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Wolf bleibt Herausforderung für ländliche Räume

Beim EU-Agrarrat in Brüssel wurde Ende September unter der Federführung von Österreich ein an die EU-Kommission gerichtetes Forderungspapier zum restriktiveren Umgang mit den großen Beutegreifern (wie Wölfen oder Bären) thematisiert. Unterstützt wurde das Schreiben Österreichs von Kroatien, Finnland, Ungarn, Lettland, Rumänien und der Slowakei. Im Rat haben insgesamt 17 Länder der Forderung zugestimmt – jedoch unter Enthaltung Deutschlands. Zustimmung gab es von Frankreich, Spanien, Italien, Slowenien, Griechenland, Dänemark, Portugal, Estland, Litauen und Belgien.

Im Forderungspapier geht es – anknüpfend an das 30-jährige Bestehen der FFH-Richtlinie als Instrument für die Verbesserung der biologischen Vielfalt – vorrangig um die Probleme im ländlichen Raum durch die Rückkehr geschützter Raubtiere und die direkte Folge, dass immer mehr Weidetiere gerissen werden. Für die Berglandwirtschaft werden als negative Effekte beispielsweise die Beendigung der Landwirtschaft oder die erhebliche Verkürzung der Weidezeit genannt.

Die stetig wachsende Zahl an Großraubtieren steht den zahlreichen positiven Faktoren der Berglandwirtschaft in unterschiedlichen Bereichen entgegen. In der EU lag im Jahr 2018 nach offiziellen Angaben die Zahl der Wölfe bei etwa 17.000 Individuen. In der Folge sind die Nutztierrisse erheblich gestiegen, so etwa in Österreich um 230 % von 2020 zu 2021.

Kernforderungen an die Europäische Kommission bildeten folgende Punkte:

– Überprüfung des rechtlichen Rahmens der FFH-Richtlinie insbesondere im Kontext des Konflikts zwischen den zunehmenden Übergriffen durch große Beutegreifer und dem Erhalt landwirtschaftlicher Flächen mit viel Biodiversität

– Ausnahmen von den strengen Schutzregelungen und Schaffung von Eingriffsmöglichkeiten in Bestände in besonders betroffenen Gebieten, wo extensive Landwirtschaft traditionell eine wichtige Rolle hat und Herdenschutzmaßnahmen nicht umzusetzen sind, beispielsweise in den Alpen

– ein über Ländergrenzen harmonisiertes Monitoring, insbesondere im Zusammenhang mit dem „guten Erhaltungszustand“

– eine Finanzierung innerhalb und außerhalb der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) für Herdenschutzmaßnahmen, Monitoring und Entschädigung der Landwirte im Schadensfall

Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius wies die Bedenken jedoch weitgehend zurück. Er erklärte, dass man sich der Herausforderung für die Weidetierhaltung bewusst sei, insbesondere dort, wo Großraubtiere lange Zeit nicht vorkamen, und dass er regelmäßig mit verschiedenen Interessengruppen in Kontakt stehe. Zu den Kritikpunkten Österreichs erwiderte er, dass die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen regelmäßig überprüft würden und dass die Mitgliedstaaten bereits heute ausreichende rechtliche Instrumente hätten, den Schutz von Großraubtieren und den Erhalt nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken zu ermöglichen.

Des Weiteren unterstrich und warnte der Umweltkommissar, dass „Ausnahmen keine Alternative zu den notwendigen Investitionen und Anstrengungen sind, um ein wirksames System der Koexistenz aufzubauen, das die Erholung der Bestände von Großraubtieren in unseren Ökosystemen ermöglicht“. Nach seiner Aussage müssten vermehrt bewährte Verfahren und Projekte gefördert werden, die bereits gezeigt hätten, dass eine Anpassung möglich sei. Sinkevicius betonte bezüglich der Mobilisierung von finanziellen Mitteln, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Strategiepläne zur Umsetzung der neuen GAP EU-Mittel bereitstellen könnten, um das Risiko von Schäden durch Großraubtiere zu mindern. Vielen Mitgliedstaaten geht dies jedoch nicht weit genug.

Aus Sicht des Berufsstands ist nach Einschätzung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) zu begrüßen, dass die großen Beutegreifer zum ersten Mal offiziell auf EU-Ebene thematisiert worden seien. Die Forderungen im Papier entsprächen den von den Weidetierhaltern verschiedener Länder über mehrere Jahre vorgetragenen Argumenten und seien inhaltlich grundsätzlich übereinstimmend mit der Position des DBV.

Zu beklagen ist nach Ansicht des DBV jedoch, dass der Wille, die Sorgen und Nöte der Weidetierhalter ernst zu nehmen und einen realistischen Blick in den ländlichen Raum zu werfen, seitens der EU-Kommission nicht erkennbar sei. Nicht akzeptabel ist für den DBV zudem, dass sich die deutsche Bundesregierung dem Anliegen Österreichs nicht angeschlossen hat.

Als realitätsfremd bewertet der Bauernverband auch den Kommentar von Umweltkommissar Sinkevicius, in dem er bezüglich der Verantwortung für die rechtliche Situation auf die Länder verweise, da regelmäßig genauso bestimmte Bundesländer und Bundesministerien versuchten, sich ihrer Verantwortung durch Verweis auf die EU zu entziehen. Nicht zu akzeptieren ist aus Verbandssicht die Aussage, dass sich die Weidetierhalter an die Rückkehr der Wölfe anzupassen hätten.


Konsenspapier des DVL

Der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) hat einen Grundkonsens „Weidetierhaltung und Wolf“ vorgestellt. Darin soll aufgezeigt werden, auf welche Inhalte sich Weidetierhalter und Naturschützer bei diesem Konfliktthema verständigen können. Der Wolf werde sowohl als geschützte Tierart als auch als Gefahr für Weidetiere gesehen. Im Papier wird betont, dass die Weidetierhaltung ein unerlässlicher Bestandteil der Landbewirtschaftung in Deutschland sei. Allerdings seien viele Betriebe aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation derzeit in ihrer Existenz gefährdet. Deshalb müsse die Weidetierhaltung besser unterstützt werden. Was die Rückkehr des Wolfs betrifft, setzt der Verband auf den Herdenschutz. Ziel müsse ein flächendeckender, regional differenzierter Grundschutz aller Weidetiere sein. Die Investitions- und Unterhaltskosten des Herdenschutzes müssten inklusive des damit verbundenen Zeitaufwands vom Staat übernommen werden. Komme es zu Rissen, habe eine unbürokratische Entschädigung zu erfolgen. Schließlich unterstützt der DVL die mit den Wolfmanagementplänen der Bundesländer gegebenen Möglichkeiten, in begründeten Fällen jene Wölfe zu entnehmen, die Weidetiere gefährden. (Agra-Europe)

Hilfe, ich wurde abgemahnt!

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Landwirtin und Bloggerin Agnes Greggersen erhielt für ihren Blog (angeliterdeern.com) kürzlich eine Abmahnung bezüglich der Nutzung bestimmter Schriftarten (Google Fonts). Wie sie damit nun umgeht, schildert sie gegenüber dem Bauernblatt:

Eine Homepage hat viele Vorteile und ist wie eine digitale Visitenkarte. Kunden, zukünftige Mitarbeiter, Anwohner und viele andere können sich auf dieser Seite über den Hof und das eventuelle Angebot, zum Beispiel in einem Hofladen oder über Urlaub auf dem Bauernhof, informieren. Die Webseite kann mithilfe von unterschiedlichen Baukastensystemen (WordPress, Wix, Jimdo) relativ einfach angelegt werden.

So habe ich es auch bei meinem Blog angeliterdeern.com gemacht. Im WordPress-System habe ich ein schönes Theme (fertiges Erscheinungsbild) ausgewählt und meine eigenen Bilder und Texte ergänzt. Sehr schnell und benutzerfreundlich hatte ich so einen Blog erstellt. Damit die Seite rechtskonform ist, fügte ich ein Impressum und eine Datenschutzerklärung hinzu.

