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Sorgenkind Gesundheitswesen

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Um Millionenverluste, Personalmangel und Klinikschließungen, aber auch um die Frage, wie die Gesundheitsversorgung im Jahre 2025 aussieht, ging e in einer Diskussionsrunde in der Koogs­halle bei Bredstedt. Gut 250 Besucherinnen und Besucher kamen zu der von LandFrauen und das Klinikum Nordfriesland gemeinsam organisierten Versammlung.

Vier Impulsreferate bildeten die Grundlage für die anschließende Diskussion. Den Anfang machte Dr. Jens Lassen, Vorsitzender des Hausärzteverbands Schleswig-Holstein, aus Leck. Während seiner Ausführungen zu „Das Ende der Einzelpraxis? Haus- und Fachärzte auf dem Lande“ appelliert er an die Kultusminister und die Ministerpräsidenten der Länder, endlich den „Masterplan Medizinstudium 2020“ umzusetzen. Darin gehe es um mehr Studienplätze, eine praxisnahe Ausbildung und die Stärkung der Allgemeinmedizin. Lassen macht aber auch deutlich, dass junge Ärzte kaum mehr Interesse hätten, sich 70 Stunden pro Woche auf eigenes wirtschaftliches Risiko in die Patientenversorgung einzubringen. Neue Formen der Versorgung müssten gefunden werden, damit die Nachwuchsärzte in einem abgesicherten Angestelltenverhältnis praktizieren könnten. In diesem Punkt seien unter anderem auch die Kommunen gefordert.

Stephan W. Unger, Geschäftsführer des Klinikums Nordfriesland, wartete in seinem Vortrag „Droht eine Katastrophe? Die Situation der klinischen Versorgung in der Fläche“ mit dramatischen Zahlen auf: Die Krankenhäuser in Deutschland machten aktuell jeden Monat 740 Mio. € Verlust. „Unsere Sorgen, Nöte und Wünsche haben wir Gesundheitsminister Lauterbach im Sommer bei einem Besuch in Husum vorgetragen – bislang passiert ist nichts“, fasst er zusammen.

Monika Steensen, seit 40 Jahren Hebamme im Krankenhaus Husum, schlug den Bogen zu geburtshilflichen Versorgung mit der rhetorische Frage: „Geburtshilfe in Schleswig-Holstein: Mehr als 100 Kilometer zum nächsten Kreißsaal?“. Sie führte dem Publikum vor Augen, wie Personalmangel, schlechte Vergütungen und das Haftungsrecht die geburtshilfliche Versorgung in Schleswig-Holstein inzwischen dezimiert hätten. Von einstmals 25 Geburtskliniken seien derzeit noch 18 übrig. Nach den Planungen aus Berlin könnte diese Zahl auf nur noch acht schrumpfen. Als Monika Steensen an die Politik appelliert, eine flächendeckende geburtshilfliche Versorgung zu erhalten, brandet Applaus auf.

Den letzten Impuls gab Silke Bichel, Pflegedirektorin im Klinikum Nordfriesland: Sie referierte über den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen, der bereits heute in Kliniken, Praxen und Altenheimen angekommen sei. Durch die Verrentung der „Babyboomer“ werde sich die klaffende Lücke noch weiter vergrößern. Diesem Trend sei nur durch mehr Wertschätzung für die Pflegeberufe, eine Ausweitung der pflegerischen Fachlichkeit, flexiblere Arbeitszeitmodelle und eine Entbürokratisierung zu begegnen. „Eine Studie zeigt, dass aktuell 300.000 Pflegekräfte in den Beruf zurückkehren würden, wenn die Bedingungen besser wären“, so Bichel.

Auf Nachfrage, wie es um den Einsatz von ausländischen Pflegekräften stehe, erläuterte sie, dass das Klinikum entsprechend aktiv sei. Allerdings müssten auch die Behörden Gas geben. Die Prüfung auf Anerkennung von ausländischen Ausbildungen und die Erteilung von Arbeitserlaubnissen verliefen viel zu schleppend.

Der Diskussionsabend des LandFrauenverbandes und des Klinikums Nordfriesland gab den Beteiligten auf jeden Fall einen sehr guten Einblick in die schwierige Situation, vor der das Gesundheitswesen steht. Klar wurde auch, dass auf politischer Ebene an vielen Stellschrauben nachjustiert werden muss. Die Botschaft vom Podium lautete auch, dass dabei alle Bürger mitwirken könnten, zum Beispiel indem sie ihre politischen Vertreter vor Ort ansprächen und mehr Druck aufbauten. Zudem werde künftig vielleicht auch wieder die Gemeindeschwester reaktiviert, wie es ein Besucher vorschlug. Und noch ein Aspekt wurde hervorgehoben: Neben jungen Auszubildenden seien in der Pflege auch bereits Personen aus anderen Berufsgruppen als Umschüler willkommen. Weitere Informationen dazu unter klinikum-nf.de/karriere

Michael Mittendorf/pm

Auf dem Podium (v. li.) Stephan W. Unger, Dr. Jens Lassen, Moderator Carsten Kock, Magret Albrecht, Monika Steensen und Silke Bichel Foto: Michael Mittenddorf/pm

Großes Fotoshooting 

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Im Rahmen des LandFrauenforums in Neumünster wurden zahlreiche LandFrauenFrauen für ihre Arbeit im Vereinsvorstand mit Ehrennadeln oder der Silbernen Biene ausgezeichnet. Martina Greve vom Kreisverband Steinburg wurde in Abwesenheit die Goldene Ehrennadel verliehen. Zugleich wurden neue Ortsvorsitzende und Team-Vorstände begrüßt. Maja Meiners bat alle zum Fototermin. Im aktuellen Bauernblatt erscheinen dazu zwei Bilderseiten.



Sandra Wiese vom OV Hessenstein (li.) wurde mit der Silbernen Ehrennadel ausgezeichnet. Ihre Nachfolge als Vereinsvorsitzende tritt Susanne Hoffmann an. Foto: Maya Meiners/lfv

„Wir können uns mehr Flächenverlust nicht leisten“

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Moore wiedervernässen und dabei die Landwirtschaft erhalten – ein Spagat, der Betroffene vor eine Zerreißprobe stellt, vor allem in der Eider-Treene-Sorge-Region. Um die Lage verständlich zu machen, haben Vertreter des Bauernverbandes Schleswig-Holstein Grünen-Landtagsabgeordnete (MdL) und -Mitarbeiter vor Ort getroffen: auf dem Hof Dau in Tetenhusen.

„Es beeindruckt mich, mit welchem Tatendrang die Menschen hier die Herausforderungen angehen“, bekundete Grünen-MdL und -Fraktionsvorsitzender Lasse Petersdotter. Dabei war die Betriebsvorstellung durch Klaus-Peter Dau (besonders die 1-MW-Holzschnitzelheizung für 170 Häuser im Dorf) nur das Warm-up für eine mehr als einstündige Fahrt durch die Tetenhusener und Meggerdorfer Feldmark, immer wieder mit Haltepunkten und Erklärungen.

Geführt wurden Petersdotter, der MdL und Landwirt Dirk Kock-Rohwer, die Grünen-Kreisvorsitzende SL Uta Bergfeld und weitere Grünen-Politiker und -Mitarbeiter von Gastgeber Dau, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes (KBV) Schleswig, Präsident Klaus-Peter Lucht, Thomas Hansen, KBV-Vorsitzender Nordfriesland und wie Dau im Landesvorstand, sowie Mitarbeitern im Hauptamt des BVSH.

