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EU-Rindfleischmarkt im Rückwärtsgang

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Die Rindfleischerzeugung in der Europäischen Union ist seit Jahren rückläufig, daran dürfte sich auch 2023 nichts ändern. Im vergangenen Jahr ist die Produktion in den Schlachtbetrieben der Gemeinschaft um 2,4 % gesunken; 2023 soll das Aufkommen laut der Frühjahrsprognose der EU-Kommission um 106.000 t oder 1,6 % auf 6,61 Mio. t zurückgehen.

Zwar sind die Erzeugerpreise für Schlachtrinder 2022 auf ein Rekordniveau geklettert, doch haben die gestiegenen Produktionskosten davon einen Großteil wieder aufgefressen. Mittlerweile geben die Schlachtrinderpreise wieder nach und sind für Jungbullen und Kühe unter das Vorjahresniveau gesunken. Insofern fehlt aktuell ein Anreiz zur Produktionsausdehnung. Für den seit 2018 anhaltenden Negativtrend am Rindfleischmarkt sind vor allem zwei Faktoren maßgeblich, nämlich der abnehmende Verbrauch in der EU sowie die sinkenden Tierbestände.

Weniger Bullen im Stall

Bei der jüngsten Viehzählung im Dezember 2022 wurde in der Kategorie männliche Tiere zwischen einem und zwei Jahren, die bis weit in das Jahr hinein das Bullenangebot bestimmen, ein Rückgang von 142.000 Tieren oder 2,7 % im Vorjahresvergleich festgestellt. Die Zahl der Kühe nahm mit 0,9 % auf 30,5 Millionen Stück zwar weniger stark ab als zuvor, doch wird davon ausgegangen, dass bei sinkenden Milchpreisen wieder mehr Milchkühe ins Schlachthaus geliefert werden. Der Nachschub an neugeborenen Kälbern wird deshalb erneut geringer ausfallen.

Der Rindfleischkonsum der EU-Bürger nimmt ebenfalls seit Jahren ab. Das hohe Preisniveau in Inflationszeiten dämpft die Nachfrage zusätzlich. Die EU-Kommission erwartet, dass der durchschnittliche Pro-Kopf-Rindfleischverbrauch 2023 im Vorjahresvergleich um 200 g auf nur noch 9,9 kg sinkt. Vor fünf Jahren waren es noch 10,7 kg. Etwas aufgefangen wird der Verbrauchsrückgang jedoch durch die wachsende Bevölkerung in der Gemeinschaft. In diesem Jahr wird laut den Prognosen in der EU der Rindfleischkonsum um insgesamt 400.000 t und die Rindfleischerzeugung um 460.000 t kleiner ausfallen als 2018.

Die kleinere Eigenerzeugung und das global gesehen hohe Preisniveau in der EU dürften 2023 zu einer weiteren Zunahme der Rindfleischimporte führen. Die Kommission prognostiziert nach einem deutlichen Zuwachs von 25 % im vergangenen Jahr für 2023 einen Einfuhranstieg von 5 % auf 374.000 t. Es wird erwartet, dass neben südamerikanischen Lieferanten auch Großbritannien seine Ausfuhren auf den Binnenmarkt weiter ausweitet. Im vergangenen Jahr waren diese – nach einer Brexit-Delle 2021 – um gut die Hälfte auf 137.000 t gestiegen, womit das Vereinigte Königreich deutlich vor Brasilien als wichtigster Drittlandsanbieter von Rindfleisch in der EU rangierte.

Bei den EU-Exporten wird vonseiten der Kommission wegen des vorhandenen Bedarfs am Weltmarkt von einer mit 538.000 t unveränderten Menge gegenüber 2022 ausgegangen. Hinzu kommt der Lebendrinderexport, der sich, umgerechnet in Schlachtgewicht, auf knapp 200.000 t belaufen soll.

Ob sich die EU-Rindfleischausfuhr 2023 aufgrund des großen Preisabstandes zu günstigen Anbietern aus Brasilien und Australien tatsächlich auf dem Vorjahresniveau behaupten kann, ist aber fraglich. Im Januar war, ohne den Handel mit Großbritannien, der Gesamtexport einschließlich Lebendtieren im Vergleich zum Vorjahresmonat um 14 % rückläufig.

Das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) ging bei seiner jüngsten Einschätzung zum Weltrindfleischmarkt davon aus, dass die EU-Rindfleischexporte 2023 gegenüber dem Vorjahr um rund 4 % geringer ausfallen werden.

Mit größeren Mengen dürften bei zunehmender Produktion hingegen Brasilien und Australien am globalen Markt präsent sein. Für die Südamerikaner wird ein Exportzuwachs von rund 4 % auf 3 Mio. t vorhergesagt, für Australien einer von 13 % auf 1,4 Mio. t. Vermehrte Lieferungen nach China werden beide Länder ins Auge fassen, wobei Australien die jüngste wirtschaftspolitische Annäherung an die Volksrepublik helfen könnte.

Gleichzeitig werden wichtige Wettbewerber wie Argentinien und die USA wegen ihrer rückläufigen Produktion weniger Rindfleisch im Angebot haben.

Argentiniens internationaler Rindfleischverkauf soll 2023 laut USDA mit 795.000 t gut 3 % unter dem Vorjahresniveau bleiben, und für die USA wird mit einem Einbruch von 11 % auf 1,42 Mio. t gerechnet. Grund ist ein akuter Mangel an Schlachttieren als Folge einer Dürre. Die US-Rindfleischerzeugung soll gegenüber 2022 um gut 5 % auf 12,14 Mio. t sinken; das wäre das niedrigste Niveau seit 2017.

China bleibt Großimporteur

Hauptkunde am Weltmarkt dürfte China mit einer im Vorjahresvergleich stabilen Importmenge von 3,5 Mio. t Rindfleisch bleiben. Zwar wird nach der Corona-Krise ein Anstieg des heimischen Verbrauchs um 220.000 t oder 2 % auf 10,88 Mio. t erwartet, doch soll dies durch einen großen Zuwachs der inländischen Rindfleischerzeugung auf 7,4 Mio. t abgedeckt werden.

Bei den Lieferländern für den chinesischen Markt dürfte es zu Verschiebungen kommen, wobei sich Brasilien und Australien als Gewinner abzeichnen. Für alle betrachteten Länder prognostiziert das USDA für 2023 eine auf dem Vorjahresniveau stabile Rindfleischproduktion, der ein ebenso wenig veränderter Verbrauch gegenüberstehen soll. age

Wie viel Wolf verträgt das Land?

Deutschlands bisherige Wolfspolitik ist eine Gefahr für die heimische Weidetierhaltung und muss deshalb dringend hin zu einer Regulierung des Wolfs weiterentwickelt werden. Darin waren sich Vertreter aus Landwirtschaft, Politik und Wissenschaft auf dem Wolfsgipfel einig, den der Deutsche Bauernverband (DBV) und die 4D.Digitalagentur für das Land am vorigen Freitag in Berlin ausgerichtet haben.

Nach den Worten des DBV-Umweltbeauftragten Eberhard Hartelt habe eine Mischung aus „Verharmlosung, Realitätsverweigerung, romantischer Verklärung und organisierter Schönfärberei“ den Konflikt mit der Weidetierhaltung inzwischen „eskalieren lassen“. Weidetierhalter gäben die Bewirtschaftung auf, weil ihre Probleme nicht ernst genommen würden. Denn der Konflikt sei „nicht allein mit Herdenschutzmaßnahmen zu lösen“, mahnte Hartelt und richtete sich mit einem Forderungskatalog an die Politik. Es gehe „nicht um eine wilde Hatz auf den Wolf“ oder um dessen Ausrottung, betonte der DBV-Umweltbeauftragte. Deutschland müsse aber den guten Erhaltungszustand des Wolfs an die EU-Kommission melden und ein aktives Bestandsmanagement einführen.

Ähnlich äußerten sich Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU), die Präsidentin des Pferdesportverbands Hannover, Alexandra Duesmann, der Uelzener Landrat Dr. Heiko Blume und Prof. Hans-Dieter Pfannenstiel, vor seiner Emeritierung Professor für Zoologie an der Freien Universität Berlin. Hartelt kritisierte, dass trotz Anfrage kein Vertreter des Bundesumweltministeriums am Wolfsgipfel teilgenommen habe. Für den Umweltschutz war einzig der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Jörg-Andreas Krüger, anwesend.