Was soll mir passieren?

Vor einiger Zeit erhielt ich eine E-Mail von der Firma, die unsere Ferienhof-Greggersen-Seite betreut. Aktuell erreiche eine Abmahnwelle bezüglich Google Fonts diverse Webseiten-Betreiber. Nach kurzer Rücksprache wusste ich, dass bei unserer Ferienhof-Seite alles in Ordnung ist. Damit war das Thema für mich zumindest vorerst abgehakt und ich konnte mich erst einmal auf die Maisernte und Aussaat konzentrieren.

Auf meinem Blog habe ich gefühlt schon ewig nichts gemacht und eine Datenschutzerklärung hat die Seite. Was sollte schon passieren? Vergangene Woche erreichte mich dann aber eine Abmahnung wegen „Persönlichkeitsrechtsverletzung Datenschutz ‚Google Fonts‘“ des Rechtsanwalts Kilian Lenard. Dem Schreiben waren Screenshots angehängt, die eine Verwendung von Google Fonts auf meinem Blog belegen. Ich wurde aufgefordert, 170 € auf das Treuhandkonto des Anwaltes zu überweisen und die Sache unverzüglich zu beheben, dann sei sein Mandant bereit, „die Sache auf sich beruhen zu lassen“.

Was muss ich nun machen?

Mein erster Gedanke war: „Das werde ich wohl bezahlen müssen …“ 170 € einfach so zu bezahlen, widerstrebte mir jedoch. Ein wenig betrübt saß ich an meinem Schreibtisch und habe hin und her überlegt. Dann schrieb ich einigen anderen Bloggern und suchte im Internet nach weiteren Beiträgen zu diesem Thema. Bei Google wurde ich auf unterschiedlichen Seiten von Anwälten fündig. Demnach werden teilweise wahllos Zahlungsaufforderungen verschickt, ohne Überprüfung der Verwendung von Google Fonts. Die Überprüfung meiner Webseite mithilfe der Online-Plattform „e-Recht24“ zeigte eine Einbindung von Google Fonts. Dessen war ich mir selbst nicht bewusst. Ich dachte immer: „Was soll schon passieren, ich habe doch ein Theme von WordPress verwendet. Das wird schon richtig sein.“

Laut den Anwaltsseiten habe ich fünf Möglichkeiten zu reagieren:

1. bezahlen

2. nicht reagieren und abwarten

3. Anwalt einschalten

4. Verhandlungen starten und Vorwürfe zurückweisen

5. negative Feststellungsklage erheben

Welcher Weg der beste ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Die zweite Möglichkeit erachte ich persönlich als am sinnvollsten. Denn in meinem Anwaltsschreiben wird keine Auskunftsanfrage gestellt, sondern sie ist nur mit einer Zahlungsaufforderung versehen. Zudem wird die Rechtmäßigkeit dieser Abmahnung infrage gestellt, da es sich um eine Massenabmahnung handelt und die Betroffenheit fraglich ist. Somit werde ich nicht reagieren, abwarten und die Sache weiter beobachten.

Problem beheben

Bei meiner Seite muss ich umgehend reagieren. Abwarten und nicht reagieren bezieht sich auf die Abmahnung. Somit habe ich meine Webseite vorübergehend auf privat gestellt. In den nächsten Schritten werde ich mich in Ruhe um weitere technische Maßnahmen kümmern: eine korrekte Einbindung der Schriftarten und Einwilligungsverfahren für Cookies. Wie ich Google Fonts korrekt einbinde und die Einwilligung für Cookies aussehen muss, werde ich mir selbst anlesen und erarbeiten.

Fazit

Jeder Webseiten-Betreiber sollte die Einbindung von Google Fonts unabhängig von einer Abmahnung überprüfen. Ebenfalls sollte überprüft werden, ob Cookies ohne die nötige Einwilligung Verwendung finden. Sollte eine Abmahnung per Post kommen: Zuerst mal Ruhe bewahren. Auf jeden Fall sollte die Abmahnung ernst genommen und nicht einfach so zur Seite gelegt werden. Wie am besten auf eine Abmahnung reagiert wird, muss jeder für sich selbst entscheiden. Dabei sind die eigene Risikobereitschaft sowie die Art und Weise der Abmahnung entscheidend. Die nächsten Regentage werde ich mich auf jeden Fall mit Cookies und der Einbindung von Schriften beschäftigen. 

Info

In jüngster Zeit mehren sich die Berichte betroffener Webseiten-Betreiber, die Abmahnschreiben einer Anwaltskanzlei wegen der behaupteten datenschutzwidrigen Verwendung sogenannter Google Fonts erhalten. Google Fonts sind Schriftarten, mit denen der Text auf einer Internetseite gestaltet werden kann. Google stellt in dem Verzeichnis Google Fonts zirka 1.400 dieser Schriftarten frei zur Verfügung, sodass diese auf Netzseiten eingebunden werden können. 

Agnes Greggersen. Foto: Hans Michael Lenz

Putins Getreide-Wumms sitzt

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Der russische Präsident Wladimir Putin setzt Hunger als Waffe im Krieg gegen die Ukraine ein. Entsprechend heftig fielen die Reaktionen auf seinen „Getreide-Wumms“ aus – die einseitige Aussetzung des Getreideabkommens, das Transporte über das Schwarze Meer ermöglicht. Mittlerweile hat Moskau dank Vermittlung durch die Türkei und die Vereinten Nationen der Wiederaufnahme der Schiffstransporte zugestimmt, doch die Lage bleibt fragil. 

Eine erhöhte Konkurrenz um Nahrungsmittel trifft direkt vor allem Länder in Afrika und Asien, schürt aber auch Konflikte in der westlichen Staatengemeinschaft, zum Beispiel als Inflationstreiber oder durch steigende Risiken für Flüchtlingsbewegungen. Europa muss jetzt fest zusammenstehen, ist aber auch in der Verantwortung, seinen Teil zur Ernährungssicherheit beizutragen. 

Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist die Aussetzung der Stilllegungspflichten und der Fruchtfolgeregelung ein richtiger Schritt. Das von der EU-Kommission vorgelegte Naturschutzpaket, das den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel in Schutzgebieten komplett verbietet, wirkt hingegen in der aktuellen Krise deplaziert. Viele Agrarpolitiker und Landnutzerverbände laufen zu Recht Sturm gegen das Gesetzesvorhaben, zumal sich die deutschen Landwirte ohnehin in unsicherem Fahrwasser befinden, was den deutschen GAP-Strategieplan angeht, der immer noch nicht genehmigt ist.

Forderungen, vor der Einführung pauschaler Verbote Folgenabschätzungen durchzuführen, sind zu begrüßen. Denn niemand will Leakage-Effekte, also Produktionsverlagerungen ins Ausland, die am Ende weder dem Klima noch der Artenvielfalt helfen.

Extensivierung muss klug und fachlich ausgewogen erfolgen. Passende Instrumente sind schon vorhanden oder werden entwickelt. Biologischer Pflanzenschutz birgt weitere Potenziale. Präzisionslandwirtschaft in Kombination mit mechanischer Beikrautbekämpfung kann ein Plus für die Umwelt bieten, bei geringen oder keinen Produktionsverlusten. Nicht zuletzt helfen robustere Sorten, den Pflanzenschutzmitteleinsatz zu reduzieren und trotzdem die Ertragsstabilität hoch zu halten. 

Erschreckend wirken vor dem Hintergrund steigender Ernährungsunsicherheit die jüngsten Zahlen des Statistischen Amts der EU (Eurostat) zu Lebensmittelverlusten. Gemessen daran, wie viele Lebensmittel in der EU im Müll landen, scheint es hier noch großes Potenzial für den Klima- und Ressourcenschutz zu geben. Laut Eurostat fielen im Jahr 2020 für jeden Einwohner etwa 127 kg Lebensmittelverluste an. Demnach wanderten in der EU insgesamt fast 57 Mio. t Nahrungsmittel in den Abfall. Für die mit Abstand größte Menge waren dabei die privaten Haushalte verantwortlich: Hier belief sich das Aufkommen auf mehr als 31 Mio. t, was 70 kg pro Kopf beziehungsweise 55 % der Gesamtmenge entsprach. 

