gleich Blüte. Eine ganze Reihe von Blütenpflanzen produziert weder Pollen noch Nektar und bietet damit Insekten keine Nahrung. Dazu zählen Gartentulpen, Gartenstiefmütterchen, Forsythien, gefüllte Chrysanthemen und die als Balkonpflanze beliebte Geranie. Stattdessen oder ergänzend sollte lieber eine sogenannte Bienenweide im Garten entstehen. Diese gibt es als Samenmischung oder als Einzelpflanzen im Container zu kaufen. Bienenfreundlich sind zum Beispiel Lavendel, Glockenlumen, Schafgarbe, Löwenmäulchen, Kapuzinerkresse, Kornblumen, Wilde Malve und Verbene. Großartige Bienenweiden, gerade auch für den Topf auf der Terrasse, sind blühende Kräuter wie Salbei, Thymian, Rosmarin, Oregano oder Majoran. Frische, aromatische Küchenkräuter sind dann stets zur Hand. Wichtig ist, dass die Entscheidung für bestimmte Pflanzen den Standortverhältnissen angepasst ist. Denn nur dann kann sich die Pflanzengemeinschaft artgerecht entwickeln und weniger Arbeit fällt an. Zwei Drittel der Wildpflanzen leben auf nährstoffarmen, mageren Standorten. Da viele Gartenböden in Schleswig-Holstein mit Nährstoffen überversorgt sind, braucht der Gartenfreund, der heimische Wildpflanzen ansiedeln möchte, in den kommenden Jahren nicht zu düngen. Eventuell ist Sand einzuarbeiten. Eine professionelle, kompetente Beratung beim Pflanzenkauf hilft, Fehler bei der Auswahl zu vermeiden. Wer Raritäten unter den Wildkräutern sucht, wird im Internet fündig.

Umgang mit dem Rasen

Der Rasen ist eine der arbeitsintensivsten Flächen in Garten. Manche Arbeiten kann man sich jedoch, zumindest teilweise, sparen. Es ist daher eine Überlegung wert, die Rasenfläche zu reduzieren und dafür pflegeleichte Stauden anzupflanzen. Auch etwas Wildwuchs zuzulassen und einen Teil des Rasens weniger oft zu mähen, bietet seltenen Insekten zusätzlichen Lebensraum. Die Aussaat von bis zu 70 verschiedenen wilden Blumenarten ist eine Alternative zum doch recht sterilen Rasen. Um eine üppige Blumenwiese zu erhalten, gilt es allerdings einiges zu beachten. Eine gute Vorbereitung der Fläche ist dabei ganz wesentlich. Vielleicht ist es ratsam, erste Erfahrungen auf ein paar Quadratmetern zu sammeln.

Unzählige Insekten finden in Blumeninseln ein zuhause. Weniger Rasenfläche und dafür Stauden ist eine weitere Option.  Foto: Georg Henkel

Einheimische Gehölze statt Exoten

Exotische Gehölze wie Thuja oder Kirschlorbeer mögen dem einen oder anderen gefallen, sie bieten Insekten jedoch kaum bis keine Nahrung und verdrängen die hiesige Flora. Einheimische Pflanzen wie etwa Weißdorn, Felsenbirne, Wacholder, Wildrose, Heckenkirsche und die früh blühende Haselnuss, aber auch Pflücksträucher wie Johannis- oder Stachelbeere hingegen bieten geflügelten und gefiederten Tieren einen reich gedeckten Tisch.

Totholz ist wichtig

Totholz im Garten lassen – es bietet viele Lebensräume. Foto: Georg Henkel

Für ein funktionierendes Ökosystem ist Totholz ein essenzieller Bestandteil. Von und auf dem toten Holz leben ganz unterschiedliche Tier-und Pflanzenarten: Käfer, Schlupfwespen, Fadenwürmer, Pilze und Algen. Nahrung ist dort auch für Vögel und Säugetiere zu finden. Tiere finden im Totholz Deckung, Schlafplatz, Überwinterungsort und Brutgelegenheit. Stehendes Totholz ist zum Beispiel ideal für Rotkehlchen und Spechte. Abhängig von der Holzart, dem Zersetzungsgrad, der Feuchtigkeit und Temperatur des Totholzes entstehen sehr unterschiedliche Lebensräume. Totholz erfüllt im Garten also viele Funktionen. Wem es aber nicht gerade als Augenweide erscheint, der kann den gefällten Baumstamm oder einen Teil der dicken Äste der Verwitterung an einem nicht so exponierten Platz im Garten überlassen.