Forderungen an die Politik

Hartelts Forderungskatalog umfasst neben der Einführung eines aktiven Bestandsmanagements auch Vereinfachungen bei der Entnahme von Problemwölfen. Daneben seien wolfsfreie Gebiete auszuweisen, in denen die Ansiedlung des Wolfes verhindert werde. Ferner müsse der Wolf von Anhang IV zu Anhang V in der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie umgestuft werden. Gebraucht würden außerdem der Ausbau des Wolfsmonitorings und eine Überarbeitung des Rissbegutachtungsverfahrens. Darin sei die Beweislast umzukehren. Entschädigungen müssten unbürokratisch erhöht werden.

Jens Schreinicke vom Landesbauernverband Brandenburg (LBV) berichtete, dass die Zahl der durch den Wolf geschädigten Nutztiere trotz teurer Herdenschutzmaßnahmen in seinem Bundesland im Jahr 2022 auf mindestens 1.116 weiter angewachsen sei. Gleichzeitig sei Herdenschutz mit hohen Kosten für das Land verbunden, so der LBV-Wolfsbeauftragte. Und die Zäune schadeten den Wildtieren, die sich darin verfingen und zu Tode kämen. Auch Duesmann warnte vor ausufernden Kosten für den Herdenschutz. Allein das Material für die Einzäunung von zehn Pferden koste etwa 50.000 €. Außerdem sei die Masse an Zäunen ein Problem für das Landschaftsbild und die Wildtiere. Herdenschutz sei nicht praktikabel, Koexistenz von Weidetieren und Wölfen nur mit einem aktiven Bestandsmanagement des Wolfs möglich.

Grafik: Wölfe in Schleswig-Holstein, Monitoringjahr 2022/23 Quelle: MEKUN

Kaniber rechnete vor, dass für die Einzäunung aller bayerischen Weiden insgesamt 57.400 km Zaun benötigt würden. Das sei nicht nur wegen der Kosten problematisch, sondern auch wegen der Zerschneidung von Biotopverbünden. Zugleich wertete Kaniber den bisherigen Umgang mit dem Wolf in Deutschland als „eindimensionalen, völlig überzogenen Tierschutz“. Die Art werde in der Roten Liste der gefährdeten Arten als nicht gefährdet geführt. In der Weidetierhaltung seien die Schäden aber dramatisch. Bundesregierung und Europäische Union müssten dringend handeln. Ansonsten bestehe auch das Risiko, dass die Zahl illegaler Entnahmen steige.

Keine Einstimmigkeit

Dass der Schutzstatus des Wolfs gemäß der FFH-Richtlinie heruntergesetzt wird, hält Alexander Bernhuber von der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament für unwahrscheinlich. Dafür sei eine einstimmige Entscheidung der europäischen Umweltminister nötig. Und diese komme, nicht zuletzt wegen Deutschlands Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne), wohl nicht zustande. Bernhuber wies außerdem darauf hin, dass die EU-Kommission eine Analyse der Wolfssituation in Europa vornehmen wolle. Die Mitgliedsstaaten sollten bis zum 5. Mai Zahlen zum Wolfsbestand und zu Rissen liefern. Das Ergebnis der Analyse werde zum Jahresende erwartet.

Heiko Blume gab einen Einblick in die Wolfssituation im Landkreis Uelzen, wo neben Weidetierrissen auch die Annäherung von Wölfen an den Menschen inzwischen Probleme bereite. Darunter leide die Akzeptanz des Wolfes erheblich. Inzwischen habe der Kreistag einstimmig eine Resolution verabschiedet, mit der von der Bundesregierung die Überprüfung des Schutzstatus des Wolfs und daran anschließend eine Bejagung gefordert würden. Diese müsse zur Normalität werden. Bislang sei sogar die Entnahme eines Problemwolfs faktisch unmöglich, scheitere zum Beispiel an den Gerichten.

Für Pfannenstiel, der Herdenschutz ebenfalls als nicht ausreichend und nicht praktikabel bewertete, erwächst aus der großen Bedeutung der Weidetierhaltung für den Artenschutz die Notwendigkeit einer Regulierung des Wolfs. Dieser werde aber auch selbst Nutzen ziehen, weil die Akzeptanz dann steige und es nicht zu illegalen Entnahmen komme.

Weidetierhalter in Deutschland gäben zunehmend die Bewirtschaftung auf, da ihre Probleme nicht ernst genommen würden.

Keine Notwendigkeit für eine Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht sieht Nabu-Präsident Krüger. Problemwölfe könnten bereits heute entnommen werden, argumentierte er. Und ein Großteil der aktuellen Risse finde in ungeschützten Herden statt. Hinzu komme, dass auch wenige Wölfe viele Weidetiere reißen könnten. Ferner lernten Wölfe bei Abschüssen nicht, sich von Herden fernzuhalten. Herdenschutz- und Vergrämungsmaßnahmen seien die zielführenderen Maßnahmen. Krüger räumte aber auch ein, dass es Schwierigkeiten beim Einzäunen von Großtierherden geben könne. Bei Schafen und Ziegen stelle die Einzäunung dagegen kein Problem dar.

Unionsanstrag abgelehnt

Unterdessen ist der Antrag der CDU/CSU-Fraktion, die Bejagung des Wolfes zu erleichtern, im Bundestag gescheitert. In namentlicher Abstimmung votierten am vergangenen Mittwoch 407 von 670 Abgeordneten gegen die Vorlage, 254 stimmten dafür. In dem Antrag sollte die Bundesregierung aufgefordert werden, den Erhaltungszustand des Wolfes unverzüglich zu definieren und auf dieser Basis ein effektives Wolfmanagement nach dem Vorbild anderer EU-Mitgliedstaaten, wie etwa Schweden, einzuführen. Genannt wurden die Schaffung vereinfachter Möglichkeiten für eine rechtssichere Wolfsentnahme, die Einrichtung wolfsfreier Zonen und die Aufnahme des Wolfs in den Katalog der jagdbaren Arten.

Unionsberichterstatter Klaus Mack warf der Bundesregierung vor, sie bleibe trotz zunehmender Wolfsrisse untätig. Ziel müsse es sein, den Wolfsbestand auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Der günstige Erhaltungszustand des Wolfes sei inzwischen gegeben. FDP-Obfrau Judith Skudelny bescheinigte der Union, ihr Antrag sei inhaltlich sehr gut. Er sei jedoch überflüssig, weil die Ampel-Koalition längst an dem Thema arbeite. Die FDP-Politikerin kündigte an, dass die Koalition ein europarechtskonformes Wolfsmanagement einführen werde. Erste Schritte dazu würden bis zur Sommerpause unternommen. Der Vorsitzende des Umweltausschusses, Harald Ebner (Grüne), warnte in der Debatte vor falschen Erwartungen. Der „schnelle Ruf nach der Waffe“ werde das Problem der Wolfsrisse ebenso wenig lösen wie wolfsfreie Zonen. Nötig seien europarechtskonforme Lösungen und ein wirksamer Herdenschutz. Für SPD-Berichterstatterin Dr. Lina Seitzl ist „Abschuss keine Lösung“. Eine Bestandsbegrenzung des Wolfes schütze nicht vor Nutztierrissen. Die agrarpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Susanne Mittag, plädierte für eine stärkere Unterstützung von Herdenschutzzäunen und -hunden. Dieselbe Forderung kam von der Obfrau der Linken im Agrarausschuss, Ina Latendorf.


Nabu: Herdenschutz statt Bejagung

Mehr Sachlichkeit in der Debatte um den Umgang mit Wölfen fordert der Naturschutzbund Deutschland (Nabu). „Eine Bejagung des Wolfes würde nicht mehr Sicherheit für Weidetiere bedeuten“, erklärte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Fakt sei, dass die Anzahl an Wölfen nicht zwangsläufig mit der Anzahl an Rissen wachse. So seien die Risse in Deutschland trotz eines wachsenden Wolfsbestandes im Jahr 2021 um 15 % zurückgegangen. Wirksame Herdenschutzmaßnahmen seien der einzig wirksame Weg, um Weidetiere vor Wolfsrissen zu schützen.

Krüger begrüßte die Entscheidung des Bundestages, den Unionsantrag für eine erleichterte Entnahme von Wölfen abzulehnen. „Wölfe lernen durch eine Bejagung nicht, Abstand zu Weidetieren zu halten“, erläuterte der Nabu-Präsident. Dies könne nur durch Herdenschutz mit Elektrozäunen oder Herdenschutzhunden erreicht werden. Die Förderung von Herdenschutz dürfe sich nicht nur auf die Anschaffung von Material beschränken, sondern müsse auch die laufenden Kosten umfassen. Als letztes Mittel könnten Wölfe getötet werden, die guten Herdenschutz überwunden hätten, so Krüger.