Es bedarf also einer gemeinsamen Kraftanstrengung, die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöste Ernährungskrise zu lösen: durch kluge politische Entscheidungen und die Verantwortung jedes Einzelnen, sorgsam mit Lebensmitteln umzugehen.

Dr. Robert Quakernack

Kunst, Geschichte und Meer

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Ausgedehnte Sandstrände, Bade- und Wassersportvergnügen, Spiel- und Sportmöglichkeiten, aber auch Kunst, Geschichte, jede Menge Möglichkeiten zum Bummeln und Genießen sowie
einen kleinen Leuchtturm – das alles und noch viel mehr bietet die mittelalterliche Stadt Neustadt in Holstein in der Lübecker Bucht mit ihren Ortsteilen
Pelzerhaken und Rettin.

Mit nur 19 m Höhe gehört der Leuchtturm Pelzerhaken zu den kleineren Exemplaren an der Schleswig-Holsteiner Ostseeküste. Er dient als Orientierungsfeuer in der Lübecker Bucht. Sein Vorgänger war mit nur 12 m Höhe ein echter Leuchtturmzwerg. In den 1930er Jahren wurde der jetzige Turm direkt neben dem 1843 gebauten Turm errichtet. Als der neue Turm 1937 fertiggestellt war, wurde der alte abgebrochen. Der Leuchtturm befindet sich in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden. Von der Strandpromenade ist er aber gut einsehbar.

Am Leuchtturm entlang führt eine breite, mehrere Kilometer lange Strandpromenade, die mit Rollstuhl, Rollator, Kinderwagen und Fahrrad sehr gut befahrbar ist. Von der Strandpromenade gibt es mehr als 30 Zugänge zum Strand, für Badegäste mit und ohne Hund und für die Wassersportler, damit sich beide nichts ins Gehege kommen. Pelzerhaken verfügt über den einzigen Südstrand in der Lübecker Bucht und über eine Seebrücke. Die Strandpromenade reicht von Neustadt über Pelzerhaken geradewegs in das alte Fischerdorf Rettin, einen weiteren Ortsteil von Neustadt. Auch Rettin hat eine Seebrücke zu bieten, die jedoch kürzer ist als die von Pelzerhaken. Wer mehr Ruhe als Action in seinem Urlaub oder beim Tagesausflug sucht, ist in Rettin genau richtig. Die Neustädter Strände sind kostenpflichtig. Die Tickets können Tagestouristen auf den Parkplätzen ziehen. Wer länger in der Region Urlaub macht, hat mit der OstseeCard Zugang zu den Stränden.

Neustadt hat jedoch mehr zu bieten als Strand und Meer: die Altstadt zum Beispiel. Die bekanntesten Wahrzeichen sind der Pagodenspeicher von 1830 und das mittelalterliche Kremper Tor, dessen Unterbau bis auf das Jahr 1244, das Jahr der Stadtgründung, zurückgeht. Das einzige noch erhaltene mittelalterliche Stadttor in der Lübecker Bucht außerhalb von Lübeck war ursprünglich Teil der Befestigungsanlage. Nebenan ist das zeiTTor-Museum untergebracht. Hier können Besucher in das Leben vor 7.000 Jahren ebenso eintauchen wie in das vor 50 Jahren.

Kremper Tor in Neustadt

In einem Anbau des Kremper Tors erinnert seit 1990 das Cap-Arcona-Museum an die wohl größte menschliche Tragödie der Stadtgeschichte. Am 3. Mai 1945 starben etwa 7.000 KZ-Häftlinge im ausrangierten, fahruntüchtigen ­Passagierschiff „Cap Arcona“ durch einen alliierten Bombenangriff. Informationen, dass es sich hier um eine Falle der Nazis handelte, hatten den Piloten nicht mehr rechtzeitig erreicht. Tritt man durch das Kremper Tor aus der mittelalterlichen Stadt heraus, steuert man direkt auf den liebevoll sanierten Marienhof zu. Dort, wo noch bis in die 1960er Jahre Milchkühe standen, befindet sich jetzt ein Restaurant. Futtertröge, Selbsttränken, Anbindeketten und Kuhleistungstafeln wurden sehr gut integriert. Sie machen das Flair des Restaurants aus und liefern der Kellnerin gute Argumente für ihren pünktlichen Feierabend: „Ich sage dann den Gästen, um 22 Uhr kommen die Kühe von der Weide.“ Es besteht kein Zweifel, dass sich die Vierbeiner sofort zurechtfinden würden. Aus dem Pferdestall nebenan ist ein Café geworden. In einem anderen Gebäude sind Ferienwohnungen untergebracht. Eine große Scheune, in der regionale Erzeuger früher ihre Produkte angeboten haben, steht seit der Corona-Krise leer. Das Highlight für Kinder ist zweifellos der Hofplatz in der Mitte. Weil der nicht mehr als Parkplatz für Trecker gebraucht wird, tummeln sich hier Kaninchen und Meerschweine auf einer Grünfläche und in ihren tierischen Unterkünften. Der Pagodenspeicher an der Schnittstelle zwischen Hafen und dem inzwischen unter Naturschutz stehenden Binnengewässer wurde 1830 gebaut, um Getreide vor der Verschiffung trocknen zu können. Den Namen erhielt das Bauwerk, weil es in seiner Form an eine ostasiatische Pagode erinnert, bei der die einzelnen Geschosse durch Dachvorsprünge voneinander getrennt sind. Hier konnten die für die Getreidetrocknung erforderlichen Lüftungsluken problemlos integriert werden.

Pagodenspeicher in Neustadt

Überquert man neben dem Pagodenspeicher die Hafenbrücke, gelangt man zum Hospitalhof mit der Hospitalkirche Zum Heiligen Geist aus dem Jahr 1408. In Kirche und Hospital wurden im Mittelalter Pilger versorgt, die auf dem Mönchsweg unterwegs zum Kloster Cismar waren. Die Kirche wird inzwischen vor allem für Ausstellungen und andere künstlerische Veranstaltungen genutzt. Die Gebäude des ehemaligen Hospitals dienen als Wohnungen.

Fischer-Skulptur auf dem Neustädter Marktplatz

Für Liebhaber zeitgenössischer Kunst ist der Neustädter Kunstkilometer an der Hafenpromenade und am Binnengewässer ein Muss. Nicht nur Skulpturen norddeutscher Künstler sind hier zu bewundern, sondern auch Werke von Teilnehmern der Internationalen Skulpturen-Triennalen, die seit 2012 alle drei Jahre in Neustadt stattfinden. Zeitgenössische Kunst gibt es auch auf dem Marktplatz, wo zwei überlebensgroße Fischer das Marktgeschehen beobachten.

Neben dem Kremper Tor gehört die evangelische Stadtkirche zu den wenigen noch vorhandenen Bauwerken, deren Bau bereits im Jahr 1244, dem Gründungsjahr von Neustadt, begonnen wurde. 1344 wurde der Turm gebaut. Aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt ein Triumphkreuz, aus dem Jahr 1643 der barocke Schnitzaltar. Die Kirche ist zur Besichtigung geöffnet. Gegenüber der Stadtkirche steht das 1820 erbaute klassizistische Rathaus, ein im Vergleich zur Stadtkirche junges Gebäude. Vermutungen legen nahe, dass bereits im 13. Jahrhundert an gleicher Stelle der erste Vorgängerbau stand.

Weitere lohnende Ziele in der Umgebung von Neustadt sind der Hansapark, die spätromanische dreischiffige Basilika in Altenkrempe, der Bibelgarten in Pelzerhaken sowie die Strände und Steilküsten rund um die Lübecker Bucht.