Im eigenen Garten auf dem Land und selbst auf dem Balkon in Flensburg oder Kiel können Oasen für seltene Tiere und Pflanzen geschaffen werden. Damit vergrößert sich wieder ihr bedrohter Lebensraum. Es lohnt sich, im Land zwischen den Meeren mit anzupacken, denn jeder Quadratmeter mehr Biodiversität zählt!

Kleine Maßnahmen – große Wirkung für Biodiversität:

Eine Kletterpflanze an der Hauswand, 1 m2 Blumenwiese oder ein Kübel mit heimischen Kräutern können schnell zum überlebenswichtigen Raum für selten gewordene Pflanzen und Tiere ­werden.

Fazit

Der persönliche Einsatz für mehr Biodiversität lohnt sich durch bereichernde Naturerfahrungen.

Seltene Tiere und Pflanzen können einen Lebensraum im eigenen Garten finden. 

Kleine, einfach umzusetzende Maßnahmen im Garten haben große Wirkung auf die Biodiversität.

Damit Insekten fast ganzjährig Blüten mit Pollen und Nektar angeboten bekommen, werden Beispiele für die konkrete Pflanzenwahl gegeben. 

Nicht alle Blühpflanzen und Exoten sind geeignet.

Zwei Drittel der Wildpflanzen leben auf nährstoffarmen Böden.

Standortverhältnisse für gutes Wachstum sind zu beachten, eventuell zu optimieren. 

Tipps, um die arbeitsintensive Pflege des Rasens zu minimieren, werden gegeben und Alternativen vorgestellt.

Auflistung von Beispielen einheimischer Gehölze, die diversen Tieren Lebensraum bieten und zum Teil der menschlichen Ernährung dienen.

Totholz erfüllt im Garten vielfältige Funktionen, gerade auch gegen den Artenschwund.



Energiekosten treiben Erzeuger- und Industriepreise

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Im Monat September haben sich die Milchauszahlungspreise leicht befestigt, es gibt wenige Anpassungen nach oben. Insgesamt steigt der Durchschnittspreis um 0,5 ct oder knapp 1 %. Mit nun durchschnittlich 59,88 ct/kg ECM stabilisiert sich die Preisentwicklung kurz unter der 60-ct-Marke. Der am häufigsten gemeldete Preis beträgt 61 ct/kg. Im südlichen Deutschland sind Preise in dieser Höhe die Ausnahme, dort werden 50 bis 58 ct/kg ausgezahlt.

Das Milchaufkommen in der Bundesrepublik entwickelt sich schwankend. Überwiegend sinkt die Anlieferungsmenge bei den Meiereien wöchentlich, in manchen Wochen steigt sie. Insgesamt blieb die Differenz zum Vorjahr zuletzt positiv, in KW 39 waren es +1,2 % gegenüber dem Vorjahreszeitpunkt. Im Nachbarland Frankreich reduziert sich der Rückstand und auch europaweit ist das der Fall. In anderen wichtigen Produktionsregionen der Welt steht im Jahresvergleich ein dickes Minus. In Neuseeland und Australien fiel die Produktion im August um 4 beziehungsweise 6 % geringer aus. Die USA hingegen konnten mit einer Mehrproduktion im Juli und August (der höchsten der letzten vier Jahre) die bisherige Jahresbilanz auf –0,3 % heben.

Steigende Kosten, vor allem für Energie, treiben die Milchpreise nach oben. Fraglich ist, wie lange die Steigerungen noch anhalten. Der Preisschritt im September ist nur klein, einige Meiereien haben keine Anhebung zum Vormonat vorgenommen. Im europäischen Ausland klaffen die Preise auseinander, am niederländischen Spotmarkt werden 58 ct/kg notiert, am italienischen Spotmarkt hingegen 68 ct/kg. Die festen Markttendenzen, die sich nach Ferienende im August ergaben, sind abgeebbt. Die zahlreichen Unsicherheiten am Markt dämpfen die Geschäfte. Die Global-Dairy-Trade-Auktion endete nach nur zwei positiven Ergebnissen Anfang Oktober wieder im negativen Bereich. Der Kieler Rohstoffwert Milch ab Hof wurde leicht heraufgesetzt um 0,3 ct/kg auf 59,7 ct/kg. Ausschlaggebend dafür waren eine Anhebung des Fettwertes um 0,4 ct und eine Absenkung des Nichtfettwertes um 0,1 ct. Enthalten ist wie im Vormonat eine Energiekomponente von 2,5 ct.