Kein Vorbild sieht der Nabu im Wolfsmanagement Frankreichs oder Skandinaviens. In Deutschland gebe es statistisch zwei bis drei Nutztierrisse pro Wolf und Jahr, in Frankreich dagegen 18. Das zeige, dass mit einer Verkleinerung der Population den Weidetieren nicht geholfen sei, wenn Herdenschutz fehle.

Hennies: Vorrang für Erdverkabelung aufheben

Der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert, den gesetzlichen Vorrang für die Erdverkabelung bei den großen Stromtrassen aufzuheben. „Aus landwirtschaftlicher Sicht sind die Eingriffe in den Boden durch Freileitungen deutlich geringer als bei Erdkabeln“, erklärte DBV-Vizepräsident Dr. Holger Hennies vorigen Donnerstag in Berlin. Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Grüne) müsse entsprechende Ankündigungen zügig gesetzgeberisch in Angriff nehmen.

Aus Sicht des Bauernverbandes seien die Entschädigungssätze bei Erdkabelprojekten unverhältnismäßig niedrig, so Hennies. Obwohl die Erdleitungen massiv in das Eigentum eingriffen und bei der Bodennutzung bisher nicht abschließend zu beurteilende Langzeitlasten auftreten könnten, sei die Entschädigung wegen der erheblich geringeren Trassenbreite deutlich geringer als für Freileitungen. „Die Akzeptanz der Erdkabelprojekte kann nur erreicht werden, wenn das Ungleichgewicht zwischen Freileitungs- und Erdkabelentschädigung aufgehoben wird“, betonte der Bauernverbandsvize.

Für eine Beschleunigung des Netzausbaus müssten zudem die Anliegen der betroffenen Landwirte und Grundstückseigentümer zu den Fragen des Bodenschutzes, der Minimierung des Flächenverlustes für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und der Entschädigung besser berücksichtigt werden. Hennies zufolge muss es beim Netzausbau einen Vorrang für agrarstrukturell akzeptable Kompensationsmaßnahmen geben. Dazu zählten Maßnahmen zur Entsiegelung sowie eine produktionsintegrierte Kompen­sation.

Die Energiewende vor Ort gestalten

Wie können Kommunen Energiewendeprojekte vor Ort mitgestalten und was bedeutet eine digitale Energiewende vor dem Hintergrund zunehmender Cyberkriminalität? Rund 620 Vertreter und Gäste aus Branche und Politik kamen dazu unter dem Leitthema „Energiewende Schleswig-Holstein – Kommunal und digital“ vergangene Woche zum 6. Windbranchentag des Bundesverbands Windenergie, Landesverband Schleswig-Holstein (BWE SH), nach Husum.

Noch „vor der politischen Sommerpause“, kündigte Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne) an, werde er mit Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) eine Einigung anstreben, um konkrete Ergebnisse für eine neue Flächenkulisse vorzulegen. „Wir müssen jetzt schnell sein, da das Oberverwaltungsgericht in Schleswig den Regionalplan I infrage stellt und er möglicherweise fallen wird“, so Goldschmidt. Das Ziel, künftig 3 % der Landesfläche für Windenergie vorzuhalten, solle noch in dieser Legislaturperiode erreicht werden.

Dynamik unterschiedlich wahrgenommen

Der Energiewende in Schleswig-Holstein bescheinigte der Minister eine Dynamik, „wie wir sie die letzten 15 Jahre nicht hatten“. Diese sei ein „großartiges Fundament dafür, dass wir das erste klimaneutrale Industrieland werden können“, erklärte Goldschmidt. In Zahlen bedeute dies, dass 25 % aller in Leistung gerechneten Genehmigungen in Deutschland in Schleswig-Holstein erteilt worden seien. „Ein Viertel der Leistung auf einem Fünfundzwanzigstel der Landesfläche der Bundesrepublik, das ist eine große Zahl“, veranschaulichte der Minister. Als weiteren positiven Indikator wertete er, dass die abgeregelte Strommenge von 2021 auf 2022 durch den Netzausbau habe halbiert werden können. Dieser Trend werde sich fortsetzen.

„Als Branche haben wir noch nicht gemerkt, dass die Genehmigungen wirklich schneller geworden sind“, hielt Bärbel Heidebroek dagegen fest. Genehmigungsverfahren dauerten nach wie vor zu lang. Die Vizepräsidentin des Bundesverbandes Windenergie forderte, die Energiewende mit einem anderen „Mindset“ neu zu denken: „Wir dürfen nicht den Fehler machen und denken, wir ersetzen einfach Atomkraft durch Windkraft und Kohlekraft durch Sonne – so wird es nicht funktionieren.“ Erneuerbare Energien seien anders, volatil. „Wir brauchen eine Synchronisierung von Verbrauch und Erzeugung, Speichermöglichkeiten und insbesondere dezentrale Strukturen“, so die Landwirtin aus Niedersachsen, die darüber hinaus die Notwendigkeit dezentraler Back-up-Strategien für das Gelingen der Energiewende hervorhob.

Etwa 620 Gäste informierten sich auf dem Messegelände in Husum.

Wolfgang Stapelfeldt, Landesvorsitzender des BWE SH, erklärte: „Wir können nicht nur die billigen Stromerzeuger sein, die es nicht schaffen, ihren Strom nach Süddeutschland zu exportieren.“ Der Strom müsse vor Ort veredelt werden. „Dafür brauchen wir definitiv Wasserstoff.“ Nach einem Jahr Landesregierung sei beim Thema Energiewende „nur wenig Schwung“ erkennbar, das überragende öffentliche Interesse des Erneuerbare-Ausbaus bei vielen Behörden offenbar noch nicht angekommen. Stapelfeldt plädierte für eine ehrliche und transparente Kommunikation. An seine Kollegen aus der Branche appellierte er, den „ehrlichen Weg der Bürgerenergie weiterzugehen“. Statt nur über Prozentzahlen zu sprechen, warb Stapelfeldt dafür, den Blick in die Zukunft zu richten und zu überlegen, was in Deutschland bis 2040 an Erneuerbaren Energien gebraucht werde. Dieser Bedarf müsse dann auf die Fläche heruntergebrochen werden.

Mehr Spielräume für Kommunen

Für Marcus Hrach, Geschäftsführer des Landesverbands Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein, ist die Landesplanung ein entscheidender Faktor. Diese müsse zeitnah und rechtssicher erfolgen, die ausgewiesenen Gebiete auch tatsächlich bebaut werden dürfen. Den Beschluss des Koalitionsausschusses auf Bundesebene, wonach Kommunen künftig mehr Handhabe beim Ausweisen von Windflächen erhalten sollen, auch wenn die Regionalplanung diese nicht vorsieht, begrüßte er ausdrücklich. Es sei „absolut richtig“, dass die Kommunen einen größeren positiven Handlungsspielraum bekämen. Sie würden die Gegebenheiten vor Ort am besten kennen. Das Land müsse dafür sorgen, dass Kommunen auf ihrem Gebiet neben dem bestehenden Regionalplan zusätzliche Flächen für Windenergie ausweisen dürften, erklärte Hrach. Schwierigkeiten bestünden auch beim Transport der Komponenten über die Straße. Komplexe Genehmigungen, fehlende befahrbare Wege oder auch fehlende Kapazitäten bei der Polizei seien Anlass, regulatorische Weichen zu stellen, „um die Energiewende buchstäblich auf die Straße zu bringen“.

Um zu demonstrieren, wie fragil Energiesysteme sein können und wie wichtig der Schutz kritischer Infrastrukturen etwa vor Hackerangriffen ist, simulierte IT-Spezialist Mohamed Harrou einen Hackerangriff auf einen unzureichend gesicherten älteren Windpark. Vorträge, Diskussionen und Foren beleuchteten in Husum weitere Aspekte rund um die Energiewende im Land.

Gute Investition in den Betrieb und in die eigene Stärke

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Rund 1.000 Frauen haben in den zurückliegenden 19 Jahren die Qualifizierung zur Büroagrarfachfrau (Baff) absolviert. In diesem Jahr holten sich 24 Teilnehmerinnen des Grundkurses und 13 des Aufbaukurses fachlichen Input fürs Agrarbüro. Wer sie sind, welche Fächer sie büffelten und was sie über das Fachliche hinaus gelernt haben, im aktuellen Bauernblatt.

