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Erfahrungen aus zwei Jahren in Futterkamp

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Luzerne wurde von der 2020 angelegten 4,5 ha großen Fläche durch die Landwirtschaftskammer am Standort Futterkamp im ersten und zweiten Jahr jeweils dreimal geerntet mit dem Ziel, die Milchviehherde des Versuchsgutes mit hochwertiger Silage zu versorgen. Die Ergebnisse dieser Anbauerfahrungen in Futterkamp beschreibt der folgende Artikel.

Anbau und Ertrag konnten überzeugen, sodass die Kammer mit der Neuansaat von Luzerne 2022 auch künftig auf die Futterpflanze setzen wird. Die Silierung erfolgte in Rundballen.

Der erste Aufwuchs 2020 offenbarte kurz vor dem ersten Schnitt einen starken Befall mit der Giftpflanze Schwarzer Nachtschatten. Die langsame Jugendentwicklung der Luzerne ermöglichte das Keimen der Samen, die bis zu 40 Jahre im Boden keimfähig bleiben.

Die im April 2020 in Reinsaat gesäte Luzerne hielt gerade im ersten Anbaujahr einige Überraschungen parat. Bedingt durch die langsame Jugendentwicklung präsentierte sich der Bestand zunächst ziemlich durchwachsen mit verschiedenen Beikräutern und Ausfallraps, erst ab Mitte Juni dominierte die Luzerne.

Kurz vor der ersten Ernte Ende Juli trat bei einer Flächenbegehung ein größeres Problem zutage: Im Vorgewende und in den Fahrgassen hatte sich die Giftpflanze Schwarzer Nachtschatten (Solanum nigrum) ausgebreitet, deren Samen bis zu 40 Jahre im Boden keimfähig bleiben. Insofern war eine Nutzung als Futter nicht möglich, der Aufwuchs konnte jedoch als Substrat für eine Biogasanlage dienen, da die Pflanzen erst im Blühstadium waren. Ein Monitoring der folgenden Luzerneaufwüchse ergab, dass der Nachtschatten nach der ersten Mahd einerseits nicht wieder ausgetrieben und andererseits die gute Bodenbedeckung der Luzerne einen weiteren Samenaufgang verhindert hatte, wodurch auch das Wachstum der anderen Beikräuter wirksam unterdrückt worden ist.

Nach der Etablierung waren keine Pflegemaßnahmen erforderlich, es erfolgte lediglich Anfang Februar 2021 eine Düngung mit 4 dt/ha 40er Kornkali. Damit ist der Anbau deutlich weniger arbeitsintensiv als die Bewirtschaftung von Dauergrünland oder Ackergras.

Mahd und Ernte mit der Rundballenpresse

Für die Mahd hat es sich in Futterkamp bewährt, diese morgens noch im Tau durchzuführen und das Erntegut direkt danach gleichmäßig zu verteilen. Um Schmutzeintrag ins Erntegut zu vermeiden und die Nachwuchskraft des Bestandes zu sichern, wurde eine Schnitthöhe von 10 cm angestrebt, aufgrund der technischen Möglichkeiten des verwendeten Kuhn-Mähwerks jedoch etwas unterschritten.

Zum zweiten Schnitt 2021 war der Luzernebestand in der Vollblüte.

Nach etwa 24 Stunden Anwelkzeit, kurz vor dem Pressen der Ballen, wurde langsam und vorsichtig geschwadet, dadurch konnten die Bröckelverluste weitgehend minimiert werden. Für das Pressen der Rundballen wurde zunächst eine Press-Wickel-Kombination verwendet. Zur Vermeidung von Fehlgärungen wurden oberhalb der Pick-up mittels zweier Düsen ein geeignetes biologisches Siliermittel in den Gutstrom appliziert, das Erntegut unter Einsatz aller Messer so kurz wie möglich geschnitten und ein hoher Pressdruck eingestellt. Da es jedoch beim Absetzen der achtlagig gewickelten Ballen zur Perforation der Stretchfolie durch die harten Luzernestoppeln kam, wurde ab der nächsten Ernte auf ein absätziges Verfahren umgestellt. Das Wickeln der Rundballen erfolgte etwa eine Stunde nach dem Pressen auf dem Hofplatz, die anschließende Lagerung auf befestigtem Boden unter Vogelschutznetzen.

Einsatz eines Strangballenwicklers

Zum dritten Schnitt 2021 kam ein Strangwickelgerät der Firma Anderson zum Einsatz, um die Rundballen in Form eines Ballenstranges mit Folie zu umwickeln und somit die Eignung dieses wenig verbreiteten Verfahrens zu testen. Der jeweils erste und letzte Ballen des Stranges wurden manuell mit normaler PE-Silofolie umspannt, die mithilfe des Netzes fixiert wurde. Die Ballen wurden dann mittels Frontlader auf den Wickeltisch gelegt und dem Strang hinzugefügt. Dabei sorgt ein Stempel für das Aufeinanderpressen der Ballen, zwei rotierende Arme übernehmen das Einwickeln mit acht Folienlagen. Der fertige Strang gleitet über Rollen auf den Boden, während des Wickelns bewegt sich das Gerät nach vorne.

Bereits kurz nach der Fertigstellung des Stranges war an beiden Seiten die Ausbildung einer Gasblase zu beobachten – ein sichtbares Zeichen für die erreichte Gasdichtigkeit. Das Verfahren ermöglicht eine Reduzierung des Folienverbrauchs um etwa 40 % im Vergleich zu einzeln gewickelten Rundballen. Eine Lagerung auf unbefestigtem Boden ist möglich, da sich bei der Entnahme eines Ballens die verbleibende überstehende Stretchfolie leicht zusammenzieht.

Für das Strangwickelverfahren werden der erste und der letzte Ballen des Stranges manuell mit normaler Silofolie eingeschlagen, bevor der Strangwickler acht Lagen Stretchfolie darumwickelt. Die Ballen werden mit einem Stempel an den bestehenden Strang gepresst. Lohnunternehmer Pieter Manke überzeugt sich von der korrekten Fertigstellung des Ballenstranges. 

Erträge und Futterwertparameter

Die Ernte der Luzerne erfolgte im Stadium der Knospe mit Ausnahme des zweiten Schnitts 2021, bei dem der Bestand zur Gewährleistung der Ausdauerfähigkeit in voller Blüte stand. Im zweiten Nutzungsjahr konnten aufgrund der Etablierung des Bestandes und der geschlossenen Narbe höhere Erträge erzielt werden (Tabelle 1). Verglichen mit den Flächenerträgen 2021 des Dauergrünlandes schnitt die Luzerne etwas besser ab, insbesondere wurden trotz geringerer Nutzungsintensität und ohne N-Düngung höhere Jahres-Rohproteinerträge erzielt.

Da es sich bei Luzerne aufgrund der hohen Rohproteingehalte und der damit verbundenen hohen Pufferkapazität um eine schwer silierbare Futterpflanze handelt, wurde besonderes Augenmerk auf den Anwelkprozess gelegt. Bei allen Ernten war ein Anwelken über 30 % Trockenmasse (TM) möglich, bei guter Witterung sogar auf 40 bis 45 % TM. In Kombination mit dem Einsatz biologischer Siliermittel (rein homofermentative oder homo- und heterofermentative Milchsäurebakterien) konnten die pH-Werte tief genug abgesenkt und Fehlgärungen wirksam vermieden werden.

Zwei Erntetermine wurden hinsichtlich der Silagequalität und des Futterwertes genauer unter die Lupe genommen. Hierzu wurden je zehn Ballen des zweiten Schnitts 2020 und des ersten Schnitts 2021 auf Paletten gelagert, um zur Bestimmung der Silierverluste Wiegungen zu ermöglichen. Vor dem Öffnen zur Verfütterung wurden diese Ballen beprobt. Die Ergebnisse finden sich in Tabelle 2.