Es besteht akute Vergiftungsgefahr

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Stoffwechselprodukte des Bakteriums Clostridium botulinum sind für die Ausprägung des Krankheitsbilds Botulismus verantwortlich. Dieses Botulinumtoxin gehört zu den stärksten Giften weltweit. Clostridien können sich besonders schnell in eiweißhaltigen Stoffen ausbreiten, wie beispielsweise in einem Tierkadaver. Gelangt dieser ins Futter, zum Beispiel bei der Ernte oder im Kraftfutterlager, können auch Pflanzenfresser an Botulismus erkranken. Es besteht dann Lebensgefahr für das Tier. Wie entstehen die Toxine?

Clostridium botulinum wächst unter Luftabschluss, daher vermehrt es sich gerade in Silagen gut. Die Anwesenheit von kleinen Mengen Sauerstoff führt dabei nicht sofort zum Absterben der Bakterien, sondern fördert als Stressfaktor noch die Toxinbildung. Clostridien können sich besonders schnell in eiweißreichen Stoffen vermehren, wie beispielsweise in Tierkadavern, aber auch in Biertreber.

Clostridien bilden Dauerformen (Sporen), die mehrere Hundert Jahre im Boden überleben können, um sich unter günstigen Umweltbedingungen wieder in die aktive, Toxin bildende Variante zurückzuverwandeln.

Risikofaktoren für die Kontamination von Futter mit dem Botuli­numtoxin können Tierkadaver sein, die bei der Ernte oder der Lagerung ins Futter geraten (zum Beispiel ein toter Hase in der Grassilage oder verendete Mäuse oder Katzen im Kraftfutter). Auch eine Verschmutzung des Futters über clostridienhaltigen Vogelkot ist möglich. Da Clostridien überall an vielen Stellen im Boden vorkommen, sind auch größere Mengen an Sand oder Erde in der Silage ein Risikofaktor. Weiterhin kann die Düngung von Grünland mit erregerhaltiger Gülle oder erregerhaltigem Festmist (hierbei gilt insbesondere Geflügelmist als besonders riskant), Klärschlamm oder Gärresten aus Biogasanlagen für eine Kontamination verantwortlich sein.

Bei der Gülleausbringung auf Grünland sollte ein möglichst großer Abstand zum Schnittzeitpunkt eingehalten werden, um eine Verunreinigung des Futters zu vermeiden. Foto: Landpixel

Wie sieht das Krankheitsbild aus?

Das Botulinumtoxin wirkt auf die Nerven, die die Muskulatur des Bewegungsapparates, die Zungen-, Kau-, Schluck- und Bauchmuskeln sowie die Atemmuskulatur versorgen, und lähmt diese. Hierdurch zeigen sich beim klassischen Botulismus folgende Symptome:

Zunächst fällt der Rückgang von Futteraufnahme und Milchleistung auf, es kommt vermehrt zum Stolpern, die Tiere zeigen einen unsicheren Gang und sie liegen häufiger. Ihre Trinkverhalten ist gestört, sie speicheln vermehrt, der Lidschlussreflex ist gestört, Durchfall tritt auf. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Zungen- und Schlundlähmung mit der Unfähigkeit zu kauen und zu schlucken. Die Zunge hängt aus dem Maul, welches sich widerstandslos öffnen lässt. Die Bauchdecke ist eingefallen, die Harnblase ist gelähmt (es erfolgt kein Harnabsatz; wenn, dann nur tröpfelnd). Das Tier liegt fest mit eingeschlagenem Kopf, der Schwanz kann nicht mehr an den Körper gezogen werden. Im Endstadium tritt der Tod durch Atemlähmung ein. Es müssen nicht immer alle Symptome bei jedem Tier zu beobachten sein.

Beim atypischen Verlauf des klassischen Botulismus zeigt sich eine Muskelschwäche mit aufsteigender Lähmung, die von der Hinterhand ausgeht. Oftmals sind am Kopf keine klinischen Symptome zu beobachten. Auch hier tritt der Tod durch die Lähmung der Atemmuskulatur ein.

Chronisch-viszeraler Botulismus

Seit Mitte der 1990er Jahre scheint in einzelnen, vor allem norddeutschen Milchviehherden eine schleichende Form der Erkrankung aufzutreten, die allein durch den Verzehr von kadaververseuchtem Futter nicht zu erklären ist. Einige Wissenschaftler bezeichnen diese Erkrankung als chronisch-viszeralen (eingeweidebezogenen) Botulismus, betroffene Landwirte und Tierärzte stimmen dem zu.

Bei diesem Krankheitsbild liegt eine große Bandbreite an klinischen Symptomen vor. Es wird eine Toxiko-Infektion vermutet:

Clostridium botulinum wird mit Futter (oder Wasser) aufgenommen.

• Die Clostridien bilden die Toxine im Darm der Tiere, gefördert durch Fütterungsfehler (zum Beispiel führen subklinische Azidosen zu unterschwelligen Schleimhautentzündungen und zu Verschiebungen der Pansen- und Darmflora).

• Die Toxinbildung im Darm ist wesentlich geringer als die Mengen, die mit dem Futter aufgenommen werden, daher verläuft diese Art der Erkrankung schleichend mit unspezifischen Symptomen unter Umständen über Monate bis Jahre.

Es kommt zum Leistungsrückgang mit Abmagerung und Teilnahmslosigkeit. Auch hier wird ein schwankender, unsicherer Gang beobachtet, sowie Speicheln und Schluckstörungen. Hinzu kommen Durchfall und Verstopfung in einer Gruppe, aufgezogene Bauchdecken, Pansenstillstand, gehäufte Labmagenverlagerungen, Wehenschwäche, Nachgeburtsverhaltungen, lebensschwache neugeborene Kälber sowie schwere Entzündungen.

Wie wird Botulismus festgestellt?

Beim klassischen Botulismus lassen typische Symptome auf die Erkrankung schließen, eine Diagnose kann aber beim atypischen Verlauf auf jeden Fall problematisch sein. Auch beim klassischen Verlauf müssen nicht alle typischen Symptome vorhanden sein. Der Fund von Tierkadavern im Futter untermauert die klinische Diagnose.

Die Symptome des chronisch-viszeralen Botulismus sind zu unspezifisch, um eindeutige Rückschlüsse auf die Erkrankung durch Clostridium botulinum zu erlauben. Da zudem Clostridium botulinum auch bei gesunden Tieren im Darm vorkommt, ist der Nachweis des Erregers im Darm ebenfalls wenig hilfreich.

Herdenbezogene Maßnahmen

Am wichtigsten ist das Absetzen des verdächtigen oder nachgewiesernermaßen toxinhaltigen Futters.

In Deutschland ist für Rinder kein Impfstoff zugelassen. Bei nachgewiesenem Botulismus können Impfstoffe nach Einholen einer Impferlaubnis von den zuständigen Behörden aber importiert werden. Da kommerzielle Impfstoffe nur gegen die Toxine zweier Unterarten von Clostridium botulinum, Typ C und D, immunisieren, ist der Nutzen fraglich, wenn andere Typen nachgewiesen wurden.

Futterzusätze wie Prä- und Probiotika, Toxinbinder (zum Beispiel Leinsamen, Topinambur, Hefen, Bentonit) können eingesetzt werden, die Resultate sind sehr verschieden.

Bei Einzeltieren beachten

Die Erfolgschancen einer Behandlung sind bei bereits an Botulismus erkrankten Tieren sehr schlecht. Haben die Tiere erst das Fressen eingestellt, besteht keine Aussicht mehr auf Heilung. Da die Therapie in jedem Fall sehr zeit- und kostenaufwendig ist, sollte die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen mit dem Tierarzt abgesprochen werden.

Betroffene Tiere sollten in einen Tiefstreu-Laufstall verbracht werden, regelmäßig gewendet beziehungsweise hochgezogen werden und mittels einer Infusionstherapie unterstützt werden. Tiere, für die keine Aussicht auf Heilung besteht, müssen erlöst werden.