Es sei eine Herausforderung, zusätzlich zum Alltag einen weiteren Weg einzuschlagen, würdigte LandFrauenpräsidentin Claudia Jürgensen, selbst Baff, das Engagement der jungen Frauen. Durch die Qualifizierung hätten sie nun das nötige Werkzeug an der Hand, um auf dem Betrieb mitwirken und mitentscheiden zu können und um als erfolgreiche Unternehmerin zu agieren. Oft seien es die Frauen, die durch innovative Ideen den Betrieben ein weiteres Standbein böten und durch ihre Kommunikation den Blick der Gesellschaft auf die Landwirtschaft positiv prägten. Eine Weiterbildung zur Baff sei zudem eine gute Investition, um sich selbst stark zu machen, betonte die Präsidentin.

Die Teilnehmerinnen des Grundkurses beschäftigten sich dafür 100 Stunden mit Büroorganisation, Wirtschaft, Recht, Buchführung sowie Förderungs- und Verwaltungsaufgaben in der Landwirtschaft. Im Aufbaukurs ging es in sechs Tagesseminaren um Finanzen und sichere Betriebsaufstellung, aber auch um die Struktur eines Familienbetriebes, Stressbewältigung, Kommunikation und Konflikte als Chance. Das alles besonders aus Sicht der Frauen, denn ein landwirtschaftlicher Betrieb stelle spezielle Anforderungen, so Jürgensen. Absolventin Sandra Tietgen kann das bestätigen. Die gelernte Friseurin heiratet auf einen Milchviehbetrieb in Brunsdorf im Kreis Segeberg ein. Die Rollenvielfalt sei enorm. Man sei Ehefrau und Mutter, verantwortlich fürs Büro, für das Essen, für „Taxifahrten“ und Ansprechpartnerin für alle. „Man braucht auf jeden Fall Struktur und ein gutes Stressmanagement, damit man nicht untergeht“, so die Baff.

Der Präsident des Bauernverbandes, Klaus-Peter Lucht, zugleich Gastgeber für die Zertifikatsübergabe im Detlef-Struve-Haus in Rendsburg, bestärkte in seinem Grußwort die Absolventinnen darin, dass es für Frauen gut sei, auf dem Betrieb Bescheid zu wissen. „Diese Qualifizierung wird sie weiterbringen. In der Regel sind es Ehepaare, die auf dem Hof zusammenarbeiten. Ich habe persönlich die Erfahrung gemacht, dass man im Team besser und erfolgreicher ist“, so der Milchbauer. Das bedeute aber auch, dass Mann und Frau auf Augenhöhe zusammenarbeiteten. Deshalb sei er so begeistert von der Qualifizierung. Auch seine Frau komme nicht aus der Landwirtschaft und habe sich durch einen Lehrgang darauf vorbereitet, die Kälber zu versorgen. Es habe funktioniert, trotz der anfänglichen Skepsis der weichenden Erben. Da sei Rückgrat wichtig, und nicht nur auf dem Hof, denn die landwirtschaftlichen Unternehmerinnen und Unternehmer seien zugleich der Wirtschaftsmotor des ländlichen Raums, betonte der Bauernpräsident. „Ich bitte Sie, diese Botschaft auch nach draußen zu tragen!“

Kammerpräsidentin Ute Volquardsen, einst ebenfalls Absolventin der Baff-Qualifikation, outete sich in ihrem Grußwort als „Weiterbildungsjunkie“. Das habe ihren Kindern und auch dem Betrieb immer gutgetan, denn trotz der großen zeitlichen Herausforderung stärke die Weiterbildung die Betriebe und vor allem auch die Rolle der Frau im Betrieb und in der Familie. Dabei verwies die Präsidentin auf die bundesweite Untersuchung zur Lebens- und Arbeitssituation von Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben (siehe Bauernblatt Ausgabe 4/2023). Darin werde festgestellt, dass der Weg zur Gleichstellung der Geschlechter noch weit sei. Das zeige sich unter anderem darin, dass das große Alltagsengagement der Frauen als „Springerin“ in Betrieb und Familie sozial nicht wirklich anerkannt werde. „Das muss sich ändern und Weiterbildung ist ein Schlüsselfaktor auf diesem Weg“, unterstrich Volquardsen.

Beide Präsidentinnen unterstrichen zudem, dass die Baff-Kurse nicht nur wichtiges Fachwissen, sondern auch Netzwerke vermittelten. Das können die Absolventinnen bestätigen. „Vor der Qualifikation dachte ich, ich hab‘ schon genug um die Ohren, da brauche ich nicht noch neue Kontakte“, erzählt Laureen Thielsen aus Siebeneichen. Das hat sich während der Qualifikation und des anschließenden Aufbaukurses grundlegend geändert. So sagte die Klassensprecherin des Aufbaukurses, Carmen Both aus Kollmar, bei der Zertifikatsübergabe: „Wir sind zusammengewachsen und konnten trotz der verschiedenen Aufstellung der Höfe viele Erfahrungen austauschen.“ Die Teilnehmerinnen aus dem Herzogtum Lauenburg wollen das Netzwerk auch weiterhin pflegen und planen, künftige Treffen als gegenseitige Hofbesichtigungen zu organisieren.

Apropos Netzwerk: LandFrauenpräsidentin Claudia Jürgensen bot den Absolventinnen an, Veranstaltungen des LandFrauenverbandes zu nutzen, um ihr Netzwerk auszubauen und mit ihrer Kompetenz und ihrem Schwung in Facharbeitskreisen oder bei der Präsentation des Verbandes auf der Norla mitzuwirken.

Kathrin Iselt-Segert

Die Absolventinnen

Baff-Grundkurs

Dela Ahlf, Oldenbüttel; Wencke Ahmling, Landieck; Anna Bötel, Höhndorf; Christiania Dau, Nübbel; Katja Ehlers, Siebenbäumen; Frauke Hammerich, Gnutz; Sarah Hell, Beidenfleth; Hanna Hilbert, Töndel, OT Emkendorf; Anna-Wiebke Horstmann, Gnutz; Maren Kruppa, Wiemersdorf; Alice Kruse, Busenwurth; Kira Kühl, Süderhastedt; Mareike Kuhrt, Heide; Sandra Röschmann, Brammer; Svenja Sievers, Hamdorf; Sabrina Stoltenberg, Schönberg; Daniela Thomas, Vaale; Sabrina Timm, Bornholt; Tanja Timm, Havekost; Corinna Vollstedt, Groß Rheide; Nina Wilcken, Grebenhagen; Nadine Wohlers-Lorenzen, Seedorf; Almut Brückner, Wattenbek; Anne Roever, Eutin

Baff-Aufbaukurs

Carmen Both, Kollmar; Ute Ernst, Bargfeld-Stegen; Bente Feddersen, Ockholm; Carolin Hues­mann, Diekhusen-Fahrstedt; Elena Koch, Wangelau; Claudia Lieske, Hadenfeld; Jennifer Ohle,Schulendorf; Silke Pauls, Kotzenbüll; Jana Siemers, Fuhlenhagen; Finja Spangenberg, Drage; Franka Tetzel, Dalldorf; Laureen Thielsen, Siebeneichen; Sandra Tietgen, Pronstorf, OT Strenglin

„De Boys hebbt mit Begeistern mitmaakt“

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In diesem Jahr hatte der LandFrauenverband Schleswig-Holstein zu seinem Aktionstag Schüler der sechsten Klassen der Gemeinschaftsschule Schacht-Audorf in die Landwirtschaftsschule nach Rendsburg eingeladen. Mit dabei der bekennende Hausmann und Plattschnacker Jan Graf vom Schleswig-Holsteinischen Heimatbund.

In der Küche versammelten sich die Nachwuchsköche und zauberten unter fachkundiger Anleitung von Verbraucherbildungslehrerin Elke Briesemeister Gemüse-Burger aus Kartoffeln, Möhren, Zwiebeln und Zucchini, einen Quark-Dip, einen Salat aus Äpfeln, Paprika, Gurke, Eisbergsalat und frischen Kräutern sowie ein Applecrumble mit Vanillesoße. Nach dem Händewaschen gab es zunächst Tipps zur Auswahl des Werkzeugs.