Gespräch auf dem Hof Dau.  Fotos: Tonio Keller

Was sich der gut dutzendstarken Gruppe überall vermittelte: Wassermanagement ist eine komplexe, diffizile Angelegenheit. Dau: „Gefüllte Gräben haben nichts damit zu tun, ob das Land trocken und befahrbar ist.“ – Hansen: „Bei vier Wochen Ostwind ist es hier knochentrocken, da können wir vernässen, wie wir wollen.“ – Lucht: „Nicht die Nutzung lässt das Land absacken, sondern die Entwässerung, es braucht ein intelligentes Wassermanagement.“ – Dau: „Wir haben dazugelernt: Nicht nur immer abpumpen! Wasser im Winter anzustauen, tut uns nicht weh und verringert das Absacken.“

Einmütige Botschaft der Landwirtschaftsrepräsentanten: Wir wollen helfen, Moorflächen wiederzuvernässen, wo es sinnvoll ist, aber wir brauchen dafür Ersatz. Lucht: „Wir brauchen unbedingt Flächen, um die Milchwirtschaft in der Region zu erhalten. Wir können uns mehr Flächenverlust nicht leisten.“ Paludikultur könne eine Nische sein, für die Milchbauern biete sie jedoch keine Chance. Das Gebiet zwischen Eider, Treene und Sorge sei eine strukturschwache Region. „Wenn die Landwirtschaft hier weg ist, dann ist hier nichts mehr.“

Was der Bauernverband will: niedere, ohnehin feuchte Flächen vernässen, auf höheren wirtschaften. Und er drängt darauf, dafür Tauschmöglichkeiten zu schaffen, etwa über die Landgesellschaft, mit der derzeit Gespräche laufen.

Das Hindernis: Die Stiftung Naturschutz weigert sich bisher, Tauschflächen anzubieten. Und mehr noch, so die Kritik des Verbandes: Sie kaufe weiterhin Flächen auf dem Wege des Vorkaufsrechts des Landes, laut BVSH etwa 66 ha im Jahr schleswig-holstein-weit. Das Argument, diese Bauern würden ja freiwillig verkaufen, lässt der Verband nicht gelten: Landeigner seien nicht gleich Landbewirtschafter. Ein Bauer könne nicht sicher sein, ob er sein Pachtland nach Ablauf noch zur Verfügung habe.

Dass die Niederungsstrategie gemeinsam mit den Betroffenen vor Ort entwickelt werden soll, ist allgemeiner Konsens, und in den gegründeten Beiräten laufe das auch so – doch nicht auf der Handlungsebene. Hansen: „Die Stiftung macht sich auf den eigenen Weg und schafft Fakten!“

„Wo Interessen aufeinandertreffen, muss geredet werden“, war das Fazit von Pettersdotter. Er erkenne die regionalen Besonderheiten mit den Auswirkungen auf die Menschen, die hier leben, und werde solche Gespräche führen. Im Mai treffen sich Verbände und Ministerien das nächste Mal zur Niederungsstrategie. 

Video (5 min) mit O-Tönen:

Pflanzenschutz-Prognosemodell

Das Prognosemodell SkleroPro steht als Entscheidungshilfe unter isip.de  kostenlos zur Verfügung. Es zeigt schlagspezifisch an, ob eine Blütenbehandlung gegen Sclerotinia scleroti­orum erforderlich ist und ab wann die Applikation erfolgen sollte.

Mit diesem Modell können eigene Beobachtungen unterstützt werden. Auf der Eingabeseite müssen schlagspezifische Informationen wie der Termin des Knospenstadiums (ES 55 = Einzelblüten der Hauptinfloreszenz sichtbar und geschlossen als Beginn der Berechnung bis zur möglichen Infektion in der Blüte), die Fruchtfolge, die Ertragserwartung, der Rapspreis, die Pflanzenschutzmittelkosten und die Überfahrtskosten eingegeben werden. Das Modell ermittelt dann mithilfe von Witterungs­parametern die möglichen Infektionstermine. Eine wirtschaftliche Behandlung wird dann empfohlen, wenn die aktuell berechnete Summe des Infektionsindexes die Schwelle überschreitet. Bei allgemeinen Fragen zu Pflanzenschutz-Prognosemodellen erteilt die Autorin gern Auskunft unter shagen@lksh.de, Tel.: 04 31-94 53-387.

Schleswig-Holstein-Cup – Kampf der Landkreise

Die Teilnehmer des Schleswig-Holstein-Cups sind fleißig dabei, ihre Kilometer zu sammeln. Noch ist Zeit, und es kann sich einiges tun an der Spitze – vor allem in den Einzelwertungen. Silke Falkowski sammelt für den Kreis Schleswig-Flensburg und ist mit ihren Eseln als Säumerin zu Fuß unterwegs.

Im vergangenen Jahr stieß Silke Falkowski im Internet auf den Schleswig-Holstein-Cup. „Ich fand die Idee klasse, Kilometer mit dem Pferd zu sammeln“, erinnert sie sich. Nur hat sie keine Pferde, sondern Esel. Ihre Leidenschaft begann vor 14 Jahren mit dem Einzug der ersten beiden Hausesel Fanny und Felix. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Dirk Clausen betreibt Falkowski den Erlebnisbauernhof Hüsby, Kreis Schleswig-Flensburg. Inzwischen haben die beiden zehn eigene Esel und drei Einsteller, mit denen sie auch geführte Wanderungen anbieten.

Begeistert fragte Falkowski beim Verein für Reit- und Fahrwege Schleswig-Holstein nach, ob sie auch mit ihren Langohren am Cup teilnehmen könne. „Selbstverständlich! Klasse, der erste Esel“, lautete die Antwort. Los ging es. Zwar hielt sich die Kilometerzahl aufgrund der Gelassenheit der Esel stark in Grenzen, „doch steckte die Gelassenheit so sehr an, dass man mitunter die Zeit vergessen hat und einfach nur den Moment mitten in der Natur genossen hat“, berichtet Falkowski.

Im Gesamtranking des Schleswig-Holstein-Cups liegt der Kreis Schleswig-Flensburg mit bisher 4.066 km im Mittelfeld. An der Spitze ist noch immer der Kreis Segeberg mit inzwischen 12.094 km, es folgt Pinneberg mit 9.492 km. Die Segeberger haben zwar auch in der siebten Woche mit 1.598 km die größte Strecke zurückgelegt, doch die Pferdefreunde aus Pinneberg sind ihnen mit 1.391 km dicht auf den Fersen.

Auch die Kreise Ostholstein, Dithmarschen und Kiel-Plön waren in Woche sieben besonders fleißig und haben Plätze in der Wochenwertung gutgemacht. Das schlägt sich in der Gesamtwertung der durchschnittlichen Kilometerzahl pro Teilnehmer nieder: Kiel-Plön hat es hier hauchdünn auf Platz drei geschafft und nur noch einen minimalen Abstand zu Steinburg auf Platz zwei. Mit durchschnittlich 131 km pro Teilnehmer liegt Pinneberg in dieser Wertung deutlich in Führung.

Falkowskis Antwort auf die Frage, was man denn mit Eseln machen könne, ist immer: „Alles!“ Denn Esel seien Wanderkumpel, Spielkameraden, Zuhörer, Therapeuten, Grenzenaufzeiger und Seelentröster in einem. „Wenn man erst das Vertrauen der Tiere gewonnen hat, was wirklich kein Hexenwerk ist, kann man nahezu alles mit ihnen unternehmen“, schwärmt Falkowski.