Die Markttendenz bei Milchprodukten bleibt trotz steigender Verbraucherpreise fest. Die gute Nachfrage hält an, jedoch greifen Verbraucher zunehmend zu Artikeln im unteren Preiseinstiegssegment. Butter als Päckchenware geht so gut in den Markt, dass der Preis auf 7,50 bis 7,70 €/kg gestiegen ist. Als ein Grund dafür werden Feiertage im Oktober benannt. Der Markt für lose Butter hingegen schwächelt. Beim Käse bleibt die Tendenz fest, da sich die Vorräte in den Reifelagern sukzessive aufbrauchen und nicht im selben Tempo nachgefüllt werden können. Das Alter der Käsewaren wird immer geringer. Für die verarbeitende Industrie ist die Energiekrise nach wie vor das größte Problem, es verkompliziert die Planbarkeit der industriellen Produktion wie auch die Preisfindung mit Geschäftspartnern für Lieferungen zum Jahresende und im ersten Quartal 2023. Im Geschäft mit ausländischen Abnehmern zeigt sich die ungleiche Verteilung der Kostensteigerungen, Preisforderungen hiesiger Meiereien lassen sich vor allem in Drittländern kaum noch durchsetzen.

Die Pulverpreise entwickeln sich leicht schwächer. Die Marktteilnehmer warten ab, wo es möglich ist, und versuchen, die zahlreichen Unsicherheiten klarer zu sehen. Der Monatsdurchschnitt im September lag für Magermilch- und Molkenpulver um 28 bis 52 €/t unter den Augustpreisen, Vollmilchpulver um 107 €/t darunter. Die Preisrückgänge scheinen seither etwas gebremst, vor allem Vollmilchpulver zeigt sich nur noch leicht schwächer. Dennoch ist kaum Nachfrage da. Vor allem aus Drittländern im asiatischen Raum, primär China, fehlt das Kaufinteresse. Bei Importeuren im nordafrikanischen Raum machen sich die hohen Marktpreise bemerkbar, es wird von Einbrüchen in der Verarbeitung importierter Milchpulverwaren berichtet. Die Verfügbarkeit von EU-Ware am Markt hat zugenommen, da sie preislich wenig konkurrenzfähig ist.


Brüssel hält am Schutzstatus der Nonnengans fest

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Die EU-Kommission sieht derzeit keinen Anlass, den ­Schutzstatus der Nonnengans zu verändern. In ihrem Antwortschreiben hat die Brüsseler Behörde einem Ersuchen der Landesregierung ­Schleswig-Holsteins eine ­Absage erteilt, die Nonnengans in Anhang II der Vogelschutzrichtlinie aufzunehmen.

Es ist keine Lösung von EU-Seite in Sicht, das Gänsemangement zu unterstützen. Der Schutzstatus der Nonnengans bleibt unverändert. Man sieht in Brüssel zurzeit keinen Anlass, eine Änderung des Anhangs II der Vogelschutzrichtlinie vorzuschlagen, das hat die EU-Kommission in ihrem Antwortschreiben an die Landesregierung vom 7. Oktober erklärt. Am 30. August hatte die Landesregierung bei der EU die Aufnahme der Nonnengans (Branta leucopsis) in den Anhang II der jagdbaren Arten der europäischen Vogelschutzlinie beantragt. In ihrem Antwortbrief erläutert die Kommission nun die Entscheidung mit dem Hinweis, dass die Vogelschutzrichtlinie ihrer Ansicht nach bereits ausreichende Möglichkeiten biete, Genehmigungen zur Kontrolle von Populationen zu erteilen, um Landwirtinnen und Landwirte vor Schäden auf ihren Flächen zu schützen.

Kein Handlungsspielraum aufseiten der EU

Durch das Schreiben aus Brüssel habe die Landesregierung nun Klarheit darüber, dass auf europäischer Ebene kein weiterer Handlungsspielraum für Veränderungen beim jagdlichen Management der Nonnengansbestände bestehe, berichten des Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur (MEKUN) und das Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz (MLLEV) in einer gemeinsamen Presseerklärung.

Bereits heute unternehme das Land erhebliche Anstrengungen zur Eindämmung von durch Gänse erzeugten Fraßschäden, heißt es in der Presseerklärung. Dazu zähle unter anderem die Bereitstellung von mehr als 10.000 ha geeigneter Duldungsflächen für Gänse entlang der Westküste. Dabei handle es sich sowohl um landeseigene Flächen als auch Flächen der Stiftung Naturschutz. Zudem werden 13.000 ha Fläche im Land erwähnt, auf denen die Gänseduldung durch Vertragsnaturschutzangebote honoriert werde, sowie die lokale Bereitstellung von Futterflächen für vom Gänsefraß besonders betroffene Tierhalter. Auch werde die Möglichkeit der Umsetzung der europäischen Vogelschutzrichtlinie genutzt, wonach Abschüsse von Nonnengänsen zum Schutz von gefährdeten Kulturen zugelassen sind.