Kurze Zeit nach dem Fertigstellen und Ablegen des Ballenstranges war als sichtbares Zeichen für die Gasdichtigkeit des Systems die Ausbildung einer Gasblase an den Enden zu beobachten.

Die Silagen des zweiten Schnitts 2020 zeichneten sich durch höhere Rohasche- und Proteingehalte aus, wofür einerseits die noch lückige Narbe, andererseits der höhere Blattanteil am Gesamtbestand verantwortlich war. Im zweiten Nutzungsjahr war die Narbe dichter und der Anteil der faserreichen groben Stängel gegenüber dem Vorjahr höher, was auch am höheren Rohfasergehalt erkennbar ist. Der im Ausgangsmaterial nur begrenzt verfügbare Zucker wurde fast vollständig zu Milch- und Essigsäure umgesetzt.

Der Besatz mit Hefen und Schimmelpilzen lag in den meisten Silagen unterhalb der Nachweisgrenze. Die Silagen waren im Labor über sieben bis zehn Tage aerob stabil, wobei die Tests jeweils nach dieser Zeitspanne abgebrochen wurden. Die hohe aerobe Stabilität bestätigte sich auch während der Verfütterung der Ballen, Nacherwärmung oder Schimmel wurden an den „Versuchsballen“ nicht beobachtet. Schimmelbefall trat nur dann in einzelnen Ballen auf, wenn diese Beschädigungen der Folie aufwiesen oder aufgrund eines zu geringen Vorschubs zu lange im Ballenstrang der Luft ausgesetzt waren.

Parallel zu den „Versuchsballen“ wurden Laborsilierversuche mit verschiedenen TM-Stufen und Siliermitteln angelegt, die Ergebnisse dazu werden in der nächsten Ausgabe veröffentlicht.

Grobstängeligkeit, Schnittqualität und Steine

Besonders auffällig an den Luzernesilagen waren die teilweise noch langen, groben Stängel. Vermutlich wurden diese längs in die Presse gezogen und deshalb nicht geschnitten. Gerade bei den in Vollblüte befindlichen Pflanzen, die zur Ernte bereits ins Lager gegangen waren, trat dieses Problem häufiger auf.

Die Silierung der Luzerne war erfolgreich, es traten keine Fehlgärungen auf. Auffällig waren die groben und teilweise ungeschnittenen Stängel, die von „verwöhnten“ Milchkühen gerne aussortiert wurden.

Bei den im Strang gewickelten Ballen wurde an den Rändern bewusst ohne Messer gearbeitet, damit die Ballen beim Transport und Auflegen auf das Wickelgerät formstabil blieben. Die groben, langen Stängel verblieben bei den Fütterungsversuchen häufig im Trog. Um dieses Aussortieren zu vermeiden, ist dieses Jahr geplant, die Luzerneernte mittels Feldhäcksler durchzuführen und die einzelnen Schnitte übereinander im Fahrsilo zu silieren. Andere Landwirte berichteten beim jüngsten Luzerne-Praktikertreffen von ihren guten Erfahrungen mit Häcksel- und Sandwichsilagen.

Des Weiteren wurden regelmäßig Steine aus den Wiegetrögen entfernt, die anscheinend über den Schwader/die Pick-up mit in die Ballen gelangten. Mit voranschreitender Etablierung des Bestandes nahm die Kontamination mit Steinen ab. Ein Lösungsansatz wäre hier das manuelle Absammeln auch kleiner Steine, was sicherlich aus arbeitswirtschaftlicher Sicht kritisch zu sehen ist. Weitere Lösungen bestehen etwa in der Erhöhung der Schnitt- und Arbeitshöheneinstellungen oder der Verringerung der Fahrgeschwindigkeit beim ­Schwaden.

Fazit

Trotz der Einstufung der Luzerne als schwer silierbare Futterpflanze gelang die Silierung sowohl in einzelnen Rundballen sowie im Ballenstrang gewickelt fehlgärungsfrei. Die Silagen zeichneten sich dabei durch hohe Rohprotein- und auch Fasergehalte aus. Die Herausforderungen bezüglich Steinbesatz und Schnittqualität sollen in den nächsten Nutzungsjahren gelöst werden. Mehr zum Thema Luzerne in der kommenden Ausgabe im Bauernblatt.

Bewertung von Ferkelaufzuchtfutter I und II

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Von Juli bis September 2022 wurden in Schleswig-Holstein zwei Ferkelaufzuchtfutter vom Verein Futtermitteltest (VFT) beprobt, überprüft und bewertet.

Durch Mitarbeiter der Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein und der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein wurden die Proben direkt bei Anlieferung des Futters auf den Betrieben gezogen. Nach Untersuchung im Labor der Agrolab Lufa Kiel erfolgte die Bewertung beim VFT. Sobald hier eine Abweichung von der Deklaration oder den Vorgaben und Richtwerten festgestellt wird, wird das Futter durch ein zweites Labor überprüft. Dadurch wird die Gefahr von Analysefehlern minimiert und tatsächliche Abweichungen werden abgesichert.

Hinweise zur Vorgehensweise des VFT bei der Bewertung der Futtermittel, zu Anforderungen und fachlichen Vorgaben sind im Internet unter futtermitteltest.de zu finden. Über diese Seite ist ebenfalls ein Zugriff auf die Ergebnisse verschiedener Futtertypen in den einzelnen Regionen möglich.

Ferkelfutter aus Schleswig-Holstein

Es wurden insgesamt sechs Futter aus fünf Mischfutterwerken untersucht. Es handelt sich um fünf Ferkelaufzuchtfutter I (FAZ I) und ein Ferkelaufzuchtfutter II (FAZ II). Für das FAZ I werden je nach Hersteller und Produkt unterschiedliche Einsatzzeiträume benannt. Für das FAZ II ist ein Einsatzzeitraum ab 20 kg bis acht Wochen nach dem Absetzen angegeben.

Fünf der sechs getesteten Aufzuchtfutter enthielten einen Phytasezusatz. Die deklarierten Energie- und Proteingehalte der FAZ I lagen zwischen 13,5 und 15,6 MJ ME/kg beziehungsweise 17,0 und 18,8 % Rohprotein. Das FAZ II war mit einem Energiegehalt von 13,6 MJ ME/kg und einem Rohproteingehalt von 17,5 % deklariert. Die in der Schweinefütterung zuerst limitierend wirkenden Aminosäuren Lysin und Methionin wurden im FAZ I je nach Futter mit 1,30 bis 1,49 % Lysin und 0,36 bis 0,62 % Methionin angegeben. Für das FAZ II waren Gehalte von 1,23 % Lysin und 0,39 % Methionin mit dem Zusatz von Methi­onin-Hydroxy-Analog (MHA) angegeben. Die Kalzium- und Phosphorgehalte sind ebenfalls der Tabelle 1 zu entnehmen.

Kommentierung der Ferkelaufzuchtfutter

Bei Überprüfung der Deklarationen nach futtermittelrechtlichen Vorgaben durch die Laboranalysen konnten fünf der sechs Futter die deklarierten Werte im Rahmen der Toleranzen einhalten.

Das FAZ I der Firma BAT wies einen Energie-Untergehalt auf und wurde daher mit der Note „3“ bewertet (Tabelle 2). Eine ausreichende Versorgung mit Energie und allen wichtigen Aminosäuren ist für eine gute Gesundheit und Zunahme wichtig.

Da die Bezeichnung FAZ I beziehungsweise II nicht eindeutig ist, sind generell Hinweise auf den Einsatzbeginn (x kg Lebendgewicht) notwendig. Ein Einsatzbeginn mit entsprechender Gewichtsangabe wird leider nur von einigen Herstellern mit aufgeführt.