Ein Unterrichtsraum war zur Wäschestube umfunktioniert worden. Hier wurde geübt, Knöpfe anzunähen, Wäsche zu legen und zu bügeln. Hauswirtschaftsmeisterin Frauke Thode leitete die Jungs geduldig an. „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.“ Besonders das Wäschelegen klappte nicht bei allen auf Anhieb. Aber gerade das zu können, würde sich lohnen. „Ihr habt dann eure T-Shirts schön übereinander im Schrank zu liegen.“ Andere brauchten noch Zusatzarbeit, weil sie ihre Aufgaben bereits erledigt hatten.

Hauswirtschafterin Brunhilde Dubberke stellte verschiedene Techniken der Reinigung von Fenstern vor und übte sie mit den Jungs. Denn gerade auch bei den Fenstern gibt es verschiedene Optionen. „Man kann richtig Geld ausgeben für einen akkubetriebenen Fenstersauger. Wenn ihr aber später mal eine Studentenbude habt und wenig Geld, dann geht es auch mit einem Lappen.“ Für die kleineren Jungs hatte sie einen Teleskopfensterwischer dabei. „Der eignet sich auch sehr gut, um große Fenster zu reinigen, etwa in einem Wintergarten.“

Das Kochen kam bei den Jungs besonders gut an. „Das war das Spannendste“, stand für Lukas fest. Für Pascal war es auch so, obwohl ihm das Fensterputzen auch Spaß machte. Andere Jungs fanden die Wäschepflege gerade auch für ihre eigenen Hoodies und T-Shirts interessant. Jayrim fand alle drei Stationen gut. Zum Schluss wurde der Tisch gemeinsam gedeckt und dekoriert und das selbst hergestellte Menü verzehrt. Nach dem Essen gab es für alle Teilnehmer ein Zertifikat.

Nadine Hernández, Referentin des LandFrauenverbandes, hat den Boys‘ Day organisiert und schätzt realistisch ein, dass auch dieses Trainingscamp für Jungen kaum junge Männer beruflich in die Hauswirtschaft bringen werde. Ihre Ziele sind pragmatischer: „Die Jungen sollen hauswirtschaftliche Tätigkeiten kennenlernen und erfahren, dass Hauswirtschaft ein Ausbildungsberuf ist. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Verbraucherbildung.“

Unter die Sechstklässler hatte sich ein großer Jung gemischt – der bekennende Hausmann Jan Graf, seines Zeichens Referent für Niederdeutsch und Friesisch beim Schleswig-Holsteinischen Heimatbund (SHHB). „Für mich ist Hausarbeit selbstverständlich. Meine Frau ist auch berufstätig und da teilen wir uns die Hausarbeit.“ Nach dem Resümee des Boys‘ Day gefragt, fällt er ins Plattdeutsche, denn das kann er noch besser als Kartoffeln schälen, Fenster putzen und Kinderkleidung reparieren: „Fensterputzen – dat heff ik hier mitnahmen vundaag. Mit de goden olen Techniken wat för de Duersamkeit, de Nachhaltigkeit doon, dat geht uns all wat an. Natürlich verstah ik, dat dat hier dorüm güng, dat ok Jungs mal rinkiekt in en Feld, wat früher Fruenssaak weer, un dat se markt: Ok dat kunn wat för ehr ween. Dat dat glückt hett, dor hett nüms Twiefel an, de vundaag dorbi weer. De Boys hebbt mit Begeistern mitmaakt. Ik sülvst ok!“

Berichte von den Aktionen der LandFrauen zum Boys‘ Day im ganzen Land im nächsten Bauernblatt.

Nährstoffausträge mit kluger Düngeplanung verringern

Landwirte mussten ihre Düngedokumentation aus dem Vorjahr bis zum 31. März dieses Jahres erstmals über die Plattform Endo-SH elektronisch melden. Wie gut das geklappt hat und was beim Düngerecht noch auf die Betriebe zukommen könnte, berichtete Dr. Thorsten Reinsch vom Kieler Landwirtschaftsministerium (MLLEV) bei der Frühjahrsveranstaltung der Allianz für den Gewässerschutz vergangene Woche Donnerstag (27. April) in Rendsburg.

Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), erklärte bei seiner Begrüßung: „Ich bin Fan der Allianz. Aber ich bin kein Freund von Ordnungsrecht. Wir sollten vielmehr die gute fachliche Praxis weiterentwickeln.“ Prozentuale Forderungen bei der Reduktion von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln lehne der Berufstand ab. Ein geeigneter Hebel für mehr Effizienz sei der Einsatz moderner Technik. Das müsse stärker gefördert werden, anstatt immer breitere Gewässerrandstreifen auszuweisen.

Klaus-Peter Lucht

Mit Sorge blickt Lucht auf die zunehmende Bürokratisierung. Er berichtete, dass junge und topausgebildete Landwirte die Motivation für ihren Beruf verlören. „Wir können und müssen dokumentieren, aber wenn es zu kleinteilig wird, ist es schwierig“, untermauerte der BVSH-Präsident. Er warb dafür, das Endo-Portal so aufzubauen, das dort das komplette Datenmanagement stattfindet, um Mehrfacheingaben in verschiedene Systemen zu vermeiden.

Bitte melden

Reinsch erinnerte daran, dass die Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie ein bundeseinheitliches Wirkungsmonitoring beinhalte. Dazu zählten die Entwicklung der Nährstoffflüsse in der Landwirtschaft, die Entwicklung der Beschaffenheit des Grundwassers sowie Prognosen beziehungsweise Modellierungen. Insbesondere die elektronische Nährstoffdokumentation führe zu eine verbesserten Datenlage und damit auch zu besseren Modellen. Reinsch betonte: „Fortschritte in der Landwirtschaft sind dadurch deutlicher sichtbar.“ Die Plattform Endo-SH (www.endo-sh.de) sei vor drei Jahren auf den Weg gebracht worden. „Endo ist kein Beratungsinstrument“, erklärte Reinsch. Es diene der Erstellung einer Düngebedarfsermittlung, der Düngedokumentation und Ermittung der betrieblichen N-Obergrenze von 170 kg N/ha aus Wirtschaftsdüngern. Die Plattform besitze eine Schnittstelle, über die der Datenimport aus anderen Systemen möglich sei. Diese Schnittstelle würde weiter optimiert, versprach der Ministeriumsmitarbeiter.

Dr. Thorsten Reinsch

Durch die jüngste Änderung in der Meldeverordnung zum Düngerecht seien Betriebe verpflichtet, bis zum 31. März eines Jahres die Dokumentation des Vorjahres in Endo zu melden. Ein Großteil der Betriebe habe dies fristgerecht erledigt. Zirka 60 % der Nutzer hätten ihre Daten dabei aus anderen Programmen importiert. „Alle, die bisher noch nicht gemeldet haben, erhalten in den kommenden Wochen ein Informationsschreiben“, kündigte Reinsch an. Für 2023 könne bereits jetzt die Dokumentation eingepflegt werden, was die Meldung zum 31. März 2024 vereinfache. Das Ministerium sehe daher keine Veranlassung, die Frist zu verändern.

Technische Fragen zur Endo-Plattform können Anwender per Telefon (04347-704777) und per E-Mail (endo-sh@llnl.landsh.de) stellen.

Reinsch berichtete, dass alle Betriebe mit mehr als 20 ha oder 50 GV seit diesem Jahr eine Stoffstrombilanz erstellen müssten. Er gehe davon aus, dass die Bilanzobergrenze von 175 kg N/ha zukünftig angepasst werde. Die Grenzen würden möglicherweise für jeden Betrieb individualisiert. Abhängig vom Versorgungsgrad der Böden mit Phosphat werde es zukünftig möglicherweise auch P-Bilanzwerte geben. Es könnte dann zu einem großen Problem für Tierhalter werden, wenn Böden gut mit Phosphor versorgt seien und in der Folge keine Wirtschaftsdünger mehr ausgebracht werden dürften.

