Er ist wieder da: Donald Trump hat die Wahl zum US-Präsidenten haushoch gewonnen und ein historisches Comeback geschafft. Er ist Nachfolger seines eigenen Nachfolgers. Dieses Kunststück ist bisher nur dem Demokraten Grover Cleveland gelungen, der 1892 seinen Nachfolger Benjamin Harrison geschlagen hat. Trump hat die Stimmenmehrheit in den umkämpften Bundesstaaten Pennsylvania, Wisconsin, Georgia und North Carolina erreicht, damit war ihm der Sieg nicht mehr zu nehmen. Bei der Stimmenauszählung brachte es der 78-Jährige am Mittwochabend auf 294 Wahlleute, gereicht hätten 270. So unterliegt nun mit Kamala Harris zum zweiten Mal eine Kandidatin der Demokraten, die als erste Frau ins Weiße Haus einziehen wollte, gegen Trump. 2016 schlug er die einstige US-Außenministerin und Präsidentengattin Hillary Clinton. Trump konnte auf ganzer Linie reüssieren. Er hat nicht nur die Wahl gegen die Demokratin Kamala Harris für sich entschieden. Die Republikanische Partei des zukünftigen Präsidenten steht auch davor, die Mehrheit im Senat und Repräsentantenhaus zu übernehmen.
Trumps Wahlsieg spiegelte sich auch an den Finanz- und Agrarmärkten. Die großen USBörsenindizes sind mit satten Gewinnen in den Handel gestartet. Der US-Dollar hat deutlich an Wert gewonnen und den Euro schon in der Nacht zum Mittwoch unter Druck gesetzt. Die Getreidenotierungen in den USA sind abgerutscht, denn der stärkere US-Dollar mindert die Wettbewerbsfähigkeit der US-Agrarprodukte im internationalen Handel. Auf die US-Farmer könnten harte Zeiten zukommen. Die Getreidepreise könnten unter Druck geraten, wenn der neue Präsident die Zölle für China erhöht, wie er es vor seiner Wahl angekündigt hat: Er wolle einen Zoll von 60 % auf chinesische Waren und eine Abgabe von mindestens 10 % auf alle anderen Importe erheben. Was Trump mit dem Agrarsektor vorhat, ist noch nicht ganz klar. Seine vorherige Amtszeit konzentrierte sich auf die Steigerung der Produktivität, die einherging mit Lockerungen für die ökologische Nachhaltigkeit. Die Landwirte konnten sich zudem über hohe Kompensationszahlungen freuen, die während des Handelskrieges zwischen den USA und China flossen.
Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel, sieht das Ergebnis der US-Wahl so, dass mit der erneuten Wahl Trumps der ökonomisch schwierigste Moment in der Geschichte der Bundesrepublik beginne, „weil zur inneren Strukturkrise nun massive außenwirtschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderungen auf uns zukommen, auf die wir nicht vorbereitet sind“.
Während Trump sich in Florida von seinen Anhängern feiern ließ, implodierte am Abend in Berlin die Ampelkoalition. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entließ Finanzminister Christian Lindner (FDP). Das Vertrauensverhältnis sei zerrüttet. Scholz kündigte an, er stelle am 15. Januar die Vertrauensfrage. Nach fast genau drei Jahren endet damit das Dreierbündnis der Ampel-Koalition.
Die Wahl von Donald Trump in den USA ist ein lauter Weckruf, aber kein Grund zum völligen Verzweifeln, ebenso die Auflösung der Ampel-Koalition in Berlin. Erkenne die Muster für die nächste Wahl: Trump erreichte seine Anhänger emotional, mit Wut, falschen Aussagen und Versprechungen. Genauso agieren hierzulande die Parteien an den extremen Rändern, das haben die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gezeigt. Wir müssen aufmerksam sein und uns wehren gegen Fake-News und Diffamierung. Ein entschiedener Einsatz für Demokratie und Freiheit ist jetzt umso mehr gefragt.
Mechthilde Becker-Weigel