Die vorliegenden Testergebnisse beziehen sich ausschließlich auf die geprüften Futterchargen und dürfen nicht generell für die Beurteilung der Futtertypen herangezogen werden. Sie lassen ebenfalls keine Rückschlüsse auf die übrigen Produkte der beteiligten Mischfutterhersteller zu.

Die Prüfung von Mischfutter durch den VFT wird insbesondere durch Zuschüsse des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.

Energiekosten fallen

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Die Bezugspreise für Erdgas und Strom sind an den Spot- und Terminmärkten deutlich gefallen. Die Verbraucher zahlen jedoch weiterhin die deutlich erhöhten Energiekosten. Viele Kunden fragen sich, ob die zuletzt erhöhten Preise noch gerechtfertigt sind oder dies nur für überhöhte Gewinne der Energiehändler sorgt.

Corona und der Ukraine-Krieg haben auch die Energiemärkte kräftig aufgemischt. Die Preise sind im Jahr 2022 deutlich gestiegen. Im Jahr 2021 bewegten sich zum Beispiel die Terminkurse für Erdgas um die 20 €/MWh. Die Auswirkungen der Corona-Krise sorgten dann bereits im Januar 2022 für einen Anstieg der Notierungen auf bis zu 130 €/MWh. Auf diesem Niveau lag der Kurs auch nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine. Im Spätsommer zogen die Erdgaskurse dann auf bis zu 340 €/MWh an. Vor allem nach der Sprengung der Gasleitung Nordstream 2 in der Ostsee machten sich viele Sorgen um die Gasversorgung für den kommenden Winter. Seitdem hat sich die Lage auf den Energiemärkten spürbar beruhigt. Die Versorgungsängste schwinden. Hohe Speicherstände in den Lagerstätten für Erdgas und ein bislang recht milder Winter sorgen für fallende Kurse. Mitte Januar notierte der Terminkurs Dutch TTF Natural Gas bei 64 €/MWh. Dies ist zwar unter dem Vorkriegsniveau, aber immer noch dreimal so hoch wie Mitte 2021.

Günstiger Windstrom

Ursache für den Preisrückgang ist neben den milden Temperaturen auch die hohe Stromproduktion durch Windräder. Dadurch haben viele Gaskraftwerke die Erzeugung elektrischer Energie gedrosselt. Auch die Inbetriebnahme der LNG-Gasterminals sorgt für erhöhte Gasimporte und einen Anstieg der Speichermengen. Die Gefahr einer Gasrationierung, vor allem für die Industrie, hat sich dadurch reduziert. Trotz der deutlichen Preisabschläge im Gaseinkauf halten sich Preisrücknahmen für die Verbraucher in Grenzen. Bei einem Anbieterwechsel sind jedoch mittlerweile Einsparungen möglich. Auf jeden Fall lohnt es sich wieder, die Tarife verschiedener Anbieter zu vergleichen. Bei Neukundenpreisen wurde der Höchststand Anfang September 2022 mit 40 ct/kWh erreicht – aktuell liegt der Preis bei etwa 14 ct. Die Gaspreisbremse der Bundesregierung gilt ebenfalls ab Januar. Sie deckelt den Gaspreis für Verbraucher für 80 % des Grundbedarfs bei 12 ct. Sie wird zum 1. März 2023 eingeführt und gilt rückwirkend auch für Januar und Februar. Gasversorger sollten die günstigen Einkaufspreise so bald wie möglich an ihre Kunden weitergeben – denn die Differenz zwischen Großhandelspreisen und Verbraucherpreisen ist groß und lässt sich nicht unbedingt mit den Steuern und Gebühren erklären. Bei den zuletzt stark gefallenen Preisen rechnet die Bundesnetzagentur damit, dass ein Preisplateau erreicht worden ist, mit dem man die nächsten ein bis zwei Jahre rechnen kann.

Wie wirkt die Strompreisbremse?

Auch die Großhandelskurse für Strom sind zum Jahresbeginn deutlich gefallen. Ein Grund war sicherlich auch hier die hohe Produktion an preiswertem Windstrom. Zeitweise sind die Notierungen am Spotmarkt in den negativen Bereich gerutscht. Viele Stromanbieter haben sogar zum Jahresbeginn die Preise erhöht. Am Terminmarkt EEX wurde der höchste Kurs Ende August mit 1.419 €/MWh notiert. Mittlerweile hat sich der Kurs auf 124 €/MWh reduziert. Für die Verbraucher bleiben jedoch die Strompreise sehr hoch, auch wenn die Notierungen zurückgehen. Bei einem Wechsel des Anbieters müssen Mitte Januar Neukunden noch etwa 42 ct/kWh zahlen. Mitte Dezember lag der Kurs hier noch über 50 ct/kWh. Auch wenn die Anbieter auf die hohen Gebühren und Steuern verweisen, sind mittlerweile deutlich preiswertere Tarife möglich. Die beschlossene Strompreisbremse soll auch hier die Verbraucher entlasten. Für 80 % des bisherigen Verbrauchs, die über 0,40 €/ kWh für Strom liegen, übernimmt der Staat die Kosten. Auch wenn diese Maßnahme vielen Bürgern Entlastung bringt, gibt es Kritik. So könnte sich der weitere Rückgang der Energiepreise durch die Gas- und Strompreisbremse verzögern, da sich viele Anbieter an den Kostensätzen der Preisbremsen orientieren. Dazu kommt, dass gerade Großabnehmer (mit oftmals hohen Einkommen) am meisten von diesen Maßnahmen profitieren.

Die Moorbirke – Baum des Jahres 2023

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Als der Autor vor 40 Jahren in die forstlichen Kinderschuhe schlüpfte, galt die Moorbirke bei Waldeigentümern als forstwirtschaft­liches Unkraut. Sie sei „zu Holz gewordenes Gras“, meinte der Lehrförster damals. Diese Sichtweise hat sich geändert, und die Moorbirke wurde jetzt sogar zum Baum des Jahres gewählt.

Früher durfte man die Birken als Schüler aus den jungen Forstkulturen herausmähen und sich damit ein schmales Zubrot verdienen. Bei gröberen Stämmen wurde zur Heppe gegriffen. Wertvolle Kulturpflanzen sollten durch die „verdämmende“ Baumart nicht zu Schaden kommen. Auch im späteren Jungwuchs- und Durchforstungsstadium galten Birken als Störenfriede. Sie waren als „Baumpeitscher“ und Kronenbeschädiger von Fichte und anderen Laubgehölzen unter den Forstleuten verschrien. Kurzum, die Birke war im forstlichen Wirtschaftswald nicht gewünscht.

Hoffnungsträger der bäuerlichen Gesellschaft

Ein Blick in die Geschichte der Waldnutzung in Schleswig-Holstein zeichnet ein ganz anderes Bild. Schon früh wusste die bäuerliche Gesellschaft die Birke mit ihren vielen Vorzügen zu nutzen. „Ötzi“, der Steinzeitmensch aus Südtirol, trug bereits vor 5.000 Jahren einen Becher aus Birkenrinde für seine Wegzehrung mit sich. Von den Blättern über die biegsamen Zweige bis hin zum brennbaren Holz fand die Moorbirke vielfältige Verwendung in der Land- und Hauswirtschaft. Sie öffnete als stockausschlagfähige Baumart der bäuerlichen Niederwaldwirtschaft den Weg. Noch heute erkennt man die Zeugen einer solchen Nutzung im Wald.

Charakterbaum der Kulturlandschaft

Mit der Moorbirke als Baum des Jahres 2023 ehren wir ein Gehölz, das uns daran erinnert, wie wichtig es ist, Moore zu schützen und wiederzuvernässen. Doch die Heimat der Moorbirke ist in Deutschland selten geworden. Nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz sind Moorbirkenwälder gesetzlich geschützt.