Mineralisation als Problem

Heinrich Hack vom Ingenieurdienst Ingus berichtete, dass die Gewässerschutzberatung in Schleswig-Holstein 2021 auf die gesamte Landesfläche ausgedehnt worden sei. Die Gewässerschutzberatung sei mittlerweile zu einer ganzheitlichen Agrar-Umweltberatung geworden. Ein ganz wichtiger Faktor sei der Herbst-Nmin-Wert, den es zu senken gelte. Auffällig mit hohen Werten seien vor allem die Kulturen Winterraps, Winterweizen und Mais. Jahreseffekte spielten jedoch auch eine wichtige Rolle. Das Dürrejahr 2018 beispielsweise steche mit sehr hohen Werten bei fast allen Kulturarten hervor. „Milde Herbste als Folge des Klimawandels können uns zukünftig vor große Herausforderungen stellen“, betonte Hack. Dadurch steige das Mineralisationspotenzial. Er nannte mögliche Maßnahmen, um N-Verluste im Winter zu reduzieren:

– Düngehöhe anpassen

– Sommerungen mit Winterbegrünung anbauen

– Bodenbearbeitung im Herbst reduzieren

– Herbstdüngung weiter einschränken

Ein Fokus der Beratung liege in diesem Zusammenhang auf der Düngeplanung. Dazu kämen vegetationsbegleitende Maßnahmen, zum Beispiel die Messung von N-Aufnahmen mittels Nitrachek oder N-Tester. Nicht zu unterschätzen sei auch die Spannweite der Nährstoffgehalte von Wirtschaftsdüngern. Diese regelmäßig bei der Ausbringung zu analysieren, helfe für die bedarfsgerechte Ausbringung. Letztlich habe jeder Betrieb seine eigenen Besonderheiten. Daher sei die individuelle Beratung sehr wichtig.

Heinrich Hack

Hack hob hervor, dass ein niedriger Ente-Nmin-Wert nicht gleichbedeutend mit einem niedrigen Herbst-Nmin-Wert sei. Folgekultur, Zwischenfrucht und Mineralisation hätten einen großen Einfluss. Was nach der Ernte genau passiere, sei oft noch eine „Blackbox“. Grundsätzliche hülfen Winterzwischenfrüchte nach Getreide zur Verringerung der Nitratausträge. Eine Untersaat im Mais sei für die N-Auswaschung im Herbst vorteilhafter als Zwischenfruchtanbau, weil Mais spät räumend sei und die Bodenbearbeitung die Mineralisation anrege. Untersaaten im Mais hätten hingegen leicht positive Effekte.

Als Herausforderung für den Gewässerschutz bezeichnete Hack den Verzicht auf Glyphosat, weil dies in vielen Fällen eine verstärkte Bodenbearbeitung notwendig mache.

Bald gut 600 Messstellen

Dr. Frank Dethlefsen vom Landesamt für Umwelt (LfU) erläuterte, nach welchen Kriterien die aktuelle Nitratkulisse in Schleswig-Holstein ausgewiesen worden sei. Die Zahl der Messstellen sei von 225 (2020) auf 552 erhöht worden. Die Abgrenzung erfolge nach hydraulischen/hydrogeologischen Kriterien. Durch die Anwendung der sogenannten N2/Argon-Methode, die Denitrifikationseffekte ausklammere, seien insgesamt 17 Messstellen zusätzlich als belastet bewertet worden, obwohl die Nitrat-Messwerte weniger als 50 mg/l betrügen.

Dr. Frank Dethlefsen

Das Land plane, die Zahl der Messstellen auf gut 600 zu erhöhen. Das sei Grundlage, um künftig für die Ausweisung das sogenannte geostatistische Regionalisierungsverfahren anzuwenden. Dies könne abermals zu einer deutlichen Verschiebung der Roten Gebiete führen. Wann genau die nächste Ausweisung erfolgt, konnte Dethlefsen nicht beantworten, spätestens aber in vier Jahren. 

Einfluss der Denitrifikation

Dr. Frank Steinmann (LfU) erläuterte die Abläufe der Denitrifikation. Bei diesem Prozess werde Nitrat im Grundwasser abgebaut und in elementaren Stickstoff umgewandelt. „Die Denitrifikation ist endlich“, so Steinmann. Allerdings gebe es in Schleswig-Holstein bisher keine Messstelle, bei der sich das Denitrifikationspotenzial erschöpft habe und Nitratgehalte aufgrund dessen wieder gestiegen seien.

Dr. Frank Steinmann

Die Denitrifikation ist eine Redoxreaktion. Nitrat wird dabei laut Steinmann reduziert. Ein anderer Stoff müsse daher als Reaktionspartner oxidiert werden. Das könnten anorganische Stoffe (etwa Sulfitverbindungen/Pyrit) sein oder auch organische Kohlenstoffverbindungen. Rund 65 % des Nitrats werden laut dem LfU-Experten im oberflächennahen Grundwasser durch Denitrifikation abgebaut. Die standortspezifische Variation sei aber enorm. So gebe es einige Bereiche, in denen keine Denitrifikation stattfinde. In anderen Bereichen würden 90 bis 100 % des Nitrats abgebaut. Insgesamt zeigten die Nitratwerte in den Messstellen eine positive Tendenz. Optimistisch schätzt Steinmann zudem ein, dass die Maßnahmen der vergangenen Jahre voraussichtlich noch weitere Wirkung entfalten würden. 

Die Allianz für den Gewässerschutz haben das schleswig-holsteinische Umwelt- sowie das Landwirtschaftsministerium, der Bauernverband Schleswig-Holstein, der Landesverband der Wasser- und Bodenverbände Schleswig-Holstein sowie die Landesgruppe Norddeutschland des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft geschlossen, um sich gemeinsam für den Gewässerschutz einzusetzen. Mehr Informationen im Internet: www.allianz-gewaesserschutz.de

Großer Run auf die Rallye

Bei der Osterallye der Landjugend Reußenköge ging es mal wieder fast nur ums eins: das große Ei. Denn diese Trophäe gewinnt das Team, das bei der Orientierungsfahrt im Auto durch den Kreis Nordfriesland alle Aufgaben am besten und schnellsten absolviert. Am Abend freuten sich natürlich auch alle auf die anschließende Fete.

Gestartet wurde mit einem gemeinsamen Frühstück. Auch wenn Rallye und Fete nicht zum ersten Mal ausgerichtet wurden, waren doch alle ein wenig aufgeregt. Die Mitglieder der Landjugend Reußenköge hatten wochenlang in der Planung gesteckt, um alles gut vorzubereiten und wie jedes Jahr eine neue Strecke zusammenzustellen. Aber als das Wetter mitspielte, sodass ohne Probleme aufgebaut und am Abend auf der Wiese geparkt werden konnte, war das Orga-Team schon erleichtert.

Auch am Veranstaltungstag schien die Sonne. Das ist immer besonders schön, denn die Landjugendmitglieder verbringen viel Zeit draußen, um die Teilnehmenden im 30-min-Takt auf die Fahrt zu schicken, wieder in Empfang zu nehmen oder die Strecke zu betreuen. Dieses Jahr führte die Rallye unter anderem über Bordelum, Drelsdorf und Ahrenshöft. Auf dem Weg mussten Stationen angefahren werden, an denen es Spiele zu absolvieren galt. Ebenso war ein Fragebogen zu beantworten. Dabei hieß es Augen auf, denn es wurden Fragen zur Stecke gestellt. Die Spiele sind ebenfalls jedes Jahr anders und zielen auf Wissen, Geschicklichkeit oder aber auch reines Glück ab. Gemeinsam durch einen Hula-Hoop steigen, Sackhüpfen mit Big Packs oder Dosenwerfen inklusive Riesenschlinge waren nur einige Challenges.

Dass die Rallye mit viel Herzblut ausgerichtet wird, ist auch an den Reaktionen der Teilnehmenden zu merken. Jedes Jahr kommen begeisterte Rückmeldungen bei der Laju an und auch die Teilnehmerzahl steigt von Jahr zu Jahr. In diesem Jahr gab es über 300 Anmeldungen auf nur 75 zu vergebende Plätze. Mehr geht nicht, denn sowie die ersten Teams auf der Strecke sind, herrscht reges Treiben auf dem Parkplatz hinter der Koogs­halle. Was die Laju Reußenköge immer besonders freut, ist, dass viele Teams verkleidet oder mit Motto-Shirts kommen. „Toll, wie motiviert die Leute sich, in besonderem Look zu kommen, obwohl wir das nie initiiert haben“, sagt Landjugendmitglied Therese Thamsen.

Wie durchgetaktet die Planung der Rallye ist, zeigte sich erneut, als um 15 Uhr das letzte Team startete und zeitgleich das ersten Team über die Ziellinie fuhr.