Prophylaxe unbedingt beherzigen

Da sowohl die Bakterien als auch das Botulinumtoxin mit Futter oder Wasser aufgenommen werden, muss hier darauf geachtet werden, den Eintrag möglichst gering zu halten.

Vermeidung der Kontamination aller Futterarten mit Tierkadavern oder Kadaverflüssigkeiten:
• Silage: vorheriges Absuchen der zu mähenden Flächen mit Hunden, Mährichtung sollte Fluchtmöglichkeiten offen lassen
Kraftfutter: konsequente Schadnagerbekämpfung im Betrieb, Vermeidung von offenen Lagerstätten
Tierkadaver bis zur Abholung so lagern, dass austretende Flüssigkeit auf keinen Fall in den Silostock oder in andere Futterlagerstätten laufen kann

Eintrag von Sand und Erde in die Futterration so gering wie möglich halten:
• Grünlandpflege: Grasnarbe geschlossen halten, Maulwurfshügel einebnen und eine ausreichende Schnitthöhe einhalten
• Siliergut nur in befestigte Silos einbringen (bei unbefestigten Silohaufen: schlechtere Verdichtung birgt hohe Gefahr von Erd- oder Sandeintrag bei Entnahme)
• Festfahren mit möglichst sauberen Reifen
• Fahrwege auf dem Betrieb befestigen (bei unbefestigten Wegen wird sonst sehr viel Erde/Schlamm mit den Traktorreifen auf den Futtertisch gebracht)

Beim Festfahren des Siliergutes sollte mit möglichst sauberen Reifen gearbeitet werden, um auch hier eine Erregerübertragung zu vermeiden. Foto: Imke Hoehne

Vermeidung der Kontamination mit Vogelkot:
• Vogelschutznetze an Silostöcken anbringen und sämtliche Futterkomponenten so weit wie möglich abdecken
• Futtergewinnung von Überflutungsflächen (Wassergeflügel!) vermeiden
• keine Grünlanddüngung mit Geflügelmist beziehungsweise -gülle

Hygiene im Kraftfutterlager ernst nehmen:
• Vermeiden von Schwitzwasserbildung
• Eindringen von Regenwasser verhindern
• Schadnagerbekämpfung

Biosicherheit bei der Düngung:
• bei bereits aufgetretenen Botulismusfällen im Bestand: keine Gülledüngung auf Grünland
• in jedem Fall: möglichst großen Abstand zwischen Gülledüngung und Schnittzeitpunkt einhalten
• keine Düngung mit Fremdgülle
• keine Düngung mit Gärresten von Biogasanlagen oder Klärschlamm

Fazit

Clostridien kommen häufig im Erdboden vor, daher lässt sich auch Clostridium botulinum nicht gänzlich aus den Beständen verbannen. Es sollte dennoch versucht werden, den Gehalt im Futter mit den oben beschriebenen Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Außerdem sollte das Abwehrsystem der Tiere durch eine optimierte Fütterung und Haltung gestärkt werden. Impfungen gegen die Toxine helfen in Beständen mit erhöhter Belastung, die Auswirkungen zu minimieren.

Neubau einer Fahrsiloanlage

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Ist der Beschluss gefasst, eine neue Fahrsiloanlage oder eine Fahrsilokammer zu errichten, gibt es einige rechtliche wie auch bauliche Aspekte, die bedacht werden müssen. Zudem dürfen aber auch die betrieblichen Anforderungen an die Ausrichtung und Größe nicht außer Acht gelassen werden. Vor dem Errichten einer Fahrsiloanlage sollten Gespräche mit fachkundigen und erfahrenen Planern und Fachfirmen erfolgen.

Die Errichtung einer Fahrsiloanlage zählt in Schleswig-Holstein zu den verfahrensfreien Bauvorhaben (§ 61 Landesbauordnung). Es ist eine Genehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde und Unteren Wasserbehörde einzuholen. Die bauliche Ausführung unterliegt den Vorgaben der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) und der Technischen Regel wassergefährdender Stoffe (TRwS) – Jauche, Gülle und Silagesickersaftanlagen (JGS-Anlagen).

Die Lagerfläche muss flüssigkeitsundurchlässig, standsicher und gegen mechanische, thermische und chemische Einflüsse widerstandsfähig sein. Die Anlage muss so geplant, beschaffen und betrieben werden, dass keine wassergefährdenden Stoffe austreten können. Undichtigkeiten müssen schnell und zuverlässig erkannt werden, damit der bestmögliche Schutz der Gewässer vor Verunreinigung geboten ist. Ist die Errichtung, Stilllegung oder eine wesentliche Änderung einer Anlage zur Lagerung von Silage von mehr als 1.000 m³ geplant, ist dies der zuständigen Behörde sechs Wochen im Voraus anzuzeigen.

Fachbetrieb beauftragen ist Pflicht

Für die Errichtung und Instandsetzung einer Fahrsiloanlage muss ein Fachbetrieb gemäß § 62 AwSV beauftragt werden, sofern der Betreiber nicht selbst die Anforderungen an einen Fachbetrieb erfüllt. Hiervon ausgeschlossen sind Anlagen zur Lagerung von Silagesickersaft mit einem Volumen bis zu 25 m³ oder Siliergut mit einem Volumen von bis zu 1.000 m³.

Was sind zulässige Produkte?

Es dürfen nur Bauprodukte, Bauarten oder Bausätze verwendet werden, die über einen bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis unter Berücksichtigung wasserrechtlicher Anforderungen verfügen. Bis zum heutigen Tag gibt es für einige unverzichtbare Bauprodukte und Bauarten nur wenige oder keine bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweise. Im Einzelfall kann auf ein Bauprodukt oder eine Bauart ohne bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis zurückgegriffen werden. Hierfür sollte rechtzeitig eine Ausnahme nach § 16 Absatz 3 AwSV bei der zuständigen Behörde beantragt werden. Seit Inkrafttreten der AwSV und der TRwS 792 ist für alle Beteiligten der gesetzeskonforme wie auch wirtschaftliche Fahrsilobau eine große Herausforderung.

Den Standort genau prüfen

Grundsätzlich sind Mindestabstände von 20 m zu Gewässern und 50 m zu Brunnen einzuhalten. Darüber hinaus sollte ein Standort gewählt werden, der die zukünftige Errichtung von Gebäuden nicht beeinträchtigt, aber trotzdem eine gute Erreichbarkeit und auch Erweiterung gewährleistet. Die Entnahme der Silage sollte aus der von Sonneneinstrahlung und Wind- sowie Regeneinflüssen abgewandten nördlichen und östlichen Richtung erfolgen. Neben dem Neubau einer Fahrsiloanlage können bestehende Betriebe auch vorhandene Fahrsilokammern verlängern oder mit Wänden ergänzen, um die Lagerkapazitäten für das benötigte Grundfutter zu erweitern.

Benötigter Lagerraum für Grundfutter

Der betrieblich erforderliche Lagerraum für Grundfutter ermittelt sich aus der Anzahl zu fütternder Tiere, der Zusammensetzung der Futterrationen wie auch der eingesetzten Ernte- und Walztechnik. Eventuelle Doppelnutzung der Lagerflächen, aber auch das Aufsilieren (Schichtsilage) sind zu berücksichtigen. Soll die Fahrsilokammer gleichzeitig befüllt wie auch festgefahren werden, ist eine Silobreite von mindestens 7 m, eher 8 m erforderlich. Wegen der immer milder werdenden Winter wird ein gleichbleibender Vorschub von 2 bis 2,5 m pro Woche empfohlen. Um auch einen zufriedenstellenden Vorschub in den Sommermonaten zu erreichen, muss nicht unbedingt an der Breite der Fahrsilokammer gespart werden, eine Reduzierung der Einlagerungshöhe kann denselben Effekt erzielen. Für die Länge der Lagerfläche sollte auch die Erntetechnik bedacht werden. Je dünner die Schichten des frisch eingebrachten Futters, aktuelle Beratungsempfehlung 20 cm, desto erfolgreicher ist die Verdichtung des Silierguts.