In Schleswig-Holstein finden wir die Moorbirke (Betula pubescens), auch Bruchbirke, Haar- oder Besenbirke genannt, auf den Geesten und Marschlandschaften mit anmoorigen Böden. Die Moorbirke erreicht eine Höhe bis zu 20 m. Die weiße, zumeist abschilfernde Rinde charakterisiert das Gewächs. Moorbirken durchdringen mit ihren Wurzeln den Standort nur oberflächlich bis 40 cm. Das flache Wurzelsystem verbleibt oberhalb der anstehenden Wasseroberfläche und kann oftmals sehr ausladend sein. Die Pionierbaumart blüht bereits früh im Alter von fünf bis zehn Jahren. Im April/Mai hängen zirka 4 cm lange Fruchtkätzchen an den Zweigen. Die männlichen Kätzchen beinhalten rund fünf Millionen Pollenkörner, die bis zu 2.000 km weit fliegen können. Ihre Samenfülle reicht an die 4 kg pro Baum.

Die Moorbirke ist überaus kälteunempfindlich. Sie besiedelte nach der Eiszeit als erste Baumart den Kontinent. Als Pionierart vermag sie sich auf einer Freifläche schnell auszubreiten. Der moderne, naturnahe Waldbau lässt der Birke mittlerweile eine besondere Rolle zukommen. Die relativ kurzlebige Lichtbaumart bietet durch ihr rasches Jugendwachstum den forstempfindlichen Schattholzarten einen wärmenden Schirm. Als sogenannter Vorwald ist die Birke folglich besonders geeignet. Die Blätter bilden nährstoffreichen Laubstreu, verbessern die Bodengare und das Bestandesinnenklima.

Die Birke ist nicht nur im ökologischen Sinn ein Multitalent. Sie hat auch ökonomisch viel zu bieten. Das feuchtigkeitsliebende Moorgehölz lässt sich bei einer guten Pflege zu gradschaftigen, wipfelschäftigen Stämmen erziehen. Bei einer frühzeigen Astung und kontinuierlicher Kronenpflege erwachsen in weniger als 80 Jahren astfreie Furnierstämme. Birkenfurnier erzielt in Schweden und Norwegen Spitzenpreise.

Das Holz wird heute vor allem im Innenausbau verwendet. Möbel aus Massivholz oder bisweilen aus Sperrholz sind nach wie vor gefragt. Auch die Tischler in Schleswig-Holstein schätzen das Birkenholz beim Drechseln kunst- und handwerklicher Gegenstände. Indigene Bevölkerungen nutzen die Birkenrinde als Ausgangsmaterial für Trinkgefäße. In Nordeuropa und Sibirien findet man Dächer und sogar Schuhwerk aus Birkenrinde. Auf den schmalen Lamellen der äußeren, abziehbaren Rinde schrieben frühere Generationen.

Als Brennholz bietet die Birke ein wunderschönes Flammenbild im Kamin. Sie brennt sogar im feuchten Zustand. Die Rinde enthält Betulinkristalle. Die äußere Hülle erhält dadurch ihre wasserfesten Eigenschaften. Wir schätzen die Birke auch als zierendes Gehölz auf Kirchenfesten und als Maibaum. Der Liebsten wird als Brauch ein geschmückter Birkenstrauch in den Vorgarten gesetzt.

Selten, deshalb schützen

Die Moorbirke ist eine Spezialistin für nährstoffarme Böden. Ideale Bedingungen findet sie in Mooren und anmoorigen Standorten. Um die Birke in den Waldbau einzubinden, bedarf es einer vorausschauenden Planung. Auf grundfrischen Standorten vergesellschaftet sich die Moorbirke gern mit der Schwarzerle und der Flatterulme.

Die Birke besiedelt als einzige Laubholzart die sehr sauren Moor- und Feuchtlandschaften in Schleswig-Holstein, die erhebliche CO2-Mengen binden können. Damit wirken sie neben dem Wald als Klimaschützer. Man finder unterhalb des Moorgehölzes oftmals Heidel- und Rauschbeeren, Torfmoose, Seggen und Wollgräser. Moorbirkenwälder weisen eine hohe Artenvielfalt auf. Spezialisierte Käferarten, Zikaden, Wanzen oder Schmetterlingsarten erhöhen die Biodiversität.

Intakte Moorlandschaften sind in Deutschland selten geworden. Lediglich 5 % der einstigen Moore gelten als intakt. Mit der Wahl zum Baum des Jahres soll die Moorbirke dazu beitragen, das einzigartige Ökosystem Moor zu erhalten.

Kreative Wollfans drehen am Rad

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Etwas Schönes mit den eigenen Händen zu gestalten und dabei das Stresslevel zu reduzieren, bedeutet für viele Menschen Ausgleich zum Berufsalltag. Andere starten, wenn die Kinder aus dem Haus sind, oder im Rentenalter noch einmal kreativ richtig durch. Eine Folge: Das Spinnen mit dem Handspinnrad ist im Kommen. Spinnkurse erfreuen sich wachsender Beliebtheit.

Fast 100 Spinner verwandelten am Sonnabend das Gettorfer Gemeindehaus in ein Zentrum wolliger norddeutscher Kreativität. Das privat organisierte Treffen von Handspinnern aus den norddeutschen Bundesländern fand zum ersten Mal 2008 statt und seitdem jedes Jahr im Januar, wenn nicht gerade Corona war. Kamen in den Anfangsjahren etwa 40 Spinner, sind es längst um die 100. Als der ursprüngliche Raum in Schinkelerhütten zu klein wurde, zog das Treffen in das Gettorfer Gemeindehaus um. „Es gibt kein Programm, aber dadurch, dass wir so viele verschiedene Teilnehmer sind, kann sich jeder viele Anregungen holen.“

Kuschelige Alpakawolle sowie gestrickte und gewebte Produkte aus Alpakawolle

Alle Teilnehmerinnen – es kommen überwiegend Frauen zu den Treffen – verbindet ihr Hobby des Handspinnens. Die meisten von ihnen sind aber nicht nur Spinnerinnen. Einige von ihnen halten auch Schafe oder Alpakas und verarbeiten die Wolle von Anfang an bis zum fertigen Kleidungstück. Sie waschen, kardieren und färben die Wolle selbst, sie filzen, spinnen, stricken, weben. Fast alle Teilnehmerinnen verarbeiten Schafwolle von den unterschiedlichsten Rassen. Aber auch Wolle von Alpakas, Kaninchen und Hunden wird verarbeitet, ebenso Seide und andere Edelfasern. Die meisten haben Kostproben ihres kreativen Schaffens mitgebracht oder tragen sie selbst.

Die meisten Teilnehmerinnen kommen nicht allein, sondern mit ihrem Spinnkreis. Spinnerinnen haben sich zu informellen Gruppen zusammengeschlossen, in denen sie sich regelmäßig zum Spinnen treffen, Material und Erfahrungen austauschen.

Benita Davidoff übergibt an Felmer Spinnkreis

Benita Davidoff aus Großkönigsförde, die das Nordspinner-Treffen erfunden und bisher jedes Jahr organisiert hatte, übergab ihr Amt bei diesem Treffen an ihre Nachfolgerinnen – die Frauen vom Felmer Spinnkreis. „Loslassen ist ja nicht immer leicht, aber jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Ich weiß, dass meine Nachfolger in guter Weise weitermachen werden. Sabine Bauer brennt so richtig für textile Techniken, dass ich mir da keine Sorgen machen muss. Sie übernimmt auch meine Kurse“, so die 71-Jährige. Sabine Bauer gehört zum Felmer Spinnkreis, der ab nächstem Jahr das Treffen organisieren wird. In diesem Jahr war es zum Übergang ein Gemeinschaftswerk.