So wandern sie und Dirk Clausen mit den Eseln quer durch die Republik. Sie waren schon an den unterschiedlichsten Orten, zum Beispiel im Ahrtal, im Harz, im Saarland und am Grünen Band, der ehemaligen innerdeutschen Grenze. „Der Strand in Eckernförde ist genauso spannend wie der Zwergzebuhof in Dannewerk direkt vor unserer Haustür, Haithabu oder auch der Kulturpfad Ellingstedt“, schwärmt sie. Ihre Esel sind außerdem in vielen Einrichtungen unterwegs. Bewohnern von Seniorenheimen, Kindern aus diversen Kita-Einrichtungen und auch Menschen mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen werde durch die Langohren regelmäßig ein Strahlen ins Gesicht gezaubert. pm

Ukrainischer Agrarunternehmer Lissitsa: „Wir müssen siegen“

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Das Präsidiumsmitglied des Ukrainian Agribusiness Club (UCAB) und Chef der Agrar-Unternehmensgruppe IMC, Dr. Alex Lissitsa, spricht im Interview über Landwirtschaft in Zeiten des Krieges, die Zukunft der Ukraine als Agrarexporteur und die Perspektive eines EU-Beitritts.

Seit mehr als einem Jahr ist Krieg in der Ukraine. Wie ist die Lage in den ländlichen Gebieten?

Die Situation ist weiter sehr schwierig. Der Krieg und seine schrecklichen Folgen sind Teil des Alltags. Wer über Land fährt, sieht Beerdigungen in nahezu jedem Dorf. Wir merken es auch unmittelbar in unserem Unternehmen. Wir unterstützen die Familien, die einen gefallenen Soldaten zu beklagen haben, der aus unserem Unternehmen oder zu Bodeneigentümern gehört, mit 1260 €. Die Höhe der ausgezahlten Gelder steigt von Woche zu Woche.

Sie sagten im Herbst vergangenen Jahres der Angriff der Russen habe die Ukrainer zusammengeschweißt. Ist von Kriegsmüdigkeit weiter keine Spur?

Nein, ich spüre davon nichts. Ich habe in den letzten Wochen unsere Betriebe besichtigt und mit vielen Menschen gesprochen. Die Stimmung ist gut. Der Winter war milder als befürchtet. Die Angriffe auf unsere Strom- und Wärmeversorgung hatten nicht die befürchteten Auswirkungen. Jetzt kommt der Frühling, und wir bereiten uns auf die Aussaat vor. Das Einzige, was tatsächlich die Stimmung trübt, sind einige Skandale auf der Regierungsebene, bei denen zumeist Korruption im Spiel ist, beispielsweise beim Einkauf von Nahrungsmitteln für die Armee durch das Verteidigungsministerium.

Sie hatten vor Kriegsbeginn rund 2.000 Beschäftige in Ihrem Unternehmen. Im letzten Herbst waren es 400 weniger. Wie ist der Stand jetzt?
Momentan sind es 1.500, also noch mal 100 weniger. Der Hauptgrund ist, dass weiterhin viele Männer auch aus der Landwirtschaft in die Armee einberufen werden. Da können wir leider nichts tun.

Wie halten Sie die Landwirtschaft mit immer weniger Arbeitskräften am Laufen?

Zuletzt haben wir junge Leute unter 18 Jahren angeworben und sie für einfache Tätigkeiten geschult, etwa Treckerfahren. Unsere Hoffnung ist, dass wir sie im Laufe des Jahres ab und zu einsetzen können. Parallel bemühen wir uns die Männer, die mal bei uns gearbeitet haben und jetzt in Rente sind. Schließlich führen wir zusammen mit der Agraruniversität in Sumy eine Ausbildung für Frauen durch, die in der Landwirtschaft tätig sein wollen. Das ist nicht einfach, weil viele Frauen mit ihren Kindern das Land verlassen haben und niemand weiß, ob sie zurückkehren werden. Sumy liegt im Nordosten der Ukraine und damit nah dran am Kriegsgeschehen.

Wie schwierig ist dort Landwirtschaft?

Ziemlich. Das sehen Sie allein daran, dass Lohnunternehmen nicht unbedingt in diese Region kommen wollen. Gerade heute habe ich erfahren, dass es zuletzt an einem Tag in dieser Region 200 Beschüsse von russischer Seite gegeben hat. Praktisch alle Dörfer an der Grenze sind beschossen worden. Bei einem benachbarten Agrarunternehmen wurden der komplette Maschinenpark und die Siloanlage zerstört.

Ist die Landwirtschaft ein Ziel der russischen Angriffe?

Ich denke mittlerweile, dass die Russen eigentlich gar kein festes Ziel haben oder das Ziel besteht einfach darin, so viel Schaden wie möglich anzurichten. Die haben über vier Monate lang die kritische Infrastruktur bombardiert in der Hoffnung, dass das ganze Land einfriert. Das ist Gott sei Dank nicht passiert. Viele Betriebe haben es in den letzten Monaten geschafft, Dieselgeneratoren zu kaufen. Das hat irgendwie funktioniert, auch weil der Winter einigermaßen mild war. Aber bedenken Sie: Die ukrainische Landwirtschaft sorgt für bis zu 70 % der Exporteinnahmen des Landes. Da ist ganz klar, dass es die Russen auch bewusst auf bestimmte landwirtschaftliche Betriebe abgesehen haben, um die Wirtschaft zu treffen.

Wie viele landwirtschaftliche Flächen sind nicht nutzbar, weil sie vermint sind oder anderweitig etwa durch Raketeneinschlag in Mitleidenschaft gezogen worden sind?

Wir sprechen gegenwärtig von rund 2 Mio. ha, die aus Kriegsgründen nicht bewirtschaftet werden. Wenn dort eine Frontlinie war, sind diese Flächen in der Regel vermint. Auf den anderen liegen meistens Reste von Raketen, Granaten und so weiter. In unserer Firma haben wir während der vergangenen Monate etwa 33.000 ha zusammen mit ukrainischen Spezialisten beräumt. Die Spezialisten erkennen, ob eine Bombe explodiert ist oder nicht. Alles andere wird einfach abtransportiert. Auf diese Weise haben wir 40 t aus Bomben- und Raketenresten von unseren Feldern geholt. Noch immer haben wir 5.600 ha, die an der Grenze zu Belarus und Russland liegen und die wir nicht nutzen können. Letztes Jahr haben wir mit Mühe russische Minen von einem größeren Schlag beseitigen können, als das Feld kurze Zeit später auf einmal erneut vermint wurde, diesmal von unserer Seite, weil man eine Offensive von Belarus aus erwartet hatte. Wir haben das nicht gewusst. Einer unserer Traktoren, ein neuer Fendt-Schlepper, ist in die Luft geflogen. Unser Fahrer hat Gott sei Dank überlebt. Oder nehmen wir ein anderes Beispiel. Wir wollten auf einigen Feldern an der Grenze zu Russland Mais aussäen. Die Militärverwaltung hat das untersagt, weil sich der Feind in Mais- und Sonnenblumenbeständen gut verstecken kann.

Welche Auswirkungen hat das alles auf die Aussaat für dieses Jahr?

Schon im Herbst haben wir gesehen, dass die Ukrainer die Flächen für Winterkulturen um 45 % reduziert haben, weil die Betriebe kein Geld hatten. Wir hatten die Hoffnung, vor allem durch das Getreideabkommen zusätzliche Mengen zu verkaufen und die Einnahmen in diesem Frühjahr für den Anbau zu nutzen. Aber das benötigte Kapital ist nicht da, auch weil das Getreideabkommen nicht so funktioniert, wie wir dachten. Im März gab es nur wenige Exporte durch das Schwarze Meer. Insofern werden die Auswirkungen ziemlich brutal sein.

Was bedeutet das?

