Die Branchenentwicklung, Wettbewerbsfähigkeit, den Zweifel an amtlichen Zahlen und die Bedrohung des Anbaus durch die zunehmende Verbreitung der Schilf-Glasflügelzikade diskutierten die Teilnehmer des 19. Internationalen Kartoffelabends in Berlin, zu dem der Deutsche Kartoffelhandelsverband e. V. (DKHV) am Dienstag voriger Woche eingeladen hatte.
F ür viele deutsche Unternehmen der Kartoffelbranche ist es zunehmend schwieriger, im Welthandel konkurrenzfähig zu sein. Das sagte der Präsident des Deutschen Kartoffelhandelsverbands (DKHV), Thomas Herkenrath, in seiner Eröffnungsrede vor über 480 Teilnehmern aus Handel, Verbänden, Politik und Wirtschaft aus 17 Ländern. Die Wettbewerbsfähigkeit leide vor allem unter Bürokratie und hohen regulatorischen Auflagen. Immer mehr Probleme bereiten laut Herkenrath die Beschränkungen im Pflanzenschutz. Erfreut zeigte sich der DKHVPräsident darüber, dass in der Politik sowohl der Green Deal als auch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz als zu ambitioniert bewertet würden.
Schilf-Glasflügelzikade ist eine große Gefahr
Herkenrath mahnte: „Die zunehmende Verbreitung der Schilf-Glasflügelzikade, die sich in den letzten Jahren rasant in zahlreichen Anbaugebieten ausgebreitet hat, stellt eine erhebliche Gefahr für den Kartoffelanbau dar. Diese Zikadenart kann den Stolbur-Erreger und ein Proteobakterium übertragen, die massive Ertrags-, Qualitäts- und Lagerverluste bis hin zu Totalausfällen verursachen. Hinzu kommen die immer strengeren politischen Vorgaben im Pflanzenschutz, die die effektive Bekämpfung solcher Schädlinge dramatisch erschweren.“ Ohne ein Gegensteuern der Politik sei die Ernährungssicherheit in Deutschland und Europa gefährdet.
Darüber hinaus sprach Herkenrath über Wettbewerbsfähigkeit im Welthandel: „Obwohl der globale Handel weiterhin wächst, ist es für viele deutsche Unternehmen zunehmend schwieriger, im Welthandel konkurrenzfähig zu sein.“ Vor allem die international abnehmende Wettbewerbsfähigkeit aufgrund hoher Produktionskosten, getrieben durch zu viel Bürokratie, Überregulierungen, Dokumentationspflichten, sinnfreien Zertifizierungswahn und teils überhöhte Anforderungen einiger NGO, setze den Unternehmen immer mehr zu.
Die Erntemenge 2024 gab nach der offiziellen Schätzung jedoch durchaus Anlass zur Freude. Wie im Jahresbericht der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft (Unika) festgestellt wird, rodeten die hiesigen Landwirte laut den amtlichen Zahlen rund 12,7 Mio. t Kartoffeln. Demnach stieg die Menge im Vergleich zum Vorjahr um 9,4 %, bei einer um 7 % auf 282.200 ha ausgedehnten Fläche. Laut Unika ist die Menge in den vergangenen 20 Jahren nur 2004 mit 13 Mio. t noch größer ausgefallen.
Zweifel an der Statisik und Marktverwerfungen
Allerdings bezweifelt die Unika in ihrem Jahresbericht, dass die Höhe der amtlichen Ernteschätzung korrekt ist. Darüber hinaus sei die vorjährige Ernte durch schwache Qualitäten dezimiert worden. Häufig heiße es bei Speisekartoffeln, dass die Abzüge nach der vorgenommenen Bonitur mindestens um 10 % höher lägen als in normalen Jahren.
Den aktuell hohen Preis am freien Markt bei einer gleichzeitig hohen Eindeckung mit Vertragsware und einem erstmals seit Jahren deutlich rückläufigen Produktabsatz beschreibt die Unika „als kaum aufzulösenden Widerspruch“.
An der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig haben sich die Futures auf Verarbeitungskartoffeln in den vergangenen zwei Wochen, von einem bereits hohen Niveau kommend, weiter verteuert. Am 6. Januar wurden Kontrakte mit Fälligkeit im April 2025 für 35 €/dt gehandelt. age
Unika-Vorstand bestätigt
Die Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft (Unika) setzt beim Führungspersonal auf Kontinuität. Im Rahmen der 24. Mitgliederversammlung wurden am Dienstag voriger Woche turnusmäßige Vorstandswahlen durchgeführt. Die Mitglieder Thomas Herkenrath, Präsident des Deutschen Kartoffelhandelsverbands (DKHV), Holger Laue, Vorsitzender des Ausschusses Kartoffeln des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), und Franz-Bernd Kruthaup, Geschäftsführer der Grimme Holding GmbH, wurden einstimmig wiedergewählt. Vorsitzender des Unika-Vorstands ist weiterhin der Präsident des Bauernverbands Sachsen-Anhalt, Olaf Feuerborn. Er betonte während der Mitgliederversammlung, die ebenfalls am 4. Februar stattfand, die entscheidende Rolle der Zusammenarbeit innerhalb der Kartoffelbranche. „Die Herausforderungen des vergangenen Jahres, zum Beispiel die Kraut- und Knollenfäule oder das stetige Voranschreiten der Schilf-Glasflügelzikade, haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir als Branche zusammenstehen und gemeinsam Lösungen entwickeln,“ sagte Feuerborn. Als hervorragendes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit innerhalb der Branche stellte er den jüngst von der Unika produzierten Imagefilm der gesamten Wertschöpfungskette Kartoffeln dar, der auf der Mitgliederversammlung Premiere hatte. age