Neben der eigentlichen Lagerfläche ist auch ein Vorplatz beziehungsweise Rangierplatz vor dem Fahrsilo zu berücksichtigten. Dieser sollte eine Tiefe von mindestens 7 m aufweisen, um den Fahrzeugen ausreichend Platz zu bieten.

Bauliche Umsetzung nach DIN 11622

Die bauliche Ausführung der Bodenfläche kann in Beton wie auch Asphalt erfolgen. Für den Bau in Beton ist die bauordnungsrechtliche Norm „DIN 11622 – Gärfuttersilos, Güllebehälter, Behälter in Biogasanlagen, Fahrsilos“ maßgebend. Damit sind diese Bauweisen geregelt und bedürfen keiner allgemein bauaufsichtlichen Zustimmung (abZ). Häufig wird mittlerweile der Baustoff Asphalt für die Bodenfläche verwendet, dieser benötigt eine abZ unter Berücksichtigung der ZTV Asphalt-StB 07/13.

Zwischen den Siloflächen sollten Zwischenräume eingeräumt werden, diese können Materialien für das Abdecken des Silos beherbergen und die Bewirtschaftung des Silos erleichtern.

Die Bodenplatte muss seitlich durch Gefälle, eine Aufkantung oder Wand zum umliegenden Gelände abgegrenzt sein, damit Silage, Silagesickersaft wie auch verschmutztes Oberflächenwasser nicht neben die Bodenplatte gelangen können. Niederschlagswasser von angrenzenden Flächen ist fernzuhalten. Meist werden die Wände aus Beton erstellt. Sie können aus Fertigteilelementen oder in Ortbetonbauweise errichtet werden. Für Wandbauteile ist ein fremdüberwachter Beton (ÜK2) C35/45, XC4, XA3, XF3, WF erforderlich. Betonfertigteile werden durch diverse Firmen als L-Element für die Außenwand oder als T-, L- oder U-Element für die Mittelwand hergestellt. Beim Traunsteiner Silo wird die Wand schräg ausgerichtet. Die DIN 11622 beinhaltet keine sogenannten Traunsteiner Silos, somit wird bei dieser Bauart eine bauaufsichtliche Zulassung benötigt. Ein Zwischenraum kann durch ein U-Element oder die Aufstellung von zwei L-Element-Wänden gebildet werden. Entstehende Boden- wie auch Wandfugen sind durch geeignetes zugelassenes Fugenmaterial wasserundurchlässig abzudichten.

Entwässerung – Wasser auffangen

Währung des Silierungsprozesses kann Gärsaft anfallen, beim geöffneten Fahrsilo entsteht beim Kontakt von Silage mit Niederschlagswasser verschmutztes Oberflächenwasser. Diese anfallenden Flüssigkeiten einer belegten und sich im Anschnitt befindenden Fahrsilokammer sind aufzufangen und mit einem ausgeprägten Gefälle von mehr als 2 % gelenkt zum Bodenablauf zu leiten. Der Bodenablauf kann sich am Kammeranfang befinden oder über die gesamte Länge der Fahrsilofläche in einem Abstand von 10 m angeordnet werden. Die Entwässerung zum Kammeranfang erfordert ein ausgeprägtes Längsgefälle. Sollen die Flüssigkeiten in der Mitte der Kammer über mehrere Abläufe aufgenommen werden, ist ein ausgeprägtes Quergefälle erforderlich. Ein gut ausgeprägtes Gefälle führt zu einem schnellen Abfluss der anfallenden Flüssigkeiten und vermindert den chemischen Angriff auf die Baustoffe.

Nach vollständiger Entleerung und gründlicher Reinigung, besenrein mit anschließender Nassreinigung, kann das Niederschlagswasser getrennt abgeführt und gemäß den wasserrechtlichen Vorschriften ordnungsgemäß eingeleitet werden. Der angrenzende Abfüll- beziehungsweise Rangierplatz ist mit einem Gefälle von mehr als 1 % zum Bodenablauf zu gestalten, auch hier ist je nach Nutzung eine getrennte Ableitung möglich.

Der sogenannte Trennschacht ermöglicht eine getrennte Ableitung von einleitfähigen und verschmutzten Oberflächenwassern.

Lagerung anfallender Flüssigkeiten

Die anfallenden Mengen des Gärsaftes und des verunreinigten Niederschlagwassers bestimmen das Fassungsvermögen der Lagerung von Silagesickersaft. Es besteht die Möglichkeit, die anfallenden verunreinigten Wässer von der Siloanlage in einem separaten Sickersaftbehälter zu lagern. Ein Sickersaftbehälter (unter 10 m³) kann verfahrensfrei errichtet werden. Der Behälter darf über keinen Ablauf oder Überlauf ins Freie verfügen. Ausführungen aus Beton müssen der DIN 11622 entsprechen und die Expositionsklassen XC4, XA3, XF3 oder WF berücksichtigen. Bauausführungen aus Kunststoff werden in der TRwS nicht definiert, es wird darauf hingewiesen, dass ein bauordnungsrechtlicher Verwendbarkeitsnachweis erforderlich ist.

Wird der Sickersaft über eine Freispiegelleitung oder eine dauerhaft installierte Pumpleitung in einen baulich und betriebsbedingt geeigneten Lagerbehälter eingeleitet, kann auf einen Silagesickersaftbehälter verzichtet werden. Für die Bemessung des Fassungsvermögens sind die Ausbringungsregelungen der Düngeverordnung und die erforderliche betriebliche Lagerkapazität von sechs Monaten für Wirtschaftsdünger maßgebend.

Fazit

Aus baulicher und wasserrechtlicher Sicht ist die Errichtung von Fahrsiloanlagen sehr anspruchsvoll. Der einzelbetriebliche Futterbedarf des Tierbestandes ergibt unter Berücksichtigung des angestrebten Vorschubs die Maße der Silokammern. Ein flächensparender Bau der Lagerfläche führt zu einem möglichst geringen Anfall an verschmutztem Oberflächenwasser. Der Einsatz von Wänden ermöglicht eine bessere Verdichtung und erhöht die Lagerkapazität der Fahrkammer. Für die Neuerrichtung oder auch Erweiterung einer Fahrsiloanlage sollten frühzeitig erfahrene und fachkundige Planer wie auch Fachfirmen einbezogen und schließlich beauftragt werden. Auch die Bauberatung der Landwirtschaftskammer in Futterkamp steht beratend zur Seite.

Was kommt morgen auf den Teller?

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Was kommt morgen auf den ­Teller? Ein Seminar zu aktuellen Ernährungstrends führte die Botschafterinnen für heimische Produkte und die Fachfrauen für Ernährung ins Kieler Pilzwerk und aufs Gelände des Klärwerks Bülk in Strande.. Es gab unter anderem Garnelentartar und einen kleinen Snack aus getrockneten Heimchen und Kichererbsen. 

Es ist dunkel im Kieler Pilzwerk. Silberglänzende Abluftschächte queren die Decken und führen vom Labor um die Ecke über einen Gang in die mit weißer Plastikplane verkleideten Zucht- und Lagerräume. Dort reihen sich Stapel von weißen Lebensmitteleimern aneinander. Sie haben zahlreiche, zirka 1 cm große Löcher, aus einigen wachsen Pilze hervor. Um die Eimer ist der Boden schwarz vor Feuchtigkeit. Dort, wo der Boden wieder heller wird, wirkt er seltsam staubig. Es handelt sich um Pilzsporen. Wenn er sich länger in den Räumen aufhält, trägt Robert Schwartz eine Atemschutzmaske. Im Vorraum seines Pilzwerks erzählt der Jungunternehmer die Geschichte seines 2018 gegründeten Unternehmens. Derzeit seien aus seinem Pilzwerk Austern-, Ulmen-, Kastanien- und Rosenseitlinge zum Beispiel auf Wochenmärkten zu bekommen. Die Botschafterinnen für heimische Produkte und Fachfrauen für Ernährung stellen viele Fragen. Sie interessieren sich für den Werdegang des jungen Pilzzüchters, die Unternehmens- und Ideengeschichte und die Eigenheiten der Pilzzucht. So endet am Vormittag der erste Part des dreiteiligen Seminars zum Thema „Ernährung und Lebensmittel im Wandel“.