Ich gehe davon aus, dass Mais nicht mehr auf 5 Mio. ha angebaut wird, sondern lediglich auf bis zu 3 Mio. ha. Die Ukraine wird zwar nicht komplett vom globalen Maismarkt verschwinden, aber deutlich weniger exportieren als bislang. Beim Weizen ist schon klar, dass wir im besten Fall etwa 15 Mio. t ernten werden. Ob die Qualität noch stimmt, wissen wir nicht, weil die Betriebe beim Dünger sparen müssen. Ich glaube nicht, dass die Ukraine in diesem Jahr überhaupt noch in der Lage sein wird, Brotweizen zu exportieren. Das heißt, die Landwirte werden auf Ölsaaten umsteigen, konkret werden dies Sonnenblumen sein. Ich denke, wir werden in diesem Jahr eine Rekordernte an Sonnenblumen haben. Wir schätzen die betreffende Anbaufläche auf 6,5 Mio. ha bis 7 Mio. ha. Insbesondere in der Westukraine steigen Landwirte jetzt massiv auf Sojabohnen um, eventuell auch auf Sommerraps. Vielleicht gibt es Zuwächse beim Sommergetreide, vor allem bei der Sommergerste. Trotzdem, nach meiner Auffassung werden uns die Zahlen Ende Mai, wenn die Aussaat vorbei ist, negativ überraschen.

Wie sicher sind Sie, dass die Ukraine in diesem Jahr als Exporteur von Brotweizen ausfällt?

Die ukrainische Weizenernte wird – wie bereits gesagt – bestenfalls um die 15 Mio. t liegen. Vor dem Krieg betrug der Binnenverbrauch von Weizen etwa 8 Mio. t. Das Problem ist vor allem die Weizenqualität. Wenn die Landwirte gerade jetzt zu wenig Dünger streuen und am Pflanzenschutz sparen, kriegen wir wahrscheinlich nicht die normale Verteilung von 70 % Brotweizen und 30 % Futterweizen. Stattdessen werden es eher 30 % Brotweizen und 70 % Futterweizen sein. Die meisten landwirtschaftlichen Betriebe, die in der Ukraine zur kritischen Infrastruktur zählen, haben Verträge mit der lokalen Verwaltung geschlossen. Das gilt auch für uns. In einer Vereinbarung mit der lokalen Verwaltung in Tschernihiw verpflichten wir uns, eine bestimmte Menge an Brotweizen zur Verfügung zu stellen. Wir werden diesen Weizen also nicht exportieren können, solange die Verträge mit der lokalen Verwaltung bestehen. Meine Befürchtung ist, Brotweizen wird die Ukraine gar nicht mehr exportieren können.

Wie sieht’s beim Mais aus?

Ähnlich! In den besten Jahren hat die Ukraine im Durchschnitt 5 t Mais pro Hektar geerntet. Wir hatten 10 t/ha, aber das ist die Ausnahme. In diesem Jahr werden wir 4 t/ha ernten. Dann kommen wir landesweit auf eine Gesamtmenge von 12 Mio. t oder 13 Mio. t Mais. Der Binnenverbrauch liegt bei 2 Mio. t. Das heißt 11 Mio. t stehen für den Export zur Verfügung. Normalerweise exportiert die Ukraine um die 35 Mio. t Mais. Bei Gerste wird die Ukraine die Position halten und vermutlich bis zu 5 Mio. t exportieren; das hängt aber sehr stark ab vom Wetter im Süden. Ich bin aber absolut überzeugt, dass wir unsere Position beim Sonnenblumenöl halten werden. Bei Sojabohnen werden wir vielleicht etwas zulegen, aber da spielen wir ohnehin keine große Rolle.

Ist überhaupt genügend Saatgut, Pflanzenschutz und Dünger für die Frühjahrsbestellung da?

Physisch ist alles vorhanden. Was fehlt, ist das Geld. Überhaupt kein Problem gibt es bei der Verfügbarkeit von Saatgut. Auch Pflanzenschutzmittel sind da. Beim Dünger können wir sowohl auf heimische Ware als auch auf Importware zurückgreifen. Probleme bereiten die zeitaufwändigen Zollkontrollen, um die Einfuhr von Düngemitteln aus Russland zu verhindern. Dünger ist teuer und deswegen werden ihn die Betriebe nur sehr sparsam einsetzen.

Das Getreideabkommen mit Russland ist kürzlich verlängert worden. Welche Bedeutung hat das für die ukrainische Landwirtschaft?

Es ist unglaublich wichtig. Die Ukraine exportiert derzeit monatlich rund 6 Mio t, vor allem Getreide und andere Agrargüter, die Hälfte davon auf dem Seeweg über Odessa und das Schwarze Meer. Vor dem Krieg lag dieser Anteil bei 99 %. Die andere Hälfte wird auf dem Landweg per Eisenbahn und Lkw transportiert sowie per Schiff über die Donau.

Wie hoch sind die Transportkosten?

Sehr unterschiedlich. Das Getreideabkommen hilft uns, die Logistikkosten zu reduzieren. Wenn wir in unserem Betrieb ausschließlich über die ungarische oder polnische Grenze exportieren würden, lägen die Logistikkosten für uns zwischen etwa 65 € und 75 € pro Tonne. Wenn wir über Odessa verschiffen, ist es die Hälfte. Das Abkommen erlaubt es uns, die Logistikkosten einigermaßen im Griff zu behalten.

Bleibt derzeit was übrig beim Verschiffen über das Schwarze Meer?

Die Logistikkosten sind im Vergleich zum letzten Jahr spürbar gesunken. Für Mais nach China erzielen wir momentan in Odessa einen Preis von umgerechnet 193 € pro Tonne; in alle anderen Regionen liegen die Erlöse um 9 Euro bis 14 € pro Tonne niedriger. Damit verdienen wir etwa 18 €bis 28 €. Das entspricht einer Marge von 10 %. Damit sind wir zufrieden. Letztes Jahr waren wir bei null.

Bringt die Verlängerung des Getreideabkommens die erhoffte Stabilität?

Nein! Nach Unterzeichnung des Abkommens dauert es in der Regel zwei Wochen, bis der Transport anläuft. In der Zeit müssen Verträge abgeschlossen und die Fracht organisiert werden; der Versicherungsschutz muss wirksam werden. Zwei Wochen vor Abschluss des Abkommens passiert genau das Gleiche. Das bedeutet, wenn wir ein Abkommen für 60 Tage haben, haben wir effektiv nur einen Monat Zeit, um zu exportieren. Dann kommen anstelle von 6 Mio. t nur 3 Mio. t durch die Häfen. Läuft das Abkommen vier Monate, wie die ukrainische Regierung sagt, wäre das deutlich besser, weil wir dann drei Monate Zeit haben. Die Ukraine hat ihr Abkommen mit den Vereinten Nationen (UN) und der Türkei unterzeichnet. Darin stehen 120 Tage. Wir wissen aber nicht, was in dem Abkommen steht, das Russland mit der UN und der Türkei abgeschlossen hat. Die Russen verknüpfen ihre Bereitschaft für ein längerfristig geltendes Abkommen unter anderem mit Lockerungen bei den gegen das Land verhängten Sanktionen. Dahinter steckt auch, dass Russland nach einer Rekordgetreideernte 2022 und des Diebstahls von 10 Mio. t aus der Ukraine gezwungen ist, Getreide zu exportieren. Derzeit sind die russischen Läger voll und die Getreidepreise niedrig. Die Russen wollen zuerst ihr Getreide auf den Markt bringen, und dann kommt die Ukraine. Das ist der Hintergrund für die gegenwärtigen Schikanen wie zweiwöchige Kontrollen der Schiffe und die Drohungen, eine erneute Verlängerung über 60 Tage nicht zu akzeptieren.

In Polen und Rumänien gibt es erheblichen Ärger, weil ukrainisches Getreide den dortigen Erzeugern die Preise verdirbt. Befürchten Sie Gegenmaßnahmen?