Von nun an ging es für die Landjugendmitglieder direkt an die Auswertung der Fragebögen, denn die Siegerehrung war für 21 Uhr auf der Fete angesetzt. Aber es klappte alles gut, die Siegerteams waren ermittelt. Die begehrte Trophäe, das große Ei, dieses Jahr in Pink, ging an „Mölk’s Raubfischbande“ aus Löwenstedt.

Zur Fete wurde es dann richtig voll, denn wer keinen der begehrten Rallyeplätze ergattern konnte, kam abends dazu.

Das Gewinnerteam „Starlight Excess“ aus dem Jahr 2022 hoffte, an seinen Erfolg anknüpfen zu können und zum orangefarbenen noch das pinke Ei nach Hause zu holen. Es klappte nicht ganz.
Station Hula-Hoop-Steigen

Kombination mit dem Vertragsnaturschutz nutzen

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Mit Start der aktuellen Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ergeben sich für Grünlandbetriebe interessante neue Fördermöglichkeiten. Insbesondere die Kennarten-Ökoregelung (ÖR 5) in der Ersten Säule kann durch Kombinationen mit dem Vertragsnaturschutz in der Zweiten Säule einen Beitrag zum betrieblichen Einkommen leisten.

Im Grünland können bei entsprechender extensiver Bewirtschaftung auf einer Fläche von wenigen Quadratmetern bis zu 40 oder 50 Wildpflanzenarten vorkommen. Dabei sind weit über 400 Pflanzenarten auf Grünlandstandorte in Schleswig-Holstein spezialisiert. Das Grünland beherbergt damit einige der artenreichsten Vegetationstypen. Allerdings sind derart vielfältige Grünlandbestände in Schleswig-Holstein nur noch selten zu finden. Die ÖR 5 zielt daher darauf ab, noch vorhandenes artenreiches Grünland zu erhalten.

Für die Teilnahme an der ÖR werden keine einschränkenden Maßnahmen oder starre Fristen vorgegeben, sondern nur das Vorkommen ausgewählter sogenannter Kennarten zählt (ergebnisorientierte Honorierung). Es ist allein eine betriebliche Entscheidung, welche Bewirtschaftung zum gewünschten Ziel führen soll. Die Verantwortung und der Nachweis der Pflanzenarten liegen bei dem Betrieb.

Diese Art der Grünlandförderung wurde bereits im Rahmen von Agrarumweltprogrammen in einigen anderen Bundesländern in der Vergangenheit angeboten. In Schleswig-Holstein kann man zwar auf einige Erfahrungen aus Modellprojekten zurückgreifen (beispielsweise „Blühendes Steinburg“), dennoch dürfte die Fördermaßnahme der ÖR 5 mit der dazugehörigen Methodik für viele Grünlandbetriebe neu sein. Sie wird im Folgenden dargestellt.

Wie die Kennarten bestimmen?

Für die Teilnahme an der ÖR 5 müssen mindestens vier Kennarten mit je drei Einzelpflanzen auf einer Grünlandparzelle nachgewiesen werden. Die zulässigen regionalen Kennarten sowie die Nachweismethode sind in Anlage 1 und 2 der Landesverordnung zur Durchführung der GAP-Direktzahlungen-Verordnung festgelegt. Die Kennartenliste ist weit gefasst und lässt neben einzelnen Pflanzenarten auch ganze Pflanzenfamilien beziehungsweise -gattungen als Kennartengruppe zu (zum Beispiel Wegerich-Arten).

Eine Teilnahme an der ÖR 5 ist im Sammelantrag extra zu beantragen und mit dieser zu kennzeichen. Dabei ist auf der Schlag- beziehungsweise Parzellenebene bereits anzugeben, welche der notwendigen vier Kennarten voraussichtlich später im Jahr nachgewiesen werden können. Die Auswahl der Kennarten wird in einer der kommenden Versionen des Inet-Programms umgesetzt. Bis dahin genügt allein die Beantragung der ÖR 5. Dies setzt dann für die eingebrachten Flächen bereits eine gewisse Kenntnis über die Artenzusammensetzung der Grünlandnarbe durch den Bewirtschafter voraus.

Nach der Antragstellung erfolgt die selbstständige Erfassung der Kennarten während des Vegetationsverlaufs mit der neuen Profil-SH-App (siehe Bauernblatt-Ausgabe 17). Über diese App müssen durch die Antragstellenden georeferenzierte Fotos auf der Fläche erstellt und für eine mögliche Kontrolle vorgehalten werden. Nach Erteilung eines Prüfauftrages durch die Kontrollstelle innerhalb der App können diese dann als Nachweis eingereicht werden. Die Prüfaufträge werden in der Regel nach der Hauptblühsaison erteilt.

Können die bereits im Sammelantrag beantragten vier Kennarten auf den Flächen nicht gefunden werden, dürfen auch andere nachweisbare Kennarten aus der Liste herangezogen werden. Eine Anpassung der Angaben oder der Rückzug der beantragten ÖR-Flächen im Sammelantrag kann bis zum 30. September durch den Antragsteller vorgenommen werden, jedoch nicht mehr nach Erteilung eines Kontroll-/Prüfauftrages.

Wie genau man methodisch bei der Erhebung der Kennarten nach den Vorgaben für die ÖR vorgehen muss, ist in der Abbildung grafisch dargestellt. Die einzuhaltenden Abstände (3 m zum Parzellenrand, 10 m zwischen den Einzelpflanzen einer Kennart) werden durch die Geolokalisierung des Smartphones mittels geotagged Fotos innerhalb der Profil-SH-App erfasst. Ein Sicherheitszuschlag von einigen Metern ist sicher geboten. Um bei der Suche nach den drei Einzelpflanzen einer Kennart die Abstände sicher einzuhalten, kann es auch hilfreich sein, die Fundorte während des Abschreitens zum Beispiel mit einer Stange zu markieren.

Hinweis: Entgegen der bisherigen Darstellung gehen in der aktuellen Version der Profil-SH-App (Update vom 13. April 2023) die bereits erfassten Fotos nach der aktiven Abmeldung aus der App nicht mehr verloren, sondern bleiben dauerhaft hinterlegt und können auf Anfrage zu einem späteren Zeitpunkt gegenüber dem LLnL eingereicht werden. Weitere Funktionen werden aktuell getestet, sodass es vorteilhaft ist, die App stets aktuell zu halten.

Der bestmögliche Zeitpunkt für die Erstellung der Fotos liegt im Blühzeitraum der jeweiligen Kennart und kann je nach Wachstumsverlauf, Bewirtschaftungsintensität und Standorteigenschaften variieren. Bei schnittgenutztem Grünland sollte die Dokumentation im Mai bis Juni beziehungsweise vor dem ersten Schnitt liegen. Bestimmte Arten blühen aber auch noch nach der ersten Nutzung. Wenn die Kennarten nicht eindeutig auf den Fotos identifizierbar sind, werden diese als Nachweis nicht akzeptiert.

Da die Profil-SH-App keine Hinweise zur Pflanzenbestimmung enthält, empfiehlt es sich, zur Hilfestellung für die Identifikation der Kennarten zeitgleich eine KI-gestützte Pflanzenbestimmungs-App auf dem Smartphone zu nutzen. In der Bauernblatt-Ausgabe 17, 2023 benannte das MLLEV explizit die kostenlose App „Flora Incognita“, die unter anderem heimische (Wild-)Pflanzen gut erkennen kann und auch weiterführende Beschreibungen und Informationen zu den erkannten Pflanzen liefert. Ausprobieren lohnt sich.

Fundorte der Kennarten und Suche

Die Mindestanforderungen für die Teilnahme an der ÖR 5 können bereits durch eine oder mehrere prägnante Teilareale für den gesamten Grünlandschlag erfüllt werden. Der richtige Suchraum im Feld kann viel Zeit sparen und mitunter den Anteil förderfähiger Flächen erhöhen. Zu potenziellen Kennartenarealen gehören vor allem schlaginterne Grenzertragsstandorte wie besonders trockene oder feuchte Parzellenbereiche, zum Beispiel Sandlinsen, Tonkuppen oder feuchte Senken.

Auch eine von der intensiven Grünlandnutzung abweichende Bewirtschaftung in der Vergangenheit kann ausschlaggebend sein. Dazu zählen beispielsweise ein reduzierter Düngeeinsatz, spätere Mahd­termine, lange zurückliegende Neu- oder Nachsaaten oder eine extensive Beweidung mit geringeren Viehbesatzdichten.