Zum Mittagessen und den folgenden zwei Seminarabschnitten geht es in einen Besprechungsraum bei den Förde Garnelen, die ihren Sitz auf dem Gelände des Klärwerks Bülk in Strande bei Kiel haben. Dort regt Saskia Vetter von der Verbraucherzentrale mit ihrem Vortrag „Insekten auf dem Teller? Speiseinsekten als neuartige Lebensmittel“ zum Nachdenken und zur Diskussion über diese Ernährungsalternative an. Die einen neugierig, die anderen skeptisch, trauen sich die LandFrauen an die Verkostung. Es gibt einen kleinen Snack aus getrockneten Heimchen und Kichererbsen.

Im Anschluss an die Kaffeepause (ganz konventionell mit Heißgetränk und Kuchen) führt Kilian Landsch von den Förde Garnelen GmbH & Co. in die Welt der Krebstiere und der Garnelenfarm ein. Das Spannende am Produktionsprozess sei die Kreislaufanlage im Zusammenspiel mit der Kieler Förde und der Kläranlage Bülk in Strande, so Landsch: Die Garnelen würden in Fördewasser gezüchtet. Daher der Name. Allerdings sei die natürliche Temperatur des Fördewassers nicht artgerecht. Garnelen fühlten sich erst bei 30 °C wohl. Entsprechend müsse das Wasser erwärmt werden, erläutert der Fachmann. Einen Teil der Energie dafür steuere das Klärwerk Bülk bei. Die Wärme entstehe bei der Klärung des Abwassers, das zu zirka 10 % täglich bei der Garnelenaquakultur anfalle und zur Erwärmung der Becken rückgeführt werde.

Doch nicht nur das Klärwerk ist an der Wiederaufbereitung des Abwassers beteiligt. Direkt neben den Farmhallen befindet sich eine bioökonomische Salzpflanzenkläranlage (HaFF), in der das bei der Garnelenaufzucht entstehende Nitrat und Phosphat aus dem Wasser herausgefiltert werden. Dabei handelt es sich um ein Pilotprojekt des Forschungskonsortiums rund um Costal Research & Management (CRM) zur Erforschung einer effizienten Abwasserreinigung und damit eines noch ökologischeren Betriebs von Aquakulturanlagen. Eine umfassende Ausweitung der Produktion ist für 2024 geplant, um die Garnelen dann nicht nur wie derzeit in einem, sondern in mehreren Märkten anzubieten.

Gläser mit Pilzkulturen wanderten im Pilzwerk von Hand zu Hand. Hier Elke Briesemeister (li.) und Anke Mehrens. Fotos: Nadine Hernández, lfv
Jungunternehmer Robert Schwartz stellte sein Pilzwerk vor, das er 2018 gründete.
Kilian Landsch von den Förde Garnelen führte in die Welt der Krebstiere und der Garnelenfarm ein.
Ernährungstrend der Zukunft zum Verkosten: drei gebratene Garnelen am Spieß und ein Garnelentartar.
Einen kleinen Snack aus getrockneten Heimchen und Kichererbsen gab es nach einem Vortrag.

Volle Maschinenhalle beim Erntedank 

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Die zurückliegenden Wochen standen im Zeichen des Erntedanks. Die LandFrauen in ganz Schleswig-Holstein gehören zu den Mitorganisatorinnen, verstehen sich auf das Binden der Erntekrone und gestalten den Altar mit üppigen Gaben aus der Natur. 

Bis auf den letzten Platz besetzt war zum Beispiel die Maschinenhalle auf dem Hof Lüderitzbucht, die für den feierlichen Erntedankgottesdienst von den LandFrauen des OV Bredstedt-Reußenköge geschmückt wurde. In Tellingstedt luden die LandFrauen die Mannslüüd zum Erntedank ein und Ute Gohde-Kruse stellte zum Erntedank den Kürbis näher vor. vom Kürbishof Kruse in Buchholz brachte dem Publikum anschließend den Kürbis näher. Wer ihn bis jetzt für Fruchtgemüse gehalten hatte, weiß jetzt, dass er ein Beerengemüse ist. Und überwiegend von Hummeln bestäubt wird, da die Blüten offen sind, wenn es für Bienen in der Frühe noch zu kalt ist. Und über den ganzen Globus verteilt gibt es  über 800 verschiedenen Sorten. Apropos Sorten. Bei der Erntedankveranstaltung des OV Bargteheide stellte Heinke Huuck alte Gemüsesorten vor.  Und die vorsitzende des Hamburger LandFrauenverbandes, Barbara Froh, sprach das Grußwort unter dem prächtigen und mächtigen Gewölbe der der Hamburger Hauptkirche St. Petri. Mehr dazu auf einer Bilderseite im aktuellen Bauernblatt.

Zukunftsvorstellungen stark verändert

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Haupt- und Ehrenamtler der Landjugend diskutierten in Berlin unter anderem über die völlig veränderten Zukunftsvorstellungen der jungen Menschen auf dem Land.

Für die hauptamtlichen Agrarreferenten und die Bundesjugendreferenten startete die Bildungswoche am Dienstag mit ihrem internen Austausch. Am Mittwoch komplettierten die Bildungsreferenten und Geschäftsführer die Runde der Hauptamtler aus den Geschäftsstellen der Landjugend. Bei der gemeinsamen Kennenlernrunde wurde schnell festgestellt, dass die Gruppe aus einer Mischung aus „alten Hasen“ bestand, die bereits auf vielen Biwo waren, und aus ganz neuen Mitarbeitern, die gerade einmal zwei Wochen in ihrem Verband tätig sind. Bunt gemischt tauschten sich die Hauptamtler an verschiedenen Tischen über Themen aus, die die Landesverbände derzeit beschäftigen. Diese reichten von Energiekosten, Mitgliedergewinnung und Schutzkonzepten zur Prävention von Kindeswohlgefährdung und sexualisierter Gewalt bis hin zur Diskriminierung.

Der Donnerstag war ein weiterer Tag, der im Zeichen der Fortbildung stand. Die Teilnehmenden aus dem Hauptamt konnten zum Beispiel Workshops fürs Gestalten von Flyern und Postkarten oder zur Verbandsentwicklung und Resilienz im Arbeitsalltag besuchen. Ein Tag voller Input und Ausprobieren, der mit einem gemeinsamen Essen beim Italiener seinen Ausklang fand.

Das erste Mal dabei

Am Freitag ging es für die Agrarreferenten auf Exkursion rund um Berlin. Die anderen Gruppen trafen sich wieder intern. Hier wurde zu den spezifischen Themen der Arbeitsfelder intensiv gearbeitet. Für den Landjugendverband Schleswig-Holstein waren aus der Geschäftsstelle Michelle Delfs als Landesbildungsreferentin und Jaenne Albert als Bundesjugendreferentin am Start. Beide waren das erste Mal in Berlin zur Biwo und konnten viele Eindrücke, Informationen und Methoden für ihre Arbeit mit nach Hause nehmen.

Am Freitagabend reisten schließlich die Delegierten der Landesverbände an. Aus Schleswig-Holstein waren die erste Vorsitzende Hanna Kühl und die stellvertretende Vorsitzende Jessica Bruhn dabei. Bei einer gemeinsamen Weinprobe lernten die Ehren- und Hauptamtlichen einiges über das Weingut Antweiler aus Rheinhessen. Kristin Antweiler, Landjugendliche aus Rheinhessen und Siegerin des Berufswettbewerbs Weinbau 2019, berichtete über ihr Familienweingut und beschrieb, was für sie einen guten Wein ausmache. Die lockere Atmosphäre bot eine gute Gelegenheit, anzukommen und sich gegenseitig kennenzulernen.