Die bestehenden Maßnahmen würden von der Landesregierung in Zukunft noch um weitere Handlungsschritte ergänzt, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung. Dazu zähle ein Angebot weiterer Vertragsnaturschutzangebote für Grünland- und Ackerbewirtschaftende in der kommenden Agrarförderperiode, um zusätzliche Duldungsflächen für Nonnengänse vorzuhalten. Geplant sind die Einleitung eines EU-Notifizierungsverfahrens einer neuen Richtlinie für Ausgleichszahlungen für Nonnengans-Fraßschäden an Sommerkulturen auf Ackerflächen sowie die zukünftige Bereitstellung weiterer Nahrungsflächen für Gänse zur Senkung des Fraßdrucks auf gefährdete Kulturen.

„Die Kommission hat deutlich gemacht, dass eine Ausweitung der Jagdmöglichkeiten auf die Nonnengans über die europäische Vogelschutzrichtlinie keine Option ist. Nun gilt es, andere Pfade zu beschreiten. Das Land tut bereits einiges, um von Fraßschäden betroffene Landwirtinnen und Landwirte zu entlasten und den Gänsen alternative Nahrungsflächen zur Verfügung zu stellen. Diesen Weg werden wir weitergehen und unsere Unterstützung noch ausweiten“, kommentierte Umweltstaatssekretärin Katja Günther (Grüne) die Brüsseler Entweidung.

Frustrierende Antwort für die Landwirtschaft

Die Ablehnung stoße auf Unzufriedenheit in der Landwirtschaft, machte Staatssekretärin Anne Benett-Sturies deutlich. „Aus Sicht der Landwirtschaft ist die Rückmeldung der EU-Kommission nicht zufriedenstellend und für unsere Landwirtinnen und Landwirte an der Westküste mehr als frustrierend. Das Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz wird daher das Antwortschreiben der EU prüfen und auf mögliche Handlungsoptionen bewerten.“

BVSH fordert Entschädigung für alle Flächen und Kulturen

Die Unzufriedenheit der Landwirtschaft hat Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), deutlich artikuliert: „Diese Entscheidung der Kommission ist mehr als betrüblich. Deshalb ist es umso wichtiger, die Maßnahmen zur Bestandsreduzierung mit aller Konsequenz und ohne Verzögerung zu ergreifen, die – wie die Kommission bestätigt – jetzt bereits möglich sind.“ Entschädigungen müssten für alle betroffenen landwirtschaftlichen Flächen und Kulturen gezahlt werden. Eine Begrenzung auf Sommerungen, die das Ministerium offenbar plant, lehnt Lucht ab. Alle landeseigenen Flächen müssten zur Kompensation und als ausgewiesene Äsungsflächen zur Verfügung gestellt werden. Maßnahmen, um die Population zu kontrollieren, seien nun vorrangig. Die bisherigen Vergrämungsmaßnahmen hätten keine ausreichende Wirkung gezeigt.

Weltberühmt und doch geheim

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Bilder sagen mehr als Worte. Auf den englischen Street-Art- und Graffiti-Künstler Banksy trifft das besonders zu. Seine Identität hält er verborgen. Bis heute weiß niemand, wer er ist oder wie er heißt, und doch kennt ihn jeder. Denn er spricht zu uns durch seine Werke. Seine Botschaften sind deutlich, wenn auch mitunter grotesk, provozierend, subtil, witzig, ironisch, aber auch poetisch und immer politisch und gesellschaftlich aktuell. In Hamburg sind noch bis zum 11. Dezember seine Werke als originalgetreue Reproduktionen in einer aufwendig gebauten Ausstellung zu sehen.

Dafür wurden mehr als 150 seiner Werke, darunter Graffitis, Fotografien, Skulpturen, Videoinstallationen und Drucke auf verschiedenen Materialien wie Leinwand, Stoff, Aluminium, Forex und Plexiglas eigens für diese Sonderschau reproduziert und zusammengetragen. „Wir wollen Kunst zum Erlebnis machen, für jedermann sichtbar und an einem Ort zusammengebracht“, erklärt Produzent und Ausstellungsmacher Oliver Forster von Cofo Entertainment in einer Pressemitteilung. Banksy sei für seine Graffitis bekannt, die er auf der ganzen Welt verteilt hat. „Daneben hat er ziemlich früh angefangen, immer wieder original signierte Kunstwerke und Drucke in limitierter Auflage zu verkaufen, von denen sich die meisten im Privatbesitz befinden und somit für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind“, so Forster weiter. Deshalb habe man versucht, mit „The Mystery of Banksy – A Genius Mind“ die besten und eindrucksvollsten Motive an nur einem Ort erlebbar zu machen.