Benita Davidoff hat früher in einer Behindertenwerkstatt gearbeitet. „Mich hat fasziniert, wie die behinderten Mädchen gesponnen haben. Das wollte ich auch.“ Sie hat dann schnell gemerkt, dass das Spinnen einfacher aussieht, als es tatsächlich ist. Sie vergleicht es gern damit, Autofahren zu lernen. „Da muss man Kupplung, Bremse und Gas bedienen können und außerdem noch auf den Verkehr achten.“ Beim Spinnen müsse man Hände und Füße koordiniert bewegen. Anfänger nutzten deshalb häufig ein Spinnrad, bei dem sie nur einen Fuß bewegen müssten.

Alpakas, Kaninchen, Schafe und Seidenraupen

Stefanie Kruth, Elke Mletzeck und Heidi Haltermann gehören zum Spinnkreis Barmstedt im Kreis Pinneberg. Ihre Wege zum Spinnen waren sehr unterschiedlich. Heidi Haltermann hatte mit ihrem Mann eine Baumschule betrieben. Als die nächste Generation übernahm, zog sie sich zurück und startete noch einmal neu durch – mit Alpakas. Eine Verwertungsmöglichkeit für die Wolle hatte sie anfangs noch nicht, also begann sie mit dem Spinnen. Stefanie Kruth lernte das Spinnen bereits sehr früh – in ihrer Schule in Friedrichsort – und sie bleib dabei. Elke Mletzeck erinnerte sich nach dem Tod ihrer Oma daran, dass die immer gesponnen hatte. Damals lebte sie im Ausland. Als sie zurückkam, war das alte Spinnrad bereits entsorgt. Sie appelliert an alle, die Spinnräder im Nachlass ihrer Lieben finden, diese nicht wegzuwerfen, sondern sie Handspinnern zu überlassen.

Heidi Haltermann, Stefanie Kruth und Elke Mletzeck (v. li.) vom Spinnkreis Barmstedt stricken mit verschiedenen Wollarten und Edelfasern.

Stefanie Kruth pflichtet ihr bei. Sie nutzt selbst ein sehr altes Spinnrad. Sie ist sich sicher, dass dieses Spinnrad mindestens vor dem Ersten Weltkrieg gebaut wurde. Trotz aller Nachforschungen hat sie bis heute noch nicht herausgefunden, von welcher Firma es gebaut wurde. Auch das Textilmuseum Neumünster, in dessen Besitz sich das gleiche Modell befindet, hat dies bisher nicht in Erfahrung bringen können. „Vielleicht weiß dies ja ein Leser des Bauernblattes?“, hofft sie. Sie selbst macht sehr gute Erfahrungen mit ihrem alten, unbekannten Spinnrad. „Ich kann auch sehr feine Fasern darauf spinnen“, sagt die passionierte Seidenspinnerin.

Die drei Frauen vom Spinnkreis Barmstedt ergänzen sich bestens. Während Heidi Haltermann eine ganze Herde von Alpakas in zwei verschiedenen Rassen hält, hat Stefanie Kruth beste Beziehungen zu einem Seide verarbeitenden Betrieb, von dem sie Reste aufkauft, die sonst weggeworfen würden. „Das ist Nachhaltigkeit.“ Elke Mletzeck schließlich hat Beziehungen zu einem Angorakaninchenzüchter in Schleswig-Holstein. Hier weiß sie, dass der Tierschutz eigehalten wird. „Ich würde nie Kaninchenwolle aus dem Ausland kaufen, wo ich befürchten muss, dass die Tiere gerupft werden.“ Schafwolle kaufen sie zu, denn keine der drei Frauen hält eigene Schafe. Die drei Spinnerinnen färben mit ökozertifizierten Farben, probieren aber auch Naturmaterialien zum Färben aus. Kreativ sind sie aber nicht nur beim Färben. Aufgrund ihrer Materialauswahl kreieren sie auch immer wieder neue Fasermischungen.

Wenn Beruf und Hobby eine Verbindung eingehen

Jutta Kohlbeck-Gangl betreibt mit ihrem Mann zusammen in Wahrendorf im Kreis Ostholstein einen Biobauernhof. Obwohl sie eigentlich bereits im Rentenalter ist, hält sie 80 Schafe, die sie direkt vermarktet. Zum Spinnen und Stricken bleibt da wenig Zeit. Denn um die Tiere kümmert sie sich allein, ihr Mann ist für die Technik zuständig. „Allein im letzten Jahr hatten wir 145 Lämmer.“ Doch den Spinnkreis am Bungsberg lässt sie sich nicht nehmen. Jutta Kohlbeck-Gangl kennt sich mit Schafen aus. Sie weiß, dass die Wolle von Milchschafen eine Wolle für Anfänger ist und dass sich die Wolle von Bergschafen besonders gut zum Filzen eignet. Die Vielfalt an Schafrassen in Schleswig-Holstein ist sehr groß, was für Spinnerinnen und Menschen, die gerne echte Schafwolle weiterverarbeiten, den Vorteil hat, dass sie eine große Auswahl haben, denn jede Rasse liefert andere Wolle, sodass die unterschiedlichsten Effekte erzielt werden können. Für professionelle Schafhalter ist das aber auch ein Nachteil. „Es gibt in Schleswig-Holstein meist nicht genug gleiche Wolle für eine Partie. Deshalb gibt es hier auch keine Firma, die professionell Schafwolle wäscht. Die nächste Firma ist in Belgien.“

Torsten Schumacher mit seiner Kardiermaschine

Einer der wenigen Männer im Raum ist Torsten Schumacher. Er leitet die tiergestützte Förderung in der Tagesförderstätte „Die EckernFörderer“, in der behinderte Menschen arbeiten. Damit hat er das Spinnen zum Beruf gemacht. „Die EckernFörderer“ halten aber nicht nur Schafe und verarbeiten die Wolle gemeinsam mit den Behinderten. Hier entstehen auch Spinnräder und Kardiermaschinen. Eine wichtige Besonderheit bei „Die EckernFörderer“ ist, dass die Schafe nicht geschlachtet werden. Die „Schaffelle“, die die Werkstatt verkauft, haben Schafen gehört, die immer noch auf der Weide unterwegs sind. Tatsächlich handelt es sich um keine echten Felle, sondern um Wollvliese, die auf der Rückseite so gut gefilzt sind, dass sie zusammenhalten wie ein Fell. In den Sommermonaten verkauft die Werkstatt ihre Produkte wieder auf dem Eckernförder Wochenmarkt. 

Susanne Scheidt aus Schönwalde und Jutta Kohlbeck-Gangl aus Wahrendorf (v. li.) an ihren Spinnrädern

Das neue Gold in der Landwirtschaft?

Organische Dünger, insbesondere Gülle aus Vieh haltenden Betrieben, werden in Zukunft in weitaus größerem Umfang in Ackerbaubetrieben eingesetzt werden müssen, um den Nährstoffbedarf der Kultur­pflanzen trotz knapper Mineraldünger zu decken oder um die regionalen Nährstoffüberschüsse in Gebieten mit hoher Vieh­haltungsdichte zu vermindern. Neben der Notwendigkeit, die Ausbringung organischer Dünger in Entstehungsregionen zu verringern, kann die effiziente Nutzung organischer Dünger zur Verminderung des Einsatzes mineralischer Dünger beitragen und somit die N-Intensität der deutschen Landwirtschaft insgesamt und die mineralische N-Düngung verringern.