Nein! Die Kritik ist aus meiner Sicht nicht berechtigt. Nach Ausbruch des Krieges sind die Getreidepreise weltweit um 20 % bis 30 % gestiegen, auch in Polen. Einige Monate später ist die Ukraine auf den Markt zurückgekehrt und die Preise sind wieder gesunken. Das ist eine normale Entwicklung. Dazwischen haben die polnischen und rumänischen Landwirt gut verdient. Das darf man nicht vergessen. Zurzeit sind auch die Preise in Polen ziemlich niedrig. Das wird sich wieder ändern, wenn die Ukraine im kommenden Herbst vom Weltmarkt wieder verschwindet. Angesichts des Auf-und-Ab ergibt es Sinn, die Preise abzusichern. Das ist jedenfalls sinnvoller, als die Marktentwicklung zu beklagen.

Was erwarten Sie in der gegenwärtigen Lage von der deutschen Agrarwirtschaft?

Das Interesse an der Ukraine ist hoch. Wir arbeiten mit vielen deutschen Partnern zusammen. Im nächsten Jahr werden es zwei Jahre sein, in denen wir nicht in die Landtechnik investiert haben. Ich denke, dann wird es einen Boom bei der Landtechnik geben, aber auch im Hinblick auf Saatgut und Pflanzenschutz. Wir haben auf unserem Betrieb normalerweise 20 eigene Mähdrescher im Einsatz und zusätzlich bis zu 50 von Lohnunternehmen. Dieses Jahr hatten wir so gut wie keine Maschinen von Lohnunternehmen, weil die nicht zu uns wollten. Wir haben bis Anfang März Mais gedroschen. Die Leistung der Mähdrescher lag bei jeweils über 4.000 ha. Das heißt, wir müssen diese spätestens 2024 ersetzen. Dann brauchen wir erstens Mähdrescher und zweitens Geld. Das Gleiche gilt für Sämaschinen und Traktoren. Für die deutsche Agrarwirtschaft und speziell für deutsche Landtechnikhersteller kommen gute Zeiten.

Wird die ukrainische Landwirtschaft den Krieg überstehen?

Einige Betriebe werden es nicht schaffen. In meiner Region im Norden und Nordosten geben derzeit für ukrainische Verhältnisse mittlere Betriebe mit 2.000 ha bis 3.000 ha vermehrt auf. Die haben jetzt kein Geld mehr, die Verpächter zu bezahlen und Betriebsmittel zu kaufen. Zwei Termine werden für Klarheit sorgen: Ende Mai werden wir sehen, wie viel Hektar in der Ukraine ausgesät wurden und Ende August wissen wir, wie viel Weizen wir geerntet haben. Wenn die Wetterverhältnisse nicht gut sein sollten und wir zu wenig Weizen ernten, wird es für viele ziemlich schlecht aussehen.

Wie wird der Krieg enden?

Das hängt sehr von der Gegenoffensive der Ukraine ab. Wir erwarten, dass diese in den nächsten Wochen und Monaten startet. Wenn wir da erfolgreich sind, und davon gehe ich aus, wird unsere Armee bis zum Asowschen Meer vorstoßen. Dann bekämen wir bis Ende des Jahres eine gute Ausgangsbasis für die Kommunikation mit den Partnern und Verhandlungen mit den Russen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, die Ukraine wird den Krieg gewinnen. Allerdings wird am Schluss ein Kompromiss stehen müssen und ein Friedensvertrag ausgehandelt werden. Vielleicht gelingt das bis Anfang nächsten Jahres.

Was wird aus Sicht der Landwirtschaft beim Wiederaufbau das Wichtigste sein?

Wir müssen für uns die Frage beantworten, ob wir in die EU wollen oder nicht. Wenn wir dann in einigen Jahren der EU beitreten wollen, muss wir uns in der Ukraine bewusst sein, dass wir im Land die Voraussetzungen dafür schaffen müssen. Das ist vielen bislang nicht klar.

Was bedeutet das für die ukrainische Landwirtschaft?

Wir müssen unsere Landwirtschaft komplett reformieren. Das erfordern allein die Anforderungen, die in der EU an Umwelt-, Klima- und Tierschutz gestellt werden. Gleichzeitig bin ich mir sicher, dass wir mit unseren großen Flächen und den Digitalisierungsmöglichkeiten gute Chancen hätten, uns einzubringen in die europäische Landwirtschaft. In welchen Strukturen das dann möglich ist, auch darüber müssen wir uns Gedanken machen.

Im vergangenen Jahr waren Sie zeitweise frustriert, überlegten sogar, den Betrieb einzustellen. Jetzt wirken Sie zumindest verhalten optimistisch. Überwiegt jetzt der Wille, diesen Krieg zu überstehen und danach die Landwirtschaft wieder aufzubauen?

Bei mir ja. Ich hatte einen Tiefpunkt im Sommer 2022, als wir nicht exportieren konnten und keine Perspektiven sahen. Aber dann habe ich für mich begriffen, dass eine längerfristige Zeitplanung so gut wie gar nicht möglich ist. Ich habe auch verstanden, dass alles, was wir vor dem Krieg mit Digitalisierung erreicht hatten, nicht mehr läuft. Man muss sich an die Kriegszustände anpassen. Ich investiere inzwischen viel mehr Zeit in meine Mitarbeiter. Ich rede sehr viel mit ihnen und merke, dass viele traumatisiert sind. Das sieht man dann auch am Output. Ich nenne ein Beispiel: Wir haben sechs Dieselgeneratoren im Deutschland gekauft, 184.000 € pro Stück. Wir haben die installiert und zwei Tage später war einer verbrannt, aufgrund von Bedienungsfehlern. Vor dem Krieg wäre der Mitarbeiter wahrscheinlich gefeuert worden. Aber jetzt habe ich erfahren, dass sein Sohn gerade erst an der Front gestorben ist. Vor diesem Hintergrund ist ein kaputter Dieselgenerator nicht mehr so wichtig.

Wie blicken Sie in die Zukunft?

Ich bin nicht euphorisch. Aber ich bin optimistisch, dass wir den Krieg gewinnen werden, damit wir eine vernünftige Zukunft haben. Aber dafür müssen wir noch viel tun. Jetzt ist auch die Zeit für jeden Ukrainer, in die Zukunft zu investieren. Wir sollten uns beispielsweise auch Gedanken machen, wie wir das ukrainische Dorf in Zukunft sehen. Wollen wir es genauso wie in Sowjetzeiten oder wollen wir, dass die Kinder in dem Dorf glücklich sind und die jungen Leute dort leben wollen? Ich denke, die Entscheidung müsste klar sein.

Dr. Alex Lissitsa. Foto: UCAB

Filigraner Blütentanz der Akelei

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Die Akelei gehört zu jenen Stauden, die uneingeschränkt für jeden Garten zu empfehlen sind. Mit ihrer Vielfalt an Formen und Farben und der Blütezeit von Mai bis Juli verschönert sie den Übergang vom Frühling zum Sommer.

Der elegante, zarte und unglaublich fröhlich wirkende Blütenflor der Akelei (Aquilegia) verleiht dem frühsommerlichen Garten einen ganz besonderen Charme. Die zarten Blüten schweben locker über dem Laub. Die graziöse Wirkung kommt besonders gut zur Geltung, wenn mehrere Akeleien der gleichen Sorte in die Rabatte eingestreut werden. Die geschickte Platzierung zwischen Sommer- und Herbststauden verdeckt das nur wenig attraktive Laub nach der Blüte. Dafür eignen sich die verschiedenen Arten des Frauenmantels (Alchemilla), Große Sterndolde (Astrantia major), Maiglöckchen (Convallaria majalis), Storchschnabel-Hybriden (Geranium) wie ‚Sirak‘ oder ‚Rozanne‘ und Purpurglöckchen (Heuchera). Optimale Nachbarn sind auch großblättrige Stauden wie Herbstanemone (Anemone hupehensis), Kerzen-Knöterich (Bistorta amplexicaulis) und Eisenhut (Aconitum). Tipp: Unbedingt einen Abstand von mindestens 30 cm zu den Nachbarpflanzen einhalten, denn die filigranen Akeleien vertragen keine starke Wurzelkonkurrenz. Auch die dominanten Wurzeln von Birken oder Spitz-Ahorn sind in direkter Nachbarschaft problematisch.