„Banksy spricht mit seinen Schöpfungen signifikante Wahrheiten und Probleme in unserer Welt an, vor denen wir nur allzu gerne die Augen verschließen“, erklärt die Kuratorin und Kreativdirektorin der Ausstellung, Virginia Jean. Banksys Bilder thematisieren das allgemeine Weltgeschehen. Flüchtlingsdramen, Kriege, Waffengewalt, Armut, Klimawandel, Medien, Gesellschaft – all das findet sich in seinen Werken wieder. Dabei hält er uns mit seiner oft genial einfachen Bildsprache den Spiegel vor.

Das „Phantom der Kunstwelt“ oder auch der „König der Straßenkunst“, wie er genannt wird, hat mit seinen Bildern längst Kunstgeschichte geschrieben, seine Werke erobern nicht nur die Straßen, sondern auch die Auktionshäuser. Banksy gilt derzeit als der teuerste Künstler der Gegenwart. Seine verkäuflichen Werke erzielen Millionenumsätze. Und das, obwohl der Untergrundkämpfer Kommerz ablehnt. Deutlich machte Banksy das unter anderem, als er bei der Versteigerung eines seiner gerahmten Drucke mit dem Motiv „Girl with balloon“ kurz nach dessen Verkauf für rund 1,7 Mio. € einen Schreddermechanismus im Rahmen auslöste. So spektakulär Auktionen wie diese sein mögen, in erster Linie sollen seine Botschaften jeden erreichen. Der Künstler selbst spendet seine Verkaufserlöse. Informationen zur Ausstellung und Ticketbuchung unter mystery-banksy.com



Banksy Ausstellung in Hamburg
Fotos: Iris Jaeger
Foto: Dominik Gruss/Cofo Entertainment


Marktkommentar, Marktlage und Markttendenz KW 42

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Die Kurse für Erdgas sind am europäischen Spotmarkt zuletzt deutlich gefallen. Der TTF-Gaspreis ist Ende voriger Woche auf 142 €/ MWh gefallen. Der Spitzenwert lag noch im August bei 350 €/ MWh. Vor dem Kriegsbeginn in der Ukraine lag der Kurs bei etwa 70 €/ MWh. Trotz des aktuellen Rückgangs liegt der aktuelle Kurs am Gasmarkt somit noch dreimal so hoch wie im Vorjahr. Der aktuelle Terminmarktkurs nähert sich somit dem Niveau, bei dem die Gaspreise zukünftig gedeckelt werden sollen, nämlich 12 ct/kWh. Als Gründe für den Preisrückgang werden der hohe Speicherstand, das milde Wetter und Einsparungen der Verbraucher angeführt. Aber auch die Gaspreisbremse der Bundesregierung und ein geplanter dynamischer Gaspreisdeckel der EU könnten sich preisdämpfend auswirken.