Ein zentraler Grund für den hohen Mineraldüngereinsatz in Betrieben mit organischer Düngung ist, neben der zum Teil schwer kalkulierbaren zeitlichen Verfügbarkeit von Nährstoffen aus Wirtschaftsdüngern, die große Streuung der tatsächlichen Nährstoffgehalte (Abbildung 1), auch in vermeintlich homogenen Wirtschaftsdüngern, und die dadurch bedingte Unsicherheit bei der Düngeplanung und -applikation. Nennenswerte Fortschritte in der Nährstoffnutzungseffizienz sind zu erwarten, wenn Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter mit genauen Angaben zu den Nährstoffgehalten in Gülle und Gärrest planen und Düngesicherheitszuschläge in Form mineralischer Dünger reduzieren können. Dies gilt gleichermaßen für die Düngeplanung und -dokumentation in Wirtschaftsdünger abgebenden Betrieben als auch für aufnehmende Betriebe, sowohl in Überschuss- als auch in Zuschussregionen.

Wie die Nährstoffgehalte richtig ermitteln?

Nach den Vorgaben der DÜV müssen die Nährstoffgehalte in Wirtschaftsdüngern vor der Ausbringung bekannt sein. Die Ermittlung der Nährstoffgehalte kann dabei nach Standardtabellenwerten (Richtwerten für die Düngung) oder nach wissenschaftlich anerkannten Analysemethoden (im Labor) erfolgen. Die Deklaration der Inhaltsstoffe mit diesen Verfahren ist oftmals nicht ausreichend, da mit ihnen ungenaue Angaben erzeugt werden können.

Die größten Fehler bei der Quantifizierung der Nährstoffkonzentrationen mittels Laboranalyse entstehen bei der Probennahme und dem Homogenisieren der Lager. Viele Lagerbehälter lassen sich nur unzureichend aufrühren (zu kleine Rührwerke) oder können überhaupt nicht homogenisiert werden (Unterstalllagerung). Die hier genannten Fehlerquellen können auch durch eine genaue Laboranalyse nicht mehr ausgeglichen werden. Zudem vergehen von der Probennahme bis zur Vorlage der Analyseergebnisse teilweise bis zu zwei Wochen. Standardrichtwerte geben nur den Durchschnittswert aus einer Vielzahl von Betrieben mit dem gleichen Haltungs- und Fütterungsregime wieder. Es ist kein tatsächlicher Wert, der die Situation des Einzelbetriebes darstellt. Neben den ungenau erfassten Inhaltsstoffen in organischen Düngern und den unterschiedlichen Düngerbedarfen der verschiedenen Kulturen in Interaktion mit den Standorten besteht in der bedarfsgerechten flächigen Dosierung der Nährstoffe aus den organischen Düngern große Variabilität.

In Abbildung 1 ist die Variabilität von 41 Fassbefüllungen bei Sauengülle dargestellt, im Durchschnitt der 41 Messungen wurden 3,06 kg Gesamtstickstoff je Kubikmeter ausgebracht – im Minimum 1,70 kg/ m³ und im Maximum 4,30 kg/m³. Die betriebseigene Probe vor der Ausbringung betrug 1,83 kg N/m³ und der Richtwert der Landwirtschaftskammer Niedersachsen beträgt 3,70 kg N/ m³. Diese Streuung ist für eine bedarfsgerechte pflanzenbauliche Anwendung zu hoch und kann nur durch kontinuierliche NIRS-Sensormessungen hinreichend erfasst werden.

Zusätzlich zur schlechten Homogenisierung in den Lagerbehältern kann sowohl eine ungleichmäßige Nährstoffkonzentration der organischen Dünger in dem Transportbehälter (Sedimentation) als auch eine ungleichmäßige Ausbringung mit dem Applikationssystem zu diesem Problem beitragen. Eine zu geringe oder überhöhte Dosierung oder zu konzentrierte Ablage kann den Ertrag und die Qualität des Ernteguts beeinflussen. Dies kann von einer ungleichmäßigen Abreife über das Nichtausnutzen des standortspezifischen Ertragspotenzials durch Nährstoffmangel oder Lagerbildung, herabgesetzte Kornqualitäten bis hin zu einer lokal überhöhten Nährstoffversorgung mit gesteigertem Risiko von Nährstoffverlagerung und -verlust mit einem anschließenden Eintrag in Grund- und Oberflächengewässer führen.

Neben der Kenntnis der Nährstoffzusammensetzung der organischen Dünger vor der Ausbringung sind auch während der Applikation Informationen zur Zusammensetzung und Ausbringmenge erforderlich, um teilflächenspezifische Nährstoffmengen zu dokumentieren und zu bilanzieren. Dies ist vor allem bei inhomogenen Chargen wichtig. Hierfür stehen mit einer Echtzeitanalyse (Abbildung 1) durch reflexionsoptische Systeme (zum Beispiel Nah-Infrarot-Reflexions-Spektroskopie – NIRS) technische Lösungen zur Verfügung, die jedoch bis jetzt nur vereinzelt in der Praxis verbreitet sind.

36 m Schleppschlauchverteiler eines Lohnunternehmers in der Region

Welche Vorteile hat der Einsatz von NIRS?

Der Vorteil des Einsatzes der NIRS-Messmethode zur Bestimmung der Nährstoffkonzentrationen in flüssigen organischen Düngern liegt in der einfachen und kontinuierlichen Erfassung der Inhaltsstoffe und ihrer Konzentrationen während der Befüllung der Tankfahrzeuge beziehungsweise der Ausbringung der flüssigen Wirtschaftsdünger. Schwankungen der Nährstoffkonzentrationen könnten hierdurch erfasst und eine bedarfsgerechte Bestandsdüngung erleichtert werden. Zusätzlich ist durch die digitale Erfassung der Inhaltsstoffe eine deutliche Verringerung des Dokumentationsaufwands möglich.

Die Heterogenität in Boden und Relief bedingt sehr stark unterschiedliche N-Nachlieferungen und damit Düngebedarfe, die die Effizienz beeinflussen. Schleswig-Holstein ist durch seine drei Naturräume mit ihren naturräumlichen Eigenschaften und zusätzlich durch die Nähe zu Nord- und Ostsee geprägt. Getreide, Raps und Mais sind die wesentlichen Kulturen.

Die Effizienz von eingesetzten Wirtschaftsdüngern hängt neben standortspezifischen und klimatischen Faktoren maßgeblich vom TS-Gehalt der eingesetzten Wirtschaftsdünger ab. Daher ist die Erfassung der unterschiedlichen organischen Wirtschaftsdünger mittels NIRS-Technik die Basis für die Modellregion. Rinder-, Schweine- und Biogasanlagen liefern unterschiedliche Wirtschaftsdünger. Diese sind in ihrem TS-Gehalt und der inhaltsstofflichen Zusammensetzung sehr unterschiedlich. Die Praxis zeigt außerdem, dass auch die Nährstoffverteilung im Güllelager aufgrund der unterschiedlichen TS-Verteilung sehr verschieden sein kann, was durch Homogenisieren/Aufrühren zeitweise kompensiert werden kann. Auch hier gilt es, die Unterschiede zum Entnahmezeitpunkt mittels der NIRS-Technik zu erfassen und die Ausbringmenge daran anzupassen (Abbildung 1). Diese Unterschiede gilt es zu quantifizieren und bezogen auf die innerbetriebliche Nährstoffverteilung zu optimieren.

Kontinuierliche Beprobung macht Sinn

In der Tabelle sind die verschiedenen Messmethoden auf einem Betrieb in Schleswig-Holstein dargestellt, der die gesamte Rindergülle mit Zusatz Nachwachsender Rohstoffe (Nawaro) in der Biogasanlage verwertet. Auch hier ist das Ergebnis der einmaligen Beprobung das Maß für die Bemessung der auszubringenden Menge an Wirtschaftsdünger. Über die gesamte Frühjahrssaison wurde hier mit NIRS nährstoffabhängig dosiert. Da die Nährstoffgehalte geringer waren als bei der Beprobung, konnten insgesamt 1.537 m³ mehr ausgefahren werden, um die 170 kg N/ha zu erreichen. Die zum Versuch gezogenen Proben (n = 25) ergaben die niedrigste Nährstoffkonzentration. Es zeigt sich auch hier, dass eine kontinuierliche Erfassung der Nährstoffkonzentration dichter an der Wirklichkeit ist als sporadische Beprobungen mit zeitlichem Versatz, bis das Ergebnis vorliegt.