Ins abschließende Wochenende starteten alle gemeinsam unter dem Motto „Landjugend bewegt“ in die Verbandswerkstatt. In dieser wurde in immer wieder wechselnden kleinen Gruppen zu Themen wie Mitgliederbindung, Nachwuchs und Landjugend als Arbeitgeber diskutiert. Dabei ging es auch um die Frage, wie vielfältig die Landjugend ist. Alle waren sich einig, dass Landjugend als Jugendverband sich ständig ändert und weiterentwickelt. Es zeigt sich aktuell allerdings auch, dass Corona, der allgemeine Digitalisierungsschub und der damit zum Teil verbundene Wandel der Arbeitswelt sowie der Stellenwert von Freizeit zu einer starken Veränderung der Ansprüche und Zukunftsvorstellungen der jungen Menschen auf dem Land geführt haben. Wie sich dies auf Landjugend auswirkt, ob und inwiefern dem zu begegnen ist, beschäftigte viele der Anwesenden. Mit dem Ende der Verbandswerkstatt wurde auch die Biwo abgeschlossen.

Landjugendtag 2024

Für die Delegierten der Landesverbände ging es am späten Sonnabendnachmittag in einen internen Austausch. Dort bot sich die Gelegenheit, um über Beschlussvorlagen oder allgemeine Themen, die den BDL betreffen, zu beraten. Am Sonntag fand der Buau statt. In diesem Gremium beraten und entscheiden die Delegierten der Landesverbände gemeinsam mit dem Bundesvorstand über die finanzielle Situation des BDL. So wurde zum einen der Abschluss 2021 verabschiedet und der Bundesvorstand entlastet, zum anderen wurde der Haushaltsansatz 2023 abgestimmt. Zudem wurden für die zukünftigen Deutschen Landjugendtage (DLT) mehrere Beschlüsse gefasst. In Zukunft findet der DLT immer in dem Landesverband statt, in dem zwei Jahre zuvor der Deutsche Bauerntag abgehalten wurde. Auf diese Weise hätten die Landjugendverbände mehr Zeit zur Planung und Organisation, war sich der Vorstand einig. Weiter wurde ein solidarisches Konzept verabschiedet, das festlegt, dass beim Ausfall eines DLT der ausrichtende Landesverband die Kosten nicht vollständig allein tragen muss. 2024 findet der DLT in Schleswig-Holstein statt. Daher waren diese Beschlüsse speziell für den schleswig-holsteinischen Verband wichtig. 

Die Ehrenamtler aus verschiedenen Landesvorständen auf dem Weg nach Berlin. Hinten (v. li.) Leon Rantsch, Erja Söhl, Benedikt Linke, Torben Eppstein und Lisa Kamm sowie (vorn v. li.) Hanna Kühl und Jessica Bruhn.Foto: Jessica Bruhn
Am Wochenende starteten Hauptamtler und Ehrenamtler gemeinsam in die Verbandswerkstatt.

Züchtungsfortschritt erzielt

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Die Züchtung neuer Weizen- und Roggensorten in den vergangenen drei Dekaden hat die Treibhausgasemissionen um bis zu 23 % reduziert. Das belegt eine Studie des Julius-Kühn-Institutes (JKI) mit der Uni Hohenheim und dem Bundessortenamt, die erstmals den Beitrag der Sortenzüchtung zum Klimaschutz quantifiziert.

Die Landwirtschaft verursacht rund 8 % der Treibhausgas-Emissionen in Deutschland und trägt somit zum Klimawandel bei. Zugleich leidet die Landwirtschaft jedoch selbst mit am stärksten unter den negativen Auswirkungen klimatischer Veränderungen und hat per se ein Interesse, zum Klimaschutz beizutragen. Um diesen Beitrag zu einer klimaschonenderen Nahrungsmittelproduktion zu beziffern, lohnt ein Blick auf die gesamte pflanzliche Produktionskette, inklusive der Züchtung klimaeffizienter Sorten. Forschende des JKI haben daher gemeinsam mit Partnern des Bundessortenamts und der Universität Hohenheim erstmals den Beitrag des Züchtungsfortschritts bei Roggen und Weizen zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks über mehr als 30 Jahre quantifiziert.

„Im Vergleich zu den Sorten, die in den 1980er Jahren auf den Markt kamen, weisen die heutigen Weizen- und Roggensorten einen um 13 bis 23 Prozent niedrigeren CO2-Fußabdruck auf“, berichtet Ludwig Riedesel vom JKI. Der Erstautor arbeitet am JKI-Fachinstitut für Strategien und Folgenabschätzung in Kleinmachnow. Durch die Züchtung pilzresistenter Sorten seien die CO2-Emissionen besonders stark in den Anbauvarianten ohne Einsatz von Fungiziden gesunken.

Durch Züchtung wurde in den vergangen Jahrzehnten ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz geleistet. So weisen heutige Weizen- und Roggensorten einen bis zu 23 % niedrigeren CO2-Fußabdruck auf. Foto: Agrar-Press

„Der Beitrag der Pflanzenzüchtung zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität und zur globalen Ernährungssicherung ist in zahlreichen Studien belegt. Inwieweit der Züchtungsfortschritt jedoch auch geholfen hat, die Klimawirkung der Landwirtschaft zu reduzieren, war bisher so nicht untersucht worden“, weist Dr. Til Feike von der JKI-Stabsstelle Klima auf die Besonderheit der Studie hin. Aufbauend auf einem umfangreichen Sortenversuchsdatensatz, der im Falle von Weizen 27.652 und für Roggen 10.523 Kombinationen aus Sorte (Genotyp), Umweltbedingungen und Anbaumaßnahmen (Management) enthielt, wurde dies mittels Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment; LCA) und gemischten Modellen untersucht. Das Ergebnis: Aufgrund gestiegener Erntemengen und damit verbundener höherer Ernterückstände und Lachgasemissionen sind die Treibhausgas-Emissionen je Hektar zwar über die Jahrzehnte leicht gestiegen, jedoch wird dies durch die steigenden Hektarerträge mehr als ausgeglichen, was letztlich zu geringeren Emissionen je Kilogramm Getreide und somit zum verbesserten CO2-Fußabdruck führt, so das Fazit des Autorenkollektivs.

Dr. Bernd Hackauf, Züchtungsforscher am JKI-Standort Groß Lüsewitz, freut sich besonders über das gute Abschneiden des Roggens: „In unserer Studie konnten wir für Roggen im Vergleich zu Weizen um zirka 20 Prozent geringere Treibhausgas-Emissionen je Hektar und einen um zirka acht Prozent geringeren CO2-Fußabdruck nachweisen.“ Damit könnte eine Ausweitung des Roggenanbaus einen Beitrag zum Klimaschutz und für eine nachhaltige Getreideproduktion leisten, so der Wissenschaftler.

Die Studie belegt die erfolgreiche Arbeit der Züchterinnen und Züchter auf der einen und des Bundessortenamts auf der anderen Seite. Durch Züchtung, Anmeldung, Wertprüfung und Zulassung kontinuierlich verbesserter Getreidesorten über die vergangenen Jahrzehnte wurde ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet. „Die landwirtschaftlichen Betriebe nehmen verbesserte Sorten von sich aus in ihr Produktionsportfolio auf, ohne dass extra durch die Politik aus Steuergeldern finanzierte Anreize geschaffen werden müssen“, sagt Dr. Feike. Anders als bei anderen Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft entstünden folglich keine volkswirtschaftlichen Kosten. Das mache die Züchtung neuer Sorten mit kleinerem CO2-Fußabdruck zu einer sehr effektiven Klimaschutzmaßnahme.

Züchtungsforschung ist ein Schwerpunkt am JKI, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. Zurzeit wird unter anderem an den Voraussetzungen für künftige Sorten mit leistungsfähigerem Wurzelsystem, verbesserter Standfestigkeit und verbesserter Stickstoffnutzungseffizienz gearbeitet. Die Erforschung ressourceneffizienter und klimaschonender Genotypen trägt dazu bei, das gesellschaftspolitische Ziel der Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 zu erreichen. pm