Die Farbpalette der Akelei umfasst auch romantisches Rosa. Foto: Karin Stern

Die meist nur kurzlebigen Pflanzen erhalten sich zuverlässig über Selbstaussaat. Wenn man sie lässt, verwildern sie im Garten und tauchen ganz unvermutet an ihnen zusagenden Standorten auf. Immer wieder kommt es zu spontanen Kreuzungen unter den verschiedenen Akeleiarten und -sorten. Gärtner, die den Bestand einer schönen Akelei rein halten wollen, schneiden verwelkte Blüten rigoros zurück, um unerwünschte Sämlinge zu vermeiden. Die Pflanzen müssen aufgrund ihrer Kurzlebigkeit dann jedoch nach einigen Jahren ersetzt werden, wenn ihre Vitalität nachlässt.

Entspannte Gärtner mit einem Faible für Überraschungen erleben nach der Selbstaussaat zahlreiche Variationen in Blütenform, Blütenfarbe und Wuchshöhe. Aus Violett kann Rosa werden, gefüllte Blüten verwandeln sich in die einfache Form. Bei Hybridsorten kann das Ergebnis zwischen frustrierend und beglückend liegen. Gute Sorten fallen in der zweiten Generation vielleicht kümmerlich aus, manchmal gibt es aber auch positive Überraschungen.

Recht bekannt sind die Gewöhnliche Akelei (Aquilegia vulgaris), die Rocky-Mountain-Akelei (Aquilegia caerulea) und die Zwerg-Akelei (Aquilegia flabellata). Sie sind allesamt nicht besonders wählerisch, was den Standort betrifft. Zwar bevorzugen sie einen lehmig-humosen Boden, siedeln sich dennoch gerne überall im Garten an.

Das Violett-Weiß der Akelei ,Swan Violet and White‘ kommt ausgesprochen apart daher. Foto: Karin Stern
Die goldgelben Blüten von ,Yellow Queen‘ (Aquilegia chrysantha) beeindrucken mit ihrer Größe. Foto: Karin Stern


Optimal ist ein durchlässiger, nährstoffreicher und mäßig feuchter Boden. Akelei verträgt ebenso Sonne wie Halbschatten. Hybriden eignen sich für sonnige Standorte besser. An helleren Plätzen fällt der Flor reicher aus. Älter als fünf bis sechs Jahre wird meist keine Pflanze. Eine Teilung ist nicht möglich. Selbst das Umpflanzen gestaltet sich durch die fleischigen, fest im Boden verankerten, karottenartigen Wurzeln schwierig.

,Koralle‘ (Aquilegia caerulea) verbreitet mit kräftigem Gelb und Rot gute Stimmung. Foto: Karin Stern

Die Gewöhnliche Akelei findet als heimische Wildart Verbreitung in ganz Europa. Der Handel bietet die wüchsige Kulturform mit violettblauen Blüten an. Sie eignen sich toll für natürlich wirkende Gehölzbereiche in halbschattiger Lage. Die Blüten schweben auf 50 bis 60 cm langen Stängeln. Die Sorte ‚Grandmothers Garden‘ wirkt mit variablen weißen, rosafarbenen, violetten oder blauen Blüten in einfacher oder gefüllter Form herrlich nostalgisch.

Als Purpur-Akelei wird die Sorte ‚William Guiness‘ manchmal angeboten. Die auffällige Züchtung hebt sich mit ihrer dunkel purpurfarbenen und weißen Zeichnung vornehm und edel wirkend von den anderen Varianten der Gewöhnlichen Akelei ab. Sehr beliebt ist die zweifarbige Sorte ‚Nora Barlow‘, benannt nach der Enkelin von Charles Darwin. Die pomponartigen, rosafarbenen Blüten wirken mit ihren weißen Spitzen überaus apart.

Tolle Blütenfarben bieten alle Formen der Akelei. ,Georgia‘ (Aquilegia caerulea) überzeugt mit Rot und Rosa. Foto: Karin Stern

Die Rocky-Mountain-Akelei wächst mit 80 cm etwas höher. Die robuste und unkomplizierte Art zeichnet sich durch langspornige oder sternförmige Blüten in verschiedenen Farben aus. Im Gegensatz zu anderen Arten zeigen ihre Blüten meist nach oben. Hübsch wirkt ihr charmanter Blütentanz in gemischten Staudenrabatten oder im Bauerngarten. Zu den empfehlenswerten Sorten gehören die Hybride ‚Blue Star‘, auch Blaue Akelei genannt, und die Hybride ‚Kristall‘, die Weiße Akelei. Sie setzt dunkle Gartenecken mit ihrer reinweißen Blüte aufhellend in Szene. Wer gelbe Blüten bevorzugt, wählt die Hybride ‚Maxi‘, die Gelbe Akelei. Die großen, leuchtend gelben Blüten wirken sehr leicht und sehen in der Vase toll aus. ‚Rotstern‘ ist die karminrot-weiß blühende Hybride, die manchmal auch als ‚Crimson Star‘ oder Rote Akelei angeboten wird.

Zwerg-Akelei eignet sich sehr gut zur Bepflanzung von Beeträndern, Steingärten oder als Topfstaude. ‚Ministar‘ wächst halbkugelig kompakt etwa 20 cm hoch und bildet wunderschöne, blau-weiße Blüten. Etwas zierlicher kommt ‚Cameo Rosa-Weiß‘ daher. Die ausgezeichnete Steingartenpflanze überzeugt mit einer aparten zweifarbigen Blüte: Innen weiß, außen rosa, ganz wie es der Sortenname schon nahelegt. Akeleien locken während der Blüte Hummeln und Wildbienen an, werden aber auch gerne von Schmetterlingen und Käfern besucht.

Internationale Bildung im Programm Erasmus+

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Nachdem die letzten Gäste aus Schweden Bad Segeberg am 13. März 2020 verlassen hatten, dauerte es genau drei Jahre, bis der gegenseitige Austausch mit der Partnerschule in Schweden wieder vollständig aufgenommen werden konnte. Sechs junge Schweden verbrachten jetzt drei Wochen in Deutschland und
haben hoffentlich viel über die Arbeit im Wald und die deutsche Forstwirtschaft gelernt.

Am 13. März 2023 begannen fünf Schüler und eine Schülerin des Naturbruksgymnasiet Svenljunga gemeinsam mit zwei Lehrern ihren Deutschlandaufenthalt für drei Wochen an der Lehranstalt für Forstwirtschaft in Bad Segeberg. Schwerpunkt war die gemeinsame Arbeit mit den Auszubildenden zum Forstwirt des dritten Ausbildungsjahres. Im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung stand die Entwicklung von Waldrändern auf dem Lehrplan und wurde gemeinsam von deutschen und schwedischen Schülern umgesetzt.

Als besonderes Highlight gab es noch einzelne starke Fichten und Buchen zu fällen – in Dimensionen, die in ihrer schwedischen Heimat eher selten sind und dort zudem fast immer unter besonderem Schutz stehen. Dabei wurde deutlich, dass es in der Arbeitstechnik hier und da Unterschiede gibt, die Grundprinzipien aber vergleichbar sind.

Einblick in die deutsche Forstwirtschaft

Aber auch die deutschen Auszubildenden haben vom Besuch der Schweden profitiert. So arbeiteten die schwedischen Lehrer mit den hiesigen angehenden Forstwirten weiter an den Forstmaschinensimulatoren. Die deutschen Auszubildenden konnten dabei an den ersten Kontakt mit den Simulatoren aus dem November des vergangenen Jahres anknüpfen und die Zeit an den virtuellen Maschinen nutzen, um ihre ersten Erfahrungen in der Großmaschinenbedienung zu vertiefen. Für fünf der deutschen Auszubildenden geht es ab Ende April zusätzlich für sieben Wochen zum Austausch nach Svenljunga. Hier kommt zum Lernen an Simulatoren auch die Ausbildung auf echten Maschinen in den schwedischen Wäldern hinzu.