Ökologisches und ökonomisches Potenzial

Die Heterogenität der Naturräume bedingt auch die Nährstoffspeichervermögen und das Nachlieferungspotenzial. Das Herden- und Fütterungsmanagement beeinflusst die inhaltsstoffliche Zusammensetzung der organischen Wirtschaftsdünger. Angesichts weiterhin schlechter Grundwasser- und Luftqualität liegt in der Verbesserung der Verwertungseffizienz organischer Dünger im Ackerbau ein erhebliches ökologisches und ökonomisches Einsparpotenzial. Ausgehend von knapp 1 Mio. ha landwirtschaftlich genutzter Fläche in Schleswig-Holstein und einem angenommenen N-Einsparpotenzial von bis zu 50 kg N/ha bei einer von 50 auf 80 % gesteigerten Wirkung ergeben sich 50.000 t N-Einsparung pro Jahr. Gemäß Sachverständigenrat für Umweltfragen (2015) gelangen 70 % dieses Überschusses ökosystemwirksam in die Umwelt. Daraus lässt sich ableiten, dass der präzisen Abschätzung der N-Nachlieferung aus organischen Düngern eine zentrale Rolle zur Steigerung der N-Effizienz zukommt.

Wie Tabelle und Abbildung 2 zeigen, hat der Betrieb zu wenig Wirtschaftsdünger ausgebracht, einzig im Lager 4 wurde ein höherer Nährstoffgehalt mittels NIRS gemessen. Diesen Mangel hätte der Betrieb wahrscheinlich mit zusätzlichem Mineraldünger ausgeglichen, um seinen Ertrag zu sichern.

Wie verbreitet ist NIRS in der Praxis?

Der Sensoreinsatz gliedert sich in der Praxis meist in verschiedene Ausbaustufen. Strukturell bedeutet das: Die Erstnutzer von NIR-Sensoren sind meist die klassischen Vieh haltenden Betriebe, die sich klar auf das Herdenmanagement und die Prozesse im Stall konzentrieren. Für diese Betriebe kommt häufig eines der 356 landtechnischen Lohnunternehmen in Schleswig-Holstein beim Ausbringen der organischen Wirtschaftsdünger zum Einsatz. Die landtechnischen Lohnunternehmen bilden im Land den Multiplikator für die NIRS-Technik, vor allem auf dem Geestrücken in den Veredlungsregionen. Die landtechnischen Lohnunternehmen sind in Bezug auf die effiziente Arbeitserledigung hoch technisiert. In Bezug auf die NIRS-Technik sind derzeit allerdings nur etwa sieben bis zehn Lohnunternehmen mit der Echtzeitanalytik am Güllefass ausgestattet. Der Dienstleistungssektor in Schleswig-Holstein mit seinen Lohnunternehmen ist somit als relevante Anwendergruppe für den Sensoreinsatz auf allen Ausbaustufen im Modellvorhaben einzustufen.

Die Auswirkung auf die Lagerkapazität im dargestellten Beispiel ist nur kurzfristig wirksam, da der frei gewordene Lagerplatz über das Jahr wieder mit Wirtschaftsdünger gefüllt wird. Lediglich in dem Fall, dass weniger Gärreste ausgebracht werden als zuvor geplant, sollte an eine Separation gedacht werden oder eine Abgabe der Gärreste an Ackerbaubetriebe in Betracht gezogen werden.

Fazit

Die moderne NIRS-Technologie bietet mit der kontinuierlichen Messung viele Vorteile und ist mit hoher Wahrscheinlichkeit genauer als eine einmalige Beprobung. Mit dem Einsatz der Technik wird die Heterogenität von Gärrest und Gülle erfasst und für eine bedarfsgerechte Düngung nutzbar gemacht. Mit dem Wissen über die Nährstoffgehalte können folglich Stickstoffeinträge in die Umwelt und ein ineffizientes Nährstoffmanagement vermieden werden. Damit besteht rechnerisch bei fast allen Kulturen und dem geltenden Düngevorgaben die Möglichkeit, nahezu 100 % der Bestände aus Wirtschaftsdüngern zu versorgen. Das Modell- und Demonstrationsvorhaben wird gefördert aus Mitteln des BMEL.

Premiere up Platt in Dibberns Gasthof

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Eine Premiere up Platt erlebten 60 Zuschauerinnen und Zuschauer in Dibberns Gasthof. Erstmalig in der Vereinsgeschichte hatten die LandFrauen des OV Kaltenhof-Osdorf und Umgebung zu einem zweieinhalbstündigen bunten Abend eingeladen.

Zu dem plattdeutschen Theaterabend mit diversen Darbietunge, bei dem auch Raum für Begegnungen und Klönschnack blieb, kamen 60 Gäste. Margret Schröder und Maren Kohrt begeisterten das Publikum mit zwei Sketchen. Die beiden Freundinnen zogen herrlich bissig über das männliche Geschlecht und die verhasste weibliche Konkurrenz her. Dabei kam heraus, dass sie nicht nur bissig tratschen konnten, sondern auch über Leichen gingen. Mit vergifteter Pilzsuppe hatten sie nachgeholfen, wenn ihnen unliebsame Mitmenschen im Wege standen. Beim Schnack auf der Bank gerieten sie sich, sehr zum Vergnügen des Publikums, allerdings auch gegenseitig in die Haare, um am Ende aber wieder versöhnt Arm in Arm die Bühne zu verlassen.

Danach betrat Frauke Armborst die Bühne. Die LandFrau verstand es, die Zuhörerinnen und Zuhörer mit ihren vorgetragenen Geschichten, die besinnlich, aber auch heiter waren, in den Bann zu ziehen. Sie zog dabei Parallelen zu ihrer eigenen Geschichte und erntete oftmals verständiges Nicken und Schmunzeln des Publikums.

Ann-Kathrin Lorenz trug abschließend das Gedicht „De Harvst“, das die Vorzüge des Herbstes schilderte, sehr einfühlsam vor. Detlef Schröder stimmte zwischen den einzelnen Beiträgen vier plattdeutsche Lieder auf der Gitarre an, bei denen die Gäste gerne mitsangen. Das Publikum dankte allen Vortragenden mit viel Applaus.

Das Publikum erlebte bei der Premiere up Platt einen unterhaltsamen Abend.

Fotos: Marlies Sommer

Digitale Kommunikation  ohne „Funklöcher“

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Mit einem Praxisworkshop bietet der LandFrauenverband Schleswig-Holstein ein neues Seminar an, um die Vorstandsarbeit auf das digitale Zeitalter umzustellen. Am 17. und 24. März wird IT-LandFrau Inke Studt-Jürs die Teilnehmerinnen coachen, damit Terminplanung, Datenaustausch und Projektmanagement künftig möglichst effektiv digital laufen.

Erfahrungen hat Studt-Jürs dafür unter anderem im vergangenen Jahr bei den LandFrauen im Herzogtum Lauenburg gesammelt, die ihre Arbeit bereits umgestellt haben. Daher kennt sie auch die Probleme, die bisher auftraten, sehr genau. Oft scheitere die Kommunikation mit digitalen Medien an einer konsequenten Anwendung, so die IT-LandFrau gegenüber dem Bauernblatt. Das passiere zum Beispiel, wenn Absprachen zu einer Veranstaltung wechselweise per Whats­App und E-Mail getroffen würden. Wichtig sei ebenfalls ein digitaler Terminplan, der allen zugänglich sei. Genau darum geht es im Seminar, aber auch um den Datenaustausch über Clouds, das Erstellen von Anmeldeformularen auf der Webseite des Vereins, Online-Protokolle, die für alle Vorstandsmitglieder zugänglich sind, und die Planung von Veranstaltungen.