EU-Gaspreisdeckel

Vor allem die Pläne aus Brüssel werden aktuell lebhaft diskutiert. Die EU-Kommission hat einen Entwurf vorgelegt, mit dem man zu hohe Ausschläge am TTF-Energiemarkt verhindern möchte. Ziel soll sein, extreme Ausschläge der Gaspreise sowie Spekulationsgeschäfte zu vermeiden. Damit soll verhindert werden, dass Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Gasversorgung bekommen. Die EU-Kommission plant außerdem die Einführung von Instrumenten, welche die Bereitschaft fördern sollen, Gaslieferungen über den Terminmarkt abzusichern. Dies zeigt die wichtige Aufgabe dieser Instrumente. Denn gerade die Lieferanten, die ihre Lieferverpflichtungen am Terminmarkt vor der Krise abgesichert hatten, konnten ihre Lieferverpflichtungen zum vereinbarten Preis einhalten. Andere Anbieter, die aus Kostengründen darauf verzichtet haben, stecken jetzt in der Krise. Diese konnten lange sehr günstige Preise anbieten, da man die Ware am Spotmarkt zu den damals günstigen Kursen eingekauft und auf eine teure Absicherung verzichtet hat. Nun haben sie sich „verzockt“, da sie jetzt Lieferverpflichtungen erfüllen müssen und sich die Kurse am Spotmarkt vervielfacht haben. Unter ihnen sind sehr große Erdgas-Importeure und viele kommunale Versorger. Viele Verbraucher sind verärgert darüber, dass jetzt die Allgemeinheit dafür einspringen muss, diese Unternehmen zu retten. Um ein Gegengewicht zu den alternativen Gaslieferanten zu bieten, plant die EU zudem eine gemeinsame Einkaufsplattform. Diese soll auch das Auffüllen der Gasspeicher koordinieren. Dennoch bleibt der Preisspielraum nach unten begrenzt. Die Preise sind nicht nur durch Spekulationen gestiegen, sondern durch das begrenzte Angebot. Die beiden Nord­stream-Leitungen sind durch Sabotage zerstört worden. Damit entfällt der direkte Weg für günstiges Gas. Der europäische Markt ist auf lange Sicht knapp versorgt. Die Preise für LNG-Gas aus den USA, Norwegen oder Katar sind sehr hoch. In Deutschland sind die LNG-Terminals erst im Bau. Damit bleibt die Lage angespannt, eine Verschärfung ist nicht ausgeschlossen. Trotz der geplanten Maßnahmen muss auch weiterhin mit hohen Erdgaspreisen für den Endkunden gerechnet werden. Der sicherste Weg, Geld zu sparen, bleibt somit, den Gasverbrauch so weit wie möglich zu beschränken.

Warten auf die Strompreisbremse

Die Stromnotierungen sind am Terminmarkt zuletzt ebenfalls gesunken, auch als Folge der reduzierten Erdgasnotierungen und der Verlängerung der Laufzeiten einiger Kernkraftwerke. Doch eine Entwarnung ist nicht in Sicht. Strom wird knapp bleiben. Als zweiter Teil des von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigten „Doppelwumms“ sollen auch die Strompreise für die Verbraucher gedeckelt werden. Konkrete Inhalte der Strompreisbremse liegen jedoch noch nicht vor. Es wird erwartet, dass Privathaushalte sowie kleine und mittelständische Unternehmen eine Basisversorgung zu gedeckelten Preisen nutzen sollen. Wie hoch dieser Basisverbrauch ausfallen soll, wurde aber noch nicht gesagt. Für größere Unternehmen solle ein „spezifischer Basisverbrauch verbilligt“ werden, heißt es in einem Papier der Bundesregierung. Wenn diese Grundlast überschritten worden ist, soll der (derzeit hohe) Marktpreis greifen. Damit will man Anreize zur Einsparung setzen. Zur Finanzierung der Strompreisbremse sollen auch Zufallsgewinne von Stromproduzenten abgeschöpft werden, die derzeit wegen des beträchtlichen Strompreises hohe Zusatzgewinne einfahren.

Marktlage für die Woche vom 17. bis 23.10.2022

Getreide: Nach dem vorangegangenen Preisanstieg sind die Matif-Weizenkurse in der letzten Woche wieder gefallen.

Raps: Auch die Matif-Rapskurse haben im Wochenverlauf nachgegeben. Der schwache Sojamarkt zeigt hier Wirkung.

Futtermittel: Die US-Sojaernte kommt gut voran und übertrifft die Erwartungen. Hierzulande bleibt Sojaschrot vorerst noch teuer.

Kartoffeln: Die Ernte der Speiseware konnte größtenteils beendet werden. Die Einlagerung verringert das aktuelle Angebot.

Schlachtrinder: Die Kurse für Schlachtkühe gaben in der Vorwoche nochmals nach. Die Jungbullenkurse blieben stabil.

Schlachtschweine/-sauen: Bislang konnte sich der Basispreis behaupten, obwohl die Schlachter den Druck erhöht haben.

Ferkel: Entsprechend der Entwicklung am Schweinemarkt blieben die Ferkelkurse unverändert. Die Nachfrage reicht bislang aus.

Milch: Die sehr hohen Milchpreise haben die Produktion wenig steigen lassen. Weiterhin kann die Nachfrage kaum bedient werden.

Schlachtlämmer/-schafe: Die Schlachtlämmerkurse sind nochmals reduziert worden. Günstige Importe aus England erhöhen den Preisdruck.

Markttendenz für die Woche vom 24. bis 30.10.2022

Getreide: Derzeit hängt viel davon ab, ob Russland den Weizen-Transportkorridor durch das Schwarze Meer weiter offen hält.