Wer bei der Suche nach geeigneten Teilarealen zusätzlich Zeit sparen möchte, sollte auch einen Blick in die frei verfügbaren, kartografisch dargestellten Ergebnisse der landesweiten Biotopkartierung werfen. Unter Umständen wurden bei der Erhebung einige der eigenen Flächen als wertgebendes Grünland kartiert (siehe schleswig-holstein.de/biotope).

Kombination mit weiteren Förderungen

Die ÖR 5 kann mit weiteren Förderungen im Dauergrünland ergänzt werden. Eine Gesamtübersicht der Kombinationsmöglichkeiten ist in Tabelle 1 dargestellt. Allgemein gilt, dass vertragliche oder rechtliche Vorgaben auf der Antragsfläche ein Ausschlusskriterium für die Beantragung der ÖR 5 darstellen können, sofern die Vorgaben die Fördervoraussetzungen der ÖR beinhalten. Allerdings lässt sich die ÖR 5 auf derselben Fläche beispielsweise mit einigen anderen Ökoregelungen kombinieren.

Auch die Flächenförderung im ökologischen Landbau kann mit der ÖR 5 vollumfänglich in Anspruch genommen werden. Besonders attraktiv ist die vollständige Kombinierbarkeit der ÖR 5 mit allen Grünlandprogrammen des Vertragsnaturschutzes (VNS) des Landes Schleswig-Holstein (siehe Ausgabe 12, 2022). Eine Kombination der ÖR 5 auf einem Schlag ist hier ohne Abzüge möglich. Je nach VNS-Förderkulisse, Betriebsform und Ertragspotenzial der Antragsfläche können daher in der Summe Flächenprämien erzielt werden, die bisher nicht möglich waren. Eine Beispielrechnung für ausgewählte Kombinationsmöglichkeiten ist in Tabelle 2 aufgeführt. Neuanträge zum VNS werden in einer gesonderten Kachel Vertragsnaturschutz im Profil Inet abgegeben. Der Antragszeitraum hat bereits begonnen und endet am 1. Juli 2023.

Beratungsangebote gezielt nutzen

Die Entwicklung und der Erhalt artenreicher Grünlandflächen sind insgesamt eine wichtige Aufgabe des kooperativen Naturschutzes im Land. Landwirtschaftliche Naturschutzberatungen werden je nach Region durch die Lokalen Aktionen oder den Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) angeboten und durch die EU und das Land gefördert. Das Beratungsangebot ist für alle Betriebe kostenlos. Neben ein- bis zweijährigen Kennenlernverträgen für Grünlandflächen ist ein Beratungsschwerpunkt der Vertragsnaturschutz inklusive der zusätzlichen Berücksichtigung der Ökoregelungen. Diese und weitere Informationen zu den Beratungsangeboten, Fördermaßnahmen und den zuständigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vor Ort findet sich unter ­naturschutzberatung-sh.de Dort gibt es auch einen Maßnahmensteckbrief mit näheren Erläuterungen zu der ÖR 5 und den regionalen Kennarten.

Fazit

Die Ökoregelung 5 – „Extensive Bewirtschaftung von Dauergrünland mit Nachweis von vier Kennarten“ – kann eine gute Möglichkeit sein, um sich Artenvielfalt im Dauergrünland honorieren zu lassen. Dabei ist eine gewisse Kenntnis selten gewordener Grünlandarten von Vorteil. Besondere Attraktivität erhält diese Maßnahme der Ersten Säule durch die breite Kombinierbarkeit mit den Vertragsnaturschutzprogrammen des Landes. In diesen Fällen kann die Beanspruchung einer kostenlosen Naturschutzberatung mehr Klarheit über die Eignung der Grünlandflächen verschaffen, um dadurch die Flächenprämien insgesamt zu verbessern.


Info

Seminarangebot für Beratungs- und Lehrkräfte: „Kennarten im Grünland – Fördermöglichkeiten von Ökoregelungen bis Vertragsnaturschutz“

Wie erkenne ich die Pflanzenarten im Grünland, die für eine Förderung im Rahmen der GAP (ÖR 5) notwendig sind? Wie können die Ökoregelungen mit ­Vertragsnaturschutzprogrammen kombiniert werden, um möglichst prämienoptimiert zu wirtschaften? Wie funktioniert der Artennachweis mittels Smartphone-App? Fragen wie diese werden im Rahmen eines ganztätigen Seminars beantwortet, organisiert von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein in Kooperation mit dem Deutschen Verband für Landschaftspflege. Nach der Klärung theoretischer Grundlagen werden im Rahmen einer Feldexkursion praktische Übungen zur Kennartenbestimmung und zum Nachweis über die Smartphone-App durchgeführt.

Geplante Termine: Donnerstag, 8. Juni, im Raum Langwedel (Kreis RD), Donnerstag, 15. Juni, im Raum Westküste (Kreis NF); jeweils 9 bis zirka 15.30 Uhr. Die Teilnahme ist förderfähig (Eler). Anmeldungen sind zu senden an: ­seminare@lksh.de

Gärtnereien in Schleswig-Holstein starten in die Sommerblumensaison

Schleswig-Holstein blüht auf: Die Gärtnereien in Schleswig-Holstein starten mit prall gefüllten Gewächshäusern in die Sommerblumensaison. Die Sortenvielfalt scheint von Jahr zu Jahr größer zu werden und neben den bewährten Standards locken auch immer wieder Neuheiten, die das Ausprobieren lohnen.

Die norddeutschen Gärtner haben am 28. April mit Aktionen in den Gärtnereien die Sommerblumensaison eröffnet. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat 2021 in Schleswig-Holstein 55 Gärtnereien erfasst, die auf 20,3 ha Zierpflanzen in Gewächshäusern anbauen. Die Blumenhitliste im Land nach den angebauten Stückzahlen führen die Begonien mit 1,7 Millionen Pflanzen an. Die meisten davon sind die eher niedrig wachsenden Eisbegonien, die sich in der Beetbepflanzung bewährt haben. Unter den Knollen-Begonien gibt es beeindruckende Sorten, die sich gut in Kübeln und Ampeln machen. Fast gleichauf liegen Pelargonien und Petunien mit 840.000 beziehungsweise 832.000 herangezogenen Pflanzen. Pelargonien sind die Klassiker der Balkonbepflanzung, Petunien überzeugen vor allem in Ampeln und Kübeln. Darüber hinaus werden 2,6 Millionen Pflanzen als „Sonstige Beet- und Balkonpflanzen (zum Beispiel Fuchsien, Lobelien, einschließlich Combi-Pots)“ nicht weiter spezifiziert.

Die Gärtner im Norden haben einen Elfenspiegel (Nemesia) zur Pflanze des Jahres im Norden gekürt und ihr den Aktionsnamen „Elfie“ gegeben. Elfie schaut den Betrachter mit vielen strahlenden, freundlichen Blütengesichtern an, hat aber mit ihrer intensiven jeansblauen Farbe auch eine tolle Fernwirkung. Dabei verströmt sie einen zarten Duft nach Jasmin. Sie blüht früh und erreicht schnell ihre endgültige Attraktivität, verliert aber nicht an Kraft und blüht bis in den Herbst hinein. 

Überall in Schleswig-Holstein gibt es Gärtnereien, die sich mit den regionalen Klimabedingungen und den Bedürfnissen ihrer Kunden besonders gut auskennen. Diese profitieren vom Trend zum regionalen Einkauf. Einige Gärtnereien haben sich zusammengeschlossen und stellen sich der Zertifizierung des Gütezeichens Schleswig-Holstein. Dieses garantiert eine besondere Qualität der Pflanzen und dass die Pflanzen in Schleswig-Holstein gewachsen sind.

Neben der Regionalität gewinnen zwei weitere Trends zunehmend Bedeutung: Um nicht nur sich selbst eine Freude zu machen, achten immer mehr Blumenfreunde auch auf die Insekten und bevorzugen Pflanzen, die diesen Nektar und/oder Pollen anbieten. Die Fachleute in den Gärtnereien kennen die Pflanzen und können auch zu Insektennutzen beraten. Zu Information vorab bietet sich unter anderem die Seite bienenfuettern.de an. Die trockenen Sommer der letzten Jahre haben die Nachfrage nach hitzeverträglichen Pflanzen, die mit weniger Wasser auskommen, befördert. Das sind unter anderem die Begonien, Fächerblumen, Wandelröschen oder Goldzweizahn. Auch hier haben die Gärtnereien vor Ort viel Erfahrung und eine entsprechende Auswahl.