Vom Brocken aus konnte die ganze Kalamität der abgestorbenen oder bereits abgeholzten Waldflächen besichtigt werden.

Für die schwedischen Schüler war die gemeinsame Zeit mit den Auszubildenden der Lehranstalt immer wieder durch kleinere Exkursionen in die Umgebung Segebergs unterbrochen. Dazu zählte ein Besuch auf dem Wertholzplatz in Daldorf, wo die Schweden sehen konnten, welche Möglichkeiten in der Wertholzproduktion liegen. Denn hier unterscheidet sich die deutsche Waldbewirtschaftung deutlich von der schwedischen, die eher auf Massenproduktion als auf Wertholzproduktion setzt. Eine weitere Exkursion in ein schleswig-holsteinisches Laubholzsägewerk machte für die Gäste noch einmal das Verwendungspotenzial des hochwertigen Laubholzes deutlich, und in den Wäldern des Gutes Nehmten wurden Forstinventur und Waldbauplanung vorgestellt.

Besichtigung von Schadholzflächen

Das zweite Wochenende ihres Deutschlandaufenthaltes verbrachten die sechs Schweden gemeinsam mit einem deutschen Lehrer auf einer Skihütte im Harz, um sich von dort aus den Nationalpark Harz und die Bewältigung der extremen Schadholzflächen, mehrheitlich durch Borkenkäfer, anzusehen. Einen guten Anfang stellte dabei ein Aufstieg auf den Brocken dar, der entgegen dem typischen Märzwetter (27,6 Nebeltage!) sogar einen Blick in Ferne bot.

Hier wurde das Ausmaß der Kalamität überdeutlich. In alle Richtungen fiel der Blick auf abgestorbene oder bereits vollständig abgeerntete Fichtenbestände. Es zeigten sich ganze Berge vollständig entwaldet. Auch in Schweden gibt es Borkenkäfer, aber aufgrund der kürzeren Vegetationsperiode und der Witterung können sie sich dort bisher noch nicht so schnell vermehren. Für die Gäste aus dem mehrheitlich mit Fichten bestockten Schweden war das sehr eindrucksvoll.

Ein Ranger informierte die Gruppe beim Aufstieg über die Idee und den bisherigen Werdegang des Nationalparks und zeigte dabei auch die natürlichen Entwicklungen auf. Angesichts der vorher flächig mit Fichten bestockten Areale wird auch die kommende Waldgeneration von Fichten geprägt sein. Bei einem genaueren Blick werden jedoch auch verschiedene Laubhölzer und die unterschiedlichen Strukturen in den neu aufwachsenden Fichten deutlich. Seitens des Nationalparks sieht man daher positiv in die Zukunft.

Begrenzung der Borkenkäferverbreitung

Am Folgetag ging es in das staatliche Forstamt Riefensbek, wo die Bewältigung der Kalamität aus forstbetrieblicher Sicht im Fokus stand. Im Bereich des Forstamtes sind in den zurückliegenden fünf Jahren, beginnend mit dem Dürrejahr 2018, weite Teile der Fichtenbestände dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Anders als im Nationalpark versucht man hier, möglichst viel von dem Holz zu nutzen und eine weitere rasante Verbreitung des Borkenkäfers zu begrenzen. Dazu sind die abgestorbenen und befallenen Fichten zu ernten und aus den Beständen zumindest an den Waldweg zu bringen. Angesichts der vielfach nicht befahrbaren Hanglagen hatten die schwedischen Gäste daher die Möglichkeit, einen Seilkran sowie den Einsatz eines Yarders in den Hängen des Forstamtes zu besichtigen.

Yarder-Einsatz im Forstamt Riefensbek zum Schutz der Flächen vor Erosion

Der abgebildete Yarder (oben) arbeitet dabei häufig in Bereichen, die theoretisch noch mit Harvester oder Forwarder befahren werden könnten. Hintergrund ist die besondere Bedeutung des Harzes für die Wasserversorgung bis nach Bremen und Hamburg. Durch die Befahrung mit großen Forstmaschinen kommt es häufiger zum Eintrag von Bodenmaterial in das oberflächlich ablaufende Wasser und damit zum Eintrag in die größeren Stauseen. Der Einsatz von Yarder und Seilkran ist eine kostenintensive Möglichkeit, die Holzernte besser für die Wasserspende zu gestalten. Unterstützt wird der Betrieb dabei durch die Harzwasserwerke.

Thema Wiederbewaldung

Neben der Holzernte wurde auch die Wiederbewaldung der Flächen besprochen. Auch im Forstbetrieb geht man von einer nächsten Waldgeneration mit natürlich verjüngten Fichten aus. Aber um das Risiko von neuerlichen Kalamitäten beziehungsweise deren Ausprägung zu reduzieren, setzt man im Forstamt auf die gezielte Einbringung von Baumarten, bei denen man nach heutigem Wissen davon ausgeht, dass sie mit einem fortschreitenden Klimawandel besser zurechtkommen. Ziel ist es, schneller als mit der natürlichen Waldentwicklung stabile Mischbestände für zukünftige Generationen zu schaffen.

In ihrer letzten Woche nahmen die Gäste noch am praktischen Teil des Berufswettbewerbs der Landjugend in der Sparte Forstwirtschaft teil.

Fazit

Mit dem Monat März endete auch für die sechs jungen Schweden ein abwechslungsreicher Aufenthalt in Deutschland. Alle Beteiligten freuen sich auf die Fortsetzung in Schweden. Der regelmäßige Austausch im Bereich der forstlichen Ausbildung ist ein Kernprojekt der Internationalisierungsstrategie im Bildungsbereich der Grünen Berufe. Die Landwirtschaftskammer hat als akkreditierte Organisation im EU-Förderprogramm Erasmus+ die Möglichkeit, auch andere Berufszweige im Aufbau ähnlicher Projekte zu unterstützen. Der Gewinn an Eindrücken, Wissen und Erfahrungen aus Auslandsprojekten ist den Einsatz dafür wert.

Milchgeldpreise vorerst unter Druck

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Die Kurse für Milchprodukte in den Geschäften stehen aktuell wieder unter Druck. Noch im vorigen Jahr waren es vor allem die Preisaufschläge für Butter, Käse und Milch, die für eine hohe Inflation der Lebensmittelpreise sorgten. Die überhitzte Marktsituation beruhigt sich mittlerweile. Dies hat jedoch die Folge, dass auch die Milchgeldauszahlungspreise mittlerweile wieder unter dem jüngsten Rekordniveau liegen. Die Erzeugerpreise für den Auszahlungsmonat März werden sich im Mittel weiter Richtung 40 ct/kg bewegen. Einige Meiereien liegen mit dem Grundpreis bereits unter dieser Marke. Obwohl man davon ausgeht, dass die Kurse auch in den kommenden Monaten weiter zurückgehen, gibt es auch Hoffnung auf eine mögliche stabilere Entwicklung. Der vom ife-Institut für den Monat März aus den Verkaufspreisen von Butter und Magermilchpulver ermittelte Rohstoffwert Milch gibt nur noch leicht nach – auf 38,6 ct/ kg. Der Börsenmilchwert für den April liegt noch etwas niedriger, bei 37,9 ct, und für Mai werden 38,4 ct errechnet. Bis zum Herbst steigen die Börsenmilchwerte wieder über 40 ct.