Raps: Die reduzierten Rohölkurse belasten den Rapshandel. Die kanadische Rapsernte steht vor dem Abschluss.

Futtermittel: Rapsschrot ist zuletzt deutlich im Preis gestiegen. Durch den schwachen Euro sind Importe sehr teuer.

Kartoffeln: Die Nachfrage im LEH hat sich leicht belebt. Die Forderungen für erste ausgelagerte Ware wurden erhöht.

Schlachtrinder: In der laufenden Woche werden für Jungbullen vereinzelt Aufschläge gezahlt. Das Angebot reicht nicht immer aus.

Schlachtschweine/-sauen: Die Schlachter bekräftigen ihre Forderungen durch Hauspreise und reduzierte Schlachtungen.

Ferkel: Die Nachfrage bleibt verhalten. Das Angebot an freien Ferkeln steigt wieder an, die Nachfrage tendiert schwächer.

Milch: Der Preisanstieg hat sich für viele Produkte nicht weiter fortgesetzt. Die Kurse für Spot-Milch tendieren wieder schwächer.

Schlachtlämmer/-schafe: Weitere Preisabschläge sind möglich. Die Schlachter reduzieren die Stückzahlen.

Mut zum Diskurs

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Zwei starke Preise gehen an zwei starke jungen Frauen, die 2020/2021 in der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) die Jugendverbände vertreten haben. Mit Courage und Offenheit waren Kathrin Muus und Myriam Rapior dort vorangegangen. Damit hatten sie die Übereinkunft zwischen Umweltschutz, Gesellschaft und Landwirtschaft erst möglich und den gemeinsamen Weg in die Zukunft frei gemacht. Jetzt ehrte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) beide mit der Professor-Niklas-Medaille, Ende Oktober erhalten sie zudem den Ehrenpreis des Deutschen Umweltpreises 2022. pm, bdl

Resilienztest für die Agrarpolitik

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Der Chef des Welternährungsprogramms (WFP), David Beasley, sprach am Mittwoch vor dem Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages. Er warnte vor einer globalen Nahrungsmittelkrise im kommenden Jahr und in deren Folge vor einer Massenmigration. Schon die Klimakrise und die Corona-Pandemie hätten Millionen Menschen zusätzlich in den Hunger getrieben, berichtete er im Ausschuss.

Nun hat der russische Angriff auf die Ukraine die Lage dramatisch verschärft. Bei seinem Amtsantritt im April 2017 seien 80 Millionen Menschen akut vom Hungertod bedroht gewesen, jetzt seien es 345 Millionen, erläuterte der WFP-Chef. Jahrelange Erfolge bei der Hungerbekämpfung seien zunichte gemacht worden. Betroffen sind vor allem Länder in Subsahara-Afrika und im Nahen sowie Mittleren Osten, die stark von Getreide- und Düngemitteln aus Russland und der Ukraine abhängig sind. Der Krieg verhindert den Export von Getreide, Düngemitteln und Treibstoffen und verteuert Rohstoffe und Nahrungsmittel stark. Beas­ley führte weiter aus, 50 % der Nahrungsmittel könnten nur dank Düngemitteln erzeugt werden. 

Der WFP-Exekutivdirektor appellierte an die Staatengemeinschaft, mehr Geld zur Verfügung zu stellen, um die Versorgungssicherheit in den betroffenen Ländern zu sichern und Hungersnöte, Destabilisierung und Massenflucht zu verhindern. Der WFP-Chef hat es so ausgedrückt: Es sei zehnmal günstiger, vor Ort für eine regelmäßige Versorgung mit Schulessen zu sorgen, als sich später um Geflüchtete zu kümmern. Mehr Geld zu spenden, sei eine wichtige und notwendige Bitte. Aber Geld macht nicht satt, wenn man nicht genug dafür kaufen kann. Die Zusammenhänge von Hunger, Handel und Landwirtschaft hat Beasley dargestellt. 

Am Montag dieser Woche führte auch EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski beim Agrarrat in Luxemburg aus, dass es unklar ist, ob die Bauern in der Ukraine weiterhin in der Lage sein werden, Lebensmittel in hinreichendem Maße zu produzieren. Viel hänge hier vom Verlauf des Krieges in den kommenden Monaten ab. Wenn man die Nachrichtenlage verfolgt, ahnt man, wie prekär die Lage ist.

Das wird die Versorgungssituation weiter verschlechtern und die Preise erhöhen. Gleichzeitig bereitet die EU-Kommission mit dem Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie den Weg für politisch manifestierte Produktionseinschränkungen. Das neue Agrarsystem der EU-Politik muss unter diesen Veränderungen der geopolitischen Lage schon um seine Resilienz kämpfen, noch bevor es richtig starten konnte.

