Pauschalität und starre Lösungsmuster der Agrarpolitik sind kein Weg für die komplexen Herausforderungen der Branche, mahnte der Kreisvorsitzende Heinrich Mougin auf dem Kreisbauerntag Ostholstein-Lübeck, der am Mittwoch voriger Woche auf Gut Mariashagen in Sierksdorf stattfand. Er bekannte sich mit Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), zur Verantwortung der Landwirtschaft, Lösungen anzubieten, die den Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht werden, die Wissenschaft und landwirtschaftlichem Unternehmertum entsprechen.
Die Zukunft der Landwirtschaft ist kein Schlagwort oder ein moderner Slogan für Heinrich Mougin. Auf seinem ersten Bauerntag als Kreisvorsitzender zeigte er sich streitbar und kämpferisch gegenüber den Unbilden der Agrarpolitik und forderte für den Berufsstand entsprechende Voraussetzungen, die eine nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft zulassen. Dabei betonte er, dass die praktische Gestaltung und Umsetzung gerade die Aufgabe der jüngeren Generation der Landwirtinnen und Landwirte sei.
Die EU-Agrarpolitik, die in den vergangenen 30 Jahren nach dem Gießkannenprinzip regiert habe, ist für Mougin überholt. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) zeige sich mittlerweile als bürokratisches Monster, nicht zweckorientiert und Biodiversität verhindernd. So seien die Eco-Schemes für viele Standorte gar nicht erst geeignet. Vielmehr plädierte Mougin für einen flexiblen, regional orientierten Handlungsrahmen, der die Verantwortung des Einzelnen aufrufe. Am erforderlichen Einsatz ließ er keinen Zweifel: „Zukunft baut man nicht in einer Viertagewoche“, so Mougin.
Konkrete Ziele gefordert
Beim Projekt Nationalpark Ostsee sieht er mehr politisches Prestige als gelingende Umsetzung. Nach den bisherigen Vorstellungen frage er sich nicht mehr, ob der Nationalpark komme, sondern nur noch in welcher Gestalt. Beim Verbändegespräch, das der Bauernverband (BVSH) initiiert hatte, habe sich eine breite Front gegen die Ausweisung eines Nationalparks gezeigt, aber viel Zustimmung für den Ausbau vorhandener Schutzmöglichkeiten. Mougin schlug vor, von der Politik die Nennung konkreter Ziele zu verlangen, beispielsweise die wertvollen Seegraswiesen in zehn Jahren zu verdoppeln. Wie zielgerichtet und erfolgreich das Engagement aus der Landwirtschaft sei, zeige die Allianz für Gewässerschutz, die bei der Moorstrategie Oldenburger Graben viel Anerkennung vom Umweltministerium erfahre.
Bauernpräsident Rukwied ging in einer engagierten Rede auf die Strömungen aus der Politik ein, deren Interesse je nach Parteifarben von ideologischen Ansätzen getrieben sei. Er sehe auch, dass der Handel mehr Einfluss auf die Landwirte wahrnehme, geleitet durch den Erfolg an der Kasse. Er ließ keinen Zweifel daran, dass der Berufsstand zukünftig noch nachhaltiger produzieren werde und noch mehr Umweltschutz- und Tierwohlstandards erfüllen könne, wenn man ihn lasse. Allerdings gehe es auch um die Frage des beiderseitigen Vertrauens zwischen Landwirten und Verbrauchern, wobei die Landwirtschaft auf die Honorierung ihrer Leistungen für die Gesellschaft setze.
Konditionen müssen passen
„Wir sagen ja zum Green Deal, aber die Wege dahin müssen überarbeitet werden“, so Rukwied. Das gleiche gelte für den Einsatz für Artenschutz und Biodiversität, die im Naturwiederherstellungsgesetz verlangt werden. Die Konditionen müssten stimmen. Befragt nach der Perspektive für die Landwirtschaft in 30 Jahren sieht Rukwied künftig weniger Familienbetriebe, abhängig von der Ausrichtung der Politik. Er sieht neue Produktionsrichtungen wie Insekten für Lebensmittel und fürchtet, dass der Fachkräftemangel bestehen bleibt.