Spotmilchpreise reduziert

Noch deutlicher als die Erzeugerpreise sind die Preise für die zwischen den Meiereien gehandelte Spotmilch gefallen. So liegen die Spotmilchpreise in Norddeutschland gerade mal bei 28,50 ct/ kg, auch als Folge der gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 2,7 % erhöhten Milchanlieferungsmenge. Zeichen für eine gewisse Marktstabilisierung kommen unter anderem auch von den Großhandelspreisen für Butter. An der Terminbörse in Leipzig (EEX) wurden im ­vorigen Herbst zeitweise über 7.000 €/t notiert. Bis Ende Januar sind die Butternotierungen auf zirka 4.400 €/t gefallen, konnten sich jedoch seitdem auf zirka 4.700 €/t erholen. Ähnliches gilt für die EEX-Magermilchpulverkurse, die sich seit Ende Januar auf einer neuen Preisbasis stabilisiert haben – auch wenn es seit Anfang April zu weiteren Preisabschlägen gekommen ist. Besonders problematisch ist der Preisdruck bei Käse. Hier liegen die Edamer-Preise im Großhandel aktuell nur bei knapp 430 €/100 kg und damit 20 € niedriger als im Februar und rund 100 € niedriger als zum Beginn des Jahres. Das heißt: Von der Käseverwertung geht offensichtlich weiter Preisdruck aus. Auch auf der internationalen Handelsplattform Global Dairy Trade ist der Durchschnittspreis über alle Produkte Anfang April um 4,7 % gefallen.

Demnächst wieder rückläufige Milchproduktion?

Angesichts der rückläufigen Entwicklung der Milchviehbestände ging man noch vor einem Jahr von einer ebenfalls reduzierten Milchproduktion aus. Zum Jahresende sorgten jedoch die günstige Witterung und die hohen Auszahlungspreise für hohe Produktionsmengen. Der Strukturwandel in der Milchviehhaltung hat sich kurzfristig verlangsamt, Betriebsaufgaben wurden hinausgezögert, um die hohen Milchpreise noch mitnehmen zu können. Nach Aussage der ZMB-Geschäftsführerin Monika Wohlfahrt ist mehr als die Hälfte der Milcherzeuger in Europa über 55 Jahre alt. Nicht alle dieser Betriebe haben einen Nachfolger. Neugründungen von Milcherzeugerbetrieben wird es kaum geben und die bestehenden Betriebe werden die Kuhzahlen nicht in der Größenordnung erhöhen, um die rückläufigen Bestände aufzufüllen. Auf der anderen Seite sinkt jedoch auch die Milchnachfrage. Trotz steigender Bevölkerungszahl in der EU sinke der Pro-Kopf-Verbrauch von Milch. Der Konsummilchabsatz in Deutschland sei auf das Niveau von 2019 zurückgekehrt. Derzeit bewirken die neuen Verkaufsabschlüsse der Meiereien mit dem LEH noch keine Stabilisierung der Auszahlungspreise. Die ZMB-Geschäftsführerin sieht für das laufende Jahr einen mittleren Erzeugerpreis in Höhe von zirka 40 ct/ kg für konventionell erzeugte Milch. Die Vergütung für Biomilch steht aktuell auch unter Druck. In Schleswig-Holstein erhielten ökologisch wirtschaftende Betriebe im Februar im Durchschnitt 64,3 ct/kg für Biomilch. Dies ist ein Rückgang von 1 ct gegenüber dem Vormonat, so eine Auswertung der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI).

Gründungsziel erreicht, Restbedarf bleibt

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Diesen Sonnabend ist es so weit. Der 15. April wird der Tag der Energiewende mit Ansage. Dann sollen die letzten drei verbliebenen Atommeiler Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland noch am Netz bleiben, danach wird die Nutzung der Kernenergie zur Stromgewinnung in Deutschland nach 60 Jahren Geschichte sein. Bis zum Ausstieg aus der Kernenergie war es ein weiter Weg mit einigen Kehrtwendungen.

So fing es an: Unter Dr. Helmut Kohl (CDU) als Bundeskanzler fanden in den 1990er Jahren die ersten Energiekonsensgespräche zwischen Vertretern von Bund und Ländern, Wirtschaft, Gewerkschaften und Umweltverbänden statt. Themen waren die künftige Kernkraftnutzung und Abfallentsorgung. Nach ergebnislosem Ende nahm nach der Ära Kohl die Koalition aus SPD und Grünen unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) 1998 die Energiekonsensgespräche in gleicher Konstellation wieder auf. Im Jahr 2000 wurde der Atomkonsens beschlossen, der heute erster Ausstieg genannt wird. Im April 2002 trat unter Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) die erste Novellierung des Atomgesetzes in Kraft. Aus dem Atomfördergesetz wurde ein Atomausstiegsgesetz. Die Laufzeiten der Atomkraftwerke (AKW) wurden auf eine Gesamtlaufzeit von etwa 32 Jahren begrenzt, Neubauten waren nicht mehr erlaubt.

Eine weitere Novelle des Atomgesetzes folgte im Oktober 2010 im Kabinett Merkel II, diesmal unter Bundestagsmehrheit von CDU/CSU und FDP. Vereinbart wurde eine Laufzeitverlängerung für Anlagen, die vor 1980 in Betrieb gegangenen sind, um weitere acht Jahre. Dahinter stand eine Übereinkunft mit den vier AKW-Betreibern E.on, RWE, Vattenfall und EnBW, mit deren Vorständen die Regierung in der Nacht vom 5. zum 6. September 2010 per Konferenzschaltung verhandelte. Schönheitsfehler war, dass die Kanzlerin diesen Hintergrund verschwieg, als sie am 6. September vor die Presse trat. Die Laufzeitverlängerung wurde als Bestandteil eines „Energiekonzepts“ der Bundesregierung präsentiert.

Die Kehrtwende erfolgte am 6. Juni 2011. Das Kabinett Merkel II beschloss als Reaktion auf die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima das Aus für acht Kernkraftwerke und einen stufenweisen Atomausstieg bis 2022. Damit wurden die im Herbst 2010 beschlossenen Laufzeitverlängerungen zurückgenommen. Der zweite deutsche Atomausstieg wurde mittels erneuter Novellierung des Atomgesetzes fixiert. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der Energiekrise hatte die Ampel-Koalition für eine Laufzeitverlängerung plädiert. Der Bundestag hat am 11. November 2022 die Laufzeiten für die letzten drei aktiven Atomkraftwerke um dreieinhalb Monate bis zum 15. April 2023 verlängert.

Damit haben die Grünen am Sonnabend ihr Gründungsziel erreicht. Bezahlt wird in CO2 und mit dem Reservebetrieb der Kohlekraftwerke und der Suche nach Endlagern. Im Norden staut sich die Windenergie, für deren Transport Übertragungsnetze fehlen, und im Süden wurden keine ausreichenden Kapazitäten aufgebaut. Die Union beklagt diesen Zustand vehement und war doch über vier (!) Legislaturperioden selbst dafür verantwortlich. In Europa werden neue Meiler zu den zahlreichen bestehenden hinzugebaut. Im Zuge der Taxonomie wurde die Atomkraft bei privaten Finanzinvestitionen als „nachhaltig“ eingestuft. Die EU will bei staatlichen Förderungen Atomkraft den Erneuerbaren Energien gleichstellen.

Das darf nicht davon abhalten, die Zukunft in Erneuerbarer Energie zu sehen. Die Landwirtschaft war von Anfang an dabei und hat mit ihrem Pionier-Gen ihren Anteil an der Entwicklung reklamiert. Sehr früh wurden dezentrale Energielösungen vorgestellt, die bis heute erfolgreich sind. Windkraft und Photovoltaik (PV) halten eine Schlüsselstellung, Grüner Wasserstoff ist in der Entwicklungsphase. Viel von dem, was an Bedarf dazwischen liegt, wird auch in Zukunft von der Landwirtschaft gedeckt werden.  mbw