Landjugendgefühl in Nordirland

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Gut 14 Tage verbrachte Jessica Bruhn in Nordirland. Der Jugendaustausch mit den Young Farmers‘ Clubs of Ulster (YFCU), die in ihrer Struktur sehr dem Landjugendverband in Deutschland ähneln, machten das Abenteuer möglich. Hier ihr Bericht über die spannenden Tage im Landesteil des Vereinigten Königreichs Großbritannien auf der Insel Irland.

Gleich am Flughafen in Belfast wurde ich von meiner ersten Gastfamilie abgeholt. Kaum angekommen, startete auch schon das Programm. Da meine Gastgeberin am Abend zu einer Vorstandssitzung ging, nahm sie mich kurzerhand mit. Während sie in der Versammlung saß, übernahmen zwei befreundete Mitglieder die Rolle der Gastgeber, und sie starteten mit mir zu einer kleinen Wanderung durch den Knockmany Forest bei Augher im Süden der Grafschaft Tyrone.

Auch die nächsten Tage waren ereignisreich. Jeden Morgen wurde ich von einem neuen Mitglied aus einer neuen Ortsgruppe abgeholt und erst abends ging es wieder zurück. Die anfänglichen Schwierigkeiten in der Verständigung legten sich schnell, aber ich muss schon sagen, dass die Nordiren einen starken und nicht leicht zu verstehenden Akzent haben.

Gesehen habe ich in diesen Tagen mehrere Höfe. So erhielt ich Einblicke in die Legehennenhaltung, in die Schafzucht und in die Milchviehhaltung. Auf den Milchviehbetrieben durfte ich teilweise sogar mit im Melkstall helfen. Meine Zeit dort war zudem von zahlreichen besonderen Ereignissen geprägt, angefangen beim Stock Judging. Bis das Event stattfand, war ich mir nicht sicher, was mich erwarten würde. Schlussendlich handelte es sich um einen Wettbewerb, bei dem die Teilnehmenden in den Sparten Schaf, Milchvieh, Fleischrinder und Silage eine Beurteilung abgeben sollten und diese anschließend vor einem Richter (einem Landwirt der entsprechenden Sparte) begründen mussten. Die jeweiligen Sieger von Altersklassen und Sparte wurden im Anschluss geehrt. Ich selbst durfte ebenfalls eine kleine Bewertung für Schafe abgeben. Teilnehmen kann an diesem Wettbewerb übrigens jedes YFCU-Mitglied unabhängig davon, ob ein landwirtschaftlicher Hintergrund existiert oder nicht.

Nach diesem fachlichen Abend stand am nächsten Tag etwas ganz anderes auf dem Programm: die jährliche John Bradley Challange (Fancy Dress Slippery Football). Für mich war ein Platz in einem Team frei gehalten. Damit während des Spiels ja niemand trocken blieb, wurde regelmäßig mit einem Feuerwehrschlauch für Abkühlung gesorgt. Bei Temperaturen von etwa 17 bis 19 °C und einer leichten Briese war das ein recht kühles Vergnügen. Ich musste aber feststellen, dass die Nordiren ein anderes Temperaturempfinden haben und Wasserspiele lieben, egal bei welchem Wetter.

Neben den spaßigen Aktivitäten haben die einzelnen Gruppen unter anderem auch unterschiedliche Charity-Veranstaltungen. In County Down hat zum Beispiel eine Ortsgruppe einen Tractor Run veranstaltet. Etwa 150 Trecker, Lkw und Oldtimer fuhren eine Stunde lang durch die Dörfer, um von den Anwohnern begutachtet zu werden. Die Teilnahmegebühr von 10 € je Fahrzeug wird jedes Jahr an eine Stiftung gespendet. In diesem Jahr ging sie an die Parkinson-Forschung. Das waren nur einige der vielen Erlebnisse und ich kann den Jugendaustausch jedem empfehlen, der Auslandserfahrung sammeln möchte. Ich wurde überall aufgenommen als würde ich seit Jahren dazugehören. Das war auch eine Art Landjugendgefühl über Deutschlands Grenzen hinaus.

Mädelsausflug an die Nordküste: Der Mussenden Temple auf der Kliffküste in der Nähe von Castlerock wurde auch durch die Serie „Game of Thrones“ weltbekannt.
Private Führung für Jessica (li.) durch die handzahmen Ballyboley-Dexter-Herden in Greyabbey.