Das Seminar findet an beiden Tagen jeweils von 9 bis 16 Uhr im EDV-Raum der Deula in Rendsburg am Grünen Kamp statt. Anmeldung bis 2. Februar unter landfrauen-sh.de

Minimaler Rückgang für regionale Produkte

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Aus Medien wie Fernsehen und Internet ist bekannt, dass regionale Produkte von den Verbrauchern immer stärker gefordert werden. Während der Corona-Pandemie hat der Verkauf von regionalen Produkten stark zugenommen. Doch wie sah das im Jahr 2022 aus? Steigende Preise infolge der Inflation und des Krieges in der Ukraine haben das Jahr geprägt. Wie entwickelte sich daraufhin die Nachfrage nach regionalen Produkten? Antwort auf diese Fragen bekam der Agrarausschuss der Laju bei einem Treffen mit Vertreterinnen der Rewe Nord in Rendsburg.

Zunächst gaben die Gäste Isabel van der Walle (Category Management, Leiterin Regionalität) und Ute Lüthje (Lokalitätsbeauftragte für Schleswig-Holstein und Hamburg) einen Überblick über Rewe Nord und darüber, wie sich die über 800 Märkte des Unternehmens verteilen. Zum Einzugsgebiet der Rewe Nord zählen die Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen, der Nordosten von Nordrhein-Westfalen sowie die Freien und Hansestädte Hamburg und Bremen. Zudem wurde die Frage beantwortet, was eigentlich regionale Produkte sind. Bei Rewe muss der wertgebende Bestandteil des Produkts aus dem jeweiligen Bundesland oder einer topografischen Region wie dem Alten Land stammen, um als regional bezeichnet zu werden Des Weiteren muss der Verarbeitungsort/Firmensitz im selben Bundesland oder derselben topografischen Region liegen. Hierbei wird der erste und gegebenenfalls auch der zweite Produktionsstandort berücksichtigt. Zu den am meisten regional vermarkteten Produkten gehören vor allem Eier, Obst und Gemüse, Backwaren sowie Fleisch- und Milchprodukte.

Mit der Lokal-Partnerschaft bietet Rewe auch kleineren Betrieben die Möglichkeit, ihre Produkte regional zu vermarkten. Hierbei spielt eine nachhaltige Zusammenarbeit eine wichtige Rolle. Die Rewe Group und ihre Kaufleute haben vier Themenfelder definiert, die für den Konzern die Grundlage für die Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten bilden. Diese reichen von der verlässlichen Vertragspartnerschaft über die faire Bezahlung von Lieferanten und die Nutzung gemeinsamer Netzwerke bis hin zur Umsetzung gemeinsamer Projekte zum Schutz von Tier und Umwelt.

In der anschließenden Diskussion wurden viele weitere Fragen beantwortet und ein Einblick in die Vermarktung von regionalen Lebensmitteln gegeben. So interessierte die Mitglieder des Agrarausschusses, wie ein Betrieb lokaler Partner von Rewe werden kann. Zunächst werde im gemeinsamen Gespräch geprüft, wie die Partnerschaft aussehen könnte. Gespräche würden dabei stets auf Augenhöhe geführt, betonten die Gäste. Die gegenseitige Wertschätzung sei hierbei enorm wichtig für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Für den Vertrieb werde zunächst festgestellt, wie weit das Produkt vertrieben werden soll. Anfangs werde mit einem Radius von 50 km um den Betrieb gestartet. Hierbei habe der Lieferant die Auswahl, einen oder auch mehrere Märkte zu beliefern. Dies werde komplett an die Bedürfnisse des Lieferanten angepasst.

Auf die Frage, welcher Bedarf an regionalen Erzeugnissen weiterhin in Schleswig-Holstein und Hamburg bestehe, wurden Produkte wie Honig, Säfte, Molkerei- und Wurstprodukte genannt.

In den Märkten sind die lokalen Artikel auf Sondermöbeln zu finden, die mit dem gelben Schild „Aus deiner Region“ gekennzeichnet sind. Ein Beispiel für die Lokalpartnerschaft ist die Kooperation mit der KäseStraße in Schleswig-Holstein.

Aber wie sieht der Trend für die Nachfrage nach regionalen Produkten aus? Aufgrund der Inflation sei ein minimaler Rückgang zu verzeichnen, so die Antwort der Rewe-Vertreterinnen. In dieser Zeit sei es ein Anliegen von Rewe, die Lieferanten zu halten und vor allem weiterhin zu unterstützen. In Notsituationen solle nach Möglichkeit eine Lösung gefunden werden. Bei Rewe sei man sich sicher, dass die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln auch in Zukunft bestehen werde, betonten die Gäste von Rewe. Deshalb setze das Unternehmen weiterhin auf Regionalität und Projekte wie „Rewe gibt Bienen ein Zuhause“, bei dem Bienen in geschützten Außenbereichen von Rewe-Märkten gehalten werden und der dabei gewonnene Honig in diesen Märkten vertrieben werde. Rewe arbeite bei diesem Projekt vor Ort eng mit Imkern zusammen. Zudem würden die Kunden durch verschiedene Kampagnen auf die Themen Regionalität und Saisonalität aufmerksam gemacht und für einen bewussten Einkauf sensibilisiert.

Mitglieder des Agrarausschusses informierten sich unter anderem über die aktuelle Nachfrage nach regionalen Produkten. Foto: Felix Dähn

Vom lebenden Tier zu Rinderhälften

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Früher war Schlachten auf dem eigenen Hof eine Selbstverständlichkeit. Heute gibt es das kaum noch, und wenn, dann unter höchsten Auflagen. Sogar nur gut ein Drittel der Fleischerbetriebe schlachtet noch selbst. Bei Innungsmeister Roland Lausen in Silberstedt, Kreis Schleswig-Flensburg, durfte der Bauernblattreporter bei einem Schlachtvorgang dabei sein – vom lebenden Tier bis zu den Rinderhälften.

Hier noch am Leben: der eindreiviertel Jahre alte Ochse aus Demeter-Haltung

„Komm, mein Süßer!“, lockt Roland Lausen das Rind in das Gatter – ein fast zwei Jahre alter Ochse von einem Demeter-Betrieb, rund 500 kg Lebendgewicht, ein schönes, sauberes Tier. Es ist unruhig, „aber nur weil das hier neu ist für ihn“, meint Lausen.

Plötzlich ein Schuss mit dem Bolzengerät auf die Stirn – sofort sackt das Rind zusammen. Dass es bewusstlos ist, erkennt der Schlachter daran, dass es keine Lidbewegungen mehr vollführt.

Aufgehängt an den Hinterbeinen, erfolgt die Tötung. Mit einem Messerschnitt schlitzt der Schlachter die Kehle auf bis zur Brust, das Tier verblutet. Das soll nicht fotografiert werden.

Kopf und Innereien für den Fleischbeschauer.

Dann folgt das Enthäuten, alles nur mit mit dem Messer aus der Hand, selbst das Entfernen des Kopfes. „Man muss nur wissen, wo man schneiden muss.“ Die Innereien werden entnommen – kein schönes Bild, aber kaum Geruchsentwicklung. Früher wurde alles weiterverarbeitet, auch das Blut, heute kaum etwas, es gibt keinen Bedarf. Zum Schluss wird das Rind zerteilt – der einzige Vorgang mit einer Maschine. Für den ganzen Prozess braucht Lausen normalerweise eine halbe bis eine Stunde.

Was bleibt von dem Erlebnis? Vor allem sehr viel Respekt vor dem Tier. 

Nach dem Teilen kommen die Rinderhälften ins Kühlhaus. Fotos: Tonio Keller